Michael Köhlmeiers
Märchen Dekamerone
Eine Weltreise in hundert Geschichten
Diederichs
Michael Köhlmeiers
Märchen Dekamerone
Eine Weltreise in hundert Geschichten
Diederichs
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Die Märchentexte in dieser Sammlung erscheinen in alter deutscher Rechtschreibung.
2. Auflage 2012
© 2011 Diederichs Verlag, München,
in der Verlagsgruppe Random House GmbH,
Neumarkter Str. 28, 81673 München.
Umschlaggestaltung: Weiss | Werkstatt | München
unter Verwendung eines Motivs © Trevillion Images / Clayton Bastiani
ISBN 978-3-641-13481-5
V003
Weitere Informationen zu diesem Buch und unserem gesamten lieferbaren Programm finden Sie unter:
www.diederichs-verlag.de
Inhalt
Wo das Erzählen noch geholfen hat
Die Tür
Ritter Blaubart
Der Wolf und die sieben jungen Geißlein
Ahmeds Glück
Der unterirdische Nachbar
Ali Baba und die vierzig Räuber
Der Haustürschlüssel
Rotz-Risto
Die Reise ins Totenreich
Die eingeschlossenen Wilden
Im Erdenreich
Bruder und Schwester
Die wilden Schwäne
Yamasachi und Umisachi
Die zwei Brüder
Die Schwäger der Sonne
Das Zaubergeweih
Marlu und Yaba, die Geckobrüder
Die Taube
Das Schwalbenbein
Der böswillige Bruder
Brüderchen und Schwesterchen
Drei
Drei Königskinder
Die Geschichte von den drei kleinen Schweinchen
Der Teufel mit den drei goldenen Haaren
Der wilde Mann und der Königssohn
Die drei Lügner
Das kalte Herz
Dem fehlt nichts, in den alle Weiber verliebt sind
Die drei Musikanten
Die Zarentochter Frosch
Drei Scheffel Reis, drei Schwiegertöchter
In die weite Welt hinaus
Die Geschichte von Robin Hood, dem Hauptmann der lustigen Geächteten vom Sherwood-Wald
Hans im Glück
Vom Knaben, der träumte
Kannitverstan
Zweierlei Leben
Der hölzerne Adler
Per Gynt
Der kleine Häwelmann
Der Ziegenbock auf Pilgerfahrt
Der Zauberhengst
Die Tiere
Der Geier
Das Geheimnis der Schlange
Selbstmord der Hasen
Die Bremer Stadtmusikanten
Whittington und seine Katze
Wie die Sonne gestohlen wurde
Der Tausendkünstler der Ebene
Die Nußdiebe
Die Goldbörse
Das Klapperstorch-Märchen
Der Böse
Das Mädchen ohne Hände
Es gibt keinen Teufel mehr
Vom Kater Mitzpuf
Von dem Affengott im Lande Hida, der sich Menschenopfer darbringen ließ
Der gelehrte Herr Nam
Die Szekler Frau und der Teufel
Das versunkene Schloß
Das Strandgespenst
Die sieben wundertätigen Bergleute
Imana und der habgierige Sebgugugu
Niemandes Kind
Das kleine Mädchen mit den Schwefelhölzern
Das Mädchen ohne Hände (II)
Der Zwerg Nase
Das häßliche junge Entlein
Das verlassene Kind
Zottelhaube
Des Königs Vogel
Märchen vom geraubten Rom-Mädchen
Frau Holle
Das Ende der Welt
Verwandelt, verzaubert, verflucht
Der Puma, der zaubern konnte
Die Geschichte von dem Prinzen, der eine Prinzessin befreite
Der erste Maulwurf in Cornwall
Bertha mit den großen Füßen
Goldapfelsins Tochter
Die kleine Meerfrau
Die hufbeschlagene Frau Körmöndi
Ulfhild, die Elbenfrau
Der Berg der lichten Frauen
Schneewittchen
Der Tod
Der Jäger Gracchus
Das Land, wo man nie stirbt
Der Kamerad
Der kluge Arzt oder die Todesfurcht als Heilmittel
Die viermal getötete Frau
Elend währt bis an den Jüngsten Tag
Seághan mit den beiden Schafen
Der Tod der Elster
Der Gevatter Tod
Der Schatten
Die Liebe
Die Nachtigall und die Rose
Ein Quart Verstand
Die Blinde und der Taubstumme
Der Fisch und seine Braut
Der standhafte Zinnsoldat
Von dem Riesen, der sein Herz nicht bei sich hatte
Rosalindo und Rosalie
König Drosselbart
Ich bin ein Feuer
Unverhofftes Wiedersehen
Quellenverzeichnis
Über den Autor
Wo das Erzählen noch geholfen hat
1
Mein Vater war Historiker und in der Familie zuständig für die große Geschichte. Als wir unser erstes Auto anschafften, einen Opel Record, war ich zehn. Von da nun fuhren wir an den Wochenenden ins Elsass oder über die Schweizer Grenze nach Einsiedeln oder nach Ulm. Während mein Vater lenkte, hielt er Vorträge über den Maler Matthias Grünewald und seinen Altar in Colmar oder über den heiligen Meinrad, der vor über tausend Jahren von zwei Landstreichern genau an der Stelle erschlagen worden war, wo heute die barocke Kirche von Einsiedeln steht (die mir als das Werk eines Wahnsinnigen erschien – wer häuft schon solche Pracht auf so engen Raum!); oder er erklärte uns, mit dem Rücken zum Ulmer Münster, warum es für die Menschen damals dringend nötig gewesen war, eine Kirche zu bauen, in der die Einwohner der Stadt dreimal Platz gefunden hätten. Mein Vater konnte gut erzählen, dafür war er berühmt im weiten Umkreis, und er erzählte nicht nur, was tatsächlich geschehen war, sondern auch, was hätte sein können – »Was wäre, wenn die Römer den Arminius rechtzeitig durchschaut hätten?«, »Was wäre, wenn Wilhelm II. Bismarck nicht abgesetzt hätte?«, »Was wäre, wenn Lenin 1917 nicht mit Unterstützung der deutschen Obersten Heeresleitung von Zürich nach St. Petersburg zurückgekehrt wäre?«. Manchmal ging er uns auf die Nerven. Er wusste alles und meinte, wir sollten auch alles wissen, vor allem ich, sein Sohn. Wenn er es übertrieb, erzählte meine Mutter gegen ihn an. Die Weltgeschichte interessierte sie nicht, im Gegenteil, nach dem Krieg hatte sie genug davon. Sie schwelgte in persönlichen Erinnerungen; sie war als Kriegsbraut aus dem fränkischen Coburg in das österreichische Vorarlberg gekommen. Sie erzählte und erinnerte sich erzählend an früher und hatte hinterher nicht mehr ganz so viel Heimweh wie vorher; das hat mein Vater respektiert. Damit ja keine Stille eintrat, gab meine Schwester die Plots unzähliger Romane aus der Leihbibliothek von Hohenems dazu; sie war der Meinung, ein Buch sei erst richtig gelesen, wenn man es auch nacherzählen konnte. Das konnte sie, und darum tat sie es gern.
