Albrecht Koschorke
Wahrheit und Erfindung
Grundzüge einer Allgemeinen Erzähltheorie
Fischer e-books
Albrecht Koschorke, geb. 1958, ist Professor für Deutsche Literatur und Allgemeine Literaturwissenschaft in Konstanz und Gastprofessor an der University of Chicago. Seit 2006 gehört er dem Konstanzer Exzellenzcluster »Kulturelle Grundlagen von Integration« an und ist seit 2010 Sprecher des Graduiertenkollegs »Das Reale in der Kultur der Moderne«. Mit den Mitteln seines Leibnizpreises 2003 wurde die Forschungsstelle »Kulturtheorie und Theorie des politischen Imaginären« eingerichtet. Im Fischer Verlag erschien zuletzt »Die Heilige Familie und ihre Folgen« (4. Aufl. 2011) sowie »Der fiktive Staat. Konstruktionen des politischen Körpers in der Geschichte Europas« (2007).
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ISBN 978-3-10-401766-2
Roland Barthes, Einführung in die strukturale Analyse von Erzählungen. In: Ders., Das semiologische Abenteuer. Frankfurt/M. 1988. S. 102–143. Dort S. 102.
Walter Fisher, Narration as a Human Communication Paradigm: The Case of Public Moral Argument, in: Communication Monographs, Volume 51, March 1984. – Ders., Human Communication as Narration. Columbia, South Carolina 1987. – Inzwischen findet dieser Begriff auch als Buchtitel Verbreitung. Vgl. John D. Niles, Homo Narrans: The Poetics and Anthropology of Oral Literature. Philadelphia 1999. – Christoph Schmitt (Hg.), Homo narrans: Studien zur populären Erzählkultur. Festschrift für Siegfried Neumann zum 65. Geburtstag. Münster 1999.
»[…] I propose (1) a reconceptualization of humankind as Homo narrans; (2) that all forms of human communication need to be seen fundamentally as stories – symbolic interpretations of aspects of the world occuring in time and shaped by history, culture, and character; (3) that individuated forms of discourse should be considered as ›good reasons‹ – values or value-laden warrants for believing or acting in certain ways; and (4) that a narrative logic that all humans have natural capacities to employ ought to be conceived of as the logic by which human communication is assessed.« (Fisher, Human Communication as Narration, XI)
»The narrative paradigm proposes that human beings are inherently storytellers who have a natural capacity to recognize the coherence and fidelity of stories they tell and experience. I suggest that we experience and comprehend life as a series of ongoing narratives, as conflicts, characters, beginnings, middles, and ends. The various modes of communication – all forms of symbolic action – then may be seen as stories, interpretations of things in sequences.« (Fisher, ebd., S. 24)
Alaisdair MacIntyre, After Virtue. Notre Dame 21984. S. 216.
Eine entsprechend wichtige Rolle für die Entwicklung der menschlichen Art spricht die neuere Evolutionspsychologie dem Erzählen zu. Vgl. Robin Dunbar, The Human Story. A New History of Mankind’s Evolution. London 2004. – Ders., Klatsch und Tratsch. Wie der Mensch zur Sprache fand. München 2002. Dunbar zufolge löst die menschliche Sprachgemeinschaft als Sozialmodell die Kraulgemeinschaft der Affen ab und ist ihr hinsichtlich Gruppengröße und Zeiteffizienz überlegen. Seiner Schätzung nach verbringen Menschen zwei Drittel ihrer Redezeit mit Klatsch, das heißt unspezifischem Erzählen. – Zu den Konvergenzen zwischen Kognitionswissenschaft, Hirnforschung, Evolutionspsychologie und Erzähltheorie grundlegend: Fritz Breithaupt, Kulturen der Empathie. Frankfurt/M. 2009.
Hans Blumenberg, Arbeit am Mythos. 5. Aufl. Frankfurt/M. 1990, S. 40.
Dieses anthropologische Evolutionsschema wirkt noch in Horkheimer/Adornos Dialektik der Aufklärung nach. »Was der Primitive […] als übernatürlich erfährt, ist […] die Verschlungenheit des Natürlichen gegenüber dem einzelnen Glied. Der Ruf des Schreckens, mit dem das Ungewohnte erfahren wird, wird zu seinem Namen. Er fixiert die Transzendenz des Unbekannten gegenüber dem Bekannten und damit den Schauder als Heiligkeit. Die Verdopplung der Natur in Schein und Wesen, Wirkung und Kraft, die den Mythos sowohl wie die Wissenschaft erst möglich macht, stammt aus der Angst des Menschen, deren Ausdruck zur Erklärung wird.« (Max Horkheimer/Theodor W. Adorno, Dialektik der Aufklärung. Philosophische Fragmente. Frankfurt/M. 1988. S. 21)
Johan Huizinga, Homo ludens. Vom Ursprung der Kultur im Spiel. Reinbek 1961.
Ebd., S. 12.
Ebd., S. 20.
Ebd., S. 17.
Ebd., S. 117ff., S. 132.
Ebd., S. 118.
Ebd., S. 20.
Ebd., S. 129.
Ebd., S. 17.
»Jedes [soziale] Feld erzeugt seine eigene Form von illusio im Sinne eines Sich-Investierens, Sich-Einbringens in das Spiel, das die Akteure der Gleichgültigkeit entreißt und sie dazu bewegt und disponiert, die von der Logik des Feldes aus gesehen relevanten Unterscheidungen zu treffen (das, was für mich von Gewicht ist, von dem, was mir egal, gleich-gültig ist, zu unterscheiden). Aber es ist genauso wahr, daß eine gewisse Form der Identifikation mit dem Spiel, des Glaubens an das Spiel und an das, was auf dem Spiel steht und dessen Wert das Spiel erst spielenswert macht, dem Funktionieren des Spiels vorausgeht, und daß die collusio der Akteure […] der illusio der Konkurrenz zugrunde liegt, die sie zueinander in Gegensatz bringt und die das Spiel selbst ausmacht. Kurz, die illusio ist die Voraussetzung für das Funktionieren eines Spiels und zugleich, zumindest partiell, auch sein Ergebnis.« (Pierre Bourdieu, Die Regeln der Kunst. Genese und Struktur des literarischen Feldes. Frankfurt/M. 1999. S. 360)
Huizinga, Homo ludens, a.a.O., S. 25.
Ebd., S. 29.
Ebd., S. 30.
Ebd., S. 31.
Ebd., S. 25.
Diese Auflistung nach: Aleida und Jan Assmann, Art. Mythos. In: Hubert Cancik u.a. (Hg.), Handbuch religionswissenschaftlicher Grundbegriffe. Bd. 4. Stuttgart u.a. 1998. S. 179–200. Dort S. 180f.
Vgl. Fisher, Communication as Narration, a.a.O., S. 5.
Hayden White, The Value of Narrativity in the Representation of Reality. In: W. J. T. Mitchell (Hg.), On Narrative. Chicago London 1981. S. 1–23. Dort S. 2. Vgl. Ders., Auch Klio dichtet oder Die Fiktion des Faktischen. Studien zur Tropologie des historischen Diskurses. Stuttgart 1991. – Metahistory: Die historische Einbildungskraft im 19. Jahrhundert in Europa. Frankfurt/M. 1991.
