Phytosophie

Mein phytosophisches Manifest

Jens Bomholt

«Lesen ist Sehen mit fremden Augen»

«Lesen ist Denken mit fremdem Hirn»

Darf ich Ihnen meine Augen leihen, mein Gehirn, ja sogar mein Herz?

Inhaltsverzeichnis

1 Phytosophie

1.1 Der Phytosophie-Begriff und seine Entstehung

1.2 Vielfalt pflanzlicher Heilweisen

1.3 Analogie «Schweizer Taschenmesser»

1.4 Jede Pflanze ist multi-optional

1.5 Sinnvolle Auswahl und Beschränkung auf das Wesentliche

2 Weiblich dominierte Heilkundewelt

3 Ganzheitlicher Zugang

3.1 Logos und Sophia

3.2 Linkshirn, Rechtshirn und ganzheitliche Denkweise

3.3 Begriff Phytosophie

4 Das phytosophische Universum

4.1 Welten und Bezüge

4.2 Drei Welten im phytosophischen Universum

5 Die Welt der Pflanzen

5.1 Wieso ausgerechnet Pflanzen?

5.2 Pflanzenmeditation

5.3 Adaptone: Substanzen, die eine standortsfeste Anpassung ermöglichen

5.4 Menschenmeditation

5.5 Pflanze als Lebensgrundlage für Tier und Mensch

5.6 Sonderfälle Pilze, Flechten

5.7 Kraftpflanzen, Kraftorte, Kraftzeiten

6 Das geheime Leben der Pflanzen

6.1 Sinneswahrnehmung von Pflanzen

6.2 Nervensystem und Gehirn der Pflanze

6.3 Reaktion der Pflanze

6.4 Kommunikation der Pflanze

7 Die Rache misshandelter Pflanzen

7.1 Respektvoller Umgang mit Pflanzen für Lebensmittel und Heilmittel

7.2 Veränderte Lebensmittel, Heilmittel, Patienten

8 Die Teilwelt der Heilpflanzen

8.1 Keine Pflanze ist Heilpflanze; jede Pflanze ist potenzielle Heilpflanze

8.2 Kulinarisch denken

8.3 Gift-Begriff und Drogen-Begriff relativieren

9 Die Welt der Menschen

9.1 In der Natur gibt es keine Krankheit

9.2 In der Natur gibt es keine Heilkunde

10 Gesundheit und Krankheit

10.1 Gesundheit und Krankheit sind Konzepte

10.2 Missverstandene Krankheiten, missverstandene «Scheingesundheit»

11 Die Welt der Heilkunde

11.1 Heilkunde ist zusammen mit Krankheit eine Kultur-Errungenschaft

11.2 Krankheitsbehandlung statt Gesundheitsgewährleistung

11.3 Pflanzenheilkunde: Naturheilkunde?

11.4 Pflanzenheilkunde: vorläufig krankheitsorientiert

12 Pflanzen-Heil-Kunde: Vielfalt im Kontext

12.1 Vielfalt der Heilweisen und Heilmittel

12.2 Überwältigend, verwirrend

12.3 Lernweg: primitiv > kompliziert > einfach

13 Erweitertes «Schema der Pflanzen-Heil-Kunde»

13.1 «Pflanzen-Heil-Kunde» mit Erweiterung

14 Der Bereich «Kunde»

14.1 Patient ist der Schlüssel zur Heilkunde

14.2 Von der Patientin zur Heilweise zum Heilmittel

15 Krankheitsverständnis: Paradigmen

15.1 Statische Beurteilung der Krankheitssituation

15.2 Ursachen der Krankheit

15.3 Dynamische Beurteilung der Krankheitssituation

15.4 Unterschiedliche Ansichten

15.5 Für welches Paradigma entscheiden «wir» uns?

16 Der Bereich «Pflanzen»

16.1 Wie sehen wir die Pflanze?

16.2 Heilprinzipien

16.3 Kultureller Kontext

16.4 Qualitätsbestimmende Kriterien

17 Der Bereich «Heil»

18 Verbindung zu Pflanzen-Heil-Kunde im konkreten Kontext

18.1 Heilweisen

18.2 Eine Reihe von Heilweisen

18.3 Einzelheilweise wird als gegeben hingenommen

18.4 Widersprüche, sobald wir weiteren Heilweisen begegnen

18.5 Zunehmende Verwirrung? Zunehmende Transparenz!

18.6 Heilweisen-Begründer, Heilmittel-Hersteller, Anwender

19 Tool Pflanzen-Heil-Kunde im Einsatz

19.1 Tool Pflanzen-Heil-Kunde: Bach-Blüten

19.2 Tool Pflanzen-Heil-Kunde: Homöopathie

19.3 Tool Pflanzen-Heil-Kunde: Arbeitsblatt

