Anne Weber
Gold im Mund
Fischer e-books
Anne Weber, geboren 1964 in Offenbach, lebt als Autorin und Übersetzerin in Paris. Sie übersetzt sowohl aus dem Deutschen ins Französische (u. a. Wilhelm Genazino und Sibylle Lewitscharoff) als auch aus dem Französischen ins Deutsche (u. a. Pierre Michon und Marguerite Duras). Sie veröffentlichte ›Ida erfindet das Schießpulver‹, ›Im Anfang war‹, ›Erste Person‹, ›Besuch bei Zerberus‹, ›Gold im Mund‹, ›Luft und Liebe‹, ›August‹ sowie zuletzt den Roman ›Tal der Herrlichkeiten‹. Ihr Werk wurde mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet, darunter dem Heimito-von-Doderer-Preis, dem 3sat-Preis, dem Kranichsteiner Literaturpreis. Anne Weber schreibt auf Deutsch und Französisch, ihre Bücher erscheinen in Frankreich und Deutschland.
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Die Autorin dankt der Firma Cendres & Métaux in Biel/Bienne, die ihr erlaubte, ihren Schreibort vorübergehend in ihre Räume zu verlegen.
Foto zwischen den Texten »Gold im Mund« und »Liebe Vögel«: © Walter Wermuth
© S. Fischer Verlag GmbH, Frankfurt am Main 2013
Covergestaltung: Hißmann/Heilmann, Hamburg
Coverabbildung: moodboard / Getty Images
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ISBN 978-3-10-402208-6
Manchmal herrscht Stille. Rot leuchten die schönen Fotowerbemenschen mit den sinnlichen Lippenschwüngen vor dem sauberen Schweizerschnee. Jemand spricht mich an, reißt mich aus meiner Erstarrung und aus dem Satz, der die Unterbrechung nicht übelnimmt und sich nach der Kaffeepause willig wiederaufnehmen lässt. Die Schreibtischlampen sehen aus wie Straßenlaternen, auf jeden Tisch fällt ein helles Licht, das zu groß für ihn ist. Unter einer dieser Laternen sitze ich. Ein Mann leert den Inhalt der Papierkörbe in einen Wagen, den er zwischen den Schreibtischen hindurchschiebt. Aus vielen kleinen Geräuschen, aus gelassenen Gesprächen, leisen Rufen, Tastengeklapper, Seufzern, elektronischen Telefonmelodien webt sich ein Tag. Über jedem der halbhohen Büromöbel schwebt ein Kopf, der manchmal von seinem Besitzer in die Luft gehoben und durch die Gänge getragen wird. Es gefällt mir, dass ich jetzt einer dieser schwebenden Köpfe bin, dass ich an diesem blanken, reinlichen, wohlgeordneten Leben Anteil haben darf. Ich freue mich, dass die Köpfe mitsamt den dazugehörigen Körpern Namen haben, dass sie Walter Wermuth, Laura Lippolis, Bernard Guggisberg und Markus Blümli heißen. Schöne Namen sind das, Namen, die jedem Roman zur Ehre gereichen würden und die nun erfreulicherweise gar nicht erst erfunden werden müssen, denn der Romancier ist schon hier gewesen und hat seine Figuren in diesem Hause verstreut, hat jeder einen modernen Schreibtisch und einen Drehstuhl zugeteilt und sie dann sich selbst überlassen. In dieser engen Freiheit, in diesem Aufsichselbstgestelltsein finde ich sie vor und mache mich sogleich anheischig, obgleich sie offensichtlich niemandes Obhut oder Führung bedürfen und sich größter Selbständigkeit und Unabhängigkeit erfreuen, mich ihrer anzunehmen, ihnen mein Blickfeld als Sport- und Trainingsplatz zu überlassen, in ihren Bewegungen und Raumdurchquerungen ein Planetensystem, ein Magnetfeld, ein Geduldsspiel, eine jeden Tag von anderen Linien zerfurchte Graphik zu erkennen und in Worten festzuhalten.
