Öffentliche Finanzwirtschaft wird von verschiedenen Wissenschaftsdisziplinen geprägt. Der juristische Ansatz reicht vom Verfassungsrecht bis zum einfachen Kassenrecht, der ökonomische Ansatz von volkswirtschaftlichen Fragen der Wirtschafts- und Sozialpolitik bis zu einzelwirtschaftlichen Fragen der Organisation. Im Mittelpunkt der Betrachtung steht der staatliche Haushaltsplan. Er wird von der Verwaltung nach genau festgelegten Regeln aufgestellt und ausgeführt, von den Regierungen beschlossen und von den Parlamenten durch Haushaltsgesetz festgestellt. Allein auf Grund seines Umfangs kann der Haushaltsplan nicht ohne Einfluss auf die Gesamtwirtschaft bleiben.
Mit diesem Buch soll erneut der Versuch unternommen werden, die komplexe und umfangreiche Materie der öffentlichen Finanzwirtschaft geschlossen und vor allem verständlich wiederzugeben. Dabei werden auch die Grundzüge der Randgebiete Vergaberecht und Zuwendungsrecht dargestellt. Das Buch soll Studierenden und Praktikern auch als Nachschlagewerk dienlich sein.
Mit diesem Buch soll erneut der Versuch unternommen werden, die komplexe und umfangreiche Materie der öffentlichen Finanzwirtschaft geschlossen und vor allem verständlich wiederzugeben. Dabei werden auch die Grundzüge der Randgebiete Vergaberecht und Zuwendungsrecht dargestellt. Das Buch soll Studierenden und Praktikern auch als Nachschlagewerk dienlich sein.
Das Werk wurde begründet von Herbert Wiesner, der die ersten 10 Auflagen des Buches in den Jahren 1973 bis 2003 verfasst hat. Fortgeführt wurde das Werk bis zur 14. Auflage von Bodo Leibinger und Reinhard Müller. Nachdem sich nunmehr auch Reinhard Müller zurückgezogen hat, ist Bernd Züll als neuer Co-Autor an seine Stelle getreten. Reinhard Müller bleibt aber auch in dieser 15. Auflage als Verfasser genannt, da er an der Konzeption des Buches maßgeblich mitgewirkt hat. Für den Inhalt des Buches sind natürlich wir, das neue Autorenteam, alleine verantwortlich.
Köln, im März 2021Bodo Leibinger Bernd Züll
Gewidmet BGG01 und FHF01.
Bonn, im März 2021 Bernd Züll
„Der Staatshaushalt muss ausgeglichen sein. Die öffentlichen Schulden müssen verringert werden. Die Arroganz der Behörden muss gemäßigt und kontrolliert werden. Die Zahlungen an ausländische Regierungen müssen verringert werden, wenn der Staat nicht bankrott gehen soll. Die Leute sollen wieder lernen zu arbeiten, statt auf öffentliche Rechnung zu leben.“
Marcus Tullius Cicero, 55 vor Christus
Inhaltsübersicht
Abbildungsverzeichnis
Übersichten
Abkürzungsverzeichnis
a.a.O.
am angeführten Ort
AEUV
Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union
Bestimmungen über die Mindestanforderungen für den Einsatz automatisierter Verfahren im Haushalts-, Kassen- und Rechnungswesen des Bundes
BfdH
Beauftragter für den Haushalts
BfDI
Der Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit
BGB
Bürgerliches Gesetzbuch
BGBl.
Bundesgesetzblatt
BGebG
Bundesgebührengesetz
BHO
Bundeshaushaltsordnung
BIP
Bruttoinlandsprodukt
BM
Bundesminister(ium)
BMBF
Bundesministerium für Bildung und Forschung
BMF
Bundesminister(ium) der Finanzen
BMI
Bundesministerium des Innern
BMWi
Bundesminister(ium) für Wirtschaft und Energie
BR
Bundesrat
BReg
Bundesregierung
BRH
Bundesrechnungshof
BSchuWG
Bundesschuldenwesengesetz
BT
Bundestag
BT-Drs.