19.4 Arbeit mit dem Kunden

19.5 Eigener therapeutischer Weg

20 Blickrichtung aus Sicht der Heilweise

20.1 Heilweisen-Begründer

20.2 Heilmittelhersteller

20.3 Heilmittelanwenderinnen

21 Heilmittel

21.1 Mittel im Kontext der Heilweise

21.2 Qualität und Wirksamkeit der Heilmittel

21.3 Mittel-Portfolio pflegen

21.4 Bezugsquellen

21.5 Heilmittel anwenden

22 Ihr phytosophisches Denken und Arbeiten

23 Selbstanalyse und Positionierung als Behandlerin

23.1 Sinnvolle Heilkunde

23.2 Wesensgemässe Heilkunde

23.3 Konzentration auf Ihr wesentliches Minimum

23.4 Welche heilkundliche Zielsetzung

23.5 Welcher Kundenkreis

23.6 Planung Ihrer beruflichen Zukunft

24 Patientin und Behandlerin in Übereinstimmung

24.1 Tool zur Compliance

24.2 Vorstellungen der Patientin

24.3 Patienten-Selbstwahrnehmung klären

24.4 Zuhören mit Empathie

24.5 NLP = neurolinguistisches Programmieren

24.6 Übereinstimmung erreichen

25 Anhänge

25.1 Es gibt keine Naturheilkunde

25.2 Immunstärkung?

25.3 Mein persönliches heilkundliches Bekenntnis

25.4 Flüssigkeitstransport innerhalb der Pflanze

25.5 Pathosophie

25.6 Das Mittel ist nichts, der Prozess ist alles

25.7 Heilweisen-Vielfalt in Raum, Zeit, Kultur

25.8 Orientierung der Pflanze

26 Autor

27 Abbildungsverzeichnis

1 Phytosophie

1.1 Der Phytosophie-Begriff und seine Entstehung

Den Begriff Phytosophie (Phyto-Sophie) habe ich vor etwa 25 Jahren geprägt, um meine ganzheitliche, meta-medizinische Sicht der Pflanzenheilkunde passend zu charakterisieren.1 Eine Klärung des Begriffs folgt weiter unten. Gäbe es nur eine Art der Pflanzenheilkunde: Phytosophie wäre überflüssig. Bei meinem Einstieg in die Pflanzenheilkunde vor 30 Jahren wurde mir jedoch bald klar, dass es keinen gemeinsamen Nenner gibt. Eine Gesamtausbildung in Pflanzenheilkunde fand ich damals nicht. Ich musste mein Wissen aus verschiedenen Kursen, aber auch Firmenbesuchen selbst zusammenstückeln. Das war nicht einfach: Fast jeder Kurs und jede Referentin präsentiert eine andere Art der Pflanzenheilkunde. Jede Firma verfolgt ein anderes therapeutisches Ziel, verarbeitet und liefert dementsprechend unterschiedliche Mittel. Jede Therapeutin arbeitet mit bevorzugten Heilweisen, Pflanzen, Mitteln und Anwendungen, und lehnt andere ab. Je mehr ich lernte, desto verwirrender die Vielfalt der Zugänge mit ihren Unterschieden, ja ausgeprägten Gegensätzen.

• Die meisten Zugangsweisen stehen in deutlich erkennbarem Widerspruch zu anderen Varianten der Pflanzenheilkunde.

• Dennoch kann fast jeder einzelne Zugang - in seinem Kontext und auf seine Art - überzeugen, begeistern, das Wissen bereichern.

• Allerdings: Klärung und Strukturierung tut not! Andernfalls verliert man sich, oder man gibt sich aus Bequemlichkeit zufrieden mit etwas, dessen Sinnfrage man nicht geklärt hat.

1.2 Vielfalt pflanzlicher Heilweisen

Wir haben es in der Pflanzenheilkunde nicht mit einer einzigen Heilweise namens «Phytotherapie» zu tun, sondern mit einem reichen und vielfältigen Spektrum an pflanzlichen Heilweisen. Zahlreiche Begriffe und Stichworte kommen zusammen. Die Wortwolke von Abbildung 1 illustriert in ihrer noch ungeordneten Vielfalt das Problem, welches wir bisher mit pflanzlichen Heilweisen haben: Unübersichtlichkeit! Bedeutendes und Unbedeutendes steht nebeneinander. Begriffe gehören in unterschiedlichen Kontext. Fehlende Transparenz!

