Dieses E-Book ist der unveränderte digitale Reprint einer älteren Ausgabe.
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Umschlaggestaltung Anzinger | Wüschner | Rasp, München
Impressum der zugrundeliegenden gedruckten Ausgabe:
ISBN Printausgabe 978-3-499-11521-9
ISBN E-Book 978-3-688-11841-0
www.rowohlt.de
ISBN 978-3-688-11841-0
Man wirft mir vor, ich produziere zu viel, zu wahllos, und schade dadurch meinem Ruf.
Unsinn. Ich halte mich an das Beispiel Gottes: was hat Gott nicht alles geschaffen – wieviel Mist ist darunter – und was hat Gott für einen Namen.
Aus den Geheimpapieren eines Kriegsberichterstatters
Ich hatte Anfang Mai 1915 Mackensens Durchbruch bei Gorlitze mitgemacht. Das heißt, ich war zu spät dazu gekommen – wie jedesmal: weil man uns Berichterstatter aus begreiflichen Gründen erst loszulassen pflegte, wenn die Dinge schon gehörig im Rollen waren, also halb vorbei.
Immerhin, ich fuhr nach Galizien, soweit es damals uns gehörte, und das war nicht wenig – schrieb, telegrafierte – erlebte einige Affären am San mit, schrieb, telegrafierte – fuhr ebenso geschwind wieder zurück, schrieb, telegrafierte – und kam (Italien hatte uns mittlerweile den Krieg erklärt) recht retablierungsbedürftig in Kärnten an.
In Kärnten wollte ich an die Front. Der Kommandant, Generaloberst Rohr, lud mich vorerst zum Mittagessen.
Beim schwarzen Kaffee sagte der Kommandant: «Sie möchten also vor?»
«Wenn ich gehorsamst darum bitten darf, Exzellenz.»
«Gut. Gehen Sie! Auf die Rattendorfer Alm, 2013 Meter. Da gibt es interessante Feldbefestigungen, Gefecht an der Schneegrenze. Sie sind doch Bergsteiger?»
Ich erbleichte.
Es ist notwendig, zum Verständnis der Lage einiges aus meinem Vorleben zu erzählen:
Ich bin – ohne meine Schuld – in Slawonien geboren. Auf einer Pußta. Die Gegend dort ist eben wie der Tisch. Ja ich kann sagen, daß wir in Mitteleuropa uns Glück wünschen könnten, wenn jeder Tisch so eben wäre wie die Gegend von Pußta Ilintzi in Slawonien. Es ist überdies heiß bei uns und schattenlos. Daher ist das Zu-Fuß-Gehen in Slawonien ganz abgekommen. Ich ging einmal gleichwohl eine Stunde weit zu Fuß. Seitdem zeigten die Leute mit den Fingern auf mich und zischelten: «Das ist der überspannte Mensch, der auf Schusters Rappen bis Orahowitza wandert.»
Hierauf wurde ich Soldat und blieb es elf Jahre. Diese Jahre verbrachte ich im Sattel. Damals pflegten die Reiter nämlich noch zu reiten.
Ich wurde Schriftsteller in München. Gern hätte ich mich zum Fußgänger ausgebildet. Allein die Elektrische klingelte an meinem Haus vorbei, und es gibt eine direkte Linie von Schwabing ins Café Stefanie.
Nach dieser Vergangenheit, im Kriegsjahr 1915, sagte mir der Kommandant der Kärntner Front: «Kraxeln Sie auf die Rattendorfer Alm, 2013 Meter. Sie sind doch Bergsteiger?»
«Nein, Exzellenz», hauchte ich, toter als lebendig, «ich …»
Hier folgte ein kurzer Abriß meiner Lebensgeschichte; zum Schluß die Feststellung, daß der höchste bisher von mir erklommene Gipfel, meine Wohnung in München 23, Montsalvatstraße 3, zwei Treppen, mittels eines Fahrstuhls erreichbar ist.