Bundestagsdrucksache
BVerfG
Bundesverfassungsgericht
BVerfGE
Entscheidungssammlung des Bundesverfassungsgerichts
BZSt
Bundeszentralamt für Steuern
dgl.
dergleichen
EGovG
E-Governmentgesetz
Epl
Einzelplan
ERechV
E-Rechnungsverordnung
ESVG 2010
Europäisches System volkswirtschaftlicher Gesamtrechnungen (Stand 2010)
FAG
Finanzausgleichsgesetz
Fn
Fußnote
FPL
Funktionenplan
FPStatG
Gesetz über die Statistiken der öffentlichen Finanzen und des Personals im öffentlichen Dienst
FVG
Finanzverwaltungsgesetz
G115
Artikel-115-Gesetz
gem.
gemäß
GenG
Genossenschaftsgesetz
GmbH
Gesellschaft mit beschränkter Haftung
GG
Grundgesetz
GGO
Gemeinsame Geschäftsordnung der Bundesministerien
GO
Geschäftsordnung
GO-BReg
Geschäftsordnung der Bundesregierung
GO-BT
Geschäftsordnung des Bundestages
GoBIT-HKR
Grundsätze ordnungsgemäßer Buchführung bei Einsatz von automatisierten Verfahren im Haushalts-, Kassen- und Rechnungswesen
GPL
Gruppierungsplan
grds.
grundsätzlich
GVBI
Gesetz- und Verordnungsblatt
GWB
Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen
HG
Haushaltsgesetz
HGB
Handelsgesetzbuch
HGO
Hessische Gemeindeordnung
HGrG
Gesetz über die Grundsätze des Haushaltsrechts des Bundes und der Länder (Haushaltsgrundsätzegesetz)
HKR
Automatisiertes Verfahren für das Haushalts-, Kassen- und Rechnungswesen des Bundes
Hpl
Haushaltsplan
HRB
Haushaltstechnische Richtlinien des Bundes
HÜL
Haushaltsüberwachungsliste
i.V.m.
in Verbindung mit
i.d.F.
in der Fassung
i.d.R.
in der Regel
InfrGG
Infrastrukturgesellschaftsgesetz
Kap
Kapitel
KBestB
Kassenbestimmungen für die Bundesverwaltung
KLR
Kosten- und Leistungsrechnung
KonzVgV
Konzessionsvergabeverordnung
ku
künftig umzuwandeln
kw
künftig wegfallend
LHO
Landeshaushaltsordnung
LMF
Landesminister(ium) der Finanzen
LRH
Landesrechnungshof
LV
Landesverfassung
MaßstG
Maßstäbegesetz
MV
Mittelverteiler
MünzG
Münzgesetz
NJW
Neue Juristische Wochenschrift
OWiG
Ordnungswidrigkeitengesetz
PCGK
Public Corporate Governance Kodex des Bundes
RB Bau
Richtlinien des Bundes für die Durchführung von Bauaufgaben
Rdschr.
Rundschreiben
RHO
Reichshaushaltsordnung
Rn
Randnummer
S.
Seite
s.
siehe
SektVO
Sektorenverordnung
StabG
Gesetz zur Förderung der Stabilität u. des Wachstums der Wirtschaft
StG
Steuergesetz
Tit
Titel
TV
Titelverwalter
UVgO
Unterschwellenvergabeverordnung
VBRO
Buchführungs- und Rechnungslegungsordnung für das Vermögen des Bundes
VerfGH
Verfassungsgerichtshof
VerfRiB-MV/TV-HKR
Verfahrensrichtlinien des Bundes für Mittelverteiler und Titelverwalter für das automatisierte Verfahren für das Haushalts-, Kassen- und Rechnungswesen des Bundes
VerfRiBeS-HKR
Verfahrensrichtlinie für die Nutzung der elektronischen Schnittstellen zum automatisierten Verfahren für das Haushalts-, Kassen- und Rechnungswesen des Bundes
Vgl.
vergleiche
VgV
Vergabeverordnung
VOB
Vertrags- und Vergabeordnung für Bauleistungen
VOL
Vertrags- und Vergabeordnung für Leistungen
VO/VW-RiB
Vorschuss- und Verwahrungsrichtlinie des Bundes zu § 60 BHO
VSVgV
Vergabeverordnung Verteidigung und Sicherheit
VV-BHO
Verwaltungsvorschriften zur Bundeshaushaltsordnung
VV-HB
Verwaltungsvorschriften zur Haushaltssystematik des Bundes
VV-ReVuS
Verwaltungsvorschriften für die Buchführung und die Rechnungslegung über das Vermögen und die Schulden des Bundes
VV-ZBR BHO
Verwaltungsvorschriften für Zahlungen, Buchführung und Rechnungslegung (zu Teil IV Bundeshaushaltsordnung)
WRV
Weimarer Reichsverfassung
ZFB
Zentrales Finanzwesen des Bundes
ZÜV
Zahlungsüberwachungsverfahren des Bundes
Literaturverzeichnis
Quellenverzeichnis
BMF (10.07.2006), BMF-Rundschreiben zur Bedarfsprüfung, Bildung und Inanspruchnahme von Ausgaberesten im flexibilisierten Bereich, II A 2 – H 1200-97/06
BMF (2006), Das System der Öffentlichen Haushalte, Berlin, Stand: Oktober 2006.
