Nicole Staudinger
Warum es hilft, sie hin und wieder daran zu erinnern
Knaur eBooks
Nicole Staudinger, geboren 1982, hat mit ihren Bestsellern »Brüste umständehalber abzugeben«, »Schlagfertigkeitsqueen«, »Stehaufqueen« und »Ich nehm' schon zu, wenn andere essen« Hunderttausenden von Leserinnen gezeigt, wie sich das Leben majestätisch und wortgewandt meistern lässt. Als Unternehmerin, zertifizierte Trainerin, TopSpeakerin und Mutter von zwei Söhnen weiß sie aber auch nur zu gut, was es heißt, von Männern umgeben zu sein, die unsere Schlagfertigkeit immer wieder auf harte Proben stellen. In »Männer sind auch nur Menschen« zeigt Nicole Staudinger ihren Leserinnen, wie der charmante, aber bestimmte Umgang mit Männern gelingt.
eBook-Ausgabe 2020
© Knaur eBook
Ein Imprint der Verlagsgruppe Droemer Knaur GmbH & Co. KG, München
Dieses Werk wurde vermittelt durch die AVA international GmbH
Autoren- und Verlagsagentur, München (www.ava-international.de).
Alle Rechte vorbehalten. Das Werk darf – auch teilweise – nur mit
Genehmigung des Verlags wiedergegeben werden.
Redaktion: Nina Schnackenbeck
Covergestaltung: Stolli – Raschke Entertainment
ISBN 978-3-426-45276-9
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Übrigens: Dazu gibt es mittlerweile einiges an Literatur, die eher das Gegenteil belegt, indem sie zu diesem Thema Rückschlüsse auf die Evolution zulässt. Wenn wir zurückgehen bis in die Steinzeit, mussten Frauen im Besonderen und Gruppen im Allgemeinen zusammenhalten, um zu überleben. Da war es nicht wichtig, innerhalb der Gruppe Hierarchien aufzubauen, sondern zusammenzuarbeiten. Zu viel Egoismus hätte die Gruppe entzweit und zerstört.
Für alle Superheldinnen,
die keinen Applaus bekommen.
Für all die tollen Frauen, die manchmal vergessen,
was sie alles leisten und können.
Für all die Ladys, die jede(n) Jeck(in) anders Jeck sein lassen.
Für alle Schlagfertigkeitsqueens und solche,
die es noch werden wollen!
Und für all die Menschen, die gerade auf einem Weg unterwegs sind,
den sie so gar nicht auf der Landkarte hatten:
Achtet auf die Blumen.
vielleicht macht es Sinn, dass ich mich kurz vorstelle, für die, die mich noch nicht kennen. Ich denke, es ist von Bedeutung, zumindest einen Teil meiner Lebensgeschichte diesem Buch voranzustellen.
Hallo!
Mein Name ist Nicole Staudinger, Jahrgang 1982. Ich kam über einen Schicksalsschlag zum Schreiben. Unmittelbar davor machte ich mich als zweifache Mutter und zertifizierte Trainerin mit Seminaren für Frauen zum Thema Schlagfertigkeit und Kommunikation selbstständig. Eine Schnaps- oder besser: Kölsch-Idee, die auf Anhieb funktionierte.
Vier Wochen später, an meinem 32. Geburtstag, bekam ich die Diagnose Brustkrebs. Ich habe mir die Brüste entfernen lassen. Vom Weg dahin und meinem Leben danach wollte ich unbedingt erzählen. In einem Buch.
Brüste umständehalber abzugeben landete 2015 über Nacht auf der Bestsellerliste.
Nach meiner Genesung machte ich da weiter, wo ich aufgehört hatte.
Ich schrieb die Schlagfertigkeitsqueen. Gut ein Jahr später folgte die Stehaufqueen, ein hochpersönliches Buch darüber, wie man die Herausforderungen des Lebens (elegant und majestätisch) meistern kann, kurz: Es geht darin um Resilienz. Anschließend widmete ich mich einer wirklich ernsten Sache. Und so lautete mein vierter Bestseller: Ich nehm schon zu, wenn andere essen!