Wir waren eine erzählsüchtige Familie. Und ich war der Zuhörer – dem die Ohren dröhnten, so ein Geriss war um dieselben und nicht selten an denselben, wenn ich sie mir zuhielt. Manchmal war es mir zu viel, dann habe ich mich aus dem Staub gemacht, bin hinunter zum alten Rhein gelaufen und habe mich ans Wasser gesetzt und an nichts gedacht. In der Schule hatten wir ein Fach, das hieß Naturgeschichte; aber die Natur erzählte keine Geschichten. – Dachte ich als Zehnjähriger.
Meine Großmutter, die meiner Mutter aus dem zerstörten Deutschland nachgefolgt war, war die beste Erzählerin in der Familie, und sie erzählte nur für mich und nur, wenn ich sie darum bat. Beobachtete ich sie, wie sie mit unserer Katze redete, zweifelte ich, ob die Natur tatsächlich nichts zu erzählen hatte. Sie sprach mit dem Kater nicht anders als mit mir oder mit der Frau in der Bäckerei, wo sie ihr geliebtes Sauerteigbrot einkaufte. Und der Kater schaute sie an, wie er mich nie anschaute, eine Pfote hochgezogen, den Schwanz steil, und kommentierte ihre Worte mit kurzen Lauten, die mehr ein Bellen als ein Miauen waren. Als wir später im Lateinunterricht Ovids Metamorphosen lasen – da war ich bereits fünfzehn oder sechzehn, in meiner Rationalität jedoch zurückgeblieben, verdorben von den vielen Märchen und dem realitätszersetzenden Was-wäre-Wenn? des spekulierenden Historikers –, schien mir das alles irgendwie möglich: dass der Menschenfresser Lykaon von Zeus in einen Wolf verzaubert wird; dass Arachne von der eifersüchtigen Athene in eine Spinne verhext wird; und dass sich Daphne, um sich vor dem liebestollen Apoll zu schützen, in einen Lorbeerbaum verwandelt, durch dessen Blätter hindurch der Gott noch eine Weile das Herz des Mädchens schlagen spürt. Das schien mir auf einmal alles möglich. Als wäre Ovid dem älteren Plinius, dem Naturgeschichtler, näher als einem wirklichkeitsfrei fantasierenden Mythologen wie Hesiod, den wir zur gleichen Zeit im Griechischunterricht zu übersetzen versuchten. Mit sechzehn erschien mir die Welt von Wundern voll; mit zehn war ich ein trockener Realist gewesen.
Meine Großmutter hatte viel im Haushalt zu tun; meine Mutter war krank, sie ging auf Krücken und mit einem Stützapparat und war auf ihre Hilfe angewiesen. Ich glaube, meine Großmutter war am Abend zu müde, um sich Geschichten auszudenken oder sich an Geschichten zu erinnern und diese nachzuerzählen. Darum las sie lieber vor – am liebsten aus den Märchen der Brüder Grimm. Wir besaßen einen Band, dessen Seiten schon ein wenig aufgequollen waren und für den meine Großmutter – oder ihre Großmutter – einen Umschlag aus Leinen genäht und bestickt hatte.
Ich möchte erklären, was ich mit »beste Erzählerin« meine. In dem hier vorliegenden Buch sind hundert Geschichten zusammengetragen, vielleicht möchte ja jemand jemandem daraus vorlesen, dem kann es nützen, wenn ich berichte, wie es meine Großmutter gemacht hat. Zum Beispiel ist sie nie laut geworden. Und wenn es noch so wild in einem Märchen zuging, sie ist nie laut geworden. Sie hat auch auf jedes Gesichtstheater verzichtet. Es gibt Erzähler, die ordnen allen Figuren eine jeweils eigene Grimasse zu, reißen Augen auf, fletschen Zähne, ziehen Lippen nach unten und nach oben, blähen Nasen, runzeln die Stirn – das hat meine Großmutter nicht getan. Sie hat auch nicht mit der Stimme gespielt, hat nicht pointiert betont, Vokale gedehnt und Konsonanten gerafft, wie man es manchmal bei Schauspielern hören kann, die als besonders gute Schauspieler gelten; sie hat weder geschrien noch bedrohlich geflüstert. Ihre Stimme war eher monoton, und sie wurde monotoner und leiser, je länger die Geschichte dauerte. Am Ende bin ich nahe an sie herangerückt und habe mit offenem Mund geatmet, weil das in meinem Kopf weniger Geräusch machte. Ihre Stimme versetzte mich in einen Zustand zwischen Wachen und Schlafen, in dem die vernünftige Hierarchie von Wesentlichem und Unwesentlichem sehr flach wird, so dass fast alles wesentlich erscheint, weil fast nichts mehr unter dem Diktat der Vernunft steht, sondern alles sich an Leben und Sterben misst, und in den Geschichten ging es ja genau darum. Die Stimme meiner Großmutter hat sich angehört, als würde nicht sie erzählen, sondern etwas in ihr, dem sie lediglich die Töne lieh; als wäre sie eine ziemlich gleichgültige Vermieterin einer ihrer Körperfunktionen. Sie las das Märchen vom Mädchen ohne Hände, in dem ein Müller dem Teufel die Tochter versprochen hat, die Tochter aber die Hände zum Gebet faltet, so dass der Böse nicht an sie herankommen kann – ohne jede Regung las sie:
Dem Vater ward angst, und er versprach, ihm zu gehorchen. Da ging er zu dem Mädchen und sagte ›mein Kind, wenn ich dir nicht beide Hände abhaue, so führt mich der Teufel fort, und in der Angst hab’ ich es ihm versprochen. Hilf mir doch in meiner Not und verzeihe mir, was ich Böses an dir tue.‹ Sie antwortete ›lieber Vater, macht mit mir, was Ihr wollt, ich bin Euer Kind‹. Darauf legte sie beide Hände hin und ließ sie sich abhauen.
