Verwesung: Thriller

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Eins. Zwei. Acht.

Die Ziffern des Zerfalls. In diesem Verhältnis verwesen alle Organismen, ob groß oder klein. An der Luft, im Wasser, unter der Erde. Bei gleichen klimatischen Bedingungen wird eine Leiche im Wasser zweimal so lange brauchen, um zu verwesen, wie eine an der Oberfläche. Unter der Erde wird es achtmal so lange dauern. Eins. Zwei. Acht. Eine einfache Formel – und eine unveränderliche Wahrheit.

Je tiefer etwas vergraben ist, desto länger wird es überdauern.

Vergräbt man eine Leiche, schützt man sie vor den Insekten, die sich von verdorbenem Fleisch ernähren. Auch die Mikroorganismen, die normalerweise das Gewebe zersetzen, können ohne Luft nicht existieren, und die kühlende Isolierung der dunklen Erde verzögert das Einsetzen des Zerfalls. Jene biochemischen Reaktionen, die normalerweise die Zellen auflösen, werden durch die niedrige Temperatur verlangsamt. Ein Prozess, der unter anderen Umständen nur Tage oder Wochen braucht, kann Monate dauern. Sogar Jahre.

Manchmal noch länger.

Ohne Licht und Luft und Wärme kann eine Leiche für

Doch auch hier gelten die Regeln von Ursache und Wirkung. Genauso wie in der Natur nichts vollständig zerstört werden kann, kann nichts wirklich verlorengehen. Egal wie tief eine Leiche vergraben ist, es wird immer Hinweise geben, die ihr Versteck verraten. Eins. Zwei. Acht.

Nichts bleibt für immer verborgen.

«Wie war der Name?»

Das Gesicht der Polizistin war kalt, in jeder Hinsicht. Ihre Wangen waren rissig und rot, ihre weite gelbe Jacke glitzerte vom Nebel, der sich über das Land gelegt hatte. Sie betrachtete mich mit unverhohlener Abneigung, als machte sie mich nicht nur für das schlechte Wetter verantwortlich, sondern auch dafür, dass sie an einem solchen Tag draußen im Moor stehen musste.

«Dr. David Hunter. Ich gehöre zum forensischen Team. Detective Chief Superintendent Simms erwartet mich.»

Mit mehr als deutlichem Widerwillen betrachtete sie ihr Klemmbrett und hob dann das Funkgerät. «Hier ist jemand, der zum Ermittlungsleiter will. Ein Mr. David Hunter.»

«Doktor», korrigierte ich sie.

Mit einem Blick machte sie mir klar, dass ihr diese Unterscheidung völlig egal war. Aus dem Funkgerät kam ein Rauschen, dann sagte jemand ein paar Worte, die ich nicht verstehen konnte. Die Laune der Polizistin verbesserten sie jedenfalls nicht. Mit einem letzten mürrischen Blick trat sie zur Seite und winkte mich durch.

«Immer geradeaus, bis zu den anderen Fahrzeugen», sagte sie frostig.

Der ganze Wagen war in einen dichten Nebelschleier gehüllt, der sich nur manchmal lichtete, um das düstere, feuchte Moorland vor der Windschutzscheibe erahnen zu lassen. Nach einer Weile sah ich die Fahrzeuge der Polizei, die auf einem relativ ebenen Abschnitt parkten. Ein Polizist winkte mich heran, und der Citroën holperte und schlingerte über den matschigen Boden, bis ich einen freien Platz gefunden hatte.

Ich machte den Motor aus und streckte mich. Es war eine lange Fahrt gewesen, und ich hatte keine Pause gemacht. Meine Neugier war stärker gewesen als meine Erschöpfung. Simms war nicht ins Detail gegangen, er hatte mir am Telefon nur gesagt, dass im Dartmoor ein Grab gefunden worden war und er mich bei der Bergung dabeihaben wollte. Es hatte nach einem jener Routinefälle geklungen, zu denen ich mehrere Male im Jahr hinzugezogen wurde. Doch seit zwölf Monaten verband man die Worte Mord und Dartmoor nur mit einem Mann.

Jerome Monk.

Monk war ein Serienmörder und Vergewaltiger, der vier Morde an jungen Frauen gestanden hatte. Zwei von ihnen waren noch minderjährig gewesen, ihre Leichen hatte man nie gefunden. Sollte hier eine dieser Leichen liegen, bestand die Möglichkeit, dass auch die anderen in der Nähe waren. Ihre Bergung und Identifikation würde eine der größten Ermittlungen des Jahrzehnts werden.

