Martin Hartmann

Vertrauen

Die unsichtbare Macht

FISCHER E-Books

Inhalt

Über Martin Hartmann

Martin Hartmann, geboren 1968, ist Professor für Praktische Philosophie an der Universität Luzern. Nach dem Studium der Philosophie, Komparatistik und Soziologie an der Universität Konstanz, der London School of Economics und an der Freien Universität Berlin wurde Martin Hartmann 2001 promoviert. 2009 habilitierte er sich mit seiner Arbeit über »Eine Theorie des Vertrauens« (erschienen im Suhrkamp Verlag). In seinem vorliegenden Buch wendet er sich an ein breiteres Publikum.

 

Weitere Informationen finden Sie auf www.fischerverlage.de

Über dieses Buch

Alle wollen es – Banken, Politik, Wissenschaft, das Internet und die Liebe: unser Vertrauen! Doch das Vertrauen steckt in der Krise, viele fühlen sich betrogen, von Medien, Parteien, Unternehmen.

Der Philosoph Martin Hartmann analysiert in einer inspirierenden Gegenwartsdiagnose, was dran ist an der Krise. Und entdeckt ein grundlegendes Dilemma: Wir preisen das Vertrauen, wir vermissen es und beklagen seinen Verlust. Doch viele haben Angst vor der Verletzlichkeit, die mit Vertrauen einhergeht. Neue Formen der Überwachung werden hingenommen, an scheinbar bestätigten Meinungen festgehalten. Das führt zu Konflikten, Unsicherheit und Stillstand. Grund genug für vertrauensbildende Maßnahmen!

Eine erhellende Lektüre, die verstehen hilft, was Vertrauen eigentlich ist und für unser Leben bedeutet. Martin Hartmann ermutigt uns, wieder mehr Vertrauen zu wagen – für ein besseres Miteinander.

Impressum

Originalausgabe

Erschienen bei FISCHER E-Books

 

© 2020 S. Fischer Verlag GmbH, Hedderichstr. 114, D-60596 Frankfurt am Main

 

Covergestaltung: Büro KLASS, Hamburg

Coverabbildung: wissemernedd

 

Abhängig vom eingesetzten Lesegerät kann es zu unterschiedlichen Darstellungen des vom Verlag freigegebenen Textes kommen.

Dieses E-Book ist urheberrechtlich geschützt.

ISBN 978-3-10-491176-2

Endnoten

Annette Baier, »Vertrauen und seine Grenzen«, in: Martin Hartmann, Claus Offe (Hg.), Vertrauen. Die Grundlage des sozialen Zusammenhalts, Frankfurt/M. 2001, S. 3784, hier S. 42.

Die Daten finden sich unter http://www.worldvaluessurvey.org (zuletzt abgerufen am 3.12.2019); die Daten von 2018 finden sich unter https://www.edelman.com/sites/g/files/aatuss191/files/2018-10/2018_Edelman_Trust_Barometer_Global_Report_FEB.pdf (zuletzt abgerufen am 3.12.2019).

Matthias Albert et al., Jugend 2015 (17. Shell Jugendstudie), Frankfurt/M. 2015.

Angelika Scheuer, »Demokratiezufriedenheit in Deutschland sinkt unter EU-Niveau: eine europäisch-vergleichende Analyse«, in: Informationsdienst Soziale Indikatoren 33 (2005), S. 811.

Robert Vehrkamp, Wolfgang Merkel, »Populismusbarometer 2018: Populistische Einstellungen bei Wählern und Nichtwählern in Deutschland 2018«: https://www.bertelsmann-stiftung.de/fileadmin/files/BSt/Publikationen/GrauePublikationen/ZD_Studie_Populismusbarometer_2018.pdf (zuletzt abgerufen am 3.12.2019).

Pankaj Mishra, »Wir brauchen eine neue Aufklärung«, in: Der Standard, 20. August 2016: https://derstandard.at/2000043079085/Pankaj-Mishra-Wir-brauchen-eine-neue-Aufklaerung (zuletzt abgerufen am 3.12.2019). Zur positiven Deutung der Aufklärung siehe Steven Pinker, Aufklärung jetzt: Für Vernunft, Wissenschaft, Humanismus und Fortschritt. Eine Verteidigung, Frankfurt/M. 2018.

Bernard Williams, Wahrheit und Wahrhaftigkeit, Frankfurt/M. 2003, S. 137138.

Uri Friedman, »Trust Is Collapsing in America«, in: The Atlantic, 21. Januar 2018: https://www.theatlantic.com/international/archive/2018/01/trust-trump-america-world/550964/ (zuletzt abgerufen am 3.12.2019).

Robert D. Putnam, Making Democracy Work: Civic Traditions in Modern Italy, Princeton 1993, S. 176.

Robert D. Putnam, »E Pluribus Unum: Diversity and Community in the Twenty-first Century«, in: Scandinavian Political Studies 30:2 (2007), S. 137174, hier S. 148.

Stellvertretend Paul Collier, Exodus. Warum wir Einwanderung neu regeln müssen, München 2014.

Siehe Rita Lauter, »40 Prozent der Deutschen können sich ein autoritäres Regime vorstellen«, in: Zeit-Online, 7. November 2018: https://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2018-11/autoritarismus-rechtsextremismus-antisemitismus-deutschland-ost-west-studie-uni-leipzig (zuletzt abgerufen am 21.1.2020).

Susanne Veit, »Fremdeln in der Vielfalt. In ethnisch bunten Gesellschaften nimmt das Vertrauen ab«, in: WZB Mitteilungen 135 (März 2012), S. 912.

Thad Williamson, Sprawl, Justice, and Citizenship: The Civic Costs of the American Way of Life, Oxford 2010, S. 156ff.

Martin Hartmann, »Wer Integration fordert, muss sie auch fördern. Die Idee des Multikulturalismus ist auf den Hund gekommen, aber nicht gescheitert«, in: Neue Zürcher Zeitung, 12. Juli 2017: https://www.nzz.ch/feuilleton/multikulturalismus-wer-integration-fordert-muss-sie-auch-foerdern-ld.1305474 (zuletzt abgerufen am 21.1.2020).

Geoffrey Hosking, Trust. A History, Oxford 2014, S. 20. Siehe auch Ryan E. Carlin und Gregory J. Love, »The Politics of Interpersonal Trust and Reciprocity: An Experimental Approach«, in: Political Behavior 35 (2013), S. 4363. Sie diskutieren den sogenannten »partisan bias in reciprocity«, also die Parteilichkeit des Vertrauens.