Das Großraumbüro kommt wie fast alles aus Amerika. Das Einzige, was nicht aus Amerika kommt, sondern – jedenfalls zu einem guten Teil – aus Europa, ist Amerika selbst, auch wenn die Amerikaner das nicht wahrhaben wollen. Ich kannte bisher nur das europäische Kaninchenstallbüro, in dem man sich höchstens einmal umdrehen kann, nämlich um den Hut zu nehmen und zu kündigen. Nun sitze ich im amerikanischen Großraumbüro, allerdings in einer ganz, ganz kleinen Schweizer Weltstadt, was die Ausmaße des Ganzen dann doch wieder ins Menschlich-Überschaubare zurückschraubt. In den Schränken reihen sich Zahnmodelle, Kunststoffgebisse, elfenbeinfarbene, hufeisenförmige, in Kartons verwahrte Zahnreihen, von denen es unilaterale und bilaterale gibt. Die zu meinem Schreibtisch gehörigen Schränke sind vermutlich leer, aber ich wage nicht, sie zu öffnen oder gar von ihnen Besitz zu ergreifen; mit dem mir zuerkannten Platz empfiehlt es sich vorsichtig und nicht in Erobererlaune umzugehen. Rechter Hand wird in einen Apfel gebissen, wodurch außer einem hübschen, aber vergänglichen Zahnabdruck ein saftiges kleines Geräusch entsteht. Büroutensilien werden vermisst, gesucht und an unerwarteter Stelle wiedergefunden, was Anlass zu spaßeshalber vorgebrachten Diebstahlbeschuldigungen und mit gespielter Entrüstung vorgetragenen Unschuldsbeteuerungen gibt. Im Fenster wölbt sich der Berg und erinnert daran, dass es nicht nur Zähne gibt auf Erden und Menschen, die solche freundlich lächelnd entblößen, sondern auch raue, schneedurchwehte Hänge, auf denen scheue, wachsamen Auges durch das Unterholz streifende Tiere zu Hause sind. Jedoch vermeide ich es, zu lange aus dem Fenster zu schauen, um nicht als eine arbeitsmüde, allzu träumerische Person angesehen zu werden. Lieber schaue ich in die Fenster, die sich hie und da auf den Bildschirmen auftun und geradewegs in den menschlichen Schlund hineinführen. Feuchtrot glänzend liegt die Mundhöhle so dicht vor mir, als steckte mein ganzer Kopf darin und leuchte mit Hilfe einer Stirnlampe die Wände nach Bemalungen aus. Dann wieder ist der Eingang verschlossen, zwei fest aneinandergepresste Zahnreihen lassen auch nicht den flüchtigsten Blick passieren. Rosa schimmert das freigelegte Zahnfleisch, in dem die makellosen Prachtexemplare verankert sind. Für den Fall, dass es in den Mündern nicht so prachtvoll zugeht, gibt es hausgemachte Klämmerchen und Schräubchen, die den maroden Gebisshaushalt zusammenhalten.
Beim nächsten kurzen Seitenblick ist der Berg verschwunden, als sei dies hier noch nie ein Alpenland gewesen. Die Schneeflocken wirbeln durcheinander und bringen eine heitere, milde Bewegung in die Welt. Wenn es nur immer weiter schneite, wir wären bald versunken in einem weichen, weißen Grab. Schwalben mischen sich unter die Schneeflocken, lassen sich leicht und sorglos durch den blassen Himmel wehen. Auf den Bildschirmen erscheinen nun chinesische Schriftzeichen, da auch die Chinesen Zähne haben und sich viel von den Schweizer Zahnaccessoires erhoffen. Langsam wird es dunkel, und der Schnee, der den Berg verschluckte, wird seinerseits von der Nacht verschluckt. Ringsum erhebt man sich nach und nach von den hochmodernen Bürosesseln mit nachgebender Rückenlehne, an denen noch das Etikett oder die Sitzanweisung in einer Plastikhülle baumelt, und folgt Berg und Schnee in die Nacht.
