Vorwort
Einleitung
Biografie
Die Kindheit
Das Studium in München
Alfons Fritz, Architekt
Wohn- und Hotelbauten, Gasthäuser, Innenausstattungen, öffentliche Einrichtungen
Gasthausumbau, Stuben am Arlberg, 1925 oder früher
Atelierhaus, Innsbruck-Mühlau, 1926
Haus Rainer, Feldkirch, 1926
Invalidenkino, Dornbirn, vermutlich 1926
Ausflugskaffee, Dornbirn-Gütle, 1927
Erweiterung Gasthof Montjola, Schruns, 1927
Kaffeehaus Matt „Zur Taube“, Rankweil, 1927
Innenraumgestaltung W. R., Dornbirn, 1927
Kinderheim für den Vorarlberger Invalidenverband, Dornbirn-Ebnit, 1927
Innenraumgestaltung Ritter, Rankweil, 1927/28
Haus Bohle, Dornbirn, 1927/28
Haus Bär, Dornbirn, 1927/28
Haus Jehle, Feldkirch, 1928
Haus Sperger, Lustenau, 1928
Haus Ratz, Bregenz, 1928 oder früher
Innenraumgestaltung A. B., Dornbirn, 1928
Alpenhotel Vergalden, Gargellen, 1928
Haus Alge, Lustenau, 1928/29
Haus Leissing, Andelsbuch, 1928/29
Konditorei-Kaffee Hefel, Dornbirn, 1929
Umbau des Wohn- und Bürogebäudes der Klöppelspitzenfabrik Lang, Egg, 1929
Innenraumgestaltung Th. R., Dornbirn, 1929/1931
Haus Rinderer, Feldkirch, 1929/30
Haus Waibel, Dornbirn, 1929/30
Stahlbad Andelsbuch, 1929/30
Innenraumgestaltung Regierungsrat G., Regensburg, 1930
Haus Blank, Bezau, 1930
Haus Fritz, erster Entwurf, Dornbirn, 1930
Haus Fritz, ausgeführter Entwurf, Dornbirn, 1931/32
Haus Grabher, Dornbirn, 1931/32
Haus Nosko, Dornbirn, 1931/32
Studentenkneipzimmer im Vereinshaus, Dornbirn, 1931
Umbau und Erweiterung der Armenversorgungsanstalt Bezau, 1931–1933
Wälderhaus, Schwarzenberg-Bödele, 1932
Berghotel Madlener, erster Entwurf, Damüls, 1931
Berghotel Madlener, zweiter Entwurf, Damüls, 1932/33
Innenraumgestaltung Sparkasse, Dornbirn, 1932
Innenraumgestaltung Ph. M., Dornbirn, 1932
Innenraumgestaltung H. H., Bregenz, 1932
Innenraumgestaltung J. A., Dornbirn, 1932
Innenraumgestaltung Fam. Klocker, Dornbirn, 1932
Nicht abgeschlossene Projekte, 1933
Stilistische Einordnung der Wohn- und Hotelbauten, Gasthäuser, öffentlichen Einrichtungen
Kriegerdenkmale
Die Anforderungen an ein Kriegerdenkmal der Zwischenkriegszeit
Die Aussage
Die Ortsfrage
Die städtebauliche Funktion
Eine Kriegerkapelle für die Bregenzerwälder auf der Bezegg, 1923
Standschützendenkmal auf dem Berg Isel, 1924
Entwurf für das Kriegerdenkmal Egg, 1925
Kriegerdenkmal Bludenz, 1927/28
Die Anlage
Die Aussage
Totenleuchte mit Ehrenfriedhof als Kriegerdenkmal für Wolfurt, 1929/30
Die Baugeschichte
Die Anlage und Formensprache
Kriegerdenkmal für den Vorarlberger Cartellverband, 1929
Ein Heldendenkmal im Bodensee, 1929/30
Die Anlage
Die Aussage
Kriegerdenkmal Rankweil, 1932
Ein Heldenmal mit Gedenkglocke für die Gefallenen aus Hohenems, 1932
Die Anlage und Formensprache
Resümee
Die Kriegerdenkmalsentwürfe von Alfons Fritz im kunsthistorischen Kontext
Sakrale Bauten
Kirchenerweiterung Andelsbuch, 1923
Hauskapelle im Marienheim, Andelsbuch
An- und Umbau der Kapelle Oberfallenberg, Dornbirn, 1927
Pfarrkirche zur Hl. Maria Magdalena, Dornbirn-Ebnit, 1927–1929
Die Ausgangssitutation
Der Grundriss
Die Außenansicht
Der Innenraum
Die Kirche Hl. Maria Magdalena im architektonischen Vergleich