Zum Beispiel bei Timothy Snyder, Der Weg in die Unfreiheit. Russland, Europa, Amerika, München 2018, S. 295.

Bernard Williams, Wahrheit und Wahrhaftigkeit, a.a.O., S. 112113.

Timothy Snyder, Der Weg in die Unfreiheit, a.a.O., S. 169.

So durchgängig in Jennifer Jackson, Truth, Trust and Medicine, London 2001.

Bernard Williams, Wahrheit und Wahrhaftigkeit, a.a.O., S. 182.

Bernard Williams, Wahrheit und Wahrhaftigkeit, a.a.O., S. 115 und S. 111.

Timothy Snyder, Der Weg in die Unfreiheit, a.a.O., S. 170.

Zitiert nach Snyder, ebenda, S. 171.

Václav Havel, Versuch, in der Wahrheit zu leben, Reinbek bei Hamburg 1980.

Ebenda, S. 18.

Peter Pomerantsev, Nichts ist wahr und alles ist möglich. Abenteuer in Putins Russland, München 2015, S. 291.

Ebenda, S. 292.

Niklas Luhmann, Vertrauen. Ein Mechanismus der Reduktion sozialer Komplexität, Konstanz 2014, S. 1.

Jean Améry, »Die Tortur«, in: ders., Jenseits von Schuld und Sühne, Stuttgart 1977, S. 56.

Siehe Martin Hartmann, »On the Concept of Basic Trust«, in: Behemoth 8:1 (2015), S. 523; Karen Jones, »Trust and Terror«, in: Peggy DesAutels, Margaret Urban Walker (Hg.), Moral Psychology: Feminist Ethics and Social Theory, Lanham 2004, S. 318.

»Ich glaube nicht mehr an den Rechtsstaat« (Interview), in: Zeit-Online, 27. Oktober 2017: https://blog.zeit.de/nsu-prozess-blog/2017/10/27/ich-glaube-nicht-mehr-an-den-rechtsstaat/ (zuletzt abgerufen am 3.12.2019).

Zu Trump siehe: https://www.youtube.com/watch?v=3OG6itojBiI (zuletzt abgerufen am 3.12.2019). Die Daten des Pew Research Center finden sich unter: http://assets.pewresearch.org/wp-content/uploads/sites/2/2017/08/16105548/Pew-Research-Center_2017.08.16_Views-of-Russia-Report.pdf (zuletzt abgerufen am 3.12.2019); Winterkorns Aussage findet sich unter: https://www.youtube.com/watch?v=oM9WuopLRc8 (zuletzt abgerufen am 3.12.2019).

Michel de Montaigne, Essais, Frankfurt/M. 2016, S. 333.

Zur Statistik siehe: https://www.bfs.admin.ch/bfs/de/home/statistiken/querschnittsthemen/monitoring-legislaturplanung/indikatoren/vertrauen-armee.html (zuletzt abgerufen am 3.12.2019).

Diego Gambetta, The Sicilian Mafia: The Business of Private Protection, Cambridge/Mass. 1993, S. 78.

Siehe zu diesem Aspekt J.M. Bernstein, Torture and Dignity: An Essay on Moral Injury, Chicago 2015, S. 226.

Ortwin Renn, Das Risikoparadox. Warum wir uns vor dem Falschen fürchten, Frankfurt/M. 2014, S. 2425 (kursiv von Renn).

Kate Julian, »Why Are Young People Having So Little Sex?«, in: The Atlantic, Dezember 2018; dort finden sich auch die Verweise auf die Artikel über Umkleidekabinen und Luxusappartements: https://www.theatlantic.com/magazine/archive/2018/12/the-sex-recession/573949/ (zuletzt abgerufen am 3.12.2019).

Eva Illouz, Warum Liebe endet? Eine Soziologie negativer Beziehungen, Berlin 2018, vor allem Kapitel 5.

Susan Brison, Vergewaltigt: Ich und die Zeit danach. Trauma und Erinnerung, München 2004, S. 28.

Niklas Luhmann, Vertrauen, a.a.O., S. 47.

Bruno Latour, Existenzweisen. Eine Anthropologie der Modernen, Berlin 2014, S. 33.

»Ik ben zeer verontrust en wens geen enkele fout meer te accepteren«, in: De Volkskrant, 4. Februar 2010; »Ik ben resoluut: ik duld geen fouten meer«, in: nrc.nl, 12. Februar 2010.

Jean-Paul Sartre, Das Sein und das Nichts. Versuch einer phänomenologischen Ontologie, Reinbek bei Hamburg 1991, S. 837.

Onora O’Neill, A Question of Trust, Cambridge 2002, S. 14.

So auch Lucien Karpik, Mehr Wert. Die Ökonomie des Einzigartigen, Frankfurt/M. 2011.

Zum Beispiel Ute Frevert, Vertrauensfragen. Eine Obsession der Moderne, München 2013, S. 27. Ich glaube allerdings nicht, dass Vertrauen eine »Obsession der Moderne« ist, wie der Untertitel des Buches behauptet. In der Philosophie etwa tauchen explizite Diskussionen des Vertrauens erst spät im 20. Jahrhundert auf, in der Soziologie hat Simmel das Thema früh erwähnt, zur Schlüsselkategorie der »Spätmoderne« wird Vertrauen aber erst im Werk von Anthony Giddens, vor allem in Konsequenzen der Moderne (Frankfurt/M. 1996).

Siehe Pamela Hieronymi, »The Reasons of Trust«, in: Australasian Journal of Philosophy 86:2 (2008), S. 213236: »Überlegungen, die uns bloß die Wichtigkeit, den Wert oder den Nutzen des Vertrauens zeigen, liefern nicht die Gründe, warum eine Person darauf vertraut, dass eine andere etwas tut« (S. 231).

Recht kompliziert, aber hilfreich ist Aaron Sahr, Das Versprechen des Geldes. Eine Praxistheorie des Kredits, Hamburg 2017 (hier S. 204).

Kazuo Ishiguro, Was vom Tage übrig blieb, München 2016, S. 285.

Harry G. Frankfurt, Gründe der Liebe, Frankfurt/M. 2005.

Annette Baier, »Vertrauen und seine Grenzen«, a.a.O.

