Auf dem Weg zu Titel Nummer 41. Im türkischen Alaçati fuhr Dunkerbeck 2011 zu seinem letzten Weltmeister-Triumph in der Disziplin Slalom.

1. Auflage 2015
© Delius Klasing & Co. KG, Bielefeld

Folgende Ausgaben dieses Werkes sind verfügbar:
ISBN 978-3-667-10296-6 (Print)
ISBN 978-3-667-10413-7 (PDF)
ISBN 978-3-667-10414-4 (E-Pub)

Lektorat: Niko Schmidt, René Stein
Statistik: Alois Mühlegger
Umschlaggestaltung und Layout: Jörg Weusthoff, Weusthoff Noël, Hamburg
Lithografie: scanlitho.teams, Bielefeld

Datenkonvertierung E-Book: HGV Hanseatische Gesellschaft für Verlagsservice, München

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Inhalt

SPURENSUCHE
Die ersten Hinweise auf eine außergewöhnliche Karriere finden sich in einem alten surf Magazin

WIE ALLES BEGANN
Bjørn Dunkerbecks Aufstieg vollzog sich in Raketentempo. Ein Einblick in die Startphase

MEILENSTEINE
Die aufregendsten Momente vom ersten Worldcup-Start bis zum 41. Titelgewinn

WEGGEFÄHRTEN UND RIVALEN
Gegner und Freunde erzählen ihre persönlichen Geschichten von Bjørn Dunkerbeck

DER CADDY
Victor Couto ist die rechte Hand von Bjørn und mehr als ein Caddy – näher dran ist keiner

THE SEARCH
Dunkerbeck ist nicht nur eine Wettkampfmaschine. Eine Reise in die andere Welt des Rekordsurfers

BIG PLAYER
Kein Windsurfer kann sich so vermarkten wie Dunkerbeck und schnuppert so viel Promiluft

DER EWIGE TRAUM
Die ewige Jagd nach dem Geschwindigkeitsrekord. Dunkerbecks letzte Herausforderung

NEXT GENERATION
Die nächste Dunkerbeck-Generation steht bereits in den Starlöchern. Ein Blick ins Kinderzimmer

ALLE ERFOLGE
41 Titel und weit über 100 Worldcup-Siege. Alle Ergebnisse von 1984 bis 2015 auf einen Blick

Vorwort

Ein Blick zum Fürchten, ein Händedruck wie ein Schraubstock – für seine Gegner war Bjørn Dunkerbeck 30 Jahre lang ein Schreckgespenst. Für die Windsurfwelt wurde er zum Idol.

Die Zeiten sind wild, Ende der 70er- Anfang der 80er-Jahre. Windsurfen, ein Sport, der kaum 15 Jahre alt ist, erlebt bereits seine erste Revolution. Stehsegler, die gerade noch gemütlich über flache Seen und ruhiges Meer schipperten, mutieren plötzlich zu Akrobaten, die sich in die Luft schrauben, bei Sturm über den Ozean zischen und mit der meterhohen Brandung spielen.

Vorreiter und Dominator dieser Revolutionäre ist Robby Naish aus Hawaii. Ein Supersurfer, der mit Anfang 20 die Szene beherrscht. Ein Superstar, der Menschentrauben um sich ringt, wo immer er am Strand auftaucht. Blonde Locken, strahlendes Lächeln, braungebrannt – real gewordenes Surfer-Klischee. Ein Jahrunderttalent, wie es nie wieder kommen wird, glauben die Experten.

Doch dann kommt Bjørn Dunkerbeck. Der Junge mit elterlichen Wurzeln in Dänemark und Holland und Wohnsitz auf Gran Canaria elektrisiert schnell die Windsurfwelt. Vater Eugen und Mutter Ulla surfen selbst erfolgreich Regatten, besitzen auf der windigen Kanareninsel eine Surfschule und impfen ihrem Sohn und ihrer Tochter Britt den Siegeswillen ein. Gepaart mit Bjørns Spieltrieb auf dem Wasser wird das zur gefährlichen Kombination für die etablierte Surfer-Generation.

