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Inhaltsübersicht

Impressum

Die fünfzehn Kapitel dieses Buches (ausgenommen Kapitel 5) wurden zwischen 1946 und 1951 in den USA auf Englisch geschrieben, einzeln in Zeitschriften, vornehmlich dem New Yorker, vorabgedruckt und erschienen als Buch 1951 unter dem Titel «Conclusive Evidence» bei Harper & Brothers in New York sowie unter dem Titel «Speak, Memory» bei Victor Gollancz in London. 1966 erschien bei Putnam’s, New York, eine stark erweiterte neue Ausgabe unter dem Titel «Speak, Memory – An Autobiography Revisited». Zwischen diesen beiden englischen Ausgaben gab es 1954 noch eine vom Autor übersetzte und ergänzte russische Ausgabe unter dem Titel «Drugije berega» (Andere Ufer) im Verlag Chekhov, New York.

 

Abbildungen am Schluss des Buchs:

Viktoria Iwlewa (Focus) 3, 5

Focus 6, 7

Dieter E. Zimmer 1, 4, 8, 9, 10, 11, 12, 13, 14

 

Der Text folgt: Vladimir Nabokov, Gesammelte Werke, Band 22, 1991, herausgegeben von Dieter E. Zimmer.

 

Überarbeitete und ergänzte deutsche Ausgabe

 

Veröffentlicht im Rowohlt Verlag, Reinbek bei Hamburg, November 2018

Copyright © 1964, 1984, 1991, 2009, 2018 by Rowohlt Verlag GmbH, Reinbek bei Hamburg

«Speak Memory» Copyright © 1947, 1948, 1949, 1950, 1961, 1967 by Vladimir Nabokov

Veröffentlicht im Einvernehmen mit The Estate of Vladimir Nabokov

Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt, jede Verwertung bedarf der Genehmigung des Verlages

Umschlaggestaltung any.way, Cordula Schmidt

Umschlagabbildung Archive PL/Alamy Stock Photo; Archiv any.way

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Abhängig vom eingesetzten Lesegerät kann es zu unterschiedlichen Darstellungen des vom Verlag freigegebenen Textes kommen.

ISBN Printausgabe 978-3-499-22547-5 (6. Auflage August 2018)

ISBN E-Book 978-3-644-00224-1

www.rowohlt.de

 

Hinweis: Alle angegebenen Seitenzahlen beziehen sich auf die Printausgabe.

ISBN 978-3-644-00224-1

Anmerkungen

1

Näheres über Wyra im Abschnitt Die Nabokov’schen Anwesen in und um St. Petersburg vor dem Bilderteil am Ende dieses Buchs.

2

Die 1927 gebildete, heutige Oblast Leningrad, die nicht in Petersburg zurückbenannt wurde, ist im Kern identisch, aber kleiner als das frühere Gouvernement St. Petersburg.

3

Wahrscheinlich ist der Erster-Klasse-Schlafwagenzug gemeint, der ab 1886 aus London über Calais und Paris nach Nizza und teilweise bis Rom verkehrte und mit dem vorwiegend reiche Engländer an die Riviera reisten. Von Paris bis Ventimiglia hieß er Méditerranée Express. Die Fahrt von Paris nach Nizza dauerte knapp zwanzig Stunden. Er starb mit dem Beginn des Ersten Weltkriegs aus, nahm aber 1920 als der legendäre Train Bleu den Verkehr wieder auf.

4

Abbazia war zu Zeiten der Donaumonarchie der italienische Name des Seebads Opatija in Istrien, im Nordwesten Kroatiens.

5

Sofja (Onja) Dmitriewna Nakokow, später verheiratete Fasolt (1899–1982).

6

General Alexej Nikolajewitsch Kuropatkin (1848–1925), im Ersten Weltkrieg Oberbefehlshaber in Turkmenistan, wurde nach der Februarrevolution 1917 verhaftet, von der Provisorischen Regierung befreit und kehrte wohlbehalten in sein Heimatgouvernement Pskow zurück, wo er bis zu seinem Tod eine Landwirtschaftsschule leitete.

7

Der griechische Philosoph Sokrates meinte, eine innere Stimme göttlichen Ursprungs zu hören, die er Daimonion nannte. Sie warnte ihn in kritischen Momenten, hielt ihn von falschen Handlungen ab, und er schätzte es höher als den Logos, die Vernunft.

8

Mit Joaneta Darc ist Jeanne D’Arc (1412?–1431) gemeint, die «Jungfrau von Orléans», ein Bauernmädchen aus einem Dorf an der Maas, die seit 1424 Visionen hatte, in denen die Stimmen von Heiligen ihr auftrugen, Frankreich von den Engländern zu befreien und den Dauphin zu inthronisieren.

9

Lat. muscae volitantes: wörtlich schwebende Fliegen, dt. Mücken. Schwebende Trübungen im Glaskörper des Auges.

10

Der «Albinoarzt in Erlangen» war der Mediziner Georg Tobias Ludwig Sachs (1786–1814). Er kam aus dem winzigen Dorf St. Ruprecht in Kärnten, studierte Medizin in Tübingen und Altdorf und wurde 1811 Privatdozent für Medizin an der Universität Erlangen. 1812 legte er hier eine medizinische Dissertation über seinen eigenen Albinismus und den seiner jüngeren Schwester vor (Historia naturalis duorum Leucoethiopum – Naturgeschichte zweier Albinos, des Autors und seiner Schwester). In einem Annexkapitel, das nichts mit Albinismus zu tun hatte, behandelte Sachs darin erstmals wissenschaftlich das Thema des Farbenhörens (audition colorée): der mentalen Verknüpfung von Zahlen, Buchstaben, Musiknoten, Wochentagen usw. mit bestimmten Farben. Zehn Jahre nach Sachs’ Tod wurde seine Dissertation von dem Hofmedicus J.H.G. Schlegel mit einigen Ergänzungen ins Deutsche übersetzt (Ein Beitrag zur nähern Kenntniss der Albinos, Meiningen 1824); Sachs’ Namen nannte Schlegel jedoch nur einmal im Innern des Buchs, das er so quasi als sein eigenes ausgab. Im angelsächsischen Raum wird Sachs’ Pionierarbeit erst seit ihrer Übersetzung ins Englische im Jahr 2009 zur Kenntnis genommen; die im 20. Jh. stark angewachsene Literatur zur Synästhesie kennt sie nicht. Umso erstaunlicher, dass Nabokov von ihr gewusst hat. (Siehe Jörg Lewanski, Sean A. Day, Jamie Ward: A Colorful Albino. In: Journal of the History of the Neurosciences, 8, 2009, S. 293–303.)

11

Die drei genannten Pilzarten sind auf Deutsch der Gemeine Steinpilz, der Gemeine Birkenpilz und die Laubwald-Rotkappe.

12

Frz. Ah, que c’est beau!: Oh, wie schön das ist!