Abbildung 1 Wortwolke mit Stichworten betreffend pflanzlicher Heilweisen

Daher auch die Unmöglichkeit sachlicher Kommunikation: Wer mit einer bestimmten Heilweise, einer bestimmten Pflanze, oder einem daraus hergestellten firmenspezifischen Produkt arbeitet, spricht möglicherweise von etwas ganz anderem als seine Gesprächspartnerin, welche vielleicht sogar mit derselben Pflanze, aber im Kontext einer anderen Heilweise, Zubereitung und Anwendung arbeitet.

Das Problem unklarer Kommunikation stellt sich viel früher, schon ganz am Anfang. Schon der Begriff «Heilpflanze» selbst ist irreführend! Was eine Person als Heilpflanze bezeichnet, in dem erkennt eine andere Person vielleicht nur ein unerwünschtes Unkraut oder eine Giftpflanze. Eine Pflanze wird nämlich erst dann zur Heilpflanze, wenn jemand ein spezifisches heilkundlich anwendbares Potential in ihr erkennt, erschliesst und zur heilkundlichen Anwendung bringt. Auch dies werden wir genauer betrachten.

Im Rahmen dieses Buches wollen wir alle Begriffe und alle Betrachtungsweisen in die «Phytosophie» aufnehmen und sie dort geordnet und strukturiert unterbringen. Pflanzliche Heilweisen bilden ein wahres Universum. In dessen Welten wollen wir uns ab jetzt gezielt zurechtfinden und persönlich sinnvoll orientieren!

1.3 Analogie «Schweizer Taschenmesser»

Aus meinem Klärungsbedürfnis heraus entstand sehr früh meine Darstellung mit der Taschenmesser-Analogie in Abbildung 2.

Abbildung 2 Phytosophie-Magier mit «Schweizer Taschenmesser»

Beachten Sie den Text unter dem Magier: Jede Pflanze ist – wie ein Schweizer Taschenmesser – ein multioptionales Werkzeug, dessen verschiedene Funktionen wahlweise aktiviert werden können bzw. müssen!2

Jede Pflanze ist – wie ein Schweizer Taschenmesser – ein multioptionales Werkzeug, dessen verschiedene Funktionen wahlweise aktiviert werden müssen!

Die noch ungeordnete Wortwolke von Abbildung 1 hat schon etwas Ordnung und Struktur bekommen. Wo sich beim Werkzeug die grosse Messerklinge3 befindet, steht die offizielle (Pflanzen-) Heilkunde oder Phytotherapie. Andere Heilweisen stehen bei Werkzeugen wie Büchsenöffner, grosser Schraubenzieher, etc.

Beim Schweizer Taschenmesser muss ich jeweils genau das Werkzeug ausklappen und einsetzen, welches der Problemlösung dient. Ist das Problem z.B. «Schraube locker»?

• Dann nützen mir Messerklinge, Schere oder Korkenzieher etc. nichts,

• einzig der kleine oder der grosse Schraubenzieher ist das angemessene Werkzeug.

Genauso wollen, ja müssen wir es mit pflanzlichen Heilweisen und Heilmitteln tun.

• Vielfalt statt Einfalt: mehrere Werkzeuge sollen zu unserer Verfügung stehen,

• dabei wählen wir aber gezielt differenzierte Zugänge statt pauschaler Klischees.

1.4 Jede Pflanze ist multi-optional

Jede einzelne Heilpflanze (ja, jede einzelne Pflanze überhaupt) entspricht solch einem «Schweizer Taschenmesser» mit mehreren Funktionen. Die Anzahl der Funktionen kann selbstverständlich variieren: das kennen Sie auch von der Vielfalt der Taschenmesser-Modelle.

Welches Werkzeug möchten Sie im jeweiligen Fall aktivieren?

Mein Kollege und Phytosophie-Student Thomas Holstein hat für seine Diplomarbeit das Johanniskraut (Hypericum) gewählt und davon 16 Varianten der Zubereitung zusammengetragen. Jede dieser Varianten unterscheidet sich in Verarbeitungsprozess, Eigenschaften, Anwendung, heilkundlicher Zielsetzung. Im Lauf dieses Buches werden wir die Tools (Werkzeuge) erarbeiten, um diese Unterschiede systematisch zu charakterisieren.

Abbildung 3 zeigt links seine Sammlung der Johanniskraut-Zubereitungen aufgefächert auf dem Bild des Phyto-Magiers mit dem Taschenmesser. Es gäbe übrigens mehr als nur seine 16 Varianten.