Und ich wollte unbedingt daran beteiligt sein.

 

«Man hat immer vermutet, dass er dort seine Opfer vergraben hat», hatte ich am Morgen in der Küche zu meiner Frau

«David», mahnte Kara und schaute hinüber zu Alice, die gerade frühstückte. Ich zuckte zusammen und warf ihr einen schuldbewussten Blick zu. Normalerweise erwähnte ich die grausigen Einzelheiten meiner Arbeit nicht in Anwesenheit unserer fünf Jahre alten Tochter, doch dieses Mal hatte ich mich von meinem Enthusiasmus mitreißen lassen.

«Was sind Opfer?», fragte Alice und betrachtete konzentriert, wie der Erdbeerjoghurt von ihrem Löffel tropfte. Nachdem sie vor kurzem beschlossen hatte, viel zu alt für Cornflakes zu sein, war Joghurt ihr Lieblingsessen.

«Das ist nur Papas Arbeit», sagte ich und hoffte, dass sie nicht weiter nachfragen würde. Sie hatte noch genug Zeit, etwas über die dunkleren Aspekte des Lebens zu erfahren, wenn sie älter war.

«Warum sind sie vergraben? Sind sie tot?»

«Komm, Liebling, iss dein Frühstück auf», sagte Kara. «Papa muss gleich los, und wir wollen nicht zu spät zur Schule kommen.»

«Wann kommst du zurück?», fragte Alice mich.

«Bald. Ehe du dichs versiehst, bin ich wieder zu Hause.» Ich hob sie hoch. Ihr kleiner Körper war warm und unglaublich leicht, trotzdem erstaunte es mich immer wieder, wie groß sie geworden war. Mir kam es so vor, als wäre sie noch gestern ein Baby gewesen. Werden alle Kinder so schnell groß? «Wirst du ein liebes Mädchen sein, solange ich weg bin?»

«Oje», Kara riss ein Stück von der Küchenrolle und wischte die Papiere ab. «Das gibt einen Fleck. Ich hoffe, sie sind nicht wichtig.»

Alice schaute mich verzagt an. «Tut mir leid, Papa.»

«Nichts passiert.» Ich gab ihr einen Kuss, setzte sie ab und packte meine Notizen zusammen. Das oberste Blatt hatte einen klebrigen Joghurtfleck. «Ich fahr dann mal los.»

Kara folgte mir in den Flur, wo bereits meine Tasche stand. Ich nahm sie in den Arm. Ihr Haar roch nach Vanille.

«Ich ruf dich später an. Dann weiß ich bestimmt schon, wie lange ich bleiben muss. Hoffentlich nur ein paar Tage.»

«Fahr vorsichtig», sagte sie.

Wir waren beide an meine Reisen gewöhnt. Ich war einer der wenigen forensischen Anthropologen des Landes, und es gehörte zu meinem Job, dass ich dorthin fahren musste, wo gerade eine Leiche gefunden wurde. In den letzten Jahren war ich sowohl im Ausland als auch überall in England zu Ermittlungen gerufen worden. Meine Arbeit war häufig grausig, aber in jedem Fall notwendig, und ich war nicht nur auf meine Fähigkeiten, sondern auch auf meinen immer besser werdenden Ruf stolz.

Dennoch fiel mir die Trennung von meiner Frau und meiner Tochter jedes Mal schwer. Aber es sollte ja nur für ein paar Tage sein.

 

Ich stieg aus dem Wagen und trat vorsichtig auf das matschige Gras. Die Luft roch nach Feuchtigkeit, Laub und Abgasen. Ich ging zum Kofferraum, zog einen Overall aus dem

Als ich gerade zwischen den geparkten Polizeifahrzeugen hindurchging, hielt ein Wagen an. Die hellgelbe Karosserie hätte mir eigentlich gleich bekannt vorkommen müssen, aber ich war zu abgelenkt und achtete nicht weiter darauf, bis jemand rief.

«Hast du also hergefunden?»

