Dr. Markus Strauß
Birgit Matz
Die Wildpflanzen-Apotheke
Essbare Pflanzen, die nähren und heilen
Knaur e-books
Dr. rer. nat. Markus Strauß ist Wildpflanzen- und Baumexperte, Buchautor, Berater und Hochschuldozent. Nach seinem Studium der Geografie, Geologie und Biologie forschte er in Südamerika, Nepal sowie in Indonesien zu agrarökologischen Themen und promovierte über den ökologischen Teeanbau in Himalaya. Seit über einem Jahrzehnt beschäftigt sich intensiv mit der Selbstversorgung durch essbare Wildpflanzen. In Zusammenarbeit mit der Hochschule für Wirtschaft und Umwelt in Nürtingen-Geislingen bietet er eine deutschlandweit einmalige zertifizierte Weiterbildung im Bereich essbare Wildpflanzen an. Durch seine zahlreichen Fachpublikationen ist er als Vortragender auf Kongressen sowie als Experte im Fernsehen (ZDF, RTL, SWR, WDR, NDR, BR) sehr gefragt. 2015 hat er die Stiftung EssbareWildpflanzenParks gegründet.
Mehr Infos unter www.dr-strauss.net und www.ewilpa.net.
Ein Imprint der Verlagsgruppe Droemer Knaur GmbH & Co. KG, München
Alle Rechte vorbehalten. Das Werk darf – auch teilweise – nur mit Genehmigung des Verlags wiedergegeben werden.
Text unter Mitwirkung von Julia Bauer, redaktionsbuero-kuechenzeile.de, Berlin
Redaktion: Anke Schenker
Covergestaltung: atelier-sanna.com, München
Coverabbildungen: Maximilian Gall
Die Nachweise zu den Abbildungen finden Sie in den Bildlegenden.
ISBN 978-3-426-45763-4
https://de.wikipedia.org/wiki/Liste_gefl%C3%BCgelter_Worte/R#Rose_is_a_rose_is_a_rose_is_a_rose
Werte: siehe Tabelle aus Dr. Markus Strauß: Köstliches aus Hecken und Sträuchern
Im Schwäbischen sagt man im Volksmund Hägenmark; in anderen Regionen gibt es noch die
Bezeichnung Hiffenmark oder Buttenmost
Zitat aus dem Buch »Heilpflanzenpraxis heute«, Siegfried Bäumler, 2007, S. 230.
Der Apotheker Felix Hoffmann gewann erstmals im Jahr 1897 aus der Säure die heute bekannte Acetylsalicylsäure.
Kohl, lateinisch »caulis«: für Stängel.
Finkelstein, J. S., »Gonadal Steroids and Body Composition, Strength, and Sexual Function in Men«, The New
England Journal of Medicine, 2013; 369:1011-1022; DOI: 10.1056/NEJMoa1206168
Umluft ist bei allen Backwaren wie Brot oder Pizza sinnvoll, wenn man jedoch einen knusprigen Boden möchte, kann man für die letzten 5–10 Minuten Unterhitze einstellen.
Zwischen Korn 32 %, Doppelkorn 38 % und Wodka 40 % ist alles möglich. Weinbrand hat schon wieder mehr Eigengeschmack und wird daher nicht zur Likörherstellung empfohlen.
Welche B-Vitamine es im Einzelnen sind, ist im Genaueren noch nicht erforscht. Eine breit angelegte verlässliche Forschung ist bei fast allen Wildpflanzen leider noch nicht existent
Zwischen Korn 32 %, Doppelkorn 38 % und Wodka 40 % ist alles möglich. Weinbrand hat schon wieder mehr Eigengeschmack und wird daher nicht zur Likörherstellung empfohlen.
