Dagmar Chidolue
Millie hat Geburtstag
Mit farbigen Illustrationen
von Gitte Spee
FISCHER E-Books
Dagmar Chidolue, 1944 in Sensburg, Ostpreußen, geboren, zählt zu den namhaftesten Kinder- und Jugendbuchautorinnen Deutschlands und wurde mehrfach ausgezeichnet, u.a. mit dem Deutschen Jugendliteraturpreis.
Gitte Spee wurde 1950 in Surabaya, Indonesien, geboren und lebt seit ihrem zwölften Lebensjahr in den Niederlanden. Sie studierte an der Gerrit-Rietveld-Akademie in Amsterdam und illustriert seit 1983 nicht nur holländische, sondern auch deutsche, englische und französische Kinderbücher, für die sie schon zahlreiche Preise erhalten hat.
Alle Abenteuer von Millie bei FISCHER:
Millie in Brasilien
Millie auf Klassenfahrt
Millie an der Ostsee
Millie hat Geburtstag
Millie in Amsterdam (Frühjahr 2018)
Weitere Informationen zum Kinder- und Jugendbuchprogramm der S. Fischer Verlage, auch zu E-Book-Ausgaben, finden sich auf www.blubberfisch.de und www.fischerverlage.de
Wenn Millie an ihren Geburtstag denkt, schlägt ihr Herz Purzelbäume! Das Geburtstagszimmer ist festlich geschmückt mit Luftballons und Girlanden, genauso wie Millie es mag. Und sie selbst trägt ihr blaues Prinzessinnenkleid. Auf dem Tisch steht ihr Gummibärchen-Smartie-Schokocrossies-Goldtaler-Krisselkrassel-Streusel-Geburtstagskuchen. Mhmm. Lecker! Millie hat all ihre Freunde einladen und kann es kaum erwarten, die Geschenke auszupacken. Was sich wohl in der roten herzförmigen Schachtel verbirgt?
Mit vielen farbigen Bildern von Gitte Spee
Erschienen bei FISCHER E-Books
© 2017 S. Fischer Verlag GmbH, Hedderichstr. 114, D-60596 Frankfurt am Main
Covergestaltung: Regina Solf, Mannheim, unter Verwendung einer Illustration von Gitte Spee
Abhängig vom eingesetzten Lesegerät kann es zu unterschiedlichen Darstellungen des vom Verlag freigegebenen Textes kommen.
Dieses E-Book ist urheberrechtlich geschützt.
ISBN 978-3-7336-5058-2
Es kann passieren, dass Millies Herz mitten im Unterricht bei Frau Heimchen, ihrer Lehrerin, einen Purzelbaum schlägt. Der Purzelbaum fühlt sich an, als würde eine kugelrunde Kugel im Bauch herumkullern. Es ist ein schönes Gefühl, und das kommt immer, wenn Millie plötzlich daran denken muss, dass sie bald Geburtstag hat. Millie muss dann lächeln. Es ist sogar vorgekommen, dass Frau Heimchen sie gefragt hat: »Ist was, Millie?«
Nein, nein.
Sie holt dann tief Luft, und das schöne Gefühl ist auch schon vorbei. Die kugelrunde Kugel ist geplatzt, und das ist gut so. Millie muss sich ja mit der Aufgabe, die ihre Lehrerin gestellt hat, befassen. Das kann eine Mathe-Aufgabe sein, die sie lösen muss:
Rechne aus: 67 + 45 =
Oje, oje, oje … das geht über 100 hinaus, Frau Heimchen! Und dazu noch mit Zehnerüberschreitung!
Oder Millie soll sich in Deutsch mit einem Arbeitsblatt beschäftigen:
Schreibe die Namenwörter mit dem richtigen Begleiter in die Zeilen. Ist pickepackeleicht!
Mund? Der Mund.
Kind? Das Kind.
Blau? Häh? Geht das denn überhaupt? Kann man statt: Das Kleid ist blau vielleicht sagen: Das Kleid ist die blau oder: Das Kleid ist der grün?
Nee, nee, nee, nee, nee.
Aber es könnte auch so gehen: Das Blau.
Nein? Doch! Zum Beispiel: Das Blau des Himmels.
Tja, so leicht kann man Millie nicht reinlegen. Es sei denn, die kugelrunde Kugel in ihrem Bauch schlägt gerade einen Purzelbaum. Das Herz. Und wenn Millie nicht bei der Sache ist, dann gibt es wieder einmal einen Eintrag im Merkheft für Mama oder Papa: Millie kann sich im Unterricht nicht konzentrieren.