Abbildung 3 erstaunliche Vielfalt: 16 Varianten Hypericum

1.5 Sinnvolle Auswahl und Beschränkung auf das Wesentliche

Niemand soll, will, kann mit allen Varianten von Heilmitteln arbeiten. Unsere differenzierte Analyse schliesst deshalb ein, dass wir unseren Bedarf hinterfragen und gemäss unserer heilkundlichen «Mission» oder «Lebensaufgabe» eingrenzen. Wir wollen eine gezielte und sinnvolle Auswahl treffen.

Beschränken Sie sich auf das (für Sie) Wesentliche und Sinnvolle.

Wir wollen ein gut strukturiertes Portfolio aufbauen, mit dem wir und unsere Patientinnen ideal bedient sind. Nicht mehr und nicht weniger. Benutzen Sie dieses Buch als Arbeitsbuch in diesem Sinn:

Sie werden Ihr heilkundliches Portfolio zusammenstellen.

1 Die Bezeichnung «Phytosophie» wurde damals nur in ganz anderem Kontext, nämlich von einer französischen Musikergruppe, verwendet.

2 Ohne die Messerklinge auszuklappen, ist es kein Messer. Ohne den Korkenzieher auszuklappen, ist es kein Korkenzieher. Nur die Aktivierung der jeweils gewünschten Funktion macht das rote Ding zu einem brauchbaren Werkzeug.

3 Das multioptionale Werkzeug wird pauschal Taschen-«Messer» genannt, obwohl die Messer-Funktion nur einen kleinen Bruchteil der Werkzeug-Möglichkeiten ausmacht, und vielleicht seltener als andere gebraucht wird. So wird auch Pflanzenheilkunde oft pauschal «Phytotherapie» genannt, obwohl die vielen anderen pflanzenbasierte Heilweisen in der Überzahl sind. In der Tat benutze ich persönlich die Phytotherapie im engen Sinn höchst selten, und arbeite mit Pflanzen hauptsächlich in anderen Heilweisen.

2 Weiblich dominierte Heilkundewelt

Meine Abbildung 2 von 1998 stellt «mich» als phytosophischen Magier dar. Das soll keineswegs ausdrücken, dass Phytosophie Männersache sei. Pflanzenheilkunde hat immer schon zum Wissen und Aufgabenbereich weiser Frauen, Hexen, Hebammen gehört. Deshalb zeigt Abbildung 4, wie sich Phyto-Magierinnen und Phyto-Magier gemeinsam mit der Vielfalt pflanzlicher Heilweisen beschäftigen.4

Abbildung 4 mehr Phyto-Magierinnen als Magier

4 Als Mann mit Wurzeln im letzten Jahrtausend drücke ich mich gewohnheitsmässig eher in männlicher Form aus. Das stellt keine Respektlosigkeit oder böse Absicht dar. In diesem Buch habe ich angestrebt, eher weibliche Formen zu verwenden, so wie es der weiblich dominierten Welt der Naturheilkunde angemessen ist. Wer daran interessiert ist, eine Fassung dieses phytosophischen Manifests in genderneutraler Sprache, einfacher Sprache oder einer beliebigen anderen Sprache zu erstellen, kann sich mit einem Angebot an mich wenden.

3 Ganzheitlicher Zugang

Bei Phytosophie geht es um ganzheitlich wahrgenommene Pflanzenheilkunde. Wir können uns nicht auf logische Intelligenz beschränken, sondern müssen «musische» Kriterien mit einbeziehen. Das eher digitale (und analytische, separierende) Denken des «Logos» werden wir durch das eher analoge (in Analogien vernetzende) Denken der «Sophia» ergänzen.

3.1 Logos und Sophia

Bei Logos und Sophia handelt es sich um ergänzende Gegensätze. Gemeinsam kommen sie erst voll zur Geltung.

Logos

Eine einfache logische Betrachtung eines Fachgebiets heisst «-logie»: sie ist charakterisiert als rechtshirnige, analytische und detailfixierte Betrachtungsweise.

Sophia

Der Wortteil «-sophie» (gr.: sophia) bedeutet Weisheit. In solcher Betrachtung geht es um mehr als nur um Zahlen, Daten und Fakten.

3.2 Linkshirn, Rechtshirn und ganzheitliche Denkweise

Ein Buch von Morris Berman heisst «Re-Enchantment of the World», etwa: «Wieder-Verzauberung der Welt». Ein weiteres Buch von Morris Berman ist: «Zu unseren Sinnen finden».

