Madame le Commissaire und die panische Diva

Pierre Martin

Madame le
Commissaire
und die panische Diva

Ein Provence-Krimi

Knaur e-books

Inhaltsübersicht

Über Pierre Martin

Hinter dem Pseudonym Pierre Martin verbirgt sich ein Autor, der sich mit Romanen, die in Frankreich und in Italien spielen, einen Namen gemacht hat. Für seine Hauptfigur Madame le Commissaire hat er sich eine neue Identität zugelegt – und schreibt seitdem einen Bestseller nach dem anderen.

Von Pierre Martin sind im Knaur Taschenbuch folgende Titel erschienen:
Madame le Commissaire und der verschwundene Engländer
Madame le Commissaire und die späte Rache
Madame le Commissaire und der Tod des Polizeichefs
Madame le Commissaire und das geheimnisvolle Bild
Madame le Commissaire und die tote Nonne
Madame le Commissaire und der tote Liebhaber
Madame le Commmissaire und die Frau ohne Gedächtnis

Impressum

© 2021 Knaur Verlag

Ein Imprint der Verlagsgruppe Droemer Knaur GmbH & Co. KG, München

Alle Rechte vorbehalten. Das Werk darf – auch teilweise – nur mit Genehmigung des Verlags wiedergegeben werden.

Covergestaltung: ZERO Werbeagentur, München

Coverabbildung: Collage unter Verwendung von Motiven von shutterstock.com

ISBN 978-3-426-45992-8

Prologue

Sie hatte sich auf ein erotisches Abenteuer eingelassen. Es begann harmlos mit einem abendlichen Bad im Swimmingpool. Ihre nackten Körper schmiegten sich aneinander. Sie trank Champagner aus der Flasche. Was es mit dem weißen Pulver auf sich hatte, das sie zuvor im Schaumwein aufgelöst hatten, wollte sie gar nicht wissen. Dazu ging es ihr gerade viel zu gut. Später ließ sie sich lachend aus dem Pool ziehen. Eng umschlungen gingen sie zum Haus. Der Boden unter ihren nassen Füßen schwankte. Der provenzalische Himmel war rot, blutrot – aber das lag am Sonnenuntergang. Im Schlafzimmer angekommen, warfen sie sich aufs Bett. Längst hatte sie jeden Widerstand aufgegeben. Sie war bereit, bereit für alles. Auch für Zärtlichkeiten der etwas heftigeren Art. Ihre Begierde nahm zu. Selbst als es anfing wehzutun. Schließlich wurde ihr heiß, so heiß, dass sie ins Bad taumelte und unter der Dusche Abkühlung suchte. Dort blieb sie nicht allein. Ihre Spiele gingen weiter. Sie stöhnte und zitterte. Sie wehrte sich nicht, als ihr ein Lederriemen um den Hals gelegt und langsam zugezogen wurde. Die Luftknappheit steigerte ihre Lust. Dann aber wurde es ihr zu viel. Sie röchelte und versuchte, sich zu befreien. Doch der Riemen schnitt immer tiefer in ihren Hals. Sie schlug wild um sich. Ihre Kräfte erlahmten. Sie kippte nach vorne und schlug mit dem Kopf aufs Waschbecken … Dann war alles vorbei. Erinnern würde sie sich nicht mehr daran – denn sie war tot!

1

Isabelle prügelte sich die Seele aus dem Leib. Faustschläge mit rechts und mit links. Dann eine plötzliche Drehung und einige harte Fußtritte. Ihr »Gegner« steckte alles locker weg. Er war nicht zu bezwingen. Er hing in ihrer Wohnung von einem Deckenbalken, war außen aus Leder und innen prall gefüllt. Isabelle verpasste ihrem Sandsack noch eine linke Gerade. Dann gab sie auf. Wie jeden Morgen, irgendwann konnte sie nicht mehr.

Schwer atmend stützte sie sich auf die Knie. Trotz Stirnband lief ihr der Schweiß in die Augen. Sie zog die Trainingshandschuhe aus und warf sie in die Ecke. Nachdem sie die Bandagen von ihren Füßen gelöst hatte, hauchte sie ihrem Sparringspartner über die Hand einen Kuss zu. Dann ging sie in die Küche und öffnete eine Flasche Wasser. Sich in der Früh auszupowern war ihr wichtig. Das brauchte sie, sonst hatte sie den ganzen Tag schlechte Laune. Aktuell empfand sie das Boxen als willkommene Abwechslung zu ihren gewohnten Joggingrunden durch den Wald zur alten Chartreuse.

Isabelle lächelte. Jetzt war sie fix und fertig. Gut so. In ihrem früheren Leben waren tägliche Trainingseinheiten vorgeschrieben gewesen. Dagegen fragte bei einer Polizeibeamtin, die ein kleines Kommissariat in der Provence leitete, kein Mensch nach ihrer körperlichen Leistungsfähigkeit. Sie könnte ihren Dienst wie Jules Maigret Pfeife schmauchend, kurzatmig und übergewichtig absolvieren. Keiner würde sich daran stören – nur sie selbst. Isabelle goss sich aus einer Pressstempelkanne eine Tasse Kaffee ein. Das Boxen hatte noch einen weiteren Vorteil: Man konnte seine Aggressionen abreagieren. Dummerweise hatte sie gerade keine. Wieder musste sie lächeln. Über diesen Mangel sollte sie sich nicht beklagen. Schon eher darüber, dass der Rücken und ihre Schulter schmerzten und ein Sprunggelenk wehtat. Als Entschuldigung könnte sie vorbringen, dass sie diverse Verletzungen und Notoperationen hinter sich hatte. Weil irgendwelche Idioten auf sie geschossen oder in ihrer Nähe eine Bombe gezündet hatten.

Aber Isabelle hatte entschieden, möglichst wenig an die Vergangenheit zu denken. Sie lebte in der Gegenwart. Gemäß Thierrys Devise: Vivre le moment présent! Eine andere Option gab es nicht. Sie sollte sich freuen, in der wunderschönen Provence zu Hause zu sein, das Zirpen der Zikaden im Ohr und den Duft von Lavendel in der Nase. Von ihrer kleinen Dachterrasse das azurblaue Meer ahnend. Mit einem Glas gekühlten Rosé in der Hand. Okay, das war ein Klischee – ganz falsch war es dennoch nicht.

 

Eine halbe Stunde später lief sie geduscht und mit noch nassen Haaren durch Fragolin, um im Kommissariat nach dem Rechten zu sehen. Gelegentlich plagte sie das schlechte Gewissen, weil sie für eine Tätigkeit bezahlt wurde, bei der es phasenweise nichts zu tun gab. Dann aber beruhigte sie sich mit dem Gedanken, dass das nicht ihre Schuld war. Paris könnte sie ja jederzeit auf einen neuen Fall ansetzen. Aber Maurice Balancourt ließ nichts von sich hören. Immerhin wusste sie, dass es ihrem Chef gut ging. Außerdem war sie gewissermaßen in Vorleistung gegangen. So hatte sie sich in ihrem alten Job fast in die Luft sprengen lassen. Vor diesem Hintergrund waren Erholungsphasen keine so große Schande.

