Philip Reeve
Mortal Engines - Der Grüne Sturm
Roman
Aus dem Englischen von Nadine Püschel und Gesine Schröder
FISCHER E-Books
Philip Reeve ist seit vielen Jahren erfolgreicher Autor und Illustrator. Die insgesamt acht Mortal-Engines-Bücher (das Mortal-Engines-Quartett, drei Prequels und ein Band mit Erzählungen) stellen sein vielfach ausgezeichnetes Hauptwerk dar. Zusammen mit seiner Frau Sarah und seinem Sohn wohnt er im Dartmoor National Park, Südengland.
Weitere Informationen finden Sie auf www.tor-online.de und www.fischerverlage.de
Die Motoren von Anchorage stehen schon seit langem still, und Wren wünscht sich nichts sehnlicher, als ihre Heimat zu verlassen und endlich einmal ein Abenteuer zu erleben. Die Geschichten ihrer Eltern Tom und Hester kennt sie auswendig – und wartet dort draußen nicht eine Welt voller Wunder und Gefahren darauf, von ihr entdeckt zu werden? Als ein mysteriöser U-Boot-Pirat auftaucht und verspricht, sie mitzunehmen, zögert sie deshalb nicht lang … ohne zu ahnen, dass ihr Weg sie mitten in einen gewaltigen Krieg zwischen den Raubstädten und dem Grünen Sturm führen wird.
Erschienen bei FISCHER E-Books
Frankfurt am Main, Februar 2019
Doe Originalausgabe erschien 2005 unter dem Titel »Infernal Devices« bei Scholastic Ltd.
© 2005 Philip Reeve
Für die deutschsprachige Ausgabe:
© 2019 S. Fischer Verlag GmbH, Hedderichstr. 114, D-60596 Frankfurt am Main
Covergestaltung: Guter Punkt, München
unter Verwendung eines Motivs von Ian McQue
Abhängig vom eingesetzten Lesegerät kann es zu unterschiedlichen Darstellungen des vom Verlag freigegebenen Textes kommen.
Dieses E-Book ist urheberrechtlich geschützt.
ISBN 978-3-10-490656-0
Für Sarah
wie immer,
Für meine Lektorinnen
Kirsten Stansfield und Holly Skeet
mit Dank,
Und für Sam Reeve, Tom Skeet
und Edward Stansfield.
Eines Tages.
Zuerst war da nichts. Dann kam ein Funke, ein Knistern, das ein löchriges Gespinst aus Traum und Erinnerung in Schwingungen versetzte. Und dann ein Knall, ein Brausen, und ein blauweißer Blitz, der ihn durchzuckte und in seine verödeten Hirnwindungen schoss wie das Meer, das bei Flut in ein Felsloch prescht. Sein Körper spannte sich so heftig, dass er für einen langen Augenblick auf den Hacken und der Rückseite seines Schädelpanzers balancierte. Er schrie und erwachte, in ihm helles Rauschen und das Gefühl zu fallen.
Er erinnerte sich ans Sterben. Er erinnerte sich an feuchtes Gras und das vernarbte Gesicht eines jungen Mädchens, das sich über ihn beugte. Sie war wichtig, sie bedeutete ihm etwas, bedeutete ihm mehr, als es für einen Stalker vorgesehen war, und da war etwas, das er ihr sagen wollte und nicht konnte. Jetzt blieb ihm nur ein Nachbild ihres entstellten Gesichts.
Wie hieß das Mädchen? Sein Mund wusste es noch.
»H…«
»Er lebt!«, sagte eine Stimme.
»Hes…«
»Noch einmal, bitte, schnell!«
»Wird geladen!«
»Hester …«
»Achtung, zurück!«
Und schon peitschte ein weiterer Stromstoß durch ihn hindurch und löschte auch diesen Gedächtnisfetzen. Er wusste nur noch, dass er der Stalker Shrike war. Eins seiner Augen ging an. Verschwommene Umrisse waberten durch einen Schneesturm aus Störsignalen, und er schaute zu, wie sie langsam zu menschlichen Gestalten wurden, von Lampen angeleuchtet, vor mondbeschienenen Wolken, die über den Himmel jagten. Ein steter Regen fiel. Einmalgeborene in Schutzbrillen, Uniformen und Plastikmänteln standen an seinem offenen Grab. Sie hatten Quarz-Iod-Leuchten dabei, und manche machten sich an Maschinen mit leuchtenden Röhren und glänzenden Drehknöpfen zu schaffen. Von den Maschinen verliefen Kabel zu ihm herunter. Er spürte, dass sein Schädel geöffnet war und sein Stalkerhirn freilag.
»Mr Shrike! Können Sie mich hören?«
Eine sehr junge Frau schaute auf ihn herab. Eine ferne, sehnsüchtige Erinnerung an ein Mädchen tauchte in ihm auf, und er fragte sich, ob sie es war, die mit ihm sprach. Aber nein – das Gesicht in seinen Träumen war irgendwie beschädigt gewesen, und dieses hier war makellos. Ein asiatisches Gesicht, blass, mit hohen Wangenknochen und einer schweren schwarzen Brille auf den dunklen Augen. Das kurze Haupthaar der Frau war grün gefärbt. Unter dem transparenten Regenmantel trug sie eine schwarze Uniform, auf deren hohem Stehkragen silberne geflügelte Totenschädel eingestickt waren.
Sie legte ihm eine Hand auf den rostigen Brustpanzer und sagte: »Keine Angst, Mr Shrike. Es ist sicher alles etwas verwirrend. Sie waren mehr als achtzehn Jahre tot.«
»Tot«, sagte er.
Die junge Frau lächelte. Ihre weißen, schiefen Zähne wirkten ein wenig zu groß für ihren schmalen Mund. »Oder sagen wir besser inaktiv. Alte Stalker sterben nie wirklich, Mr Shrike …«
Es grollte, aber zu regelmäßig für ein Gewitter. Auf den Wolken flammten orangefarbene Lichtflecken auf und machten die Felswand sichtbar, die über Shrikes Ruhestätte aufragte. Einige der Soldaten schauten besorgt hoch. Einer sagte: »Bugkanonen. Sie haben unsere Linien in den Marschen durchbrochen. In weniger als einer Stunde werden amphibische Vororte hier sein.«
Die Frau schaute kurz über die Schulter und sagte: »Danke, Captain.« Dann wandte sie ihre Aufmerksamkeit wieder Shrike zu und machte sich mit flinken Fingern in seinem Schädel zu schaffen. »Sie sind schwer beschädigt worden und waren abgeschaltet, aber wir werden Sie reparieren. Ich bin Doktor Oenone Zero vom Wiedererweckungskorps.«
»Ich kann mich an nichts erinnern«, sagte Shrike.
»Ihr Gedächtnis ist zerstört worden«, antwortete sie. »Ich kann es nicht wiederherstellen. Das tut mir leid.«
Wut und ein schwer fassbarer Schrecken stiegen in Shrike auf. Er spürte, dass diese Frau ihm etwas genommen hatte, nur wusste er nicht, was. Er wollte seine Klauen ausfahren, konnte sich aber nicht regen. Als bestünde er nur aus dem einen Auge.