So ein Eintrag ist blöd.
Wie viele Tage sind es denn überhaupt bis zu ihrem Geburtstag?
Das kann Millie noch nicht rechnen, weil sie in der Schule zwar mit Äpfel und Birnen und Autos rechnen, nicht jedoch mit Monaten und Tagen. Aber der wichtigste Tag im Jahr ist bald. Bald! Millie könnte sich schon mal mit ihrem Wunschzettel beschäftigen. Ja, ja … zu Hause!
Bei der Auswahl für die Geschenke kann ihre kleine Schwester Trudel nicht helfen. Die ist erst ein Kindergartenkind. Und außerdem lispelt sie noch. Manchmal weiß Millie nicht, was sie meint. Zum Beispiel … Hähsshen. Was soll das heißen? Es könnte Häschen sein oder auch Herzchen.
Ach … Herzchen!
Die ganz große Überraschung zum Geburtstag ist, was in dem roten Herz drin sein wird, das bei jedem von ihnen auf dem Geburtstagstisch liegt. Papa und Millie haben das Herz vor längerer Zeit für Mama zum Muttertag gekauft. Das ist eine Ewigkeit her, wahrscheinlich gehörte Trudel nicht einmal zur Familie. Sie war damals … noch nicht da.
Das rote Herz für Mama war eine riesengroße Schachtel. Drin waren Pralinen mit Nüssen, Marzipan … und Schokolade natürlich. Die Pralinenschachtel hat Mama so gut gefallen, dass das Herz inzwischen auf jedem Geburtstagstisch landet. Es ist immer mit was anderem gefüllt. Und das ist eine große Überraschung.
Einmal hatte Papa Schnapsbohnen bekommen. Millie durfte die nicht probieren. Denn außen war zwar Schokolade, doch gefüllt waren die Bohnen mit – igitt – Schnaps. Millie durfte nur dran riechen. Und es roch … na, na? … es roch nach Zwiebelessig.
Schnapsbohnen möchte Millie auf keinen Fall in ihrem Herzen finden. Aber was? Es gibt hunderttausend Möglichkeiten. Das muss sie mal mit ihrer kleinen Schwester besprechen. Die weiß inzwischen nämlich auch schon, dass es zu jedem Geburtstag die rote Schachtel geben wird.
Spätnachmittags liegen beide bäuchlings in ihrem Zimmer. Zum Glück weiß Trudelchen tatsächlich sofort, worum es geht. Um das rote Herz natürlich.
»Was soll denn drin sein?«, fragt Millie.
»Im Hässhen?«
Genau. Im Herzchen.
»Gummibähh«, sagt Trudel. »Mag ich.«
»Oder … Lakritze?«, überlegt Millie.
»Lakisse?« Trudel weiß wohl nicht so recht.
»Mag ich nich!«, sagt sie schließlich.
Sie muss es ja nicht mögen. Millie muss es mögen!
Es kommt so viel in Frage, was ins Herz passen könnte: Kokosnuss-Chips, Tigerköpfe, Happy Cola, Glühwürmchen … alles aus Zuckerzeug natürlich.
Es könnte auch was viel Besseres sein. Es muss nur in das rote Herz hineinpassen:
Gold, Silber, Edelsteine!
Perlen, Golddukaten, Dollars!
Alles ist möglich! Und schon fängt das Herz im Bauch wieder an, rumzuturnen. Boah … so ein Geburtstag ist total spannend. Fast nicht zum Aushalten!
Wenn Millie Dollars bekäme, dann würde sie sich ein Auto kaufen. Einen tollen Schlitten! So heißen nämlich Autos, die man mit Dollars bezahlt.
Wenn sie Perlen bekäme, wären das bestimmt hunderttausend Stück. Das rote Herz ist groß! Jedenfalls ist hunderttausend mehr als hundert. Und bestimmt sogar mit Zehnerüberschreitung.
Aus den Perlen könnte Millie sich eine Kette basteln. Dann wäre sie Prinzessin. Prinzessinnen tragen immer Perlenketten. Oft sogar drei auf einmal. Mit hunderttausend Perlen kriegt Millie das locker hin.
Golddukaten sind aber das Beste, was man bekommen kann. Die gab es schon ewig, bereits zu der Zeit, als Frau Holle noch lebte. Und auch Hase und Igel. Golddukaten sind sehr wertvoll. Wer nur einen davon besitzt, der ist stinkereich.
Hups … das mit den Dukaten im roten Überraschungsherz kann sich Millie von der Backe putzen. Mama und Papa müssten die Golddukaten für Millie kaufen. Leider sind sie nicht stinkereich. Nicht einmal reich, sie sind nur … so lala.