Auf dem Weg zum Hôtel de ville kam sie beim Souvenirladen Aux saveurs de Provence vorbei. Wie nicht anders zu erwarten, wurde sie von ihrer Freundin Clodine erspäht, die sofort auf die Straße stürmte, um sie abzufangen und in ein kurzes Schwätzchen zu verwickeln. Dabei redete Clodine so viel, dass Isabelle nur wenig beisteuern musste. Clodine kam ihr vor wie eine zweite Dusche: ein erfrischender Wasserfall der Worte. Sie hielt so lange durch, bis Clodine berichtete, dass der entflohene Papagei von Odile wieder eingefangen wurde. Jetzt hielt Isabelle den Zeitpunkt für gekommen, ihren Weg fortzusetzen. In der Gewissheit, über den aktuellen Tratsch in Fragolin voll im Bilde zu sein. Auch wenn sie keine Ahnung hatte, wer Odile war. Aber offenbar hatte sie ihren Papagei wieder. Das war gewiss eine gute Nachricht.

 

Im Hôtel de ville angekommen, verharrte sie in der großen Eingangshalle vor der »Ahnengalerie« der früheren Bürgermeister von Fragolin. Sie hatten eines gemeinsam: Sie waren alle tot. Ihr würdevoll dreinblickender Vater war gestorben, als sie noch ein kleines Mädchen war. Man hatte ihn umgebracht, ihn und ihre Mutter. Ihr langjähriger Freund Thierry Blès, der ganz rechts hing, war dagegen … Isabelle schluckte. Auf dem Gemälde zeigte er jenen amüsierten Gesichtsausdruck, der für ihn so typisch war. Dann hatte man ihm die Gurgel durchgeschnitten …

Isabelle wandte sich ab und lief weiter. Vielleicht sollte sie das Rathaus in Zukunft durch den versteckten Hintereingang betreten? Aber sie war keine Frau, die sich nicht der Realität stellte und Erinnerungen aus dem Weg ging.

Ohne zu klopfen, betrat sie ihr Kommissariat. In der Hoffnung, Apollinaire zu überraschen. Mit etwas Glück ertappte sie ihn bei einer seiner Marotten. Heute hatte sie Pech. Ihr Assistent saß wohlgeordnet hinter seinem Schreibtisch. Wohlgeordnet? Nun ja, seine Frisur war so zerzaust, als ob der Mistral gerade durch sein Haar gefegt wäre. Die Krawatte hatte er über die Schulter geworfen, ein Hemdsärmel war bis über den Ellbogen hochgekrempelt, dafür reichte die andere Manschette bis zu den Fingern. Seine Uniformjacke dagegen hing akkurat auf einem Kleiderbügel am Aktenschrank. So war er: ein Chaot und gleichzeitig ein Pedant.

Apollinaire sah sie mit großen Augen an. »Bien le bonjour, Madame«, begrüßte er sie förmlich. »Quel plaisir.« Ganz so, als ob sie eine Geistererscheinung wäre. Dabei kam sie jeden Tag etwa zur gleichen Zeit.

»Salut, mon cher«, erwiderte Isabelle amüsiert.

Sie deutete auf sein geliebtes Flipchart, auf das er ein großes chinesisches Schriftzeichen gemalt hatte. »Was bedeutet das?«

»Xìngfú«, antwortete er.

»Aha, habe ich mir fast gedacht. Xìngfú, natürlich.«

»Sieht schön aus, finden Sie nicht?«

»Ausgesprochen schön. Wenn Sie mir vielleicht noch verraten, was Xìngfú bedeutet, dann habe ich keine Fragen mehr.«

Apollinaire langte sich an den Kopf. »Pardon, Madame. Das können Sie natürlich nicht wissen, wie konnte ich nur annehmen …«

Weil er nicht weitersprach, zog sie süffisant lächelnd eine Augenbraue nach oben. Das reichte, ihn daran zu erinnern, dass er die Antwort schuldig geblieben war.

»Entschuldigen Sie, ich stehe heute etwas unter Anspannung. Wie Sie wissen, lerne ich seit einiger Zeit Chinesisch, Mandarin, um genau zu sein. Xìngfú steht für Glück. Ich denke, etwas Glück kann nicht schaden. Das haben wir alle verdient.«

Isabelle nickte. Da hatte er recht. Allerdings glaubte sie nicht, dass er damit das allgemeine Lebensglück meinte, sondern viel eher das Glück, das er ganz persönlich für den späten Nachmittag herbeisehnte.

»Sie stehen unter Anspannung? Das sollten Sie nicht. Sie schaffen das, davon bin ich überzeugt.«

Er zog eine Grimasse. »Mich ehrt Ihr Vertrauen, allein mir fehlt der Glaube.«

»Haben Sie was für unsere Ohren besorgt?«

»Wir bekommen Kopfhörer vom Straßenbauamt …« Apollinaire räusperte sich. »Nun, im Grunde sind sie ja das Gegenteil, schließlich hat man sie auf, um nichts zu hören. Na egal, ich hole sie später ab.«

Damit, dachte Isabelle, stand dem Vorhaben nichts mehr im Wege. Die neu gewählte Bürgermeisterin hatte die Erlaubnis erteilt. Die örtliche Gendarmerie war verständigt, damit es keinen falschen Alarm gab. Die vorgeschriebene Entfernung war in der Eingangshalle des Rathauses markiert. Aus Paris lag eine Ausnahmegenehmigung vor. Das alles nur, um Apollinaire zu helfen, die alljährlich vorgeschriebene Schießprüfung zu bestehen. Dabei kamen zwei Schwierigkeiten zusammen: Erstens war er ein grausamer Schütze, der alle Menschen in Gefahr brachte, wenn sie nicht genau hinter ihm standen. Weshalb er von ihr die Dienstanweisung erhalten hatte, allenfalls Warnschüsse in die Luft abzugeben. Da hielt sich das Risiko in Grenzen. Allerdings hatte er dabei schon mal eine Straßenlaterne getroffen. Zweitens müsste er sich der Schießprüfung in Toulon unterziehen. Dort sanken seine Chancen unter null, denn im Hauptquartier der Police nationale des Département Var, wo Apollinaire jahrelang von seinen Vorgesetzten gepiesackt worden war, bekam er sogar ohne Prüfungsangst Herzrasen und Zitteranfälle.

Isabelle klatschte aufmunternd in die Hände. »Ça va aller, wird schon klappen. Um fünf wird das Rathaus geschlossen. Sie bereiten mit dem Hausmeister den provisorischen Schießstand vor. Eine halbe Stunde später geht’s los. Nach zehn Minuten ist alles vorbei.«

Er sah sie skeptisch an. »Falls ich keine Ladehemmung habe.«

Isabelle lächelte. »Sie oder Ihre Waffe? Ach so, und noch was: Trinken Sie zur Beruhigung zuvor ein Glas Rotwein. Aber nur eines, betrinken können Sie sich hinterher.«

2

Sie beantwortete noch einige E-Mails und kommentierte einen Bericht, den sie von der Zentrale in Paris mit der Bitte um Stellungnahme bekommen hatte. Ihre private Post, die der Briefträger der Einfachheit halber im Kommissariat abgab, hatte sie schnell durchgesehen. Wieder einmal ging es um das Erbe, das ihr Thierry hinterlassen hatte. Doch damit wollte sie sich heute nicht beschäftigen. Das Thema belastete sie. Auf ihrem Schreibtisch gab es einen Korb, in dem sie unerledigte Post ablegte.

