Tödlicher Maskentanz

TÖDLICHER MASKENTANZ

AUS DER REIHE „BLIND DATE MIT DEM TOD“

JENNIFER B. WIND

INHALT

Vorwort

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Kapitel 16

Kapitel 17

Kapitel 18

Kapitel 19

Nachwort

Leseprobe aus „Mary“ von Ariana Lambert

Leseprobe aus „Heidis Reich der Träume“ von Nadine Teuber

Leseprobe aus „Das geheimnisvolle Café“ von Stefan Lochner

Leseprobe aus „Weihnachtspost“ von Heidi Troi

Leseprobe aus "Das Chamäleon" von Robin D. Jensen

Leseprobe aus „Die Maske der Gewalt“ von Jennifer B. Wind

Leseprobe aus „Die Maske der Schuld“ von Jennifer B. Wind

VORWORT

Vorwort:


DIE.MORD(S)LUSTIGEN ist eine Autorenvereinigung, in der sich deutschsprachige Schriftstellerinnen und Schriftsteller zusammengefunden haben, die sich den verschiedenen Formen der Spannungsliteratur verschrieben haben. 


„Tödlicher Maskentanz“ gehört zu der Reihe „Blind Date mit dem Tod“

Jede/r von uns Mord(s)lustigen verfasste eine Kurzgeschichte zu diesem Untertitel und veröffentlichte sie im Selfpublishing. Darüber hinaus bestimmten wir gemeinsam folgende Rahmenbedingungen: Der Begriff »mordslustig« muss in der Geschichte zumindest einmal verwendet werden und mindestens eine Autorin oder ein Autor soll eine handlungsrelevante Person sein. Ich konnte mich schwer entscheiden also haben in meiner Geschichte gleich mehrere Kolleginnen und Kollegen einen Auftritt.


Nachdem wir ansonsten keine Vorgaben hatten, habe ich mir gedacht, dass ich meinen lieben Ermittler Richard Schwarz in ein Blind Date schicke, da er in der Vergangenheit so viel Pech mit den Frauen hatte und sich doch nur nach Liebe sehnt.

Ob es diesmal besser läuft? Das verrate ich dir hier natürlich nicht. Das darfst du selbst lesen.

Die Handlung spielt zwar einige Wochen nach Band 2, kann aber durchaus unabhängig von den Romanen gelesen werden. Sie eignet sich als Einstiegslektüre zu den Thrillern und verkürzt die Wartezeit bis zum dritten und abschließenden Teil der Trilogie für alle Fans.

In dieser Geschichte ist zwar Richard Schwarz der Protagonist, aber der Kurzthriller ist trotzdem anders als die Romane, denn er ist „mordslustig“.


Alle anderen bisher erschienenen „Blind Date mit dem Tod“-Kurzgeschichten auf einen Blick:



Alle Geschichten können völlig unabhängig voneinander gelesen und genossen werden. Einige davon gibt es auch als Hörbuch oder Printbuch.


Und jetzt viel Spaß mit einer etwas anderen Geschichte mit dem Ermittler Richard Schwarz.


Tödlicher Maskentanz –Ein Richard Schwarz Kurzthriller


Aus der Serie „Blind Date mit dem Tod“ – Teil 10

1

Wien, Dezember

Richard hielt eine Taschenlampe in der linken Hand und seine Waffe in der rechten, beide Arme so ausgestreckt wie möglich und die Hand mit der Taschenlampe unterhalb stützend gegen die Waffenhand gedrückt. Es war düster, da Neumond war, und so konnte er nicht genau erkennen, wie viele Menschen im Wagen saßen, der am Straßenrand stand. Vorsichtig schlich er sich heran. Paul ging dicht hinter ihm her. Richard ging in Richtung der Beifahrertür, Paul näherte sich auf der Fahrerseite an.

Auf einmal ging die Beifahrertür auf und heraus stürzte ein Mann mit einem Messer in der Hand.

Richard schrie: »Polizei! Messer fallen lassen!«

Doch der Mann ging weiter mit dem Messer auf ihn zu. Zielsicher schoss Richard dem Mann in die Brust, während Paul von der anderen Seite um das Auto lief, um den Mann von hinten zu überwältigen. Der Täter taumelte ein paar Schritte nach vorne, bevor Paul ihn gekonnt zu Fall brachte und der Täter regungslos liegen blieb.