Am nächsten Morgen hebt das emsige Wirken von neuem an. Wie bin ich hierhergeraten? Ich wollte mich unter Menschen begeben und habe mir dabei die ideale Schreib- und Lebenssituation geschaffen. Hier, inmitten freundlich gesinnter Fremder, die mir umso fremder bleiben und auch bleiben dürfen, als sie sich mit Hilfe einer geheimnisvollen, holperig-kehligen Sprachmusik verständigen, bin ich ungestört meinem verträumten Eigenleben überlassen. Vielleicht werde ich bald mehr wissen von den Beweggründen und dem Zweck dieses stetigen Tätigseins um mich herum; bis es soweit ist, freue ich mich daran, an der Oberfläche dieser Fremdheit schwimmen zu dürfen, unbeachtet und unbehelligt den Werktätigkeitsklängen zu lauschen, die von allen Seiten her zu mir dringen, mir nichts Bestimmtes dabei vorstellen zu müssen, sondern im Geiste dahin und dorthin treiben zu können, uneingeengt von dem Wissen um das Wozu und Warum.
Sonnenlicht ist in einem Großraumbüro fehl am Platz. Es wird mittels einer elektrisch betriebenen Jalousie ausgesperrt. Sonnenlicht mag durch die morschen Balken eines Holzhüttchens dringen und dort in einem leeren Kessel rühren und blitzen. Im Großraumbüro verabreichen die Laternen den Angestellten und den Topfpflanzen ein kontinuierlich helles, weder grelles noch funzeliges Arbeitslicht. Die Büropflanzen sind grün und gleichen darin den meisten in freier Natur sich entfaltenden Gewächsen. Sie wurzeln statt in nahrhafter Muttererde in einem Bett aus braunen, gewissen Hunde-Trockenfutter-Sorten ähnelnden Kügelchen. Dafür, dass sie ihrer saftigen Grünheit und Wasserbedürftigkeit zum Trotz so künstlich und unorganisch wirken, können sie nichts.
Ob man auf meinen Tisch, wo zu beiden Seiten noch viel leerer Platz ist, zu Vorführungszwecken ein »Rührei« stellen könne, werde ich gefragt. Das »Rührei« ist zweifarbig, blau und grau, und ähnelt keineswegs einem Rührei, wohl aber einem überdimensionalen rohen oder gekochten Ei in einem hochmodernen Eierbecher. In seinem Inneren werden keine Omelettes, sondern zahnfüllende Pasten angerührt. Bevor ich noch das Rührei fröhlich willkommen heißen kann, ist schon ein anderer, besserer Platz, ein Regal in einem Kleinraumbüro, dafür gefunden. Ich weine dem Ei ein bisschen nach und darf es zum Trost manchmal besuchen.
Als einer von ihnen aus Südamerika Bohnen mitbrachte, die sich bewegten, waren sich die Surrealisten uneinig, ob es wohl besser sei, den Grund dieser dem üblichen Bohnentemperament nicht eigenen Sprunghaftigkeit zu kennen oder von Gründen nichts wissen zu wollen, um besser über das merkwürdige Bohnenverhalten rätseln zu können. Das sind Poetenfragen, die hier in der Dentalabteilung nichts zu suchen haben. Soll man vielleicht die Dinge mit Gewalt dazu bringen, ihr Geheimnis zu bewahren? Ich denke an das Rührei, das mir von Anfang an vorgestellt wurde als ein Zahnfüllungen anrührendes, ohne dass meine Einbildung Zeit gehabt hätte, sich vorher ordentlich daran abzuarbeiten. Man könnte denken, es gäbe genug Geheimnisse in der Welt, und eine künstliche Geheimnisvermehrung sei folglich nicht vonnöten. Zudem muss gesagt werden, dass Erklärungen, beispielsweise naturwissenschaftlicher Art, erstaunlich wenig zur Geheimnislüftung beitragen. Das Rührei-Mysterium jedenfalls ist in meinem Kopf allen Erläuterungen und genannten Zweckdienlichkeiten zum Trotz intakt geblieben.
