Es war mein letztes Jahr in der Otto-Hahn-Gesamtschule in Hamburg, also die zehnte Klasse, es war das Jahr 1981, ich war sechzehn und es war Sommer. Ich hatte bei Alfred Hilsbergs Plattenfirma ZickZack schon eine EP mit drei Stücken veröffentlicht, die hieß »Der lachende Papst«, aber meine Mitschüler wussten nichts davon. An meiner Schule gab es nur Punk-, aber keine New-Wave-Hörer und überhaupt interessierten sich die meisten nicht für Musik. Ich führte gewissermaßen ein Doppelleben. Holger Hiller und Albert Oehlen waren meine Musikfreunde, und die waren sieben bis zehn Jahre älter als ich.
Dann war in der Schule Projektwoche. Für die Projekte wurden altersübergreifend Gruppen aus den achten, neunten und zehnten Klassen gebildet. Ich entschied mich für den Kurs »Fahrradfahren durch Hamburg«. Weil dort aber die erste Aufgabe darin bestand, einen Reifen zu flicken, verließ ich die Gruppe wieder, weil das bei uns zu Hause immer meine Mutter machte. Dadurch kam ich mit einiger Verspätung in den Kurs »Wir machen einen Popsong«, da war es schon Freitag und wir wurden aufgefordert, übers Wochenende etwas vorzubereiten, einen Song zu schreiben oder einen Liedtext. In dem Kurs befand sich auch Olaf Maurischat, ein Junge aus der Parallelklasse, den ich als Einzigen einigermaßen leiden konnte. Mit dem ging ich am Wochenende ins »Geisterfahrer«-Studio, ein Vierspurstudio von Matthias Schuster. Dort nahmen wir den Backing-Track für das spätere Lied »Fred vom Jupiter« auf. Dafür musste ich Matthias Schuster einhundert Mark bezahlen.
Am Montag stellten alle ihre Hausarbeiten vor und es wurden vier Gruppen gebildet, die daran weiterarbeiten sollten. Bei meinem Stück meldeten sich nur drei Mädchen aus der achten Klasse. Die Mädchen fanden meinen Text schlecht und schrieben einen anderen, ich steuerte nur einen von mir zu sprechenden Part bei. Ein paar Tage später ging der Lehrer mit uns in ein Achtspur-Tonstudio, wo alle vier Songs der Projektgruppe aufgenommen wurden. Die Mädchen sangen, ich sprach meinen Part und das war’s dann.
Kurz darauf gingen die Schulferien los und ich fuhr nach Düsseldorf, um einen Fanbesuch bei der von mir sehr bewunderten Band »Der Plan« zu machen. Die Musiker von »Der Plan«, die auch die Plattenfirma »Ata Tak« betrieben, fanden »Fred vom Jupiter« gut und wollten den Song auf einer Single herausbringen. Wir gingen gleich ins Studio und nahmen eine B-Seite auf, die hieß »Auch die Heimat ist nicht mehr schön«, es war ein Instrumentalstück und sollte Freds Rückkehr auf seinen Heimatplaneten beschreiben.
Aber der Lehrer in Hamburg wollte von einer Veröffentlichung des Liedes nichts wissen, er verbot mir die Verwendung der mit ihm gemachten Aufnahmen. Ich fand das nicht gut und suchte mir über einen Freund einige Mädchen zwischen elf und fünfzehn Jahren zusammen, mit denen ich wieder ins Geisterfahrer-Studio ging und die Gesangsspuren neu aufnahm. Da ich die Backing-Tracks ohnehin mit Olaf Maurischat am Wochenende und auf eigene Kosten gemacht hatte, war dadurch meiner Ansicht nach die Schule aus dem Spiel.