Und Pausen hat sie gelassen. Unberechenbare Pausen. Die durfte ich mit meinen Gedanken füllen. Dadurch geriet ich in eine Spannung, die manchmal unerträglich wurde, so dass ich sie bat, erst morgen weiterzuerzählen. Das war ihr nicht recht. Das Leben gehe schnell vorbei, sagte sie, es habe keinen Sinn, eine Geschichte auf zwei Tage aufzuteilen; es könne sein, dass ich oder sie morgen andere wären, nämlich solche, für die diese Geschichte nicht mehr passte. Die Spannung, so denke ich heute darüber, resultierte zu einem guten Teil daraus, dass ich mich, während sie erzählte, einer nicht-realen Instanz gegenübersah – dem Geist der Erzählung, um mit Thomas Mann zu sprechen, nur dass Thomas Mann damit eine Metapher geschaffen hatte, ich mir diesen Geist aber als einen tatsächlichen Geist vorgestellt hätte, der in die kleine Frau schlüpfte, um aus ihr mit mir zu reden. Und ich durfte mir eine Erklärung zurechtlegen, warum er ausgerechnet mit mir reden wollte. Wenn ich die Märchen selber las, kamen sie mir ganz anders vor. Und wenn ich mich, zum Beispiel am nächsten Tag unter der hellen Sonne der Vernunft, mit meiner Großmutter über das unterhielt, was sie mir im Schein meiner Nachttischlampe am Abend zuvor vorgelesen hatte, dann wunderte sie sich nicht weniger über die Geschichten als ich. Oft konnte sie sich kaum daran erinnern, und ich erzählte sie ihr nach. Vielleicht war sie ein bisschen verrückt. Ganz sicher war sie ein bisschen verrückt. Einmal kam ich am Morgen in die Küche, da lag sie unter dem Tisch; sie hatte ihr Kopfkissen und ihre Zudecke bei sich und lag unter dem Tisch, als wäre der Fußboden ihr Bett. Sie brummte, sie habe etwas ausprobieren wollen, aber ich solle es in der Familie nicht weitersagen. Ich war in der ersten Klasse Volksschule, also etwa sieben; ich dachte, jemand hat sie verzaubert; dass sie so etwas nicht freiwillig tut, sondern dass sie es tun muss, dass sie gar nicht anders kann. Wahrscheinlich, so dachte ich, hat sie der verzaubert, der aus ihr spricht, wenn sie mir vorliest. Es gibt ein Roma-Märchen, das kannte ich damals freilich noch nicht, da löst sich der Vater in Luft auf und lässt sich von seiner Tochter einatmen und spricht aus ihrem Mund und schaut aus ihren Augen und befiehlt den Elementen der Natur, sich gegen seine Tochter und deren Geliebten zu wenden.
Das Grimm’sche Märchen Die zwei Brüder mochten meine Großmutter und ich besonders gern. Wahrscheinlich, weil wir es noch weniger verstanden als die anderen Märchen. – Es waren einmal zwei Brüder, die wollten in die Welt hinaus und baten den guten Stiefvater um den Segen. Stattdessen gab er ihnen ein Messer. Das Messer, sagte er, sollen sie gut verwahren. Sie dürfen es erst aus der Scheide ziehen, wenn sie beschließen, sich zu trennen. Dann aber sollen sie die Klinge in einen Baumstamm hauen, so tief, dass niemand das Messer herausziehen kann. Der eine Bruder wende sich daraufhin nach links, der andere nach rechts. Von Mal zu Mal sollen sie zu dem Baum zurückkehren und nach dem Messer sehen. Wenn die Klinge blank ist, sei alles gut, wenn sie aber auf der Seite des Bruders rostet, sei der Bruder in Gefahr. – Noch viele andere Dinge kommen in diesem Märchen vor, es ist das längste der Sammlung; das Bild von dem Messer im Baum aber hat mich nicht losgelassen, mein ganzes Leben lang habe ich immer wieder darüber nachgedacht.
Ich glaube, es ist nicht gut, über Märchen allzu viel nachzudenken. Man findet dann nicht mehr ins Zuhören zurück. Und dann verliert man die Märchen, und es kann lange dauern, bis sie sich wieder bei einem melden. So ist es mir mit diesem Märchen ergangen. Ich habe zu viel darüber nachgedacht.
Eines Abends sagte ich zu meiner Großmutter: »Angenommen, ich bin der eine Bruder. Ich ziehe durch die Welt und plötzlich kommt mir der Gedanke, ich muss nach meinem Zwilling sehen. Ich gehe also in den Wald, suche den Baum und schau mir das Messer an. Und ich sehe, dass es tatsächlich auf einer Seite rostig ist. Aber nicht auf der Seite meines Bruders ist es rostig, sondern auf meiner Seite. Was ist dann?«
»Das gilt nicht«, antwortete sie.
Der gute Erzähler misstraut Geschichten, aus denen man etwas lernen soll. Er sagt: Hat ein Schmetterling nur dann einen Sinn, wenn er dir nützt? Glaubst du, die Blaumeise will mit ihrem blauen Bäuchlein und der gelben Krawatte dir etwas sagen? Genügt eine Geschichte für sich nicht? Bekommt eine Erzählung, so vielfältig, farbig und plastisch sie sein mag, erst ihren Sinn, wenn sie ausgepresst und in eine dürre Belehrung gegossen worden ist?
Der Geist der Erzählung – hört ihr ihn? –, er sagt: Ach, ihr seid Kannibalen! Ihr fresst eure eigene Welt. Ihr erfreut euch nicht an ihr, ihr fresst sie. Und ihr schmeckt sie nicht einmal, ihr schlingt sie hinunter. Ihr fragt euch: Wenn etwas nur schön ist und keinen Zweck hat, was für einen Zweck hat es dann? Märchen lassen sich nicht mit einem Kommunikationsschema beschreiben, sagt der Geist der Erzählung, Märchen sind selbstbezüglich. Ihr wisst hinterher nicht mehr, als ihr vorher gewusst habt. Der Erzähler ist der Zwilling des Zuhörers. Ganz gleich, welche Seite des Messers rostig ist, die Klinge erzählt immer von dir. Deshalb sind euch alle Märchen fremd und vertraut in einem, ob sie nun aus eurer Gegend stammen oder vom anderen Ende der Welt. Märchen heilen nicht. Lasst euch das nicht einreden! Der Schmerz ist nicht da, um von einer Erzählung geheilt zu werden. Er ist da, weil er da ist. Wie das blaue Bäuchlein der Blaumeise, wie die Zeichnung auf den Flügeln des getigerten Passionsfalters, wie die Flecken auf dem Fell des Leoparden da sind.
2
In ihrem Kommentar zu den Märchen berichten Jacob und Wilhelm Grimm, die Geschichte Die zwei Brüder sei ihnen aus dem Umland von Paderborn zugetragen worden, weisen aber darauf hin, dass sie als Quellen ebenso ein serbisches und ein russisches Märchen herangezogen hätten. Auch von einem ägyptischen Märchenstoff haben sich die Grimms inspirieren lassen, wie bald herausgefunden wurde, einem Stoff, der die Verführung des einen Bruders durch die Frau des anderen zum Inhalt hat und der sich in so vielen Märchen in der ganzen Welt findet, dass seine verschiedenen Ausdeutungen von der Erzählforschung in eine eigene Untergattung zusammengefasst wurden, nämlich das Zweibrüdermärchen. Das Grimm’sche Märchen enthält noch andere bekannte Motive, wie den Drachenkampf und/oder den Kampf gegen die Hexe, die Hilfe von Tieren oder das Herausschneiden von Zungen. Wilhelm und Jacob Grimm haben all diese Elemente kunstvoll zu einer Geschichte verwoben.
Es war durchaus typisch für die Vorgehensweise der Brüder, als Quellen verschiedene Erzählungen heranzuziehen, literarische ebenso wie mündlich überlieferte, hier und dort die besten Teile herauszupicken und mit Hilfe der eigenen Fantasie etwas Neues zu schaffen, dessen einzelne Motive jedoch in einem archetypischen Sinn weitgehend bekannt waren. Unter Motiv wird »das kleinste Element einer Erzählung« verstanden, »das die Kraft hat, sich in der Überlieferung zu erhalten«. Die Definition stammt von dem finnischen Märchenforscher Antti Aarne.