Umbau und Erweiterung der Pfarrkirche St. Luzius, Göfis, 1931
Die Ausgangssituation
Der Grundriss und der Innenraum
Die Außenansichten
Die Ausführung
Die Kirchenerweiterung St. Luzius im architektonischen Vergleich
Sonstige Bauaufgaben/Kleinarchitektur
Entwurf zur Ausgestaltung der Diedo-Quelle, Andelsbuch, 1925 oder früher
Pavillon für die Käsefabrik Alma, 1925
Dorfbrunnen mit Platzgestaltung, Sulzberg, 1925
Postplatzgestaltung mit Brunnen und Transformatorenanlage, Bludenz, 1927/28
Musikpavillon Schruns, 1928
Familiengrab Karl Ammann, Hohenems, 1929
Familiengrab Alt-Vizekanzler Dr. Jodok Fink, Andelsbuch, 1930
Familiengrab Gebhard Walch, Stuben am Arlberg, 1930
Entwurf zu einem zerlegbaren Verkaufsstand, Dornbirn, 1931
Fassadenumbau gegen die Marktstraße, Dornbirn, 1932
Schuppen, Dornbirn, 1932
Familiengrab Eduard Alge, Lustenau, 1932
Familiengrab Franz Josef Wagner, Dornbirn-Haselstauden, 1932
Familiengrab Zink, München, Waldfriedhof
Familiengrab Fritz, Andelsbuch
Grabmal Herr Dr. Pitsch, Kufstein
Der „Künstler“ Alfons Fritz
Alfons Fritz, ein Architekt der Moderne?
Anhang
Anmerkungen
Abkürzungsverzeichnis
Archive und Interviewpartner*innen
Werkverzeichnis
Literaturverzeichnis, Quellenangaben und Internetreferenzen
Bildnachweis
Die Autorin
Ute Denkenberger, Leiterin der Studiensammlung des vorarlberg museums, verdankt dieser Forschung ihren kunsthistorischen Mastertitel, und das Museum verdankt ihr diese wunderbare Studie zu einem Vorarlberger Architekten, der an der Schwelle zur Moderne stand und dieser einiges mitzugeben wusste. Angesichts seiner 33 Lebensjahre schwingt bei der Betrachtung seines Werks auch immer die Frage mit: Wie hätte sich sein Werk entwickelt?
Alfons Fritz lautet sein Name. Ein gebürtiger Bregenzerwälder mit ausgezeichnetem künstlerischen Talent, ausgebildet in München und geprägt unter anderem durch seinen ersten Arbeitgeber Clemens Holzmeister, von dessen Einfluss sich die im Untertitel des Buches angeführte „Tiroler Moderne“ ableitet. Fritz blieb gerade einmal ein gutes Jahrzehnt für sein Wirken. Das Geschäft hatte sich bestens entwickelt und rund drei Viertel seiner Planungen wurden auch umgesetzt. Die Aufträge fanden in ganz Vorarlberg ihre Erfüllung, in den Städten ebenso wie in den Bergen. Private Wohnhäuser stehen neben Hotels, Kirchen neben Kriegerdenkmalen. Letztere sind eine Besonderheit, die nach dem Ersten Weltkrieg in allen Orten errichtet wurden und die zu den starken Auftritten von Alfons Fritz zählen, wie die Beispiele in Bludenz und Wolfurt zeigen.
Alfons Fritz ist sich der ihn umgebenden Kulturlandschaft ebenso bewusst wie der lokalen Tradition. Barocke Umgebungen lassen ihn ebenso wenig unbeeindruckt wie alte Stubentäfer, deren Bewegungen er in seinen Neukreationen formal aufgreift. Das Profane steht neben dem Sakralen, von Heimatstil kann keine Rede mehr sein, oder sehen wir diesen Stil in seinem Werk neu interpretiert? Alles in allem liefert Fritz in seinen Arbeiten Gesamtkunstwerke, die in ihrer Gestaltung nicht auf das äußerliche Erscheinungsbild beschränkt bleiben.