Foto: Maximilian Gall
Mit meiner Wildpflanzen-Apotheke nehme ich Sie mit hinaus in die Natur, um auf Feldfluren, an Hecken, auf Wiesen und an Ufern von Bächen oder Seen essbare Wildpflanzen zu entdecken. Sie werden dort Pflanzen finden, die schon seit alters her für ihre stärkenden und heilkräftigen Wirkungen bekannt sind. Denn nicht nur im Wald (siehe »Die Wald-Apotheke«, Knaur MensSana 2017) wächst Nährendes und Heilendes, sondern auch in der Nähe von Siedlungen und damit gleich bei Ihnen um die Ecke – womöglich sogar im eigenen Garten. Vertrauen Sie Ihrer inneren Stimme, nun eine Apotheke der besonderen Art zu »betreten«. Die gewohnte weiße Kleidung der Mitarbeiter einer Ladenapotheke würde jedoch gleich schmutzig werden. Beipackzettel und Blister, Pillen und Pflaster, Schubladen und Regale gibt es auch nicht. Doch Sie werden in der Natur vielseitige Zutaten für Rezepte finden, die Ihrem Wohlergehen dienen: köstliche Gerichte, die aus essbaren Wildpflanzen zubereitet und nicht nur alltagstauglich, sondern auch gesundheitsfördernd sind. Auch in meiner Naturapotheke werden Blätter zu Pulver vermahlen, Blüten für Tee getrocknet, Tinkturen hergestellt oder ein Körperpflegeprodukt zusammengemischt. Vor allem aber geht es mir bei den essbaren Wildpflanzen um den gesunden Genuss!
Seit der Renaissance zerlegen, messen und analysieren wir naturwissenschaftlich. Dies hat uns während der vergangenen 500 Jahre viele Erfolge beschert, aber eben auch viele neue Probleme eingebracht. Von A wie Artensterben bis Z wie Zivilisationskrankheiten haben wir heute nicht weniger Probleme als früher, nur andere, vielleicht sogar gravierendere. Wie in allen Lebensbereichen, so führt auch im Gesundheitswesen die exakte Naturwissenschaft im Verbund mit monetär-geschäftlichen Interessen zu extremen und einseitigen Entwicklungen.
Einzelne Wirkstoffe, die aus einem natürlichen Rohprodukt herausgelöst werden können, werden heute fast ausnahmslos im Labor künstlich nachgebaut und schließlich pharmazeutisch gefertigt. Diese wortwörtliche Konzentration auf einen Wirkstoff steht in einem krassen Gegensatz zur Logik der ganzheitlichen Volks- und Naturheilkunde. Eine Pflanze wird nicht nur als Ganzes angesehen, sie überzeugt gerade durch ihre Komplexität und liefert damit eine ganz natürliche Qualität. Der Verbund aller Inhaltsstoffe macht die Pflanze zu etwas Einmaligem, das künstlich niemals nachgebaut werden kann.
Ich möchte Ihnen den Blick auf diese Wunder der Natur schenken. Genauso wie Sie ein Wunder der Natur sind – und mögliche Krankheiten oder Symptome auch nicht isoliert auf ein Organ oder einen Wirkstoff gesehen werden können.
Doch ist eine Überwindung dieser gegensätzlichen Ansätze überhaupt möglich? Ich denke, ja! Aus diesem Grund plädiere ich heute für die Re-Integration von altem Wissen und bewährten Kulturtechniken in unsere heutige Alltagskultur sowie die flächendeckende Schaffung essbarer Wildpflanzenparks, um leicht Zugang zu diesen Pflanzen zu erhalten.
Dieses Buch geht sogar noch einen Schritt weiter: Hier lernen Sie auch, wie Sie 28 essbare Wildpflanzen in Ihrem Garten oder auf Ihrem Balkon, ja sogar teilweise auf der Fensterbank selbst ziehen können. Dann haben Sie Ihre Wildpflanzen-Apotheke gleich vor der eigenen Tür! Diese naturnahe Gestaltung eines wichtigen Lebensraums für Mensch und Tier (Stichwort »Artenvielfalt«) ist ein wesentlicher Schritt für die Zukunft unserer Menschheit.
Meiner Ansicht nach bringen diese wilden Möglichkeiten den größten Sprung an Lebensqualität und Fortschritt, ohne Folgeprobleme zu verursachen. Damit schwerwiegende gesundheitliche Probleme erst gar nicht auftreten, können eine »art«-gerechte Ernährung mit essbaren Wildpflanzen sowie »art«-gerechte Verhaltensweisen sinnvoll vorbeugen.