Trübsal und Lebensunlust sind im Großraumbüro nicht zugelassen. Der Mitmensch sitzt in ein paar Metern Entfernung und will nicht mit schlechter Laune, missmutiger Miene und unglücksträchtigen Blicken behelligt werden. Schließlich nimmt auch er sich zusammen, wenn sich das Dasein mit seinen Bleigewichten an ihn hängt. Mit seiner zeitweiligen Mut- und Freudlosigkeit glaubt er, nur sich selbst belästigen zu dürfen, und für diese Rücksichtnahme wird er durch eine sofortige Besserung seiner Gemütslage belohnt. Seit ich meine Arbeit aus meinem Zimmer in das Großraumbüro verlagert habe, bin auch ich in eine heitere Stimmung geraten.
Den Firmendirektor kenne ich noch nicht, doch gibt es keinen Grund für mich, daran zu zweifeln, dass es ihn gibt. Wo käme man da hin, wenn man an allem zweifeln wollte, was man noch nie gesehen hat? Jedenfalls wohl kaum je in ein Großraumbüro. An einigen unsichtbaren oder noch nie gesehenen Phänomenen zweifelt man gewissermaßen berechtigterweise, während die Existenz anderer als erwiesen gilt. Warum? Weil man sich einfallen lässt, statt an die der Wahrnehmung sich entziehenden Phänomene selbst an ihre Beweisbarkeit durch mit den Naturgesetzen auf Du und Du stehende Fachkräfte zu glauben. Zwar führt an deren Menschsein und folglich Fehlbarkeit kein Weg vorbei. Trotzdem sind wir bereit, ihnen ein beinahe uneingeschränktes Vertrauen entgegenzubringen. In unserer kaum noch zu überbietenden, den Naturgesetzgebern blind vertrauenden Gutgläubigkeit sind wir felsenfest davon überzeugt, dass der Mond sich um eine ihrerseits die Sonne umkreisende Erde dreht. Wahrscheinlich bräuchte nur ein Astrophysiker daherzukommen, der glaubhaft und mit größter Bestimmtheit die Existenz Gottes nachweist, und wir würden von heute auf morgen wieder zu frommen Menschen.
Mit dem Direktor verhält es sich insofern anders, als man ihn wahrscheinlich sogar anfassen kann. Ich glaube, nicht falschzuliegen, wenn ich behaupte, dass er wenn nicht von mir, so doch von anderen bereits erblickt und angefasst wurde. Ich habe keinen Grund, ihre Aussagen in Frage zu stellen. Allerdings muss ich zugeben, dass ich von Erfahrungswerten anderer ausgehe, ohne diese je gewissenhaft genug überprüft oder auch nur die betreffenden Zeugen danach befragt zu haben. »Gibt es den Direktor wirklich?« ist keine Frage, die zu stellen dem Zweifler besonders leichtfiele. Natürlich wird die bisher unbewiesene Hypothese, wonach dem Betrieb ein Direktor vorsteht, von der allgemein bekannten Tatsache gestützt, dass Betriebe an ihrer Spitze einen Direktor zu haben pflegen. Aber auch in diesem Allgemein-Bekanntsein steckt wieder der Keim des Zweifels: Die Firmenleiter, die ich bisher – kennenzulernen wäre schon zu viel gesagt, aber doch wenigstens in Augenschein nehmen durfte, lassen sich leicht an einer Hand abzählen. Davon lässt sich nach seriösen Maßstäben noch keine Regel ableiten. Offenbar ist, um in einem Großraumbüro und wahrscheinlich überhaupt in der menschlichen Gesellschaft zugelassen zu werden, eine Art Urvertrauen erforderlich und erfreulicherweise auch so gut wie angeboren. Erfreulicherweise jedenfalls für die Direktoren dieser Erde, denen Mangel an Urvertrauen ihrer Angestellten revolutionsähnliche Zustände bescheren und jegliche Existenzgrundlage unter den Füßen wegziehen würde. Die Gestirne scheren sich nicht weiter um das Urvertrauen, das die Menschen in sie setzen, und drehen sich unverdrossen weiter um sich selbst und umeinander.