»Keine Sorge«, sagte Dr. Zero. »Ihre Vergangenheit ist nicht wichtig. Sie arbeiten jetzt für den Grünen Sturm und werden bald neue Erinnerungen haben.«
Hinter ihrem lächelnden Gesicht platzten rote und gelbe Lichtgarben am Himmel auf. Einer der Soldaten rief: »Sie kommen! General Nagas Division geht mit Tumblern in die Gegenoffensive, aber das wird sie nicht lange aufhalten.«
Dr. Zero nickte, kletterte aus dem Grab und wischte sich den Schlamm von den Händen. »Wir müssen ihn sofort hier wegbringen.« Sie schaute wieder zu Shrike herab und lächelte. »Ein Luftschiff steht schon bereit, Mr Shrike. Wir verlegen Sie in die zentrale Stalkerfertigung in Batmunkh Tsaka. Dort bringen wir Sie wieder auf die Füße.«
Sie trat beiseite, um zwei massigen Gestalten Platz zu machen. Es waren Stalker. In ihre Panzerung war ein grünes Blitzsymbol gestanzt, das Shrike nicht kannte. Ihre Gesichter waren glatt wie Schaufelblätter; sie hatten nur schmale Sehschlitze, aus denen es grün leuchtete, als sie ihn anhoben und auf eine Trage legten. Die Soldaten mit den Maschinen eilten neben der Trage her, während die stummen Stalker Shrike auf einem Fußpfad zu einer befestigten Luftkarawanserei brachten, aus der ein Luftschiff nach dem anderen sich in den regnerischen Himmel erhob. Dr. Zero lief voraus und rief: »Beeilung, Beeilung! Aber Vorsicht! Er ist eine Antiquität!«
Als der Pfad allmählich steiler wurde, begriff Shrike, warum sie so hektisch und ihre Männer so nervös waren: Durch Lücken in der Felswand fiel sein Blick auf eine Wasserfläche, in der sich stetes Geschützfeuer spiegelte. Am Rand des Gewässers und am Ufer dahinter waren riesige bewegliche Umrisse zu erkennen. Im Licht brennender Luftschiffe am Nachthimmel darüber und im bleichen, sinkenden Schimmer von Fallschirmraketen sah Shrike ihre gepanzerten Raupenketten, ihre gewaltigen Kiefer und ihre Lage um Lage übereinandergestapelten Geschützstellungen und Eisenbunker.
Traktionsstädte. Eine ganze Armee, die sich einen Weg durch die Marschen bahnte. Der Anblick rief in Shrike vage Erinnerungen wach. Solche Städte hatte er schon gesehen. Zumindest hatte er einen Begriff davon. Ob er je an Bord gewesen war und was er dort getan haben könnte, daran konnte er sich nicht erinnern.
Als seine Retter ihn in das wartende Luftschiff verfrachteten, sah er einen Moment lang das entstellte Gesicht eines Mädchens vor sich, das voller Vertrauen zu ihm aufblickte – als erwartete sie etwas von ihm, das er ihr versprochen hatte.
Aber wer sie war und was ihr Gesicht in seinem Kopf zu suchen hatte, wusste er nicht mehr.
Mehrere Monate später und am anderen Ende der Welt lag Wren Natsworthy nachts wach und schaute zu, wie ein Flecken Mondlicht über die Wand kroch. Es war nach Mitternacht, und im Zimmer war nichts zu hören als Wrens eigener Atem und ein gelegentliches leises Knarren im Holz. Bestimmt gab es nirgendwo auf der Welt eine verschlafenere Stadt als die, in der sie lebte: Anchorage-in-Vineland war ein trauriges statisches Kaff an der felsigen Südküste einer namenlosen Insel in einem verlassenen See im hinterletzten Winkel des toten Kontinents.
Aber so ruhig es auch war, Wren konnte einfach nicht schlafen. Sie wälzte sich hin und her und verhedderte sich in den warmen Laken. Beim Abendbrot hatte sie wieder Streit mit Mum gehabt. Es war eine dieser Auseinandersetzungen, die mit irgendeiner Kleinigkeit begannen (in diesem Fall, dass Wren mit Tildy Smew und den Sastrugi-Jungs ausgehen wollte, statt den Abwasch zu machen) und sich rasend schnell zu einem verbissenen Kampf auswuchsen, samt Beleidigungen und Tränen und Vorwürfen, die sie aus der Mottenkiste hervorkramten und einander an den Kopf schleuderten wie Handgranaten, während Dad hilflos danebenstand und »Beruhige dich doch, Wren« oder »Hester, bitte!« sagte.
Am Ende hatte Wren natürlich verloren. Sie hatte das Geschirr spülen müssen und war danach, so laut es ging, die Treppe zum Schlafzimmer hochgestampft. Seitdem arbeitete ihr Kopf auf Hochtouren und ließ sich lauter schlagfertige Gemeinheiten einfallen, die sie vorhin hätte sagen sollen. Mum hatte doch keine Ahnung, was es hieß, fünfzehn Jahre alt zu sein. Sie war so hässlich, dass sie als Teenager vermutlich überhaupt keine Freunde gehabt hatte, und schon gar nicht solche wie Nate Sastrugi, von dem alle Mädchen in Anchorage schwärmten und der Tildy gesagt hatte, dass er Wren ziemlich nett fand. Ihre Mum hatte wahrscheinlich nie irgendjemand nett gefunden, außer Dad natürlich – und was Dad in ihr sah, war für Wren eins der großen ungelösten Rätsel von Vineland.
Sie wälzte sich wieder auf die andere Seite und versuchte, diese Gedanken loszuwerden, aber schließlich seufzte sie resigniert und stand auf. Vielleicht würde ein Spaziergang helfen, den Kopf freizubekommen. Und wenn ihre Eltern aufwachten und merkten, dass sie weg war, und sich Sorgen um sie machten, würde Mum bestimmt bereuen, sie wie ein Kind behandelt zu haben. Wren zog sich warme Sachen und Stiefel an und schlich durch das stille nächtliche Haus zur Tür.
Mum und Dad hatten das Haus vor sechzehn Jahren für sich ausgewählt, als Anchorage an Land ging und Wren noch nicht mehr war als ein kleines Würmchen in Mums Bauch. So ging die Familienlegende, die Gutenachtgeschichte, die Wren als kleines Mädchen erzählt bekommen hatte. Freya Rasmussen hatte den beiden erlaubt, sich irgendeins der Gebäude in der Oberstadt auszusuchen. Für dieses hatten sie sich entschieden: eine ehemalige Kaufmannsvilla an einer Straße namens Sirius Court mit Blick auf den Lufthafen. Es war ein gutes Haus, behaglich und stabil gebaut, mit gefliesten Böden und breiten Heizungsrohren aus Keramik, die Wände mit Holz und Bronze vertäfelt. Im Lauf der Jahre hatten Mum und Dad aus den umstehenden leeren Häusern weitere Möbel zusammengetragen und die Räume mit Bildern und Gardinen dekoriert, mit Treibholz von der Küste und mit Antiquitäten, die Dad von seinen Ausflügen in die Toten Berge mitbrachte.