Der Lebensweg Alfons Fritz’ kreuzte mehrfach das Vorarlberger Landesmuseum. Hervorgehoben sei die Ausstellung zu den Kriegerdenkmälerentwürfen, die 1923 ausschlaggebend dafür gewesen sein soll, dass Clemens Holzmeister den jungen Alfons Fritz in sein Atelier holte; und 1927 entwarf Alfons Fritz das neue Logo für den Vorarlberger Landesmuseumsverein. Nun nehmen wir dieses Buch über sein Leben und Werk in die Schriftenreihe des vorarlberg museums auf. Es ist uns eine Verpflichtung wie eine Freude und der Dank gilt allen Beteiligten, aber im Besonderen unserer Kollegin Ute Denkenberger für ihre engagierte und wertvolle Arbeit und dem SudienVerlag für die Aufnahme in sein Verlagsprogramm.
Andreas Rudigier
Abb. 1: Haus Fritz, 1931/32
In der Vorarlberger Architekturgeschichte der Zwischenkriegszeit sind nur wenige Namen präsent. Neben Willibald Braun1 und Clemens Holzmeister2 sowie den großen Bauunternehmen gibt es noch ein gutes Dutzend Architekten und Architektinnen, von denen einzelne Werkbeispiele zwar Eingang in die Handbücher zur Vorarlberger Architekturgeschichte3 oder in einen wissenschaftlichen Beitrag gefunden haben, aber deren architektonisches Werk an sich nie gesamthaft aufgearbeitet wurde. Eine positive Ausnahme stellen die vorbereitenden Arbeiten zur Ausstellung Bau Handwerk Kunst. Beiträge zur Architekturgeschichte Vorarlbergs im 20. Jahrhundert, realisiert vom Institut für Kunstgeschichte der Universität Innsbruck 1994, dar. In deren Vorfeld widmeten sich (Diplom-)Arbeiten dem Werk Vorarlberger Architekten aus dieser Zeit. Alfons Fritz war nicht dabei.
Alfons Fritz wurde 1900 in Andelsbuch im Bregenzerwald geboren. Er studierte 1919 bis 1923 an der Technischen Hochschule München Architektur, arbeitete anschließend im Büro Clemens Holzmeister und machte sich 1927 als Architekt in Dornbirn selbstständig. Trotz seines kurzen Lebens – er starb 1933 – schuf er ein umfangreiches Werk, stellte sich jeder sich bietenden Bauaufgabe und fand bereits zu Lebzeiten große Anerkennung. Sein Universitätsprofessor German Bestelmeyer bezeichnet Alfons Fritz 1926 als sehr befähigten, künstlerisch stark begabten jungen Architekten.4
Der Grund für das bisherige Fehlen einer Monografie zu Alfons Fritz mag die auf den ersten Blick schlechte Quellenlage sein, da sich leider kein konzentriert gesammelter Nachlass erhalten hat. Den ersten Schritt, nicht in Vergessenheit zu geraten, unternahm Alfons Fritz selbst. Wie in den 1920/1930er Jahren unter Architekten nicht unüblich, gab er beim Münchner Industrie- und Gewerbeverlag ein Buch über sein Werk heraus. Es besteht zum großen Teil aus Fotografien seiner Entwürfe und ausgeführter Bauten und erschien nach seinem Tod 1933 unter dem Titel Alfons Fritz Dornbirn – Ein Baukünstler Vorarlbergs und sein Lebenswerk.5 Der Architekt Clemens Holzmeister schreibt darin ein Gedenkwort, der Redakteur der Vorarlberger Landeszeitung Josef K. F. Naumann eine Kurzbiografie. Ausgehend von den in diesem Werkbuch erwähnten Projekten habe ich zahlreiche Archive, Datenbanken und Bauten vor Ort besucht. Weiters habe ich seine Familie kontaktiert und teilweise mit den heutigen oder ehemaligen Bewohnerinnen und Bewohnern seiner Häuser gesprochen, um so das architektonische Werk von Alfons Fritz möglichst vollständig zu erfassen. Ziel dieser Publikation ist es, nicht nur ein Werkverzeichnis zu erstellen, sondern das Werk auch aus heutiger Sicht zu reflektieren und in einen architekturhistorischen Kontext zu setzen, in eine Zeit zwischen der gewesenen Monarchie und der noch nicht gefestigten Republik, zwischen Historismus und Moderne. Wie viel Moderne akzeptieren die Bauherren, wie traditionell muss die Moderne sein? Die Architektur von Alfons Fritz versucht einen Spagat zwischen Gewohntem und Neuem. Sie antwortet auf neue Anforderungen, nimmt Bestehendes auf, entwickelt dieses weiter und interpretiert es neu. Alfons Fritz setzt moderne architektonische Lösungen sehr zeitnah und selbstbewusst in seinen Bauten um. Sein Werk zeigt inhaltlich und formal Parallelen zu dem seiner Tiroler Kollegen, unter denen Clemens Holzmeister eine führende Rolle einnimmt.