Dieser Eklektizismus wurde den Brüdern von Zeitgenossen prompt vorgeworfen – wie überhaupt ihre Arbeit am Anfang gering geschätzt wurde. Die erste Ausgabe der Kinder- und Hausmärchen erschien 1812 in einer Auflage von 900 Stück, was uns heute sehr klein erscheint, was für die damalige Zeit jedoch durchaus zufriedenstellend war, bedenkt man, daß der Struwwelpeter, das populärste deutsche Kinderbuch zu Mitte des 19. Jahrhunderts, gerade einmal in 1500 Exemplaren gedruckt wurde. Der Verkauf der Kinder- und Hausmärchen allerdings schleppte sich dahin, und die Kritiken waren enttäuschend bis vernichtend. Besonders geschmerzt haben mussten die Bemerkungen von Weggefährten und romantischen Mitstreitern wie Clemens von Brentano und Achim von Arnim, denen die Grimms bei der Sammlung Des Knaben Wunderhorn in selbstloser Weise zugearbeitet hatten. Während sich Brentano noch in Umschreibungen wand, dass hier ein Kinderkleid gezeigt werde, »an dem alle Knöpfe heruntergerissen, das mit Dreck beschmiert ist, und wo das Hemd den Hosen heraushängt«, riet Arnim den Brüdern, sie täten gut daran, der Sammlung eine Warnung an den Leser hinzuzufügen. August Wilhelm Schlegel mokierte sich über die rohe Volksnähe der Sprache und schüttelte den Kopf darüber, dass sich zwei so gebildete Männer mit solchen Lappalien abgeben. Heinrich Voß, der hoch verehrte Übersetzer der Ilias und der Odyssee, kanzelte die Kinder- und Hausmärchen gar als »wahren Schund« ab. Goethe, auf dessen Stimme die Grimms so sehr gehofft hatten, schwieg. Wirklich gefallen haben die Märchen, wie es scheint, bei ihrem ersten Auftritt niemandem. Für die einen war die Sammlung zu wissenschaftlich, für die anderen zu wenig wissenschaftlich, für die einen zu wenig deutsch, für die anderen zu beliebig, weil etliche Märchen ungeniert aus der Sammlung des Franzosen Charles Perrault, aber auch von den Italienern Giovanni Francesco Straparola und Giambattista Basile übernommen worden waren. Der Märchensammler Albert Ludewig Grimm, mit den Brüdern nicht verwandt, warf ihnen vor, in ihrer Forschung unseriös vorgegangen zu sein, sie hätten sich auf die erstbeste Kindermagd verlassen, die ihnen über den Weg gelaufen sei. Womit er in gewisser Weise Recht hatte. Feldforschung in einem heutigen Sinn haben die Brüder gewiss nicht betrieben. Heute stellt aber auch niemand mehr die literarische Qualität der Grimm’schen Märchen in Frage; die Sammlung ist so unvergleichlich mit allem anderen, dass die Fachwelt einen eigenen Begriff dafür gefunden hat – »Gattung Grimm«.
Die Kinder- und Hausmärchen sind das weltweit meistverbreitete Buch deutschsprachiger Herkunft, es ist in alle Kultursprachen übersetzt; »Grimm« ist in vielen Ländern ein Synonym für Märchen. Das Buch, das die beiden – ab der zweiten Auflage hauptsächlich Wilhelm allein – immer wieder überarbeitet haben, reiht sich ein in die großen Märchen- und Geschichtensammlungen der Weltliteratur. Als da sind: die Geschichten der Scheherazade, der Schutzpatronin aller Erzähler, die 1001 Nächte um ihr Leben erzählt; die Erzählungen des klugen Vogels aus Tuti-Nameh, dem Papageienbuch, der seine Herrin mit immer neuen Geschichten davon abhält, sich mit ihrem Liebhaber zu treffen; die köstlich ineinander verschachtelten Fabeln von Kalila und Dimna, die aus Indien über Persien und den arabischen Raum zu uns gekommen sind; Ovid mit seinen Metamorphosen; die spätantike Sammlung des Apuleius, der uns in der Manier des Ovid Verwandlungsgeschichten erzählt, unter anderem das Märchen von Amor und Psyche; die Lebenda Aurea des Jacobus de Voragine, eine Sammlung von Heiligengeschichten aus dem 13. Jahrhundert; die Canterbury Tales von Geoffrey Chaucer, der im 14. Jahrhundert, als die Dichtersprache in England vornehmlich Latein oder Französisch war, als Erster die Sprache des Volkes verwendete; die Gesta Romanorum, an der vom 14. Jahrhundert bis zum Barock gebaut wurde und die Geschichten aus allen Lebensbereichen enthält, die für viele Dichter Quelle und Steinbruch wurden (zum Beispiel hat sich Shakespeare bei seinem Kaufmann von Venedig dort ausgiebig bedient); weiters Die ergötzlichen Nächte, eine Sammlung von Giovanni Francesco Straparola, der in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts gelebt hat und den Grimms ebenso wie anderen modernen Erzählern Stoff für etliche ihrer Geschichten lieferte; alle überragt Giovanni Boccaccio mit seinem Decamerone, das auch bei der Zusammenstellung dieser Auswahl vorbildlich war; ebenso muss Giambaista Basile aufgerufen werden, der neapolitanische Schalk, der zweihundert Jahre nach Boccaccio einen Kranz von deftigen Märchen im Dialekt seiner Heimat herausbrachte, das Pentamerone; nicht fehlen darf in unserer Aufzählung der bereits erwähnte Charles Perrault, der im 17. Jahrhundert das Märchen als literarische Form in Frankreich hoffähig machte und aus dessen Sammlung die Grimms mehrere Märchen übernommen haben, zum Beispiel Rotkäppchen, Der gestiefelte Kater, Aschenputtel oder Dornröschen. Vor den Grimms widmete sich in Deutschland Johann Karl August Musäus der literarischen Ausgestaltung von Volksmärchen; zu ihrer Zeit boten Ludwig Bechstein und Johann Wilhelm Wolf den Brüdern Konkurrenz, wobei die Märchen des ersteren sich lange Zeit weit besser verkauften als die Kinder- und Hausmärchen. Dichter und Sammler wurden durch die Arbeit der Brüder ermutigt, es ihnen gleichzutun; allen voran Wilhelm Hauff – wie sehr habe ich Zwerg Nase und Kalif Storch, Das kalte Herz und Die Geschichte vom kleinen Muck geliebt! –, aber auch der heute wenig bekannte Erzähler Richard Volkmann-Leander mit seinen Träumereien an französischen Kaminen. Die Märchenleidenschaft breitete sich auf ganz Europa, ja auf die ganze Welt aus; in Frankreich sammelte und erzählte Jean-François Bladé, in der Slowakei Pavol Dobšinský, in Tschechien die Dichterin Božena Neˇmcová, in Dänemark Svend Grundtvig. Besonders erwähnen möchte ich Micha Josef Bin Gorion, der mit Der Born Judas eine umfangreiche Sammlung jüdischer Märchen vorlegte, und den russischen Sammler und Dichter Alexander Nikolajewitsch Afanasjew, ein großer Verehrer der Brüder Grimm, dessen Märchen von Iwan Zarewitsch, dem Feuervogel und dem grauen Wolf Igor Strawinsky zu seiner Ballettsuite anregte.