BMF (24.09.2012), BMF-Rundschreiben zur Durchführung des Interessenbekundungsverfahrens nach § 7 Abs. 2 S. 2, II A 3 –H 1005/070/0002-2012/08643532012 – (GMBl. 2012, S. 1190).
BMF (23.11.2015), BMF-Rundschreiben zur Bedarfsprüfung, Bildung und Inanspruchnahme von Ausgaberesten im flexibilisierten Bereich, II A2 – H 1200-14/10063.
BMF (2015), Das System der Öffentlichen Haushalte, Berlin, Stand: August 2015.
BMF (07.12.2017), BMF-Rundschreiben zur vorläufigen Haushaltsführung im Haushaltsjahr 2018, IIA2-H1200/17/10021:001, DOK2017/0930422.
BMF (05.05.2019), BMF-Rundschreiben vom 12.1.2011 (GMBl. 2011, S. 76) in der Fassung des Rundschreibens vom 5.5.2019 (GMBl 2019, S. 372).
BMF (Oktober 2020), Finanzbericht 2021, Berlin Oktober 2020.
BMF (08.12.2020), Fiskalregeln, Beitrag vom 08.12.2020, https://www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/Standardartikel/Themen/Oeffentliche_Finanzen/Fiskalregeln/nationale-europaeische-fiskalregeln.html, Stand 29.01.2021.
BMF (18.12.2020), BMF-Rundschreiben zur Haushaltsführung 2021, IIA2-H 1200/20/10051 DOK2020/1132048.
BMF (2020), Fünfter Bericht zur Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen, Berlin 2020.
BMF (05.01.2021), BMF-Rundschreiben zur Aufstellung des Bundeshaushaltsplans 2022 und des neuen Finanzplans 2021 bis 2025, IIA1-H 1105/20/10002:001-DOK2020/1025660.
Bundesministerium des Inneren (1999), KLR-Referenzmodell für den Geschäftsbereich des Bundesmisnisterium des Inneren vom 19.2.1999, Vorwort, Bonn 1999.
Bundesrechnungshof (10.10.2017), Beschluss des Großen Senats des Bundesrechnungshofes zur vorläufigen Haushaltsführung, https://www.bundesrechnungshof.de/de/ueber-uns/institution/rechtsgrundlagen/beschluss-des-grossen-senats-des-bundesrechnungshofes-vom-10-oktober-2017-zur-vorlaeufigen-haushaltsfuehrung
Bundesrechnungshof (21.10.2019): Bericht an den Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages nach § 88 Abs. 2 BHO.: Informationen über die Entwicklung des Einzelplans 32 (Bundesschuld) für die Beratungen zum Bundeshaushalt 2020, Gz.: III 5-2019-0731.
Haushaltstechnische Richtlinien des Bundes 2021 –HRB 2021 (Stand 03.06.2020), https://www.verwaltungsvorschriften-im-internet.de/bsvwvbund_03062020_IIA1H11051110001004DOK20200381594.htm
1.Öffentliche Finanzwirtschaft und Finanzverfassung
1.1Zum Begriff der Öffentlichen Finanzwirtschaft
Was ist öffentliche Finanzwirtschaft? „Öffentlich“ ist, was das (staatliche) Gemeinwesen betrifft und der Allgemeinheit zugänglich ist. „Finanzen“ sind Geld. „Wirtschaften“ ist das (planmäßige) Einsetzen knapper Güter zur Befriedigung von Bedürfnissen.
Also ist „Öffentliche Finanzwirtschaft“ die Lehre davon, wie der Staat sein Geld beschafft, verwaltet und verwendet, um die Bedürfnisse der Allgemeinheit zu befriedigen.