Die Zeit des Belächelns ist kurz. Aus „El Niño“ oder „Zwuck“, wie der schmale Bjørn mit der süßen Frisur zuerst noch genannt wird, entwickelt sich in kurzer Zeit der „Terminator“, für den nur der Sieg zählt, egal in welcher Worldcup-Diziplin. Und es passiert, was niemand für möglich gehalten hat: Bjørn Dunkerbeck pulverisiert alle Rekorde des „Gottvaters des Windsurfens“, Robby Naish. Dunkerbeck ist gekommen, um zu bleiben. Seine Freude am Sieg, seine Lust auf Herausforderungen und sein Wille zum Kampf halten ihn fast 30 Jahre in der Weltspitze. Er fasziniert seine Fans und frustriert viele seiner Gegner.

Seinen letzten Weltmeistertitel, den 41., holt er 2011 im Alter von 42 Jahren. Eine im Profisport noch nie erreichte Leistung. Das bescheinigt ihm sogar das Guiness-Buch der Rekorde.

Mitte der 90er ist Bjørn Dunkerbeck der absolute Überflieger.

Power pur – der kraftvolle Stil wird zu Dunkerbecks Markenzeichen.

So mag es der Meister – Slalomrennen bei knackigem Wind an seinem Heimat-Spot Pozo auf Gran Canaria und seinem Lieblingsgegner Antoine Albeau nur in seiner Heckwelle.

Auch wenn er sich in den letzten Jahren seiner Wettkampfkarriere auf den Slalom konzentriert, bleibt die Leidenschaft für große Wellen ungebrochen.

Seit 2015 fährt Dunkerbeck nicht mehr im PWA-Worldcup. Doch zur Ruhe setzt er sich deshalb nicht. Beim legendären Langstreckenrennen Defi Wind in Südfrankreich wird er 2015 Siebter.

surf november 1984

Ein Zeitdokument mit einer gewagten Prophezeiung. 1984 schwappen die ersten Gerüchte von einem neuen Wunderkind über den Atlantik nach Europa. Das surf Magazin schickt einen Reporter auf die Kanaren, um zu recherchieren, ob dort wirklich Robby II heranwächst. Autor Ono Mothwurf lässt nach seinem Treffen mit Bjørn keinen Zweifel daran.

surf november 1984

Schon mit 15 Jahren surft Bjørn den gestandenen Männern auf Fuerte in der Welle um die Ohren. Ono erkennt das große Potenzial, doch die einzigartige Karriere kann er beim besten Willen nicht vorhersehen. Ein gutes Jahr nach dem Artikel steht Bjørn in La Torche erstmals auf dem Worldcup-Podium.

Wie alles begann
1984

In jenem Jahr gehen nicht die düsteren Prophezeiungen aus George Orwells gleichnamigen Roman in Erfüllung, sondern ein heller Stern geht auf und erleuchtet die Windsurfwelt.

Sie nennen ihn „El Niño” – das Kind. Kaum einer ahnt, dass der Knirps bald den Erwachsenen das Fürchten lehrt.

Auf dem Wasser der Draufgänger, an Land eher schüchtern und unsicher. In der Erwachsenenwelt muss sich Bjørn erst einmal zurechtfinden.

Die Windsurfbranche boomt Mitte der 80er-Jahre. Peter Brockhaus sichert sich früh das Supertalent für seine aufstrebende Marke F2. Eine weise Entscheidung.

Schon bei seinen ersten Regatten 1982 auf Fuerteventura wird „El Niño” zum beliebten Fotomotiv und macht auf sich aufmerksam.

Die jungen Wilden kommen.

Auf Maui werden Slalomrennen auch in meterhoher Brandung gefahren. Ein legendäres Finale gegen Anders Bringdal bringt 1989 den ersten Overall-Titel.

Bjørns Aufstieg fällt genau in die Zeit des Funboard-Booms. Die Boards werden kleiner und radikaler, die Gesichter an den Stränden jünger.

Bei den alljährlichen Fotoshootings der Windsurffirmen wird ein enorm hoher Aufwand getrieben. Bernd Flessner und Bjørn 1996 im F2-Syncronflug.

Den Grundstein für Bjørns Karriere legen seine Eltern mit der Entscheidung, Dänemark zu verlassen und auf den Kanaren eine Surfschule zu eröffnen.