«So», sann der Kommandant. «Hm …» Er war zu meinem Glück schwer beleibt und daher zugänglich für meine Vorstellungen. «So. Hm.» Und fuhr lebhaft fort: «Ich lege aber Wert darauf, daß Sie auf die Rattendorfer Alm kommen, 2013 Meter. Ich schicke Sie im Auto bis Rattendorf. Dort – telefonieren Sie mal, Feldwebel! – dort soll dem Herrn von der Kriegspresse ein Pferd des Dragonerregiments Nr. 6 beigestellt werden.» Exzellenz schätzte noch mit einem Blick meinen Leibesumfang und fügte hinzu: «Ein kräftiges Pferd. Ein Gewichtsträger.»
Am anderen Morgen war ich in Rattendorf, um auf die Alm emporzusteigen. Ich fragte zunächst nach dem Pferd.
Das ‹mittels telefonischen Befehls angeordnete› Säugetier stand da.
Ich bediene mich der allgemeinen Bezeichnung ‹Säugetier›, weil kein Autoritätsglaube und noch weniger zoologisch-hippologische Bildung mich veranlassen werden, Dreckgeburten dieser Art als Pferde anzuerkennen.
Das war kein Wüstenrenner, nein; wenn Gott England strafte, hätte er diesem Biest kein Haar gekrümmt. (Übrigens: Haar? Wir werden ja hören …) Du konntest im Geist sämtliche Pferderassen durchgehen – nie wäre dir in den Sinn gekommen, auszurufen: «Halt! Diese ist es.» Denn das war keine Rasse. Überhaupt kein Zuchtprodukt. Da mußte einmal der chinesische Drache eine Feldbahnlokomotive begattet haben.
Ich blieb dennoch völlig ruhig.
«Entschuldigen Sie», fragte ich den Dragoner, «ist das …?»
«Jawoll, söll is des Ferd für die Kriegspresse.»
«Warum kommt es aber ungesattelt?»
Der Dragoner tat erstaunt; «dös da oben» sagte er, wäre doch der Sattel. – Ich hatte die ledernen Zacken noch für eine Fortsetzung des Drachenkamms gehalten, sah aber meinen Irrtum ein.
«Bitte, Dragoner! Stellen Sie sich mal zum Kopf Ihres Pferdchens, damit ich weiß, wo vorn ist. So! Ella – hopp! Ich bin oben. Sie dürfen nicht glauben, daß ich mich fürchte – aber lassen Sie langsam, ganz langsam los. So! Diese Riemen – ich kann es von hier oben nicht recht übersehen – sind wohl die Zügel? Dann dürfte ja weiter in derselben Richtung das Maul sein. – Wie heißt denn das Pferdchen?»
Der Dragoner salutierte und sprach: «Papplöffel.»
Grundgütiger Gott der Heerscharen! Die Husaren nennen ihre Pferde: Blitz, Stern, Meteor, Schmetterling, Schwalbe, Adler, Blume, Lilie, Rose. Ich habe Stuten gehabt, die Prinzeß hießen, Liebling, Ballerine, Leda; einen Hengst Achilles und andre: Nimrod, Romeo, Maestoso. Die Sechserdragoner führen ein Pferd im Stand mit Namen ‹Papplöffel›.
Hierauf stellte ich das Rückgrat meines Renners nach Südwestsüden ein, gab Dampf und ließ die Geschichte laufen.
Mein Schicksal soll hier ohne die mindeste Übertreibung dargestellt sein:
Solang ich im Tal war, ging’s. Es war sogar eine ziemlich gleichmäßig rollend-stolpernde Bewegung – wie Feldbahnlokomotiven sie eben haben. Doch in der Steigung versagte Papplöffel. Er keuchte und konnte nicht. Die Hufe zappelten ins Leere.
Ich bin Tierfreund. «Warte, mein Pusselchen», sagte ich gütig, «ich sitze ab.» Und verließ den Drachenkamm. Die Lichter vorn schienen dankbar aufzublitzen. «Ksch! – Ksch!» schnob Papplöffel ermutigt. Ich redete ihm zu. Ich ölte ein Tröpfchen. Und zögernd zuerst, dann immer schneller kroch das Ungeheuer den Hang empor.
Mein Plan war gewesen: an Papplöffels Flanken, nämlich am Bügelriemen hangend, den Aufstieg mitzumachen. Leider erwies sich mein Vorhaben als undurchführbar; solch eine Lokomotive hat doch mehr Atem als ein Mensch. Es hieß, die Maschine stoppen.