Ebenda, S. 42.

Peter von Matt, Liebesverrat. Die Treulosen in der Literatur, München 1989.

Interview mit dem Indianapolis Star, 12. September 2016: https://www.indystar.com/videos/news/2016/09/12/90274492/ (zuletzt abgerufen am 3.12.2019).

Diese Interviewaussagen sind einem Artikel der New York Times entnommen, dessen Online-Fassung Filmausschnitte enthält: Christine Hauser, Maggie Astor, »The Larry Nassar Case: What Happened and How the Fallout Is Spreading«, in: The New York Times, 25. Januar 2018: https://www.nytimes.com/2018/01/25/sports/larry-nassar-gymnastics-abuse.html (zuletzt abgerufen am 3.12.2019). Ausführlicher ist der Podcast »Believed«, der 2018 von zwei Radiostationen (Michigan Radio und National Public Radio) produziert wurde: https://believed.michiganradio.org/.

Ebenda.

Dieses Zitat findet sich in Folge 6 des Podcasts »Believed« (Die Eltern).

Ebenda.

Karen Jones, »Trust as an Affective Attitude«, in: Ethics 107:1 (1996), S. 425.

Ich erwähne nur die Studie von Arlie Hochschild, Keine Zeit. Wenn die Firma zum Zuhause wird und zu Hause nur Arbeit wartet, Wiesbaden 2002.

Auch Annette Baier (»Vertrauen und seine Grenzen«, a.a.O., S. 43) erwähnt dieses Beispiel.

Siehe Berislav Marušić, Evidence and Agency: Norms of Belief for Promising and Resolving, Oxford 2015, S. 186.

Sehr kritisch über das Motiv des Wohlwollens äußert sich Onora O’Neill in ihrem Buch Autonomy and Trust in Bioethics (Cambridge 2002). Sie schreibt: »Wir brauchen einen umfassenderen Blick auf die Vergabe von Vertrauen. Dieser berücksichtigt die folgenden Tatsachen: Wir vertrauen oft darauf, dass andere sich an die Regeln halten, vorgesehene Standards erfüllen oder eine Tätigkeit anständig ausführen, ohne auch nur im geringsten anzunehmen, dass sie uns gegenüber wohlwollend sind« (S. 14). Ich teile die Kritik von Annette Baier an diesen Überlegungen. Siehe Annette Baier, »What is Trust?«, in: David Archard, Monique Deveaux, Neil Manson, Daniel Weinstock (Hg.), Reading Onora O’Neill, London 2013, S. 175185 (»O’Neill, so denke ich, verwechselt die Vergabe von Vertrauen mit der Entscheidung, sich auf jemanden oder etwas zu verlassen«, S. 176).

Annette Baier, The Commons of the Mind, Chicago 1997, S. 37: »As I am construing liberty, it is a matter of being trusted on one’s own, left unsupervised, away from any deontic scorekeeper except oneself, given unlimited discretionary powers.«

Janine Willis, Alexander Todorov, »First Impressions: Making Up Your Mind After 100-Ms Exposure to a Face«, in: Psychological Science 17:7 (2006), S. 592598; J.S. Winston et al., »Automatic and Intentional Brain Responses During Evaluation of Trustworthiness of Faces«, in: nature neuroscience 5:3 (2002), S. 277283.

Diego Gambetta, Heather Hamill, Streetwise: How Taxidrivers establish Customer’s Trustworthiness, New York 2005.

Ähnlich formuliert Claus Offe in: »Wie können wir unseren Mitbürgern vertrauen?«, in: Martin Hartmann, Claus Offe (Hg.), Vertrauen. Die Grundlage des sozialen Zusammenhalts, a.a.O., S. 241294, hier S. 262: »Verallgemeinertes Vertrauen … ist ein Rückstand, der sich bildet, nachdem Gründe für Misstrauen einmal methodisch widerlegt sind.« Ich würde allerdings nicht von »methodischer« Widerlegung sprechen, denn das scheint mir zumindest Einzelakteure zu überfordern. Siehe auch Martin Hartmann, »Akzeptierte Verletzbarkeit. Elemente einer normativen Theorie des Vertrauens«, in: Deutsche Zeitschrift für Philosophie 51: 3 (2003), S. 395412.

Steven Shapin, A Social History of Truth: Civility and Science in Seventeenth-Century England, Chicago 1994, S. 7586.

Steven Brint, In an Age of Experts: The Changing Role of Professionals in Politics and Public Life, Princeton 1994.

Rebecca Solnit, Wenn Männer mir die Welt erklären, Hamburg 2015, S. 1132. Eine beeindruckende Reportage über die Schwierigkeiten, mit denen Vergewaltigungsopfer vor Gericht kämpfen, wenn sie als glaubwürdig wahrgenommen werden wollen, findet sich bei Jon Krakauer, Die Schande von Missoula. Vergewaltigung im Land der Freiheit, München 2016. Viele Vergewaltigungsopfer zeigen die Täter gar nicht an, weil sie von vornherein davon ausgehen, dass man ihnen nicht glaubt; entscheidend für die philosophische Diskussion über solche »epistemischen« Ungerechtigkeiten ist Miranda Fricker, Epistemic Injustice. Power and the Ethics of Knowing, Oxford 2007.

Siehe https://www.presseportal.de/pm/72183/3828545 (zuletzt abgerufen am 3.12.2019).

Zur Kritik an manchen Formulierungen in den Fragebögen siehe Alan S. Miller, Tomoko Mitamura, »Are Surveys on Trust Trustworthy?«, in: Social Psychological Quarterly 66:1 (2003), S. 6270.

Norbert Schröer, Verfehlte Verständigung? Kommunikationssoziologische Fallstudie zur interkulturellen Kommunikation, Konstanz 2002.

Zum Institutionenvertrauen siehe Daniel Weinstock, »Trust in Institutions«, in: David Archard et al. (Hg.), Reading Onora O’Neill, a.a.O., S. 199218 (hier S. 207); zum Phänomen des »misplaced distrust« siehe in dem gleichen Band Karen Jones, »Distrusting the Trustworthy«, S. 186198.

Siehe Rahel Jaeggi, »Was ist eine (gute) Institution?«, in: Rainer Forst et al. (Hg.), Sozialphilosophie und Kritik, Frankfurt/M. 2009, S. 528544.