Die Explosion der Kosten in unserem heutigen, tatsächlich sogenannten Gesundheitssystem, welches man ehrlicherweise Krankheitssystem nennen müsste, wird eine Umkehr in Form der Re-Integration und Wieder-Wertschätzung der bewährten Kulturtechniken erzwingen. Das große gesamtgesellschaftliche Potenzial der essbaren Wildpflanzen dämmert uns erst jetzt: Die Rückkehr des Wilden hat gerade erst begonnen. Sind Sie mit dabei?
Ich freue mich sehr, wenn ich Sie bei Ihren ersten wilden Schritten begleiten darf.
In diesem Sinne wünsche ich Ihnen viel Freude bei der Erkundung der Wildpflanzen-Apotheke!
Markus Strauß
Foto: Maximilian Gall
Mit diesem Kraftpaket fängt Ihr wildes Leben an: Brennnessel, Giersch und Löwenzahn gedeihen vielerorts üppig, sind leicht zu erkennen und bieten beinahe ganzjährig die perfekte Grundlage für Ihre Alltagsküche und Gesundheitsvorsorge. Ich liebe sie alle!
Foto: Maximilian Gall
Foto: Maximilian Gall
Mit der Brennnessel haben Sie sicherlich alle schon einmal »reizende« Bekanntschaft gemacht. Sie ist bis heute unbeliebt und wird als störend oder gar unnütz empfunden. Doch ihr Potenzial als Universalpflanze wird völlig unterschätzt: Sie ist Gemüsepflanze, Faserpflanze, Düngerlieferant, Insektenbiotop und Arzneipflanze in einem. Im Volksmund wird sie auch »Donnernessel« oder »Hanfnessel« genannt. Bis zu Beginn des 18. Jahrhunderts wurden aus ihren Fasern äußerst strapazierfähige Nesselstoffe oder Seile hergestellt.
Auch wenn sie heute vor allem als Arzneipflanze ihren Platz behauptet, möchte ich Ihnen die Brennnessel unbedingt als köstliches Wildgemüse sowie als Kraftprotz für Ihre Gesundheitsvorsorge vorstellen. Der Geschmack der Blätter ist würzig und spinatähnlich. Ihre Samen schmecken nussig und stecken voller essenzieller Vitalstoffe. Nicht umsonst werden diese als »Potenz«-Mittel gehandelt, zumindest soll dies der römische Dichter Ovid gesagt haben. Keine Angst vor den Brennhaaren beim Sammeln oder beim Verzehr: Handschuhe, eine Schere und ein Korb sind nützliche Hilfsmittel – und beim Kochen oder Mixen werden das hauptsächlich in den Brennhaaren enthaltene Histamin sowie die Ameisensäure problemlos zerstört. Auch zwei Küchenbretter, zwischen die man die Triebspitzen pressen kann, vernichten die Brennhaare.
Für die Befruchtung der Blüten benötigt die Brennnessel keine Insekten, es reicht der Wind. Viele Insektenarten sind jedoch auf die Brennnessel als Nahrungsgrundlage angewiesen. Und auch wir können sie für unsere Gesundheit mehr denn je gebrauchen – sie verdient gerade in der heutigen Zeit wieder unser aller Aufmerksamkeit!
Die Brennnessel ist ein sogenannter Stickstoffanzeiger. An Standorten mit hohen Stickstoffwerten wächst sie darum besonders gern, beispielsweise an Feldrändern, in Gräben und an Flussufern. Doch ich rate dringend ab, an solchen Wuchsorten Brennnesseln zu ernten. Die Überdüngung von Äckern und die Wahrscheinlichkeit von entsprechender Agrarchemie ist keine optimale Voraussetzung zum Sammeln. Gehen Sie darum lieber an den Waldrand oder auf Waldwiesen, um von der gesundheitlichen Wirkung der Pflanze in Gänze profitieren zu können. Vielleicht ist auch ein Biobauer in Ihrer Nähe? Bei ihm können Sie auch am Feldrand sammeln. Ebenso an einer verwilderten Stelle in Ihrem Garten. Wenn Sie an diesen Stellen regelmäßig sammeln, wächst die Brennnessel schnell und in frischer »Frühlingsqualität« nach.