Abbildung 5 zeigt die Buchumschläge. Darauf jeweils eine technokratisch-bürokratische Figur und eine naturnahe, belebte Figur.5 Sie repräsentieren polare Denkweisen. Es geht darum, von der nüchternen, Logos-geprägten Einseitigkeit des Denkens wegzukommen, die in unseren westlichen Gesellschaften dominiert. Wir müssen die Sophia zur gleichberechtigten und vollwertigen Partnerin emanzipieren. Das ist eng damit verbunden, dass wir unsere beiden Hirnhälften (Hirn-Hemisphären) zur harmonischen Zusammenarbeit bringen.

Abbildung 5 Buchtitel, Buchumschläge für eine ganzhirnige Weltsicht *

Hirn-Hemisphären

Rechtshirnig und linkshirnig sollen nicht ein Gegeneinander, sondern ein Miteinander sein. Wir wollen die Funktionalität beider Hirnhälften 6 verbinden und so zur «Ein-Sicht» kommen.7

Bezogen auf die pflanzlichen Heilweisen möchte ich folgendes mit Ihnen erreichen:

• Heben wir ein einseitiges, faktenbasiertes, administriertes Pflanzen- und Heilkunde-Wissen auf eine lebendige Stufe:

• Lassen wir die Pflanzenheilkunde sinnlich und sinnerfüllt erlebbar werden.

• Transmutieren8 wir Heilkunde zu Heilkunst.

Abbildung 6 zeigt die unterschiedlichen Funktionen der beiden Hirnhälften. Entscheidend für die ganzheitliche, synchrone Zusammenarbeit ist die Brücke (corpus callosum): eine relativ enge und daher auch störungsanfällige Verbindung.

Abbildung 6 Die Funktionen der beiden Hirnhälften

Abbildung 7 zeigt drei Problemsituationen. Das Bild enthält unter b) und c) ein Wortspiel in englischer Sprache:

• «left» heisst nicht nur «links», sondern auch «übriggeblieben»

• «right» heisst nicht nur «rechts», sondern auch «korrekt, richtig»

Abbildung 7 Fehlende Arbeit oder Zusammenarbeit der beiden Hirnhälften

Hirnhälften synchronisieren

Unser Gehirn soll mit beiden Hälften / Hemisphären arbeiten, nicht nur mit der einen, also der üblicherweise bevorzugten und dominierenden Hirnhälfte.9

Damit unsere beiden Hirnhälften besser miteinander arbeiten,10 stehen etliche Methoden zur Verfügung. Die Hirnhälften werden synchronisiert durch:

• BrainGym

• Augenübungen, vor allem die geführte ausgeprägte «liegende Acht»

• CrossCrawl

• Hemisync-Musik

• Spazieren

• 

Von Stress freihalten

Vor allem: halten Sie sich von Stress frei! Stress blockiert die ganzheitliche Hirnfunktion und lässt Sie in Ihre dominante Hemisphäre zurückfallen. Stress unterdrückt evolutionsmässig «moderne» Denk- und Verhaltensmuster, also intelligentes Verhalten, und aktiviert alte, primitive Verhaltensreflexe des archaischen «Reptilienhirns».

Stress blockiert das Gehirn

3.3 Begriff Phytosophie

Die Begriffswahl Phytosophie drückt aus, dass es sich um mehr handelt als eine einfache logische Betrachtung nach gewohntem analytischem Muster.

Ganzheitlich, geisteswissenschaftlich aufgeschlüsselt

Durch Einbezug der linkshirnigen, kreativen, nach Mustern und Zusammenhängen suchenden, emotional bewertenden Betrachtungsweise wird pflanzenheilkundliches Wissen lebendig, anschaulich, bedeutsam und einnehmend. Dabei wollen wir uns nicht in romanischer Schwärmerei verlieren, sondern zu klaren, präzisen und sauber strukturierten Betrachtungen und Erklärungen finden.

Phytosophie ist geisteswissenschaftlich aufgeschlüsselte Pflanzenheilkunde.

Phytosophie ist ganzheitlich aufgeschlüsselte Pflanzenheilkunde, bei der wir sowohl den logischen (linkshirnigen) Kriterien des Logos gerecht werden, als auch den musisch-ganzheitlichen (rechtshirnigen) Kriterien der Sophia.

Meta-medizinisch Sichtweise

Nicht nur die ganzhirnige Betrachtungsweise der einzelnen Heilweise macht das phytosophische Verständnis aus.