Zum Mittagessen traf sie sich in Jacques’ Bistro mit Nicolas, der mit vollem Namen Nicolas de Sausquebord hieß und unter dem Pseudonym CLAC ein in Kunstkreisen weltberühmter Maler war – nur wusste das in Fragolin niemand. Hier hielt man ihn für einen verkrachten Künstler, der es gerade mal so schaffte, seinen Lebensunterhalt zu bestreiten. Weil er immer freundlich war, brachte man ihm viel Sympathie entgegen. Den mit Abstand größten Zuspruch erfuhr er von Isabelle. Sie war häufig in seiner alten Bastide zu Gast – auch über Nacht.

Isabelle ging davon aus, dass sich ihre Liebschaft in Fragolin rumgesprochen hatte. Es machte ihr nichts aus. Und Nicolas war es sowieso egal.

Die Tagesempfehlung auf der Schiefertafel war Filet de rascasse à la provençale. Isabelle kannte Jacques’ Zubereitung: mit Auberginen, Zucchini und Tomaten. Sie entschieden sich beide für den Drachenkopffisch. Vorab bekamen sie unaufgefordert geröstete Brotscheiben mit der typischen Tapenade aus Oliven, Anchovis und Kapern serviert. Auch eine Flasche stilles Wasser wurde ihnen hingestellt und wie selbstverständlich eine Karaffe vom Hauswein. Jacques wusste, was seine Stammgäste erwarteten.

Isabelle und Nicolas plauderten entspannt über das Leben. Aber nur über die schönen Seiten. Dazu zählte, dass sie einen gemeinsamen Ausflug nach Saint-Paul zur Fondation Maeght planten. Natürlich kannten beide das Kunstmuseum. Aber Braque, Chagall, Miró und Giacometti waren es wert, ihren Werken immer wieder mal einen Besuch abzustatten. Auch Kandinsky, Matisse und Léger. Außerdem gab es eine aktuelle Sonderausstellung, die Nicolas interessierte.

Isabelle erinnerte sich an ihren ersten Besuch des privaten Museums, das in den Sechzigerjahren vom Sammlerehepaar Marguerite und Aimé Maeght gegründet wurde. Mit Rouven Mardrinac war sie dort gewesen. Damals waren sie noch kein Paar gewesen. Wie auch? Sie war eine kleine Kommissarin und er ein milliardenschwerer Kunstmäzen und Bonvivant, auf den sie im Rahmen eines Zeugenschutzprogramms der Police nationale aufpassen musste. Weiter konnten ihre Welten nicht auseinanderliegen. Dennoch hatten sie später zusammengefunden. Bis heute hatten sie eine affaire amoureuse. Nicolas wusste davon. Umgekehrt wusste auch Rouven von Nicolas. Und doch fand sie es keine gute Idee, gerade jetzt von Rouven zu sprechen. Man musste nicht alles kundtun, was einem gerade durch den Kopf ging.

Der Rascasse war köstlich. Auf die Crème brûlée à la lavande zum Dessert wollten sie eigentlich verzichten, doch da sie zum Mittagsmenü gehörte, wurde sie ihnen einfach hingestellt. Es konnte einem Schlimmeres passieren.

Sie waren mit dem Essen schon fertig und überlegten, ob sie sich am Abend erneut treffen wollten, da trat eine Frau an ihren Tisch und fragte schüchtern, ob sie stören dürfe. Isabelle kannte sie flüchtig. Juliette lebte allein und arbeitete als Klavierlehrerin. Auf den ersten Blick war sie unscheinbar. Wer genauer hinschaute, konnte jedoch erkennen, dass sie eigentlich eine Schönheit war. Aber ihr Äußeres war ihr egal. Sie war ungeschminkt, hatte die Haare hochgesteckt und trug ein verwaschenes Kleid. An den Füßen ausgetretene Espadrilles.

Isabelle schlug Juliette vor, sich zu ihnen an den Tisch zu setzen.

Juliette winkte ab. Nein, vielen Dank, sie wolle nur fragen, ob sie sich mal unter vier Augen treffen könnten. Sie habe ein Problem.

Nicolas lächelte und stand auf. Er habe sowieso gerade gehen wollen, erklärte er.

Aber nicht doch, protestierte Juliette, das sei ihr jetzt aber unangenehm …

Das müsse es nicht, erwiderte Nicolas und bot ihr seinen Stuhl an. Von Isabelle verabschiedete er sich mit unverfänglichen Wangenküsschen. Sie sah ihm hinterher, wie er davonschlenderte. Wie fast immer hatte er verknitterte weiße Leinenklamotten an. Die langen Haare im Nacken zu einem Pferdeschwanz gebunden. Breite Schultern, lässiger Gang. Er gefiel ihr, sogar von hinten.

»Juliette, wollen Sie was trinken?«, fragte Isabelle. »Ein Glas Wein? Oder lieber einen thé à la menthe?«

»Einen Minztee? Ja, das ist eine gute Idee.«

Juliette sah sich einige Male um und überzeugte sich, dass niemand mithören konnte.

»Isabelle, ich darf doch Isabelle sagen …«, begann sie stockend.

»Natürlich. Jetzt sagen Sie schon, was bedrückt Sie?«

»Es geht nicht um mich, sondern um meine Schwester. Ich mache mir große Sorgen um sie.«

»Kenne ich Ihre Schwester?«, fragte Isabelle.

Wieder zögerte sie mit der Antwort.

»Nicht persönlich, aber ich denke, Sie kennen sie. Ganz bestimmt sogar.«

Isabelle war ein geduldiger Mensch, doch Juliette könnte, dachte sie, langsam auf den Punkt kommen. Außerdem mochte sie keine Rätselspielchen.

»Genau genommen ist sie sogar meine Zwillingsschwester«, fuhr Juliette fort. »Aber sie hat einen anderen Nachnamen. Nicht Bertrand wie ich, sondern … Nun ja, es ist ein Künstlername … Meine Schwester heißt Gaspard, Colette Gaspard.«

Isabelle sah sie überrascht an.

»Colette Gaspard? Doch nicht die Colette Gaspard?«

Juliette nickte. »Ja, genau die. Die berühmte Schauspielerin und Chansonnière ist meine jüngere Schwester.«

»Ich dachte, Sie sind Zwillinge?«

»Ich bin zwanzig Minuten älter.«

Natürlich wusste Isabelle, wer Colette Gaspard war. In Frankreich wusste das fast jeder. Die Gaspard war eine Legende. In den Medien war häufig nur von der »Diva« die Rede. Und jedem war klar, wer gemeint war.

»Jetzt haben Sie mich neugierig gemacht. Darf ich fragen, wie alt Sie sind? Sie beziehungsweise Ihre Schwester?«

»Hundertacht«, antwortete Juliette. »Geteilt durch zwei ergibt vierundfünfzig. Sie müssen wissen, wir zählen unsere Geburtstage nur in der Addition. Mit neun haben wir unsere Volljährigkeit gefeiert.«

Isabelle schmunzelte. »War vielleicht etwas früh.«

»Fanden auch unsere Eltern.«

Sie hatte Humor. Sympathisch war sie obendrein. Erstaunlich, dass in Fragolin keiner wusste, dass sie die Schwester von Colette Gaspard war. Wofür es eine einfache Erklärung gab: Juliette erzählte es niemandem! Statt sich im Glanz ihrer berühmten Schwester zu sonnen, lebte sie ein zurückgezogenes Leben als Klavierlehrerin.