Luc Boltanski, Soziologie und Sozialkritik, Berlin 2010, S. 117.

Besonders einflussreich Karen S. Cook, Russell Hardin, Margret Levi, Cooperation without Trust?, New York 2005, vor allem Kapitel 6 und 7.

Ebenda, S. 188.

Welche perversen Dimensionen diese Selbstausbeutung unter idealistischen Vorzeichen annehmen kann, zeigt jetzt eindrücklich am Beispiel der französischen Modeindustrie Giulia Mensitieri, »Le plus beau métier du monde«: Dans les coulisses de l’industrie de la mode, Paris 2018.

Mark Granovetter, Society and Economy. Framework and Principles, Cambridge/Mass. 2017, S. 86. Granovetter verwendet auch die Formel »a little trust goes a long way« (eine kleine Dosis Vertrauen trägt weit) und erwähnt, dass viele große Firmen nach wie vor Familienunternehmen sind (ebenda, S. 87).

Ich stimme also Luhmann nicht zu, wenn er in Vertrauen (a.a.O., S. 73) schreibt: »Die Systeme der Reduktion erfordern und erhalten selbst Vertrauen.« Sie mögen es erfordern, aber das heißt nicht, dass sie es auch erhalten.

In ihrem Text »Was ist eine (gute) Institution?«, a.a.O., erwähnt Rahel Jaeggi im Anschluss an Hegel die Möglichkeit, wonach Institutionen nur noch »positiv« sind, also nur noch da, nur noch vorhanden sind, ohne mit Leben gefüllt zu sein. So können Paare nur noch »auf dem Papier« verheiratet sein (S. 538). Wenn ich sage, dass wir uns auf Institutionen manchmal nur verlassen, mache ich nicht so starke normative Annahmen, denn ob dieses Sich-verlassen-auf und die Unfähigkeit, Vertrauen aufzubauen, wirklich kritische Ausmaße annehmen, hängt von der Institution ab und den spezifischen Gütern, die sie zur Verfügung stellen soll.

Reinhard K. Sprenger, Vertrauen führt. Worauf es im Unternehmen wirklich ankommt, Frankfurt/M. 2002.

Sehr klar Peter Walgenbach, »Das Konzept der Vertrauensorganisation – Eine theoriegeleitete Betrachtung«, in: Die Betriebswirtschaft 60:6 (2000), S. 707720: »Daher können Vertrauen und Vertrauensbeziehungen letztlich keine vom Management einseitig zum Zweck der Manipulation des Beschäftigtenhandelns bewusst eingesetzte Strategien sein. Vertrauen und Vertrauensbeziehungen sind vielmehr als aus erfolgreicher gemeinsamer Praxis entstandene Bedingungen weiteren Handelns zu begreifen … Vertrauen kann man sich weder auferlegen, noch kann man es anderen verordnen« (S. 717).

Typisch Robert C. Solomon, Fernando Flores, Building Trust: In Business, Politics, Relationships, and Life, Oxford 2001.

Sehr hilfreich ist die Studie von Fritz Böhle et al., Vertrauen und Vertrauenswürdigkeit. Arbeitsgestaltung und Arbeitspolitik jenseits formeller Regulierung, Wiesbaden 2014.

Onora O’Neill, A Question of Trust, a.a.O., S. 76: »Angemessenes Vertrauen entspringt eher aktiver Untersuchung als blinder Akzeptanz.«

C. Thi Nguyen, »Cognitive Islands and Runaway Echo Chambers: Problems for Epistemic Dependence on Experts«, in: Synthese (2018): https://doi.org/10.1007/s11229-018-1692-0 (Onlinepublikation, zuletzt abgerufen am 3.12.2019).

C. Thi Nguyen, »Escape the Echo Chamber«, in: aeon, 9. April 2018: https://aeon.co/essays/why-its-as-hard-to-escape-an-echo-chamber-as-it-is-to-flee-a-cult (zuletzt abgerufen am 3.12.2019).

Sehr hilfreich ist Brian L. Keeley, »Of Conspiracy Theories«, in: The Journal of Philosophy 96:3 (1999), S. 109126.

Richard Ford, Die Lage des Landes, München 2006, S. 101. Der Kontext dieser Aussage ist folgender: Frank, der Makler, hat mit einem Kunden ein Haus besichtigt; der Kunde verspricht, das Haus zu kaufen, muss aber vorher sein Scheckbuch aus dem Motel holen. Frank glaubt nicht, dass er das tatsächlich vorhat, bleibt aber trotzdem vor Ort und wartet: »Ich tat einfach so, damit er sich besser fühlte« (I just pretended to, to make him feel good). Franks Beschreibung dieser Szene ist eigentümlich. Wenn er dem Kunden zu verstehen gibt, dass er ihm glaubt, kann er nicht ausschließen, dass der Kunde auf das Vertrauen reagiert und deswegen zurückkommt. Seine Skepsis bleibt dem Kunden ja verborgen. Wenn er also glaubt, dass er anderen durch seine Skepsis »mehr Handlungsfreiheit« gibt (ebenda), dann übersieht er, dass sein reales Verhalten (das Warten) als Vertrauenssignal und damit, seiner eigenen Logik gemäß, als moralischer Druck empfunden werden könnte. In Wirklichkeit entlastet er sich durch seine verborgene Skepsis nur selbst und schützt sich vor einer möglichen moralischen Verletzung. Kommt der Kunde nicht zurück, kann er sagen: Ich habe eh nicht dran geglaubt. Man möchte von einem magischen Verhalten reden. Frank glaubt, andere vom moralischen Druck des Vertrauens zu entlasten, indem er selbst nicht vertraut, kann aber in Wirklichkeit gar nicht wissen, ob diese anderen tatsächlich entlastet sind. Er wünscht es sich nur und projiziert seinen Wunsch auf die Wirklichkeit, die er nicht kennt und nur imaginiert. Man sieht hier die Furcht vor dem Vertrauen, die sich, in diesem Fall, als völlig unbegründet erweist. Man sieht aber auch, warum es oft leichtfällt, ein bloßes Verhalten (das Warten) als vertrauensvoll zu deuten. Wie könnte der Kunde das Warten nicht als vertrauensvoll deuten? Wie könnte Frank zu verstehen geben, dass er dem anderen nicht glaubt, wenn er gleichzeitig wartet? Frank erscheint als vertrauensvoll wider Willen (in seiner Binnenperspektive ist er ein Als-ob-Vertrauender).