Wren tappte durch den Flur, um ihren Mantel von der Garderobe zu holen. Sie achtete weder auf die Fotografien an den Wänden noch auf die kostbaren Bauteile alter Küchenmaschinen und Telefone in der Vitrine neben der Tür. Diese Dinge kannte sie schon von klein auf und interessierte sich überhaupt nicht mehr dafür. Seit einem Jahr ungefähr fühlte sich das ganze Haus zu eng an, als wäre Wren aus ihm herausgewachsen. Der vertraute Geruch nach Staub und Holzpolitur und nach Dads Büchern war heimelig, aber irgendwie auch stickig. Sie war fünfzehn Jahre alt, und das Leben drückte und kniff wie ein zu klein gewordener Schuh.
Wren schloss so leise wie möglich die Tür hinter sich und eilte den Sirius Court hinunter. In den Toten Bergen hing der Nebel so dicht wie Rauch, und auch Wrens Atem erzeugte weiße Wolken. Es war erst Anfang September, aber die Nachtluft roch schon nach Winter.
Der Mond stand tief, die Sterne leuchteten hell, und das Polarlicht schillerte am Himmel. Davor zeichnete sich im Herzen der Stadt der Winterpalast als schwarze Silhouette ab. Efeu franste seine Konturen aus. Im Winterpalast hatte früher die Herrschaftsfamilie von Anchorage gelebt, aber heute war da nur noch Miss Freya, damals die letzte Margrabina und jetzt die Lehrerin der Stadt. Seit ihrem fünften Lebensjahr hatte Wren an jedem Wochentag im Winter den Klassenraum im Erdgeschoss des Palasts besucht und sich von Miss Freya Geographie und Logarithmen und den Städtedarwinismus erklären lassen und lauter andere Sachen, die sie garantiert nie brauchen würde. Es hatte sie furchtbar gelangweilt, aber jetzt, wo sie fünfzehn und zu alt für die Schule war, vermisste sie den Unterricht schrecklich. Nie wieder würde sie in dem netten kleinen Klassenzimmer sitzen, es sei denn, sie folgte Miss Freyas Bitte und half ihr, die Kleineren zu unterrichten.
Dieses Angebot hatte die Lehrerin Wren schon vor Wochen gemacht, und sie würde bald darauf antworten müssen, denn wenn die Erntezeit vorbei war, sollten die Kinder von Anchorage wieder Unterricht bekommen. Aber Wren konnte sich nicht entscheiden, ob sie Miss Freyas Assistentin sein wollte. Sie mochte nicht einmal darüber nachdenken, jedenfalls nicht heute.
Am Ende des Sirius Court führte eine Treppe durch die Deckplatten ins Maschinenviertel. Schon als Wren die Metallstufen hinunterpolterte, schlug ihr ein sommerlicher Geruch entgegen, und sie hörte die Rostflocken, die sich unter ihren Stiefeln lösten, in die Heuhaufen fallen. Früher einmal, als Anchorage noch von starken Motoren getrieben über das Eis glitt und mit anderen Städten Handel trieb, musste es hier laut und geschäftig zugegangen sein. Aber schon seit Wrens Geburt war die Stadt fest in den Felsgrund dieser Insel eingegraben, und das Maschinenviertel diente jetzt als Lagerstätte für Heu und Wurzelgemüse und als Winterquartier für das Vieh. Im Mondlicht, das durch Oberlichter und Öffnungen in den Deckplatten fiel, konnte Wren die gestapelten Heuballen zwischen den leeren Treibstofftanks erkennen. Als sie klein war, hatte sie dieses verlassene Stadtviertel als Spielplatz benutzt, und auch jetzt noch kam sie gern hierher, wenn sie traurig oder einfach gelangweilt war, und stellte sich vor, wie das Leben ausgesehen hatte, als die Stadt noch fuhr. Die Erwachsenen sprachen immer von den schlimmen alten Zeiten und den Ängsten, die sie ausgestanden hatten, weil sie ständig in Gefahr waren, von größeren, schnelleren Siedlungen gefressen zu werden, aber Wren hätte die gewaltigen Traktionsstädte zu gern gesehen oder wäre im Luftschiff von einer zur anderen gefahren, wie Mum und Dad vor ihrer Geburt. Ihr Dad hatte auf dem Schreibtisch eine gerahmte Fotografie, auf der die beiden an Bord einer Stadt namens San Juan De Los Motores im Lufthafen vor ihrem hübschen kleinen Luftschiff Jenny Haniver standen, aber sie erzählten nie von ihren Abenteuern. Wren wusste nur, dass sie irgendwann in Anchorage gelandet waren, wo der niederträchtige Professor Pennyroyal ihr Luftschiff gestohlen hatte, und sie sich von da an auf das beschauliche, verschlafene Dorfleben in Vineland eingelassen hatten.
So ein blödes Pech, dachte Wren und atmete den warmen, blumigen Heuduft ein. Sie wäre viel lieber als Tochter von Luftkaufleuten aufgewachsen. Es klang alles so spannend, viel aufregender als ihr eigenes Leben auf dieser einsamen Insel, unter Leuten, für die ein Ruderbootrennen oder eine gute Apfelernte schon ein Ereignis war.
Irgendwo im Dunkel vor ihr fiel eine Tür zu, und Wren erschrak. Sie hatte sich schon so daran gewöhnt, im verlassenen unteren Deck allein zu sein, dass ihr die Vorstellung, jemand anders könnte sich hier unten herumtreiben, fast Angst einjagte. Da wurde ihr erst klar, wo sie sich befand: Sie war in Gedanken versunken bis ins Zentrum des Viertels spaziert, wo Caul, der Ingenieur von Anchorage, in einem kleinen Verschlag zwischen zwei Stützpfeilern lebte. Er war der einzige Bewohner des gesamten Decks, denn niemand sonst wollte zwischen Rost und Schatten leben, wenn oben in der Sonne geräumige Häuser leer standen. Aber Caul war eigen. Er mochte die Sonne nicht besonders, weil er in einem unterseeischen Diebesnest namens Grimsby aufgewachsen war, und von Gesellschaft hielt er genauso wenig. Mit Mr Scabious, dem früheren Obermaschinisten, hatte er sich gut verstanden, aber seit der alte Mann gestorben war, blieb Caul hier unten für sich.
Warum war er um diese Zeit noch auf? Wren wurde neugierig und stieg über eine Leiter auf einen der Laufstege unter dem Oberdeck, von wo sie den ehemaligen Maschinenraum und Cauls Hütte überblicken konnte. Caul stand vor der Tür seiner Behausung. Er hatte eine Handleuchte dabei und las in ihrem Licht einen kleinen Zettel. Nach einer Weile steckte er den Zettel ein und ging in Richtung Stadtrand.
Wren stieg die Leiter hinunter und schlich ihm nach. Das Herz schlug ihr bis zum Hals. Als sie kleiner war und systematisch die wenigen Kinderbücher in der Bibliothek der Margrabina durchgelesen hatte, waren ihre Lieblingsgeschichten die Abenteuer mutiger junger Hobbydetektivinnen gewesen, die in einer Tour Schmuggler entlarvten und antitraktionistische Verschwörungen aufdeckten. Sie hatte immer bedauert, dass es in ganz Vineland keine Verbrechen aufzuklären gab. Aber war Caul nicht früher ein Einbrecher gewesen? Vielleicht fiel er jetzt in alte Gewohnheiten zurück!
