Jo MacDoherty
Die schottische Rose
2
Serial Teil 2
Knaur e-books
Jo MacDoherty stammt aus Mönchengladbach und hat Sprachwissenschaft, Germanistik und Philosophie in Hamburg und Berlin studiert. Heute schreibt und übersetzt MacDoherty für verschiedene Verlage, hat drei mittlerweile erwachsene Kinder, reitet, tanzt (Argentinischen Tango) und lebt in Hamburg.
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Ein Unternehmen der Droemerschen Verlagsanstalt
Th. Knaur Nachf. GmbH & Co. KG, München
Copyright der Originalausgabe © 2005 bei
Droemersche Verlagsanstalt Th. Knaur Nachf., München
Alle Rechte vorbehalten. Das Werk darf – auch teilweise – nur mit Genehmigung des Verlags wiedergegeben werden.
Covergestaltung: ZERO Werbeagentur, München
Coverabbildung: © FinePic®, München
ISBN 978-3-426-43223-5
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Connor McPherson zügelte seinen Hengst auf dem Kamm des Hügels und atmete einmal tief durch. Es hatte ihn nicht bei seinen Gefährten gehalten, die ihm in einiger Entfernung zu Fuß folgten. Diesen Moment, den Augenblick der Heimkehr nach so vielen Jahren in der Fremde, wollte er allein genießen. Ungestört. Vor allem ohne seinen Freund Buffon O’Dermick. Dessen loses Lästermaul hatte ihm keine Ruhe mehr gelassen, seit er vom Elfenteich zurückgekehrt war und den Fehler gemacht hatte, seinem Vertrauten von der Begegnung mit der Nymphe zu berichten.
Connor stellte sich in den Steigbügeln auf und blickte über die weiten Felder, auf denen das letzte Getreide sanft im Wind wogte, zu dem künstlich aufgeschütteten Hügel vor ihm. Darauf erhob sich trotzig und abweisend Mandrake Manor, der Familiensitz der McPhersons.
Sein Blick fiel auf den hohen Turm an der Nordseite, in dessen oberstem Geschoss sein Vater das Wehrzimmer eingerichtet hatte. Der junge Connor hatte diesen Raum mit seinen Schilden, Waffen, Wappen und den schweren, vom Alter dunkel gewordenen Eichenmöbeln und den kostbaren Fellen und Teppichen geliebt und dort häufig zu Füßen seines Vaters gespielt. Was seinen Blick jetzt anzog, war nicht der Turm selbst, der aus demselben abweisenden, grauen Granit errichtet war wie die starke, trotzige Ringmauer, welche die ganze, eher hohe als ausladende Burg umgab, sondern das Banner der McPhersons, das schlaff in der windstillen Luft aus einem der Turmfenster hing. Aus dem benachbarten Fenster hing eine schwarze Fahne. Die Totenfahne.
Unwillkürlich griff Connor zu dem Bonnet in den Farben der McPhersons, das er auf seinen langen rotbraunen Haaren trug, und nahm die Kopfbedeckung ab. Er war zu spät gekommen. Das schwarze Tuch signalisierte, dass sein Vater gestorben war.
Connor presste die Zähne so fest zusammen, dass die Kiefermuskeln in seinen Wangen deutlich hervortraten.
In den sieben Jahren seiner Abwesenheit hatte er auf ein versöhnliches Wort seines Vaters gewartet. Jedes Mal, wenn ihn ein Brief oder eine Nachricht von zu Hause erreichte, hatte sich sein Herz vor Erwartung verkrampft. Und jedes Mal war es vergeblich gewesen. Die Briefe waren stets in der zierlichen, gestochenen Handschrift seiner Mutter verfasst. Sie und seine jüngere Schwester Rianna waren die Einzigen aus Connors Familie, die dem Verbot des alten Rob McPherson zum Trotz Kontakt zu ihm hielten und ihn über die Vorgänge in Schottland und auf Mandrake Manor unterrichteten. Sei es über befreundete Clansmänner, die Connor in Frankreich und Italien aufsuchten, sei es über Adlige, denen sie versiegelte Briefe mitgaben, in denen sie sich allerdings aus Misstrauen gegen die Überbringer eher zurückhaltend äußerten. Ein Misstrauen, das hatte Connor an manch erbrochenem Siegel erkannt, welches nur zu berechtigt war. Durch diese Nachrichten wusste er, welchen Weg sein Vater in den letzten Jahren gegangen war. Und er wusste auch, dass sein jüngerer Bruder Hamish Connors Heimkehr sicherlich nicht begrüßen würde.
Er hatte lange gezögert, bevor er sich zu dieser Heimreise entschlossen hatte, vielleicht zu lange, wie er sich nach einem neuerlichen Blick auf die beiden Banner am Nordturm eingestand, aber wer weiß, wozu es gut war, dass der alte Rob seinem Ältesten nicht verzeihen musste. Connor wusste aus leidvoller Erfahrung, dass sich die McPhersons mit so etwas wie Vergeben schwertaten.
