Katharina Middendorf
Female Yoga
Entdecke die 7 Urkräfte deiner Weiblichkeit
Mit Fotos von Jan Rickers
Knaur e-books
Katharina Middendorf ist Diplom-Kommunikationswirtin und Autorin in den Bereichen Yoga, Partnerschaft und Lebenshilfe und deutschlandweit bekannte Expertin für Yoga. 2008 entwickelte sie die Yoga-Methode nivata® und bildet seitdem Yoga-Lehrer aus und fort. Als Heilpraktikerin für Psychotherapie setzt sie mit der von ihr entwickelten Yoga-Therapie ihr Wissen und ihre Erfahrung für den Gesundungsprozess des Menschen ein. In ihrer Arbeit als Paar- und Sexualtherapeutin mit Einzelpersonen und Paaren spielen die Themen Intimität und Selbstbestimmung eine wichtige Rolle. Katharina Middendorf lebt mit ihrem Lebenspartner Ralf Sturm und ihren vier Kindern in Berlin.
Die in diesem Buch gegebenen Empfehlungen sind allgemeiner Natur und können eine professionelle medizinische oder psychologische Behandlung nicht ersetzen. Leser mit gesundheitlichen Problemen sollten einen Arzt zu Rate ziehen, um abzuklären, ob das hier dargestellte Übungsprogramm für sie in Frage kommt. Das gilt insbesondere für einige der Yoga-Positionen, die unter Umständen der individuellen Anpassung bedürfen.
Die im Buch veröffentlichten Ratschläge und Übungen wurden von Verfasser und Verlag mit größter Sorgfalt erarbeitet und geprüft. Eine Garantie und Haftung kann jedoch nicht übernommen werden.
© 2019 der eBook-Ausgabe Knaur eBook
© 2019 Knaur Verlag
Ein Imprint der Verlagsgruppe Droemer Knaur GmbH & Co. KG, München
Alle Rechte vorbehalten. Das Werk darf – auch teilweise – nur mit
Genehmigung des Verlags wiedergegeben werden.
Innenteilabbildungen: Alle Abbildungen von Jan Rickers
Wir danken dem nachhaltigen und nur in Europa produzierendem Yoga & Lifestyle Yoga Label Wellicious für die freundliche Unterstützung bei Katharina Middendorfs Outfits.
Grafischen Elemente unter Vorlage nach den Fotos: atelier-sanna.com
Redaktion: Susanne Klein
Covergestaltung: ZERO Werbeagentur, München
Coverabbildung: Jan Rickers
ISBN 978-3-426-45307-0
Abhängig vom eingesetzten Lesegerät kann es zu unterschiedlichen Darstellungen des vom Verlag freigegebenen Textes kommen.
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Gerald Hüter, aus »Das Hirn sucht das Glück«, Yoga Journal 01/16. © 2018 Yoga Journal Germany, well media GmbH. All rights reserved.
Mit Polarität ist in der Philosophie, im Gegensatz zum Dualismus, der von nicht miteinander vereinbaren Größen ausgeht, das Verhältnis sich gegenseitig bedingender Größen gemeint, und damit ein komplementäres Verhältnis.
Yin ist ein Begriff aus der chinesischen Philosophie, insbesondere des Daoismus. Er steht zusammen mit Yang für einander polar gegenüberstehende und dennoch aufeinander bezogene Kräfte oder Prinzipien, wobei Yang für die männliche, aktive Seite und Yin für die weibliche, passive Seite steht.
Fachbegriffe aus dem Yoga und Sanskritwörter werden im Glossar am Ende des Buches erklärt.
Hulk ist die Titelfigur aus den gleichnamigen Marvel-Comics. Der Nuklearphysiker Dr. Bruce Banner kann sich nach einem Unfall mit Gammastrahlung bei jedem Anflug von Wut in das rasende Monster Hulk verwandeln. Das passiert unfreiwillig und in den neuen Avenger-Filmen auch zunehmend willentlich, wenn es darum geht, die Welt zu retten.
Wer sich heute bei Facebook anmeldet, kann in seinem Profil zwischen 60 Geschlechtsoptionen wählen.