Ich bin also die, die sich Frauenthemen schlagfertig annimmt, keine klassischen Lesungen, sondern Shows macht, in denen meist auch noch gesungen wird, und die dem Schreiben treu geblieben ist. Letzteres merken Sie just in diesem Moment, weil Sie Buch No. 5 in Händen halten.
Oh, sorry. Pardon. Tut mir leid. Darf ich mal?«
Frau Staudinger beim Versuch, ihr schweres Handgepäck in dem dafür vorgesehenen Stauraum im Flugzeug unterzubringen. Da ich nichts mehr hasse, als am Gepäckband auf meinen Koffer zu warten, versuche ich grundsätzlich, alles in meinem kleinen Trolley zu verstauen. Was wiederum zur Folge hat, dass dieser nicht selten siebentausend Kilo wiegt.
Wie so häufig bin ich am Montagmorgen im Flieger nach Berlin von zahlreichen Männern umgeben. Ich würde sagen, das Verhältnis von Anzugträgern zu Ladys ist siebzig zu dreißig. Ähnlich wie in Hotels am Frühstücksbüfett. Aus meiner Erfahrung heraus kommt auf vier Männer eine Frau. Was ja völlig okay ist, aber irgendwie auffällig.
Ähnlich auffällig wie die Tatsache, dass mir keiner der anwesenden Herren dabei behilflich ist, den Koffer über mich zu hieven. Ganz im Gegenteil. Hinter mir sitzt ein Mann in meinem Alter, und sein Gesichtsausdruck scheint Folgendes auszudrücken: Mädel, du willst emanzipiert sein – dann zieh das jetzt auch durch!
»Kommen Sie mal her, Sie armes Ding. Zusammen schaffen wir das«, tritt eine Dame jenseits der fünfzig an meine Seite und fügt deutlich lauter hinzu: »Die letzten Kavaliere sind ja alle im Krieg gefallen.«
Der Mann hinter mir steckt sich als prompte Reaktion die Kopfhörer in die Ohren.
»Ach, das ist nur eine Ausnahme!«, werden Sie jetzt rufen. Und ganz sicher ist sie das. Es gibt bestimmt noch viele hilfsbereite Männer. Vielleicht in dem Flieger nach München. Oder Honolulu.
Aber ich fand die Anekdote als Einstieg in dieses Buch passend.
Wie viele von Ihnen vielleicht wissen, gebe ich meine Seminare überwiegend für Frauen. Daher könnte sich der Verdacht aufdrängen, ich könne zu dem Thema »Männer sind auch nur Menschen« eigentlich gar nichts sagen. Kann ich aber wohl. Aus mehreren Gründen.
Zunächst einmal, weil ich mit vier Männern zusammenwohne. Sie sind von unter zehn bis knapp siebzig Jahre und liefern mir täglich Hunderttausende Gründe, dieses Buch zu schreiben.
Außerdem arbeite ich als Trainerin und Speakerin tatsächlich in einem immer noch männerdominierten Umfeld, was durchaus amüsant, teilweise aber auch erschreckend ist. Sie lesen dazu später noch etwas mehr. Und zu guter Letzt – und das ist für mich tatsächlich am spannendsten –, die Frauen, die ich trainiere, sind oftmals ganz allein unter Männern!
Ich verrate Ihnen also nicht nur meine ganz eigenen, nicht immer ernst gemeinten Überlebensstrategien im Umgang mit Männern, sondern erzähle Ihnen auch von Frauen, die sich ernst gemeinte Methoden zurechtgelegt haben, um besser zurechtzukommen. Und wie Schlagfertigkeit uns allen lebensrettend zur Seite stehen kann.
Das Buch bietet hier und da auch einen selbstreflektierten Blick auf uns Ladys und stellt die sehr ernst gemeinte Frage, ob die Herren der Schöpfung tatsächlich »das Problem« sind oder der Hund vielleicht ganz woanders begraben liegt …
Es ist kein Männermeckerbuch oder der Versuch, den Dreibeinern dieser Welt für irgendwas die Schuld in die Schuhe zu schieben. Nee, gar nicht! Denn manchmal kommt es sogar vor, dass wir uns von den Herren der Schöpfung Dinge abgucken. Aber pssst! Das verraten wir natürlich niemandem. Vor allem nicht den Männern!