Foto: Melica / Shutterstock.com
Die Brennhaare sind wohl das charakteristischste Merkmal. Diese befinden sich beidseitig an den länglich-herzförmigen und grobgezähnten Blättern. Die Urtica dioica ist zweihäusig, das heißt, es gibt eine weibliche und eine männliche Pflanze. Die Erstere trägt lange, überhängende und rötlich gefärbte Rispen, die männliche dagegen trägt aufrechte grüne Blütenrispen. Im Hochsommer hängen von den weiblichen Pflanzen die wertvollen Samen in dicht behangenen Rispen herab. Der Stängel ist vierkantig und ebenso mit Brennhaaren versehen. Die Blätter sind kreuzgegenständig angeordnet. Eine Brennnesselstaude kann bis zu 2 m hoch wachsen. Die Pflanze überwintert im unterirdisch kriechenden Wurzelrhizom.
Wenn sich eine Blasenentzündung anbahnt oder wenn es auf der Haut »brennt«, ist die Brennnessel zur Stelle. Sie wirkt harntreibend und harnsäureausleitend (diuretische Wirkung), zudem werden der Stoffwechsel (Stichwort »Rheuma«) sowie die Blutbildung angeregt. Das »heimliche« Kraftpaket enthält Kalzium, Kieselsäure und Kalium, extra viel Vitamin C, dazu Provitamin A und Vitamin K1, Eisen sowie hochwertiges Eiweiß. Auch die Samen sind voller gesunder Nährstoffe mit mehrfach ungesättigten Fettsäuren, Mineralien und Spurenelementen. Die Brennnessel ist somit nicht nur eine der »ersten« Pflanzen für einen Frühjahrsputz im Körper, sondern mit ihren Ballaststoffen, basisch wirkenden Mineralien, dem hohen Eisen- und Vitamin-C-Gehalt sowie mit der diuretischen Wirkung eine Grünkraft-Pflanze für das ganze Jahr.
Noch ein Extratipp für die Männer: Die Wurzel wirkt mit dem in ihr enthaltenen Phytosterol und Beta-Sitosterin auf die gutartige Vergrößerung der Prostata. Sie sehen, egal, ob in homöopathischer Dosis, als Tee, als wilde Mahlzeit oder als Wurzeltinktur – die Brennnessel hat uns viel zu bieten.
Foto: Maximilian Gall
Gut getrocknete Triebspitzen und größere Brennnesselblätter werden zu feinem Pulver vermahlen und lichtgeschützt in einem Schraubdeckelglas als Wintervorrat aufbewahrt. Diese mineralreiche Nahrungsergänzung kann in der kalten Jahreszeit beispielsweise für grüne Smoothies verwendet werden.
Besonders für Männer
Die Wurzelrhizome der Brennnessel werden im späten Herbst ausgegraben. Die ungefähr 5 bis 10 cm langen Stücke werden sauber gebürstet, in kleinere Stücke geschnitten und mit einer 40%igen alkoholischen Lösung angesetzt. Nach vier Wochen wird die Lösung gefiltert und in eine Pipettenflasche aus der Apotheke abgefüllt. Täglich
10 bis 15 Tropfen in 1 Liter Wasser auflösen und schluckweise trinken.
In Ihrem Garten schenken Sie Ihrer Brennnessel am besten eine eigene wilde Ecke. Doch meist müssen Sie sie einfach da belassen, wo sie schon von selbst gedeiht: beim Kompost oder unter Bäumen. Mein Tipp für eine vielseitige und kooperative Nutzung ist, einen Teil der Brennnesselfläche regelmäßig abzusicheln, denn dann wächst junges Gemüse nach, das vom Frühling bis in den November hinein nicht nur als essbare Wildpflanze oder Heilpflanze, sondern auch zur Herstellung von Düngerjauche oder als Pflanzenstärkungsmittel verwendet werden kann. Die andere Hälfte der Fläche dient der Reifung von wertvollem Brennnesselsamen.