Kennt man den Zeitgeist, die lokalen besonderen Anforderungen, so versteht man die Beweggründe für den einen oder anderen Entwurf. Die archivierten Unterlagen über die Bauten im öffentlichen Interesse sind nicht nur aus architektonischer Sicht interessant, sondern geben auch spannende kulturhistorische Einblicke. Briefe werden zwischen Befürwortern und Kritikern gewechselt. Argumente dafür und dagegen ausgetauscht.
Alfons Fritz schuf 71 heute bekannte Entwürfe, wovon ca. 50 verwirklicht wurden. Den Bauaufgaben Wohn- und Hotelbau, Sakralbau und dem Entwurf von Kriegerdenkmalen wird in dieser Publikation am meisten Raum gegeben. Darüber hinaus entwarf er eine Badeanstalt, Kleinarchitektur wie einen Musikpavillon oder einen zerlegbaren Verkaufsstand, Grabmale und Inneneinrichtungen. Dank seines zeichnerischen Talents war er auch als Grafiker tätig. Er war Mitglied der Vorarlberger Kunstgemeinde und mit einigen Künstlern wie Bartle Kleber, Edmund Kalb oder seinem Nachbarn Alfons Luger befreundet.
Christian Hiller – sein Religionslehrer und väterlicher Freund – fasst seinen Charakter recht gut zusammen, indem er schreibt: „Er konnte so vielen entsprechen, weil er mit hoher Begabung den höchsten Fleiß verband, mit eigenwilligem Festhalten am Künstlerischen, ein großes Geschick, den Bauherren für seine Idee einzunehmen.“6 Der höchste Fleiß sowie sein Pflichtbewusstsein wurden ihm zum Verhängnis. Trotz starker Verkühlung habe er einen Freund gebeten, ihn auf dem Sozius seines Motorrades auf eine Baustelle mitzunehmen. Der Freund habe ihn noch gewarnt, dass er das nicht machen solle, da er sich sonst den Tod hole.7 Alfons Fritz starb kurz darauf im Februar 1933 an einer Lungenentzündung.
Für diese Publikation wurde meine Masterarbeit Das Werk des Architekten Alfons Fritz (1900–1933) adaptiert und ergänzt, die am Institut für Kunstgeschichte der Universität Wien 2016 geschrieben und von Frau Univ.-Doz. Dr. Barbara Schedl betreut wurde.
Abb. 2: Haus Jehle, 1928
Johann Maria Alfons Fritz wurde am 2. August 1900 in Andelsbuch im Bregenzerwald geboren.8 Sein Vater Alois Fritz war Hutmacher ebendort und widmete sich in seiner Freizeit als Organist und Chorleiter intensiv der Musik. Nach dessen Tod 1913 führte die Mutter, Ursula Fritz (geborene Meusburger), das Hutmachergewerbe weiter. Darüber hinaus unterhielten seine Eltern eine kleine Landwirtschaft.9
Alfons Fritz hatte einen jüngeren Bruder, Anton Fritz (1901–1989), der Volksschullehrer und ab 1938 Schulleiter von Andelsbuch war. Wie sein Vater war auch er sehr musikalisch und in der Musikszene ausgesprochen engagiert.10
Alfons und Anton Fritz waren zwei sehr aufgeweckte Kinder, die sich so manchen Bubenstreich einfallen ließen. Nichtsdestotrotz wollte Alfons in jungen Jahren Pfarrer werden und so wurde eifrig „Pfärrerlis“ gespielt. Alfons übernahm stets die Rollenverteilung. In lebhafter Erinnerung des jüngeren Bruders Anton blieb eine gespielte Kreuzigung, bei der er von seinem großen Bruder Alfons an ein Kreuz gebunden wurde und im Anschluss samt Kreuz umfiel.11
Abb. 3: Alfons Fritz mit ca. 18 Jahren
Im Herbst 1912 kam Alfons Fritz in die k. k. Oberrealschule in Dornbirn, die er 1919 mit der Matura abschloss.12 Sein Zeichentalent fiel schon früh auf und wurde von seinem Zeichenlehrer, Professor Kammler, gefördert. Sein Berufswunsch war es, Kunstmaler zu werden. Ein Freund, der selbst Kunstmaler gewesen war, habe ihm aufgrund der geringen Verdienstmöglichkeiten davon abgeraten.13 Der besagte Freund könnte Bartle Kleber14 gewesen sein, mit dem er zeitlebens zusammenarbeitete.