Nur dass es natürlich sinnlos war, in Anchorage irgendetwas zu stehlen, weil jeder sich aus den verlassenen Häusern und Läden alles nehmen konnte, was er wollte. Wren lief geduckt zwischen den halbzerlegten Maschinen hinter Cauls Verschlag hindurch und suchte nach plausibleren Erklärungen für seinen nächtlichen Ausflug. Vielleicht konnte er einfach nicht einschlafen, genau wie sie. Oder er hatte irgendwelche Sorgen. Ihre Freundin Tildy hatte Wren einmal erzählt, dass Caul vor vielen, vielen Jahren, in der Zeit, als Anchorage nach Vineland kam, in Miss Freya verliebt gewesen war und sie auch in ihn, dass aber nichts daraus wurde, weil Caul schon damals so ein komischer Eigenbrötler war. Vielleicht wanderte er Nacht für Nacht durch die leeren Straßen des Maschinenviertels und trauerte um die verlorene Liebe? Oder hatte er jemanden Neues gefunden und wollte sich jetzt heimlich am Stadtrand zu einem Rendezvous im Mondlicht mit ihr treffen?
Voller Vorfreude auf die Geschichte, die sie Tildy am nächsten Tag würde erzählen können, lief Wren weiter.
Aber am Stadtrand hielt Caul nicht an. Er stieg eine Treppe hinunter, die auf den nackten Boden führte, und folgte dem schweifenden Kegel seiner Handleuchte den Hang hinauf. Wren wartete ein Weilchen, dann sprang auch sie in das federnde Heidekraut und schlich den Pfad hoch, der zu einem Gebäude aus Naturstein führte, dem leise brummenden Wasserkraftwerk des alten Mr Scabious. Auch daran ging Caul einfach vorbei, durch die Obstplantage und quer über die Viehweiden bis hoch in den Wald.
Am höchsten Punkt der Insel, wo Nadelbäume die Luft mit ihrem Harzgeruch erfüllten und Felskämme durch die dünne Humusschicht drangen – die Zacken auf dem Rücken eines Drachen –, blieb Caul stehen, schaltete sein Licht aus und schaute sich um. Wren duckte sich zwanzig Schritt hinter ihm in die verästelten Schatten. Eine sanfte Brise fuhr ihr durchs Haar, und die Äste wischten mit ihren kleinen Händen über den nächtlichen Himmel.
Caul schaute auf die Stadt hinab, die sich am Südhang der Insel in eine Mulde schmiegte. Dann kehrte er ihr den Rücken, hob seine Handleuchte und schaltete sie dreimal an und wieder aus. Er ist verrückt geworden, dachte Wren, und dann, Ach nein, er sendet jemandem Signale, genau wie der böse Schuldirektor in Milly Crisp und das Geheimnis von Deck zwölf!
Und tatsächlich blitzte unten in einer der leeren Felsbuchten der Nordküste zur Antwort ein zweites Licht auf.
Caul lief weiter, und Wren heftete sich wieder heimlich an seine Fersen. Es ging steil bergab, den Nordhang hinunter, von wo Anchorage nicht mehr zu sehen war. Vielleicht waren er und Miss Freya wieder zusammen und verheimlichten es, weil sie nicht wollten, dass die Leute tratschten? Das war eine romantische Vorstellung, und Wren lächelte in sich hinein, als sie Caul auf einem abschüssigen Schafstrampelpfad folgte, dann durch einen Birkenhain und in eine Bucht zwischen zwei Felszungen.
Nicht Miss Freya wartete auf ihn, sondern ein Mann stand am Ufer und blickte Caul entgegen, als der durch den knirschenden Kies auf ihn zukam. Selbst aus der Entfernung und im schwachen Licht erkannte Wren sofort, dass sie den Mann noch nie gesehen hatte.
Erst konnte sie es gar nicht glauben. In Vineland gab es keine Fremden. Hier lebten nur die Leute, die an Bord von Anchorage hergekommen waren, und deren Kinder, und Wren kannte jeden einzelnen Bewohner. Aber der Mann am Ufer war ihr eindeutig fremd, und auch seine Stimme hatte sie noch nie gehört.
»Caul, alter Freund! Schön, dich zu sehen!«
»Hallo, Gargle«, sagte Caul zögerlich und ignorierte die Hand, die der Mann ihm entgegenstreckte.
Dann redeten sie weiter, aber Wren war so verblüfft, dass sie gar nicht hinhörte. Wer konnte das sein? Wie war er hergekommen? Was wollte er hier?
Die Antwort, die ihr plötzlich durch den Kopf schoss, gefiel ihr gar nicht. Die verlorenen Jungs. So hatte die Bande geheißen, zu der Caul als Kind gehörte und die das damals noch fahrende Anchorage mit ihren spinnenbeinigen Maschinen ausgeplündert hatte. Caul war aus dieser Gruppe ausgetreten, als er sich mit Miss Freya und Mr Scabious hier niederließ. Oder etwa nicht? Hatte er heimlich all die Jahre mit den verlorenen Jungs Kontakt gehalten und nur darauf gewartet, dass die Stadt wieder aufblühte, um sie noch einmal auszurauben?
Aber der Fremde am Strand war kein Junge. Er war ein ausgewachsener Mann mit langem dunklem Haar. Dazu trug er hohe Lederstiefel wie ein Pirat aus einem Bilderbuch und einen knielangen Mantel. Jetzt hakte er sich die Daumen in den Gürtel, und Wren sah, dass er ein Pistolenhalfter trug.
Ihr war klar, dass sie mit alldem nicht allein fertigwerden würde, dass sie schnellstens nach Hause musste, um ihre Eltern vor der Gefahr zu warnen. Aber die beiden Männer kamen in ihre Richtung, und wenn sie jetzt loslief, würden sie sie bemerken. Also duckte sie sich tiefer in die Ginsterbüsche hinter dem Strand, Stück für Stück, immer wenn das Geräusch der Stiefel im Kies ihr Geraschel überdeckte.