Der Italiener Leonardo da Vinci (1452–1519) gilt als einer der berühmtesten Universalgelehrten aller Zeiten. Er war Maler, Bildhauer, Architekt und außerdem auch Anatom, Mechaniker, Ingenieur und Naturphilosoph.
Als Goldener Schnitt wird das Teilungsverhältnis von Größen bezeichnet, bei dem das Verhältnis des Ganzen zu seinem größeren Teil dem Verhältnis des größeren zum kleineren Teil entspricht. Das Verhältnis des Goldenen Schnitts ist nicht nur in Mathematik, Kunst oder Architektur von Bedeutung, sondern findet sich auch in der Natur, beispielsweise bei der Anordnung von Blättern und in Blütenständen mancher Pflanzen. In der berühmten Zeichnung des »vitruvianischen Menschen« hat Leonardo da Vinci dieses Prinzip nach dem Vorbild des antiken Architekten Vitruvius auf die Proportionen des Menschen übertragen.
Vorstellungskraft wird in der Yoga-Philosophie einem bestimmten Bereich zugeordnet, dem Vijnanamaya Kosha. In dieser vierten von insgesamt fünf Hüllen geht es um Erkenntnis, Intellekt und Intuition. Spüren kann man diesen Körper durch die eigene Fähigkeit, sich selbst wahrzunehmen, aber auch durch die Fähigkeit, Bilder zu erzeugen und Räume zu kreieren, in denen man die eigene Wahrnehmung ausdrücken kann.
picture perfect, engl. für: wie gemalt
In der Mitte des Schädels, da wo die Wirbelsäule aufhört, ist laut Yoga-Philosophie der Sitz des sechsten Chakras (Ajna Chakra). Dieses Zentrum strahlt bis zum Augenbrauenzentrum, wo man es gängigerweise verortet. Es ist als Sitz der Intuition bekannt.
Die physiologisch wichtige Krümmung der Wirbelsäule nach vorn nennt man Lordose. Erst in ihrer Überstreckung spricht man von Hyperlordose bzw. Hohlkreuz.
Das Wort »Äther« kommt aus dem Griechischen und bedeutet »(blauer) Himmel«. Es ist in der indischen Philosophie das fünfte Element und wird auf Sanskrit »Akasha« (= Himmel) genannt. Es steht übergeordnet für die Dimension des Raumes.
Die Vulva umfasst die Gesamtheit der äußeren primären Geschlechtsorgane bei der Frau und besteht aus dem Venushügel, den Schamlippen und der Klitoris.
Die Vagina, oder auch Scheide genannt, ist ein schlauchförmiges Geschlechtsorgan in Form eines dehnbaren, muskulös-bindegewebsartigen Schlauchs, der bei erwachsenen Frauen 8 bis 12 cm lang ist. Sie verbindet den äußeren Muttermund mit dem Scheidenvorhof und stellt einen Teil des Geburtskanals dar.
Der Uterus bzw. die Gebärmutter ist der Teil der weiblichen Geschlechtsorgane, in dem sich die befruchteten Eizellen einnisten und zum geburtsreifen Fötus heranreifen. Er ist muskulär an der Austreibung des Kindes während der Geburt beteiligt und reicht vom äußeren Muttermund bis zur Öffnung zum Eileiter hin.
»Schon im Leib der Mutter, das ist bei Ultraschalluntersuchungen zu sehen, haben männliche Föten gelegentlich Erektionen. Und direkt nach der Geburt, in den ersten 24 Stunden, reagieren viele Babys auch körperlich auf angenehme physische Reize wie die Wärme der Mutter oder die Stimulation der Lippen beim Stillen: Ihr Penis oder ihre Klitoris schwillt an. Für werdende Eltern ist es wichtig zu wissen, dass solche frühen Anzeichen für die sich entwickelnde Sexualität des Kindes völlig normal sind.« (Auszug aus: »Hinter dem Sternchenvorhang«, Katrin Zeug in: DIE ZEIT Nr. 30/2016, 14. Juli 2016).