»Sie sagten, Sie machen sich um Ihre Schwester Sorgen. Warum wollen Sie ausgerechnet mit mir darüber sprechen?«

Juliette rutschte auf ihrem Stuhl verlegen hin und her.

»Colette wird von einem Stalker terrorisiert. Sie kann nicht mehr schlafen und hat Panikattacken. Sie ist ein einziges Nervenbündel. Dabei müsste sie sich gerade jetzt auf einen Auftritt im Pariser Olympia vorbereiten …«

»Dann sollte sie sich an die Polizei wenden«, schlug Isabelle vor.

Juliette runzelte die Stirn. »Das mache ich doch gerade.«

Stimmt, da hatte sie recht. Aber sie war die falsche Adresse.

»Ich meinte die Polizei, die für sie zuständig ist. Da kann ich gerne einen Kontakt herstellen.«

Juliette hob entsetzt die Hände. »Nein, nein, genau das will Colette unter allen Umständen vermeiden. Weiß es erst die Polizei, erfährt es als Nächstes die Presse …«

»Muss nicht sein.«

»Doch, doch, eine undichte Stelle gibt es immer. Sie können sich gar nicht vorstellen, was Colette schon alles erlebt hat. Wie Hyänen stürzen sich die Journalisten auf alles, was mit meiner Schwester zu tun hat. Dann geht der Rummel los. Das Konzert im Olympia könnte sie gleich absagen.«

Juliette könnte recht haben, dachte Isabelle. Aber welche Möglichkeit gab es dann? Den Stalker ignorieren? Dazu müsste man wissen, wie gefährlich er war.

»Ich habe mit meiner Schwester lange diskutiert«, fuhr Juliette fort. »Ich sehe nur eine Möglichkeit.«

Isabelle ahnte, was kommen würde.

»Das geht nicht«, sagte sie vorsichtshalber gleich.

»Ich habe Colette viel von Ihnen erzählt …«

»So viel wissen Sie doch gar nicht von mir.«

»Aber genug, um zu wissen, dass Sie keine normale Polizistin sind und dass man Ihnen vertrauen kann. Ich habe nur eine Bitte: Können Sie mal mit meiner Schwester reden. Lassen Sie sich von Colette schildern, wie ihr der Stalker zusetzt. Er versucht sie in den Wahnsinn zu treiben …« Juliette schluckte. »Und dann sagen Sie ihr, was sie tun soll. Das wäre meine Bitte, unsere Bitte. Colette erwartet Sie.«

Isabelle sah die Hoffnung in Juliettes Augen. Ihr schien das Schicksal ihrer Schwester so sehr ans Herz zu gehen, als wäre es ihr eigenes. Bei Zwillingen war das wahrscheinlich normal.

»Sind Sie eigentlich eineiige Zwillinge?«, fragte Isabelle.

»Ja, sind wir. Warum fragen Sie?«

»Ach, nur so.«

»Weil wir uns nicht ähnlich sehen?« Juliette lächelte. »Doch, das tun wir. Selbst unsere Mutter hat uns verwechselt. Aber Colette ist … nun ja, eine Kunstfigur. Auch in ihren Filmrollen und erst recht auf der Bühne. Das verändert einen Menschen.«

Wahrscheinlich nicht nur äußerlich, überlegte Isabelle. Ein Leben als »Diva« machte auch was mit der Persönlichkeit.

»Sie sagten, Ihre Schwester würde mich erwarten? Doch hoffentlich nicht in Paris?«

»Nein, Colette ist in ihrem Haus bei Ramatuelle. Ist also nicht weit von hier.«

Das wäre wirklich kein großer Aufwand, dachte Isabelle. Zu ihrem Lieblingsstrand brauchte sie fast genauso lang. Und nach Saint-Tropez oder an die Plage de Pampelonne fuhr sie auch immer wieder mal. Ramatuelle war von dort nur wenige Kilometer entfernt.

Isabelle sah Juliette zweifelnd an. Wollte sie sich wirklich in eine dubiose Stalker-Geschichte hineinziehen lassen? Genau das würde wohl passieren, wenn sie erst mal bei Colette in Ramatuelle war. Denn was sollte sie der Diva raten, wenn sie mit der Polizei nichts zu tun haben wollte? Was ja irgendwie auch lustig war, denn die Polizei war sie schließlich selbst. Allerdings hatte Juliette recht: Sie war keine »normale« Polizistin, und man konnte ihr vertrauen. Vielleicht war sie auch ein klein wenig neugierig, gestand sich Isabelle ein. Auf die große Colette Gaspard.

»Heute geht’s nicht mehr«, sagte Isabelle schließlich. »Aber morgen Vormittag könnte ich mal bei Ihrer Schwester vorbeischauen.«

Juliette sprang auf und umarmte sie. Isabelle fing die leere Wasserflasche auf, die sie dabei umstieß.

»Ich bin Ihnen so dankbar …«

»Erwarten Sie sich nicht zu viel. Ich weiß wirklich nicht, ob und wie ich helfen könnte. Bitte sagen Sie das Ihrer Schwester.«

»Ja, ja, das mache ich.«

Genau das würde sie wahrscheinlich nicht tun. Aber egal.

»Leider kann ich nicht mitkommen«, sagte Juliette. »Morgen Vormittag habe ich drei Klavierstunden, die ich nur ungern absagen würde.«

»Kein Problem. Geben Sie mir einfach ihre Adresse. Sobald ich zurück bin, können wir uns kurz treffen, und ich erzähle Ihnen, wie es gelaufen ist.«

»Isabelle, Sie sind ein Schatz.«

Das hatte noch selten jemand zu ihr gesagt, überlegte Isabelle. Was wohl daran lag, dass sie definitiv kein Schatz sein wollte. Lieber trat sie Menschen in den Hintern.

»Können Sie mir noch einen Gefallen tun?«, bat Juliette. »Bitte nehmen Sie nicht den Polizeiwagen. Colettes Stalker könnte es mitbekommen.«

Isabelle lächelte. »Das mache ich ganz sicher nicht. Wir haben Cabriowetter.«

3

Die Runde, die sich kurz nach fünf Uhr in der Eingangshalle des Rathauses zusammengefunden hatte, war speziell: ein sichtlich nervöser Sous-Brigadier der Police nationale, eine entspannte Kommissarin, die ihm das Beste wünschte, der Hausmeister des Hôtel de ville – und die Bürgermeisterin höchstpersönlich. Chantal Lefèvre war noch nicht lange im Amt, aber mit großer Mehrheit gewählt worden. Für Fragolin eine kleine Revolution, denn noch nie hatte es eine Frau in diese Position geschafft. Isabelle kannte Chantal recht gut, sie duzten sich. Als Gemeinderatsmitglied ging Chantal schon seit Jahren im Rathaus ein und aus, sie hatte eng mit Thierry zusammengearbeitet, und sie war außerdem Vorsitzende des kleinen Matisse-Museums, in dessen Förderverein auch Isabelle einen Sitz hatte.