Es klang jetzt so, als wollte der Mann namens Gargle etwas Lustiges erzählen, aber Caul schnitt ihm das Wort ab. »Was willst du hier, Gargle? Ich dachte, ich würde die verlorenen Jungs nie wiedersehen. Deine Nachricht unter meiner Tür hat mir einen ziemlichen Schreck eingejagt. Wie lange schleichst du hier schon herum?«
»Seit gestern«, sagte Gargle. »Wir wollten nur mal hallo sagen und schauen, wie es einem alten Freund geht.«
»Und warum zeigt ihr euch dann nicht? Warum kommt ihr mich nicht tagsüber besuchen, sondern schreibt Zettel und lockt mich nachts hier an den Strand?«
»Ganz ehrlich, Caul, genau das hatte ich vor. Ich wollte mit der Zecke vorn am Steg anlegen, ganz offen und ganz vorschriftsmäßig, aber natürlich habe ich erst mal Crabcams vorgeschickt, so zur Sicherheit, du verstehst. Und das war auch besser so, oder? Ich meine – was ist hier los, Caul? Ich dachte, aus dir wäre was geworden! Und jetzt schau dich an mit deinem ölverschmierten Overall, den fettigen Haaren und dem wochenalten Bart. Ist das hier gerade Mode, wie ein wirrer Penner rumzulaufen? Ich dachte, du heiratest die Margrabina, diese Freya Dingsbums.«
»Rasmussen«, sagte Caul traurig und wandte sich ab. »Das dachte ich auch. Es ist nichts draus geworden, Gargle. Ich kann das schlecht erklären. Es ist alles nicht so, wie man es sich durch die Crabcams vorstellt. Ich hab hier nie richtig reingepasst.«
»Und ich dachte, die empfangen dich mit offenen Armen!« Gargle klang schockiert. »Nachdem du ihnen doch die Karte gebracht hast und alles.«
Caul zuckte mit den Schultern. »Die waren schon alle nett. Ich hab nur nicht reingepasst. Ich bin nicht gut im Reden, und Reden ist den Drögen nun mal wichtig. Als Mr Scabious noch lebte, lief es gut. Wir haben zusammen gearbeitet, und dabei musste man nicht dauernd was sagen. Die Arbeit war wichtiger. Aber jetzt, wo er tot ist … Wie steht es denn bei dir? Und bei Onkel? Wie geht es ihm?«
»Als ob dich das interessieren würde.«
»Das tut es! Ich denke oft an ihn. Ist er …«
»Nein, er lebt noch, Caul«, sagte Gargle.
»Als wir uns zuletzt gesehen haben, wolltest du ihn loswerden und den Laden übernehmen.«
»Den Laden übernommen habe ich schon mal«, sagte Gargle mit einem Grinsen. »Onkel ist nicht mehr der Hellste. Von dem Ding damals auf dem Korsarenkliff hat er sich nie wieder richtig erholt. So viele seiner besten Jungs sind da draufgegangen, und es war seine Schuld. Das hätte ihn beinahe erledigt. Seitdem überlässt er fast alles mir. Die Jungs schauen zu mir auf.«
»Das glaub ich gern«, sagte Caul, und es lag eine Bedeutung in seinen Worten, die Wren nicht begriff, als ob sie an ein Gespräch anknüpften, das schon vor langer Zeit begonnen hatte.
»Du hast geschrieben, du bräuchtest meine Hilfe«, sagte Caul.
»Ich dachte, ich frage einfach mal«, sagte Gargle. »So unter alten Freunden.«
»Wie ist dein Plan?«
»Was heißt hier Plan?«, antwortete Gargle beleidigt. »Ich bin doch nicht auf Beutetour hier, Caul. Ich beklaue schon nicht deine lieben Drögenfreunde. Mir geht es nur um eine winzige Sache, ein ganz bestimmtes kleines Ding, das überhaupt niemand vermissen wird. Mit den Crabcams hab ich’s schon gesucht und meine beste Fachkraft vorgeschickt, aber wir kommen ums Verrecken nicht dran. Also dachte ich: Was wir brauchen, ist ein Insider. Und das bist du! Auf Caul können wir zählen, hab ich meiner Crew gesagt.«
»Tja, da irrst du dich«, sagte Caul. Seine Stimme zitterte. »Ich hab zwar nie hier reingepasst, aber ein verlorener Junge bin ich auch nicht. Jetzt nicht mehr. Ich werde dir niemals helfen, Freya zu bestehlen. Ich will dich hier nicht haben. Ich werde keinem sagen, dass du hier warst, aber ich halte die Augen und Ohren offen. Wenn ich irgendwo eine Crabcam erwische oder wenn irgendwann irgendjemandem etwas fehlt, erzähle ich den Drögen alles über euch. Dann sind sie gewarnt, falls ihr je wieder nach Anchorage kommt.«
Caul wandte sich ab und marschierte los. Keine Armeslänge von Wrens Versteck entfernt bahnte er sich krachend einen Weg durch die Ginsterbüsche. Sie hörte ihn straucheln und fluchen, und dann wurden die Geräusche leiser, je weiter er den Hang hochstapfte. »Caul!«, rief Gargle, aber nicht besonders laut. Es war eher ein geflüstertes Rufen, in das sich Kränkung und Enttäuschung mischten. »Caul!« Dann gab er auf, blieb nachdenklich stehen und fuhr sich mit einer Hand durchs Haar.
Wren regte sich, aber ganz vorsichtig und leise, um den Moment abzupassen, wo der Mann ihr den Rücken zudrehte und sie sich davonschleichen konnte. Aber Gargle drehte sich nicht weg. Er hob den Kopf, schaute genau in ihre Richtung und sagte: »Ich bin nicht so taub und blind wie der alte Caul. Du kannst jetzt rauskommen.«
In einer einzigen hektischen Bewegung sprang Wren auf, drehte sich um und rannte los, aber sie war keine drei Schritte weit gekommen, als eine dunkle Gestalt links von ihr auftauchte, sie packte und zu Boden warf. »Caul!«, wollte sie schreien, aber eine kalte Hand presste sich ihr auf den Mund. Die Gestalt starrte auf sie herab – noch ein blasses Gesicht, aber von schwarzen Haarsträhnen halb verborgen –, bis der Mann vom Strand da war. Der Strahl einer Handlampe blendete Wren.
»Sachte«, sagte der Mann namens Gargle. »Ganz sachte. Es ist eine Frau! Eine junge Dame. Hab ich’s mir doch gedacht.« Er drehte den schmalen, bläulichen Lichtkegel weg, so dass Wren ihn ansehen konnte. Sie hatte gedacht, er müsste in Cauls Alter sein, aber er war jünger. Und er lächelte sie an. »Wie heißt du?«
»W-Wren«, stammelte sie. »Wren N-N-N-Natsworthy.« Und als Gargle die vielen gestotterten Ns herausgefiltert hatte, lächelte er noch viel breiter und herzlicher.
»Natsworthy? Doch nicht die Tochter von Tom Natsworthy?«
»Kennen Sie etwa meinen Dad?«, fragte Wren. Im ersten Moment fragte sie sich, ob ihr Vater sich auch heimlich mit den verlorenen Jungs in den Felsbuchten an der Nordküste getroffen hatte, aber natürlich redete Gargle von früher.
»Ich erinnere mich sehr gut an ihn«, sagte Gargle. »Er war mal an Bord der Screw Worm zu Gast. Ein guter Mann. Und deine Mutter ist dann also seine Freundin, die mit der Narbe? Wie hieß sie gleich … Hester Shaw. Ich finde, es spricht für ihn, dass er so jemanden lieben kann. Tom interessiert sich nicht für Äußerlichkeiten. Er schaut genauer hin. Das findet man bei Drögen selten.«
»Was machen wir mit ihr, Gar?«, fragte Wrens Bewacher mit einer seltsam weichen Stimme. »An die Fische verfüttern?«
»Nehmen wir sie doch mit an Bord«, sagte Gargle. »Ich würde Tom Natsworthys Tochter gern ein bisschen näher kennenlernen.«
Wren, die sich gerade in den Griff bekommen hatte, kriegte wieder panische Angst. »Ich muss nach Hause!«, stieß sie schrill hervor und wollte loslaufen, aber Gargle hakte sich seelenruhig bei ihr unter.