Der Architektur wurden offenbar bessere Verdienstmöglichkeiten zugetraut. Ein Freund der Familie, Architekt Zickler, „[...] ebnete ihm die Wege an die Technische Hochschule nach München.“15
Am 20. Oktober 1919 wurde Alfons Fritz an der Technischen Hochschule München als Studierender der Architekturabteilung aufgenommen.16 In diesem Wintersemester 1919/20 besuchten neben Alfons Fritz acht weitere Studenten aus Vorarlberg die Technische Hochschule,17 deren Nachnamen die Zugehörigkeit zu Eigentümerfamilien der Vorarlberger Industrie nahelegen.18
Für Alfons Fritz war es 1919 sicherlich nicht einfach, sich unmittelbar nach dem Ersten Weltkrieg an der Hochschule zu inskribieren. Daraus lässt sich schließen, dass Alfons Fritz schon als Jugendlicher sehr zielstrebig und sein Umfeld von seiner Begabung überzeugt war. Im Personalakt Alfons Fritz der Technischen Universität München finden sich einige Unterlagen, die auf die stetige Sorge ob der Finanzierung des Studiums hinweisen. So wird ihm im November 1920 ausnahmsweise gestattet, „Entwerfen I“ nachträglich zu belegen, „[...] weil er in finanzieller Hinsicht gezwungen ist, praktische Arbeiten im Sommer-Semester anzunehmen und daher im Sommersemester zu wenig Zeit findet […].“19
Im Dezember 1920 stellte Alfons Fritz ein Ansuchen um ein Darlehen an den Akademischen Fürsorge-Ausschuß der Technischen Hochschule. Da seine Mutter kränkelte, konnte sie ihn durch ihren eigenen Verdienst nicht entsprechend unterstützen. Er hatte von dem ihm gut bekannten Münchner Bauunternehmer Ing. Friedrich Zink bereits 1.350,- Mark geliehen, wollte von diesem aber kein weiteres Darlehen, da dieser ihm das Geld nur unter Verrechnung hoher Zinsen anbiete. Zurückzahlen möchte er das Darlehen, sobald er „beruflich verdiene“.20 Begleitet wird dieser handschriftliche Brief von einem „Fragebogen zum Darlehensgesuch“. Darin werden seine monatlichen Ausgaben für den Lebensunterhalt mit 150 Mark sowie die Ausgaben für das Studium mit 500 Mark pro Semester beziffert. Die Wohnung sei frei.21 Die 150 Mark ermöglichten ihm den Lebensunterhalt nur „[...] unter der allergrößten Einschränkung, in jeder Beziehung […].“22 Gesichert wurde das Darlehen bis zu 1.000 Mark durch den Bürgen Dr. Joseph Popp, Professor an der Technischen Hochschule München für Allgemeine Kunstgeschichte, und durch Pfandbestellung des elterlichen Anwesens.23 Professor Popp schrieb am 14. Dezember 1920: „[...] kenne auch seine Familienverhältnisse und persönliche Lebensführung. Ich vermag für seinen Charakter durchaus einzustehen […].“24 Alfons Fritz erhielt vom Unterstützungsfonds für Studierende der Technischen Hochschule ein Darlehen von 1.350,- Mark,25 allerdings mit der Auflage, damit die Schulden beim Bauunternehmer Friedrich Zink zu begleichen.26 Darüber hinaus erhielt er während seines Studiums noch diverse Stipendien bzw. einmalige Zuschüsse.27 Bedingt durch die steigende Inflation musste Alfons Fritz im Sommersemester 1923 allein schon an Unterrichtsgebühr 14.500,- Mark bezahlen.28
Der junge Student besuchte unter anderem Lehrveranstaltungen bei Heinrich Freiherr von Schmidt,29 Theodor Fischer30 und German Bestelmeyer.31 Theodor Fischer befürwortete bereits während seiner Zeit an der Technischen Hochschule Stuttgart (1901–1908) die Ergänzung um eine praktische Ausbildung der Studenten.32 Um den praxisnahen Unterricht zu fördern, veranstaltete er für seine Schüler Wettbewerbe zu konkreten Bauaufgaben.33 Ebenso nutzten Richard Schachner und Sigismund Göschel den schülerinternen Wettbewerb für den praxisnahen Unterricht.34 Josef Naumann schreibt in der Biografie euphorisch, dass es keine Schulkonkurrenz gegeben habe, an der Alfons Fritz nicht teilgenommen habe. Ein hierbei errungener erster Preis habe ihm die Aufmerksamkeit der gesamten Lehrkanzel beschert.35