13

In Zoologie und Botanik behält der erste lateinische Name, der einem Tier oder einer Pflanze gegeben wurde, auf alle Zeiten Gültigkeit.

14

Frz. cul de jatte: beinloser Krüppel.

15

Diese lag in Berlin-Wilmersdorf, Sächsische Straße 67. Die Eltern waren im September 1921 dorthin umgezogen.

16

Der Anrufer teilte ihr mit, W.D. Nabokoff sei soeben bei einer politischen Veranstaltung in der Kleinen Philharmonie ermordet worden.

17

Wohl weil der Name eigentlich golovninus hätte lauten müssen.

18

Um die deutsche Linie unter Vladimir Nabokovs Vorfahren weiter zurückzuverfolgen: Seine Großmutter väterlicherseits, die Baronin Maria Ferdinandowna Korff (1842–1925), voller deutscher Name Maria Freiin Schmysing gen. von Korff, seit 1859 verheiratet mit dem russischen Justizminister Dmitri Nabokow (1826–1904), war die Tochter von Baron Ferdinand Nikolajewitsch Korff (1805–1869), eines deutschrussischen Offiziers und Landbesitzers (u.a. gehörte ihm seit 1865 das Landgut Batowo). Dieser wiederum war der Sohn von Nicolaus Freiherr von Korff (1772–1813), eines preußischen Majors, der ein Gut in Kurland (heute Teil von Lettland) besaß. Er stammte aus ältestem deutschen Adel: Das überaus weit verzweigte Geschlecht der Korff ist bis ins 13. Jh. und auf das Schloss Harkotten in Westfalen zurückzuverfolgen; mit dem Deutschen Ritterorden waren etliche Korffs ins Baltikum gelangt: Offiziere und Landbesitzer. Ferdinand Korffs Vater und Nabokovs Urgroßvater, der Oberstleutnant Reichsfreiherr Nicolaus von Schmysing gen. Korff, heiratete 1804 Antoinette Graun (1785–1859), eine Tochter des preußischen Justizrats Carl Ferdinand Graun (1753–1819) und Enkelin des berühmten Komponisten Carl Heinrich Graun (1704–1759) am Hof von Friedrich II. Die Mutter der Ehefrau von Justizrat Graun war Regina Elisabeth Hartung (1734–1805), eine Tochter des bedeutenden Königsberger Zeitungs- und Buchverlegers Johann Heinrich Hartung (1699–1756). In der Person von Antoinette Graun trafen sich also 1785 die Linien Hartung und Graun. Eine Generation weiter trafen sich 1805 in der Person von Ferdinand Korff die Linien Graun/Hartung und Korff. Ferdinand Korffs Tochter Maria heiratete 1859 einen Nabokov (den Justizminister). In den neun Kindern der beiden, darunter Nabokovs Vater Wladimir Dmitrijewitsch Nabokoff, trafen sich die Linien Graun/Hartung/Korff und Nabokow.

19

Der Drucker, Buchhändler und Verleger Johann Heinrich Hartung (1699–1756) begründete 1752 mit dem Erwerb der größten ostpreußischen Tageszeitung eine bedeutende Königsberger Verlagsdynastie. Er führte die Zeitung unter dem Namen Königlich privilegierte Staats-, Kriegs- und Friedenszeitungen weiter; als Königsberger Hartungsche Zeitung bestand sie bis 1933. Eine Urenkelin von Hartung und Enkelin des Komponisten Carl Heinrich Graun, Antoinette Graun (1785–1859), heiratete 1804 den preußischen Major Nicolaus Freiherr von Korff. Ihr Sohn, der russifizierte Offizier und Gutsbesitzer Baron Ferdinand Korff, war Nabokovs Urgroßvater. (Genauere Informationen zur Genealogie der Familie Nabokov – über 475 Personen – finden sich im Internet unter dem URL www.dezimmer.net/NabokovFamilyWeb/nfw_toc.htm.)

20

In dieser Form ist die Geschichte nicht richtig. Elisabeth v. Staegemann (1761–1835), in erster Ehe verheiratet mit einem Sohn des Komponisten Carl Heinrich Graun, in zweiter mit dem Juristen, Diplomaten und Dichter Friedrich August v. Staegemann (1763–1840), ab 1823 Leiter der Preußischen Staatskanzlei, war nicht nur eine bewunderte Schönheit, sondern Schriftstellerin, Malerin und Salonnière. Der damals 33-jährige Heinrich von Kleist, der sie noch aus seiner Königsberger Zeit kannte, war häufig ihr Gast. Am 20. November 1811, dem Tag vor seiner Todesfahrt zum Stolper Loch (dem heutigen Kleinen Wannsee), wollte Kleist sie besuchen, wurde aber an der Tür von ihrer Tochter abgewiesen, da die Mutter Migräne hatte und nicht empfangen konnte. Es gibt kein Indiz, dass Kleist in diese damals zwölfjährige Tochter (1799–1891) verliebt war, die im übrigen nicht Marie, sondern Hedwig hieß. Diese heiratete 1823 den Arzt und Diplomaten Ignaz Franz v. Olfers (1793–1872), Generaldirektor der Berliner Königlichen Museen. Ihre gemeinsame Tochter hieß Marie v. Olfers (1826–1924) und wurde Malerin und Kinderbuchautorin. Die Geschichte, die Nabokov gehört hatte, machte also die ungeborene Enkelin einer 50-jährigen Bekannten, einer prominenten Dame der Berliner Gesellschaft, zu Kleists lolitagleichem Schwarm. (Siehe Hermann v. Petershoff: Elisabeth Staegemann und ihr Kreis, Berlin: Schriften des Vereins für die Geschichte Berlins, 1893, Seite 77–78.)

21

Grauns Ehefrau hieß tatsächlich Johanne Charlotte Reckop (1719–1794).

22

Frz. «une noble dame que la Russie a prêtée cet hiver à la France»: eine vornehme Dame, die Russland in diesem Winter Frankreich geliehen hat.

23

Dmitri Nikolajewitsch Nabokoff wurde 1826 geboren, nicht 1827.

24

Frz. Encore un comte raté: noch ein gescheiterter Graf.

25

Frz. Qui est cette femme – chassez-la!: Wer ist diese Frau – jagt sie weg!

26

Der Schlosskai (Dworzowaja nabereshnaja) ist die Uferstraße entlang der Newa vom Winterpalastgarten an der Ermitage vorbei zum Sommerpalast.

27

Dmitri und Maria Nabokows Söhne waren, in dieser Reihenfolge: Dmitri (1867–1949) Sergej (1868–1940), Nabokovs Vater Vladimir (1870–1922) und Konstantin (1872–1927).

28

Unter der Vermittlung von Theodore Roosevelt beendete der Vertrag von Portsmouth 1905 den Russisch-Japanischen Krieg.