Wozu viele Worte? Ich mußte immer wieder hinauf – dann, wenn Papplöffel nicht konnte, wieder runter – puterrot, schweißtriefend, stöhnend stoppen und in den Sattel – im ganzen einundsechzigmal. Spätnachmittags kam ich auf die Rattendorfer Alm, 2013 Meter. Da gab’s nur italienische Granaten, etwas Schrapnelle und zwei, drei Schauer Maschinengewehr, aber kein Hasten mehr und Stoppen; ich war wie im Paradies.
Der Abschnittskommandant auf der Alm, ein älterer Major – auch er zeigte viel Verständnis für mein Ungemach. Er sagte, ich sollte nur den Mut nicht verlieren; bergab würde es viel besser gehen. Ich kann den Herrn Major nicht von dem Vorwurf freisprechen, daß er trügerische Hoffnungen in mir erweckte. Er hat eins vergessen: die Steinlawinen. Sie haben meine Reise ins Tal sehr gestört.
Der Steinlawinen wegen war an ein Reiten hinab, wie sich schon nach elf Versuchen zeigte, nicht zu denken: Papplöffel stellte den Newtonschen Gesetzen des Falls auf schiefer Ebene nicht den geringsten Widerstand entgegen; ja er gefiel sich in einer Beschleunigung, die bekanntlich in quadratischem Verhältnis mit der Zeit, ferner mit dem Sinus des Neigungswinkels wächst. Papplöffels Hufe scharrten kopfgroße Steine los, und hurtig mit Donnergepolter ließ das Vieh sich in ein Wettrennen ein mit den selbsterzeugten Lawinen.
«Nein», sagte ich mir endlich und saß ab. Setzte mich auf eine Felszinne und überlegte. Es wird mir nicht gelingen, mit Papplöffel heil ins Tal zu kommen; ob ich im Sattel bleibe, ob ich nebenher zu rasen versuche – so oder so werden wir an der ersten Wegbiegung zerschellen, wenn uns nicht vorher ein Steintrumm die Beine abhaut.
Wie aber, wenn ich Papplöffel einfach davonjage, laufen lasse und ihm anheimstelle, sich allein totzuschlagen? Es ist ein Verbrechen ‹wider die Kriegsmacht des Staates› – gewiß. Aber ich bin verzweifelt. Verzweifelte Menschen sind des Schlimmsten fähig, ihnen ist jedes Mittel recht. Und Zeugen sind nicht da. Ich werde sagen, Papplöffel wäre mir durchgegangen. Das Kriegsgericht möchte ich sehen, das meiner Angabe eine wahrscheinlichere entgegenzuhalten vermag. Im schlimmsten Fall kann ich verurteilt werden, für den Schaden aufzukommen, das heißt, den Ankaufpreis Papplöffels zu erlegen. Eine Lokomotive ist ja teuer – ich aber werde behaupten, Papplöffel sei ein Pferd gewesen. Beweis: Eid des 6. Dragonerregiments. Ein Pferd kostet siebenhundert Kronen; mein Leben ist mir reichlich doppelt soviel wert.
Noch einmal sah ich voller Wehmut das unglückliche Geschöpf an, wie es da ahnungslos und vergnüglich graste. Ich liebkoste seine stählernen Lenden. Ich wischte mir eine Träne aus den Wimpern. Dann gab ich ihm den verhängnisvollen Fußtritt. Papplöffel blickte fragend auf.
«Na ja doch», rief ich barsch. «Es war durchaus ernst gemeint.»
Er bockte einmal, er röhrte und stob mit einem Hui davon ins Tal. Minutenlang noch konnte man die Lawinen hinter ihm brausen hören.
Ich war allein. «Lächerlich», sagte ich mir. «Ein verhältnismäßig junger Mann – fünfundvierzig – gesund, rüstig bis auf das bißchen Lungenemphysem. Die Rattendorfer Alm ist kein Gaurisankar. Wozu habe ich mein Dasein je an den verdammten Märchengaul gekettet? Ich werde zu Fuß famos hinunterkommen.»
Und ich begann zu gehen.