Nach vier Semestern bestand er die Diplom-Vorprüfung mit Auszeichnung.36 Mit einem „gut bestanden“ in der Hauptprüfung beendete Alfons Fritz im Herbst 1923 sein Architekturstudium.37 Das Zeugnis letzterer ist aus sechs Themenblöcken zusammengesetzt. Der Themenblock V „Entwerfen II“ beinhaltet Studienarbeiten (jeweils einen Entwurf) bei Prof. Büchert und bei Prof. Dr. Bestelmeyer. Themenblock VI „Entwerfen III“ enthält Studienarbeiten (jeweils Skizze und Ausführung) bei Prof. Dr. Freiherr von Schmidt und Prof. Dr. Theodor Fischer sowie den Prüfungsentwurf (Klausurarbeit: Skizze und Ausführung, ohne Angabe des Professors).38 „Entwerfen“ umfasst den Entwurf von Bauten größeren Umfanges mit Einzelausbildung.39
Für die Studienarbeit, vorgelegt bei Prof. Dr. Freiherr von Schmidt, plante Alfons Fritz eine Kirchenerweiterung der Pfarrkirche Hll. Petrus und Paulus seiner Heimatgemeinde Andelsbuch. Von der Prüfungsarbeit sind fünf auf Karton aufgezogene Zeichnungen erhalten. Jede Zeichnung ist datiert mit „München, S. S. 1923“, links unten mit „Ges: DrHvschmidt Prof “ und rechts unten mit „Alfons-Fritz arch.“ gezeichnet. Zu den Entwurfszeichnungen gab es noch ein Lehmmodell, das nicht mehr erhalten ist.40
Alfons Fritz verkehrte in München in einem Künstlerkreis, in dem auch seine befreundeten Studienkollegen Paul Gedon,41 Heinz Moll42 und Heinrich Götzger43 zu finden waren.44 Diese Freundschaft kommt in einem Aquarell der Pfarrkirche in Lech am Arlberg zum Ausdruck, das sich in der Sammlung des vorarlberg museums befindet.45 Handschriftlich wurde neben die Kirche geschrieben: „Dem lieben Heini [Heinrich Götzger, Anm.] gewidmet zur Erinnerung an unsere frohe Studienzeit. Weihnachten 1923 Dein Paolo [Paul Gedon, Anm.]“. Das Aquarell ist signiert mit „Alfons Fritz, Paul Gedon Sommer 1922“. Da es einen weiteren handschriftlichen Vermerk „Ges. Dr Hvschmidt Prof “ trägt, liegt die Vermutung nahe, dass es ursprünglich im Rahmen einer universitären Lehrveranstaltung vorgelegt wurde. Das Verzeichnis der belegten Vorlesungen und Übungen des Wintersemesters 1921/22 und des Sommersemesters 1922 vermerkt, dass Alfons Fritz bei Prof. Dr. Heinrich Freiherr von Schmidt „Formen- und Stillehre der mittelalterlichen Baukunst“ besucht hat.46
Abb. 4: Edmund Kalb, Porträt von Alfons Fritz, 1923; Kohle/Papier, 58 x 36,2 cm
Am 13. November 1923 wurde das Diplomprüfungszeugnis für Alfons Fritz ausgestellt und er hatte damit sein Studium erfolgreich abgeschlossen.47 Im gleichen Monat übersiedelte er von München nach Innsbruck,48 um mit 13. November 1923 eine Anstellung beim Architekten Clemens Holzmeister anzunehmen.49 Dieser sei im Rahmen einer Ausstellung, die im Vorarlberger Landesmuseum stattfand, auf den Entwurf „Eine Kriegerkapelle für die Bregenzerwälder auf der Bezegg“ und folglich auf Alfons Fritz aufmerksam geworden.50