Gleichzeitig wollen wir diese Betrachtungsweise auf verschiedene Heilweisen anwenden. Vergleichen wir gegensätzliche, unterschiedliche, aber auch sehr ähnliche und scheinbar gleiche oder gleichwertige Heilweisen.

Für diese Betrachtungen begeben wir uns auf eine «höherer Warte». Wir betrachten und vergleichen von einer Meta-Ebene her.

Phytosophie: Zugangsweise, keine Methode

Phytosophie ist keine Methode wie Aromatherapie, Bach-Blüten-Heilweise, Spagyrik, Gemmotherapie o.ä. Also nicht etwas, das Sie als Methode lernen und dann praktizieren können. Verstehen Sie Phytosophie als eine Betrachtungs- und Zugangsweise, die in Zukunft Ihren Umgang mit beliebigen Pflanzen und pflanzenbasierten Heilweisen prägt. Ebenso prägt sie Ihren zukünftigen Umgang mit Patienten und Krankheiten.

Phytosophie ist nicht «das, WAS wir machen», sondern «WIE wir es machen».

Wir können nicht sagen «Wir praktizieren Phytosophie», sondern «Wir arbeiten phytosophisch».

Phytosophie: lehrbar und lernbar?

Lernbar ist die phytosophische Arbeitsweise unter der Voraussetzung, dass beide Hirnhälften gut funktionieren und zusammenarbeiten können. Dazu dürfen sie nicht zu sehr blockiert sein. Ein gewisses Talent zum ganzheitlichen Denken ist von Vorteil. Die Zusammenarbeit der beiden Hirnhälften können wir durch oben erwähnte Methoden verbessern. Lesen Sie vorerst das Buch, am besten in einem Zustand entspannter (stressfreier!) Neugierde, um festzustellen, wie viel Resonanz Phytosophie bei Ihnen macht.

Für die phytosophische Arbeitsweise liefere ich systematische Beispiele und einzigartige Tools. Damit sollte die phytosophische Arbeitsweise auch für Menschen verständlich und gut umsetzbar werden, die eher einseitig im Bereich des Logos oder der Sophia funktionieren. Phytosophie soll eine Bereicherung für Sie sein. Für alle.

Willkommen auf dem phytosophischen Weg
von intellektuell begrenzter Heilkunde zu ganzheitlicher Heilkunst

5 Beachten Sie, dass die linke Körperhälfte von der rechten Hirnhälfte gesteuert wird, und die rechte Körperhälfte von der linken Hirnhälfte.

6 Das Gehirn ist nicht nur grob in zwei Hälften / Hemisphären aufgeteilt, sondern in zahlreiche anatomische, aber auch funktionelle (anatomie-übergreifende) Bereiche. Es geht also nicht nur - wie hier vereinfacht dargestellt - um «Hemisphären-Synchronisation, sondern um möglichst ganzheitlich umfassende Koordination.

7 Ein-Sicht: entspricht dem dritten Auge, d.h. dem Stirn-Chakra. Wenn es aktiv ist, verschmelzen die beiden polaren Sichtweisen der beiden (anatomischen) Augen zu einer ganzheitlichen Ein-Sicht, bei der die vordergründigen Gegensätze sich als notwendige Ergänzungen kombinieren, wie Yin und Yang.

8 Transmutieren ist ein Begriff aus der Alchemie. Es bezeichnet die Entwicklung, Läuterung, Verwandlung «von Blei zu Gold» (im realen sowie im übertragenen Sinn)

9 So wie die meisten Menschen eine dominierende Hand haben, haben die meisten Menschen auch eine dominierende Hirnhälfte. Diese favorisieren wir automatisch im Normalbetrieb. Unter Stress fallen wir fast zwangsläufig in unsere dominierende Hirnhälfte: Wir werden geistig (und körperlich!) asymmetrisch, einseitig. Überschreitet der Stress unsere biologische Toleranzgrenze, werden wir merkwürdig: Wer eher logisch funktioniert, tendiert ins Neurotische; wer eher romantisch funktioniert, fällt eher ins Psychotische.

10 Voraussetzung ist natürlich, dass das Gehirn überhaupt arbeitsfähig ist. Diverse, u.a. chemisch-technische oder medikamentöse Gifte, z.B. Fluor, Quecksilber und Aluminium, stehen im Ruf, das Gehirn zu «blockieren». Auch viele andere Einflüsse z.B. aus unserem heutigen technisierten Alltag sabotieren das Gehirn.