Roy Lewicki, Daniel J. McAllister, Robert J. Bies, »Trust and Distrust: New Relationships and Realities«, in: Academy of Management Review 23:3 (1998), S. 438458, hier S. 450.

Sehr klar in Sandra L. Robinson, Kurt T. Dirks, Hakan Ozelik, »Untangling the Knot of Trust and Betrayal«, in: Roderick M. Kramer, Karen S. Cook (Hg.), Trust and Distrust in Organizations: Dilemmas and Approaches, New York 2004, S. 327341, hier S. 336337.

Richard Moran, Authority and Estrangement: An Essay on Self-Knowledge, Princeton 2001, S. 45 (Kursiv von Moran).

Onora O’Neill, A Question of Trust, a.a.O., S. 6. Ähnliche Formulierungen finden sich häufig. Siehe zum Beispiel Daniel Weinstock, »Trust in Institutions«, in: David Archard et al., Reading Onora O’Neill, a.a.O., S. 212: »Die Bürgerinnen und Bürger haben keine Wahl (have no choice), sie müssen mit dem Staat oder mit Institutionen, die sich etwa um ihre Gesundheit oder ihr Recht kümmern, umgehen. … Sie können nicht anders (they can’t help) als Überzeugungen zu bilden, die sich auf die Vertrauenswürdigkeit dieser Institutionen beziehen.« Immerhin deutet diese letzte Formulierung darauf hin, dass es nicht darum geht, diesen Institutionen zu vertrauen, sondern nur darum, sich eine Meinung über ihre Vertrauenswürdigkeit zu bilden. Das ist doch ein beträchtlicher Unterschied, der aber oft (auch von Weinstock) übersehen wird.

Rachel Botsman, Who Can You Trust?: How Technology Brought Us Together and Why It Could Drive Us Apart, London 2017, S. 20.

Ebenda, S. 26.

Carolin Emcke, Stumme Gewalt. Nachdenken über die RAF, Frankfurt/M. 2008, S. 8485.

Niklas Luhmann, Vertrauen, a.a.O., S. 29.

Paul Seabright, The Company of Strangers: A Natural History of Economic Life, Princeton 2010, Kapitel 7.

Siehe Joshua Getzler, »Financial Crisis and the Decline of Fiduciary Law«, in: Nicholas Morris, David Vines (Hg.), Capital Failure: Rebuilding Trust in Financial Services, Oxford 2014, S. 193208.

Ernst Fehr, Simon Gächter, »How Effective are Trust- and Reciprocity-Based Incentives?«, in: Avner Ben-Ner, Louis Putterman (Hg.), Economics, Values, and Organization, Cambridge 1998, S. 337363.

Paul Collier, Exodus, a.a.O.; grundsätzlich und ausführlich zur Rolle des Vertrauens für die Wirtschaft: Yann Algan, Pierre Cahuc, »Trust, Growth and Well-Being: New Evidence and Policy Implications«, in: Philippe Aghion, Steven N. Durlauf (Hg.), Handbook of Economic Growth, Volume 2A, Oxford 2014, S. 49120.

Paul Collier, Exodus, a.a.O., S. 72.

George A. Akerlof, »The Market for Lemons: Quality Uncertainty and the Market Mechanism«, in: Quarterly Journal of Economics 84:3 (1970), S. 488500.

Andrew G. Haldane, »The Great Divide«, online unter https://www.bis.org/review/r160520b.pdf (zuletzt abgerufen am 3.12.2019).

Tyler Cowen, »A Simple Theory of the Financial Crisis; or, Why Fischer Black Still Matters«, in: Financial Analysts Journal 65:3 (2009), S. 1720, hier S. 18.

John Lanchester, Warum jeder jedem etwas schuldet und keiner jemals etwas zurückzahlt. Die bizarre Geschichte der Finanzen, Stuttgart 2013; zum Paradox effizienter Märkte siehe Loren E. Lomasky, »Liberty after Lehman Brothers«, in: Social Philosophy and Policy 28:2 (2011), S. 135165, hier S. 150151.

Ebenda, S. 149.

John Lanchester, Warum jeder jedem etwas schuldet und keiner jemals etwas zurückzahlt, a.a.O., S. 193.

Sehr hilfreiche Überlegungen entnehme ich Lisa Herzog, »Persönliches Vertrauen, Rechtsvertrauen, Systemvertrauen«, in: Deutsche Zeitschrift für Philosophie 61:4 (2013), S. 529548. Herzog spricht von einem »epistemischen Vorteil«, den Vertrauensverhältnisse gegenüber rein strategischen Verhältnissen haben (S. 533), weil man in ihnen besser und ehrlicher informiert wird; man könnte aber natürlich auch von einem moralischen Vorteil sprechen, denn in echten Vertrauensverhältnissen informiert der andere mich über Änderungen im Verhältnis, weil er meint, dass er mir diese Offenheit schuldet.

Siehe Sue Jaffer et al., »How Changes to the Financial Services Industry Eroded Trust«, in: Nicholas Morris, David Vines (Hg.), Capital Failure, a.a.O., S. 3264.

Marion Fourcade, Kieran Healy, »Classification Situations: Life-Chances in the Neoliberal Era«, in: Accounting, Organizations and Society 38 (2013), S. 559572, hier S. 563; Lisa Herzog (»Persönliches Vertrauen, Rechtsvertrauen, Systemvertrauen«, a.a.O., S. 542543, Fn. 33) betont zu Recht, dass es in diesem Bereich keine absolute Neutralität oder Objektivität gibt. Noch so strenge Regeln oder Verträge können flexibel angewendet werden.

Cathy O’Neil, Angriff der Algorithmen. Wie sie Wahlen manipulieren, Berufschancen zerstören und unsere Gesundheit gefährden, München 2017, S. 212.

Alain Cohn, Ernst Fehr, André Maréchal, »Business Culture and Dishonesty in the Banking Industry«, in: Nature 514:4 (2014), S. 8689, hier S. 88.

Matthew Gill, Accountant’s Truth: Knowledge and Ethics in the Financial World, Oxford 2009.

Ebenda, S. 8.

Beispielhaft Jens Beckert, »Vertrauen und die performative Konstruktion von Märkten«, in: Zeitschrift für Soziologie 31:1 (2002), S. 2743.