In ihrem letzten dringenden Brief hatte Elizabeth McPherson ihren ältesten Sohn gebeten, nach Hause zu kommen. Darin hatte sie auch angedeutet, dass sie sich Sorgen um die Sicherheit des Clans machte, wenn Rob sterben und Hamish sich zum neuen Chief der McPhersons und der ihnen angeschlossenen Clans ausrufen lassen würde.
Connor hatte seinen jüngeren Bruder verlassen, als der gerade vierzehn Jahre alt gewesen war. Die Briefe seiner Mutter und seiner Schwester ließen erahnen, dass sich der hitzköpfige, eigensinnige und eifersüchtige Knabe zu einem hitzköpfigen, eigensinnigen und eifersüchtigen jungen Mann entwickelt hatte.
Connor seufzte, als er seinen Blick über die mächtigen, grauen Granitquader des Familiensitzes gleiten ließ. Das verhieß nichts Gutes. Hamish würde ihn gewiss nicht mit offenen Armen empfangen, schon gar nicht, wenn er sich, und dessen war Connor sicher, nicht nur Hoffnungen auf den Rang eines Chieftains der McPhersons, sondern sogar auf den eines Chiefs der vereinigten Clans gemacht hatte.
Aber Connor hatte genug von Blutvergießen und Kämpfen. Und das würde dem Clan zweifellos bevorstehen, wenn sich die McPhersons weiterhin auf die Seite Argyll von Albanys stellten. Er hatte gehört, dass Jakob aus englischer Gefangenschaft freigekauft worden war. Ein starker König, das brauchte Schottland, keinen machthungrigen Albany oder einen Stewart, die nur danach trachteten, ihren eigenen Besitz und Einfluss zu mehren, und dabei nicht zurückschreckten, mit den verhassten Engländern gemeinsame Sache zu machen. Dennoch, Connor hatte sich vorgenommen, den Clan – meinen Clan, dachte er mit einem Anflug von Stolz –, so gut es ging, aus den blutigen Machtkämpfen herauszuhalten, die Schottland zweifellos bevorstanden, auch wenn das keine leichte Aufgabe sein würde – ebenso wenig wie die Begegnung mit seiner Familie nach der langen Zeit.
»Eine prächtige Hütte, bei meiner Laute!«
Connor zuckte zusammen. Er hatte nicht gehört, wie sich Buffon O’Dermick ihm genähert hatte, so vertieft war er in seine Gedanken gewesen.
»Verflucht, Buffon! Irgendwann werde ich dir noch deinen irischen Bart abschneiden, wenn du dich weiter so heranschleichst«, knurrte Connor, gereizt über seine eigene Achtlosigkeit.
Der Ollave, der nicht nur Gelehrter und Musikant war, sondern darüber hinaus Connors bester Freund, ein erprobter und verlässlicher Kampfgefährte und ein Lästermaul, dem vermutlich nicht einmal der Tod die Zunge lähmen würde, lachte schallend. Er strich sich über seinen langen, leuchtend roten Bart, der dem Iren ein viel älteres Aussehen verlieh, als er an Jahren zählte. »Meinen ganzen Mannesstolz, den biblischen Sitz meiner Kraft …«
»Samsons Kraft saß in seinem Haupthaar, Buffon«, erwiderte Connor amüsiert. Es gelang seinem Freund wirklich immer wieder, ihn aufzuheitern. Connor wurde jedoch sofort wieder ernst, als er zu Mandrake Manor hinübersah.
»Siehst du das schwarze Tuch im Turmfenster, Buff?« Als der Ire mit dem Blick seiner ausgestreckten Hand folgte, fuhr Connor fort: »Mein Vater ist bereits tot. Wir sind zu spät.« Dann deutete er nach Süden, zu den Stallungen unter dem Südturm. Dort flatterten an zahlreichen Stangen bunte Wimpel im Wind. »Und das da, Buff, sind die Banner einiger Hochlandclans, die mit den McPhersons verbündet sind.«
Buffon nickte ernst. »Kennst du sie alle?«, erkundigte er sich neugierig.
Connor kniff die Augen zusammen, als er die Embleme zu erkennen suchte. »Die meisten kenne ich noch. Das der MacIntoshs, der Shaws und das vom Clan Menzies. Aber es sind auch einige neue darunter. Das der MacKenzies zum Beispiel und der Frasers. Ich frage mich …« Connor verstummte, und seine Miene verdüsterte sich.
»Du fragst dich?« Buffon O’Dermick sah seinen Freund neugierig an. Als Connor schwieg, zuckte der Ollave mit den Schultern und spähte selbst in die Richtung der bunten Wimpel. Dann pfiff er leise durch die Zähne.
»Verstehe, mein Freund. Dein Bruder hat es eilig, sich zum Chieftain auszurufen, oder?«, fragte er nach einer Weile. »Und er hat die Chieftains der anderen Clans zusammengetrommelt, um sofort die Tanistry, die Häuptlingswahl, einzuberufen. Wenn er es nicht schon längst getan hat.«
Bevor Connor antworten konnte, hörten sie das Keuchen von mehreren Männern hinter sich. Connors Gefährten hatten ihn schließlich eingeholt und bauten sich jetzt in einer Reihe neben den beiden Freunden auf dem Kamm auf.