»Hinter dem Sternchenvorhang«, Katrin Zeug in: DIE ZEIT Nr. 30/2016, 14. Juli 2016
Es gibt unterschiedliche Erregungsmuster, die im Ansatz des Sexocorporel-Konzepts physiologisch aufgeschlüsselt dargestellt werden; siehe dazu www.ziss.ch/sexocorporel/physiologisch.htm (Stand: 30.09.2018)
Prof. Jean-Yves Desjardins entwickelte das Konzept des Sexocorporel am Département de Séxologie de l’Université du Québec in Montréal, der weltweit einzigen sexologischen Fakultät, welche er 1968 gemeinsam mit Prof. Claude Crépault gründete. Auf der Basis von klinischen Beobachtungen und wissenschaftlichen Untersuchungen erarbeitete er bis 1988 ein Modell sexueller Entwicklung und Funktionalität, welches er seither in Zusammenarbeit mit Sexologinnen und Sexologen entsprechend neuer sexualwissenschaftlicher Erkenntnisse erweiterte.
Gustatorisch: das Schmecken betreffend
Olfaktorisch: das Riechen betreffend
»In my view, the main reason for the uneven management sex ratio is our inability to discern between confidence and competence.« (Übersetzung der Autorin; Auszug aus: »Warum unfähige Männer so oft in Führungspositionen sind«, Helene Hahne in: edition f; siehe https://editionf.com/unfaehige-Maenner-faehige-Frauen; Stand: 30.09.2018)
Meine Lebensgeschichte ist im Detail nachzulesen in: 360 Grad – Über die Liebe, den Tod und den Mut zum Weitermachen, Theseus Verlag 2017
Burn-out (wörtl.: »Ausbrennen«) ist ein Sammelbegriff für persönliche Krisen, die mit emotionaler Erschöpfung und dem Gefühl von Überforderung sowie reduzierter Leistungszufriedenheit einhergehen. Sie beginnen eher mit unauffälligen Frühsymptomen und können mit völliger Arbeitsunfähigkeit oder sogar im Suizid enden.
Dazu kann man unter anderem etwas in dem neuen Buch Happy End im Kopfkino von Ralf Sturm und mir unter der Überschrift »Selbstmitgefühl ist der Schlüssel, wenn gar nichts mehr zu gehen scheint« nachlesen.
Matthias R. Mehl, Simine Vazire, Nairán Ramírez-Esparza, Richard B. Slatcher und James W. Pennebaker: »Are Women Really More Talkative Than Men?« in: Science Vol. 317 (Ausgabe 5834), Juli 2007, S. 82
Zitiert aus der Autobiografie Brombeerblüten im Winter der amerikanischen Ethnologin Margaret Mead (1901–1978)
Matthew D. Lieberman: »Intuition – A Social Cognitive Neuroscience Approach«, in: Psychological Bulletin Vol. 126 (1), 2000, S. 109–137
Abkürzung für International Statistical Classification of Diseases and Related Health Problems; es ist das weltweit wichtigste Klassifikationssystem für medizinische Diagnosen.
Übersetzung: »Nur weil du es nicht sehen kannst, heißt es nicht, dass es nicht da ist.«
Heute sind weltweit mehr als 75 Prozent der Yoga-Übenden Frauen – und noch immer geben Männer in allen großen Yoga-Traditionen (Vini-Yoga, Iyengar-Yoga, Ashtanga-Yoga, Anusara-Yoga, Yin-Yoga usw.) den Ton an. So haben wir Frauen – meiner Erfahrung nach – inzwischen ein großes Geschick darin entwickelt, aus diesen männlichen Vorgaben immer das Beste für unsere spezifisch weiblichen Bedürfnisse herauszufiltern. Interessanterweise gibt es aber bis jetzt kaum wichtige Yoga-Strömungen, die neben dem männlichen Pol auch den weiblichen Pol vertreten (wie vielleicht die Übungspraxis von Kali Ray, Shiva Rea oder Gurmukh Kaur Khalsa).