Also, Ladys, viel Spaß beim Schmökern, Lachen und Ausprobieren!
Das fängt ja gut an: drei Vorwörter, bevor es losgeht …
Aber manchmal – und davon kann ich leider ein Lied singen – spielt das Leben eben anders, als man es sich gedacht hat.
Mein Mann – alias »Hase« – und ich haben uns vor vierzehn Jahren das Versprechen der Ehe aus vollstem Herzen gegeben. Und wir sind durch wundervolle, sonnige Jahre und durch ganz heftige Stürme gemeinsam geschippert.
Leider trug uns der Wind in verschiedene Richtungen.
An so was trägt keiner Schuld, wenn, dann nur das Wetter. In unserem Fall das Leben.
Daher haben der »Hase« und ich während der Schreibphase beschlossen, unsere Ehe in eine Freundschaft zu verwandeln. Klingt kitschig und nach Phrase, ist aber keine.
Ich habe lange überlegt, ob ich Passagen in diesem Buch ändern soll, aber das wäre nicht echt, nicht authentisch und würde unserer gemeinsamen Zeit nicht gerecht werden. Dennoch möchte ich ehrlich zu Ihnen sein. Wenn Sie also Formulierungen lesen wie »und dafür liebe ich ihn«, so ist das immer noch aktuell, wenn auch auf einer anderen Ebene.
Da ich durch alle Bücher hinweg zu Ihnen, liebe Leserinnen, ein offenes und privates Verhältnis pflege, wollte ich einfach, dass Sie über diese Entwicklung Bescheid wissen.
Ihre Nicole Staudinger
Meine Freundin Annett arbeitet in einer führenden Position in der Baubranche. Diese Branche, das können Sie sich denken, ist immer noch schwer männerdominiert. Interessierte meine Freundin nie.
»Annett, wie sieht denn deine nächste Woche aus?«
»Ach, fast wie immer, außer, dass ich eine Rede vor versammelter Belegschaft halte.«
»Wie spannend! Bist du aufgeregt?«
»Nö. Warum?«
»Ich dachte nur. Wie viele Mitarbeiter seid ihr denn?«
»So um die fünfhundert und es kommen alle.«
»Hui, ich bin schon beim Zuhören aufgeregt!«
»Ich weiß, was ich sagen will, und der Rest kommt von allein.«
»Überwiegend Männer?«
»99 Prozent.«
»Darf ich mich dazwischenmogeln? Mich interessiert, wie du die händelst und ob ich einen Unterschied zu meinem überwiegend weiblichen Publikum feststellen kann.«
»Ja und ja«, sie lacht. »Du wirst einen Unterschied merken, das verspreche ich dir.«
Ich interessiere mich für die Jobs aller meiner Freundinnen, und wenn ich die Gelegenheit bekomme, schaue ich mir gerne genauer an, wie sie in ihrem Arbeitsumfeld agieren.
Aber im verschwörerischen Lachen meiner Freundin lag noch so viel mehr: Das wirst du nicht glauben, bis du es selbst erlebt hast …
Gesagt, getan.
Der Tag kam, ich schummelte mich ganz hinten in den großen Konferenzraum eines Tagungshotels und fiel im Prinzip nur durch mein Geschlecht auf. Die 99 Prozent Männeranteil waren nicht übertrieben.
Inhaltlich verstand ich rein gar nichts von dem, was Annett auf der Bühne präsentierte, aber ich konzentrierte mich ohnehin auf ihre Rhetorik und Körpersprache.
Und die beeindruckte mich schwer.
Ihr Stand war fest, denn die Füße hatte sie etwas weiter auseinandergestellt. Dadurch war sie geerdet. Das ist das Wort, das mir dazu einfällt. Sie war geerdet in allem, was sie während des Vortrags tat. Aber am beeindruckendsten empfand ich ihre Stimmlage und Atmung. Mensch, was für eine coole Socke! Tiefe, sonore Stimme, keine – nicht den Hauch einer – Spur von Nervosität. Und alle klebten an ihren Lippen.