Richard war mittlerweile auf der anderen Seite des Wagens angelangt. Geduckt sah er durch die Scheiben, leuchtete hinein, zuerst auf die Fahrerseite, danach auf die Rückbank. Die hintere Wagentür gegenüber wurde geöffnet. Dort, wo Richards Partner stand. Richard schrie: »Vorsicht, Paul! Da ist noch jemand im Wagen! Möglicherweise ebenfalls bewaffnet.«

Paul duckte sich rasch. Hastig umrundete Richard den Wagen. Genau in diesem Moment stieg der Komplize des Messerstechers aus und prügelte auf Richard ein. Dieser warf ihn auf den Rücken. Dann drehte er ihn mit einem Armstreckhebel auf den Bauch, fixierte eine Hand am Rücken des Mannes und hielt ihn fest, damit Paul ihm die Handschellen anlegen konnte.

»Person Zwei gesichert«, sagte Richard und öffnete eine Autotür nach der anderen, immer mit seiner Schusswaffe im Anschlag und geduckt. Der Wagen war leer. Richard richtete sich auf. Was war das für ein metallisches Klopfen? »Paul, hörst du das auch?«

»Das kommt von hinten«, antwortete Paul. Es war noch nicht vorbei.

Richard nickte. »Der Kofferraum. Freund oder Feind? Was meinst du?«

Paul zuckte die Achseln. Gemeinsam gingen sie nach hinten. Paul hielt die Waffe fest in der Hand und Richard öffnete den Kofferraum. Blitzschnell krallte sich jemand an Richards Gürtel fest, zog ihn näher. Richard konnte ihn abwehren, doch der Angreifer zückte eine Schusswaffe und Paul schoss schließlich ohne Zögern auf den Mann.

Als der Mann bewegungslos auf dem Kofferraumboden lag, beugte sich Richard darüber und begutachtete den roten Fleck mitten auf der Brust, der größer wurde. »Er ist tot, Jim.« Richard versuchte, ernst dabei zu gucken.

Paul grinste. »Sieht so aus, Pille.«

Ein lauter Pfiff ertönte. »Übung beendet!«

Gleichzeitig gingen alle Lampen an und rückten das mörderische Szenario in gleißendes Licht: die falsche Landstraße, die nur zu Übungszwecken aufgebaut worden war. Wie in einem Filmstudio. Richard blinzelte.

Alle Kollegen standen auf und lachten.

»War ja klar. Du musst immer deine Trekkie Scherze machen, wenn wir üben. Wie soll ich mich da gut tot stellen?«, fragte der Typ aus dem Kofferraum, der eigentlich ein Kollege von der Drogenfahndung war, und zog sein mit Farbe durchtränktes Hemd aus. Paul legte seine Schutzweste ab. Richard tat es ihm gleich. Auch wenn sie bei den Übungen Farbpatronen in den Waffen hatten, mussten sie natürlich trotzdem mit den Schutzwesten üben. Richard hatte die Echtzeiteinsatzübungen am liebsten, sie waren allerdings eine Rarität. Meistens wurde im Schießkeller geübt oder in der Taktikhalle zwischen Holzwänden, mit Pappfiguren.

»Gehen wir jetzt gleich zu den normalen Schießübungen rüber?«, fragte Richard.

»Ja klar, dann haben wir es für heute geschafft und uns ein Bier verdient«, sagte Paul.

»Was auch immer«, antwortete Richard, für den Bier nicht gerade das Lieblingsgetränk war. Die Kollegen stimmten hingegen freudig zu.

Der Ausbilder klopfte Richard auf die Schulter. »Gut gemacht, Richard! Du bist in Topform! Bis zum nächsten Jahr!«

Richard nickte. »Ich kann es kaum erwarten zu sehen, was ihr euch dann einfallen lasst.«

»Vielleicht stecken sie dich dann in den Kofferraum und warten, ob du dich selbst befreist«, feixte Paul.

»Kein Problem, er ist schließlich Houdinis würdigster Nachfolger«, sagte der Ausbilder und lachte.

Warum dachten alle, bloß weil man im Zirkus aufgewachsen war, ein Entfesselungskünstler sein zu müssen. Richards Spezialität waren schließlich Jonglagen. »Ich bin adoptiert«, antwortete Richard trocken und schlicht. Das sorgte für Stirnrunzeln beim Ausbilder und einstimmiges Gelächter bei den anderen.

Szenenteiler - Jennifer B. Wind

2

Auch im Schießkeller gab die Schießausbilderin Heidi den Ton an, die ihnen alle folgenden Übungen erklärte: schießen mit beiden Händen, schießen mit der rechten Hand, schießen mit links, schießen mit der rechten Hand und der Taschenlampe in der linken Hand im Dunkeln. Sie schossen auf Pappendeckel Männer, manchmal waren auch Holzgestelle aufgestellt, hinter denen man in Deckung gehen konnte. Heute nicht. Es war für Richard sehr entspannend. Das mochte für andere Menschen seltsam klingen.