Ebenso fand Katharina Middendorf über ihren Mann den Weg, Yoga auch zu lehren. Als Frau und Mutter erschloss sie sich dabei jedoch allmählich mehr und mehr den weiblichen, den Shakti-Aspekt. Er erschöpft sich nicht in einer leicht veränderten Übungspraxis, sondern integriert vielmehr alles das, was Frauen mit ihrem Sein in die Welt einbringen: ihre Kraft, ihre Fürsorglichkeit und Empathiefähigkeit, ihre Intuition und Klarheit zu erkennen, was die Menschen (und die Menschheit) heute wirklich brauchen, ihre nie ermüdende Kreativität und ihren großen Pragmatismus, der ihnen hilft, auch unter schwierigen Bedingungen die Dinge noch immer irgendwie am Laufen zu halten.
Neben all dieser Tatkraft schenkt uns als Menschheit dieser Shakti-Aspekt auch die Sinnlichkeit und das Anerkennen der Schönheit ihrer Weiblichkeit – und all das braucht es auch im Yoga-Raum.
So, wie ich Katharina Middendorf erlebe, verwirklicht sie alle diese Facetten in bewunderungswürdiger Weise. Deshalb gründet das, was sie schreibt und beschreibt, in ihrem täglichen Leben. Sie erschafft keine neuen Konzepte, sondern zeigt sich auf der Grundlage ihres gelebten Lebens als die eine, die sie ist: als eine Frau, eine Mutter und eine Yogini zugleich.
Das macht ihr Buch so wichtig! Wichtig für andere Frauen, damit sie sich in den verschiedenen Facetten erkennen und sich aus dem reichen Grund ihres Frauseins annehmen und entfalten können.
Ich wünsche mir, dass Katharinas Buch – diese wundervolle Entdeckungsreise durch die Welt der Weiblichkeit – so wie mich auch viele andere Frauen inspirieren möge, anzuerkennen und zu leben, was sie sind: SHAKTI – die bewusste, intelligente und unerschöpfliche Kraft des Lebens.
ANNA TRÖKES
Eigentlich sollte dieses Buch ein Yoga-Buch über den Mondgruß werden. Denn schließlich ist dies eine wunderbare Sequenz, die auf dem seit Jahren immer noch wachsenden Yoga-Markt leider ziemlich kurz kommt. Dabei ist der Mondgruß eine Sequenz von Übungsabfolgen, die wie geschaffen ist für den zunehmenden Wunsch der Menschen nach Ruhe und Entschleunigung. Aber mal ganz ehrlich: Wer hat schon vom Mondgruß gehört? Und im Vergleich: Wer kennt den Sonnengruß? Ich würde mal vermuten, dass das Verhältnis hier so ungefähr 1 zu 100 liegt. Wie kommt das?
Als ich vor nun fast schon zehn Jahren im Himalaja das erste Mal vom Mondgruß hörte, ging es mir nicht anders. Ich hatte keine Vorstellung davon, was mich dort erwartete, als mein Yoga-Lehrer Swami Dhayanand den Mondgruß ankündigte. Es ist zwar lang her, aber ich erinnere mich noch genau, wie sich die Härchen an meinem Unterarm aufstellten, mein Puls sich beschleunigte und mein Herz heftiger zu klopfen begann. Es fühlte sich fast so an, als würde ich mich verlieben. Allein das Wort »Mondgruß« versprach einer in mir schon länger schlummernden Sehnsucht einen Platz, um sich auszudrücken. Wie das eben manchmal mit Sehnsüchten so ist, sie können lange fast gänzlich unbemerkt schlummern, bis sie, plötzlich und unvermittelt, klar und deutlich »Hallo, hier bin ich!« rufen. Und dann sind sie nicht mehr zu bremsen. So war es zumindest bei mir. Ich konnte es kaum abwarten, bis Swami Dhayanand mit der Demonstration der Übungsabfolge endlich fertig war. Ich wollte das selbst spüren, von dem ich vermutete, dass ich es spüren würde. Ich wollte ausdrücken, was ich fühlte und was ich ausdrücken wollte. Ich wollte erleben, was mit mir passieren würde, wenn ich die Sehnsucht von der Leine ließ. Was ich zu diesem Zeitpunkt nicht wollte, waren Antworten auf die unter der Sehnsucht drängende Frage: »Wonach genau sehne ich mich eigentlich?« Das kam mir zu diesem Zeitpunkt unromantisch vor und irgendwie auch störend. Die Sehnsucht und ich, das waren zwei Verliebte, die endlich zueinandergefunden hatten und nicht gestört werden wollten durch Erklärungen oder Fragen, die wegführen könnten von dem Gefühl, das sich so warm und wohlig in mir und um mich herum ausbreitete. Und so tanzte ich erst einmal eine Weile mit dem Mond und genoss jede Bewegung, jede Drehung und den anhaltenden Rhythmus von um sich greifender Erfüllung.