Chantal Lefèvre war bei Apollinaires Schießprüfung wichtig, weil sie Kraft ihres Amtes den ordnungsgemäßen Ablauf testieren konnte. Zusammen mit Arthur, dem Hausmeister, hatte Apollinaire den »Schießstand« aufgebaut. Die vorgeschriebene Entfernung war exakt vermessen. Eine herbeigeschaffte schwere Holzwand diente als Kugelfänger. Sie war so groß dimensioniert, dass auch ein Blinder nicht vorbeischießen konnte. Mit einem Tacker hatten sie eine Pappe mit der offiziellen Zielscheibe befestigt. Diese war ihnen von Toulon geschickt worden. In doppelter Ausfertigung und mit dem Stempel der Police nationale.

Arthur verteilte die Schallschutzhörer vom Straßenbauamt, die dort für Arbeiten mit dem Pressluftbohrer benötigt wurden.

Apollinaire stellte sich mit seiner Dienstpistole auf das mit Klebstreifen markierte Kreuz. Isabelle ging zu ihm hin und korrigierte seine Haltung. Er solle stabil stehen und nicht schwanken, schärfte sie ihm ein. Das war wichtig, denn aufgrund seiner hoch aufgeschossenen Gestalt wackelte Apollinaire auch sonst ständig vor sich hin. Wahrscheinlich ohne es zu merken. Er solle den Druckpunkt finden, riet sie ihm, langsam ausatmen und dann gleichmäßig durchziehen. Bonne chance!

Apollinaire hatte fünfzehn Schuss, neun mussten im markierten Zielbereich sitzen.

Sie stellten sich schräg hinter Apollinaire und setzten die Schutzhörer auf.

Peng! Der erste Schuss ging schon mal daneben, aber immerhin traf er die Zielscheibe.

Apollinaire wischte sich mit der Hand den Schweiß von der Stirn. Keine gute Idee, jetzt hatte er feuchte Finger. Prompt verfehlte auch der zweite Schuss den Zielbereich.

Arthur reichte ihm ein Handtuch. Apollinaire blickte verzweifelt zu Isabelle. Sie zeigte ihm lächelnd den emporgereckten Daumen. Ça va aller!

Wieder konzentrierte er sich auf sein Ziel. Und plötzlich klappte es. Zwar lieferte er keine Meisterschüsse ab, doch brachte er die vorgeschriebene Trefferzahl in den Zielbereich, sogar einen mehr. Nur den schwarzen Kreis in der Mitte verschonte er, aber das machte nichts.

Er drehte sich um, nahm den Schallschutz ab – und grinste von einem Ohr zum anderen. Chantal, Isabelle und Arthur applaudierten ihm. So glücklich hatte Apollinaire schon lange nicht mehr gewirkt. Er dachte sogar daran, die Pistole zu sichern, und legte sie auf einen kleinen Tisch. Arthur ging vor, nahm die Zielscheibe ab und brachte sie Chantal, die das Beweisstück abzeichnete. Mit Uhrzeit und Stempel.

»Jetzt möchte ich euch ins Café des Arts zu einem Glas Wein einladen«, verkündete Apollinaire. »Das müssen wir doch feiern.«

»Sehr gerne«, antwortete Chantal. »Aber was machen wir mit der zweiten Zielscheibe?« Sie stupste Isabelle. »Magst du nicht auch mal schießen?«

Isabelle wehrte ab. »Ich habe früher so viel geschossen, heute mag ich nicht mehr.«

»Musst du keine Prüfung ablegen?«

»Hat mich noch keiner aufgefordert. Davor bewahrt mich wahrscheinlich meine Vergangenheit.«

Apollinaire nickte aufmunternd. Ein paar Schüsse könne sie ja dennoch auf das Ziel abgeben, meinte er. Arthur ging schon mal zur Holzwand, um die zweite Scheibe festzutackern.

Es klopfte an der Tür. Sergeant Albertin von der Gendarmerie steckte den Kopf herein. »Ist die Übung beendet?«, fragte er.

»Noch zehn Minuten«, erwiderte Chantal. »Wir geben Ihnen Bescheid.«

Die Gendarmerie schob vor dem Hôtel de ville Wache, vor allem, um besorgte Passanten, die im Rathaus Schüsse hörten, zu beruhigen. Um was für eine »Übung« es sich handelte, wussten die Gendarmen nicht. Sie war von der Bürgermeisterin persönlich angeordnet worden – das musste reichen.

Große Lust hatte Isabelle noch immer nicht. Ihre Beziehung zu Waffen war nachhaltig gestört. Sie gehörten zu ihrem früheren Leben. Heute konnte sie ihrer Arbeit fast immer unbewaffnet nachgehen. Dafür war sie unendlich dankbar.

»Wollen Sie meine Pistole nehmen?«, fragte Apollinaire.

Wie es schien, kam sie aus der Nummer nicht mehr raus.

»Lieber meine eigene«, antwortete sie. »Ist im Stahlschrank.«

»Bin schon unterwegs.«

In der kurzen Pause fragte Chantal, ob Isabelle momentan einen aktuellen Fall auf dem Tisch habe. Isabelle dachte kurz an die »Diva«. Nein, ein Fall war das nicht. Also verwies sie auf Papierkram, der zu erledigen sei. Sonst gebe es nichts.

Apollinaire war zurück und reichte ihr die Waffe.

»Zeig mal her«, sagte Chantal. »So eine Pistole habe ich noch nie gesehen …«

»Das glaube ich. Sie ist in Frankreich den Spezialeinsatzkommandos vorbehalten. Ich habe sie noch von früher.«

Isabelle kontrollierte das Magazin. Chantal, Apollinaire und Arthur, die hinter ihr standen, setzten die Schallschutzhörer auf.

Isabelle nahm ihre Position ein – und … stellte fest, dass sie die Hände nicht ruhig halten konnte. Außerdem flimmerte es plötzlich vor ihren Augen. Was war los? Das war ihr noch nie passiert. Als ob sich etwas in ihr sträuben würde, das Ziel ins Auge zu fassen und abzudrücken. Konnte es sein, dass sich Jahre nach Beendigung ihres aktiven Dienstes eine Schießblockade entwickelte? Vielleicht eine verspätete posttraumatische Belastungsstörung? Unsinn! Isabelle weigerte sich, diese Möglichkeit in Betracht zu ziehen. Viel eher hatte sie eine Fischvergiftung. Oder in Jacques’ Crème brûlée waren Salmonellen gewesen.

Sie kniff die Augen zusammen, konzentrierte sich – und feuerte.

Die Kugel splitterte eine Handbreit neben der Schießscheibe in die Holzwand.

Merde, merde …

Jetzt wurde ihr sogar flau im Magen.

Isabelle brauchte einige Sekunden, um zu begreifen, was gerade geschehen war. Hatte sie das geträumt? Nein, natürlich nicht. Warum zum Teufel hatte sie sich auf diese alberne Schießübung eingelassen? Und was war mit ihr los? Sie hatte ja keinen Menschen im Visier, sondern nur eine verdammte Schießscheibe. Am liebsten würde sie Apollinaire wortlos die Waffe reichen und heimgehen. Aber das kam natürlich nicht infrage. Aufgeben war keine Option … Das entsprach nicht ihrer Mentalität.