29

Siehe auch Nabokovs Karte vor Kapitel 1. Näheres über die Landsitze Wyra, Roshdestweno, Batowo und das Stadthaus in St. Petersburg im Abschnitt Die Nabokov’schen Anwesen in und um St. Petersburg gegen Ende dieses Buchs.

30

Frz. la Chambre du Revenant: das Zimmer des Gespenstes.

31

Frz. on ne parle pas de corde dans la maison du pendu: im Haus des Gehenkten spricht man nicht vom Strick.

32

Nabokovs Wort für die Gewöhnliche Traubenkirsche. Da um diesen Strauch oder Baum, den Nabokov in seiner Jugend sehr liebte, im Russischen, Englischen und auch im Deutschen ein erhebliches nomenklatorisches Wirrwarr herrscht, das manchen Übersetzer in Verlegenheit gebracht hat, beschloss Nabokov, ihn selber zu taufen. Seinen Namen, ‹Razemosa›, hat er in seinem Kommentar zu Puschkins Eugen Onegin erklärt und begründet. Er meint den bis zu 15 m hohen Baum Prunus padus (MILLER, 1754), engl. racemose old-world bird cherry, russ. tscherjomucha obyknowennaja, dt. Gewöhnliche Traubenkirsche, Ahlkirsche oder Sumpfkirsche. Sein hervorstechendes Merkmal sind im Mai und Juni die bis zu 15 cm langen, traubenförmig (razemos) angeordneten, hängenden, intensiv riechenden weißen Blüten.

33

Frz. escalier dérobé: Geheimtreppe.

34

«Coarctatio des Foramen jugulare»: Verengung einer der beiderseitigen Öffnungen in der Schädelbasis, gleich neben der Halsschlagader (Arteria Carotis).

35

Frz. Basile, on vous attend: Basil, Sie werden erwartet.

36

Frz. l’audience est finie. Je n’ai plus rien à vous dire: die Audienz ist beendet. Ich habe Ihnen nichts weiter zu sagen.

37

Frz. Pour mon neveu, la chose la plus belle au monde – une feuille verte: Für meinen Neffen die schönste Sache der Welt – ein grünes Blatt.

38

Frz. Il sanglotait assis sur un rocher … «Il se regardent tous deux, en se mangeant des yeux …», «Elle est morte en février, pauvre Colinette …» «Le soleil rayonnait encore, j’ai voulu revoir les grands bois …»: Er saß auf einem Felsen und schluchzte … «Sie sahen sich beide an und verzehrten sich mit den Blicken …», «Sie ist im Februar gestorben, die arme Colinette …», «Die Sonne schien noch, ich wollte den Wald wiedersehen.»

39

Iwan Wassiljewitsch Rukawischnikow (1843–1901), Petersburger Landbesitzer, Friedensrichter und Philanthrop (d.h., er baute Schulen und Arztstationen in den seinen Besitzungen nahe liegenden Orten). Sein «Nest» war das Herrenhaus bei Wyra, das er seiner Tochter Jelena vermachte, Vladimir Nabokovs Mutter.

40

Frz. chapelle ardente de feuilles aux tons violents: brennende Kapelle in heftigen Tönen.

41

Frz. L’air transparent fait monter de la plaine …: Die durchsichtige Luft lässt aus der Ebene emporsteigen …

42

Frz. Un vol de tourterelles strie le ciel tendre, / Les chrysanthèmes se parent pour la Toussaint: Ein Flug Turteltauben streift den zarten Himmel, / Die Chrysanthemen bereiten sich auf Allerheiligen vor.

43

Das Tagpfauenauge (Inachis io, L., 1758), damals in der Gegend von St. Petersburg selten.

44

Frz. Sophie n’était pas jolie: Sophie war nicht hübsch.

45

Die Comtesse Sophie de Ségur wurde als Maria Fjodorowna Rostoptschina 1799 in St. Petersburg geboren und starb 1874 in Paris. Ihr Vater, Graf Fjodor Rostoptschin, organisierte 1812 die Moskauer Brände, die Napoleon zu seinem desaströsen Rückzug zwangen. Ab 1817 lebte sie in Paris, mit über 50 begann sie zu schreiben, vorwiegend hochmoralistische Jungmädchenbücher, die in der 1860 etablierten Bibliothèque Rose des Verlags Hachette erschienen. Die bekanntesten waren Les Malheurs de Sophie und Les Petites Filles modèles (‹Sophies Missgeschicke› und die ‹Kleinen Mustermädchen›, beide 1858). Les Vacances (Die Ferien) erschien 1859 und war die Fortsetzung von Les Malheurs de Sophie.

46

Werbespruch der Firma Colgate im Jahr 1908.

47

Das heißt von Nabokovs Onkel Wassilij und seiner Mutter Jelena; Wyra war der Landsitz, das «Nest» der Petersburger Familie Rukawischnikow gewesen, ehe es 1898 in den Besitz von Jelena Nabokoff überging.

48

Der Roman Misunderstood (Missverstanden, 1869) der Londoner Autorin Florence Montgomery (1843–1923).

49

Der Roman Beyond the Blue Mountains (Hinter den blauen Bergen, 1893) von L.T. Meade, mit vollem Namen Elizabeth Thomasina Meade Smith, einer irischen Jugendautorin (1844–1914), die über 300 Bücher schrieb.

50

Eine Figur der angloamerikanischen Zeichnerin Florence Upton (1873–1922) mit schwarzem Gesicht und schwarzen Struwwelhaaren. Golliwog war eine sehr populäre Puppe und ab 1894 die Zentralfigur in einer Serie von Bilderbüchern von Florence Upton.

51

Marie Corelli (1855–1924) war eine einst höchst erfolgreiche englische Okkultistin und Romanautorin. Ihr Roman The Mighty Atom (Das machtvolle Atom) erschien 1896.

52

Näheres zu dem Stadthaus der Familie Nabokov im Abschnitt Die Nabokov’schen Anwesen in und um St. Petersburg gegen Ende dieses Buchs.

53

Frz. «… dites-lui qu’elle est belle»: … sagt ihr, dass sie schön ist. Textzeile aus dem dritten Akt von Charles Gounods Oper Faust (1859).

54

Russ. «Kuda, kuda, kuda wy udalilis»: Wohin, wohin, wohin seid ihr entschwunden. Wladimir Lenskijs Arie aus dem zweiten Akt von Peter Tschaikowskijs Oper Eugen Onegin (1879). Lenskij fordert Eugen Onegin aus mutwillig provozierter Eifersucht zu einem Duell heraus und wird dabei getötet. Nabokov hat hier weniger Puschkins Versroman als Tschaikowskijs (ihm von Herzen verhasste) Oper Eugen Onegin im Sinn.

55

Etwa «Da war eine junge Dame aus Russland, / Die [quetsch] wann immer man sie quetschte. / Sie [quetsch] und sie [quetsch] …» Das «quetsch» steht natürlich für screamed, schrie.