Ich blieb, zusammen mit meinem inzwischen verstorbenen Mann, noch ein paar Monate da oben in den Bergen. 3500 Höhenmeter entfernt von vielem, was meiner Sehnsucht lang im Weg gestanden hatte (und es heute auch immer wieder tut): Stress, Ehrgeiz und der Wunsch, alles richtig machen zu wollen. Jede Nacht unter dem klaren Sternenhimmel wie unter einer Art Glocke konnte ich mich mehr besinnen auf das, was mich zu bewegen begann. Der Mond hatte mein Herz erobert, und mit dem Mond hielt eine weitere Dimension Einzug in mein Bewusstsein: Ich begann mich als Frau zu fühlen. Es waren zarte Knospen, die sich ihren Weg bahnten, und nach den ersten Momenten der Freude darüber kamen auch die ersten Fragen, Unsicherheiten und Zweifel: »Was bedeutet es eigentlich, Frau zu sein?« – »Bin ich da mit 30 Jahren nicht ein bisschen spät dran?« – »Was mache ich nun mit dieser wach geküssten Sehnsucht?«
Mir war klar, dass ich auf etwas gestoßen war, was mein Leben grundlegend verändern würde. Und ich fürchtete die Dimension dieser Veränderung. Ich hatte das Gefühl, unvorbereitet und damit allein zu sein. Außerdem fühlte ich mich etwas albern, denn schließlich befand ich mich nicht mehr in der Pubertät, sondern war eine erwachsene Frau, die gerade ihr ganzes erfolgreiches Leben in Deutschland hinter sich gelassen hatte, mit einem Mann nach Indien gegangen war, diesen geheiratet hatte und plante, Mutter zu werden. Doch tatsächlich fühlte ich mich dicht unter der Oberfläche dieser »taffen« Schale zart, wund und offen. Ich wusste, dass mit dem Mondgruß eine Reise begonnen hatte, deren Route ich zwar noch nicht kannte, aber deren Ziel sich deutlich vor meinen Augen weit vorn am Horizont abzeichnete: die Entfaltung als Frau. Die Entfaltung einer Identität, für die ich mich entscheiden wollte, und keine, die mir durch mein biologisches Geschlecht mitgegeben worden war. Ich wollte mich als die Frau entfalten, die zu meinem Sein passt. Als die Frau, für die ich hier bin, um in der Welt zu leben, zu lieben und zu wirken.
Dieses Buch ist daher nicht nur ein Yoga-Buch über den Mondgruß, sondern es ist auch ein Buch über das Frausein und den Weg dorthin, eine Frau zu werden. Dies ist etwas, was mich als Frau, die Yoga übt, ganz persönlich angeht, mich aber auch beschäftigt als Lehrerin, die hauptsächlich Frauen im Yoga unterrichtet.
Wenn ich in diesem Zusammenhang von »Frau« spreche, dann ist mir zu Beginn wichtig, deutlich zu machen, dass ich diesen Begriff weniger geschlechtsspezifisch anwende als vielmehr die damit verbundene Gefühlsdimension meine. Denn es liegt nicht in meinem Interesse, die Geschlechterwelt auf getrennte Mann/Frau-Kategorien zu beschränken, und schon gar nicht, sie auf biologische Indikatoren zu reduzieren. Ich verstehe mich als Frau, und dieses Buch ist für die Menschen, die sich auch als Frau verstehen und/oder Interesse haben an den Dimensionen von Weiblichkeit und Frausein, wie sie im Yoga gemeint sind.