Isabelle drehte sich um und blickte in die verstörten Gesichter. Sie machte ein Zeichen, die Kopfhörer abzunehmen.

»War Spaß«, sagte sie. Aber das war gelogen.

Erneut nahm sie ihre Position ein.

Sie versuchte, nicht an früher zu denken … an gar nichts zu denken … auch nicht an ihren Fehlschuss … nur an diesen schwarzen Kreis in der Mitte der Zielscheibe. Sie vergaß, dass sie in der Aula des Rathauses stand. Sie war voll fokussiert … sie ging in die Knie … machte einen Ausfallschritt … dann betätigte sie den Abzug … nicht einmal, sondern in hoher Frequenz nacheinander … bis das Magazin leer war …

Vom Kreis in der Mitte war nichts mehr zu sehen. Nur Fetzen der Zielscheibe und dahinter ein Krater in der aufgesplitterten Holzwand. Ihre Waffe war für ihre besondere Durchschlagskraft bekannt. Hoffentlich war keine Kugel durchgegangen.

Sie richtete sich auf und blieb eine Weile regungslos stehen. Langsam fand sie aus dem »Tunnel« zurück. Falls es ein Trauma gegeben haben sollte, hatte sie es soeben überwunden. Hoffte sie jedenfalls. Sie nahm den Kopfhörer ab und drehte sich um.

Chantal, Apollinaire und Arthur standen da wie vom Donner gerührt. Was auch an dem hohen Schalldruck ihrer Waffe liegen mochte. Davor schützten selbst die Kopfhörer des Straßenbauamts nicht wirklich.

»Bin etwas eingerostet«, sagte sie. »So, jetzt können wir abbauen und uns von Apollinaire zum Wein einladen lassen.«

Wieder öffnete sich die Eingangstür. »Was war denn das?«, fragte Sergeant Albertin.

»Das war das Ende der Übung«, verkündete Chantal. »Sie können Ihren Posten verlassen. Grüßen Sie Capitaine Briand von mir. Mit herzlichem Dank für die Kooperation.« Dann sah sie Isabelle nachdenklich an. »Ich hätte dich nicht bitten sollen zu schießen …«

»Wäre besser gewesen«, stimmte Isabelle zu. »Aber wie kommst du darauf?«

»Weil ich gerade eine Isabelle erlebt habe, die ich so bislang nicht gekannt habe. Eine Isabelle, die mir fast ein wenig Angst einflößt.«

»Das war ich nicht. Diese Isabelle gibt es nicht mehr.«

»Bist du dir sicher?«

»Ganz sicher.« Mit einem Lächeln versuchte sie, die Situation zu entkrampfen. »Nur das Schießen habe ich nicht verlernt.« In Gedanken ergänzte sie: … und so einiges mehr war ihr geblieben. Vor allem Erinnerungen, die sie nachts im Schlaf verfolgten. Aber das musste niemand wissen.

4

Am nächsten Morgen hatte ihr Sandsack frei. Denn sie hatte bei Nicolas übernachtet, der den Tag gemütlicher angehen ließ. Sie frühstückten im verwilderten Garten seiner Bastide. Frische Croissants, eine große Schale café au lait … Viel mehr gab es bei ihm nicht. Aber das war gut so. Isabelle konnte nicht verstehen, warum man sich in anderen Ländern in der Früh den Magen vollschlug. Das konnte nicht gesund sein, und außerdem raubte es den Appetit für ein gepflegtes Mittagessen. Es hatte schon seinen Grund, warum das Frühstück petit-déjeuner hieß.

Eine Stunde später machte sie einen Stopp in ihrer Wohnung, um sich umzuziehen. Sie telefonierte mit Apollinaire und teilte ihm mit, dass sie sich heute freinehme. Schließlich wusste er nichts vom »Hilferuf« der Colette Gaspard. Das sollte vorläufig auch so bleiben.

Juliette hatte gebeten, bei ihrer Schwester nicht im Polizeiwagen vorzufahren. Isabelle lächelte, denn das hätte sie sowieso nicht getan. Ihr privates »Dienstfahrzeug« war ein alter, äußerlich nicht ganz makelloser Ford Mustang aus den Sechzigerjahren. Ein Cabrio, schwarz mit roten Ledersitzen – und einem großvolumigen V8-Motor, der so tief blubberte, wie sein Spritverbrauch hoch war. Es sei »Cabriowetter« hatte sie zu Juliette gesagt. Das festzustellen war eigentlich überflüssig, denn in der Provence war fast jeder Tag zum offenen Fahren geeignet.

Isabelle packte ihre Badesachen in den Kofferraum und machte sich auf den Weg nach Ramatuelle. In gemächlichem Tempo cruiste sie über die kurvige Straße hinunter Richtung Meer. Im Radio ihren Lieblingssender. Die offenen Haare im Wind. Das sonore Brummen des Motors im Ohr. Spätestens seit sie den Mustang hatte, verstand sie, wie der Weg das Ziel sein konnte. Oft fuhr sie sogar Umwege, nur um die Landschaft zu genießen. Große Freude bereiteten ihr Pappelalleen. Im Cabrio war das Wechselspiel von Licht und Schatten ein besonderer Genuss. Auch nahm sie die Gerüche viel intensiver wahr. Natürlich nicht nur die betörenden Düfte der Provence, sondern auch die stinkenden Abgase, wenn sie hinter einem Laster festhing. Was sich aber mit einem beherzten Überholvorgang ändern ließ.

Auf der Fahrt ging Isabelle in Gedanken noch einmal alles durch, was sie im Internet über Colette Gaspard gelesen hatte. So wusste sie jetzt, dass die junge Colette am Pariser Conservatoire national Schauspielerei studiert und gleich mit ihren ersten Filmrollen Aufsehen erregt hatte. Später konnte sie nicht nur den französischen Filmpreis César gewinnen, sondern war auch für den Oscar nominiert. Sie wirkte in über achtzig Filmen mit. Mit vielen ihrer Filmpartner wurden ihr Affären nachgesagt – auch mit weiblichen. Ihrem Image hatte es nicht geschadet. Jahrelang war sie das »Gesicht« einer bekannten Parfummarke. Parallel feierte sie großartige Erfolge als Sängerin. Gleich mit ihrem Debütalbum landete sie auf Platz eins der französischen Charts. Sie hatte Liveauftritte auf der ganzen Welt. Gerade, so hatte Isabelle gelesen, bereitete sie ein neues Album vor. Vorgestellt werden sollte es demnächst bei einem Konzert im Pariser Olympia. Juliette hatte erwähnt, dass ihre Schwester gerade dafür übte. Aber der Stalker hielte sie davon ab.

Zur verabredeten Zeit stoppte Isabelle vor einem großen, weiß lackierten Eingangstor. Man konnte nicht hindurchsehen. Rechts und links hohe Mauern aus Naturstein. Colette Gaspard hatte sich abgeschottet, was bei ihrer Popularität kaum überraschte. Natürlich gab es kein Namensschild. Nur einen geschnörkelten Schriftzug mit dem Namen der Villa: Mas de la Fontaine. Und eine Überwachungskamera.