Vielleicht muss sich Millie einfach überraschen lassen.
Millies kleine Schwester freut sich auch auf den Geburtstag. Denkt sie, dass sie selber gefeiert wird? Nein, sie hat nur Katzengeburtstag.
Katzengeburtstag hat jemand, wenn er an diesem Tag nicht an der Reihe ist. Der muss eigentlich nur zugucken, wie ein anderer gefeiert wird. Das kann weh tun.
Es ist so, dass Millie immer Katzengeburtstag hat, wenn die kleine Schwester ein Jahr älter wird. Wer Katzengeburtstag hat, muss eigentlich heulen. Damit das nicht passiert, stellen sich nette Eltern darauf ein, und man kriegt auch was geschenkt. Nur eine Kleinigkeit. Könnte manchmal ruhig größer sein. Wenn das Geburtstagskind bunte Leggins bekommt, dann kriegt das mit dem Katzengeburtstag Söckchen. Wenn Fahrrad … dann vielleicht ein Buch, in dem ein Kind ein Fahrrad geschenkt bekommt. Wenn Nintendo … dann ein buntes Plappertelefon. Wenn Smartphone … dann ein Mickymaus-Handy mit Dingdong und Hallo-hallo-Rufen. Pfff.
Aber eins bekommt das Katzengeburtstagskind nie:
Ein rotes Überraschungsherz.
Das ist nicht erlaubt.
Endlich haben auch Mama und Papa bemerkt, dass Millies Geburtstag naht. Das heißt, ihr Ehrentag ist bereits ganz, ganz nah! Und natürlich darf sie sich was wünschen. Nicht fürs rote Überraschungsherz, sondern für den Geburtstagstisch.
»Kann ich einen langen Wunschzettel schreiben?«, fragt sie.
»Einen kurzen«, meint Papa.
Er macht hoffentlich nur Spaß!
Wenn man freie Auswahl hat, ist ein Wunschzettel nicht einfach. An guten Tagen ist Millie wunschlos glücklich. An schlechten Tagen fällt ihr eine Menge ein, was zu ihrem Glück noch fehlt. Das ist so viel, dass ihr Kopf brummt. Um den wieder klar zu bekommen, fragt sie in der Pause auf dem Schulhof ihre Freunde, ob die gute Ideen für Geburtstagsgeschenke haben. Vorschläge bitte!
Gus, der gegenüber wohnt und auch in ihre Schule geht, meint: »Du brauchst unbedingt ein Skateboard, einen Fußball Elite Tango 13 in …«
»… in Rot-Weiß«, unterbricht ihn Wulle. Er wohnt im Haus neben Gus und ist sein bester Freund. Das heißt, Gus hat gar keinen anderen Freund, jedenfalls nicht so richtig. Er ist nämlich oft total bescheuert. Beide Jungs gehen in dieselbe Klasse. Aber nicht in Millies.
Mit dem Vorschlag von Wulle ist Gus nicht einverstanden.
»… in Schwarz-Weiß«, schnauzt er seinen Freund an.
»Na gut.« So ist Wulle. Der gibt immer nach. Das ist manchmal ziemlich dumm.
Gus fährt mit seinen Geschenkideen fort: »Ein großer Truck mit Power-Schwenkkran und eine Kinokarte für …«
»… für Fünf Freunde«, schlägt Wulle vor.
»Doch nicht für solchen Kikikram«, raunzt Gus ihn an. »Nee! Eine Karte für Dragon Eyes oder Black …«
»Zwei Karten!«, kommt ihm Wulle dazwischen.
Manno, Millie hat die Nase von den Vorschlägen der beiden Jungs voll. Die haben bloß an sich gedacht. Ihre Freundin Kucki hat bestimmt bessere Ideen. Dass Millie sie nicht gleich gefragt hat!
Und was meint Kucki?
»Ich würde mir einen pinkfarbenen Haarreifen mit Glitzer wünschen«, sagt sie, »und neue Löwe-Tiger-Nashorn-Bettwäsche …«
»Kikikram«, sagt Gus.
Halt bloß die Klappe! Millie muss sich das mit dem Haarreifen und neuer kuscheliger Bettwäsche durch den Kopf gehen lassen.
»Worum geht es?«, fragt Jocko, der zu ihnen gestoßen ist.
Jocko ist immer vernünftig. Der ist schon fast jugendlich, jedenfalls ist er in einer weit höheren Klasse als Millie. Aber heute macht er Vorschläge, mit denen Millie nichts anfangen kann.