Ich schaute mich um und sah zwei Männer aus dem Wagen steigen. Der eine war klein und hatte vorstehende Zähne und eine spitze Nase. Ich hatte ihn noch nie gesehen, aber den jüngeren Mann an seiner Seite erkannte ich sofort. Groß und gutaussehend und mit den breiten Schultern eines Athleten kam er selbstbewusst heranstolziert. Ich hatte nicht damit gerechnet, Terry Connors hier zu sehen, doch seinen Wagen hätte ich erkennen müssen. Der protzige Mitsubishi war sein ganzer Stolz und setzte sich deutlich von den unauffälligen Autos ab, die die Kriminalpolizei für gewöhnlich benutzte.

Ich lächelte, obwohl ich wie immer gemischte Gefühle hatte, wenn ich auf ihn traf. Einerseits freute es mich, im unpersönlichen Polizeiapparat ein bekanntes Gesicht zu sehen, andererseits herrschte zwischen Terry und mir aus irgendeinem Grund immer eine Befangenheit, die sich nie ganz auflöste.

Er grinste, wie immer ein Kaugummi zwischen den Zähnen. Seitdem ich ihn das letzte Mal gesehen hatte, hatte er ein bisschen abgenommen, sodass seine kantigen Züge ausgeprägter geworden waren. «Ich bin stellvertretender Ermittlungsleiter. Was glaubst du, wer ein Wort für dich eingelegt hat?»

Ich rang mir ein Lächeln ab. Als ich Terry Connors zum ersten Mal begegnet war, war er Detective Inspector bei der Londoner Polizei gewesen, aber wir hatten uns nicht durch die Arbeit kennengelernt. Seine Frau Deborah war zur gleichen Zeit schwanger gewesen wie Kara und hatte zufällig denselben Kurs zur Geburtsvorbereitung besucht. Während die beiden Frauen sich angefreundet hatten, waren Terry und ich uns zunächst voller Argwohn begegnet. Abgesehen von den Überschneidungen unserer Berufe, hatten wir wenig gemeinsam. Er war äußerst ehrgeizig und sah in jedem einen Konkurrenten; ein typischer Sportsmann, für den die Karriere nur eine weitere Arena war, in der er sich Lorbeeren verdienen konnte. Seine Selbstgefälligkeit und Angeberei konnten einem ziemlich auf die Nerven gehen, doch der Erfolg bei den Fällen, die er mir zugeschustert hatte, war für uns beide kein Nachteil gewesen.

Dann – wieso, war mir bis heute nicht klar – hatte er vor gut einem Jahr überraschend die Londoner Polizei verlassen. Angeblich wollte Deborah näher bei ihrer Familie in Exeter sein, doch für jemanden wie Terry war der Wechsel vom hektischen und glamourösen London nach Devon ein nicht nachvollziehbarer Karriereschritt.

Kurz vor ihrem Umzug waren wir noch einmal mit den

Aber wenn er stellvertretender Ermittlungsleiter bei einem derart wichtigen Fall war, ging es ihm offenbar gut. Ich hätte gedacht, dass eine solche Verantwortung bei einem ranghöheren Beamten als einem Detective Inspector liegen würde.

Angesichts des Drucks, unter dem er stehen musste, war es kein Wunder, dass er abgenommen hatte.

«Ich hatte mich schon gefragt, woher Simms meinen Namen hat», sagte ich. Obwohl ich mittlerweile ein anerkannter Berater der Polizei war, erhielt ich die meisten Aufträge durch Empfehlungen. Ich hätte mir nur gewünscht, für eine so große Ermittlung nicht gerade von Terry Connors empfohlen worden zu sein.

«Ich habe ordentlich Reklame für dich gemacht, also enttäusch mich nicht.»

Ich unterdrückte meinen Ärger. «Ich werde mich bemühen.»

Er deutete mit dem Daumen auf den kleineren Mann neben sich. «Das ist DC Roper. Bob, das ist David Hunter, der forensische Anthropologe, von dem ich dir erzählt habe. Er kann dir mehr über verweste Leichen sagen, als du wissen willst.»

Der Detective Constable grinste mich an. Auch sein Kinn war spitz, die vorstehenden Zähne waren von Nikotin

«Dann ist das hier ja genau das Richtige für Sie», sagte er mit nasaler Stimme im regionalen Dialekt. «Besonders wenn wir finden, womit alle rechnen.»

«Noch wissen wir nicht, was uns erwartet», wies ihn Terry barsch zurecht. «Geh schon mal los, Bob. Ich möchte kurz mit David sprechen.»

Die Abweisung grenzte an Unhöflichkeit. Der Blick des anderen Mannes wurde etwas härter, doch er grinste unbeirrt weiter. «Wie Sie wollen, Chef.»