Isabelle stieg aus und läutete. Über Lautsprecher meldete sich eine Männerstimme. Sie nannte ihren Namen und wollte gerade hinzufügen, dass sie erwartet werde, da öffnete sich schon das Tor.

Isabelle winkte in die Kamera und fuhr aufs Grundstück. Kein Beobachter würde annehmen, dass Colette gerade Besuch von einer Kommissarin der Police nationale bekäme. Das war ein weiterer Vorteil ihres alten Mustangs: Eine bessere Tarnung gab es kaum. Der Wagen war so auffällig, dass er schon wieder unauffällig war.

In Schrittgeschwindigkeit fuhr sie über eine lange Auffahrt. Entlang gepflegter Rasenflächen. Pinien und Palmen. Ein Teich mit Springbrunnen. Deshalb wohl Mas de la Fontaine. Blauer Lavendel. Eine parkähnliche Idylle – verborgen vor den Augen der Öffentlichkeit. Wie sollte hier ein Stalker der Colette Gaspard das Leben zur Hölle machen? Bald würde sie es wissen. Und auch, ob die »Diva« einfach überspannt war und sich alles vielleicht nur einbildete.

Die Villa war weniger pompös als erwartet und strahlte provenzalischen Charme aus.

Isabelle wurde von einem gedrungenen Mann in den Fünfzigern erwartet. In kurzen Hosen und mit Gartenschere. Aus dem Internet wusste Isabelle, dass Colette geschieden war. Als Hausfreund kam der Mann nicht infrage. Er stellte sich als Jules vor. Er sei der Hausmeister. Mit einem Lächeln ergänzte er: auch der Gärtner und sozusagen das Mädchen für alles. Madame Gaspard erwarte sie auf der Terrasse. Ob er den Fahrzeugschlüssel haben dürfe, fragte er. Dann könne er ihren Oldtimer im Carport abstellen, damit sich die Sitze nicht so aufheizen würden.

Dieser Jules war sehr umsichtig, dachte Isabelle. Und »Oldtimer« war ausgesprochen charmant. Im Eingang des Hauses tauchte eine Frau auf, die in ihrem schwarzen Kleid mit Schürze und weißem Kragen unschwer als Haushälterin zu erkennen war. Ihr Name sei Marguerite, sagte sie. Marguerite Marchand. Die Terrasse sei auf der rückwärtigen Seite des Hauses am Pool. Madame Bonnet möge ihr bitte folgen.

Routinemäßig stellte Isabelle fest, dass am Haus keine weiteren Überwachungskameras oder andere Sicherheitssysteme zu sehen waren. Nicht einmal Bewegungsmelder für die Außenbeleuchtung.

Marguerite führte sie durch einen großzügigen Eingangsbereich, der nach oben bis zu einer umlaufenden Galerie im ersten Stock reichte. Die wenigen Möbel waren im rustikalen provenzalischen Stil gehalten. Ohne neureichen Protz, der ja durchaus auch zu einer »Diva« gepasst hätte. So aber gefiel es Isabelle besser.

Colette Gaspard kam ihr auf der Terrasse mit ausgebreiteten Armen entgegen. In einem langen weißen Leinenkleid, barfuß, mit einem großen Strohhut.

»Bonjour, meine Liebe, schön, dass Sie es einrichten konnten.«

»Ihre Schwester kann sehr überzeugend sein.«

»Gott sei Dank, denn ich brauche dringend Ihren professionellen Rat. Wollen wir uns in die Lounge-Ecke am Pool setzen? Da ist es schön schattig.«

»Sehr gerne.«

»Marguerite, bitte bringen Sie noch ein zweites Glas.«

Neben Colettes Liege stand auf dem Boden ein Kühler mit Champagner. Für eine »Diva«, dachte Isabelle, war das am späten Vormittag wahrscheinlich normal. Oder brauchte sie den Alkohol, um sich zu beruhigen? Amüsiert stellte sie fest, dass der Champagnerkühler vom Club Maupiti an der Plage de Pampelonne stammte. Dort war sie schon selbst oft zu Gast gewesen, zusammen mit Rouven.

»Sie sehen wirklich nicht aus wie eine Polizeibeamtin«, stellte Colette fest, nachdem sie Platz genommen und sich kurz zugeprostet hatten.

»Ist das ein Kompliment?«

»Ja, ist es, definitiv. Juliette hat angedeutet, Sie hätten früher in Paris eine Spezialeinheit des Innenministeriums geleitet. Stimmt das?«

Isabelle erstaunte es immer wieder, was man in Fragolin von ihr zu wissen glaubte.

Sie zuckte lächelnd mit den Schultern. »Kein Kommentar.«

»Verstehe, Sie dürfen nicht darüber reden. Müssen Sie auch nicht.«

Vor allem, dachte Isabelle, wollte sie nicht. Schließlich war sie nicht hier, um über sich zu sprechen.

»Madame Gaspard …«, fing sie an.

»Bitte sagen Sie Colette zu mir!«

»Gerne, ich bin Isabelle. Also, Ihre Schwester hat mir erzählt, dass Sie von einem Stalker belästigt werden.«

»Belästigt?« Colettes Stimme überschlug sich. »Damit hätte ich kein Problem. Er bedroht mich und macht mir das Leben zur Hölle.« Ihre Hände zitterten.

Erst jetzt bemerkte Isabelle Colettes tiefe Augenringe. Ihre Schminke konnte diese nicht wirklich verbergen.

»Bislang dachte ich, ein Stalker sei ein krankhafter Verehrer«, sagte Isabelle. »Warum sollte er Ihnen das Leben zur Hölle machen?«

»Weil er ein Psychopath ist, anders kann ich es mir nicht erklären.«

»Dann erzählen Sie mir bitte, was konkret vorgefallen ist.«

Colette fuhr sich fahrig durchs Gesicht.

»Angefangen hat alles mit abscheulichen Mails, in denen er mich als seine Göttin bezeichnet hat, mit der er Geschlechtsverkehr haben wollte. Er hat mir en detail seine sexuellen Fantasien geschildert. Und dann angedroht, mich zu vergewaltigen …«

Colette leerte ihr Champagnerglas in einem Zug.

»Können Sie mir diese Mails zeigen?«

»Nein, ich habe diesen Schweinkram gleich wieder gelöscht.«

Isabelle sah sie nachdenklich an. Hoffentlich hatte Colette nicht alle Spuren des angeblichen Stalkers getilgt.