Die öffentliche Finanzwirtschaft ist die finanzielle Grundlage des Verwaltungshandelns. In den Ländern mit freiheitlich-demokratischer Grundordnung der selbstständige verfassungsrechtliche Funktionsbereich des Staates und der ihm eingegliederten Träger öffentlicher Verwaltung, der unter Beachtung gesamtwirtschaftlicher Zwecke auf die Erzielung von Einnahmen zur Deckung des durch die Erfüllung öffentlicher Aufgaben entstehenden Finanzbedarfs gerichtet ist und diese Ausgabenwirtschaft einschließlich der Prüfung aller relevanten Finanzvorgänge hinsichtlich ihrer Rechtmäßigkeit und Zweckmäßigkeit umfasst.[1]
Der Staat wirtschaftet nicht mit dem Ziel der Überschusserzielung oder Kapitalvermehrung. Er soll vielmehr
ein transparentes und nachvollziehbares Bild seiner Finanzwirtschaft vermitteln (Transparenzfunktion),
im Innenverhältnis seiner Staatsgewalten sicherstellen, dass die Legislative das Handeln der Exekutive steuert (Steuerungsfunktion, Budgethoheit),
den Bedarf an öffentlichen Gütern und Dienstleistungen befriedigen (Bedarfsdeckungsfunktion),
seine Finanzwirtschaft konjunkturgerecht gestalten (gesamtwirtschaftliche/konjunkturpolitische Funktion),
die Umverteilung von Einkommen oder Vermögen durch seine Geldbeschaffung und -verwendung sozialadäquat gestalten (sozialpolitische Funktion),
die politischen Schwerpunkte entsprechend der Mehrheitsverhältnisse abbilden (regierungspolitische Funktion, „Regierungsprogramm in Zahlen“) und
eine für zukünftige Generationen tragfähige staatliche Vermögensstruktur sicherstellen (Nachhaltigkeitsfunktion).
Die öffentliche Finanzwirtschaft kann als Wissenschaftsobjekt unterschiedlicher Disziplinen betrachtet werden. Besonderes Interesse findet sie dabei in den Rechts-, Wirtschafts- und übrigen Gesellschaftswissenschaften.
Die gesamtwirtschaftliche Bedeutung der Staatsfinanzen (Staatsquote 2020: 51,3%[2]) rückt sie in den Fokus der Volkswirtschaftslehre; Finanztheorie und Finanzwissenschaft entwickeln bzw. untersuchen Modelle zu den Auswirkungen der öffentlichen Finanzwirtschaft auf die gesamte Volkswirtschaft.[3]
Betriebswirtschafts- und Organisationslehre betrachten die staatlichen Stellen als einzelwirtschaftliche Akteure; sie liefern Modelle und Untersuchungsmethoden etwa zur Aufbau- und Ablauforganisation, zu Kostenrechnung und Controlling.
Beschaffung, Verwaltung und Verwendung der Staatsfinanzen unterliegen Vorschriften. Verfassungen von Bund und Ländern bilden die Grundlage, auf der einfachgesetzliche Regelungen und zuletzt Verwaltungsvorschriften aufbauen. Inter- und supranationale Regelungen betten die Staatsfinanzen und -beziehungen ein. Das macht die öffentliche Finanzwirtschaft zum Betrachtungsobjekt des Völker-, des Staats- und Verfassungsrechts, des Verwaltungs- und des Privatrechts (z.B. Sonderprivatrecht des Staates).
In Politikwissenschaft (insbesondere im Bereich der Finanzpolitik), Geschichtswissenschaft und den übrigen Sozialwissenschaften zieht man Staatsfinanzen als Datenquellen heran oder stellt sie in den Mittelpunkt gesellschaftlicher Fragestellungen.
1.2Träger der Öffentlichen Finanzwirtschaft
Die Grenzen zwischen öffentlicher und privater Finanzwirtschaft verlaufen nicht immer entlang klarer Linien. So kann man die Zuordnung anhand der rechtlichen Stellung der betrachteten Institution oder Stelle vornehmen, anhand ihrer Finanzierung oder anhand ihrer wahrzunehmenden Aufgaben.
1.2.1Abgrenzung nach Rechtsstellung
Die Zuordnung der Gebietskörperschaften (Bund, Länder, Gemeinden), ihrer Verbände und der übrigen juristischen Personen des öffentlichen Rechts (rechtlich selbständige Anstalten oder Stiftungen) fällt dabei leicht. Rechtlich selbständige Staatsunternehmen in privater Rechtsform (z.B. Aktiengesellschaften oder GmbH'en) oder staatliche Beteiligungen an solchen Unternehmen stellen uns aber schon vor Abgrenzungsprobleme.