Im Juli 1844 reiste ein dänischer Dichter nach Berlin, um Jacob und Wilhelm Grimm zu besuchen. In sein Tagebuch schrieb er später: »Ohne Empfehlungsschreiben kam ich zu (Jacob) Grimm, er kannte mich nicht, hatte meinen Namen noch nie gehört, wusste von mir nicht das Geringste.« Der Name des Dichters: Hans Christian Andersen. Er war damals neununddreißig, seine frühen Märchen lagen bereits seit einiger Zeit in deutscher Übersetzung vor. Jacob hat sich nach diesem Besuch Andersens Märchen besorgt und war begeistert. Wenige Wochen später reiste er nach Kopenhagen. »Mit Herzlichkeit kam er zu mir«, notiert Andersen in sein Tagebuch. Auch Wilhelm lernte er auf späteren Reisen nach Berlin kennen. Wie gern würde ich wissen, was die drei miteinander gesprochen haben!
Andersens erste Erzählungen waren noch Variationen zu und Ausdeutungen von Volksmärchen, bald aber dachte er sich die Geschichten selber aus, verzichtete auf alle Quellen, tauchte auf aus dem Meer der überlieferten Literatur und der oralen Erzähltradition. Ich halte den Begriff »Kunstmärchen« für unglücklich, weil er impliziert, dass es auch Märchen ohne Kunst gibt; vor der Kunst des Hans Christian Andersen aber verneigt sich die ganze Welt, er hat die Gattung des Dichter-Märchens auf eine Ebene mit den Größten gehoben.
Lange Zeit glaubte ich – oder wollte es glauben –, dass in dem Märchen Die zwei Brüder Jacob und Wilhelm in verschlüsselter Form ihre eigene Bruderschaft dargestellt hätten. Besonders Wilhelm fand und erfand immer wieder ausdrucksstarke Bilder, vielleicht hatte er ja auch das Motiv mit dem Messer, das auf einer Seite rostet, kreiert und damit ein Symbol für die einmalige Verbindung zwischen ihm und seinem Bruder geschaffen. Wir wissen, es ist nicht so. Dieses Motiv findet sich in zahlreichen Erzählungen und es wurde von Dichtern immer wieder aufgenommen, so von Wilhelm Busch in seinem Märchen Drei Königskinder.
Die Märchen – und tatsächlich die Märchen der Welt – stehen untereinander in einer Beziehung, ihr Wurzelgeflecht ist uns rätselhaft. Von der Schneewittchen-Geschichte zum Beispiel sind in Europa, Asien, Afrika, Nord- und Südamerika über vierhundert Versionen gesammelt worden. Am Beginn des vorigen Jahrhunderts stellten der finnische Märchenforscher Antti Aarne und der amerikanische Volkskundler Stith Thompson einen Katalog zur Klassifikation von Märchentypen zusammen; im Jahr 2004 legte Hans-Jörg Uther eine Überarbeitung und Erweiterung desselben vor, so dass man heute vom Aarne-Thompson-Uther-Index spricht, abgekürzt ATU. Dieser Katalog besteht aus über 2000 Stichworten, mit deren Hilfe – so der Anspruch der Autoren – Märchenmotive aus aller Welt in ihrer inneren Verwandtschaft kenntlich gemacht werden sollen. In dem Märchen Die zwei Brüder kommt eine ganze Reihe von Motiven vor, die sich in Märchen der australischen Ureinwohner ebenso finden wie in antiken und germanischen Sagen und afrikanischen sowie nordamerikanischen Erzählungen – zum Beispiel die Motive des Drachentöters (ATU 300), des magischen Vogelherzens (ATU 567), der Zwillinge oder Blutsbrüder (ATU 303), der Adoption von Tieren (ATU 535), der Rettung durch den Bruder (ATU 312D) oder das Motiv der dankbaren Tiere (ATU 554).
Weil wir aber nicht annehmen dürfen, dass sich polynesische Ureinwohner und Inuit in vergangenen Zeiten irgendwo getroffen und einander Geschichten erzählt haben, steht unser Verstand vor der verwirrenden Frage, wie es denn anders geschehen konnte, dass so viele gleiche Märchenmotive überall auf der Welt zu finden sind. C. G. Jungs Theorie vom kollektiven Unbewussten und den Archetypen, die in diesem hausen, erscheint attraktiv; nur sollten wir nicht vergessen, dass es sich dabei um ein Modell handelt, um ein Gleichnis. Ob tatsächlich in einer versteckten Kammer unserer Seele (auch sie nur ein Modell) eine Galerie mit universellen Urbildern untergebracht ist, in denen sich alle Menschen erkennen, gleich welche Geschichte sie haben und welcher Kultur sie angehören? Allerdings liefert C. G. Jungs Modell jenseits theologischer Überlegungen bisher die einzige Antwort auf unsere Frage – wenigstens den Versuch einer Antwort.
Aber vielleicht ist ja die Frage falsch gestellt. Poesie zu ergründen und zu vermessen, war immer ein aussichtsloses Unterfangen. Nicht für die alten Griechen, die hatten Poesie spendende Götter wie Apoll und Dionysos und hatten die Musen, zum Beispiel Kalliope, die Schönstimmige, die Homer zu Beginn seiner Epen anruft, damit sie ihn an ihrem Fundus teilhaben lässt. Für die Rhapsoden und ihre Zuhörer war der Fall also klar.
Uns bleibt nichts anderes übrig, als weiter Märchen zu sammeln und uns jedes Mal aufs Neue zu wundern, wie ähnlich sie einander sind.
1912 gründete der Verleger Eugen Diederichs zusammen mit dem Germanisten Friedrich von der Leyden und dem Märchenforscher Paul Zaunert die Reihe Märchen der Weltliteratur. Über hundertfünfzig Bände sind insgesamt erschienen, ein Band schöner als der andere, mit editorischen Kommentaren versehen, wissenschaftlichen Ansprüchen ebenso genügend wie eine Freude für jeden, der gern liest, gern vorliest und gern vorgelesen bekommt. Als ich Student in Marburg an der Lahn war, fuhr ich jedes Jahr am letzten Tag der Buchmesse nach Frankfurt. Mein erster Besuch galt dem Pavillon des Eugen-Diederich-Verlags. Ich suchte mir einen Verlagsangestellten oder eine Verlagsangestellte und sagte mit schlauer Ehrlichkeit: »Guten Tag, ich bin Student in Marburg, der Stadt, in der die Brüder Grimm lange gelebt haben. Ich interessiere mich für Märchen. Aber ich habe wenig Geld. Ihre Märchenreihe ist die schönste, die es gibt. Allerdings sind die Bücher nicht billig. Ich weiß nicht, was Sie mit den Ausstellungsexemplaren machen. Ich denke, Sie können sie nicht mehr über den normalen Handel verkaufen. Ich biete Ihnen pro Band die Hälfte des Preises. Sind Sie einverstanden?« Meistens bekam ich zwei oder drei Bände geschenkt. Damit hatte sich mein Besuch in Frankfurt gelohnt.