56

Mstislaw Walerianowitsch Dobushinskij (1875–1957), russischer Maler und Kunstkritiker, verbunden mit der Künstlervereinigung Mir iskusstwa (Die Welt der Kunst) und ihrer Zeitschrift. Er emigrierte 1924 nach Litauen und 1939 in die USA.

57

Am Pass Promontory Summit im Territorium Utah wurde am 10. Mai 1869 die erste transkontinentale Eisenbahnverbindung geschlossen, als sich von Westen und von Osten her dort die Lokomotiven der Union und der Central Pacific Railway trafen.

58

Nabokov hatte das Porträt seiner französischen Gouvernante an das angehende Schachgenie Lushin in dem Roman Lushins Verteidigung (1930) ausgeliehen.

59

Der Name dieser Schweizer Gouvernante, die hier immer nur «Mademoiselle» genannt wird, war Cécile Miauton.

60

Das Herrenhaus in Wyra wurde nicht nach der Revolution, sondern erst nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs niedergebrannt, möglicherweise von spielenden Kindern. Seit Jahrzehnten ist auch die Eisentreppe verschwunden.

61

Ca. 75 Kilometer.

62

Les Malheurs de Sophie (Sophies Missgeschicke) von der Comtesse de Ségur (1858); Le Tour du monde en quatre-vingts jours (Die Reise um die Welt in achtzig Tagen, 1873) von Jules Verne; Le Petit Chose (Der kleine Chose, 1868) von Alphonse Daudet; Les Misérables (Die Elenden, 1862) von Victor Hugo; Le Comte de Monte-Cristo (Der Graf von Monte Christo, 1844/46) von Alexandre Dumas père.

63

Die Nymphalide Polygonia c-album (L., 1758), ein Edelfalter mit einer Spannweite von 40 bis 50 Millimetern, ausgezackten Flügelrändern und einem kleinen weißen ‹c› mitten auf der Unterseite seiner braun-grau-gelblichen Hinterflügel.

64

Das absurde Stück ist Athalie von Jean Racine (1691). Die grässliche Jézabel ist Athalies Mutter.

65

Frz. toquade anglaise: englischer Fimmel.

66

Frz. on allait se promener en équipage: man fuhr in der Kutsche spazieren.

67

Frz. Je suis une sylphide à côté d’elle: Neben ihr bin ich eine Sylphide (Luftgeist).

68

Frz. Excusez-moi, je souriais à mes tristes pensées: Entschuldigen Sie, ich habe über meine traurigen Gedanken gelächelt.

69

Frz. le comble: der Gipfel.

70

Im Dezember 1921 fuhr Nabokov mit seinem Studienfreund Bobby de Calry (Graf Robert Louis Nagawly-Cerati de Calry) von Cambridge aus für eine Urlaubswoche zum Skifahren und Schlittschuhlaufen in die Schweiz (Champéry und St. Moritz), und auf dem Rückweg machten sie eine Nacht lang in Lausanne halt und statteten dort Cécile Miauton den beschriebenen Besuch ab.

71

Frz. Il pleut toujours en Suisse: Es regnet immer in der Schweiz.

72

Nabokov mag hier auch an die fiktive Schweizer Gouvernante seiner Kurzgeschichte Osterregen (1925) denken, die nach zwölf Jahren in einem Petersburger Haushalt wieder in ihrem heimatlichen Lausanne lebt, alt, taub und einsam. Das Bild mit dem schwerfälligen Schwan kommt auch in dieser Geschichte schon vor.

73

Frz. A celle qui a toujours su se faire aimer et qui ne saura jamais se faire oublier: Jener, die es immer verstanden hat, geliebt zu werden, und die sich nie darauf verstehen wird, dass man sie vergisst.

74

Offenbar handelte es sich um den (europäischen) Schwalbenschwanz, Papilio machaon (L., 1758).

75

Edward Newman: A Natural History of British Butterflies and Moths, London: Glaisher, 1874. – Ernst Hofmann: Die Gross-Schmetterlinge Europas, Stuttgart: Hoffmann’sche Verlagsbuchhandlung, 1894. – Großfürst Nikolaj Michailowitsch (Romanow): Mémoires sur les lépidoptères, 9 Bände, St. Petersburg, 1884–1901. – Samuel Hubbard Scudder: The Butterflies of the Eastern United States with Special Reference to New England, 3 Bände, Cambridge, MA: 1888–1889.

76

Engl. Small Pearl-Bordered Fritillary, wörtlich ‹Kleiner perlengesäumter Permutterfalter›, deutsche Bezeichnung Braunscheckiger Perlmutterfalter oder Braunfleck, wissenschaftlich Clossiana selene (DENIS & SCHIFFERMÜLLER, 1775).

77

Frz. le chemin des papillons bruns: der Weg der braunen Schmetterlinge.

78

Adalbert Seitz: Die Groß-Schmetterlinge der Erde, 16 Bände, Stuttgart: Lehmann (spätere Bände Alfred Kernen), 1906–1954, unvollendet.

79

Otto Staudinger (1830–1900), deutscher Entomologe und Insektenhändler, gründete 1874 in Dresden-Blasewitz die Firma Staudinger & Bang Haas. Er gab in Berlin die «Bibel» der damaligen Schmetterlingssammler heraus, den Catalog der Lepidopteren des Palaearctischen Faunengebiets (1861, 1871 und 1901).

80

Das «Prioritätsgesetz» besagt, dass der einem Tier zuerst gegebene wissenschaftliche Name für alle Zeit gültig bleibt. Wenn Forscher in der Meinung, eine neue Art entdeckt zu haben, dieser einen wissenschaftlichen Namen geben und es sich später herausstellt, dass dieselbe Art schon vorher von jemand anders unter einem anderen Namen beschrieben worden war, so wird der spätere Name erbarmungslos ausrangiert und nur noch als ungültiges «Synonym» geführt.

81

Wissenschaftlich Stauropus fagi (L., 1758).

82

In diesem Absatz steckt eine undarwinistische Auffassung des Phänomens der Mimikry, die von der neueren Biologie nicht bestätigt wurde und nicht geteilt wird. Mimikry, die dem Imitator nicht irgendeinen evolutionären Nutzen bringt, scheint es nicht zu geben – was ihr Wunder jedoch nicht schmälert.

83

Das Museum of Comparative Zoology der Harvard-Universität in Cambridge, Massachusetts; das American Natural History Museum in New York City und im Cornell University Museum of Entomology in Ithaca, New York.

84

Ein kommentiertes Verzeichnis sämtlicher in Nabokovs Werken erwähnten Schmetterlinge, darunter all jener, die an irgendeiner Stelle seinen Namen tragen, enthält der Guide to Nabokov’s Butterflies and Moths von Dieter E. Zimmer, Hamburg 2001, Web-Version 2012 (www.dezimmer.net/eGuide/PageOne.htm).