4 Das phytosophische Universum

Ich spreche hier von einem übergeordneten Universum, in welchem verschiedene Welten nebeneinander existieren. Möglicherweise getrennt nebeneinander, unabhängig voneinander. Gegebenenfalls auch miteinander, sofern sie Kontakt miteinander aufgenommen und einen Bezug zueinander geschaffen haben. Dieser Kontakt, dieser Bezug ist nicht zwangsläufig naturgegeben; manchmal wurde er geschaffen.

Abbildung 8 Welten und fakultative Bezüge

4.1 Welten und Bezüge

Betrachten wir in Abbildung 8 zuerst allgemein verschiedene Welten: die Menschenwelt, die Welt der Mineralien, die Welt der Pilze, die Welt der Pflanzen, die Welt der Tiere, die Welt der Gestirne … Im Rahmen dieses Buches interessieren wir uns besonders für die Welt der Pflanzen, betrachtet und «benutzt» aus einer therapeutischen Position in der Welt der Menschen. Das ist jedoch willkürlich, denn wir haben die Wahl, auf welche Welten11 wir unser therapeutisches Augenmerk und unsere intellektuellen Fähigkeiten richten. Dann aber realisieren12 wir Bezüge zwischen diesen gewählten Welten:

• Bestehen diese Bezüge generell, unabhängig von unserer Betrachtung?

• Oder konstruieren wir die Bezüge erst durch unsere Betrachtung und unsere Absicht?13

Bestehende Bezüge zu erkennen, inexistente Bezüge zu konstruieren: das ist die besondere Fähigkeit und Aufgabe unserer rechten Hirnhälfte.

4.2 Drei Welten im phytosophischen Universum

Im phytosophischen Universum konzentrieren wir uns auf drei unterschiedliche Welten

• Die Welt der Pflanzen: eine natürliche Welt

• Die Welt der Menschen: eine natürliche Welt

• Eine Welt der Heilkunde: ein kulturelle, «konstruierte» Welt

Ich stelle fest, dass es sich um zwei Naturwelten und eine Kulturwelt handelt: Die Welt der von Menschen ausgeübten Heilkunde ist eine unnatürliche, kulturelle, «konstruierte» Welt. Das werde ich eingehend erläutern.

Pflanzenwelt und Menschenwelt sind Naturwelten; die Heilkundewelt ist eine Kulturwelt.

Abbildung 9 Pflanzenwelt und Menschenwelt

Abbildung 10 Pflanzenwelt, Menschenwelt, Heilkundewelt überschneiden sich

Pflanzenwelt und Menschenwelt: zwei natürliche Welten

Bevor den Menschen ein Verlangen oder Bewusstsein nach Verwendung von Pflanzen erwuchs, hatten wir es mit einer separaten Pflanzenwelt und einer separaten Menschenwelt zu tun.

Wie und wann entsteht eine spezifische Verbindung zwischen der Menschenwelt und der Pflanzenwelt? Erst durch das intellektuelle Erkennen der Möglichkeit und der allfälligen Bedeutung! Erst nach der Bewusstwerdung über die mögliche Nutzbarmachung von Pflanzen

• für Nahrung

• für Genuss und Rausch

• für Baumaterial

• für Textilien

• und speziell – was unser Thema betrifft – für eine Heilkunde

• etc.14

Im Moment der Bewusstwerdung und Nutzungsabsicht entsteht
ein spezifischer Bezug, und damit eine spezifische neue Welt.

Welt der Heilkunde: eine dritte, kulturelle Welt

Im Moment der Bewusstwerdung, dass es so etwas wie Gesundheit, Krankheit und Heilungsbedarf gibt, und dass dazu (in unserem Fall) Pflanzen verwendet werden können, entsteht eine Heilkundewelt: erst dann. Wir lassen eine Kulturwelt entstehen!15

Neu, als erkenntnismässiges und gedankliches Konstrukt entstanden, steht die Heilkundewelt erst neben der Pflanzenwelt und Menschenwelt. So zeigt es Abbildung 9. Mehr und mehr verbindet sie Pflanzenwelt und Menschenwelt und bringt sie zur Überlappung. Jetzt überschneiden sie sich, wie ich es differenziert in Abbildung 10 darstelle.

Machen wir uns nochmals klar: ohne Krankheitsbewusstsein und ohne Heilungsplan

• wäre eine Welt der Pflanzenheilkunde gänzlich inexistent:

• Die natürliche Menschenwelt und die natürliche Pflanzenwelt würden sich diesbezüglich nicht überlappen und verbinden.

• Es gäbe keine Patienten (für Pflanzenheilweisen) innerhalb der Menschenwelt.