Folgende Umstände hatte ich nicht bedacht, als ich so gegen Gott und Papplöffel frevelte:
Meine auf waagerechten Flächen verbrachte Kindheit; die Soldatenzeit zu Pferde, drauffolgende Jahre in Berlin-W, München-N; schließlich den kriegsgemäß zerrütteten und durch englische Blockade noch verschlechterten Zustand meines Schuhwerks. Das Schuhwerk ließ seine Mängel schon nach Minuten sichtbar hervortreten.
Ich weiß nicht, ob es Leute gibt, die imstande sind, mit bloßen Zehen auf Geröll zu gehen. Ich kann es nicht. Ich setzte mich abermals auf eine Felszinne und weinte.
Als ich so dasaß und an alle Unterlassungen und Sünden meines langen Lebens dachte – an meinen Vater, der nie zu Fuß gegangen war – die verbohrten Sitten Slawoniens, wo es nicht für standesgemäß gilt, sich in der einzig natürlichen Bewegungsart fortzubilden … Berlin-W und München-N – die schöne Antoinette und Daisy und Clarinetta, als welche Schuld an meiner gegenwärtigen Leibesverfassung tragen – während ich all das unter heißen Tränen trostlos überdachte …
… hört man’s plötzlich – erst fern in der Tiefe, dann immer näher hört man’s rumpeln, pumpern, poltern und fauchen:
Er ist da – Papplöffel. Er, mein Retter.
Mein geliebter Zelter. Ich habe ihn himmelselig aufgefangen und bestiegen.
Beim Kommando erklärte man mir all die wunderbaren Vorgänge jenes Tages so deutlich, daß mein Gehirn sie aus der metaphysischen Sphäre in die bewährten irdischen Denkgesetze einordnen konnte: In jenem furchtbaren Augenblick, wo ich Papplöffel oben losgelassen und vermeintlich in den Tod gesandt – in demselben Augenblick hatte Exzellenz unten erwogen, daß die von mir so deutlich betonte Unbrauchbarkeit meiner Unterextremitäten mit meinem langen Ausbleiben irgendwie zusammenhängen müsse – kurz, daß ich mich wohl in Schwierigkeiten befände. Und Exzellenz schickte ein Auto aus, damit es nach mir forsche.
Papplöffel hatte eben stürmend den Rand der mittelkärntnerischen Ebene erreicht. Beim Anblick des Rettungsautos umkehren und zurück in die Rattendorfer Berge rasen, war für ihn eins.
Etliche Pioniere auf Weisung eines Offiziers schaufelten mich, der ich aufgelöst und gebrochen war, und meine mürben Gelenke in das Auto.
Ich fragte lallend: «Wie, wie, wie war’s nur möglich, daß ein k. und k. Dragoner-Regiment solch einen Bastard von Reptil und Wahnsinn …?»
Der Offizier sprach: «Sie sind das Opfer eines Irrtums geworden. Der Stallkorporal bei den Dragonern verstand unter Kriegspresse so etwas wie eine Heupresse. ‹Ein Pferd für die Kriegspresse› – es sollte also ein schwerer Klotz Metall auf die Rattendorfer Alm geschafft werden. Da stellte der Korporal natürlich das knochigste Tragtier mit Tragsattel bei. Ein Pferd, das noch niemals geritten worden war. Sie sind das Opfer eines Irrtums geworden.»
Die Aufklärung gab mir den Glauben an die Dragoner wieder. Und das versöhnliche Ende hat bewirkt, daß ich an meine Begegnung mit Papplöffel schließlich doch ohne viel Groll zurückdenke.
Die Niederschrift des Abenteuers aber habe ich unter meinen Geheimpapieren verwahrt – bis zum heutigen Tag, wo mein versuchtes Verbrechen wider die Kriegsmacht des Staates nach Ablauf der gesetzlichen Frist verjährt ist.
Isa-Bej hatte auf Kosten der Regierung in Paris Medizin studiert. Er war ein äußerst schneidiger Sanitätsbeamter.
Leider holte er sich in Angora die Lepra.
Sollte man ihn für ewige Zeiten kaltstellen – einen so tüchtigen, schneidigen Arzt?
Man tat ihn nach El Tor als Vorstand der Quarantänestation.
In Salonik legte man einem türkischen Obersten das Fremdenbuch des Hauses vor.
Der Oberst hatte in Berlin gedient – er wollte auch zeigen, daß er Deutsch könne – und schrieb mit festen Zügen:
«Ohne Schweiß kein Preuß.