85

Gefangen 1943 in Utah, untersucht und benannt 1946 von dem kanadischen Entomologen J.D. McDunnough, dem Nabokov ein Exemplar zur Untersuchung geschickt hatte. Die Alta Lodge ist das älteste Skihotel Utahs, in etwa 2600 m Höhe in den Wasatch-Bergen östlich von Salt Lake City gelegen, dessen Miteigentümer damals der Dichter und Verleger James Laughlin (1914–1997) war, der 1944 Nabokovs Gogol-Buch herausbrachte. Laughlin hatte seinem Autor im Juni 1943 ein Zimmer in der Lodge billig überlassen.

86

Frz. Allons donc, ce ne sont que des papillons de potager!: Was macht es schon, das sind doch nur Schmetterlinge aus dem Gemüsegarten!

87

Wahrscheinlich ein prunkvoll bunter großer Nachtfalter aus der Familie der Uraniiden, möglicherweise die als Dekorationsstück gezüchtete Chrysiridia riphearia (Hübner, 1823) aus Madagaskar.

88

Wahrscheinlich die Nymphalide (Edelfalter) Nymphalis polychloros (L., 1758).

89

Der goldschimmernde Nachtfalter überquert auf seinem leichten Flug die duftenden Wiesen.

90

Frz. se glace de bleu comme l’aile du grand Sylvain: sich mit Blau glasiert wie der Flügel des Großen Eisvogels (Limenitis populi, L., 1758).

91

Deutscher Hauptname Weißbindiger Mohrenfalter, wissenschaftlich Erebia ligea (L., 1758).

92

Wissenschaftlich Coenonympha hero (L., 1761).

93

Wissenschaftlich Lasiocampa quercus (L., 1758).

94

Wissenschaftlich Geometra papilionaria (L., 1758).

95

Wissenschaftlich Cossus cossus (L., 1758) aus der Familie der Cossiden, ein großer, plumper Nachtfalter, dessen Raupe bis zu zwei Jahren im Stamm von Weiden, Pappeln und Apfelbäumen lebt und dessen volkstümlicher englischer Name Goat Moth ist, weil er einen starken Ziegengeruch abgibt.

96

Wissenschaftlich Odontosia (ex Carmelita) sieversii (MÉNÉTRIÈS, 1856).

97

Wissenschaftlich Carterocephalus silvicolus (MEIGEN, 1829).

98

Wissenschaftlich Lycaena phlaeas (L., 1761).

99

Wissenschaftlich Satyrium w-album (KNOCH, 1782).

100

Nikolai Jakowlewitsch Kusnezow (1864–1948), russischer Entomologe, von 1905 bis 1948 tätig am Zoologischen Museum der Akademie der Wissenschaften in St. Petersburg/Petrograd/Leningrad; Spezialist für Insektenphysiologie und Morphologie. 1915 veröffentlichte er, was Nabokov sein Meisterwerk nannte, Nasekomje tscheschuekrylje (Petrograd 1915); es gibt davon eine englische Übersetzung: Fauna of Russia and Adjacent Countries – Lepidoptera (Israel Program for Scientific Translations, Jerusalem 1967). Sein Hauptwerk ist Osnowy fisiologii nasekomytsch (Grundlagen der Insektenphysiologie), 2 Bände, 1948, 1953.

101

Constantin Hormuzaki (1863–1937), Professor für Entomologie und Biogeographie in Czernowitz, früher Rumänien, heute Ukraine, Spezialist für die Schmetterlinge der Bukowina.

102

C.A. Kretschmar (1804–1874), Tabakhändler und Amateurlepidopterologe in Berlin, der um 1860 mehrere Artikel zur Berliner entomologischen Zeitschrift beisteuerte. Die Hauptfigur in Nabokovs zweitem russischen Roman König Dame Bube (1928) heißt Kretschmar und wurde in späteren Fassungen in Albinus umbenannt.

103

Wissenschaftlich die Sphingide Macroglossum stellatarum (L., 1758), ein über ganz Europa, Nordafrika und Innerasien verbreiteter Schwärmer mit auffällig kolibrihaftem Flugverhalten.

104

Die seltene Noctuide Catocala adultera (MÉNÉTRIÈS, 1856), das Adultera-Ordensband. Es ist dem häufigen Ordensband Catocala nupta (L., 1767) sehr ähnlich, und dass Nabokov adultera nachts auf einen Blick von nupta unterscheiden konnte, verrät beträchtliche entomologische Kenntnisse.

105

Nabokov spricht von der Nacht in Utah, als er im Juni 1943 am Panoramafenster der Ferien-Lodge von James Laughlin, des Gründers und Leiters des Verlags New Directions, einen Blütenspanner fing, der sich als «neu» erwies und zwei Jahre später den Namen Eupithecia nabokovi (MCDUNNOUGH, 1945) erhielt.

106

In der Biogeographie bedeutet ‹arktisch› so viel wie «auf der Nordhalbkugel nördlich der 10°-Isotherme zuhause».

107

Wahrscheinlich handelte es sich um den nordeuropäischen Perlmutterfalter Clossiana freija (THUNBERG, 1791).

108

Die Noctuide Anarta cordigera (THUNBERG, 1788).

109

Amerikanischer Name für Akeleien, kleine, robuste Blütenpflanzen der Gattung Aquilegia mit etwa 70 auf der ganzen Nordhalbkugel verbreiteteten Arten.

110

Die Pflanzen verraten, dass die Landschaft unmerklich von der Paläarktis zur Nearktis, von Nordrussland zu Nordwestamerika wechselt. Mariposalilien gehören zu den sogenannten Mormonentulpen (wissenschaftlich Calichortus) der westlichen Vereinigten Staaten, die Ponderosa-Kiefer (auch Gelb- oder Goldkiefer genannt) ist eine typische Konifere der Rocky Mountains, Bartfäden (penstemons) finden sich ausschließlich in Nordamerika.

111

Ein 4345 m hoher Berg im Norden des Staates Colorado, die höchste Erhebung im Rocky Mountain National Park. Nabokov hatte den Sommer 1947 in der Columbine Lodge oberhalb von Estes Park am Rand des Rocky Mountain National Park verbracht und war auf der Jagd nach Schmetterlingen in der Gegend viel gewandert.