Wiederum Jens Beckert, »Die sittliche Einbettung der Wirtschaft. Von der Effizienz- und Differenzierungstheorie zu einer Theorie wirtschaftlicher Felder«, in: Berliner Journal für Soziologie 22:2 (2012), S. 247266.

Rahel Jaeggi (»Ökonomie als soziale Praxis«, in: Zeitschrift für Wirtschafts- und Unternehmensethik 19:3 (2018), S. 343361) glaubt, kapitalistische Unternehmen deuteten sich als »ethisch neutral« und produzierten so systematisch die Illusion rein ökonomisch funktionaler Märkte. Ich glaube, dass die Aufnahme ethisch aufgeladener Kategorien wie Vertrauen in die Selbstbeschreibung vieler Unternehmen gegen Jaeggis These spricht. Die berühmte Studie von Luc Boltanski und Ève Chiapello über den Neuen Geist des Kapitalismus (Konstanz 2003) scheint mir diesen Punkt zu bestätigen. Mein Problem ist weniger, dass der Kapitalismus die Neigung hat, »die normative und ethisch dichte Natur seiner ökonomischen Interessen zu verschleiern« (Jaeggi, S. 359), sondern, dass das ethische Vokabular die ökonomischen Interessen der Unternehmen verschleiert. Siehe meinen Kommentar zu Jaeggi in der gleichen Ausgabe der Zeitschrift: »Der Tod der Kolonialisierungsthese?« (S. 381387).

Aus Tamar Frankel, Trust and Honesty. America’s Business Culture at a Crossroad, Oxford 2006, S. 144.

Siehe http://www.oecd.org/fr/etatsunis/opennessandtransparency-pillarsfordemocracytrustandprogress.htm (zuletzt abgerufen am 3.12.2019).

Zur Transparenz als Religion siehe Albert Meijer, »Transparency«, in: Mark Bovens, Robert E. Goodin, Thomas Schillemans (Hg.), The Oxford Handbook of Public Accountability, Oxford 2014, S. 505524; zu den Aussagen über den Journalismus siehe Jay Rosen, »Journalisten werden die Öffentlichkeit selbst verteidigen müssen«, in: Die Zeit, 4. August 2018: https://www.zeit.de/kultur/2018-08/jay-rosen-washington-post-jeff-bezosdonald-trump-journalismus-rechtspopulismus (zuletzt abgerufen am 3.12.2019). Rosen sagt: »Eine andere Sache, die manche amerikanische Medien gut gemacht haben, ist, ihre Arbeit radikal transparent zu machen. Wird ihre Berichterstattung angezweifelt, können Redaktionen sagen: ›Ihr glaubt uns nicht? Dann schaut bitte selbst. Hier sind unsere Recherchen. Hier sind die Interviews, die wir geführt haben. Hier sind unsere Gesprächspartner.‹ Wenn Vertrauenswürdigkeit durch Transparenz entsteht, ist das etwas ganz anderes, als wenn sie mittels Reputation bloß behauptet wird: ›Wir sind die Washington Post, vertraut uns einfach.‹«

Viel gelernt habe ich von Stephan Grimmelikhuijsen und Gregory Porumbescu, »The Effect of Transparency on Trust in Government: A Cross-National Comparative Experiment«, in: Public Administration Review 73:4 (2013), S. 575586; siehe auch Jenny de Fine Licht, Daniel Naurin, »Transparency«, in: Christopher Ansell, Jacob Torfing (Hg.), Handbook on Theories of Governance, Cheltenham 2016, S. 217224; wichtige Unterscheidungen finden sich in dem Manuskript von Daniel Naurin, »Transparency, Publicity, Accountability – The Missing Links«, online unter: http://citeseerx.ist.psu.edu/viewdoc/download?doi=10.1.1.533.6298&rep=rep1&type=pdf (zuletzt abgerufen am 3.12.2019).

Georg Simmel, Soziologie. Untersuchungen über die Formen der Vergesellschaftung. Gesamtausgabe Band II, Frankfurt/M. 1992, S. 393.

Byung-Chul Han, »Wir steuern auf eine Katastrophe zu«, in: Magazin der Süddeutschen Zeitung, 14. Dezember 2012: https://sz-magazin.sueddeutsche.de/leben-und-gesellschaft/wir-steuern-auf-eine-katastrophe-zu-79408 (zuletzt abgerufen am 3.12.2019).

Cathy O’Neil, Angriff der Algorithmen, a.a.O.

Caspar Hirschi, »Transparenz ist nur eine andere Form der Intransparenz«, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 8. Januar 2014: https://www.alexandria.unisg.ch/228566/1/F1401081.n04.pdf (zuletzt abgerufen am 3.12.2019); kritisch auch Onora O’Neill, A Question of Trust, a.a.O., S. 70.

Siehe Kaveh G. Shojania, Alan J. Forster, »Hospital Mortality: When Failure is not a Good Measure of Success«, in: Canadian Medical Association Journal 179:2 (2008), S. 153157.

Ethan S. Bernstein, »The Transparency Paradox: A Role for Privacy in Organizational Learning and Operational Control«, in: Adminstrative Science Quarterly 57:2 (2012), S. 181216, hier S. 192.

Ich danke Werner Lampert für ein Gespräch über diese Problematik.

Matthew Gill, Accountant’s Truth, a.a.O., S. 30.

An diesem Abschnitt zeigt sich, was ich mit meiner Bemerkung meinte, ich würde die von mir selbst eingeführten Unterscheidungen nicht gleich stringent verwenden. Nicht alles zu sagen, was man weiß, betrifft eher das Phänomen des Öffentlichmachens als das Phänomen der Transparenz. Es geht also um die Frage, ob ein Wissen, das da ist, anderen kommuniziert werden soll.

Barron H. Lerner, The Good Doctor: A Father, a Son, and the Evolution of Medical Ethics, Boston/Mass. 2014, S. 145.

Ebenda, S. 144.

Ähnlich Onora O’Neill, Autonomy and Trust in Bioethics, a.a.O., S. 25: »Wir schenken Vertrauen am ehesten, wenn wir darauf setzen, dass andere unsere Interessen berücksichtigen … Individuelle Autonomie zeigt sich dagegen am ehesten, wenn wir am wenigsten von anderen und ihren Erwartungen eingeschränkt werden.«

Onora O’Neill, A Question of Trust, a.a.O., S. 6.