Triebspitzen und Blätter | Ende März–November |
Samen | Mitte Juli–Anfang September |
Wurzeln | Oktober–Februar |
Man schätzt, dass für rund 50 bis 70 Schmetterlingsarten im Raupenstadium Brennnesseln nicht nur eine willkommene, sondern auch wichtige Futterquelle sind. Diese vier Arten sind auf die Brennnessel sogar als einzige Nahrung angewiesen: der Landkärtchenfalter (Araschnia levana), der Kleine Fuchs (Aglais urticae), das Tagpfauenauge (Inachis io) sowie der Admiral (Vanessa atalanta). Mit der Brennnessel schaffen Sie für Mensch, Tier und Boden einen wertvollen Überlebensraum.
Eine energiegeladene Schüssel (Bowl)
100 g Quinoa
300 ml Gemüsebrühe
1 Knoblauchzehe
1 kleine rote Zwiebel
2 EL Olivenöl
1 kleine Zucchini
4 Handvoll Brennnesselblätter und -triebspitzen
etwas Wasser
1 EL Zitronensaft
Salz und Pfeffer
Die Quinoakörner waschen, in der Gemüsebrühe aufkochen und 20 Minuten zum Quellen stehen lassen. In einer Pfanne Knoblauch und Zwiebel mit Olivenöl andünsten. Dann die klein geschnittene Zucchini sowie die gewaschenen Brennnesselblätter und Triebspitzen hinzugeben, nur kurz dünsten, mit etwas Wasser und Zitronensaft ablöschen und mit Salz und Pfeffer abschmecken. Schließlich die Quinoa mit dem Gemüse zusammenmischen.
Foto: Maximilian Gall
Eine kraftvolle Kombi
200 g Blütenhonig in guter Qualität (biozertifiziert)
50 g getrocknete Brennnesselsamen
Die Samen nur kurz in einer Pfanne ohne Fett anrösten. Nachdem sie etwas abgekühlt sind, werden sie in den Honig eingerührt, bis eine gleichmäßige Masse entsteht.
Dieser süße Aufstrich ist eine Delikatesse für zwischendurch, kommt aufs Brot oder ins Müsli.
Mit Tomate, Schafskäse und Brennnessel
250 g Dinkelmehl, am besten Type 1050 oder Vollkornmehl
½ Würfel Frischhefe oder ein Päckchen Trockenhefe
ca. 100 ml lauwarmes Wasser
½ TL Steinsalz
3 EL Olivenöl
4 kleine oder 3 große Tomaten, in Scheiben geschnitten
100 g Schafskäse
2 Handvoll Brennnesseln, gewaschen und fein geschnitten
1 kleine rote Zwiebel
Steinsalz, Pfeffer und Oregano oder frischer, wilder Dost
Aus Mehl, Hefe, Wasser, Salz und Olivenöl einen Hefeteig herstellen. Ausreichend aufgehen lassen. Auf einem Backblech mit Backpapier entweder rund oder eckig ausrollen und nochmals für eine halbe Stunde zugedeckt stehen lassen.
In einer Pfanne zuerst die klein geschnittene Zwiebel mit den Brennnesselblättern zusammen andünsten. Dann die Tomaten, die Brennnesselblätter sowie den gewürfelten Schafskäse auf dem ausgerollten Teig anrichten und die Pizza für ca. 20 Minuten in den auf 200 °C Umluft[1] vorgeheizten Backofen schieben.