112

Der Nord-Express war neben dem Orient-Express der berühmteste europäische Luxus-Schlafwagenzug der Compagnie Internationale des Wagons-Lits (CIWL). Er verkehrte vom Mai 1896 bis zum Ausbruch des Ersten Weltkriegs 1914, und zwar (mit Anschluss aus London) von Ostende – Paris – Brüssel – Hannover – Berlin – Dwinsk (heute Daugavpils, Lettland) nach St. Petersburg, 1419 km durch das Gebiet von vierzehn Eisenbahnverwaltungen in 52 Stunden. Ganz durchgehend fuhr er jedoch nicht. Wegen des Wechsels von der russischen Breitspur auf das normalspurige westeuropäische Eisenbahnnetz mussten die Fahrgäste zwischen Litauen und der preußischen Ostbahn an den Grenzbahnhöfen Wershbolowo/Wirballen und Kyrbatai/Eydtkuhnen in andere Wagen umsteigen. (Zum Vergleich: die einzige heutige Eisenbahnverbindung von St. Petersburg nach Paris führt über Minsk, Brest, Warschau und Berlin und braucht etwa 68 Stunden, mit siebenmaligem Umsteigen.) Versuche, den Nord-Express zwischen den beiden Weltkriegen wiederaufzunehmen, führten nur dazu, dass zeitweise Kurswagen von Paris nach Warschau und Riga verkehrten. Die dunkelbraunen Wagen der CIWL wurden noch vor dem Ersten Weltkrieg durch dunkelblaue mit goldener Schrift ersetzt.

113

‹H.N.› stand für ‹Hélène Nabokoff›.

114

Im Sommer 1945 richtete Brigadegeneral Samuel L. McCroskey (geb. ca. 1895) für in Europa stationierte GIs in Biarritzer Hotels und Casinos die Biarritz American University ein. Sie wurde 1946 wieder geschlossen.

115

Der Schotte Daniel Home, gesprochen ‹Huhm› (1833–1886), war das meistgefeierte Medium seiner Zeit, hatte angeblich hellseherische Fähigkeiten, konnte levitieren, mit Toten sprechen und Klopfgeräusche produzieren. Er hielt an europäischen Höfen und öffentlich Séancen ab. Der Dichter Robert Browning hielt ihn für einen Betrüger, Sir Conan Doyle nicht.

116

Ein schneller, aus dem Mittelmeerraum zufliegender Wanderfalter aus der Familie der Pieriden (Weiß- und Gelblinge), Colias crocea (GEOFFROY/FOURCROY, 1785).

117

Unter den dreizehn Wörtern für ‹Schmetterling›, die sich in der baskischen Wikipedia finden, kommt mitxoleta, ‹Tagfalter›, dem gehörten Begriff am nächsten.

118

Der richtige Name des Mädchens war Claude Deprès.

119

Die bereits erwähnte südeuropäische Variante des gelben Zitronenfalters Gonepteryx cleopatra (L., 1767), mit einem weiten orangefarbenen Fleck auf jedem Vorderfügel.

120

Frz. Là-bas, là-bas, dans la montagne: «Dort, dort in den Bergen …» (im deutschen Libretto fälschlich «dort in der Felsen wilde Klüfte») singt Carmen im Duett mit José im 2. Akt von Bizets Oper, um ihn zu verleiten, aus der Armee zu desertieren und mit ihr ein wildes Schmugglerleben im Gebirge zu führen.

121

Der in Kapitel 8–2 näher beschriebene Pole Max Linderowskij, der von 1908 bis 1910 Nabokovs Hauslehrer war. Sein wirklicher Name war Boris Okolokulak.

122

Frz. tenue-de-ville-pour-fillettes: Ausgehkleidung für junge Mädchen.

123

Der richtige Name dieses letzten Hauslehrers war Nikolaj Sacharow.

124

Näheres über Batowo in dem Abschnitt Die Nabokov’schen Anwesen in und um St. Petersburg gegen Ende dieses Buchs.

125

Der richtige Names dieses Hauslehrers war Ordynzew.

126

Ein Tarnname für Sigmund Freud.

127

Léon Bakst (geb. 1866 in Grodno, gest. 1924 in Paris), russisch-französischer Maler und Bühnenbildner, gründete mit dem Ballett-Impresario, Kunstkritiker und Herausgeber Serge Diaghilev, Alexandre Benois und anderen die einflussreiche Künstlervereinigung Mir iskusstwa (Die Welt der Kunst), die Ausstellungen organisierte, von 1899 bis 1904 die Zeitschrift Mir iskusstwa herausgab und Diaghilevs Ballets russes nahestand.

128

Alexandre Benois (Benua), geb. 1870 in St. Petersburg, gest. 1960 in Paris, russischer Maler und Bühnenbildner, Mitbegründer der Künstlergruppe Mir iskusstwa, Diaghilevs Ballets russes nahestehend. Er siedelte 1927 aus Russland nach Frankreich über.

129

Der Name dieses ukrainischen Hauslehrers war Pedenko.

130

Frz. Qui aime bien, châtie bien: etwa «Wer richtig liebt, züchtigt auch richtig» (französisches Sprichwort).

131

Der richtige Name dieses polnischen Hauslehrers ‹Max Linderowskij› war Boris Okolokulak. ‹Linderowskij› nannte ihn Nabokov wegen seiner Ähnlichkeit mit dem Schauspieler Max Linder.

132

Der richtige Name dieses Hauslehrers war Filip Jelenskij. In der Erzählung Kein guter Tag tritt er unter dem Namen Selenskij auf, in Mademoiselle O (der französischen Vorstudie zu Kapitel 5) als Petrow.

133

Die Pension lag in einer Privatstraße direkt an der Potsdamer Brücke, etwa dort, wo sich heute die Bissingzeile befindet.

134

Es handelt sich um die Verserzählung Mzyri (Der Novize, 1840).

135

Gemeint ist: seit dem Erscheinen der amerikanischen Ausgabe von Lolita am 21. Juli 1958, die mit einem Schlag aus dem als Schriftsteller außerhalb der Kreise der Exilrussen kaum bekannten Universitätsprofessor Nabokov unerwartet einen weltberühmten Autor machte.

136

Nabokovs Großmutter väterlicherseits war Maria Ferdinandowna Korff (geb. 1842, gest. 1925 in Bukarest). Die russischdeutschen Adligen aus dem Baltikum hatten einen russischen und einen deutschen Adelsnamen. Der russische lautete Baronesse Marija Ferdinandowna Korff, der volle deutsche Maria Freiin Schmysing gen. von Korff a.d.H. Trecken (einem Gut im äußersten Südwesten Kurlands). Das extrem verzweigte Geschlecht der Korffs stammte ursprünglich aus dem Westfälischen, seine Stammburg war Harkotten. Im 15. Jh. war ein Korff als Deutscher Ordensritter nach Kurland gezogen, heute der Südwestteil von Lettland. Im ersten Drittel des 19. Jh.s war Maria von Korffs Vater, der Gutsbesitzer Baron Ferdinand Korff (1805–1869), Russe geworden. Von ihm erbte Maria von Korff das Gut Batowo, das sie 1913 verkaufte.

137

Lat. passio et morbus aureliani: Schmetterlingsleidenschaft und -sucht. Aurelianus ‹Schmetterlingssammler› ist englisches Latein, abgeleitet von lat. aurelia, Schmetterlingspuppe, nach dem goldenen (lat. aureus) Schimmer auf manchen Puppen. Das entsprechende griechische Wort, das auch im Deutschen gebraucht wird, ist Chrysalide, von grch. chrýseos ‹golden›.