Seit jeher bin ich eine, die ganz schnell aussteigt, wenn mir jemand sagt, wie ich zu sein habe, oder vielleicht sogar meint, mir sagen zu können, wie ich bin. Deshalb habe ich mich auch nie Menschen angeschlossen, die mir erklären wollten, wie das oder jenes zu sein hat. Und ich habe dennoch danach gesucht – nach Inspirationen, Vorbildern, Orten, die mir zeigen, was Frausein eigentlich bedeuten kann. Was ich fand, war mir allerdings stets zu einseitig und zu vorgegeben. Die Festlegung von Weiblichkeit auf bestimmte Attribute, wie es in verschiedenen spirituellen Disziplinen oft gemacht wird, gefiel mir nicht. Denn durch dieses Raster fällt man entweder durch oder bleibt hängen, und beides fühlte sich für mich nicht nach dem an, wonach ich mich sehnte: in der Vielfalt der Möglichkeiten meinem Gefühl Ausdruck zu verleihen.
Der Mondgruß versprach anderes. Hier spürte ich Raum und die Weite der Möglichkeiten, die von einer angenehmen Grundführung durch den Rhythmus und die Komposition der einzelnen Übungen begleitet wurde. Ich machte mir die Sequenz immer mehr zu eigen und öffnete sie gleichzeitig immer weiter für die verschiedenen Charaktere der Frauen, und auch der Männer, die ich unterrichtete. Was zum Vorschein kam, war mehr, als ich zu hoffen gewagt hatte. Ich habe den Mondgruß wie eine zweite, anschmiegsame Haut erfahren, die sich den Sehnsüchten und Wünschen an das eigene Frausein anpasst und diesen eine innere und äußere Form gibt.
Und so stelle ich hier in diesem Buch zusammen, was ich bisher auf meiner Reise zum Mond erlebt und was ich daraus an Varianten abgeleitet habe, um der Vielfalt und der Fülle Platz zu machen. Das Buch möchte anhand einer fließenden und einfachen Yoga-Sequenz die Fülle und die Möglichkeiten des Weiblichen erlebbar machen, sodass du als Leserin und Leser, als Übende und Übender, bestärkt wirst und herausfinden kannst, was für dich Weiblichkeit bedeutet.
Lasst uns zusammen das Weibliche erforschen und leben.
Jede und jeder für sich und alle zusammen!
Ich bin wahrlich nicht die Erste, die sich mit den Themen Weiblichkeit und Yoga beschäftigt. Es gibt hier schon eine Menge zu hören, zu lesen, zu üben. Um dir ein Bild davon zu geben, was mir an diesem Buch wichtig ist und was ich zu diesem Thema beitragen möchte, habe ich zunächst nachgeschaut, wie das Thema Weiblichkeit im Yoga bisher beschrieben wird. Dabei ist mir aufgefallen, dass sich Übungen, Lehrinhalte und Bücher rund um Yoga für Frauen auf folgende Themen fokussieren:
Yoga wird bei diesem Ansatz für die unterschiedlichen (meist hormonellen) Lebensphasen der Frau, wie Schwangerschaft, Wechseljahre etc., entwickelt oder daran angepasst. Besonders zu erwähnen ist hier Dinah Rodrigues, die diesem Bereich mit dem von ihr entwickelten »Hormon-Yoga« und dem gleichnamigen Standardwerk einen Namen gegeben hat. Hinzu kommen weitere Bücher über die Lebensphasen, die von prä- bis postnatal über Wechseljahre bis hin zu Golden-Age-Yoga für »reife« Frauen alle Themen abdecken.
Bei diesem Ansatz gilt das Weibliche als eine Seite der yogischen Polarität[1] und wird die Frau entsprechend als ein intuitives, eher passives oder fruchtbar-empfangendes Wesen betrachtet. Es stehen dabei also nicht bestimmte Lebensphasen im Vordergrund, sondern eher bestimmte Eigenschaften. Diese entspringen einem Verständnis von Weiblichkeit in einem Spannungs- oder Ergänzungsfeld zu männlichen Eigenschaften der Linearität und des eher aktiven und gebenden Parts. Im Bereich des Yoga gehört dazu Adelheid Ohlig mit ihrem Konzept »Luna Yoga« ebenso wie die Strömung des »Yin[2] Yoga«, das den Schwerpunkt auf Ruhe und Entspannung als Aspekte von Weiblichkeit legt.