Einige Wochen später wurde die Single auf dem Ata-Tak-Label veröffentlicht und zur selben Zeit ging die Sache mit der »Neuen Deutschen Welle« durch die Decke. Deshalb lief das Stück plötzlich überall im Radio, was bei einer Ata-Tak-Veröffentlichung sonst nie der Fall gewesen wäre. Wir verkauften binnen weniger Wochen zwanzigtausend Singles und es meldeten sich bei uns andere, größere Plattenfirmen. Wir lizenzierten die Aufnahme an die Teldec weiter und zugleich schickte mich Thomas Fehlmann, ein Bandkollege von Holger Hiller, zu einem großen Musikverlag, Francis, Day & Hunter, die würden das Stück gerne verlegen und ich solle mich doch dort einmal melden. Da fühlte ich mich sehr geschmeichelt und ging hin und unterschrieb einen Verlagsvertrag für das Stück. Obwohl, eigentlich unterschrieb meine Mutter, ich war ja noch nicht volljährig.
Mit dem Lehrer hatte ich keinen Kontakt, weil ich nach der zehnten Klasse nicht mehr zur Schule ging. Er meldete sich aber von sich aus und wollte gegen das Lied und seine Veröffentlichung vorgehen. Sein Argument war, dass das Stück in der Schule entstanden und daher geistiges Eigentum der Schule sei. Daraufhin fand eine Besprechung zwischen dem Lehrer und Francis, Day & Hunter statt, zu der ich nicht eingeladen wurde. Danach war der Lehrer mit allem einverstanden, bestand aber darauf, dass er treuhänderisch für die Schule als Textdichter eingetragen würde.
Fred vom Jupiter wurde ein gigantischer Hit und ist nach wie vor eines der bekanntesten Lieder aus der Zeit der Neuen Deutschen Welle. Ich habe viel Geld damit verdient, andere aber noch viel mehr. Es hat sich vielhunderttausend-, wenn nicht gar millionenfach in aller Welt in allen möglichen Formen und Formaten verkauft und wird nach wie vor im Radio gespielt, gerne nachts. Ich war immer davon ausgegangen, dass die GEMA-Einnahmen aus der Textdichtung meiner alten Gesamtschule zugutekamen, manchmal steigerte ich mich in Tagträume hinein, die von ganzen Gebäuden handelten, die für die Schule von diesem Geld gebaut wurden. Und als ich vor einigen Jahren in einer GEMA-Abrechnung einen neuen Namen in der Textdichter-Nennung entdeckte, dachte ich erst, jemand habe das Lied für eine Rap-Verwurstung missbraucht und forschte der Sache hinterher. Dabei stellte sich heraus, dass es der Name von einem der drei Mädchen war, die damals den Text geschrieben hatten. Ich nahm mit ihr Kontakt auf und erfuhr, dass sie und die beiden anderen Mädchen von dem Lehrer, der auch ihr Klassenlehrer gewesen war, außer einer kleinen Abschlagszahlung vor fünfundzwanzig Jahren nie mehr etwas bekommen hatten.
Ich ließ meinen Anwalt, Joern Zimmermann, auf die Sache los. Leider konnte nicht mehr sicher geklärt werden, wie viel Geld über all die Jahre an den Lehrer geflossen war, der Lehrer hatte angeblich keine Unterlagen mehr, meine waren bei einem Wasserschaden zerstört worden, Francis, Day & Hunter wollten nicht helfen und bei der GEMA kamen wir auch nicht weiter. Deshalb musste das geschätzt werden. Die geschätzte Summe wurde dann von dem Lehrer sofort und ohne weitere Umstände an die Mädchen bzw. deren Erben ausgezahlt. Er sagte, er habe ja bloß die Adressen seiner damaligen Schülerinnen nicht gewusst.
Die Otto-Hahn-Gesamtschule hat nie einen Pfennig bekommen. Die Sporthalle »Fred vom Jupiter« wurde also nie gebaut.
Im Jahre 1984 war ich gerade frisch an der Münchner Filmhochschule angenommen worden und wollte eigentlich mit Musik nichts mehr zu tun haben, als mich der Filmregisseur Eckhart Schmidt ansprach, ob ich nicht für eine von ihm konzipierte Fernseh-Popshow etwa zwölf bis fünfzehn Minuten gestalten wolle. Außerdem würden in der Show die englische Band Spandau Ballet und ein englischer Dance-Act mit indischen Wurzeln vorkommen. Inhaltlich gab Eckhart Schmidt mir freie Hand, deshalb sagte ich zu. Ich fragte Holger Hiller, ob er mitmachen wolle. Holger war dabei. Ob die Idee, eine Kurzoper zu machen, von ihm oder von mir kam, weiß ich nicht mehr.