138

Die alte Moskauer Gagarin-Straße hieß vermutlich nach dem Fürstengeschlecht Gagarin oder Matwei Petrowitsch Gagarin (geb. 1721), dem ersten Gouverneur Sibiriens. Nach dem ersten bemannten Raumflug von Jurij Alexejewitsch Gagarin (1934–1968) im Jahr 1961 benannte die Sowjetregierung einen großen Moskauer Platz nach diesem.

139

Joseph Hessen (russisch Iossif Wladimirowitsch Gessen), geb. 1865 in Odessa, gest. 1953 in New York, Jurist, Publizist und Politiker, gehörte im vorrevolutionären Russland wie Wladimir D. Nabokoff zur Führungsspitze der 1905 von dem berühmten Historiker Pawel Miljukow gegründeten Konstitutionell-Demokratischen Partei, den «Kadetten», gab in St. Petersburg zusammen mit Miljukow die Kadetten-Zeitungen Prawo (Das Recht) und die liberale, politisch-literarische Rjetsch (Die Rede, 1906–1918) heraus und nahm auf der Flucht vor den Bolschewisten noch in Helsinki mit einem der Ullstein-Brüder Verhandlungen über die Schaffung eines russischen Exilverlags auf. Dieser (Slowo, Das Wort) wurde im Frühjahr 1920 in Berlin gegründet, bestand bis mindestens 1927, veröffentlichte zunächst vor allem russische Klassiker, später auch die ersten Romane Nabokovs und ab 1922 das Archiv der russischen Revolution. Noch vor Slowo gründete Hessen, zunächst ebenfalls in Verbindung mit dem Hause Ullstein, im November 1919 in Berlin eine russischsprachige Tageszeitung, Rul (Das Ruder), eine Art Fortsetzung von Rjetsch, die zur mit Abstand verbreitetsten, angesehensten und langlebigsten Zeitung der russischen Emigration wurde (sie bestand bis 1931). Mitherausgeber waren der vor allem für die (schwierigen) Finanzen zuständige August Kaminka und Hessens alter Kollege und Parteifreund W.D. Nabokoff, der um dieser Zeitung willen aus England nach Berlin übersiedelte und 1922 in der Berliner Kleinen Philharmonie einem zaristischen Mordanschlag zum Opfer fiel, der eigentlich Miljukow galt. Hessen wurde für den jungen Nabokov ein väterlicher Freund und Förderer, der in Rul auf der Stelle alle seine Gedichte druckte.

140

Awgust Isaakowitsch Kaminka (1865–1941?), einer der Mitbegründer der «Kadetten»-Partei, enger Freund von W.D. Nabokoff, Geschäftsführer der Berliner Exilzeitung Rul, die er ab 1926 selber finanzierte, Förderer der Familie Nabokov nach der Ermordung des Vaters.

141

Waldbrettspiele, wissenschaftlich Pararge aegeria (L., 1758), eine in Europa weitverbreitete Satyrine. Der russische Name, den W.D. Nabokoff hier gebrauchte, ist egerija.

142

Erschossen wurde er 1922 von dem zaristischen Ex-Offizier Sergei Taboritzki (1895–1980), der dafür zu 14 Jahren Gefängnis verurteilt, aber schon 1927 freigelassen wurde. 1936 wurde er Vizechef der gleichgeschalteten Russischen Vertrauensstelle, praktisch eine Filiale der Gestapo. Er überlebte Krieg und Kriegsende und starb 1980 unbehelligt wahrscheinlich in Marburg.

143

Gemeint ist die Oper Ruslan und Ljudmila (1842) von Michail Glinka, nach dem Versepos von Puschkin.

144

Alexander Fjodorowitsch Kerenski (1881–1970), russischer Politiker, im Revolutionsjahr Mitglied der Partei der Sozialrevolutionäre, war 1917 zwischen der Februar- und der Oktoberrevolution Premier der Übergangsregierung, floh nach der Machtübernahme durch die Bolschewiki nach Frankreich und 1940 in die USA.

145

Heute Isaaks-Platz.

146

Der Arktisforscher und spätere Admiral Nikolaj Nikolajewitsch Kolomejzew (1867–1944) war verheiratet mit Nabokovs Tante Nina Dmitriewna Nabokow (1865–1944). Im Russisch-Japanischen Krieg war er Kapitän. «Während der Schlacht in der Straße von Tsushima zwischen Japan und Korea (27. bis 28. Mai 1905), in der Russland zwei Drittel seiner Flotte verlor, war Kolomejzew Kapitän des Torpedoboots ‹Bujnyj›. Er rettete Admiral Sinowi Roshestwenskij, der durch eine Granate am Kopf verwundet war, von dem brennenden Schlachtschiff ‹Knjas Surowow›, das kurz darauf sank, und brachte die Mannschaft der ‹Suworow› auf den Kreuzer ‹Dmitri Donskoi›, der am folgenden Tag sank.»

147

Der Große Eisvogel (wissenschaftlich Limenitis populi [L., 1758]) ist ein großer paläarktischer Schmetterling aus der Familie der Nymphaliden, mit einer Spannweite von 65 bis 80 mm. Er ist schwarzbraun, mit zwei Reihen größerer weißer Flecken und roter Halbmonde entlang der Flügelränder.