Fast alle.
Bis auf die letzte Reihe.
Hier kam plötzlich Gekicher auf. Zwei Männer starteten mit anzüglichen Bemerkungen. Auch ohne den Inhalt zu verstehen, war durch die Handbewegungen klar, worüber man sich gerade austauschte. Die Oberweite meiner Freundin schien in jedem Fall mehr als der Inhalt der Rede zu interessieren.
Zu Beginn fiel es kaum auf, weil die Herren eben ganz hinten saßen. Doch die Stille Post zog schnell ihre Kreise, und Annett, die alle Zuhörer im Blick hatte, bekam das mit.
Während mir der Schweiß ausbrach, ließ sie sich gar keine Reaktion entlocken. Doch es musste in ihrem Kopf rattern, war ich sicher. Es lag an ihr, binnen Sekunden eine Entscheidung zu treffen:
Gehst du darauf ein oder hoffst du, dass es sich von selbst erledigt?
Denken und reden. Eine Fähigkeit, die nicht einfach ist, aber gute Speaker zeichnen sich genau darin aus.
Da ich mich als blinder Passagier nicht äußern durfte, und glauben Sie mir: Das fiel mir wirklich schwer, blieb mir wohl oder übel nur die Rolle der Beobachterin.
Was würde ich tun?
Was würden Sie tun?
Die Herren tuschelten weiter, die Kreise wurden größer. Köpfe drehten sich um und wollten an dem Spaß teilhaben.
»Entschuldigen Sie, wie war noch mal Ihr Name?«, fragte da meine Freundin von der Bühne herunter laut und deutlich den Kollegen, der aus ihrer Sicht federführend war. Sie nahm festen und selbstbewussten Blickkontakt auf.
»Kaufmann!«, antwortete dieser, ohne eine Spur eingeschüchtert zu sein.
Die Stimmung im Saal: in nur zwei Sekunden zum Schneiden.
Der »Kampf« war eröffnet.
»Lieber Herr Kaufmann, sind Sie so nett und wiederholen das Ganze noch mal laut für alle?«
Sämtliche Anwesenden drehten sich um.
Herr Kaufmann saß auf dem Präsentierteller.
Und jetzt sah man ihm an, dass er sich unwohl fühlte. Sicher wog er ab, ob er mit »Wir überlegen uns gerade, welcher Quote Sie Ihren Job zu verdanken haben« oder einer diplomatischeren Antwort kontern sollte.
Er entschied sich für Letzteres, vermutlich, weil sein Chef ebenfalls anwesend war:
»Ach, schon gut«, gab er klein bei.
Im Gegensatz zu Annett.
Die machte den Sack zu: »Ich dachte mir, dass es nichts Relevantes sein kann. Weiter im Text.«
»O Gott, Annett, ich verneige mich vor dir!«
»Warum?«
»Wie du das gemeistert hast, ohne die Nerven zu verlieren.«
»Das ist hier mein Alltag, daran habe ich mich gewöhnt. So etwas macht mich nicht mehr wuschig.«
Wir unterhielten uns noch lange darüber, und Annett weihte mich in ihr Geheimnis ein. Folgendes hat sie über die Zeit für sich erkannt:
Der Schutzschild
Taaaadaaaa! Da ist er wieder, meine Damen. Wir haben schon in der Schlagfertigkeitsqueen ausführlich darüber gesprochen. Bevor Annett zur Arbeit geht, zieht sie ihn hoch. Er hilft ihr, Kommentare, die nicht zur inhaltlichen Debatte beitragen, an sich abprallen zu lassen.
Everybody’s Darling vs. Mäuschen vom Dienst
Einen Tod muss man sterben. Annett sagt: »Entweder ich riskiere, dass dieser eine Kollege mich doof findet, oder aber, dass mein ganzer Vortrag gesprengt wird.«
Der Ton macht die Musik
Nicht dass Annetts Ton überaus freundlich gewesen wäre, aber er war »harmlos«. Weil der Inhalt des Gesagten so knackig war. Je deutlicher die Nachricht, desto harmloser der Tonfall.