Barbara Czarniawska, Narrating the Organization. Dramas of Institutional Identity. Chicago London 1997. – Dies., Narratives in Social Science Research. London u.a. 2004. S. 1ff.
Legt man einen von Ansgar und Vera Nünning erstellten Kriterienkatalog zugrunde, dann wird in diesem Buch der Ansatz neuerer »›postklassischer‹« Erzähltheorien vertreten, die ihr »Hauptaugenmerk auf offene und dynamische Prozesse« richten. Siehe Ansgar und Vera Nünning, Von der strukturalistischen zur ›postklassischen‹ Erzähltheorie. In: Dies. (Hg.), Neue Ansätze in der Erzähltheorie. Trier 2002. S. 1–33, dort bes. die Graphik auf S. 24.
Siehe Teil VI dieser Arbeit.
W. Lance Bennett und Martha S. Feldman, Reconstructing Reality in the Courtroom. Justice and Judgment in American Culture. New Brunswick 1981. S. 5.
Ebd., S. 7.
Czarniawska, Narratives in Social Science Research, 3. Czarniawska bezieht sich hierbei auf Jerome Bruner, Acts of Meaning. Cambridge/MA 1990.
Zur Funktionsweise kollektiver Fiktionen vgl. Thomas Frank, Albrecht Koschorke, Susanne Lüdemann und Ethel Matala de Mazza, Des Kaisers neue Kleider. Über das Imaginäre politischer Herrschaft. Texte, Bilder, Lektüren. Frankfurt/M. 2002. – Dies., Der fiktive Staat. Konstruktionen des politischen Körpers in der Geschichte Europas. Frankfurt/M. 2007. Die dort ausgearbeiteten Befunde sollen in diesem Buch narratologisch reformuliert und systematisiert werden.
Vgl. Gérard Genette, Die Erzählung. Hg. Jochen Vogt. München 21998. S. 167ff. Vgl. Sonja Klimek, Paradoxes Erzählen. Die Metalepse in der phantastischen Literatur. Paderborn 2010.
Vgl. das Kapitel ›Zur Funktionsweise sozialer Metaphern‹ in Koschorke u.a., Der fiktive Staat, a.a.O., bes. S. 57–62.
Michael Polanyi, The Tacit Dimension. Garden City New York 1966. S. 4.
Hans Blumenberg, Sprachsituation und immanente Poetik. In: Ders., Ästhetische und metaphorologische Schriften. Auswahl und Nachwort von Anselm Haverkamp. Frankfurt/M. 2001. S. 120–135. Dort S. 120.
Ebd., S. 121.
Sprachtheoretisch gewendet: »Indeed, any definition of a word denoting an external thing must ultimately rely on pointing at such a thing.« (Polanyi, Tacit Dimension, a.a.O., S. 5) – Zur Bedeutung der Deixis als Kernelement der Sprechhandlung vgl. Horst Wenzel/Ludwig Jäger (Hg.), Deixis und Evidenz. Freiburg u.a. 2008.
David Carr, Narrative and the Real World. An argument for continuity. In: Geoffrey Roberts (Hg.), The History and Narrative Reader. London New York 2001. S. 143–156. Dort S. 148. – Allerdings nimmt Carr diese Entgegensetzung zwischen Erzählen und Leben im Verlauf seiner Argumentation wieder zurück. Auch das gelebte Leben, so wird er später geltend machen, ist schon durch narrative Selbstvergegenwärtigung überformt.
Czarniawska, Narratives in Social Science Research, a.a.O., S. 111.
Vgl. David E. Rumelhart, Schemata: The Building Blocks of Cognition. In: Rand J. Spiro u.a. (Hg.), Theoretical Issues in Reading Comprehension. Hillsdale/NJ 1980. S. 38–58. – Eine aktuelle Übersicht über die psychologische Fachliteratur zu kognitiven Schemata bieten Jochen Müsseler/Wolfgang Prinz (Hg.), Allgemeine Psychologie. Heidelberg Berlin 2002. S. 37ff.
»Schemas are often described as sets of expectations, and indeed they are.« (Jean Matter Mandler, Stories, Scripts, and Scenes: Aspects of Schema Theory. Hillsdale/NJ London 1984. S. 13)
Vgl. zum Folgenden ebd., S. 5ff.
Ebd., S. 26.
Vgl. Gerhard Roth, Das Gehirn und seine Wirklichkeit. Kognitive Neurobiologie und ihre philosophischen Konsequenzen. Frankfurt/M. 1997.
Frederic Bartlett, Remembering. A Study in Experimental and Social Psychologie. Cambridge 1964. S. 185 und passim.
Ebd., S. 95.
Ebd., S. 280.
Czarniawska, Narratives in Social Science Research, a.a.O., S. 111.
Dass die Prinzipien der Schemabildung den Prozess der kulturellen Weitergabe von Wissen unvollständig beschreiben und durch Gegenprinzipien austariert werden müssen, soll Thema der folgenden Kapitel sein. Aus Darstellungsgründen wird zunächst nur der Aspekt der Homogenisierung behandelt.
Wodurch es möglich wird, Gedächtnisinhalte narrativ zu manipulieren. Vgl. Barbara Tversky und Elizabeth J. Marsh, Biased Retellings of Events Yield Biased Memories. In: Cognitive Psychology 40 (2000), S. 1–38.
Bennett/Feldman, Reconstructing Reality, a.a.O., S. 8.
Jean M. Mandler und Nancy S. Johnson, Remembrance of Things Parsed: Story Structure and Recall. In: Cognitive Psychology 9 (1977), S. 111–151. Dort S. 112. Mandler und Johnson nehmen hier auf die Studie von Bartlett Bezug.
Ebd., S. 149.
Ebd., S. 112.
Ludwig Tieck, Des Lebens Überfluß. Zit. n. Jürgen Fohrmann, Kommunikation und Gerücht. Einleitung zu: Jürgen Brokoff u.a. (Hg.), Die Kommunikation der Gerüchte. Göttingen 2008. S. 7–13, dort S. 7.
Paul Veyne, Glaubten die Griechen an ihre Mythen? Ein Versuch über die konstruktive Einbildungskraft. Frankfurt/M. 1987. Vgl. Kap. III.8.
»Als Kommunikationsereignis ist das Gerücht eine Variation in einem Sprachspiel, oder selber ein neues Sprachspiel, das nur dann gilt, wenn viele es annehmen.« (Birger P. Priddat, Märkte und Gerüchte. In: Brokoff, Die Kommunikation der Gerüchte, a.a.O., S. 216–237, dort S. 218)
Ebd., S. 216.
Siehe Kap. VI.2.