Nach der Abgrenzung von Jellinek besteht ein Staat aus Staatsvolk, Staatsgebiet und Staatsgewalt.[4] Die Staatsgewalten in Deutschland werden grundsätzlich von den Gebietskörperschaften durch ihre Organe ausgeübt; bei der Exekutive spricht man dann von unmittelbarer Verwaltung.
Die Gebietskörperschaften dürfen durch Gesetz oder auf Grund von Gesetzen Nebenhaushalte für einzelne Aufgaben begründen; das sind Sondervermögen oder Eigenbetriebe.
Durch Hoheitsakt (also auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts) können rechtlich selbständige Einrichtungen (z.B. Verbände, Anstalten, Stiftungen des öffentlichen Rechts) gegründet und ihnen exekutive Befugnisse übertragen werden; das ist die mittelbare Verwaltung.
Aufgrund allgemeiner Gesetze kann jeder, also grundsätzlich auch der Staat, juristische Personen des privaten Rechts gründen. Dazu gehören eingetragene Vereine, Genossenschaften, privatrechtliche Stiftungen und die handelsrechtlichen Kapitalgesellschaften.
Privatrechtlichen juristischen Personen darf der Staat durch Hoheitsakt Aufgaben zwar übertragen. Die Ausübung hoheitlicher Gewalt ist davon aber ausgeschlossen, damit eine „Flucht ins Privatrecht“ und damit aus der Bindung an die Grundrechte nicht stattfindet.[5]
Rechtlich selbständige Körperschaften, die öffentlich-rechtliche Aufgaben wahrnehmen, aber nicht im staatlichen Eigentum stehen, werden als Parafiski (Einrichtungen „neben dem Fiskus“) oder intermediäre Finanzgewalten bezeichnet; dazu zählen z.B. Kammern, Träger der Sozialversicherungen und staatlich anerkannte Religionsgemeinschaften.
Bei der Abgrenzung, ob es sich bei privatrechtlichen juristischen Personen um „den Staat“ handelt oder nicht, bestehen unterschiedliche Ansätze, zum Beispiel nach § 2 FPStatG („finanzstatistische Abgrenzung“) oder Nr. 1.35 ESVG 2010 („Abgrenzung der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen“).
Für die öffentliche Auftragsvergabe bestimmt § 99 GWB wiederum eine eigenständige Definition der öffentlichen Auftraggeber.
Inter- und supranationale Einrichtungen und sonstige Völkerrechtssubjekte werden in diesen Abgrenzungen höchst unterschiedlich berücksichtigt.
1.2.2Abgrenzung nach Finanzierung
Die institutionelle Abgrenzung alleine fällt offensichtlich nicht immer leicht. Hilfreich kann der Blick auf die Finanzierung (also die Beschaffung der erforderlichen Finanzen) sein.
Wer kraft Gesetzes öffentliche Aufgaben zu erfüllen hat, muss über das dazu notwendige Geld verfügen können. Verschiedene Einnahmequellen ermöglichen das. Dazu gehören Einnahmen, die jeder erzielen kann, also auch der Staat, und solche, die nur Träger öffentlicher Gewalt, notfalls mit Zwang, erheben dürfen.
Der Staat kann also am Wirtschaftsleben teilnehmen. Man spricht bei dieser Art staatlicher Einnahmeerzielung auch von fiskalischen Hilfsgeschäften. Ihm sind durch Gesetz dabei Grenzen gesetzt, u.a. um eine Verdrängung der Privaten aus den Märkten („crowding out“) auszuschließen.
Durch Veräußerung, Nutzungsüberlassung oder Beleihung von Vermögen kann der Staat Einnahmen z.B. in Form von Verkaufserlösen, Mieten, Pachten oder Lizenzentgelten erhalten. Das kann sowohl internes Verwaltungsvermögen sein, das zu seiner Aufgabenerfüllung notwendig gewesen ist (z.B. nicht mehr benötigte technische Ausstattung), als auch externes Verwaltungsvermögen (im Sinne von Gemeingütern, die sich im staatlichen Eigentum befinden, z.B. Forste) oder auch Finanzvermögen in Form von Unternehmensanteilen, Forderungen oder anderen geldwerten Rechten.
Aus dem Finanzvermögen kann der Staat Rendite wie Zinsen, Dividenden oder auch andere Gewinnablieferungen als Einnahmen erzielen.