Caspar Hirschi, »Transparenz ist nur eine andere Form der Intransparenz«, a.a.O.

Ich entnehme das Beispiel Annette Baiers »Vertrauen und seine Grenzen«, a.a.O., S. 7284.

Siehe die frühe Studie von Andreas Diekmann und David Wyder, »Vertrauen und Reputationseffekte bei Internet-Auktionen«, in: Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie 54:4 (2002), S. 674693.

Karen Jones, »Trust as an Affective Attitude«, a.a.O., S. 14.

Siehe Philip J. Nickel, Maarten Franssen, Peter Kroes, »Can We Make Sense of the Notion of Trustworthy Technology?«, in: Knowledge, Technology&Policy 23 (2010), S. 429444, hier S. 433.

Peter-Paul Verbeek, Moralizing Technology: Understanding and Designing the Morality of Things, Chicago 2011, S. 57.

Bruno Latour, »Morality and Technology: The End of Means«, in: Theory, Culture and Society 19/56 (2002), S. 247260.

Bruno Latour, Der Berliner Schlüssel, Berlin 2014, hier S. 2425.

Siehe: https://edition.cnn.com/2015/02/13/tech/spot-robot-dog-google/ (zuletzt abgerufen am 3.12.2019).

Viele unserer psychologischen Verben (»wünschen«, »bevorzugen«, »wollen« etc.) scheinen problemlos auf nicht-menschliche Objekte angewendet werden zu können (ohne dass man ihre Anwendung in diesen Zusammenhängen metaphorisch nennen müsste). Siehe Carrie Figdor, »On the Proper Domain of Psychological Predicates«, Synthese 194:11 (2017), S. 42894310.

Thomas Simpson, »Robots, Trust, and War«, in: Philosophy and Technology 24:3 (2011), S. 325337.

Jan Philipp Reemtsma, Vertrauen und Gewalt. Versuch über eine besondere Konstellation der Moderne, Hamburg 2008; J.M. Bernstein, Torture and Dignity, a.a.O.

Hubert Dreyfus, On the Internet, New York 2001, S. 71. Ähnlich körperzentriert argumentiert Philip Pettit, »Trust, Reliance and the Internet«, in: Analyse und Kritik 26:1 (2004), S. 108121, vor allem S. 118.

Siehe: https://www.deutschlandfunk.de/kuenstliche-intelligenz-die-roboter-kommen-naeher.1184.de.html?dram:article_id=421013 (zuletzt abgerufen am 3.12.2019).

Butler W. Lampson, »Computer Security in the Real World«, in: IEE Computer Society, June 2004, S. 3745.

Helen Nissenbaum, »Securing Trust Online: Wisdom or Oxymoron?, in: Boston University Law Review 81:635 (2001), S. 635664, hier S. 656.

Roderick M. Kramer, »Trust and Distrust in Organizations: Emerging Perspectives, Enduring Questions«, in: Annual Review of Psychology 50 (1999), S. 569598, hier S. 591.

George Danezis, »Trust as a Methodological Tool in Security Engineering«, in: Richard H.R. Harper (Hg.), Trust, Computing, and Society, Cambridge 2014, S. 6891, hier S. 75.

Philip J. Nickel, »Ethics in E-Trust and E-Trustworthiness: The Case of Direct Computer-Patient Interfaces«, in: Ethics and Information Technology 13 (2011), S. 355363, hier S. 361: »Die Betreiber solcher Systeme müssen einen sinnvollen Mechanismus zur Verfügung stellen, der … die vertrauensrelevanten Belange einzelner Nutzer und Nutzergruppen registriert, auswertet und auf sie antwortet.«

Dieses Kapitel enthält Ausschnitte aus einer 2017 für die Friedrich-Ebert-Stiftung erstellten Publikation, die den Titel »Krise des Vertrauens – Politik in der Krise« trägt, sowie Ausschnitte aus dem Artikel »Zerstörtes Vertrauen, zerstörte Freiheit«, den ich in Forschung und Lehre veröffentlicht habe (Ausgabe 8, 2013).

Judith Shklar, Ordinary Vices, Cambridge/Mass. 1984, S. 185.

John Locke, Zwei Abhandlungen über die Regierung, Frankfurt/M. 1977; siehe auch Martin Hartmann, »Aussichten auf Vorteile? Grenzen rationaler Politikmodelle in der Politikanalyse«, in: Österreichische Zeitschrift für Politikwissenschaft 31:4 (2002), S. 379396.

Herbert König, »Gewalt in der U-Bahn – Haben Fahrgäste der MVG Angst?«, in: Der Nahverkehr 6 (2009), S. 14. Für den Hinweis auf diesen Text danke ich Matthias Müth.

Annette Baier, The Commons of the Mind, a.a.O., S. 37.

Siehe die Studie von John B. Thompson, Political Scandal: Power and Visibility in the Media Age, Cambridge 2000.

Judith Shklar, Ordinary Vices, a.a.O., S. 33.

Siehe Viktoria Kaina, Elitenvertrauen und Demokratie. Zur Akzeptanz gesellschaftlicher Führungskräfte im vereinten Deutschland, Wiesbaden 2002, hier S. 267.

Oskar Gabriel, »Integration durch Institutionenvertrauen? Struktur und Entwicklung des Verhältnisses der Bevölkerung zum Parteienstaat und zum Rechtsstaat im vereinigten Deutschland«, in: Jürgen Friedrichs, Wolfgang Jadodzinski (Hg.), Soziale Integration, Sonderheft 39 der Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie, Wiesbaden 1999, S. 199235, hier S. 202.

Claude Lefort, Marcel Gauchet, »Über die Demokratie. Das Politische und die Instituierung des Gesellschaftlichen«, in: Cornelius Castoriadis, Marcel Gauchet, Claude Lefort, Autonome Gesellschaft und libertäre Demokratie, Frankfurt/M. 1990, S. 89122, hier S. 101.

 

Wolfgang Herrndorf, Tschick

Das Vertrauen ringt nach Luft

Vertrauen ist wie die Luft zum Atmen. Solange alles in Ordnung ist, bemerken wir sie gar nicht. Wir bemerken nicht einmal unser Atmen, wir tun es einfach. Erst wenn Schwierigkeiten auftreten, fällt auf, was sonst unbemerkt bleibt. Wir erkälten uns, und das Atmen fällt schwerer. Die Luft ist verschmutzt und erzeugt ein Kratzen im Hals. Oder sie wird dünner und erzwingt ein anderes, viel angestrengteres Atmen. Plötzlich bemerken wir, was wir die ganze Zeit schon tun, plötzlich drängt es sich auf und verliert seine Selbstverständlichkeit.