Amplifikation ist ein Ausdruck aus der rhetorischen Topik und bezeichnet dort im engeren Sinn die perspektivische Vergrößerung des jeweiligen Gegenstandes sowohl auf der Wort- als auch auf der Sachebene, im weiteren Sinn die Steigerung seiner Relevanz für das rednerisch erzeugte Kollektiv aus Sprecher und Adressaten. Vgl. Gerd Ueding/Bernd Steinbrink, Grundriß der Rhetorik. Geschichte – Technik – Methode. 3. Aufl. Stuttgart Weimar 1994. S. 271–3. Was die Verallgemeinerbarkeit eines Anliegens angeht, so steht diese rednerische Technik mit der Bildung von loci communes in Verbindung, den Gemeinplätzen der Rede, auf denen sich die unterschiedlichen Auffassungen gewissermaßen versammeln. Vieles, was in der rhetorischen Tradition über die loci communes gesagt wird, lässt sich mit gewissen Abwandlungen auf die hier verhandelten Narrative übertragen – mit dem bedeutenden Unterschied, dass die Topik, wörtlich verstanden die Lehre von den Örtern der Rede, einem räumlich-statischen Dispositiv zugehört, während die Narrativik die kulturelle Organisation von Zeit und Dynamik verhandelt.
Vgl. Albrecht Koschorke, Codes und Narrative. Überlegungen zur Poetik der funktionalen Differenzierung. In: Dorothee Kimmich u.a. (Hg.), Texte zur Literaturtheorie der Gegenwart. Stuttgart 2008. S. 545–558.
Der Gedanke, dass die Aufrechterhaltung von Komplexität energie- und kostenintensiv ist, verknüpft die Epistemologie mit der Institutionentheorie. Vgl. Kap. V.2.
Siehe Kap. III.5.
Auch dieser Aspekt wird in Kap. V.2 noch eingehender behandelt.
Unter diesem Gesichtspunkt ergeben sich Bezüge zwischen Erzähl- und Institutionentheorie; man kann im Erzählschema eine Protoform von Institutionen erkennen, die ja auch dem Zweck dienen, Erwartungen zu stabilisieren. Siehe Kap. V.1.
Ronald S. Burt, Structural Holes. The Social Structure of Competition. Cambridge/Mass. London 1995. S. 17.
Ebd.
Ebd., S. 18.
Ebd., S. 24f.
Vgl. zum Begriff des Entrepreneurs als eines Beziehungsmaklers in den Spuren von Georg Simmels Analyse des sozialen Dritten: Burt, ebd., S. 34.
Uwe Schimank, Weltgesellschaft und Nationalgesellschaften. Funktionen von Staatsgrenzen. In: Bettina Heintz u.a. (Hg.), Weltgesellschaft. Theoretische Zugänge und empirische Problemlagen. Stuttgart 2005. S. 394–414. Dort S. 407f.
Ebd., S. 409.
Ebd., S. 399.
Gregory Currie/Jon Jureidini, Narrative and Coherence. In: Mind & Language 19 (2004), No. 4, S. 409–427.
Vladimir Propp, Morphologie des Märchens. Hg. Karl Eimermacher. Frankfurt/M. 1975.
Jurij Lotman, Die Struktur literarischer Texte. 4. Aufl. München 1993. S. 329ff.
Insofern gilt für Erzählungen im Allgemeinen, was Blumenberg über Mythen sagt: »Mythen sind Geschichten von hochgradiger Beständigkeit und ebenso ausgeprägter marginaler Variationsfähigkeit. Diese beiden Eigenschaften machen Mythen traditionsgängig: ihre Beständigkeit ergibt den Reiz, sie auch in bildnerischer oder ritueller Darstellung wiederzuerkennen, ihre Veränderbarkeit den Reiz der Erprobung neuer und eigener Mittel der Darbietung. Es ist das Verhältnis, das aus der Musik unter dem Titel ›Thema mit Variationen‹ in seiner Attraktivität für Komponisten wie Hörer bekannt ist.« (Blumenberg, Arbeit am Mythos, a.a.O., S. 40)
»The schemas that are used to parse the incoming sensory stream have been formed in part on the basis of frequency; that is, expectations about what will be experienced are built up from the repetition of typical occurences. Such typical occurences […] are not always consciously noticed and counted. What is consciously noticed is a discrepancy from the normal values, the violation of an expectation.« (Mandler, Stories, a.a.O., S. 35)
»Anomalies serve as the trigger for memory access. Because we have found an anomaly, we are forced to think about it. We want stories to be nonanomalous, to match directly to stories we have already understood.« (Roger C. Schank/Robert P. Abelson, Knowledge and Memory: The Real Story. In: Robert S. Wyer (Hg.), Knowledge and Memory: The Real Story. = Advances in Social Cognition, Vol. VIII. Hillsdale/NJ 1995. S. 1–85. Dort S. 20)
David Herman, Stories as a Tool for Thinking, in: Ders. (Hg.), Narrative Theory and Cognitive Sciences. Stanford 2003, S. 163–192, dort S. 180.
Vgl. Kap. II.6.
Schank/Abelson, Knowledge and Memory, a.a.O., 1.
Ebd., S. 5.
»Understanding the world means explaining its happenings in a way that seems consonant with what you already believe. Thus, the task of an understander who has a memory filled with stories is to determine which of those stories is most relevant to the situation at hand.« (ebd.)
Robert Borofsky, On the knowledge and knowing of cultural activities. In: Ders. (Hg.), Assessing cultural anthropology. New York 1994. S. 331–47. Dort S. 331–4, in der Zusammenfassung von Christoph Brumann, Writing for Culture. Why a Successful Concept Should Not Be Discarded. In: Current Anthropology 40 (1999), S. 1–27, dort S. 8.
Vgl. hierzu die Überlegungen von Brumann, ebd., S. 7f.
Bartlett, a.a.O., S. 185.
Ebd., S. 44.
Ebd., S. 273.
Max Lüthi, Das europäische Volksmärchen. Form und Wesen. 5. Aufl. München 1976. S. 56ff.
Mündliche Diskussionsbemerkung von Aleida Assmann in einem gemeinsam abgehaltenen Seminar, Konstanz, Sommersemester 2007.
Es könnte sich hierbei um eine lexikalische Schwundform vorderasiatischer matriarchaler Ungeheuer-Gottheiten handeln. Robert v. Ranke-Graves/Raphael Patai, Hebräische Mythologie. Über die Schöpfungsgeschichte und andere Mythen aus dem Alten Testament. Reinbek 1986. S. 36f.
Hier sind die Befunde der Namenforschung generell interessant. »Man hat«, heißt es in einem entsprechenden Übersichtsartikel, »von der Multilingualität, Multikodalität und Multiepistemalität von EN [Eigennamen] gesprochen; EN haben eine Brückenfunktion zwischen dem Symbolsystem Sprache und anderen semiotischen Systemen […].« (Ernst Eichler u.a. [Hg.]: Namenforschung. Name Studies. Les noms propres. Ein internationales Handbuch zur Onomastik. 1. Teilband. Berlin/New/York 1995. S. 376.) Namen sind im interkulturellen Kontakt ›Relaiswörter‹, die Nennung und Einprägung von Namen eine der wichtigsten Kontaktgesten – gerade deshalb, weil sie sich zum Bedeutungssystem der (fremden) Sprache in der Regel wie Solitäre verhalten, d.h. eine Grenze der Bedeutungsproduktion bilden.
Bourdieu, Regeln der Kunst, a.a.O., S. 436.
Michael Walzer, Exodus und Revolution. Berlin 1988.
Zur Lenkwirkung von Namen auf die Imaginationstätigkeit vgl. Bartlett, a.a.O., S. 19.
Aus: Bartlett, Remembering, a.a.O., S. 180f.