Inzwischen ist die Reihe der Märchen der Weltliteratur eingestellt worden. Manche Bände sind nur noch über Antiquariate zu bekommen. Keine Märchensammlung der Welt kann sich mit dieser Reihe messen. Sie ist ein Weltkulturdenkmal, nicht so lang wie die chinesische Mauer, dafür aber Völker verbindend und nicht Völker trennend. Als der Verlag mich fragte, ob ich zusammen mit Franziska Roosen aus gut 30 000 Märchen hundert aussuche und dafür als Herausgeber zur Verfügung stehe, durchrieselte mich ein Schauder – ein heiliger Schauder. Das kann man nicht machen, dachte ich und weiter: Man muss es machen. Und sagte: »Ich mache es.«
3
Und dann wurde das Messer auf der Seite meiner Großmutter rostig. Sie wohnte inzwischen wieder in Coburg. Meine Tante rief mich an, sie sagte, die Mutter sei komisch geworden, sie sei immer schon komisch gewesen, aber jetzt sei sie sehr komisch. Ich setzte mich in meinen VW und fuhr nach Oberfranken. Ich lebte damals in Gießen, hatte aus Interesse und Tändelei ein zweites Studium begonnen, Mathematik und Philosophie, verfügte über unendlich viel Zeit und hätte meiner Großmutter gern die Hälfte davon abgegeben.
Sie saß in der Küche und lächelte mich an. Ich war sehr erleichtert. Ich hatte befürchtet, sie liege im Bett und es gehe mit ihr zu Ende. Körperlich sei sie noch gut beieinander, sagte meine Tante, aber geistig sehe es bitter aus, und weil sie ja wisse, wie eng wir beide immer gewesen seien, habe sie gedacht, ich wolle sie sehen, solange sie mich noch erkenne.
Ich fand das maßlos übertrieben. Ich setzte mich zu meiner Großmutter, verschränkte wie sie die Arme auf dem Küchentisch, die Tante ließ uns allein, ich kochte uns einen Topf mit Milchkaffee auf, und wir sprachen miteinander, wie wir immer miteinander gesprochen hatten, nämlich in einem ironischen Unterton, der auf alles ein konturenscharfes realistisches Licht warf, dem wir natürlich nicht trauten, weil wir beide sehr genau wussten, dass schon im Schatten hinter der Tür Dinge passierten, die kein Verstand fassen konnte, weswegen wir mit unserer Ironie diese Dinge in Sicherheit wiegen wollten, damit sie nicht auf uns aufmerksam würden.
Sie erzählte mir, was ihre Tochter so aufgeregt hatte. »Ich habe geträumt, unser Nachbar fährt mit dem Auto über die Wiese, und dann stellt er den Wagen genau so ab, dass die Scheinwerfer in mein Zimmer leuchten, und dann steigt er aus und klettert durch mein Fenster. Ich habe zu Martha gesagt, dass ich ihn nicht mehr grüßen werde, da hat sie sich geärgert und gesagt, das sei doch nur ein Traum, und ich habe gesagt, ja meinetwegen, aber ein anständiger Mensch tut so etwas auch nicht im Traum. Hab ich Recht?«
»Ja, du hast Recht«, sagte ich.
Im Jahr 1888 wurde sie geboren. Ihre Heldenreise ging durch die schlechtesten Teile des 20. Jahrhunderts.
Alle fünf bis zehn Jahre werde aus einem Menschen ein anderer Mensch, hat sie einmal gesagt. Ich hatte ihr von meinem Mitschüler erzählt, der in der Volksschule mein Freund gewesen war, dann mit fünfzehn die Mutter eines anderen Freundes mit ihren Schürzenbändern erwürgt hatte, daraufhin etliche Jahre im Gefängnis saß und anschließend als Entwicklungshelfer nach Äthiopien zog, wo er sich in aufopfernder Weise um Leprakranke kümmerte. »Nach fünf bis zehn Jahren«, hatte sie damals gesagt, »vergisst Gott, wer du bist. Das heißt, wir haben etwa zehnmal in unserem Leben Gelegenheit, neu anzufangen. Wir können ihm etwas vormachen, verstehst du!«
Die letzten fünf Jahre ihres Lebens war sie wieder zu Hause in Coburg. Es war die einzige Zeit in ihrem Leben, in der sie nur für sich allein und für sonst niemanden da sein durfte. Sie war stark genug, sich selbst das Essen zu kochen, ohne Hilfe einkaufen zu gehen, sich die Haare jeden Morgen hundertmal zu bürsten und über jeden und alles ihre Witze zu reißen. Sie nahm die Ermahnungen ihrer Tochter gelassen hin, und wenn sie die Tasse verschüttete, beeilte sie sich nicht, den Kaffee aufzuwischen. Sie erinnerte sich nicht mehr gern an früher; nicht, weil früher eine so schwere Zeit gewesen war, das war so, gerade deshalb hatte sie früher gern über früher gesprochen – nun war ihr die Vergangenheit unwichtig geworden. Sie erzählte gar keine Geschichten mehr und las auch keine Märchen mehr vor. Wenn Liebe Einverstandensein mit sich selbst und der Welt bedeutet, dann waren die letzten fünf Jahre für meine Großmutter die Zeit der Liebe.
Die Spanne davor war sie bei ihrem jüngsten Sohn in Süddeutschland gewesen. Sie passte auf dessen Kinder auf und half ihrer Schwiegertochter im Haushalt. In dieser Zeit starben ihr Bruder und fast alle Menschen, die sie von Kindheit und Jugend her kannte. Ihre Schwiegertochter hat es ihr sehr gut gemacht, aber die Melancholie war da. Sie rechnete damit, ebenfalls bald zu sterben, und sie fürchtete sich davor. Ich hatte sie manchmal besucht, trug Lederjacke und grelle Hosen und war voll Musik. Sie war ernst und zu keinem Spaß aufgelegt. Ihre Zeit ging unter, und sie war eine Überlebende. Der Tod war gegenwärtig, wie er immer gegenwärtig ist, aber sie spürte, dass er sie ansah.
Bei uns in Vorarlberg war sie fünfzehn Jahre gewesen. Das war alles so plötzlich geschehen; ein Brief meines Vaters, ihre Tochter – seine Frau – sei erkrankt, eine Katastrophe; eine Geburt hatte mit Entsetzen und Trauer geendet: das Kind war gestorben, der Körper meiner Mutter linksseitig gelähmt, sie konnte nicht sprechen, und es war noch nicht sicher, ob sie überleben würde. Meine Großmutter kam, holte meine Schwester und mich ab; ein Jahr waren wir in Coburg, dann hatte es unsere Mutter geschafft, aber sie brauchte meine Großmutter im Haushalt; also waren wir nach Österreich zurückgekehrt, zu dritt. – Da war sie nun in einer anderen Welt, einer fremden Welt, deren Sprache sie kaum verstand, als hätte man sie verwandelt, verzaubert, verflucht.