So ist es mit dem Vertrauen, wenn es intakt ist, wenn es »gesund« ist. Wir leben in ihm, wir zehren von ihm, wir brauchen es, wir atmen es gleichsam ein und aus – erst wenn Schwierigkeiten auftreten, wenn es weg ist oder zerstört wird, fällt es uns auf, und wir fangen an, darüber nachzudenken, überlegen, was es eigentlich ist und warum es sich uns plötzlich aufdrängt. Man kann fast sagen, dass das Nachdenken über Vertrauen nicht zum Vertrauen gehört, denn zum Vertrauen gehört in einem ganz profunden Sinne ein gehöriges Maß an Gedankenlosigkeit. Es lebt davon, unbemerkt und so unauffällig wie nur möglich zu bleiben. All die guten Wirkungen, die Vertrauen hat, hat es, weil es unsichtbar ist und keine eigene Arbeit verlangt. Vertraue ich jemandem, dann denke ich nicht weiter nach, bin nicht misstrauisch und vorsichtig. Nachdenken, so scheint es, zerstört Vertrauen, zersetzt es und macht es schwer, verleiht ihm Gewicht, obwohl es vorher, um im Bild zu bleiben, leicht war wie die Luft. Mehr noch, es kann im schlimmsten Fall sogar

Die Feinstaubproblematik, die zur Zeit so präsent ist, lässt uns viel über Autos reden, über Motoren und die Manipulation von Abgaswerten. Aber sie hat eine weitere Seite, die vielleicht viel dramatischer ist und die wir gern verdrängen. Sie führt uns nämlich vor Augen, dass unser Atmen, zumindest in bestimmten Gegenden, Gefahren mit sich bringt, die sich erst aufdrängen, wenn es zu spät ist, wenn schon ein Schaden angerichtet ist. Aber diese Gefahren – und das ist jetzt entscheidend – waren natürlich schon da, als wir uns noch ganz gedankenlos auf unser Atmen verlassen haben. Ja, es war unsere Gedankenlosigkeit, die überhaupt dazu beigetragen hat, dass die Gefahren so lange unbemerkt bleiben konnten.

Auch dieser Aspekt lässt sich auf das Nachdenken über Vertrauen übertragen. Es kann zeigen, was Vertrauen ist oder warum es wichtig ist, es kann zeigen, was wir verlieren, wenn wir nicht mehr vertrauen können, aber es kann eben auch zeigen, warum es in manchen Fällen nicht gut ist zu vertrauen, es kann zeigen, dass Vertrauen manchmal schuld ist an den Krisen, unter denen es dann selbst leidet. Das ist kein schöner Gedanke. Aber das Nachdenken über Vertrauen kann nicht anders, es zeigt die hellen und die dunklen Seiten des Vertrauens, es trauert um seinen Verlust.

Wir denken zurzeit viel nach über Vertrauen, und wenn ich recht habe, dann ist das an sich schon ein Krankheits- oder Krisensymptom. Um weiterhin im Bild zu bleiben: Das Vertrauen hustet, es atmet schwer, es ringt nach Luft. Es ist wichtig zu verstehen, warum das so ist, aber wir müssen auch verstehen, was wir dagegen tun können. Schließlich müssen wir verstehen, ob wir uns das Husten manchmal nicht einfach nur einbilden. Vielleicht wollen wir gar nicht gesund sein, wollen gar nicht vertrauen, auch wenn wir so tun. Vielleicht macht uns

Wenn das stimmig ist, dann gewinnt die Rede von der Krise des Vertrauens eine neue Wendung. Die Krise besteht dann nicht darin, dass wir nicht mehr vertrauen können, weil niemand mehr vertrauenswürdig ist, die Krise besteht vielmehr darin, dass wir den Wert des Vertrauens kennen, aber aus eingebildeter oder berechtigter Angst nicht mehr in der Lage sind, Bedingungen zu schaffen, die der Ausbildung von Vertrauen zuträglich sind. Diese komplexe Konstellation gilt es in allem, was folgt, im Blick zu behalten, sie markiert die Grundspannung dieses Buches. Wir wollen und wir wollen nicht, wir trauern um den Verlust des Vertrauens, aber fürchten uns vor heilenden Maßnahmen. Immerhin, wenn wir die Krise des Vertrauens an manchen Punkten herbeireden, bedeutet das auch, dass sie in Wirklichkeit gar nicht so groß ist, wie wir glauben. Der Ausschnitt aus Wolfgang Herrndorfs Tschick, der diesem Buch als Motto dient, formuliert genau diesen Verdacht. Es ist, als würde der Arzt zu uns sagen: »Sie sind gesund, gehen Sie nach Hause.« So einfach verhält es sich mit dem Vertrauen leider nicht, aber es verhält sich eben auch nicht ganz so schlimm, wie wir oft meinen, wir müssen nur die Orte aufsuchen, an denen wir offenbar trotz der Rede von der Krise des Vertrauens weiterhin die Möglichkeit haben, ein kritisch aufgeklärtes Vertrauen zu entfalten. Eine andere Frage ist es, ob wir diese Möglichkeit dann tatsächlich wahrnehmen wollen.

Meine Perspektive ist die eines Philosophen, aber das Drängende des Themas Vertrauen entspringt nicht philosophischem Tiefsinn, sondern eher alltäglichen Fragen und Sorgen, die sich uns allen stellen. Deswegen habe ich eine ganze Menge anderer

Lange hielt man das Thema Vertrauen in der Philosophie für ein weiches Thema. Doch das ist falsch. Vertrauen ist kein weiches Thema, es ist, ganz im Gegenteil, ein hartes Thema. Die besten philosophischen Schriften zum Vertrauen stammen von der feministischen Philosophin Annette Baier, die in einem ihrer berühmtesten Texte die Ungleichheit in der Ehe zum Anlass nimmt, um über Vertrauen nachzudenken. Ein bekannter Satz von ihr lautet: »Es waren die Kriminellen, nicht die Philosophen, die eine Expertise für die verschiedenen Formen des Vertrauens entwickelt haben.«[1]