Vgl. Jürgen Link, Elementare Literatur und generative Diskursanalyse. Mit einem Beitrag von Jochen Hörisch und Hans-Georg Pott. München 1983.
Aristoteles, Poetik. Übers. Olof Gigon. Stuttgart 1976. S. 33f. (Poetik 1450b)
»Narration of any kind involves the recounting and shaping of events. Description is not enough. A mere catalogue of descriptive sentences does not make a narrative. For one thing, there must be events described, not just things. Narration has an essential temporal dimension. The descriptions in botanical taxonomy, for example, do not comprise a narrative. Furthermore, the events must be shaped or ordered. Narrative imposes structure; it connects as well as records. In some cases it even defines the events it connects (The Hundred Years War and The Middle Ages, for example, own their identity to historical narrative.)« (Peter Lamarque, Narrative and Invention: The Limits of Fictionality. In: Christopher Nash [Hg.], Narrative in Culture. The Uses of Storytelling in the Sciences, Philosophy, and Literature. London New York 1990. S. 131–153. Dort S. 131f.)
So beschrieben bei Gabriel Garcia Márquez, Hundert Jahre Einsamkeit, 10. Aufl. München 1988. S. 348ff. Historischer Hintergrund ist ein im Auftrag der United Fruit Company durchgeführtes Massaker an Tausenden von streikenden kolumbianischen Bananenarbeitern im Dezember 1928.
David Herman diskutiert diesen Sachverhalt am Beispiel des Nordirland-Konflikts. »Indeed, by marking off a point on the temporal continuum and assigning it the role of origin or beginning, decisions about where to begin a story not only constrain the design and interpretation of the narrative itself, but also index competing ways of understanding the world – i.e., alternative strategies for tracing current states of affairs back to a point of origin. Competing accounts of the Troubles in Northern Ireland, for instance, might trave its root-cause back to (among other candidate causes) the events of 1867 (the Fenian Rebellion), 1916 (the Easter Uprising), 1972 (›Bloody Sunday‹), or 1695 (the advent of more than a century of anti-Catholic ›Penal Laws‹).« (David Herman, Stories as a Tool for Thinking, a.a.O., S. 173) – Vgl. zu diesem Komplex Albrecht Koschorke, Wie Bürgerkriege erzählt werden. Feldtheoretische Überlegungen zur Konfliktsemantik. In: Sabina Ferhadbegovic/Brigitte Weiffen (Hg.), Bürgerkriege erzählen. Zum Verlauf unziviler Konflikte. Konstanz 2011. S. 35–54, dort bes. S. 39f.
Paul Ricoeur, Zeit und Erzählung. 3 Bde. München 22007. Bd. 3, S. 306.
Ebd., I, S. 130.
»Die Abduktion ist der Vorgang, in dem eine erklärende Hypothese gebildet wird. Es ist das einzige logische Verfahren, das irgendeine neue Idee einführt […]. Die Deduktion beweist, daß etwas der Fall sein muß; die Induktion zeigt, daß etwas tatsächlich wirksam ist; die Abduktion vermutet bloß, daß etwas der Fall sein mag.« (Charles Sanders Peirce, Schriften zum Pragmatismus und Pragmatizismus. Hg. Karl-Otto Apel. Frankfurt/M. 21976. S. 400)
Michael Hampe, Eine kleine Geschichte des Naturgesetzbegriffs. Frankfurt/M. 2007. S. 28.
»Je nachdem, welche Naturerfahrung als die grundlegendere bewertet wird, ergeben sich grundsätzlich verschiedene Naturverständnisse und daraus folgend verschiedene Gewichtungen des Verhältnisses von Erzählung und theoretischer Erklärung. Ist die Natur ein Prozeß der Entwicklung mit zeitweiligen, jedoch nicht endgültigen Musterbildungen, dann ist die narrative Einstellung die grundlegende in der Naturerkenntnis. Sind dagegen Einmaligkeiten und Irreversibilitäten etwas, was sich innerhalb einer stabilen regelhaften Struktur abspielt, die unveränderlich ist, dann betreffen die Erzählungen von der Natur Ausnahmen, die vor dem Hintergrund unwandelbarer Gesetze und der mit ihnen operierenden explanatorischen Strategien zu sehen sind, von denen die wahren endgültigen Theorien zu handeln haben.« (Ebd., S. 30f.)
William Labov, Language in the Inner City. Studies in the Black English Vernacular. Philadelphia 1972. S. 363.
Ebd., S. 370.
Ebd., S. 366.
Teun A. van Dijk, Textwissenschaft. Eine interdisziplinäre Einführung. Tübingen 1980. S. 141.
Herman, Stories as a Tool for Thinking, a.a.O., S. 172.
Herman, ebd., unter Bezug auf Marvin Minsky.
Vgl. Mandler, Stories, Scripts, and Scenes, a.a.O.
Vgl. ebd.
Herman, Stories as a Tool for Thinking, S. 172.
Bennett/Feldman, Reconstructing Reality in the Courtroom, S. 79. Eine gründlichere Untersuchung des Komplexes der narrativen Problemlösung, die hier nur gestreift werden kann, bietet Michael Richter, Das narrative Urteil. Erzählerische Problemverhandlungen von Hiob bis Kant. Berlin New York 2008.
In Kap. II.8.
John Milton, Paradise Regained. In: Ders., The Major Works. Oxford u.a. 1990. S. 619–669. – Zitat aus Matias Martinez/Michael Scheffel, Einführung in die Erzähltheorie. 6. Aufl. München 2005, S. 119. »Weil narrative Texte Darstellungen menschlicher Handlungen sind«, schreiben Martinez und Scheffel, »müssen wir als Leser den offenen Möglichkeitshorizont der Protagonisten rekonstruieren, um ihre Handlungen als Handlungen überhaupt verstehen zu können.« (Ebd., S. 121) Zu dieser doppelten Zeitlichkeit fiktionaler Erzählungen vgl. Albrecht Koschorke, Identifikation und Ironie. Zur Zeitform des Erzählens in Goethes Wilhelm Meister. In: Claudia Breger/Fritz Breithaupt (Hg.), Empathie und Erzählung. Freiburg 2010. S. 173–185.
Käte Hamburger, Die Logik der Dichtung. Stuttgart 21968. – Franz K. Stanzel, Theorie des Erzählens. 7. Aufl. Göttingen 2001. S. 149ff. – Genette, Erzählung, a.a.O., S. 132ff.
Vgl. zusammenfassend Martinez/Scheffel, Einführung in die Erzähltheorie, a.a.O., S. 47ff.
Vgl. Herfried Münkler, Die Deutschen und ihre Mythen. Reinbek 22011. S. 14f. und passim. – Ein Beispiel aus der Schweizer Nationalmythologie wäre der Apfelschuss des Wilhelm Tell, in Schillers dramatischer Bearbeitung des Stoffes als Schlüsselszene ausgearbeitet, aber in noch größerer ikonischer Verdichtung von der Uhrenindustrie als werbewirksames Symbol für schweizerische Präzision verwendbar. Diesen Hinweis verdanke ich den Teilnehmern eines Graduiertenseminars über die kulturelle Funktion des Erzählens, Luzern, März 2012.