Clemens Holzmeister wurde 1924 an die Akademie der bildenden Künste Wien berufen und übernahm im Herbst 1924 die Leitung einer Meisterschule.51 1925 folgte ihm Alfons Fritz in sein Privatatelier an der Akademie,52 wo er bis zum 1. August 1925 arbeitete.53 In Wien lernte er Hildegard Mümmler, die selbst kunstgewerblich tätig war und aus einer Baumeisterfamilie stammte, kennen.54 Sie heirateten im November 1925 in Stuben am Arlberg55 und übersiedelten nach Dornbirn.56 Zwischen 1928 und 1932 kamen ihre drei Kinder zur Welt.57 Sein mittlerer Sohn Rochus, geboren 1931 und später ebenfalls als Architekt tätig, bekam einen aus heutiger Sicht berühmten Taufpaten – Luis Trenker,58 der selbst Architekt war und von 1923/24 bis zur Jahreswende 1927/28 in Bozen mit Clemens Holzmeister zusammenarbeitete.59
In Dornbirn arbeitete Alfons Fritz zunächst für die Baufirma J. A. Albrich (von 1. September 1925 bis 30. September 1926).60 Im November 1926 meldete Alfons Fritz sein Architektengewerbe an61 und wurde mit 1. Jänner 1927 als selbstständiger Architekt tätig.62
In einem Empfehlungsschreiben seines ehemaligen Universitätsprofessors German Bestelmeyer wird Alfons Fritz im Dezember 1926 wie folgt beschrieben:
„Herr Fritz ist ein sehr befähigter, künstlerisch stark begabter junger Architekt, der sicher schon hinreichende Praxis und Erfahrung besitzt, um einen solchen Bau63 zu voller Zufriedenheit ausführen zu können. Ich bin sogar überzeugt, daß Sie von ihm einen besseren Bau bekommen werden als von den meisten Durchschnittsarchitekten, die die verlangte Praxis nachweisen können“, und weiter: „[...] man kann sich ja nur freuen, wenn eine solche Aufgabe in gute Hände kommt […].“64
Neben seiner Tätigkeit als Architekt unterrichtete Alfons Fritz von 1928 bis 1930 als Hilfslehrer und ab Februar 1931 als Lehrer an der Bundeslehranstalt für das Baufach und für Elektrotechnik in Bregenz.65 Mit 19. Februar 1929 durfte er sich gerichtlich beeideter Sachverständiger nennen.66
Am 6. Mai 1932 wurde Alfons Fritz vom Amt der Wiener Landesregierung das „Zivilarchitekten-Prüfungszeugnis“ ausgestellt.67 Er suchte damit anschließend beim Amt der Vorarlberger Landesregierung auch um die Befugnisse eines Zivilingenieurs für Hochbau an.68 Das Amt konnte die Frage – ob die Prüfung zum Zivilarchitekten der Prüfung zum Zivilingenieur für Hochbau gleichgestellt werden kann – nicht beantworten, da der Zivilarchitekt im Vergleich zum Zivilingenieur „[...] nur Bauten projektieren, überwachen und leiten, aber nicht ausführen darf “, und leitete die Anfrage an das Bundesministerium für Handel und Verkehr in Wien weiter.69 Die Gleichwertigkeit der beiden Prüfungen wurde durch das Bundesministerium am 20. Februar 1933 bestätigt.70
Clemens Holzmeister habe Alfons Fritz – wann, ist nicht bekannt – gefragt, ob er nicht Interesse hätte, mit ihm in die Türkei zu reisen, um bei den dortigen Bauten, die er für die Regierung Atatürks plante, mitzuwirken. Alfons Fritz nahm das Angebot nicht an und blieb in Dornbirn.71
Das Auftragsvolumen und der Grundriss des von ihm selbst 1931 errichteten Wohn- und Arbeitshauses in Dornbirn, der im Erdgeschoss ein Arbeitszimmer und ein Technikerzimmer vorsieht, lassen darauf schließen, dass Alfons Fritz auch Mitarbeiter beschäftigte. Maria Bohle erinnert sich, dass Ivo Geiger beim Bau des Hauses Bohle 1927/28 für Alfons Fritz gearbeitet hat. Er hat auch den späteren Umbau übernommen.72 Ebenso wird er im Zusammenhang mit dem Entwurf für „Ein Heldenmal mit Gedenkglocke für die Gefallenen aus Hohenems“ als Zeichner erwähnt.73 Ivo Geiger machte sich später als Architekt in Hohenems selbstständig.74 Nach der Errichtung des Kriegerdenkmals Bludenz 1927/28 war die Auftragslage offenbar sehr gut,75 was den Bauherren immer wieder etwas Geduld abverlangte.