Als ich mir überlegte, nach welchen Gesichtspunkten ich die Geschichten in diesem Buch ordnen soll, dachte ich an die Heldenreise meiner Großmutter. Sie selbst hatte einen Hang, in den banalen Dingen ein Beispielhaftes zu sehen, eine Metapher, über die das Ungreifbare und Unbegreifbare auf sich aufmerksam machen möchte. In all den Geschichten, die sie erzählte, die sie vorlas, denen sie zuhörte, klang ihr immer die große Geschichte mit, die viel größer war als die Geschichte, für die sich mein Vater zuständig fühlte; die Geschichte, die sich irgendwann über die ganze Welt ausgebreitet hat und die nun auf allen Kontinenten ihre Variationen spielt. Die Überschriften zu den folgenden Heldenreisen kamen mir in den Sinn, als ich über das Leben meiner Großmutter nachdachte – Die Tür, Bruder und Schwester, Drei, In die weite Welt hinaus, Die Tiere, Der Böse, Niemandes Kind, Verwandelt, verzaubert, verflucht, Der Tod, Die Liebe. Wenn ein Mensch stirbt, stirbt eine ganze Welt, sagt ein jüdisches Sprichwort. Das kann doch nur heißen: Wenn ein Mensch lebt, lebt eine ganze Welt.
P.S.: Ich widme diese Arbeit meinen Enkeln Oskar, Sofie, Marie und Anton.
Die Tür
Der König muss sein Volk beschützen; aber er kann es nur beschützen, wenn er selbst beschützt wird. Wenn dem König etwas zustößt, stößt seinem Volk etwas zu. Wenn der König stirbt, geht sein Volk unter. Darum darf er den Palast nicht verlassen. Denn: Wie viel Gefahr droht ihm draußen! Er darf die Erde nicht berühren. Denn: Was da alles aus dem Boden kriechen könnte! Er muss in seinem Gemach oben im Turm bleiben. Die Sonne ist gefährlich! Sie verbrennt ihm die Haut. Der König muss vor der Sonne geschützt werden. Er lebt in der Finsternis. Niemand darf sein Gesicht sehen. Niemand darf seine Stimme hören. Er ist einsam. Er ist der Repräsentant des Volkes. Er lebt hinter der verschlossenen Tür. Auf deinen König musst du mehr achten als auf dich selbst. Wenn du dich verletzt, bleibt er heil. Wenn er verletzt wird, kannst du an seiner Wunde sterben. Du darfst nicht hinter die Tür sehen. Du weißt nicht, wie es ihm geht. Darum bist du in dauernder Sorge um deinen König. – So wird uns in japanischen Märchen erzählt, in afrikanischen, in den Märchen der Ureinwohner Nordamerikas, in irischen Königsmärchen und in Märchen der Römer. Der britische Ethnologe James George Frazer ist diesem Motiv in der ganzen Welt nachgegangen. Das Heilige wird hinter die Tür gesperrt ebenso wie das Unheilige. Wenn der König zu fliehen versuchte, wurde er mit Steinen erschlagen. Sobald er draußen aus der Tür war, war er nicht mehr der König. – Und der König selbst? Wie sehr muss er die Tür hassen, die ihn von der Welt trennt!
Die Roma erzählen eine Geschichte von sieben Brüdern, deren Vater hat ihnen auf dem Totenbett Aufgaben zugewiesen: Der älteste soll sich um die Pferde sorgen, der zweite um die Rinder, der dritte um die Schweine, der vierte um die Ziegen, der fünfte um die Schafe, der sechste um Hund und Katz und der jüngste um das Ungeziefer und das Geld. Dann stirbt der Vater und hat nicht gewusst, dass seine Frau schwanger ist. Und als die Söhne auf dem Feld sind, bringt sie ein Mädchen zur Welt, das versteckt sie in einer Kammer, weil es Zähne hat wie ein Wolf. Und zu den Söhnen sagt die Mutter: Hinter alle Türen dürft ihr sehen, nur hinter diese nicht. Und als das Mädchen fünfzehn ist, kommt es frei, und sie ist eine schöne Frau geworden, und die Brüder verlieben sich in sie, und sie tötet alle bis auf den Jüngsten. Der flieht vor ihr in den tiefen Wald. Dort trifft er auf eine Frau, die in einem Turm lebt. Aber der Turm hat keine Tür, er hat nur ein Fenster. Die Frau reicht dem Jüngsten die Hand und zieht ihn zu sich hinauf. Er verspricht, sie zu heiraten. Morgen schlage ich eine Tür in den Turm, sagt er, dann heirate ich. Er verschiebt es von einem Tag auf den anderen. Dann sagt er: Ich will noch einmal nach Hause, um zu sehen, was aus meiner Schwester geworden ist. Wenn ich zurückkomme, schlage ich die Tür in den Turm. Er trifft seine Schwester und verliebt sich in sie, aber sie will ihn fressen, und er läuft zum zweiten Mal vor ihr davon. Sie verfolgt ihn bis in den tiefen Wald hinein. Die Frau streckt dem Jüngsten die Hand entgegen. Er kann sie ergreifen. Sie will ihn nach oben ziehen, da packt ihn die Schwester beim Fuß. Die eine zieht ihn nach oben, die andere zieht ihn nach unten, und der Jüngste ist dazwischen eingespannt. Und als in der Nacht der Mond kommt, fragt ihn der Jüngste, was er tun soll. Antwortet der Mond: Halt es aus!
Haben sich die Söhne nur um die Tiere gekümmert und um sonst nichts? Hätten sie das Verbot der Mutter missachten und die verbotene Tür aufbrechen sollen? Warum hat die Mutter ihre Tochter eingesperrt? Um sie vor den Brüdern zu schützen oder um die Brüder vor ihr zu schützen? Die hinter der Tür lebt, hungert und dürstet, sie wünscht sich Licht und ist von Finsternis umgeben. Dann hat sie alle aufgefressen. Nun sind sie alle in ihr. Nun sind die Brüder im Gefängnis ihres Leibes, wie sie selbst fünfzehn Jahre lang im Gefängnis hinter der Tür gewesen war. Die Tür zum Gefängnis ihres Leibes wird bewacht von einem Wolfsgebiss.
Oder die Geschichte von der Müllerstochter, die durch eine dumme Angeberei ihres Vaters zur Königin geworden ist und nun nächtens hinter der verschlossenen Tür sitzen und Stroh zu Gold spinnen muss. Aber siehe, die Tür öffnet sich, und ein Zwerg kommt herein, der verspricht Hilfe. Hilfe, die allerdings an Bedingungen geknüpft ist … – Halt! Das habe ich immer abgelehnt, das habe ich nie geglaubt: dass der so einfach zur Tür herein konnte. Die war doch abgesperrt und von draußen bewacht. Wie sollte das möglich sein? Dieser Zwerg – er geht niemanden etwas an, nur die Königin geht er etwas an. Das fand ich beunruhigend, und die Königin findet es ebenfalls beunruhigend. Es scheint, auf sie hat er gewartet sein Zwergenleben lang. Nur für sie war er da – wie der Torwächter in Kafkas Parabel Vor dem Gesetz seinen Dienst allein für den Mann vom Land versieht, der gekommen ist, um sich beim Gesetz sein Recht zu holen, und als er stirbt, verschließt der Torwächter diese Tür zum Gesetz für immer. Das Gesetz ist der heilige König, den niemand ansehen darf.