Walter Benjamin, Erfahrung und Armut. In: Ders., Illuminationen. Ausgewählte Schriften. Frankfurt/M. 21980. S. 291–296. – Ders., Der Erzähler. Betrachtungen zum Werk Nikolai Lesskows. In: ebd., S. 385–410.
Mandler/Johnson, Remembrance, a.a.O., S. 116.
Vgl. Peter von Polenz, Deutsche Sprachgeschichte vom Spätmittelalter bis zur Gegenwart. Bd. 1: Einführung – Grundbegriffe – 14. bis 16. Jahrhundert. Berlin New York 22000. S. 187. Polenz sieht über den etymologischen Befund hinaus eine generelle sprachgeschichtliche Tendenz zwischen ausgehendem Mittelalter und früher Neuzeit darin, »daß eher narrative, aneinanderreihende Strukturen, mit einer großen Zahl hochfrequenter, sehr polysemer Verknüpfungselemente ersetzt worden sind durch eher argumentative, erklärende, belehrende, den Text konsistent machende Strukturen, in denen vor allem kausale, adversative, konditionale, finale Verknüpfungen zunahmen bzw. präziser ausgedrückt wurden. Dabei sind in vielen Fällen räumliche oder zeitliche Bedeutungen in logisch verknüpfende umfunktioniert worden.« (Ebd.)
Breithaupt, Kulturen der Empathie, a.a.O., S. 137 und 139. Breithaupt definiert das Erzählen »als das Spannen einer Brücke zwischen zwei nicht zwingend miteinander verknüpften Ereignissen«. (Ebd., S. 10)
Mandler/Johnson, Remembrance, a.a.O., S. 116.
Ähnlich Breithaupt, Kulturen der Empathie, a.a.O., S. 136. – Wo zwingende Kausalität ein Hauptelement des Plots ist – etwa im Kriminalroman –, entsteht Spannung durch die bis zum Schluss offene Frage, ob oder wie ein Protagonist zu den genretypisch zwingenden Schlussfolgerungen gelangt und ihnen Geltung verschaffen kann.
Mandler/Johnson, a.a.O., S. 131.
Dass sogenannte Unbestimmtheitsstellen (Roman Ingarden) die Koproduktivität des Lesers von Texten anregen, bietet einen Ausgangspunkt der Rezeptionstheorie. Vgl. Roman Ingarden, Vom Erkennen des literarischen Kunstwerks, Tübingen 1968. – Wolfgang Iser, Der Akt des Lesens. Theorie ästhetischer Wirkung. 4. Aufl. München 1994.
Czarniawska, Narratives in Social Science Research, a.a.O., S. 6.
Ebd., S. 7.
»Wer narrative Texte liest, tut etwas scheinbar Paradoxes, denn er nimmt das dargestellte Geschehen zugleich als offen und gegenwärtig und als abgeschlossen und vergangen auf. Vergangen erscheint das Geschehen, insofern es von Anfang an als abgeschlossenes Ganzes aufgefaßt und im Präteritum erzählt wird, als chronologische Gestalt, in welcher bereits der Anfang sinnhaft auf das Ende bezogen ist. Als gegenwärtig und offen nimmt der Leser das Geschehen auf, insofern er die Figuren als in das Geschehen der erzählten Welt verstrickte Personen versteht und ihre Agentenperspektive nachvollzieht. Er sieht sie dann in Entscheidungssituationen gestellt und als potentiell Handelnde in eine offene Zukunft blickend, die sie ihren Wünschen, Kenntnissen und Möglichkeiten gemäß zu beeinflussen suchen, ohne sie doch mit Gewißheit steuern oder vorhersagen zu können. […] Wenn wir Leser die Figuren als Handelnde verstehen, setzt das voraus, daß wir uns Geschehensverläufe vorstellen, die alternativ zu dem stehen, was tatsächlich in der erzählten Welt eintritt.« (Martinez/Scheffel, Einführung in die Erzähltheorie, a.a.O., S. 119f.)
Ebd., S. 133.
Ara Norenzayan u.a., Memory and mystery. The cultural selection of minimally counterintuitive narratives. In: Cognitive Science: A Multidisciplinary Journal 30 (2006), S. 531–553, mit zahlreichen weiteren Literaturhinweisen.
Jerome Bruner, Acts of Meaning, a.a.O.
Ebd., S. 47.
Ebd., S. 77.
Ebd., S. 81ff.
Ebd., S. 49f.
Sigmund Freud, Die Traumdeutung. Frankfurt/M. 1991. Kap. VII C, S. 554.
Currie/Jureidini, Narrative and Coherence, a.a.O., S. 409.
Ebd.
Ebd., S. 413.
Ebd., S. 414.
Blumenberg, Arbeit am Mythos, a.a.O., S. 46.
Currie/Jureidini, Narrative and Coherence, a.a.O., S. 424.
Martinez/Scheffel, Einführung in die Erzähltheorie, a.a.O., 110.
Ebd., S. 111.
Zum Begriff der »›Motivation von hinten‹«: Clemens Lugowski, Die Form der Individualität im Roman. Mit einer Einleitung von Heinz Schlaffer. Frankfurt/M. 21994. S. 66ff.
Armin Schulz/Harald Haferland, Metonymisches Erzählen. In: DVjs 84 (2010), Heft 1, S. 3–43. Dort S. 11f.
Ebd., S. 41.
Ebd.
Ebd., passim.
Ebd., S. 42.
Klassisch hierzu: Wolfgang Iser, Der implizite Leser. Kommunikationsformen des englischen Romans von Bunyan bis Beckett. München 1972.
Genette, Erzählung, a.a.O., S. 132.
Eingehend dazu: Wolfgang Iser, Der Akt des Lesens, a.a.O.
Vgl. hierzu die Überlegungen von Currie/Jureidini, Narrative and Coherence, a.a.O., S. 415ff.
Dazu weitere Überlegungen in den Kapiteln III.4 und VI.6–7.
Vgl. Stanzel, Theorie des Erzählens, a.a.O., S. 240ff.
Zum Begriff der Wir-Intentionalität und seiner grundlegenden Bedeutung für menschliche Kommunikation: Michael Tomasello, Die Ursprünge der menschlichen Kommunikation. Frankfurt/M. 2009. S. 24ff. und passim.
Vgl. Breithaupt, Kulturen der Empathie, bes. S. 114ff., wo die wechselseitige Bedingtheit von Erzählen und Empathie herausgearbeitet wird.
Siehe Kap. II.5 in diesem Buch.
Vgl. Basil Bernstein, Studien zur sprachlichen Sozialisation. Frankfurt/M. u.a. 1981. S. 154ff., 87ff.
Ich danke Juliane Vogel für ein anregendes Gespräch über dieses Thema im Herbst 2010.
Dasselbe Plot-Schema findet sich abgewandelt in Computerspielen, die mit verschiedenen Formen der subjektiven Perspektive (Ego- oder Third-Person-Spiele) arbeiten. Da der ›Rezipient‹ hier gleichzeitig Spieler ist, lässt sich die Identifikation mit dem Helden bis zu einem Grad steigern, die durch herkömmliche Fiktionsformen nicht erreicht werden kann. Ein Extremfall sind erpresserische Identifikationen, wenn zum Beispiel – wie in dem Spiel Heavy Rain – der Spieler für einen verzweifelten Vater handelt, der einen Mord begehen muss, um seinen Sohn zu retten. Für den Hinweis danke ich Manuel Rose.