Sie standen mit großzügigem Abstand zu fünft nebeneinander. Schutzbrille und Schallschutzkopfhörer waren obligat. Doch Richard konnte immer noch die laute Musik im Geiste hören, die am Vormittag beim Taktiktraining gespielt hatte. Bei dieser Art Einsatztraining versuchte man, die Polizisten abzulenken, soweit das möglich war, um sie auf einen echten Einsatz vorzubereiten, denn dabei mussten sie mit Musik, Stimmengewirr, Streitereien und Ähnlichem rechnen, genau darauf wurden die Kriminalbeamten bei den Übungen auch vorbereitet. Richard schoss auf die Pappfigur und konzentrierte sich irgendwann gar nicht mehr darauf. Es lief wie von selbst. Er kam dabei in eine Art Flow, der sein Gehirn angenehm leerfegte. Wie bei einer Meditation. Erst als der Pfiff ertönte, wurde Richard zurück in die Wirklichkeit gerissen.

Heidi stoppte die letzte Übung. »Aus für heute! Alles einpacken, nach euch kommt niemand mehr, wir sind für heute fertig.«

Paul winkte Richard zu sich. »Los. Gucken wir, wer das beste Trefferbild hat und heute die erste Runde zahlen muss.«

Das war eines ihrer Rituale, wenn sie im Schießkeller waren. Wer die besten Schüsse abgefeuert hatte, musste zahlen, was zugegeben ein bisschen unfair war, weil eigentlich derjenige der Gewinner sein sollte, aber das hatte sich mit den Jahren so eingebürgert. Und fast jedes Jahr zahlte Richard. Nach Durchsicht aller Trefferbilder war klar, dass es auch diesmal an Richards Geldbeutel ging.

»Du könntest einmal absichtlich danebenschießen.«

Pauls Tipp stieß bei Richard auf taube Ohren. »Wo bleibt denn da der ganze Spaß?«

»Als ob du die Übung brauchen würdest.« Paul lachte.

»Naja«, sagte Richard. »Du hast immerhin 30 in der Nähe vom Herzen geschafft, du wirst jedes Jahr besser, irgendwann holst du mich sicher ein.«

»Bestimmt, wenn du auf der Bahre liegst. Aber vermutlich schießt du selbst dann noch besser als ich.«

Jennifer B. Wind

3

»Du musst aufhören, Trübsinn zu blasen«, sagte Paul, als sie nach einer ausgiebigen Dusche alle zusammen in ihrem liebsten Irish Pub saßen. »Das geht so nicht mehr weiter. Andere Mütter haben auch schöne Töchter und die sind nicht verheiratet mit irgend so einem aufgeblasenen Politiker.«

»Wenn sie wenigstens mit ihm glücklich wäre«, antwortete Richard und starrte in seinen Korb mit den frittierten Zwiebelringen. »Ich verstehe nicht, warum sie sich das freiwillig antut. Sie liebt ihn gar nicht und er sie nicht.«

»Das hat sie dir doch erklärt.«

Natürlich, und er hatte es sofort danach Paul erzählt. »Ich kann es trotzdem nicht verstehen. Wir leben längst in aufgeklärten Zeiten. In so einer Lavendel-Ehe kann man nicht glücklich werden.«

»Das kommt darauf an, was man vom Leben möchte und was Glück für einen bedeutet«, meinte Paul. »Für den Politiker ist seine Karriere Glück, für meine Frau sind die Kinder ihr ganzes Glück. Hans vom Drogendezernat möchte einfach nur im Golfen super sein. Ich finde, Glück kannst du nicht pauschalisieren.«

Richard dachte an die Gerichtsmedizinerin Emily, die ihm mit ihren roten Locken, den Sommersprossen, dem elfengleichen Lachen, aber auch mit ihrer Klugheit und ihrem Humor komplett den Kopf verdreht hatte und mit der er es auf dem Obduktionstisch fast getrieben hätte. Er grinste bei der Erinnerung daran.

Der einzige, der noch davon wusste, war Paul, der es ihm damals sofort angesehen hatte. Richard war eine Zeit lang im Glückstaumel gewesen. Aber Emily hatte nie im Traum daran gedachte, ihre Farce, die sie Ehe nannte, zu beenden. Richard war kein Affären Typ, er wollte sie ganz oder gar nicht. Sie hatte ihm unmissverständlich klargemacht, mehr als eine Affäre wäre nicht drin. Auch wenn Richard nicht gerade wählerisch war oder seiner Meinung nach nicht wählerisch sein durfte, hatte er dennoch seinen Stolz. Mit den Fingern fuhr er über das Narbenmeer in seinem Gesicht und seufzte. »Was ist denn dein Begriff von Glück?«, fragte er.

Jennifer B. Wind