Terry schaute ihm grimmig hinterher. «Nimm dich vor Roper in Acht. Er ist das Schoßhündchen des Ermittlungsleiters. Ein Arschkriecher vor dem Herrn.»

Anscheinend gab es persönliche Konflikte im Team, aber Terry legte sich sowieso mit jedem an. Und ich hatte keine Lust, in irgendetwas hineingezogen zu werden. «Gibt es Meinungsverschiedenheiten wegen der Leiche?»

«Das nicht, aber jeder hofft inständig, dass es ein Opfer von Monk ist.»

«Was denkst du?»

«Ich habe keine Ahnung. Wir sind hier, um das herauszufinden. Und wir dürfen uns keine Fehler erlauben.» Er holte tief Luft und wirkte angespannt. «Egal, komm, hier entlang. Simms ist schon dort, lass ihn lieber nicht warten.»

«Was ist er für ein Typ?», fragte ich, als wir über die Straße zu ein paar Wohnwagen und Containern gingen.

«Ein humorloses Arschloch. Keiner, mit dem man Ärger haben will. Aber zumindest ist er nicht dumm. Weißt du, dass er auch der Leiter der ursprünglichen Mordermittlung war?»

Ich hatte das Gefühl, in Terrys Grinsen lag eine Spur Verbitterung. «Kann man wohl sagen. Angeblich hat er es auf den Stuhl des Assistant Chief Constable abgesehen. Diese Sache hier könnte dafür entscheidend sein, er wird also Ergebnisse erwarten.»

Da ist er nicht der Einzige, dachte ich und musterte Terry, dessen nervöse Energie beinahe mit Händen zu greifen war. Aber das war angesichts seiner Funktion bei dieser wichtigen Ermittlung im Grunde kein Wunder.

Wir hatten die Wohnwagen und Container erreicht. Sie waren an einem Feldweg aufgestellt worden, der von der Straße abzweigte. Dazwischen verliefen dicke schwarze Kabel, und die neblige Luft war voll von den Abgasen der knatternden Generatoren. Terry blieb vor dem Trailer der Ermittlungsleitung stehen. «Du findest Simms draußen beim Grab. Wenn ich rechtzeitig zurück bin, kannst du mir einen Drink ausgeben. Wir wohnen im selben Hotel.»

«Kommst du nicht mit?», fragte ich überrascht.

«Hat man ein Grab gesehen, hat man alle gesehen.» Er wollte flapsig klingen, aber es gelang ihm nicht ganz. «Ich bin nur hier, um ein paar Papiere abzuholen. Ich habe eine lange Fahrt vor mir.»

«Wohin?»

«Erzähl ich dir später. Aber drück mir die Daumen.»

Er stieg in den Wohnwagen. Kurz fragte ich mich, wofür ich ihm die Daumen drücken sollte, doch ich musste mich im Moment um andere Dinge kümmern als um Terrys Spielchen.

Im Nebeldunst breitete sich die kahle Landschaft vor mir aus. Es gab keine Bäume, nur vereinzelte dunkle, stachelige Ginsterbüsche, und zwischen der Heide, den Felsen und dem dicken, faserigen Gras ragte hin und wieder winterbrauner Farn hervor. Hinter der Straße neigte sich das Gelände sanft, ehe es in einem langen Hang wieder anstieg. Auf dem ungefähr einen halben Kilometer entfernt gelegenen Kamm war die gedrungene, langgestreckte Felsformation zu sehen, die Simms am Telefon erwähnt hatte.

Black Tor.

Im Dartmoor gibt es einige solcher verwitterten Felstürme, die wie Karbunkel aus dem Moor ragen. Doch das Profil des Black Tor war unverkennbar. Die breite, platte Formation, die sich vor dem Himmel abzeichnete wie vom Kind eines Riesen aufeinandergestapelte Bauklötze, sah nicht dunkler aus als die anderen Tors, die ich gesehen hatte, der Name bezog sich also vielleicht auf irgendeine dunkle Geschichte in der Vergangenheit. Kein Wunder, dass sich die Medien sofort geifernd darauf gestürzt hatten. Zumal es sich um Monks Friedhof handelte.