Ohnehin ist die Mortalitätsrate von literarischen Heldinnen auffällig hoch. Zum Motiv des Frauenopfers in der europäischen Tradition vgl. die Beiträge von Susanne Lüdemann in Albrecht Koschorke u.a., Der fiktive Staat, a.a.O., Kap. I.5.
Daniel Defoe, Robinson Crusoe. London u.a. 2001. S. 162.
»You do great deal much good, says he, you teach wild mans be good sober tame mans; you tell them know God, pray God, and live new life.« (Ebd., S. 178)
Zur Lücke in Robinsons Kalender ebd., S. 76.
Zu diesem Begriff: Stanzel, Theorie des Erzählens, a.a.O., S. 190ff.
Vgl. David Graeber, Beyond Power/Knowledge. An exploration of the relation of power, ignorance and stupidity. Vortrag an der London School of Economics, 25. 5. 2006. (http://libcom.org/files/20060525-Graeber.pdf)
Es passt in dieses Bild, dass nach den Drama-Konventionen der Vormoderne nur hochrangige Persönlichkeiten überhaupt eines charakterbildenden inneren Konflikts würdig waren. Historisch begann Subjektbildung an der Spitze der gesellschaftlichen Pyramide, beim Souverän, bevor sich im 18. Jahrhundert die Idee der Souveränität eines jeden Individuums ausbildete.
Käte Hamburger, Die Logik der Dichtung, a.a.O., S. 115. Zur Wechselbeziehung von Fiktionalität und Bewusstseinsdarstellung vgl. Monika Fludernik, Einführung in die Erzähltheorie. Darmstadt 2006. S. 73.
Reinhart Koselleck, Zur historisch-politischen Semantik asymmetrischer Gegenbegriffe. In: Ders., Vergangene Zukunft. Zur Semantik geschichtlicher Zeiten. Frankfurt/M. 1989. S. 211–259.
Ebd., S. 213.
»Eine politische oder soziale Handlungseinheit konstituiert sich erst durch Begriffe, kraft derer sie sich eingrenzt und damit andere ausgrenzt, d.h. kraft derer sie sich selbst bestimmt. Empirisch mag eine Gruppe durch Befehl oder Konsens, durch Vertrag oder Propaganda, durch Not oder Verwandtschaft, durch alles zugleich oder sonstwie entstanden sein: immer sind Begriffe erforderlich, in denen sich eine Gruppe wiedererkennen und selbst bestimmen muß, wenn sie als Handlungseinheit will auftreten können. Ein Begriff in dem hier verwendeten Sinne indiziert nicht nur Handlungseinheiten, er prägt und schafft sie auch. Er ist nicht nur Indikator, sondern auch Faktor politischer oder sozialer Gruppen.« (Ebd., S. 212)
Ausführlicher hierzu: Albrecht Koschorke, Ein neues Paradigma der Kulturwissenschaften. In: Eva Eßlinger u.a. (Hg.), Die Figur des Dritten. Ein kulturwissenschaftliches Paradigma. Berlin 2010. S. 9–31. Dort S. 23–28.
S. Kap. IV.4.
Vgl. Gayatri Chakravorty Spivak, Can the subaltern Speak? Postkolonialität und subalterne Artikulation. Wien 2007.
Thomas G. Kirsch, From the Spirit’s Point of View. Ethnography, Total Truth and Speakership. In: Olaf Zenker und Karsten Kumoll (Hg.), Beyond Writing Culture. Current Intersections of Epistemologies and Representational Practices. New York Oxford 2010. S. 89–112.
»Die Kulturtheorien, die das Fundament kulturgeschichtlicher Forschung darstellen, speisen sich aus derselben Quelle wie die strukturalistische Narratologie selbst – aus der Semiotik, die Anfang des 20. Jahrhunderts mit den Vorlesungen Ferdinand de Saussures aus der Taufe gehoben wurde. Ganz gleich, ob man Kultur im Sinne Ernst Cassirers als ›Gesamtheit der symbolischen Formen‹, mit der Kulturanthropologie Clifford Geertz’ als ›Text‹ oder in der antihermeneutischen Wendung Michel Foucaults als ›Diskursuniversum‹ versteht – der Grundgedanke, daß kulturelle Prozesse auf Zeichenprozessen (Semiosen) beruhen, zieht sich durch viele der wichtigsten Kulturtheorien des 20. Jahrhunderts […].« (Astrid Erll/Simone Roggendorf, Kulturgeschichtliche Narratologie: Die Historisierung und Kontextualisierung kultureller Narrative. In: Nünning/Nünning, Neue Ansätze in der Erzähltheorie, a.a.O., S. 73–113. Dort S. 76f.)
Zum methodologischen Unterschied zwischen »narrative« einerseits, »metaphor« und »paradigm« andererseits vgl. Edward M. Bruner, Ethnography as Narrative. In: Lewis P. Hinchman/Sandra K. Hinchman (Hg.), Memory, Identity, Community. The Idea of Narrative in the Human Sciences. Albany/N. Y. 1997. S. 264–280. Dort S. 277: »I conclude by noting that narrative structure has an advantage over such related concepts as metaphors or paradigm in that narrative emphasizes order and sequence, in a formal sense, and is more appropriate for the study of change, the life cycle, or any developmental process.«
Tversky/Marsh, Biased Retellings, a.a.O., S. 2.
Andreas Wimmer, Kultur als Prozess. Zur Dynamik des Aushandelns von Bedeutungen. Wiesbaden 2005.
Ebd., S. 14. Das Konzept des kulturellen Kompromisses, das Wimmer entwickelt, soll Strukturanalyse und pragmatische Handlungstheorie zusammenführen. »Was alle Menschen miteinander verbindet und ihnen ermöglicht, die kulturelle Landschaft in Bewegung zu setzen und sich selbst in ihr zu bewegen, ist die Fähigkeit, auf der Suche nach einem Kompromiß Sinn und Nutzen in Übereinstimmung zu bringen.« (Ebd., S. 48) In dem damit verbundenen Deutungskampf versuche »jedes Individuum ständig, die soziale Welt im Rahmen der kulturellen Schemata so zu interpretieren, daß die eigenen Ansprüche als gerechtfertigt, das eigene Tun als moralisch und der eigene Nutzen als Allgemeinwohl erscheint«. (S. 68)
Siehe Kap. II.7.
Etwa wenn man sagt, ein Erlebnis sei ›spannend‹ gewesen, und den Zuhörern dadurch die Spannung vorenthält.
Internes Programmpapier der Projektgruppe ›Gesetze der Gattung‹ unter Leitung von Ethel Matala de Mazza, Konstanz, Juli 2010.
Vgl. Tomasello, Die Ursprünge der menschlichen Kommunikation, a.a.O., S. 19ff. und passim.
Ebd., S. 18 und passim.
Ebd., S. 346.