»Wünsch dir einen Fotoapparat mit 3D und 14,1 Megapixel und MOS-Chip«, empfiehlt er ihr.
Millie ist doch nicht Papa!
»Oder wünsch dir … eine Floßfahrt auf der Isar.«
»Flussfahrt?«
»Floßfahrt!«, korrigiert Jocko.
Nee, das ist alles nichts für Millie. Hat denn niemand einen Tipp, der zu ihr passen könnte?
»Ich wäre für Speed-Stacking.« Das kommt vom Uhu. Der geht in dieselbe Klasse wie Jocko. Und er heißt Uhu, seitdem er bei Millies Einschulungsfeier die dritte Strophe der Vogelhochzeit war. Im Uhu-Kostüm!
Spiiitz-Tocken? Was ist denn das?
»Na, das mit den Kunststoffbechern! Damit kannst du ganz alleine spielen. Ich würde dir das zeigen.«
Nein danke!
Der Uhu nervt immer. Er ist ein bisschen hinter Millie her. Sie aber nicht hinter ihm. Damit das mal klar ist!
Außerdem braucht Millie nichts, womit sie alleine spielen kann. Sie ist eigentlich nie allein. Immer ist ihre kleine Schwester da. Das ist manchmal blöd. Besonders wenn Millie in Ruhe lesen möchte.
Lesen?
Ach, darüber muss sie sich den Kopf nicht zerbrechen. Mama und Papa finden, dass ein Buch immer dabei sein muss. Wann? Na, immer! Also, zu Weihnachten und zum Geburtstag und zu Ostern und auch so für zwischendurch. Als Geschääähääänk!
Millie stellt also ihre Geburtstags-Geschenke-Liste selber zusammen. Vielleicht sollte sie deswegen im Internet nachschauen. Das darf sie hin und wieder. Mama erlaubt ihr heute sogar, sich vor die Kiste zu setzen. »Eine Viertelstunde! Und nicht länger, mein Schatz!«
Okechen.
Millie muss die Viertelstunde ausnutzen. Zuerst gibt sie im Peh-Zeh das Stichwort Millie ein. Mal sehen, ob sie selber schon im Internet vorkommt.
Ticketicketack …
Was? Millie ist eine Popsängerin? Die Internet-Leute haben sie nicht alle!
Was schreiben die denn, wenn sie Trudel eingibt?
Eine Schlosserwerkstatt? Das ist doch der reinste Schnabbelwitz!
Wonach könnte sie denn sonst suchen? Ach, vielleicht, wo sie irgendwann Urlaub machen könnten. Wenn Millie was Interessantes aufstöbern sollte, dann würde sie Mama viel Arbeit abnehmen.
Oh, in der Werbung auf der Urlaubs-Internetseite gibt es bereits Vorschläge:
Angebot des Tages: Flugreise nach Dubai und Abu Dhabi.
Hört sich gut an.
Super Frühbucher: Auf nach Sri Lanka.
Ey, wo ist denn das?
Ab in die Türkei.
War Millie schon.
Zusatzangebot der Woche: Mallorca Urlaubsparadies.
In dem Paradies hat Millie bereits Ferien verbracht. Von dort hat sie Miss Mandarella mitgebracht. Die Puppe liegt jetzt irgendwo in der Ecke. Millie kann sie nachher mal rauskramen. Aber was soll sie dann mit ihr machen? Kleid ausziehen, Kleid anziehen, Schuhe ausziehen, Schuhe anziehen, Haare kämmen … Mittlerweile ist das auch nur Schnuppelpamp.
Hups, jetzt hat sie ein tolles Angebot aufgerufen: Haus auf Mallorca. Sieht klasse aus mit Säulenveranda, Nadel-Pinien-Pikse-Bäume im Garten, Swimming-Pool und Meerblick.
In diesem Moment ruft Mama: »Die Viertelstunde am Computer ist für heute um, Schätzchen!«
Mist!
Leider lohnt es nicht, sich mit Mama anzulegen. Im Streit mit ihr zieht Millie immer den Kürzeren.
Na gut, Millie verzieht sich. Und Mama schaut erst einmal nach, was Millie im Internet alles aufgerufen hat. Das macht sie immer. Aber Millie ist nicht auf der Suche nach was total Bescheuertem gewesen! So was wie … Wie werde ich ein Kinderstar oder … 64 Dinge, um Lehrer zu ärgern … nee, nee, nee, nee, nee.