Die Sache lief so, dass Holger Hiller Textfragmente hatte. Wir dachten uns eine Story aus und stellten den darin vorkommenden Personen Cut-up-mäßig aus Holgers Textfragmenten ihre Arien zusammen. Die Handlung sollte in Moritatenform von einem Hosenchor erzählt werden und ging so: Ein junges Mädchen, die schöne Lucy, Tochter eines Teppichs, verliebt sich in eine Hose, doch der Vater ist gegen diese Verbindung und am Ende sterben alle.
Die Musik nahmen wir bei Ata Tak in Düsseldorf auf. Das Konzept hieß vereinfacht: Laien singen Oper. Holger und ich sangen den Hosenchor, eine Düsseldorfer Putzfrau sang die schöne Lucy, ein Pizzabäcker sang den Teppich und wer die Hose gesungen hat, weiß ich nicht mehr. Im Detail lief das so ab, dass wir den Sängern einen Schnaps und die Cut-up-Texte gaben und sie baten, sich vorzustellen, sie seien Opernsänger und müssten nun irgendwie auf Opernsängerart diesen Text singen. Weitere Vorgaben haben wir nicht gemacht. Erst danach haben wir die Gesänge mit Orchestersounds unterlegt.
Zusammen mit Catherine Lienert entwarfen wir das Bühnenbild, eine Küche, die von den Ausstattern des Südwestfunks Baden-Baden in einem dortigen Studio gebaut wurde. Dann reiste ich mit Holger Hiller, Catherine Lienert, Claudia Kaloff und Jäki Eldorado nach Baden-Baden, um die Sache aufzuzeichnen.
Wir arbeiteten viel mit Nebel. Claudia Kaloff agierte mit Maske als Lucy, während Holger, Jäki und ich die Hose, den Teppich und den Hosenchor an Nylonfäden zum Playback bewegten.
Der erste Tag lief eigentlich ganz gut, das Ganze wurde mit sechs großen, beweglichen Röhrenkameras aufgezeichnet, es ging gut voran und wir waren ziemlich zufrieden. Als wir aber aus der Mittagspause zurückkamen, teilte Eckhart Schmidt uns mit, dass die Kameraleute, größtenteils ältere Damen, die sich bis dahin nicht weiter bemerkbar gemacht hatten, die Arbeit niedergelegt hätten, weil sie »so einen Scheiß« nicht mitmachen wollten. Er schickte uns ins Hotel, er würde das klären, am nächsten Morgen ginge es weiter.
Wir waren pessimistisch und deprimiert und betranken uns, so gut es in Baden-Baden eben ging. Aber am nächsten Morgen rief Eckhart Schmidt an und sagte, dass die Dreharbeiten fortgesetzt würden. Wir gingen ins Studio und nahmen weiter die Oper auf. Dieselben Damen saßen an den Kameras und ließen sich nichts anmerken. Später brachten wir das Playback auf Platte raus, es erschien in Deutschland, in Holland und in Japan. Holger Hiller wollte es neulich wiederveröffentlichen, aber ich war dagegen. Die Show lief damals um 21.45 Uhr in allen Dritten Programmen. Spandau Ballet wurden Weltstars. Von den indischen Dance-Leuten habe ich nie wieder etwas gehört.
Im Jahre 1989 sollte ich an der Münchner Filmhochschule meinen Abschlussfilm drehen. Dafür stand mir ein Budget von zwanzigtausend Mark zur Verfügung. Ich wollte einen abendfüllenden Kinderfilm machen, der hieß »Der beste Hund der Welt«. Darin ging es um einen Jungen, der mit seinem Vater in ein Dorf zog, in dem alle anderen Kinder richtige Hunde hatten, nur unser Junge nicht, der hatte einen Holzhund auf Rädern. Deshalb lachten alle über ihn, aber am Ende rettete dieser Holzhund das ganze Dorf.