Auf das Bludenzer Denkmal folgte, neben mehreren nicht realisierten Entwürfen, der Bauauftrag für das Kriegerdenkmal Wolfurt. Der zahlenmäßig im Werk von Alfons Fritz am stärksten vertretene Wohnbau bezog nicht nur den Entwurf der Fenster, Türen und Stiegenaufgänge mit ein, sondern – sofern gewünscht – auch die Gestaltung des Mobiliars sowie die Übernahme der Offerteinholung bei den einzelnen Gewerken. Neben dem Wiederaufbau der Kirche Hl. Maria Magdalena in Dornbirn-Ebnit war die Kirchenerweiterung St. Luzius in Göfis das wichtigste Projekt im Sakralbau. Dazu kamen noch einige Aufgaben aus dem Bereich Kleinarchitektur.
Zu Beginn 1933 war das eigene Wohnhaus gerade fertiggestellt, das Großprojekt der Armenversorgungsanstalt Bezau am Fertigwerden, das Berghotel Madlener in Bau und, wie die Verlassenschaftssache zeigt, mehrere weitere Projekte in Planung. Talent, Fleiß und Pflichtbewusstsein – wie einleitend erwähnt – waren Charakterzüge, die seinen beruflichen Erfolg vorantrieben, doch leider zu Lasten seiner eigenen Gesundheit: Am 7. Februar 1933 starb Alfons Fritz infolge einer nicht ausgeheilten Grippe an einer Lungenentzündung.76
Abb. 5: Haus Waibel, 1929/30
Einleitend möchte ich auf Charakteristika hinweisen, die sich in der Architektur von Alfons Fritz wiederholt finden und somit seine „Handschrift“ verraten.
Den Ausgangspunkt eines Entwurfs bildet die Örtlichkeit, an der das Gebäude errichtet werden soll. Alfons Fritz entspricht somit der Forderung seines Professors an der Technischen Hochschule in München, Theodor Fischer, der ein Eingehen auf Region und Bautradition unterrichtet.77 Ebenso plädiert Hermann Muthesius – Architekt und Architekturschriftsteller, der sich insbesondere mit dem Landhaus auseinandersetzt – in seinem Bestseller Wie baue ich mein Haus?78 dafür, „[...] die Rücksichtnahme auf die Umgebung des Hauses zum Ausgangspunkt der Gestaltung [...]“ zu machen, und beantwortet die Frage, wie ein Haus in sein Umfeld passt, mit Baumaterial und allgemeinem Zuschnitt des Hauses. Es sei „[...] eine künstlerische Taktfrage, den für die Umgebung passenden Baustoff zu wählen.“79
Alfons Fritz entwirft für das ländliche Gebiet (Bregenzerwald, Montafon, Bergparzellen Dornbirn) Wohnhäuser, die sich an der lokalen Bautradition orientieren: gemauerter Sockel, Blockbau aus Holz, eine Fassade mit quer verlegten Holzlatten (Holzschirm) oder geschindelt, wobei die geschindelte Holzfassade bei den Geschossübergängen leicht ausschwingt. Bei den öffentlich genutzten Gebäuden werden die Stiegenhäuser aus Brandschutzgründen gemauert.
Die Gebäude im urbanen Umfeld (Dornbirn, Feldkirch, Lustenau) werden mit Ausnahme des Hauses Bohle zur Gänze gemauert und verputzt. Holz wird nur in wenigen städtischen Beispielen für die Bildung des Balkons verwendet. Im ländlichen Raum dominiert das Satteldach, im städtischen Raum das Walmdach.