 

Nach Simms’ Anruf hatte ich mich im Internet über den Fall informiert. Monk war der Traum eines jeden Journalisten. Ein Außenseiter und Einzelgänger, der seinen unsicheren Lebensunterhalt als Gelegenheitsarbeiter mit Wilderei und Diebstahl aufbesserte, zudem ein Waisenkind, dessen Mutter bei seiner Geburt gestorben war, wodurch einige Gazetten sich zu dem Kommentar hatten hinreißen lassen, sie sei sein erstes Opfer gewesen. Häufig wurde er in der Regenbogenpresse als Zigeuner beschrieben, was allerdings nicht

Wenn jemand wie ein Mörder aussah, dann Monk.

Mit seinen schon beinahe unheimlichen Kräften war er eine groteske Gestalt, eine Laune der Natur. Die Fotos und Filmaufnahmen von seinem Prozess zeigten einen Koloss von einem Mann, in dessen kahlen Riesenschädel mürrische Züge eingekerbt waren. Seine schwarzen Knopfaugen waren leblos wie die einer Puppe, der Mund schien ständig höhnisch zu grinsen. Noch beunruhigender war die Delle in seiner Stirn – als hätte sich ein riesiger Daumen in einen Lehmklumpen gedrückt. Diese Verunstaltung war nicht nur furchtbar anzuschauen, sie sah auch aus, als hätte sie eigentlich tödlich sein müssen.

Die meisten Leute bedauerten, dass sie es nicht war.

Nicht allein die Art seiner Verbrechen schockierte die Öffentlichkeit. Es war das sadistische Vergnügen, mit dem er wehrlose Opfer aus der Gegend von Dartmoor ausgewählt hatte. Das erste, Zoe Bennett, war eine dunkelhaarige siebzehnjährige Schönheit gewesen, ein angehendes Model, das eines Abends nach der Disco nicht heimgekommen war. Drei Nächte später verschwand ein zweites Mädchen.

Lindsey Bennett, Zoes eineiige Zwillingsschwester.

Was normalerweise eine Routineermittlung ausgelöst hätte, war plötzlich eine Nachricht auf der Titelseite. Niemand bezweifelte, dass derselbe Täter verantwortlich war, und als Lindseys Handtasche in einem Abfalleimer gefunden

Als dann Tina Williams, eine attraktive, dunkelhaarige Neunzehnjährige, vermisst wurde, kippte die Stimmung in Hysterie um, mehrmals gab es falschen Alarm. Für eine gewisse Zeit sah es so aus, als hätte man eine Spur: In der Gegend, in der sowohl Lindsey Bennett als auch Tina Williams zum letzten Mal gesehen worden waren, war eine weiße Limousine von den Kameras der Verkehrsüberwachung aufgenommen und von Zeugen gesehen worden.

Dann forderte Monk sein viertes Opfer und besiegelte für immer seinen Ruf als Monster. Mit fünfundzwanzig Jahren war Angela Carson älter als die anderen. Außerdem war sie weder dunkelhaarig noch hübsch. Aber es gab noch einen anderen wichtigen Unterschied.

Sie war taubstumm.

Nachbarn riefen die Polizei, weil sie Monks Lachen hörten, während er Angela Carson in ihrer eigenen Wohnung erst vergewaltigte und dann totschlug. Als zwei Polizisten, den Notrufen nachgehend, ihre Tür aufbrachen, fanden sie ihn außer sich und blutverschmiert neben ihrer Leiche im zertrümmerten Schlafzimmer. Obwohl beide keine kleinen Männer waren, schlug er sie bewusstlos, ehe er in der Nacht verschwand.

Und dann offenbar vom Erdboden.

Trotz einer der größten Fahndungen in der Geschichte Großbritanniens wurde keine Spur von Monk gefunden. Genauso wenig von den Bennett-Zwillingen oder Tina Williams. Bei einer Durchsuchung entdeckte man unter seinem

Nachdem der Mörder hinter Gittern war, verschwand die Geschichte allmählich aus dem öffentlichen Interesse. Das Schicksal der vermissten Mädchen schien für immer ein Rätsel zu bleiben.

Das könnte sich nun ändern.

 

Ein hellblaues Zelt der Spurensicherung hob sich grell vom tristen Moorland ab. Es stand ungefähr in der Mitte zwischen der Straße und der Felsformation, etwas abseits des holprigen Weges, der beides miteinander verband. Ich blieb noch einen Moment im feinen Nieselregen stehen, atmete den satten Geruch des feuchten Torfs ein und fragte mich, was mich in dem Zelt erwarten würde.

Dann ging ich