Mitten in die Welt hinein werden Türen gestellt. Sie bringen Unglück, und sie verhindern Unglück. Wo eine Tür ist, wird immer einer betrogen – entweder der auf der einen Seite oder der auf der anderen Seite. Wilhelm Grimm hat dem Rumpelstilzchen immerhin eine Genugtuung widerfahren lassen: Er hat es mit dem schaurig schönsten, dem gewaltigsten Zorn der ganzen Literaturgeschichte beschenkt. Nicht einmal die Homerischen Helden bringen es in ihrer Wut fertig, mit dem Fuß so fest aufzustampfen, dass das halbe Bein im Boden feststeckt und sich dann auch noch selber mitten entzweizureißen. Von der Müllerstochter, die zur Königin wurde, wissen wir nicht einmal den Namen.
Ritter Blaubart
Es war einmal ein Müller, der eine stattliche Mühle mit Wald und Feld besaß und drei bildschöne Töchter hatte. Einst besuchten die drei Schwestern mitsammen einen Jahrmarkt, um sich Halstücher zu kaufen. Da sie jedoch keine nach ihrem Geschmack finden konnten, machten sie sich, ohne welche gekauft zu haben, verdrossen auf den Heimweg. Als sie so dahingingen, begegnete ihnen ein nobler Herr, der redete sie freundlich an und fragte, warum sie so traurig seien. Sie sagten, daß sie sich auf dem Jahrmarkt schöne Halstücher hätten kaufen wollen, ihnen aber von den feilgehaltenen keines gefallen habe. Da griff der Herr in seine Umhängetasche und schenkte jeder von ihnen ein wunderfeines weißseidenes, mit Fransen und gestickten Blumen geziertes Halstuch und sagte, er werde so frei sein und sie einmal in der Mühle besuchen. Die Mädchen bedankten sich für das schöne Geschenk und setzten ihren Weg fort. Dabei besahen sie die schönen Tücher und fragten sich, wer der Herr wohl sein möchte. Zu Hause angekommen, erzählten sie ihrem Vater von der Begegnung mit dem fremden Herrn und zeigten ihm die Halstücher, welche sie von ihm zum Geschenk erhalten hatten. Der Müller besah dieselben und freute sich selber darüber, denn so etwas Feines hatte er sein Lebtag noch nie gesehen. Drei Wochen waren verflossen, als der Herr in der Mühle erschien. Er wurde freundlich aufgenommen und auf das beste bewirtet. Alsbald machte er dem Müller den Antrag, er möchte eine seiner Töchter zur Frau haben. Wenn sie auch gut versorgt würde, wäre es ihm schon recht, meinte der Müller. Der fremde Herr erwiderte, an dem würde es nicht fehlen, er sei ein reicher Kaufmann. Der Müller begab sich zu seinen Töchtern und fragte sie, ob eine Lust habe, den fremden reichen Kaufmann zu heiraten. Die älteste sagte zu, und der Freier erhielt von ihr das Jawort.
»Aber«, sagte der Herr, »in vierzehn Tagen muß die Hochzeit sein!«
Der Müller wendete ein, das sei doch gar zu bald, die Tochter müsse doch eine Aussteuer haben und in so kurzer Zeit werde man damit nicht fertig werden.
»Eine Aussteuer ist bei mir nicht nötig, ich besitze alles, was wir brauchen, doppelt und dreifach«, erwiderte der Freier.
An dem zur Hochzeit bestimmten Tage fuhren drei Kutschen bei der Mühle vor, welchen der Bräutigam und seine Gefolgschaft entstiegen. Die Trauung wurde in dem nämlichen Pfarrort, wohin die Mühle gehörte, vollzogen. Hierauf begab sich die Hochzeitsgesellschaft in die Mühle zurück, um dort das Hochzeitsmahl einzunehmen, wobei es sehr festlich zuging. Nur zu bald rückte die Zeit der Trennung näher. Tiefes Weh erfüllte die Herzen der Zurückbleibenden, als die junge Frau die Kutsche bestieg und ihnen ein letztes Lebewohl sagte. Nach achttägiger Reise kam das Paar auf dem Wohnsitz des Bräutigams an. Es war ein schönes Schloß, und die Dienerschaft bereitete dem Schloßherrn und seiner jungen Gemahlin einen feierlichen Empfang. Der Raubritter, denn ein solcher war der Schloßherr, zeigte seiner jungen Gemahlin ihr Zimmer; da brauchte sie sich nur hinzusetzen, und wenn sie etwas wünschte, die Glocke auf dem Tische zu läuten, und führte sie in dem prächtig eingerichteten Schloß herum, wo alles strotzte von Seide und Samt und Gold und Silber. Endlich kamen sie zu einer eisernen Türe. Der Ritter wollte seine Gemahlin vorbeiführen, da fragte sie ihn: »Darf ich da nicht hinein?«
Er erwiderte, jedes Zimmer im ganzen Schloß stehe ihr zur Verfügung, nur diese eiserne Tür zu öffnen, sei ihr strengstens verboten.
Nach einiger Zeit beabsichtigte der Ritter, mit seinen Genossen einen Raubzug zu unternehmen. Zu seiner Frau sagte er, er habe auswärtige Geschäfte zu besorgen und müsse deshalb verreisen. Bevor er sich verabschiedete, übergab er ihr die Schlüssel des ganzen Schlosses, worunter sich auch der zur eisernen Tür befand, sowie ein farbiges Ei, das müsse sie gut aufbewahren und stets bei sich tragen, damit sie es ihm bei seiner Rückkehr unversehrt wieder zurückgeben könne. Kaum hatte der Ritter das Schloß verlassen, da dachte die Frau, sie möchte doch nachschauen, was denn die verbotene Kammer enthielt. Sie konnte ihre Neugierde nicht bezwingen, ging hin und öffnete mit dem Schlüssel die eiserne Türe. Als sie in das Gemach hineinblickte, blieb sie vor Schreck wie gebannt stehen, das Ei fiel ihr aus der Hand und gerade in eine Blutlache, denn in der Kammer waren blutige Leichen. Zitternd hob sie das Ei auf, in welchem sie nun einen Blutegel bemerkte, und wollte es vom Blute reinigen; aber siehe, da verlor es alle Farbe. Die junge Frau harrte nun voll Angst und Sorge auf die Rückkehr ihres Eheherrn und der Dinge, die da kommen werden. Nach einigen Tagen erschien der Ritter auf dem Schloß, und das erste Wort war, als er in das Zimmer seiner Gemahlin trat: »Zeig mir das Ei!«