148

Der russische Historiker und Politiker Pawel Nikolajewitsch Miljukow (geb. 1859 in Moskau, gest. 1943 in Aix-les-Bains) hatte im zaristischen Russland eine wegen seiner oppositionellen Einstellungen vielfach behinderte akademische Karriere hinter sich, als er 1905 die liberale Konstitutionell-Demokratische Partei (kurz «Kadetten» genannt) maßgeblich mitbegründete. In Kerenskis Übergangsregierung zwischen Februar und Oktober 1917 war er Außenminister. Er war Nabokovs Vater W.D. Nabokoff freundschaftlich verbunden, auch noch nach der Emigration, als er ab 1920 zum Führer der Pariser Sektion der Exil-Kadetten-Partei wurde (jetzt Partei der Volksfreiheit genannt), die tiefgreifende Meinungsverschiedenheiten mit der Berliner Sektion unter Führung von W.D. Nabokoff hatte: Miljukow propagierte eine Öffnung nach links zu den Sozialrevolutionären, Nabokoff in Berlin beharrte auf den liberaldemokratischen Prinzipien der Partei. Gleichwohl hatte ihn dieser als Sprecher zu einer politischen Versammlung nach Berlin eingeladen, die vielleicht die politische Versöhnung bringen sollte. Nach Miljukows Vortrag zum Thema «Amerika und die Wiederherstellung Russlands» vor 1500 Exilrussen in der Berliner Kleinen Philharmonie am 28. März 1922 stand ein Mann auf und begann mit dem Ruf «Für die Zarenfamilie und Russland!» auf Miljukow zu schießen. Um seinen Freund zu schützen, rissen Nabokoff und sein Freund Awgust Kaminka ihn zu Boden; aber als Kaminka aufstand, um sich um den unverletzten Miljukow zu kümmern, trat ein zweiter Mann von hinten an Nabokoff heran und gab drei Schüsse auf ihn ab. Zwei trafen seine Wirbelsäule, der dritte durchbohrte Lunge und Herz. Nabokoff war auf der Stelle tot. Die beiden Schützen flüchteten nicht und wurden festgenommen. Es handelte sich um die Ex-Zaren-Leutnants Pjotr Schabelskij-Bork (1893–1952) und Sergei Taboritzki (1895–1980). Am 7. Juli 1922 verurteilte ein Berliner Schwurgericht Taboritzki, den Mörder Nabokoffs, wegen vorsätzlicher Tötung zu 14 und Schabelskij-Bork wegen versuchten Mordes zu 12 Jahren Zuchthaus. 1927 wurden beide freigelassen. In Berlin existierte nach dem Ersten Weltkrieg eine Russische Vertrauensstelle, die Überreste der einstigen russischen Botschaft, die sich bemühte, für die vielen (zeitweise bis zu über 300000) Exilrussen in Deutschland konsularische Dinge zu regeln. Sie wurde 1936 von den Nazis aufgelöst, unter dem Monarchisten General Wassily Biskupsky sofort neu gegründet und bildete nunmehr praktisch eine Zweigstelle der Gestapo. Taboritzki wurde zu Biskupskys Stellvertreter ernannt, Schabelskij-Bork zeitweise zum Sekretär. Die Aufgabe der Vertrauensstelle war nunmehr, die Exilrussen in Deutschland zu erfassen, auch die Juden unter ihnen. Diese Gleichschaltung der Vertrauensstelle veranlasste Nabokov, Deutschland am 18. Januar 1937 endgültig zu verlassen; die Familie ließ er im Mai nach Frankreich nachkommen.

149

Von Ende April bis Anfang Juni 1953 hatten Vladimir und Véra Nabokov eine Unterkunft auf einer Ranch in der Nähe von Portal gemietet, in der Südostecke des Staats Arizona. Eigentlich wollte er dort bestimmte Schmetterlinge jagen, aber da es dazu meist zu windig war, nutzte er die Zeit für die letzten Arbeiten an Lolita und die Übersetzung seiner Memoiren ins Russische.

150

Dieselbe, die in zweiter Ehe mit dem Admiral Kolomejzew verheiratet war.

151

Span. azotea: Flachdach.

152

Havelock Ellis (1819–1939), englischer Arzt und Sexologe, der 1897 das erste medizinische Buch über Homosexualität und in der Folge eine lange Reihe von Büchern über andere erotische Spielarten schrieb. Er prägte u.a. das Wort ‹Narzissmus›.

153

Amelus ist eine Käfergattung. Ihr einziger Vertreter ist Amelus nigripennis (Gory, 1833).

154

Eine Anspielung auf John Keats’ Ballade La Belle Dame sans Merci (wörtlich ‹Die schöne Dame ohne Gnade›, 1819), eine Variation auf das Thema der femme fatale. In der englischen Literatur ist sie genauso bedeutungsvoll wie in der deutschen Heines Lorelei.

155

Der Name dieses «Orthodontisten» war Dr. W.G. Law.

156

Das ganze Viertel am Rand des Tiergartens existiert nicht mehr. Heute befindet sich dort das Bundeskanzleramt.

157

Das «Panopticum» befand sich nicht direkt Unter den Linden, sondern in einer einen Block entfernten Passage an der Ecke Friedrich- und Behrenstraße. Im zweiten Stock, Adresse Friedrichstraße 159, befand sich einige Jahre lang die Schmetterlingshandlung von A. Grubert.

158

Der Jakobiner Jean Paul Marat wurde 1793 von Charlotte Corday in einer Badewanne erstochen, die auf den Bildern der Tat einem großen Schuh ähnelt.

159

Wissenschaftlich die Lycaenide Callophrys avis (CHAPMAN, 1909).

160

Wissenschaftlich die Pieride Pieris mannii (MAYER, 1851).

161

Gemeint ist The American Roller Skating Rink Co., Kurfürstendamm 151, etwa dort, wo später das Kino Universum (heute Schaubühne) stand. Von 1932 bis 1937 sollte Nabokov ein paar hundert Meter entfernt wohnen.

162

Berühmtes, 1887 gegründetes Varieté im Central Hotel direkt am Bahnhof Friedrichstraße, 1944 durch Bomben zerstört.

163

Der deutsche Entomologe Anton Spuler (1869–1937), der 1910 ein reich bebildertes Handbuch über Die Raupen und Schmetterlinge Europas herausgebracht hatte.

164

Nabokov bildete allerlei Anagramme aus seinem Namen, z.B. hier Vivian Bloodmark, in Lolita und in den Anmerkungen zu Ada Vivian Darkbloom, in König Dame Bube Blavdak Vinomori.

165

In Ithaca im Nordwesten des Staates New York befindet sich die Cornell-Universität, an der Nabokov von 1948 bis 1959 als Professor für russische und westeuropäische Literatur tätig war.

166

Nabokovs Vorwort zur zweiten Fassung von Erinnerung, sprich zufolge hat niemand bemerkt, dass dieser Satz eine Hommage an einen großen amerikanischen Cartoonisten ist. Gemeint ist Otto Soglow (1900–1975) und sein Comicstrip The Little King, der ab 1930 im New Yorker und von 1934 bis1975 regelmäßig in vielen amerikanischen Zeitungen erschien. Er ist voller Soldaten mit stolz vorgewölbten Brüsten.

167

Frz. fol amour – langoureux et rêvant: wörtlich ‹wahnsinnige Liebe›, ‹Liebeswahnsinn› – ‹sehnsüchtig und träumerisch›.

168

Er meint den Vater seiner Mutter, Iwan Wassiljewitsch Rukawischnikow (1843–1901). Seiner Frau und ihm gehörte das «Nest» Wyra seit 1874, bis sie es 1897 ihrer Tochter Jelena als Mitgift mit in die Ehe gaben. Nabokov hatte diesen Großvater nicht mehr gekannt.

169

Brian Boyd zufolge stilisiert Nabokov die Geschichte seines «ersten Gedichts» (Doshd proletel, «Der Regen flog»), das er im Sommer 1914, also mit fünfzehn Jahren, nach einem Gewitter im Pavillon des alten Parks in Wyra geschrieben haben will. Es sei, meint er, das Gedicht, mit dem er in Amerika über sechzig Jahre später seine fast vollständige russische Gedichtsammlung Stichi eröffnete (Ann Arbor, MIErinnerung, sprichVladimir Nabokov – Die russischen Jahre 1899–1940Der Regen flog …Der Regen flog …Der Regen flog …Drugije berega