Eingebettet in eine freundliche, mit sich beschäftigte Umgebung und in die langen Stunden des Nachmittags, verspüre ich ein ungewohntes Geborgenheitsgefühl, in das ich mich dankbar hineinschmiege. Von hinten dringt die außerirdische Stimme eines Kehlkopfoperierten an mein Ohr. Ich weiß schon, wem sie gehört, und schaue mich nicht um. Der Anstand gebietet wohl, dass man über diese Dinge nicht redet und so tut, als sei es die größte Selbstverständlichkeit der Welt, über die Stimme eines Roboters zu verfügen. Jeder bleibt mit seinem Entsetzen allein, der Besitzer der Roboterstimme und wir, die wir ihm begegnen, und am Ende nutzt sich das Entsetzen ab, und zurück bleiben eine leichte Unruhe, ein Kratzen im Hals, hin und wieder ein inneres Erröten. Von den Großraumbewohnern abgenutzt und gebändigt, geht auch das Entsetzen auf im allgemeinen Geborgenheitsgefühl. Wieder ertönt hinter mir die Stimme des Stimmlosen. Sie fällt nicht weiter auf zwischen all den leisen Büromaschinen- und Computergeräuschen. Im Raum liegt nun etwas, das weder Mitleid noch Entsetzen ist, sondern dem Stimmlosen wortlos und ohne viel Aufhebens seine Menschenstimme wiedergibt.
Auf einem Schornstein tritt eine Taube von einem Fuß auf den anderen, ohne sich zu fragen, ob sie damit eine Gemütsbewegung ausdrückt oder nicht. Sie plustert sich kurz auf und fliegt alsbald, sogleich unauffindbar werdend, aus dem winzigen Weltausschnitt der Fensterfront in die blaue Durchsichtigkeit des Himmels hinweg.
In der Weitläufigkeit des Büros verliert sich das Bedürfnis nach Eigenbrötlerei. Lange darf man sitzen und nichts Besonderes vorstellen. Inwendig verweilt man vielleicht im hohen Norden oder ist felsenfest überzeugt von der eigenen Einzigartig- und Unnachahmbarkeit. Äußerlich aber darf man seinen Artgenossen gleichen, ein Rückgrat haben und dasselbe strecken und beugen, sich heimisch fühlen im Kreise einer willkürlich zusammengesetzten Verwandtschaft und sich ein Beispiel nehmen an deren ernsthafter und regelmäßiger Geschäftigkeit.
Von draußen oder aus dem Untergeschoss herrührende Bohrgeräusche übertönen zeitweilig das Bürogeplätscher und erinnern in ihrer Eindringlichkeit und in dem allgemeinen Dentalzusammenhang zwangsläufig an den Zahnarzt, und zwar an einen riesenhaften und bedrohlichen, mit einem presslufthammergroßen Bohrer in der Hand. In Südafrika bohrt man sich viertausend Meter in die Tiefe, um dort aus einer Tonne umgegrabener Erde sieben Gramm Gold zu gewinnen. (Die Richtigkeit der angegebenen Zahlen scheint gewährleistet.) Alles zutage geförderte Gold der Erde landet früher oder später einmal in der Schweizer Nationalbank. (Das hierzulande sorgsam gehütete Bankgeheimnis ist mit schuld daran, dass diese Aussage nicht überprüft werden kann.) Menschen werden als Wühlmäuse unter Vertrag genommen. Der Ertrag ihres Wühlens und ihre Lebenserwartung sind in etwa die einer Wühlmaus. In Zürich tragen Herren feine Maßanzüge und verlieben sich aus Paritätsgründen in wohlhabende Frauen. (Nicht unrichtige, aber vereinfachte Darstellung einer komplexen Realität.) Das Gold steckt viertausend Meter tief in der Erde, gehört aber keineswegs dem, der es ausgräbt, sondern dem, der die Bohranlagen bezahlen kann. In und auf der Erde gibt es mehr Spuren von Gold als von Gerechtigkeit. (Richtige, aber vollkommen unnütze, weil folgenlose Feststellung.)