Viele Yoga-Richtungen geben innerhalb ihres Systems und ihres Stils der Frau dadurch einen besonderen Stellenwert, indem sie auf spezielle physische (dazu zählen im weitesten Sinn auch physiologische) Eigenarten eingehen, zum Beispiel dass Frauen während der Periode andere Übungen ausführen sollten. Dadurch kommt es auch zu Überschneidungen mit der »Schublade der Lebensphasen«. Gita S. Iyengar hat mit Yoga für die Frau hier vermutlich den einschlägigsten Titel und auch eines der umfangreichsten Werke diesbezüglich geschrieben.
Bei der Einteilung in diese »Schubladen« gibt es, wie schon erwähnt, Überschneidungen, wobei aus meiner Sicht jedoch der jeweilige Fokus klar zu erkennen ist. Meist handelt es sich dabei um eine eher vereinfachende Einteilung in Schwarz und Weiß, mit nur wenigen Grautönen dazwischen.
Bunter wird es dann bei einigen Autoren und Autorinnen aus dem Kundalini Yoga[3] wie zum Beispiel Gurmukh Kaur Khalsa in ihrem Buch Die acht Gaben des Menschen. Hier werden bestimmte Facetten des Menschen, also nicht speziell der Frau, anhand der Chakren-Lehre in Qualitäten und Yoga-Sets (Übungsintervalle) zusammengestellt. Da Kundalini Yoga vorrangig mit den feinstofflichen Energien arbeitet (um das Aufsteigen der Kundalini durch den Körper zu ermöglichen), stammen die Yoga-Stellungen aus einem ganz anderen Übungssystem als beim Hatha Yoga und haben, je nach Tradition, wenig mit dem Yoga zu tun, das die meisten von uns kennen.
Ich habe von Beginn an sowohl Hatha Yoga als auch Kundalini Yoga praktiziert und habe mich in beiden sehr wohl gefühlt, besonders in der Kombination. Im Hatha Yoga gefällt mir der Grundklang der Polarität – dazu später mehr. Und im Kundalini Yoga ist es die Vielfalt der Aspekte, die ich alle irgendwie »haben darf«. Ich saß also gerne in Schubladen, besonders in diesen beiden. Welche Schubladen mir nie besonders gut gefallen haben, auch nicht während der Schwangerschaft, sind diejenigen, die sich auf körperliche Aspekte beziehen. Wieso sollte ich als schwangere Frau anders fühlen, als wenn ich nicht schwanger bin? Sicher ist es wichtig, Übungen sein zu lassen, die Schaden anrichten können, und eher solche Übungen zu machen, die den Körper unterstützen, aber die Gefühle, meine Facetten, die wurden doch nicht weniger oder völlig anders, nur weil ich schwanger war. Ich war doch nicht plötzlich weniger lebendig, weniger sinnlich oder weniger liebesfähig.
Also habe ich mich entschieden, eine neue Schublade aufzumachen bzw. handelt es sich dabei eher um einen Kleiderschrank. Wie bei einem Kleiderschrank kannst du dabei ganz nach deinem eigenen Geschmack auswählen und deine Garderobe jeden Tag neu zusammenstellen. Die »Outfits aus dem Schrank finden sich in den einzelnen Kapiteln. Da es aber kein Buch für Yoga-Übende im Allgemeinen sein soll, sondern ein Buch speziell für Frauen, habe ich den Mondgruß als Grundsequenz unter die Spielarten gelegt. So können wir uns in der Beschäftigung mit dem Frausein des Hatha Yoga und der Aspekte aus der psychologischen Schule des Kundalini Yoga als zwei der sechs Yoga-Wege bedienen, weil der Mondgruß einerseits als Sequenz aus dem Hatha Yoga auftaucht und andererseits um die Spielarten der Chakren aus dem Kundalini Yoga erweitert wird. Das ist die Art, wie ich übe, und das ist auch die Art, wie ich mir vorstellen kann, dass es der einen oder anderen gefallen könnte, im Yoga die eigene Weiblichkeit zu integrieren.