Ich fand für den Film auch gleich einen Produzenten, der war vorher bei der Taurus Film gewesen und hatte in der Tschechoslowakei diverse Märchenfilme realisiert. Er hatte gerade eine Millionenerbschaft gemacht und wollte sich als Filmproduzent selbständig machen. Dafür hatte er zwei Filme in der Pipeline und einer davon war meiner, er sollte in Bratislava gedreht werden, wo der Produzent einen Produktionsleiter kannte, der bereit war, für einen gebrauchten Volvo meinen Film seiner tschechoslowakischen Filmproduktionsfirma heimlich unterzuschieben. Von München aus fuhren wir Anfang November mit fünf Leuten dort hin: Ich als Regisseur, Jan Becker als Co-Autor, Moritz Reichelt als Setdesigner, Jacob Claussen als deutscher Produktionsleiter und Robert Knon als Repräsentant der Münchner Filmfirma. Wir wohnten in einem Interhotel und verbrachten etwa eine Woche mit Baubesprechungen, es gab erste Modelle vom Set, wir machten ein Kindercasting und waren gerade bereit, loszulegen, als die Mauer fiel. Wir schauten uns das im Fernsehen an und freuten uns wie die Schneekönige, bis uns klar wurde, dass damit unser Volvo-Mauschelgeschäft mit dem tschechischen Produktionsleiter hinfällig und »Der beste Hund der Welt« ein Opfer der Zeitgeschichte geworden war. Mit zwanzigtausend Mark war das Projekt unter Westbedingungen nicht zu schaffen. Das Budget der Filmhochschule war zudem termingebunden und drohte zu verfallen.
Trotzdem wollte ich jetzt nicht auf den letzten Drücker einen Kurzfilm machen. Die Münchner Filmhochschule hatte gerade ein neues, großes Studio und vom Bayerischen Rundfunk drei alte, ausgemusterte Fernseh-Röhrenkameras geschenkt bekommen. Deshalb schrieb ich mit Jan Becker eine Fernsehshow. Sie hieß »Schlag dein Tier« und darin sollten diverse Tiere in Quiz- und Geschicklichkeitsspielen gegen ihre Besitzer antreten, ein Schwein gegen einen Bauern im Witzeraten, eine Gans gegen eine Rockerbande im Geldstück-an-die-Wand-werfen, ein Bär gegen einen schwererziehbaren Jungen im Radfahren und so weiter. Ich wollte auf Länge kommen, deshalb erfanden wir noch die Schlagerwand: Der Gewinner eines Spiels durfte sich zur Belohnung von der Schlagerwand einen Titel wünschen, der dann in ganzer Länge als Musikvideo gezeigt wurde. Dazu tanzten dann Tiere und Menschen vereint im Studio. Für diese Schlagerwand konnte ich alle meine bis dahin gedrehten Musikvideos verwenden: Wenn die Tiere gewannen, und das war meist der Fall, wünschten sie sich immer einen Andreas-Dorau-Titel. Nur einmal gewann ein Mensch und durfte sich ein von mir selbstgebasteltes Bruce-Springsteen-Video aussuchen. Am Ende kam ich so auf fünfundvierzig Minuten Film. Ich hatte einige bekannte Schauspieler dabei, zum Beispiel Eva Pflug aus Raumschiff Orion, Kurt Schmidtchen aus Dieter Hallervordens Palim-Palim-Sketch und noch andere. Außerdem unterstützte mich ein Tiertrainer aus dem Münchner Umland, der neu im Geschäft war und alle Tiere, die wir brauchten, zur Hand hatte und umsonst zur Verfügung stellte. Bei den Dreharbeiten ging alles glatt, nur dass die Schweine immer sehr nervös waren und wir deshalb sogar einmal einen Drehtag abbrechen mussten, nur damit sie sich wieder beruhigten. Außerdem reichte das Geld nicht ganz, weshalb ich eine Produktionspause von einem halben Jahr einlegen musste, in der ich Geld als Minibarchecker und Beifahrer verdiente.