• Es gäbe keine Heilpflanzen innerhalb der Pflanzenwelt.

Jede spezifische Weltanschauung kreiert gewisse Welten, Verbindungen, Bezugsbereiche.

Überlappende Welten im phytosophischen Universum

Erst seit etwa 3000–5000 Jahren16, überlappen sich Menschenwelt und Pflanzenwelt in einem heilkundlichen Bezug. Hier erst konkretisiert sich das phytosophische Universum, indem überlappende Bereiche der Welten sich als Teilwelten herausbilden.

• In der Naturwelt der Pflanzen prägt sich aus:

die Kultur-Teilwelt der heilkundlich unnützen Pflanzen (neutral),

die Kultur-Teilwelt der heilkundlich schädlichen Giftpflanzen (negativ),

die Kultur-Teilwelt der Heilpflanzen (positiv).

• In der Naturwelt der Menschen prägt sich aus:

die Kultur-Teilwelt der Gesundheit (nicht relevant),17

die Kultur-Teilwelt der Krankheit (relevant),

die Kultur-Teilwelt der Patienten (relevant).

• Die Kulturwelt der Heilkunde findet ihre Zielgruppe, ihre Möglichkeiten, ihre Aufgaben

in der Teilwelt der Patienten,

in der Teilwelt der Heilpflanzen,

in der selbstdefinierten Aufgabe, Heilmittel herzustellen,

in der selbstdefinierten Aufgabe, Heilmittel anzuwenden.

Die dritte Welt – die Welt der Heilkunde – ist also

• eine künstliche, kulturelle Welt

entstanden als Betrachtungsweise. Sie ist also «Ansichts-Sache»

• zudem eine sehr junge Welt

erst im letzten Millionstel Zeitabschnitt der Evolution des Lebens entstanden

• und nur vage definiert:

jede Betrachterin sieht, projiziert, realisiert ihre eigene Ansicht

In der Natur gibt es keine Heilkunde: Heilkunde ist ein kulturelles Konstrukt.

Kein Wunder, dass es viele verschiedene heilkundliche Ansichten gibt. Grosse, die sich schon in bedeutenden Heilweisen konkretisiert haben und mit einem kommerziellen Heilmittelangebot bedient werden. Aber auch kleine, die ein Nischendasein führen, aber deshalb – im individuellen Fall – nicht weniger wichtig und leistungsfähig sind.

Was somit auch bedeutet: Sie sind selbst Schöpferin Ihrer eigenen heilkundlichen Welt. Geniessen Sie die uneingeschränkten Möglichkeiten, Ihre Heilkunde für sich und für ihre Patientinnen selbst zu gestalten: angemessen, sinnvoll und wesensgerecht. Genau dieses Thema vertiefen wir später!18

11 Wer astromedizinische Pflanzenheilkunde betreibt, interessiert sich neben den Welten der Menschen und der Pflanzen auch für die Welt der Gestirne, und ihre Bezüge zueinander.

12 Das doppeldeutige Wort «realisieren» ist mit Absicht gewählt: Seine kontemplative, betrachtende, erkennende Bedeutung entspricht «gewahr werden». Seine aktive, konstruktive Bedeutung entspricht «in die Tat umsetzen».

13 Beachten Sie, dass Absicht mit Sicht, mit Sehen zu tun hat.

14 Denken Sie an den Hanf. Viele wissen gar nicht, dass er überhaupt einen Nutzen hat. Andere denken nur an Hanf als Droge, andere als Lebensmittel (Öl, Samen), andere als Fasermaterial für Seile und Textilien, andere als Baumaterial, andere als Heilmittel. Bekannt sind mindestens 3000 mögliche Anwendungen dieser einen Pflanze, die aber nur dann interessant sind, wenn wir uns dafür interessieren.

15 «In der Natur gibt es keine Heilkunde»: diesem Thema widme ich ein Kapitel im Anhang.

16 Das ist im Rahmen der gesamten Evolution ein verschwindend kleiner Zeitabschnitt. Was war davor? Ich verweise auf das Kapitel im Anhang: «In der Natur gibt es keine Heilkunde». Was wird danach kommen?

17 Ich bezeichne Gesundheit als «nicht relevant», da es für die Heilkunde keine Aufgabe und keine Existenzberechtigung gibt, wo uneingeschränkte Gesundheit herrscht.

18 Sie müssen sich nicht für die eine oder andere Heilweise entscheiden. Stellen Sie sich ein sinnvoll strukturiertes Portfolio aus verschiedenen unterschiedlichen, ergänzenden Heilweisen zusammen.