Foto: Bernd Schönfelder
Mit der Vorstellung des Gierschs als Mitglied des wilden Triumvirats möchte ich Sie dazu ermutigen, tiefe Freundschaft mit ihm zu schließen. Als schnell wachsendes Wildgemüse ist er ein wahres Geschenk im Garten, auf der Streuobstwiese oder in lichten Laub- und Mischwäldern – und damit kein Störenfried mehr. Schon im zeitigen Frühjahr können die ersten Triebspitzen geerntet werden, danach die schnell wachsenden Blätter bis hin zu den weißen Blüten – und wenn er ab und zu auch mit der Sense abgemäht wird, fängt der grüne Zyklus wieder von vorn an – bis in den Herbst hinein!
Die Hinwendung zum Giersch ist heute unerlässlich, denn in Zeiten großer Anforderungen, sei es körperlicher, geistiger oder seelischer Natur, entfaltet Giersch allzu gern sein heilsames Potenzial. Und wer kann heute darauf schon verzichten? Er erinnert geschmacklich an Petersilie oder Sellerie, besticht aber durch sein ganz eigenes »Profil«. Der Geschmack ist für Sie vielleicht zu Beginn noch ungewohnt, doch bald werden Sie ihn genauso mögen wie ich. Egal, ob er im zeitigen Frühling roh im Salat und Kräuterquark, später »wie Spinat« oder mit seinen Blüten als essbare Dekoration zubereitet wird: Er ist ein treuer und zuverlässiger Begleiter im Alltag. Ich nutze ihn in vielfältiger Zubereitungsform, als Gemüse, Saft und Smoothie, aber auch beim Wandern als Erste-Hilfe-Umschlag bei Verstauchungen oder zu Hause als Badezusatz (siehe Wald-Apotheke).
Oft ist Giersch im eigenen Garten an halbschattigen Plätzen, auf nährstoffreichen und feuchten Böden zu finden. Er wächst recht üppig in der lichten Krautschicht im Laub- und Mischwald, am Waldrand, unter Hecken und Obstbäumen sowie an Gebüschen. Oftmals gesellen sich, wie hier im Bild zu sehen, Brennnesseln und Taubnesseln mit dazu. Zu übersehen ist er wegen seines massenhaften Auftretens jedenfalls nicht! Vielleicht werden Sie schon bald feststellen, dass Sie fast alles durch die grüne »Gierschbrille« sehen.
Foto: Birgit Matz
Giersch gehört zur Familie der Doldenblütengewächse (Apiaceae) und hat zwei Erkennungsmerkmale, die man sich gut merken kann: den 3-kantigen Blattstiel sowie die 3-teilige Grundform der Blätter. Nur der Haupttrieb ist rundlich gefurcht und innen hohl. Als junger Austrieb sind die Blätter noch »wie zusammengefaltet«, erst später breitet sich die 3-teilige Form vollständig aus. Die Blattränder haben deutlich sichtbare kleine Zähnchen, die weiße Blüte wächst als flache Dolde. Giersch ist eine mehrjährige Staude und kann Wuchshöhen zwischen 50 und 100 cm erreichen.
Foto: Maximilian Gall
Der hohe Eiweißgehalt (6,7 g pro 100 g), Magnesium, Kalzium, Eisen, Kupfer, Mangan, Vitamin C sowie Provitamin A toppen jeden müden Kopfsalat aus dem Supermarkt. Dazu kommen wertvolle sekundäre Pflanzenstoffe wie ätherische Öle. Giersch ist damit ohne Zweifel ein einheimisches Superfood. Die größte gesundheitliche Wirkung liegt in seiner Fähigkeit, Harnsäure auszuleiten. Bei regelmäßigem Verzehr von Fleisch, insbesondere Schweinefleisch, erweist er damit Ihrem Körper große Dienste, denn Harnsäure gehört zu den häufigsten Stoffwechselrückständen unserer Zivilisation – und nur eine Ernährung mit einem hohen Anteil an basisch wirkenden Lebensmitteln kann diesen Ablagerungen zu Leibe rücken. Auch Stress und Überforderung steuern zur Übersäuerung des Körpers bei. Somit kann der regelmäßige Genuss von Giersch auf ausgleichende Weise sein gutes Werk tun.