Man kann hier an Julia Kristevas psychoanalytisch geprägte Vorstellung von einer semiotischen Grundschicht der Sprache denken – in Entsprechung zu den psychischen Primärvorgängen bei Freud, als Schicht des Triebhaft-Unbewussten in der Sprache, die in einem subversiven Wechselverhältnis zu den symbolischen Teilungen und Artikulationen steht. Vgl. Julia Kristeva, Die Revolution der poetischen Sprache. Frankfurt/M. 1978. Dort bes. das Kap. ›Das Semiotische und das Symbolische‹, S. 32–113. Was Kristeva als Merkmal der poetischen Sprache herausstellt, ist im Zusammenhang des vorliegenden Buches auf die gesellschaftliche Poiesis insgesamt hin auszulegen.
Vgl. Meir Sternberg, Proteus in Quotation Land: Mimesis and the Forms of Reported Discourse. In: Poetics Today 3.2 (1982), S. 107–156. Sternbergs Proteus principle besagt, dass »in different contexts […] the same form may fulfill different functions and different forms the same function« und dass es folglich eine »many-to-many relationship between linguistic and representational structure« gebe. (S. 148)
John Searle, Die Konstruktion der gesellschaftlichen Wirklichkeit. Zur Ontologie sozialer Tatsachen. Hamburg 1997. S. 46.
Jean-François Lyotard, Das postmoderne Wissen. Ein Bericht. Graz Wien 1986. S. 175 und passim.
Wilhelm Ostwald, Der energetische Imperativ. Leipzig 1912. Vgl. Christoph Asendorf, Ströme und Strahlen. Das langsame Verschwinden der Materie um 1900. Gießen 1989.
Michel Serres, Hermes IV. Verteilung. Berlin 1993. – Vgl. Wolfram Pichler/Ralf Ubl (Hg.), Topologie. Falten, Knoten, Netze, Stülpungen in Kunst und Theorie. Wien 2009. – Doris Schweitzer, Topologien der Kritik. Kritische Raumkonzeptionen bei Gilles Deleuze und Michel Serres. Berlin 2011.
Michel Serres, Hermes IV. Verteilung, a.a.O., S. 220.
Ebd.
Ebd., S. 221.
Georg Simmel, Der Raum und die räumlichen Ordnungen der Gesellschaft. In: Ders., Soziologie. Untersuchungen über die Formen der Vergesellschaftung. Berlin 1908. S. 614–708. Dort S. 623.
Martina Löw, Raumsoziologie. Frankfurt/M. 2001. – Zum theoretischen Kontext: Jörg Dünne/Stephan Günzel, Raumtheorie. Grundlagentexte aus Philosophie und Kulturwissenschaften. Frankfurt/M. 2006.
Arnold van Gennep, Übergangsriten. Frankfurt/M. 1986.
Victor Turner, Das Ritual. Struktur und Anti-Struktur. Frankfurt/M. 2005. Darin bes. Kap. 3 »Schwellenzustand und Communitas«. – Ders., Social Dramas and Stories Told about Them. In: Critical Inquiry 7 (1980): On Narrative, S. 141–168.
Vgl. dazu Eßlinger, Die Figur des Dritten, a.a.O., bes. die Einleitung, S. 9–31.
Es ist bezeichnend, dass dreidimensionale Räumlichkeit sprachlich nur mit negativen, quantitativen oder abstrakten Attributen versehen werden kann, so dass man Anleihen an der Beschaffenheit und Textur von Flächen nehmen muss, wenn man ihr erfahrbare Qualitäten zuschreiben möchte.
Victor Turner, The Ritual Process. Structure and Anti-Structure. Chicago 1969. S. 94f.
Das Folgende überschneidet sich mit einem separat publizierten Aufsatz: Albrecht Koschorke, Zur Funktionsweise kultureller Peripherien. In: Susi K. Frank u.a. (Hg.), Explosion und Peripherie. Jurij Lotmans Semiotik der kulturellen Dynamik revisited. Bielefeld 2012. S. 27–39.
Jurij M. Lotman, Die Innenwelt des Denkens. Eine semiotische Theorie der Kultur. Berlin 2010. – Ders., Kultur und Explosion. Berlin 2010.
Jurij M. Lotman, Über die Semiosphäre. In: Zf. f. Semiotik 12 (1990), S. 287–305. Dort S. 290f.
Ebd., S. 295.
Zum Problem der intransiviten Systemgrenze bei Luhmann vgl. Albrecht Koschorke, Die Grenzen des Systems und die Rhetorik der Systemtheorie. In: A. Koschorke und C. Vismann (Hg.), Widerstände der Systemtheorie. Berlin 1999. S. 49–60. – Ders., Codes und Narrative, a.a.O. Als Modell für semiotischen Grenzverkehr ist Lotmans Theorie jedenfalls derjenigen Luhmanns bei weitem überlegen.
Lotman, Über die Semiosphäre, a.a.O., S. 290.
»Die Funktion einer beliebigen Grenze und eines Gewebes oder Films […] besteht in der Beschränkung des Eindringens des Äußeren in das Innere. […] Auf der Ebene der Semiosphäre bedeutet sie das Trennen des Eigenen vom Fremden, die Filtration der äußeren Mitteilungen und ihre Übersetzung in die eigene Sprache, ebenso wie auch die Umwandlung äußerer Nicht-Mitteilungen in Mitteilungen, d.h. die Semiotisierung des von außen Hereindringenden und dessen Verwandlung in Information.
Von diesem Standpunkt aus gehören alle Mechanismen der Übersetzung, die Kontakte nach außen aufrechterhalten, zur Struktur der Grenze der Semiosphäre.« (Ebd., S. 292)
Lotman spricht von der »Funktion eines Puffermechanismus, der die Information umwandelt, einer eigenartigen Übersetzungsvorrichtung«. (Ebd.)
Ebd., S. 292.
Ebd., S. 290.
Vgl. den in diesem Punkt ähnlich gelagerten Ansatz von Arjun Appadurai, Modernity at Large. Cultural Dimensions of Globalization. Minneapolis 2005.
Vgl. Lotmans Skizze ›The Sign Mechanism of Culture‹, in: Semiotica 12 (1974), S. 301–305.
Ebd., S. 302.
Ebd.
Ebd., S. 303.
»The use of one and the same code, and the circulation of one and the same message unaltered in the process of transmission, would result in the collective being composed of semiotically uniform individuals, that is, in the loss of one of the most essential features that distinguish one personality from other. A collective composed in such a way would suffer extreme loss of stability and viability.« (Ebd., S. 303)
Ebd., S. 302.
Jurij Lotman, Zum kybernetischen Aspekt der Kultur. In: Ders., Aufsätze zur Theorie und Methodologie der Literatur und Kultur. Hg. Karl Eimermacher, Kronberg/Ts. 1974, S. 417–421, S. 418.
Vgl. etwa Roman Ingarden, Vom Erkennen des literarischen Kunstwerks, a.a.O., 302.
Ebd., S. 303.
Vgl. ebd., insbesondere Kapitel 11, S. 49ff.
Lotman, The Sign Mechanism of Culture, a.a.O., S. 302.
Vgl. Michael Doyle, Empires. Ithaca London 1984. S. 93ff. – Herfried Münkler, Imperien. Die Logik der Weltherrschaft – vom Alten Rom bis zu den Vereinigten Staaten. 2. Aufl. Berlin 2005. S. 80ff., 112ff.
Münkler, ebd., S. 80.
Münkler, S. 116, unter Bezug auf Michael Mann.
Ebd., S. 115.