Dieses Buch kann also funktionieren wie der Kleiderschrank einer Frau: Schaut man hinein, sieht man die Facetten, die diese Frau ausmachen. Und nebenbei lässt es einen erahnen, was sie trotz aller Zwischentöne ganz sie selbst sein lässt. Sie kann wild sein, liebend, klar, zart und kraftvoll. Von jetzt auf gleich. Von null auf hundert. Und sie bleibt dabei immer sie selbst.
Jede Frau verfügt über eine »Jeden-Tag-Garderobe« (ihren Casual Look), die sie anzieht, wenn es einfach losgehen muss, das heißt, wenn sie keine Zeit oder Lust hat, sich zu inszenieren oder einer bestimmten Stimmung nachzugehen. Dieser Grundlage der weiblichen Note entspricht in diesem Buch die Sequenz des Mondgrußes. Diese Grundsequenz wird im weiteren Verlauf dann je nach Kapitelschwerpunkt variiert.
Zu bestimmten Zeiten nutzt eine Frau den Inhalt ihres Kleiderschranks als »Stimmungsverstärker« oder »Stimmungsöffner«. Entweder möchte sie dann ihrer momentanen Note angemessenen Ausdruck verleihen oder aber durch die Garderobe einen anderen Teil ihrer Persönlichkeit ans Licht holen. Diesem Ausdruck bestimmter Facetten der Persönlichkeit dienen die weiteren Kapitel, indem sie die Sequenz des Mondgrußes variieren und anreichern. Diese verschiedenen Facetten und die unterschiedlichen Stimmungsfärbungen haben die Chakren-Lehre aus dem Kundalini Yoga als Grundlage. Hier ein Beispiel:
Bist du gerade in einer gemütlich-geborgenen Stimmung oder möchtest in diese Stimmung kommen, übe die Mondgruß-Sequenz mit den hierzu passenden Spezifika im Kapitel rund um das erste Chakra. Bevor du ans Üben gehst, kannst du hier auch nachlesen, welche Bedeutungsspielräume sich aus Sicht der Yoga-Psychologie hinter dieser Stimmung oder Persönlichkeitsfacette befinden.
Als ich im Jahr 2000 mit Yoga begann, schwappte gerade die große Power-Yoga-Welle aus den USA nach Deutschland. Und so ist es im Nachhinein gar nicht verwunderlich, dass ich Yoga im Fitnessstudio kennenlernte, wo man nach dem Laufband oder dem Step-Aerobic-Kurs schnell noch auf die Yoga-Matte sprang. Mit »man« meine ich hier allerdings nicht Männer, sondern hauptsächlich Frauen. Die Yoga-Kurse wurden fast ausschließlich von Frauen genutzt, was heute nicht viel anders ist. Diese Kurse waren gut besucht, und zwar Matte an Matte, dicht an dicht. Meistens gab es auch noch drei bis vier Männer im Raum; einer, der von seiner Frau »mitgebracht« worden war, ein anderer, der mitbekommen hatte, dass man hier gut Frauen kennenlernen konnte, und ein weiterer, der als Tänzer an einem Berliner Theater das Stretching suchte und nie fehlte, denn er war der Yoga-Lehrer. Ich lernte Yoga also in einem Raum voller Frauen kennen, in dem diese meistens von einem Mann unterrichtet wurden. Mich wunderte das nicht, denn ich war so aufgewachsen. Schon als Kind beim Reiten waren die Reitschülerinnen meist weiblich und der Reitlehrer männlich gewesen. Und wie das bekanntlich so ist, stellt man Dinge, die man von klein auf gelernt hat und an die man sich gewöhnt hat, erst einmal nicht infrage.
Und so vergingen einige Jahre und Stunden im Yoga-Unterricht, bis mir diese Diskrepanz und damit auch die Tradition des Yoga und seine Entwicklung langsam auffielen.
Patanjali, der als Autor des Yoga Sutra gilt, und Swatmarama, der Verfasser der Hatha Yoga Pradipika,Bhagavad Gita
Hatha Yoga PradipikaBhagavad Gita(Bhagavad Gita)(Yoga Sutra)(Hatha Yoga Pradipika)