„Hier hat alles begonnen“, sagt Bjørn und zeigt auf einen Tümpel mit braunem, brackigem Wasser. Wir gehen über die Strandpromenade von Maspalomas im Südosten von Gran Canaria. Rechts von uns der breite Sandstrand, gespickt mit sorgfältig in langen Reihen platzierten Sonnenschirmen, unter denen sich die Touristen aus ganz Europa aalen. Links von uns erstreckt sich der flache Teich, an dem Bjørn 1977 seine ersten Stehsegel-Versuche absolvierte. Es ist der Platz, an dem seine Eltern Ulla und Eugen kurz darauf ihre erste Windsurfschule eröffneten.

Zeitspung: Die Dänin Ulla Dunkerbeck und der Holländer Eugen Dunkerbeck sind fasziniert von der jungen Sportart Windsurfen. So fasziniert, dass sie nach ihrem ersten Windsurfurlaub auf Gran Canaria 1977 eine weitreichende Entscheidung treffen. Die Flugbegleiterin Ulla und der Firmenbesitzer Eugen beschließen, ihre Zelte im kalten und nassen Dänemark abzubrechen und auf die Kanaren-Insel umzusiedeln. Im Schlepptau die beiden Kinder Britt und Bjørn. Auch sie finden schnell Gefallen an der Idee, das ganze Jahr über Sommer zu haben und am Strand zu sein. In Maspalomas bauen die Dunkerkbecks die erste Surfschule auf. Der große Windsurfboom ist noch nicht ausgebrochen, und der Ansturm der Touristen auf die wackeligen Bügelbretter hält sich noch in engen Grenzen. Bjørn dagegen ist angespornt. Nachmittags, wenn er aus der kleinen norwegischen Schule in Maspalomas kommt, geht es an den Strand und aufs Brett. Ulla und Eugen werden schnell sehr gute Windsurfer und räumen bei diversen nationalen und internationalen Regatten ab.

Aus heutiger Sicht datiert Bjørns Start in der Windsurf-Steinzeit. Erst in den frühen 70er-Jahren kommt die Erfindung nach Europa. Der kalifornische Flugzeugingenieur Jim Drake hat die geniale Idee, ein vergrößertes Wellenreitbrett mit einem Segel zu kombinieren. Sein Nachbar Hoyle Schweitzer wird sein Partner und erkennt das Potenzial dieser neuen Kombination. Er sorgt für die Serienproduktion der Boards mit dem einfachen Namen „Windsurfer“ und kurbelt die Vermarktung an. Vor allem die Europäer lassen sich schnell von dem Gerät, bei dem Gabelbaum, Schwert und Mastfuß aus massivem Mahagoni-Holz gefertigt werden, begeistern. Schnell entstehen neue Marken, und die technische Entwicklung geht in großen Schritten voran.

Doch Windsurfen bleibt zu Beginn ein Sport für wenig Wind und Binnenreviere. Die Versuche des ersten „Windsurfer“-Importeurs Calle Schmidt auf der rauen Nordsee vor Sylt enden vorerst im Disaster.

Trotzdem verbreitet sich der Sport rasend schnell. Es ist das Gefühl der Freiheit auf dem Wasser und der unmittelbare Umgang mit der Natur, was viele Menschen fasziniert. Eine Freiheit, die sie sonst nur in sündhaft teuren Segelbooten erleben könnten, doch plötzlich gibt es ein einfaches, relativ günstiges Gerät, mit dem man mit eigener Kraft die Wasserwelt entdecken kann. Dazu kommt, dass Windsurfen in den Augen vieler junger Leute sportlicher ist als Segeln. Es kommt zu einer Demokratisierung des Wassers – plötzlichen dringen „Hans und Franz“ in die elitäre Welt der Segler und Motorbootfahrer ein. An jedem Strand können sie ihre „Bügelbretter“ wassern und ungeniert zum Nulltarif die Reviere erobern. Nicht jedem ist das recht, Windsurfer bekommen schnell das Image der Outlaws, der Chaoten und Verrückten – ideale Voraussetzungen, um unter jungen, eher unangepassten Menschen, einen Trend auszulösen, besonders in den wilden 70er-Jahren.