Nicht verallgemeinern
»Du hast gesehen, wie viele Zuschauer da waren. Die, die Unruhe gestiftet haben, waren nur ein paar. Die standen weder stellvertretend für alle, noch war es die Masse. Sprich: Der eine, der angefangen hat, hat es einfach nicht verdient, dass ich ihm so viel Aufmerksamkeit schenke.«
Ja, Ladys, so geht’s eben auch.
Nicht nur, dass mich Annetts Verhalten auf der Bühne grenzenlos beeindruckt hat. Am erstaunlichsten war für mich die Tatsache, dass der Zwischenfall sie wirklich nicht mitgenommen hat.
Die Sache war in dem Moment für sie abgehakt, als sie ihren Satz ausgesprochen hatte. Nach dem Vortrag in der Lobby begegnete sie dem Kollegen Kaufmann völlig unvoreingenommen und sogar freundlich. Sie hat es ihm nicht nachgetragen.
Wie hat sie das geschafft?
Annett hat ihr Fass leerlaufen lassen. Sie hat sich nichts verdrückt, wie wir es oft tun. Sie hat das Problem in dem Moment angepackt, in dem es aufgetaucht ist, und so dem Frust erst gar keine Chance gegeben, sich durch sie hindurchzufressen.
Zwischen der ersten Reaktion und dem Wegpacken gibt es nämlich noch ein paar Stufen. Wir, ich nehme mich davon nicht aus, reagieren vielleicht auf den »Bühnen« dieser Welt noch souverän, aber nachher, allein im Auto, kommen die Selbstzweifel oder der Ärger hoch.
Annetts Strategien geben ihr Kraft und Zuversicht, um angstbefreit in die nächste Situation zu gehen, anstatt in einer Habtachtstellung zu verharren, was sicherlich negative Auswirkungen auf ihren nächsten Vortrag vor vielen Menschen hätte.
Wenn ich eines in den letzten Jahren gelernt habe, dann ist es das: Menschen in Habtachtstellung können nicht über sich hinauswachsen und letztlich das Leben nicht genießen. Das gilt für sprachlose gleichermaßen wie für angstbelastete Menschen (beispielsweise nach einer schweren Erkrankung).
Fürchten wir Frauen uns vor Angriffen?
Vielleicht.
Annett mit Sicherheit nicht.
Auch eine Polizistin darf keinen Angriff fürchten, sonst hätte sie ihren Job falsch gewählt.
Lassen Sie uns diesem Thema einen Schlüsselsatz voranstellen: »Es wird der angegriffen, der den Ball hat.«
Alle anderen Spieler sind uninteressant. Die werden höchstens gedeckt oder abgeschirmt, um nicht an den Ball zu kommen und womöglich damit den ach so wichtigen Treffer zu versenken.
Wenn wir einen Angriff so sportlich betrachten, wirkt er gleich charmanter. Vorausgesetzt, man mag Sport. Meine Einstellung zu diesem leidigen Thema dürfte hinlänglich bekannt sein …
Wenn Sie mich fragen, liebe Damen, haben Sie darum nur zwei Möglichkeiten, wenn Sie sich im Job, in welcher Form auch immer, angegriffen fühlen:
den Angriff als sportliche Herausforderung zu sehen oder
die Latte für den Angreifer höher zu legen.
Womit wir wieder beim Thema Schutzschild wären.
Ich vermeide bewusst die Redensart »Sich ein dickes Fell zulegen«, weil das voraussetzt, dass wir tatsächlich dickfelliger werden und damit undurchlässiger. Die emotionale Seite, die uns Frauen oftmals als Schwäche ausgelegt wird, bezeichne ich jedoch ganz klar als unseren USP. Sofern wir sie gut einsetzen.