Zur Geldbeschaffung kann der Staat wie jedes Wirtschaftssubjekt Kredite aufnehmen. Dem steht vermögensseitig dann die Rückzahlungsverbindlichkeit gegenüber. Betriebswirtschaftlich würde man von Einzahlungen sprechen, aber nicht von Einnahmen.
Hoheitliche Einnahmen dürfen nur öffentlich-rechtliche Gemeinwesen erheben, wenn sie durch Gesetz dazu ermächtigt sind.
„Steuern sind Geldleistungen, die nicht eine Gegenleistung für eine besondere Leistung darstellen und von einem öffentlich-rechtlichen Gemeinwesen zur Erzielung von Einnahmen allen auferlegt werden, bei denen der Tatbestand zutrifft, an den das Gesetz die Leistungspflicht knüpft“ (§ 3 Abs. 1 AO).
Steuern bilden in Deutschland den mit Abstand größten Anteil der staatlichen Einnahmen ab; das spiegelt bereits das Grundgesetz wider, denn nur diesen Staatseinnahmen sind darin eigene Vorschriften zur Gesetzgebung, Verwaltung und Aufkommensverteilung gewidmet (siehe unten). Steuern sind grundsätzlich nicht an bestimmte Ausgabezwecke gebunden, sondern sollen den gesamten Finanzbedarf eines Gemeinwesens decken.
Steuern werden als finanzielle Lasten allen auferlegt, die den gesetzlichen Tatbestand erfüllen. Wenn eine besondere finanzielle Last für bestimmte Zwecke von einer bestimmten oder bestimmbaren Gruppe innerhalb der Gesellschaft getragen werden soll und diese Gruppe dem zu erfüllenden Zweck offensichtlich besonders nahestehen, ist die Auferlegung von Sonderabgaben zulässig. Sie dürfen aber nicht zur Deckung des allgemeinen staatlichen Finanzbedarfs erhoben werden.
Beiträge und Gebühren fasst man gelegentlich unter dem Begriff Vorzugslasten zusammen; sie sollen dazu dienen, die Finanzierung bestimmter „Vorzüge“ nicht der Allgemeinheit der Steuerzahlenden, sondern verursachungsgerecht denjenigen aufzuerlegen, die eine Einrichtung oder ein Gut in Anspruch nehmen.
Während Steuern keinen individuellen Anspruch auf Gegenleistung begründen, wird mit den Beiträgen ein potenzieller Gegenleistungsanspruch, z.B. ein Nutzungsanspruch, erworben. Die Zahlungspflicht besteht aber unabhängig davon, ob die Nutzung tatsächlich in Anspruch genommen wird oder wurde.
Abhängig von der konkreten Inanspruchnahme einer öffentlich-rechtlichen Leistung werden die Gebühren erhoben. Die Inanspruchnahme kann in der Nutzung einer Einrichtung, eines Gutes oder einer Dienstleistung bestehen. Gebühren sollen grundsätzlich so bemessen sein, dass sie die Kosten für die Gegenleistung decken (vgl. § 9 Abs. 1 BGebG).
Verwarn- und Bußgelder, Zwangsgelder, Geldstrafen und dergleichen (Ungehorsamsabgaben) dienen nicht in erster Linie der Einnahmeerzielung, sondern der Ahndung von Zuwiderhandlungen. Ähnlich den Beiträgen und Gebühren sind sie vom (in diesem Fall rechtswidrigen) Verhalten der Abgabenpflichtigen abhängig.
Durch das Prägenlassen von Scheidemünzen (deren Herstellungskosten überwiegend geringer sind als ihr Nennwert) erzielt der Staat monopolähnliche, öffentlich-rechtliche Einnahmen; er trägt zwar die Herstellungskosten und die Kosten für aus dem Verkehr gezogene Münzen, erhält aber nach § 7 MünzG den Nennbetrag der in Verkehr gebrachten Münzen gutgeschrieben; das gilt für Sammlermünzen i.S.d. § 2 MünzG entsprechend.
Umlagen, Finanzausgleiche oder sonstige Zuweisungen von einer öffentlichen Kasse zugunsten einer anderen sind keine originären Einnahmen. Sie stellen Vermögenstransfers zwischen den Trägern der öffentlichen Finanzwirtschaft dar und dienen zum Beispiel dem Ausgleich wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit oder der Unterstützung in Notlagen.