»Komm doch mit rein«, sagte er mit einem netten Lächeln. »Ich will nur kurz reden. Dir erklären, warum ich mich wie ein Dieb hier in eurem See verstecke. Ich bin natürlich ein Dieb, aber ich finde, du solltest meine Sicht der Dinge kennen, bevor du deine Entscheidung triffst.«
»Welche Entscheidung?«, fragte Wren.
»Ob du deinen Eltern und deinen Freunden erzählen willst, was du heute hier gesehen hast.«
Wren hatte das Gefühl, ihm vertrauen zu können, aber ganz sicher war sie nicht. Sie hatte sich noch nie Gedanken machen müssen, ob sie jemandem vertrauen konnte. Weil Gargles Lächeln sie durcheinanderbrachte, schaute sie an ihm vorbei, zum Strand hinunter. Das Wasser zwischen den Felsvorsprüngen schimmerte blau. Erst dachte Wren, es sei ein Nachbild von der blendenden Handleuchte, doch dann wurde der Lichtschimmer immer heller, und sie erkannte, dass da eine Lampe von unten durch das Wasser strahlte. Gut zehn Meter vom Ufer durchbrach ein riesiges Ding die Wasseroberfläche.
Hinter Cauls Wohnverschlag im Maschinenviertel rostete die Zecke vor sich hin, mit der er damals nach Anchorage gekommen war. Sie trug den Namen Screw Worm, und Wren und ihre Freunde hatten als Kinder oft zwischen ihren geknickten Beinen Verstecken gespielt. Es war ein komisches Gerät mit seinen platten Füßen und den gewölbten Fenstern, die aussahen wie Fliegenaugen. Wren war überrascht, wie elegant sich so eine Zecke bewegen konnte und wie geschmeidig ihr gerundeter Rumpf aussah, als sie an Land watete und das Wasser im Mondlicht glitzernd an ihr herabglitt.
Diese Zecke war kleiner als die Screw Worm, und ihr Rumpf war flacher. Wren meinte zu erkennen, dass sie in Tarnfarben lackiert war, aber das war im Dunkeln nicht sicher auszumachen. Hinter den Augenfenstern sah sie das konzentrierte Gesicht eines kleinen Jungen, der die Maschine lenkte. Am Ufer hielt er die Zecke an, und eine Rampe wurde mit einem pneumatischen Zischen aus dem Rumpf herausgefahren und grub sich knirschend in den Kies.
»Die Zecke Autolycus«, sagte Gargle mit einer weit ausholenden Armbewegung. »Das Prunkstück unserer Flotte. Komm doch an Bord! Bitte. Ich verspreche, dass wir nicht ablegen, bevor du wieder von Bord gegangen bist.«
»Und wenn noch mehr Dröge kommen?«, fragte der andere verlorene Junge, der, wie Wren jetzt auffiel, gar kein Junge war, sondern ein ziemlich mürrisches und ziemlich hübsches Mädchen. »Wenn Caul Alarm geschlagen hat?«
»Caul hat uns sein Wort gegeben«, sagte Gargle. »Das reicht mir.«
Das Mädchen wirkte nicht sehr überzeugt und starrte Wren misstrauisch an. Die dunkle Weste, die sie trug, hing offen, und im Gürtel steckte eine Pistole. Ich habe keine Wahl, dachte Wren. Ich muss Gargle einfach vertrauen. Und als sie das erst einmal beschlossen hatte, war es leicht, die Rampe hochzusteigen und den kühlen, blau leuchtenden Rumpf der Zecke zu betreten. Wenn Gargle sie umbringen wollte, hätte er das schließlich schon am Strand getan.
Sie wurde nach achtern geführt, in eine Kajüte, die vermutlich Gargle gehörte. Stoffe verbargen die matten Metallwände, und es gab ein wenig Nippes und Bücher. Ein glimmendes Räucherstäbchen überdeckte den modrigen, metallischen Dunst der Zecke mit etwas anderem, das Wren an Entdecker und ferne Länder denken ließ. Sie setzte sich in einen Sessel, und Gargle nahm auf dem Rand seiner Koje Platz. Das Mädchen wartete an der Schottentür und starrte Wren noch immer finster an. Hinter ihr stand der kleine Junge, den Wren durch die Bullaugen gesehen hatte, und bestaunte sie aus großen Augen, bis Gargle sagte: »Fishcake, ab auf deinen Posten.«
»Aber …«
»Aber zack!«
Der Junge trollte sich. Gargle lächelte Wren komplizenhaft zu. »Du musst entschuldigen. Fishcake ist ein Frischling, zehn Jahre alt, gerade erst dem Kleptorium entwachsen. Er hat noch nie eine Dröge aus der Nähe gesehen. Und dann gleich so eine hübsche.«
Wren wurde rot und senkte den Blick auf ihre Stiefel, von denen brackiges Wasser auf Gargles dicke Orientteppiche troff. Das Kleptorium, das wusste sie noch, war die Schule der verlorenen Jungs. Sie wurden als Kleinkinder aus den Unterdecks von Floßstädten entführt, in die versunkene Stadt Grimsby verschleppt und dort zu Dieben ausgebildet. Und Crabcams waren die Roboterkameras, mit denen sie ihre Opfer ausspionierten. Miss Freya hatte mit den Schülern einmal ein Projekt zu den verlorenen Jungs gemacht. Wren hatte das Thema total überflüssig gefunden.
Gargle wandte sich an das Mädchen an der Tür. »Remora, unserer Besucherin ist kalt. Mach ihr doch eine heiße Schokolade, ja?«
»Ich wusste gar nicht, dass es auch verlorene Mädchen gibt«, sagte Wren, als das Mädchen weg war.
»In Grimsby hat sich ’ne Menge verändert seit Cauls Zeiten«, antwortete Gargle. »Nur unter uns, Wren: Ich leite den Laden inzwischen praktisch. Die primitiven Schlägertypen, mit denen Onkel sich umgeben hatte, bin ich losgeworden und habe ihn sozusagen überredet, auch Mädchen nach Grimsby zu holen. Es tat uns nicht gut, ohne Mädchen zu leben. Sie sind so gute Vorbilder.«
Wren schaute durch die Schottentür. Das Mädchen namens Remora klapperte in einer Art Küche mit Töpfen. Besonders vorbildlich sah sie dabei nicht aus. »Ist das Ihre Frau?«, fragte Wren und schob dann, um nicht spießig zu klingen, nach: »Oder Ihre Freundin oder so was?«
Remora hob ruckartig den Kopf. »Wer, Mora?«, fragte Gargle. »Nein. Es hat sich rausgestellt, dass manche Mädchen noch begnadetere Diebe sind als die Jungs. Remora ist eine der besten, die wir haben. Genau wie Fishcake trotz seines zarten Alters unser bester Mechaniker ist. Verstehst du, Wren, ich wollte bei dieser Mission nur die Besten an Bord haben, denn es gibt hier in Anchorage etwas, das ich sehr dringend brauche. Als ich damals, vor Jahren, mit Caul an Bord der Screw Worm war, habe ich es gesehen, aber nicht mitgenommen, weil ich es für wertlos hielt.«
»Was denn?«, fragte Wren.