Mein älterer Sohn, elf Jahre alt, und ich hatten neulich einen ganzen Tag nur für uns. Das mache ich manchmal: Da picke ich mir einen meiner beiden Söhne raus, und wir unternehmen etwas zu zweit. In diesem Fall war es also Max. Er begleitete mich erst zu einem Live-Radiointerview beim WDR, anschließend gingen wir eine Pizza essen und drehten eine große Runde im Wald, ehe wir nach Hause zurückkehrten. Ein traumhaft schöner Tag für uns beide.
Und der fing schon im Auto an. Da war Max Herr über Spotify, und wir sangen die ganze Fahrt über mit. Obwohl Max seine Mutter ziemlich langweilig findet (ich mache ja nur Bücher), fand er es beim Radio dann doch ziemlich cool.
Max und ich unterhielten uns an diesem Tag ganz ungezwungen miteinander. Ich nahm alles in mich auf wie ein Schwamm. Viel Zeit dazu haben wir nicht, also: Einfach nur genießen, nahm ich mir vor. Handy weg. Und mich auf dieses Zauberwesen konzentrieren.
Im Wald machten wir Pause an unserem Lieblingssee und starrten einfach auf das Wasser, bis Max ganz träumerisch sagte:
»Mama, weißt du, woran ich schon den gaaaaaanzen Tag denken muss?«
Frau Mama setzte sich in Positur, weil sie sich sicher war, genau in diesem Moment die Liebeserklärung ihres Lebens zu bekommen.
»Nein, mein Liebling, verrätst du es mir?«, säuselte ich zurück.
»Wie breit wohl Russland von oben nach unten ist?«
Ja, lesen Sie das ruhig noch einmal.
Zu gern hätte ich meinen Gesichtsausdruck gesehen.
Mit Sicherheit unbezahlbar.
Atmen!
Männer und Gefühle. Hach! Schwieriges Thema. Aber nicht annährend so schwierig wie Frauen und Gefühle.
Ich will gar nicht behaupten, dass Männer keine Gefühle hätten, ganz sicher haben sie die. Aber vielleicht empfinden sie gewisse Dinge einfach anders als wir und bringen sie daher auch anders zum Ausdruck. Über dieses Thema wurde schon vieles gesagt, wurden Studien aufgestellt und Comedy-Programme geschrieben.
Und trotzdem widme ich mich dem Thema auch, einmal von der privaten und dann auch gerne noch einmal von der beruflichen Seite.
Wie Sie an Max und seinem Russlandfokus gesehen haben, scheinen die Gefühlswelten von Männern und Frauen ein bisschen auseinanderzudriften. Und ihre Bedürfnisse in denselben. Wir waren in dem Moment Mama und Kind, da konnte ich es gänzlich mit Humor betrachten. Aber mir fallen ad hoc hundert Gespräche zwischen meinem Mann und mir ein, in denen ich romantischen Gedanken nachhing und mein Mann … nicht die Spur. Einmal konnte er nicht verstehen, dass ich eine fleischfressende Pflanze von Aldi als gar nicht sooo passendes Hochzeitstagsgeschenk empfand.
»Du hast gesagt, du willst keine Blumen. Und die hier frisst sogar Fruchtfliegen.«
Toll!
Halb so schlimm. Meine Tränen sind ja auch wieder getrocknet.
Vielleicht sind wir Frauen emotional verwundbarer als Männer. Aber heißt das, dass wir diese Eigenart ablegen sollten? Oder ist es nicht genau das, was uns ausmacht?
Aus meiner Erfahrung heraus sind die meisten Frauen mit einer großen Portion Empathie ausgestattet, wir haben das Talent, mitzufühlen.
Lassen Sie sich das doch mal auf der Zunge zergehen: MITFÜHLEN.
Das ist ein Geschenk.
Im Laufe der letzten Jahre habe ich Zigtausende von Frauen live unterhalten. Besonders in der Show zur Stehaufqueen erkenne ich in den Augen meiner Zuschauerinnen oft eine Art Schmerz. Nicht über ihr eigenes Schicksal. Sie empfinden das nach, was ich auf der Bühne erzähle. Die Geschichten, die das Leben schreibt. Von mir und anderen Menschen, denen Schlimmes und ganz Schlimmes widerfahren ist.