Foto: Bernd Schönfelder
Grüne Smoothies sind keine »flüssigen Müslis«. Darum werden sie grundsätzlich ohne Nüsse und Milchprodukte zubereitet. Auch Obst sollte sparsam eingesetzt werden. Wer sich beim Smoothie an relativ wenig Süße durch Früchte gewöhnen möchte, nimmt zunächst 2 bis 3 getrocknete Datteln oder Feigen hinzu und schleicht die Menge mit der Zeit aus.
In den mittelalterlichen Klostergärten wurde Giersch als Gemüse kultiviert. Besonders Hildegard von Bingen (1098–1179) hat ihn hoch gelobt. Als dauerhafte Staude ist er – ähnlich wie Brennnessel und Löwenzahn – kinderleicht anzusiedeln. Die Triumvirat-Pflanzen spielen zukünftig auch in Essbaren Wildpflanzenparks (Ewilpa®), bei der natürlichen Gartengestaltung sowie in der fortschrittlichen (Öko-)Landwirtschaft eine bedeutende Rolle. Diese wertvollen Wildgemüse können auf naturschonende Art angebaut werden. Der Fachbegriff hierfür ist »extensiv« – diese Bezeichnung werden Sie sicherlich noch oft im Buch lesen. Im Garten ist Giersch als Bodendecker unter Beerensträuchern wie Himbeeren, Johannisbeeren oder Stachelbeeren sowie unter Strauchrosen oder anderen Sträuchern ideal. Wichtig ist, dass Giersch ungefähr drei- bis viermal im Jahr, am besten immer kurz vor oder während der Blüte abgesichelt wird. Dann wächst in »Frühlingsqualität« wieder frisches Blattgemüse nach und versorgt uns so über ein halbes Jahr mit gesunder Grünkraft. Giersch liebt reichlich Humus und auch Feuchtigkeit. Ideal ist daher eine Düngung mit ca. 3 cm Komposterde im Frühjahr sowie das herbstliche Mulchen mit Laub.
Foto: Manfred Ruckszio / Shutterstock.com
Junge, noch nicht voll entfaltete Gierschblätter – ich nenne diese bei Führungen auch gerne scherzhaft »Klappgiersch« – esse ich gerne auch gleich frisch gepflückt, somit ungewaschen und roh. Dieser kulinarische Genuss kann auch einen Beitrag zur Versorgung mit Vitamin B12 leisten. Dieses Vitamin ist gerade bei Veganern, aber auch bei Fleischessern mit einer veränderten Darmflora oft Mangelware und muss künstlich substituiert werden (mittels Vitamin-B12-Injektion, Tabletten oder einer Vitamin-B12-haltigen Zahncreme).
Es ist jedoch nicht der Giersch direkt, der uns mit dem wichtigen Vitamin versorgt: Die auf den Blättern lebenden Mikroorganismen produzieren Vitamin B1212
Blattgrün (für Blattgemüse) | März–Oktober |
Blüten | Juni |
Das regionale Antipasto mit Aha-Effekt
1 Handstrauß junger Gierschblätter
1 rote Zwiebel oder 2 Frühlingszwiebeln
1 Knoblauchzehe
4 reife Tomaten
3 EL natives Olivenöl
2 EL Trauben-Shrub oder Saft einer Biozitrone
Salz und Pfeffer
1 Dinkelbaguette
Dreierlei von den Doldenblütlern
2 Handsträuße Gierschblätter, gewaschen und klein geschnitten
1 Zwiebel
2 EL Kokosöl
4 Möhren, klein geschnitten
2 Fenchelknollen, in Würfel geschnitten
½ l Gemüsebrühe
Pfeffer, Kreuzkümmel und Salz zum Abschmecken
Das Gemüse passt hervorragend zu Hirse, Quinoa, Vollkorn- oder Dinkelreis.
Foto: Maximilian Gall
Einheimische Grünkraft mit basischer Wirkung
Foto: Maximilian Gall
4 Handvoll Gierschblätter
1 Apfel, Orange oder Birne
1 Biozitrone
je 1 Stückchen Ingwer- und Kurkumawurzel (Achtung! Kurkuma färbt stark)
Foto: Maximilian Gall