Gargle antwortete nicht gleich, sondern musterte erst einmal ihr Gesicht, als wollte er sichergehen, dass er ihr auch wirklich vertrauen konnte. Das gefiel Wren. Er behandelte sie nicht wie ein Kind, anders als … andere Leute. »Eine junge Dame« hatte er sie genannt, und so redete er jetzt auch mit ihr.
»Ich hasse es«, sagte er schließlich, beugte sich vor und schaute Wren tief in die Augen. »Das musst du mir glauben. Ich hasse es, heimlich hierherzukommen. Viel lieber würde ich mit der Autolycus ganz offen in den Hafen einlaufen und sagen: ›Wir sind’s, eure Freunde aus Grimsby, und wir brauchen eure Hilfe.‹ Wenn Caul sich hier so gut gemacht hätte, wie ich dachte, hätten wir genau das auch getan. Aber wer würde uns trauen, so wie die Dinge stattdessen stehen? Wir sind verlorene Jungs. Einbrecher und Diebe. Niemand würde uns glauben, dass wir nichts weiter wollen als ein Buch, ein einziges Buch aus der Bibliothek der Margrabina.«
Remora kam in die Kajüte und reichte Wren einen Blechbecher mit duftender heißer Schokolade. »Danke«, sagte Wren und war froh, dass das Gespräch unterbrochen wurde, denn Gargle sollte nicht sehen, wie sehr seine Worte sie erschreckt hatten. Miss Freyas Bibliothek war einer von Wrens Lieblingsorten, eine Schatzhöhle mit Tausenden und Abertausenden schönen alten Büchern. Früher war sie in einem der Obergeschosse des Winterpalasts untergebracht gewesen, aber da dort niemand mehr wohnte und um Heizmaterial zu sparen, hatte Miss Freya beschlossen, sie ins Erdgeschoss zu verlegen …
»Ach, deshalb konnten Sie es nicht finden!«, rief sie aus. »Die Bücher sind umgestellt worden, seit Sie das letzte Mal hier waren.«
Gargle schenkte ihr ein anerkennendes Lächeln und nickte. »Ganz genau!«, sagte er. »Mit den Crabcams würden wir Wochen brauchen, um das richtige zu finden, und diese Wochen haben wir nicht. Deshalb habe ich mich gefragt, ob du uns wohl helfen würdest?«
Wren hatte gerade den ersten Schluck Kakao getrunken. Die Kakaovorräte von Anchorage waren schon vor Jahren zur Neige gegangen, und sie hatte ganz vergessen, wie großartig er schmeckte. Aber bei Gargles Frage hätte sie sich fast daran verschluckt. »Ich?«, stammelte sie. »Ich bin doch keine Diebin.«
»Und ich würde dich auch nie bitten, eine zu werden«, sagte Gargle. »Aber dein Vater ist doch ein kluger Mann. Und versteht sich gut mit der Margrabina, wenn meine Erinnerung nicht trügt. Er könnte dir bestimmt sagen, wo das Buch steht, das wir brauchen. Du müsstest es nur herausfinden und mir sagen, und den Rest übernimmt dann Remora. Man nennt es das Zinnbuch.«
Wren war entschlossen gewesen abzulehnen, aber dass sie von dem Buch noch nie gehört hatte, ließ sie zögern. Sie hatte gedacht, es würde ihm um einen der kostbaren Bücherschätze Anchorages gehen, die großformatige illuminierte Ausgabe der Taten der Eisgötter oder Wormwolds Historia Anchoragia. »Aber wer braucht denn ein ganzes Buch nur über Zinn?«, fragte sie.
Gargle lachte, als hätte sie einen guten Witz gemacht. »Es ist kein Buch über Zinn«, sagte er, »sondern es ist daraus gemacht. Seine Seiten sind aus Blech.«
Wren schüttelte den Kopf. So ein Buch war ihr nie untergekommen. »Warum wollen Sie es denn überhaupt?«, fragte sie.
»Weil wir Diebe sind. Und gehört haben, dass es etwas wert ist«, sagte Gargle.
»Das muss es ja wohl! Wenn Sie dafür so weit fahren …«
»Es gibt Leute, die solche Sachen sammeln, alte Bücher und so weiter. Wir tauschen sie dann gegen Dinge, die wir brauchen.« Gargle zögerte, betrachtete sie wieder und sagte mit großem Ernst: »Bitte, Wren, frag doch deinen Vater. Der war immer in Museen und Büchereien zugange, damals. Er weiß bestimmt, wo das Zinnbuch ist.«
Wren trank ihre heiße Schokolade und dachte nach. Wenn er nach den Göttertaten gefragt hätte oder nach sonst einem der großen Klassiker, hätte sie ihn sofort abgewiesen. Aber ein Buch aus Blech, von dem sie noch nicht einmal gehört hatte … Das konnte schließlich nicht so wichtig sein, oder? Vermutlich würde es niemand vermissen. Und Gargle wollte es so gerne haben.
»Na gut«, sagte sie ohne viel Überzeugung.
»Danke, Wren!« Gargle nahm ihre beiden Hände. Seine waren warm, und seine Augen waren wirklich ziemlich schön. Wren konnte es kaum erwarten, Tildy davon zu erzählen, wie sie mitten in der Nacht mit einem gutaussehenden Tiefseepiraten Kakao getrunken hatte, aber dann fiel ihr ein, dass sie weder Tildy noch sonst wem von Gargle und der Autolycus erzählen durfte. Irgendwie machte es das sogar noch besser. Sie hatte noch nie ein richtiges Geheimnis gehabt.
»Wir treffen uns morgen gegen sechs in dem Waldstück auf dem Gipfel«, sagte Gargle. »Passt das? Hast du da frei?«
»Dann ist Abendbrotzeit. Da muss ich zu Hause sein. Meine Mum …«
»Dann mittags. Um zwölf oder kurz danach.«
»Na gut …«
»Aber erst einmal … Soll Remora dich nach Hause begleiten?«
»Ich finde schon zurück«, sagte Wren. »Ich gehe oft im Dunkeln spazieren.«
»Vielleicht wird ja doch noch ein verlorenes Mädchen aus dir«, sagte Gargle und lachte, um zu betonen, dass es nur ein Scherz war. Er erhob sich, und Wren auch, und sie gingen zurück zur Rampe. Fishcake schaute ihnen aus der Führerkabine nach. Draußen wehte der Wind und plätscherten die Wellen und schien der Mond, als sei überhaupt nichts gewesen. Wren winkte, verabschiedete sich, winkte noch einmal und eilte dann über den Kiesstrand und den Hang hinauf.
Gargle schaute ihr nach, bis sie verschwunden war. Das Mädchen Remora stellte sich dazu und nahm seine Hand. »Vertraust du ihr?«, fragte sie.
»Keine Ahnung. Vielleicht. Einen Versuch ist es wert. Wir haben keine Zeit, hier ewig nach dem Ding zu suchen, und die Crabcams können wir in diesem Dreckloch kaum einsetzen, weil sich die Drögen dran erinnern. Wenn die das Geklapper von Magnetfüßen in ihren Heizungsrohren hören, zählen sie gleich eins und eins zusammen. Aber keine Sorge – Fishcake wird ein paar um Wrens Haus platzieren, damit wir mitbekommen, ob sie uns bei ihren Eltern verpetzt.«
»Und was, wenn?«
»Dann töten wir sie alle miteinander«, sagte Gargle. »Und Wren überlasse ich deiner hübschen kleinen Klinge.« Er küsste sie, und sie gingen zusammen wieder an Bord.