»Sag mal, Millie …«, ruft Mama, »… hast du das mit dem Haus auf Mallorca aufgerufen?«
»Jaha«, gibt Millie sofort zu. Ist das denn schlimm gewesen? Schnell fügt sie hinzu: »Aber ich habe es nicht gekauft!«
Sie hört direkt, wie Mama vor Erleichterung aufatmet.
Die Viertelstunde Peh-Zeh für heute ist ratzfatz vergangen. Deshalb geht Millie dran, ihre Liste für die Geburtstagsgeschenke doch selber zusammenzustellen.
Ich wünsche mir:
3 x Burger-Essen
Das Auf-die-Plätze-fertig-los-Spiel
1 Tube Majonäse zum Gleich-in-den-Mund-Spritzen
Kinobesuch für spannend
Keinen Zoo-Besuch
Das Meerjungfrauen-Kostüm
Ab sofort eine halbe Stunde Peh-Zeh am Tag
Eine Box mit allen Barbie-Überraschungseiern (72 Stück) und ein Paar Barbie-Glitzerschuhe
Nintendo 3DS XL
Und endlich eine Armbanduhr
Abends schauen sich Papa und Mama Millies Wunschzettel genau an.
»Nintendo kriegst du nicht eher als mit sechzehn«, sagt Mama. »Ich bin nicht dafür, dass Kinder sich mit so was beschäftigen.«
»Das ist aber voll geil«, sagt Millie. »Und ich bin bei den Miiis auch voll gut, Mann!«
»Was ist das?«, fragt Mama. »Miiis?«
»Damit kannst du Männchen herstellen«, versucht Millie zu erklären.
»Bitte was?«
»Ja! Das habe ich bei Gus gemacht! Der hat Nintendo! Mit Super Mario 3D Land und so!«
»Vergiss es«, sagt Mama.
Papa ist auf dem gleichen Tripp: »Und Kinder sollten erst ab zwölf Jahren eine Uhr tragen.«
Papa! Du spinnst wohl! Meint er das denn ernst? Millie ist sich nicht sicher. Vor kurzem hat er sogar behauptet, Handys gibt es erst ab vierzehn.
»Papi, du bist ein bisschen ballaballa«, sagt Millie.
»Was?« Papa ist total entsetzt.
»Nur ein bisschen!«, beruhigt Millie ihn. »Hast du das nicht gehört?«
»Ach so«, sagt Papa.
Millie tröstet ihn trotzdem: »Du heißt ja nicht Hein Blöd.«
»Danke«, murmelt Papa.
Bitte schön! Gern gescheh’n.
Mama kommt zurück auf das Thema Uhr.
»Wir wollen mal sehen«, meint sie. »Nicht, dass du im Unterricht immer nachschaust, ob die Stunde schon zu Ende ist.«
Nein! Macht Millie nicht! Versprochen! Das würde ihrer Lehrerin auf den Keks gehen. Und Frau Heimchen kann richtig unangenehm werden.
»Ich will keine Uhr in Pink oder Türkis haben«, verspricht sie.
Die Farben Pink und Türkis können sowohl Mama als auch Papa nicht mehr sehen. Lila mit Glitzer ebenfalls nicht. Das haben sie jahrelang mitmachen müssen.
»Ist ja kitschig«, fügt Millie hinzu.
Kitschig ist nämlich out. Schick ist in.
»Aber irgendeine Plastikuhr vom Pipi-Laden will ich nicht haben!«
»Was ist denn das für ein Geschäft?«, wundert sich Papa.
»Na … ein Pipi-Laden eben, so ein Billig-Billig-Laden!«
Über eine richtig wunderschöne dunkelblaue Mädchenuhr mit einem süßen Blumenmuster auf dem Armband würde Millie sich riesig freuen. Gibt’s beim Juwelier um die Ecke. Liegt hinten links im Schaufenster, Mama! Der Anblick allein lässt Millies Herz schon seit langem höher schlagen. Deshalb muss sie noch anmerken:
»Und sie würde meiner Hand gut stehen!«
Jetzt geht es drum, wer zu Millies Geburtstagsfeier eingeladen wird. Es muss ein besonderes Ereignis werden. Nur blöd rumsitzen und Kuchen essen … das geht nicht. Obwohl … Kuchen muss es geben. Am besten einen Gummibärchen-Smartie-Schokocrossies-Goldtaler-Krisselkrassel-Streusel-Kuchen.
Papa schlägt tatsächlich vor, dass Millie mit ihren Gästen Topfschlagen spielen könnte. Papa lebt hinter dem Mond! Topfschlagen geht gar nicht! Wo Gus schon Nintendo hat! Und Jocko Dschippi-Ess!