Als der Film endlich fertig war, führte ich ihn als Abschlussarbeit der Filmhochschule vor. Die Prüfer verließen am Ende wortlos das Kino und haben mit mir nie über das Werk gesprochen. Mein Abschlusszeugnis habe ich trotzdem bekommen. Später habe ich »Schlag dein Tier« in voller Länge als Traumsequenz in den Film »Die Menschen sind kalt« hineinmontiert und so kam er dann doch noch ins Kino.
In der zweiten Hälfte der 90er Jahre arbeitete ich einige Jahre als Videoberater in Hamburg am Holzdamm beim »Motor«-Label der Plattenfirma Polygram, die damals auch meine Platten herausbrachte, ich teilte mir ein Büro mit dem Internetbeauftragten Tim Lorenz und werkelte dort vor mich hin. Das waren die fetten Jahre der Plattenfirmen; Dance und Techno regierten die Charts, die alten Platten wurden als CDs noch einmal verkauft und die Polygram war als Marktführer ganz vorne mit dabei. Im Kühlschrank war immer Champagner und jede Woche gab es ein bis zwei Goldverleihungen. Beim Pförtner am Holzdamm konnte man alles, was man brauchte, mit einem Formblatt bestellen, egal ob Kugelschreiber, Radiergummis oder Alkohol. Er lieferte das dann. Wer im Einzelnen was bestellt hatte, wurde nie kontrolliert.
Auch der Jazz-Abteilung vom Motor-Label ging es prächtig, denn es war die Zeit des Easy-Listening-Booms. So kam es, dass ich und die bei Motor für meine Platten zuständige Managerin Charlotte Goltermann auf einer Charts-Einstiegsparty der Jazz-Abteilung landeten, wo Erdbeerbowle ausgeschenkt wurde, ich weiß nicht mehr, warum, wahrscheinlich hatte es etwas mit dem Cover der Platte zu tun, deren Charts-Einstieg gefeiert wurde, vielleicht war es auch der Titel der Platte, aber irgendeinen inhaltlichen Zusammenhang zur Erdbeere wird es wohl gegeben haben. Wir jedenfalls immer fleißig dabei. Die anderen gingen irgendwann nach Hause, nur drei Leute blieben, die aber standhaft, nämlich ich, Charlotte Goltermann und Benjamin von Stuckrad-Barre, der damals gerade als Produktmanager in der Rockabteilung angefangen hatte, und als die Erdbeerbowle am Glockengießerwall, wo der Vertrieb saß und die Party stattfand, alle war, gingen wir über die Straße zum Holzdamm ins Gebäude von Motor Music und Karussell, wo die Champagner-Kühlschränke standen.
Damals war gerade die Gruppe »Rammstein« ganz groß im Kommen, deshalb gab es im Büro von Petra Husemann, einer Promoterin, die auch mit dem Labelchef verheiratet war, einen mannsgroßen Hinkelstein aus Hartplastik, einen Hingucker für die Plattengeschäfte, der sollte den Altberliner Toreinfahrts-Rammstein darstellen, nach dem sich die Gruppe angeblich benannt hatte. Mir war der Stein schon lange ein Dorn im Auge gewesen, aus zwei Gründen: Ich mochte die Gruppe nicht und war neidisch auf ihren Erfolg. Nachdem wir am Holzdamm noch einige Platten gehört und ein paar Flaschen Champagner getrunken hatten, war ich so aggressiv und aufgewühlt, dass ich den Rammstein packte, zum Fenster schleppte und ihn mit dem Ruf »Stoppt Faschismus« aus dem dritten Stock auf die Straße warf. Wir waren alle drei begeistert, aber dann hörten wir ein Reifenquietschen und hatten Angst, dass etwas passiert sein könnte. Da war die gute Stimmung hin und wir machten, dass wir wegkamen.
Als Charlotte Goltermann und Benjamin von Stuckrad-Barre am nächsten Morgen zur Arbeit kamen, lag der Rammstein noch immer auf der Straße. Sie schleppten ihn hinter ein Gebüsch und irgendwann war er dann ganz verschwunden, wohin auch immer. Petra Husemann hat nie nach ihm gefragt.