Wren, die von alledem nichts ahnte, eilte heimwärts. In ihrem Kopf wirbelten die Gedanken durcheinander, schuldbewusste und schöne, und sie fühlte sich, als sei sie in den letzten Stunden reifer geworden als in den ganzen bisherigen fünfzehn Jahren.
Am nächsten Morgen war strahlendes Wetter. Der Himmel über dem See war glockenblumenblau, das Wasser ruhig, und jede der kleinen Inseln von Vineland saß hübsch ordentlich auf ihrem Spiegelbild. Wren schlief nach ihren nächtlichen Abenteuern länger als sonst, aber vor dem Zimmerfenster erwachte Anchorage zum Leben. Rauch stieg aus den Schornsteinen der dreißig bewohnten Häuser, und die Fischer liefen die Treppen zur Ankerbucht hinunter und wünschten einander einen guten Morgen.
Am nördlichen Seeufer erhob sich ein gebänderter Berg, der viel höher war als die Toten Berge im Süden. Auf seinen Ausläufern wuchsen Büsche und Nadelbäume und steil ansteigende Wildblumenwiesen, und auf einer dieser Wiesen graste ein Rudel Hirsche. Es gab viele Hirsche in den Wäldern am grünen Ufer, und manche waren sogar über den See geschwommen, um sich auf den verwilderten Inseln anzusiedeln. Die Bewohner von Anchorage hatten lange darüber gerätselt, woher sie kamen, ob sie den Untergang des Amerikanischen Weltreichs überlebt hatten, aus dem eisigen Norden eingewandert waren oder aus grünen Enklaven viel weiter im Westen stammten. Hester Natsworthy, die gerade im Schutz der Bäume windabwärts ihren Bogen spannte, fragte sich nur, wie viel Fleisch die Tiere auf den Rippen hatten.
Mit einem schnellen leisen Geräusch straffte sich die Sehne. Die Hirsche sprangen hoch und jagten, sobald ihre Hufe den Boden berührten, in den nahen Wald – alle bis auf die größte Hirschkuh, die mit einem Pfeil im Herzen tot zusammenbrach und nur noch mit den schlanken Läufen zuckte. Hester stieg den Hang hoch, zog den Pfeil heraus und säuberte die Spitze mit trockenem Gras, bevor sie ihn wieder in den Köcher steckte. Das Blut leuchtete in der Sonne. Hester tunkte ihren Finger in die Wunde, bestrich sich damit die Stirn und sprach ein leises Gebet an die Göttin der Jagd, damit der Geist der Hirschkuh sie nicht verfolgte. Dann wuchtete sie sich das Tier auf die Schulter und stapfte den Hang hinunter zu ihrem Boot.
Die anderen Bewohner Vinelands jagten selten Hirsche. Sie behaupteten, sie hätten von den Fischen und Wasservögeln genug Fleisch zu essen, aber Hester ahnte, dass es an dem hübschen Fell und den großen dunklen Augen lag, die den weichherzigen Leuten den Bogen zittern machten. Sie selbst hatte kein weiches Herz, und die Jagd war das Handwerk, das sie am besten beherrschte. Ihr gefielen die Stille und Einsamkeit der Wälder am frühen Morgen, und manchmal gefiel es ihr besonders, ohne Wren dort zu sein.
Wehmütig erinnerte sich Hester an das sonnige kleine Mädchen, das Wren einmal gewesen war – wie sie lachend am Seeufer planschte oder sich in ihren Schoß schmiegte, wenn ihre Mutter für sie sang. Als Wren dann liebevoll zu Hester aufsah und mit ihren pummeligen Fingern die Narbe entlangfuhr, die ihr Gesicht in zwei Hälften teilte, glaubte Hester, sie hätte endlich jemanden gefunden, der sie genau so liebte, wie sie war, und sich nicht um ihr Aussehen scherte. Denn Tom behauptete zwar immer, Äußerlichkeiten interessierten ihn nicht, aber Hester hatte nie ganz die Angst abschütteln können, dass er sich im Grunde seines Herzens eine schönere Frau wünschte.
Dann war Wren herangewachsen, und es war der Tag gekommen – im Alter von acht oder neun Jahren –, wo sie Hester plötzlich so sah, wie alle anderen sie sahen. Sie musste es nicht einmal aussprechen: Hester kannte diese mitleidigen, peinlich berührten Blicke zur Genüge, und sie spürte, wie Wren sich wand, wenn sie zusammen ihren Schulfreunden begegneten. Ihre eigene Tochter schämte sich für sie.
»Das ist nur eine Phase«, hatte Tom gesagt, als Hester ihm davon erzählte. Tom vergötterte Wren, und Hester hatte das Gefühl, dass er sich immer auf ihre Seite stellte. »Das vergeht wieder. Du weißt ja, wie Kinder sind.«
Aber Hester wusste nicht, wie Kinder waren. Ihre eigene Kindheit war sehr früh und abrupt geendet, als ihre Mutter und ihr vermeintlicher Vater von ihrem wahren Vater, Thaddeus Valentine, ermordet wurden. Sie hatte keine Ahnung, was für Kinder normal war und was nicht. Je älter Wren wurde und je widerspenstiger und je deutlicher die Adlernase ihres Großvaters ihr aus dem Gesicht ragte wie die Spitze eines Dolchs, die ein Porträt durchstößt, desto schwerer fiel es Hester, mit ihr Geduld zu haben. Ein-, zweimal hatte sie sich sogar bei dem Wunsch ertappt, Wren wäre nie geboren worden und sie hätte Tom wieder für sich allein wie damals auf den Vogelpfaden.
Als Wren endlich erwachte, stand die Sonne hoch am Himmel. Sie konnte durch das offene Fenster die Rufe der heimkehrenden Fischer unten am Strand hören, das Gelächter kleiner Kinder und den steten Rhythmus der Axt, mit der ihr Vater hinten im Garten Brennholz hackte. Der Nachgeschmack von Schokolade klebte ihr am Gaumen. Wren blieb noch ein Weilchen liegen und genoss das Gefühl, dass niemand, den sie da draußen hörte, dass überhaupt niemand in ganz Vineland ihr großes Geheimnis kannte. Dann rappelte sie sich hoch und eilte ins Bad, um sich zu waschen. Aus dem fleckigen Spiegel über dem Becken schaute ihr ein langes, schmales, kluges Gesicht entgegen. Sie hasste ihre Hakennase und die kleinen Pickel um ihren zu kleinen Mund, aber mit ihren Augen war sie zufrieden: große, ausdrucksvolle Augen mit leuchtend grauer Iris. Seefahreraugen hatte Dad sie einmal genannt, und Wren wusste zwar nicht, was er damit meinte, aber es klang irgendwie gut. Sie band ihr kupferrotes Haar zu einem Zopf zusammen und musste daran denken, dass Gargle sie als hübsch bezeichnet hatte. Sie selbst wäre nie auf die Idee gekommen, sich hübsch zu finden, aber jetzt hatte sie den Eindruck, er hätte durchaus recht.