Vgl. Michael Mann, Geschichte der Macht. Bd 2: Vom römischen Reich bis zum Vorabend der Industrialisierung. Frankfurt/New York 1991. S. 104–116.
Michael Mann, Geschichte der Macht. Von den Anfängen bis zur Griechischen Antike. Frankfurt/New York 1994. S. 35.
Ebd.
Vgl. Michael Mann, The Sources of Social Power. Bd. I: A history of power from the beginning to A. D. 1760. Cambridge u.a. 1986. S. 16f. In der deutschen Übersetzung: »interstitielle Emergenzen«. (Mann, Geschichte der Macht. Von den Anfängen bis zur Griechischen Antike, a.a.O., S. 36)
Vgl. Mark Granowetter, »The Strength of Weak Ties«, in: American Journal of Sociology 78 (1973), S. 1360–1380.
Lotman, Über die Semiosphäre, a.a.O., S. 290.
Ebd., S. 293.
Susi K. Frank, Cornelia Ruhe und Alexander Schmitz, die Herausgeber der neuen deutschsprachigen Lotman-Ausgabe, resümieren diesen Sachverhalt so: »Weil die Ordnung der Zeichen vom Kernbereich aus in Richtung Peripherie zunehmend amorpher wird, sorgt dies in funktionierenden semiotischen Systemen für eine Flexibilität, die kulturelle Rahmenbedingungen zwar modifiziert, die Kultur als solche jedoch nicht zerstört. Während im Zentrum die dominierenden Zeichenprozesse eine reibungslose Kommunikation ermöglichen, weil die Erwartungen der Sender und Empfänger von Botschaften synchronisiert sind, haben sie umgekehrt eine Tendenz zur Statik und Verknöcherung. Wo jedoch eine Regeneration und Erneuerung dieser Zeichenprozesse stattfindet, indem Elemente von der Peripherie ins Zentrum wandern, werden neue Codes möglich und neue Formen von Bedeutung generiert.« (Lotman, Die Innenwelt des Denkens, a.a.O., Nachwort der Herausgeber, S. 381–416, dort S. 398)
Ebd., S. 386f. – Eine eingehende Analyse der vielschichtigen Spannungen, die Lotmans Existenz als russischer Jude und Russistik-Professor zwischen Sowjetregime und estnischer Nationalkultur kennzeichnen, bietet Maxim Waldstein, Russifying Estonia? Iurii Lotman and the Politics of Language and Culture in Soviet Estonia. In: Kritika: Explorations in Russian and Eurasian History 8 (2007), S. 561–596.
»Einerseits sorgt seine eigene periphere Situation im akademischen Diskurs der Sowjetunion für eine argumentative Ausgangsposition, die der vieler postkolonialer Theoretiker in ihrem Verhältnis zu den (post)kolonialen Zentren ähnelt. Im Gegensatz zu ihnen, die wie Homi Bhabha, Edward Said und Gayatri Spivak alle an westlichen Universitäten lehren oder lehrten, bleibt Lotman allerdings bis zu seinem Tod in Tartu und damit an der Peripherie eines Systems, das sich erst in den letzten Jahren seines Lebens wenigstens zeitweilig selbst als randständig zu verstehen beginnt. Dieses (mehr oder minder freiwillige) Festhalten an einer peripheren Perspektive versetzt ihn in eine besondere Position gegenüber Theoretikern des Postkolonialismus, die ihre Randlage gegen die (akademischen) Zentren eintauschen konnten und damit auch die Position der Marginalisierten, als deren Repräsentanten sie auftreten, in der Regel hinter sich gelassen haben.« (Nachwort zu Lotman, Innenwelt des Denkens, a.a.O., S. 394f.)
Claude Lévi-Strauss, Das wilde Denken. Frankfurt/M. 1973. S. 270.
Claude Lévi-Strauss, Strukturale Anthropologie II. Frankfurt/M. 21999. S. 39. – Für Lévi-Strauss ist der Gegensatz kalt versus warm faktisch synonym mit der Unterscheidung zwischen archivlosen Kulturen einerseits, modernen Schriftkulturen auf der anderen Seite. Zu berücksichtigen ist jedoch die wichtige Modifikation, die Jan Assmann an dieser binären Metaphorik vornimmt: »Gesellschaften bzw. Kulturen«, schreibt Assmann, »müssen nicht als ganze ›kalt‹ oder ›heiß‹ sein: Man kann in ihnen kalte und heiße Elemente, bzw., mit den Begriffen des Ethnopsychologen M. Erdheim, Kühl- und Heizsysteme unterscheiden.« (Jan Assmann, Das kulturelle Gedächtnis. Schrift, Erinnerung und politische Identität in frühen Hochkulturen. München 1992. S. 69)
In einer vergleichbaren Argumentationslinie sieht Herfried Münkler ein zentrales Unterscheidungskriterium zwischen politischen Mythen und Dogmen darin, dass letztere »die narrative Variabilität des Mythos« begrenzen. Seiner Tendenz nach sei der Mythos »demokratisch-egalitär« und in seiner anarchischen Produktivität nur durch verordnete Dogmatik und Zensur zu beherrschen. »Generell aber gilt: Sobald der Mythos zum Dogma erstarrt, ist er tot. Das ist das Problem autoritärer oder gar totalitärer Systeme: dass sie politischer Mythen bedürfen, diesen aber keine Entfaltungsspielräume gewähren können, weil sie dann jenen politischen Kräften Spielraum verschaffen würden, die sie doch klein halten wollen.« (Münkler, Die Deutschen und ihre Mythen, a.a.O., S. 22)
Vgl. hierzu die Ausführungen zur Raumstruktur von Sinnsystemen in Kap. III.5.
Lotman, Über die Semiosphäre, a.a.O., S. 290.
Michail M. Bachtin, Chronotopos. Frankfurt/M. 2008.
Lotman, Über die Semiosphäre, S. 288.
Yu. [sic] M. Lotman und B. A. Uspensky, On the Semiotic Mechanism of Culture. In: New Literary History 9 (1977), S. 211–232. Dort S. 222.
Elena Esposito, Die Zukunft der Futures. Die Zeit des Geldes in Finanzwirtschaft und Gesellschaft. Heidelberg 2010. – Joseph Vogl, Das Gespenst des Kapitals. 3. Aufl. Zürich 2010/11.
Ursula Geitner, Die Sprache der Verstellung. Studien zum rhetorischen und anthropologischen Wissen im 17. und 18. Jahrhundert. Tübingen 1992.
Ein schönes Beispiel für die Erzeugung eines derartigen Semiotops durch institutionelle Destabilisierung bildet Hollywood in den vierziger und fünfziger Jahren. Nachdem der Monopolverbund zwischen Studios, Vertriebssystemen und Kinos gesetzlich aufgelöst wurde, begann in einem Klima allseitiger Konkurrenz das Goldene Zeitalter des nervös-kommerziellen Star-Kinos: mit mächtigen Agenten, steilen Schauspielerkarrieren, gigantischen Marketingkampagnen und einer ungeheuer erfolgreichen Mythenproduktion, die zwischen den Filmen und der Anwesenheitsgesellschaft auf engem Raum in Northern L. A. hin- und heroszillierte. Mündliche Mitteilung von Alexander Zons, Konstanz, Herbst 20092010189201