»Sie haben gesagt, dass es mit diesen Mails angefangen hat. Was kam dann?«

»Als Nächstes begann er mit nächtlichen Anrufen. Er hat nichts gesagt, nur schwer geatmet … Das ist ganz schön unheimlich, das können Sie mir glauben.«

»Warum haben Sie nicht einfach aufgelegt?«

»Habe ich ja, aber das Telefon hat immer wieder geklingelt, die ganze Nacht. Bis ich den Stecker rausgezogen habe. In der nächsten Nacht hat er es auf meinem Handy versucht. Ich war so schlaftrunken, dass ich rangegangen bin. Hätte ja sein können, dass meiner Schwester was passiert ist. Wieder dieses schwere Atmen … Daraufhin hat Jules eine neue SIM-Karte mit einer anderen Nummer besorgt. Jetzt ist erst mal Ruhe.«

»Na bitte, vielleicht gibt er auf und sucht sich ein anderes Opfer.«

Der geschilderte Psychoterror war zwar unangenehm, dachte Isabelle, aber erträglich. Schon deshalb, weil er sich leicht abstellen ließ. Stecker rausziehen, neue Handynummer, E-Mail-Account ändern …

Colette schüttelte den Kopf. »Ein anderes Opfer? Er wird von mir erst ablassen, wenn ich tot bin.«

Offensichtlich hatte die Diva einen Hang zur Dramatik. Zudem war sie bislang jeden Beweis schuldig geblieben, dass dieser Stalker nicht nur in ihrer Fantasie existierte.

»Warum sollte er Sie umbringen, er liebt und verehrt Sie doch?«

»Weil er es angedroht hat, deshalb.«

Colette goss sich zitternd Champagner nach. Isabelle selbst hatte noch keinen Schluck getrunken.

Isabelle sah sie fragend an. »Er hat gedroht, Sie umzubringen? Wie hat er das gemacht?«

»Er hat es rot auf das Tor an der Straße gesprayt: Tu vas mourir, sale pute!«

Du dreckige Hure wirst sterben? Nun, das könnte man tatsächlich als Drohung verstehen. Isabelle erinnerte sich an das weiße Tor an der Einfahrt.

»Ist aber nicht mehr zu sehen …«

»Jules hat das Tor sofort neu lackiert.«

Demnach würde Jules die Schmiererei bezeugen können, überlegte Isabelle. Das wäre also ein erster Beweis, dass sich Colette nicht alles ausdachte.

»Immerhin war er nicht auf Ihrem Grundstück«, sagte Isabelle.

»Damit habe ich mich auch erst beruhigt, bis vorgestern …« Colette konnte nicht weitersprechen. Jetzt zitterte sie am ganzen Körper. Sie winkte Marguerite herbei, die gerade am Pool beschäftigt war. »Bitte schildere du den Vorfall mit den … Zetteln im Haus. Ich kann gerade nicht.«

»Madame war noch im ersten Stock im Schlafzimmer«, begann Marguerite, »als ich in der Früh ins Haus gekommen bin, um das Frühstück vorzubereiten. Da habe ich sie gesehen, die vielen gelben Zettel, die überall hingeklebt waren. Mitten auf die Bilder und Gemälde an der Wand, an die Vitrine, ans Klavier, in der Küche an den Kühlschrank, auf den Bildschirm des Fernsehers … fast überall. Auf den Zetteln waren in krakeligen Großbuchstaben kurze Botschaften geschrieben. Angefangen bei schwärmerischen Liebeserklärungen bis hin zu Obszönitäten und schauerlichen Drohungen. Ich wollte die Zettel gerade entfernen, um Madame den Anblick zu ersparen, da kam Madame die Treppe runter …«

Jetzt versagte auch Marguerite die Stimme.

»Diesen Moment werde ich nie vergessen«, fuhr Colette noch immer bebend fort. »Überall diese gelben Zettel. Und die brutale Erkenntnis, dass der Stalker in mein Haus vorgedrungen war, während ich oben schlief. Isabelle, können Sie sich vorstellen, wie schrecklich dieser Gedanke ist?«

Isabelle nickte. »Ja, kann ich. Wie ist er ins Haus gelangt?«

»Durch einen Hintereingang. Er hat das Schloss aufgebrochen. Sie können sich die Tür anschauen. Jules hat sie mittlerweile so verrammelt, dass da keiner mehr reinkommt.«

Isabelle wandte sich an Marguerite. »Wo schlafen Sie eigentlich?«

»Jules und ich, Sie müssen wissen, wir sind verheiratet, wir wohnen in einem kleinen Häuschen hinter dem Teich. Wir haben vom nächtlichen Einbruch nichts mitbekommen.«

»Kann ich die Zettel mal sehen?«

Marguerite warf Colette einen hilflosen Blick zu.

»Das war vielleicht verkehrt …«, begann sie stockend.

Isabelle ahnte, dass die beiden schon wieder Beweismittel vernichtet hatten.

»Wir haben sie im Kamin verbrannt«, gestand Colette. »Indem ich die widerlichen Zettel vernichtete, wollte ich sie ungeschehen machen.«

»Aber zuvor habe ich einige fotografiert«, sagte Marguerite. »Wollen Sie die Fotos sehen?«

Was war das für eine Frage? »Natürlich.«

»Ich muss nur mein Handy holen, bin gleich wieder da.«

Isabelle sah Colette nachdenklich an. »Sie tun mir leid. Jetzt verstehe ich, warum Ihre Schwester meinte, dass Sie mit den Nerven am Ende sind.«

»Eine Sache muss ich Ihnen noch sagen. Eigentlich mache ich jeden Tag lange Spaziergänge und übe dabei meine Texte für einen Auftritt in Paris …«

»Im Olympia, ich weiß. Ihre Schwester hat es mir erzählt.«

»Vielleicht bilde ich mir das nur ein, aber ich hatte schon mehrfach den Eindruck, dabei verfolgt zu werden. Jetzt traue ich mich nicht mehr raus.«

Marguerite kam mit den Fotos zurück. Isabelle schaute sie sich in Ruhe an. Auch vom gesprayten Tor gab es eines. Colette goss sich schon wieder Champagner nach. Entweder trank sie immer so viel, oder sie brauchte den Alkohol, um sich zu beruhigen. Eine Lösung war das nicht.

»So, jetzt habe ich Ihnen alles erzählt. An die Polizei will ich mich nicht wenden …«

Isabelle musste lächeln, was Colette aber gar nicht bemerkte.

»Mit der Polizei habe ich ganz schlechte Erfahrungen gemacht. Irgendeine undichte Stelle gibt es immer, schon habe ich die Presse am Hals. Private Sicherheitsleute will ich auch nicht beauftragen. Die lassen sich sowieso von der Presse schmieren. Außerdem will ich nicht nur beschützt werden, sondern vor allem, dass dieses Schwein gefasst wird. Sonst hat es ja nie ein Ende.« Colette sah sie mit großen Augen an. »Bitte sagen Sie mir, was ich tun soll.«

Jetzt hielt auch Isabelle den Zeitpunkt für gekommen, vom Champagner zu trinken. Was hatte sie zuvor befürchtet? Dass sie sich von Colette überreden ließ, ihr den Stalker vom Hals zu halten. Genau darauf lief es jetzt hinaus. Was aber sprach dagegen? Sie hatte aktuell keinen Fall auf dem Tisch. Die »Diva« brauchte Hilfe …

»Ich habe auch keine zündende Idee«, antwortete Isabelle. »Aber wenn Sie einverstanden sind, kann ich mich ja selbst darum kümmern.«

Colettes angespannte Miene hellte sich auf. Sie beugte sich vor und nahm Isabelles Hände.

»Das habe ich gehofft. Würden Sie auch auf mich aufpassen?«

Isabelle zögerte. Dabei war ja klar, dass es genau darum ging.

»Ein paar Tage könnte ich das übernehmen.«