Redschid-Bej.»
Dem türkischen Würdenträger bleibt jene jahrelange Vorbildung erspart, die das Leben des westeuropäischen Diplomatennachwuchses so nutzlos umdüstert.
Der türkische Würdenträger macht nur eine kurze Schule durch, die etwa unsern Gymnasien entspricht – und dann einen dreimonatigen praktischen Kursus in abweisenden Gebärden.
«Ihr Deutschen», sagte mir einmal Ferhad-Bej, «wenn ihr hört, das Licht von diesem und diesem Stern brauche vierzig Jahre, um zu uns zu kommen – gleich nehmt ihr Fernrohr her und Zollstock und rechnet nach. – Wir aber? Wir kontrollieren Allah nicht – wir glauben ihm.»
«In meinem Dorf», erzählte mir ein türkischer Offizier, «haben wir keinen Friedhof.»
«Und wo begräbt …?»
Er nahm mir das Wort aus dem Mund: «Die Unsrigen werden immer in der Fremde erschossen und gehenkt.»
In Köprülü lebte ein junger Bej, der hatte ein Weib, von dessen Schönheit man sich flüsternd in den Basaren erzählte.
Eines Tages erkrankte die Frau und starb. Der Bej war seit Wochen nicht von ihrem Lager gewichen, er wich auch von ihrem Sterbebett nicht.
«Nimm dir’s nicht gar so zu Herzen», trösteten ihn die Eltern, die Verwandten.
Der Bej legte seine Hand auf den Leichnam der schönen Frau und schwor: «Bei meinem Glauben – keiner wage, mir diese Frau aus dem Haus zu tragen, eh er mir nicht eine oder zwei ebenso schöne gebracht hat.»
Als ich fort aus Konstantinopel ging, schenkte ich dem Briefträger einen halben Medschid.
Nachmittag kam ein Mann zu mir und sprach: «Herr, ich bin dir fremd – du hast nie eine Depesche bekommen. Wisse: ich bin der Telegrafenbote. Wisse, daß es an mir war, dir Depeschen zu bringen, wenn irgendwelche für dich eingetroffen wären. Ich hätte sie dir ehrlich zugestellt. Du wirst gerecht sein und nicht einen Mann schädigen, der sich stets zu deinem Dienst bereithielt; wenn ich dir keine Dienste leisten konnte, ist es nicht meine Schuld. Auch ich verdiene einen halben Medschid.»
«Sie sind rumänischer Jude? Na, hören Sie: als Jude in Rumänien leben – das bringt auch wieder nur ein Jud fertig.»
Man weiß, auf welche interessante Art sich König Nikolaus einst eine halbe Million verschafft hat: Er schickte einen Vertrauensmann nach Triest und adressierte unentwegt Postanweisungen an ihn aus Cetinje. Täglich zwanzig Anweisungen, jede tausend Kronen.
Der Mann des Königs ließ sich die Anweisungen in Triest von der österreichischen Post auszahlen.
Gegen Ende der vierten Woche fiel das gewinnbringende Verfahren den österreichischen Behörden auf. Da war aber der Mann des Königs mit dem Geld schon daheim in den Schwarzen Bergen.
Die Abrechnung mit der k.k. Post hingegen hat König Nikolaus als zeitraubend abgelehnt.
Diese Episode lenkte die Aufmerksamkeit weiter Kreise auf die montenegrinische Post.
Und als ich nach Cetinje fuhr, trugen mir Freunde auf: ich solle ja nicht unterlassen, ihnen von dort alle ortsüblichen Briefmarken mitzubringen.
Auf der Post in Cetinje gab man mir Marken zu 1, 2, 3, 5, 10 und 20 Heller.
«Wenn Sie aber auch Marken zu 50 Heller wünschen», sagte mir der Beamte, «müssen Sie sich zum König bemühen. Die Briefmarken zu 50 Heller hält Seine Majestät in allerhöchstseiner Privatschatulle versperrt.»
Zu Banjaluka in Bosnien war einmal ein Stabsarzt, der war ob seiner glücklichen Kuren bei den Moslim besonders angesehen.
In der Türkenvorstadt von Banjaluka ist eine warme Schwefelquelle. Eines Tages ging der Stabsarzt dahin baden.