Das Buch

Was Sie schon immer über die Zeit wissen wollten: Alexander Demandt gibt beredt und fachkundig Auskunft, wobei er aus einer geradezu enzyklopädischen Wissensfülle schöpft.

Warum beginnt das Jahr am 1. Januar? Weshalb ist der September nicht der siebte (septem), sondern der neunte Monat? Warum fällt der Schalttag auf den 29. Februar und nicht auf den 32. Dezember? Wann wurde der Sonntag zum Ruhetag? Woher stammen die Namen unserer Wochentage? Seit wann gibt es unsere Zeitrechnung? Wer erfand die Sonnen-, die Wasser- oder die Sanduhr? Und was ist eigentlich Ewigkeit?

Anhand vielfältiger Beispiele aus der antiken Überlieferung entwirft ­Demandt eine Kulturgeschichte der Zeit und schlägt den Bogen bis zur Gegenwart, die mehr denn je vom Takt der Zeit geprägt ist. Eine ebenso unterhaltsame wie anregende Zeitreise.

Der Autor

Alexander Demandt, geboren 1937 in Marburg, von 1974 bis 2005 als Althistoriker und Kulturwissenschaftler an der Freien Universität Berlin tätig. Zu seinem umfangreichen Werk gehören Bücher über das Römische Reich sowie über Wissenschafts- und Kulturgeschichte. Zuletzt erschienen bei Propyläen »Über die Deutschen. Eine kleine Kulturgeschichte« und »Es hätte auch anders kommen können. Wendepunkte deutscher Geschichte«.

Hans Reiser, ›Der Spielmann‹, 1989

Alexander Demandt

Zeit

Eine Kulturgeschichte

2015

Propyläen

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ISBN 978-3-8437-0946-0


© Ullstein Buchverlage GmbH, Berlin 2015

Titelbild: © Oleg Moiseyenko/Getty Images

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E-Book: LVD GmbH, Berlin

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Ein Nachwort zuvor

Fortunae huiusce diei

Das vielzitierte habent sua fata libelli, Bücher haben ihre Schicksale, ein Wort des Terentianus Maurus aus der Zeit um 200, war gemünzt auf die ungewisse Nachgeschichte seines Buches und auf die unterschiedliche Kapazität des Lesers, pro captu lectoris. Es gilt aber ebenso hier für das fatum, die Vorgeschichte, für die Entstehung meines Buches und die Fähigkeit des Verfassers, pro captu auctoris.

Dieses Buch erwuchs aus weit zurückreichenden Wurzeln, aus Erlebtem, Erdachtem und Erlesenem. Ein erster Versuch mit der Zeitproblematik war die Mainzer Akademie-Abhandlung von 1970 über die Fehlerquellen in der antiken Überlieferung von Nachrichten zu Sonnen- und Mondfinsternissen, die wir als Fixpunkte für die Chronologie verwenden. Die Arbeit war Teil eines unausgeführten Konstanzer Habilitationsprojektes über antike Geschichtsfälschung. Das Thema »Zeit« erscheint sodann mit zahlreichen Variationen 1978 in meinem Buch ›Metaphern für Geschichte. Sprachbilder und Gleichnisse im historisch-politischen Denken‹. Ein Dutzend weiterer Vorarbeiten zum Thema »Zeit« sind im Literaturverzeichnis aufgeführt.

Profitiert habe ich von zwei Seminaren, die ich 1990 und 1999 am Friedrich-Meinecke-Institut der Freien Universität Berlin über das Geburtstagsbuch von Censorinus De die natali gehalten habe. Die Schrift ist, wie die meisten antiken Texte, in einem einzigen Exemplar überliefert, in einer Pergamenthandschrift aus dem 7. Jahrhundert in der Kölner Dombibliothek, und wurde 1988 von Klaus Sallmann zweisprachig und kurz kommentiert herausgegeben. Die damals, vor »Bologna«, noch uneingeschränkte Lehr- und Lernfreiheit an der Hochschule erlaubte es, auch unkonventionelle Stoffe wie Zeitbegriffe mit den Studenten zu traktieren. Eine exzellente Hausarbeit lieferte Joe Ritzkowsky über die Geschichte der Woche. Nicht nur davon habe ich gelernt.

Zur Vorbereitung auf jenes Seminar arbeitete ich im September 1989 im Deutschen Archäologischen Institut Rom. Hier traf ich Hans von Steuben, den Archäologen aus Frankfurt. Er fand das Thema geeignet für ein Bändchen in »Beck’s Archäologischer Bibliothek«, die er herausgab. 1991 kam es zum Vertrag. 2008 aber starb Steuben, und die Reihe wurde eingestellt. Mich aber trieb die Thematik weiter um. Im Mai 1997 sprach ich im Jagdschloß Glienicke bei der Guardini-Stiftung über ›Zeitbegriffe. Antikes in der Moderne‹. Das Konzept, von den kleineren zu den größeren Einheiten vorzugehen, war entlehnt aus Isidor von Sevilla (Etymologiae V 29 ff) bzw. Beda (De temporum ratione) – Censorinus machte es umgekehrt.

An Büchern älteren und jüngeren Datums über die Zeit fehlt es gewiß nicht. Aber die Zeit hat viele Gesichter, und das gilt gleichfalls für die Bücher über sie. Im vorliegenden Werk geht es um die Geschichte der Zeitkultur vorwiegend in der westlichen Welt, um die Herkunft und Entwicklung unserer Begriffe für Zeit vom Augenblick zur Ewigkeit, es geht um die verzweifelten Versuche, die Zeit in den Griff zu bekommen, um die schillernden Vorstellungen über sie, früher und heute, kurz: um eine Archäologie des Kalenders. Die Zeit mit ihrem »Sitz im Leben« und den Paradoxien ihrer Versprachlichung, das ist mein Thema. Die für die Zeitmessung grundlegenden physikalischen, astronomischen und technischen Voraussetzungen nebst den Umrechnungsmethoden älterer Zeitrechnungen auf die unsere – all das wird nur summarisch behandelt.

Wenn der Althistoriker im Text hier der Antike vergleichsweise großen Raum zugesteht, verweist er darauf, daß wir in allem, was mit Zeit zu tun hat, dem Altertum in höchstem Mäße verpflichtet sind. Das gilt für die Tageseinteilung, die Stundenzählung und die Uhr, für die Siebentagewoche und die Namen der Wochentage, für die Monate und den Kalender, weiterhin für die meisten Feiertage, die Begriffe für Zeitabschnitte, Zeitalter und Ewigkeit. Ernst Jünger schrieb 1977 (Eumeswil 348): »Worüber auch gedacht wird, man muß bei den Griechen anfangen.«

Zeit ist ein zeitloses Thema. Der Stoff ist immens; man muß die Zeit bemessen, die man ihm widmet. Ich halte es daher wie Montesquieu in seinem ›Esprit des lois‹ (XIX 1): Cette matière est d’une grande étendue. Dans cette foule d’idées, qui se présentent à mon esprit, je serai plus attentif à l’ordre des choses qu’aux choses même. Il faut, qu j’écarte à droit et à gauche, que je perce et que je me fasse jour.1 Im Ganzen ist deutlich, wie endlos lang der Weg zu unserer heutigen Zeitregulierung war. Die Zahl der zwölf Monate ist über dreitausend Jahre alt, die Zählung der Kalenderwochen gerade zwei Jahrzehnte. Sie wurde 1993 festgelegt. Was gab es nicht alles an Varianten und Experimenten, an Um- und Abwegen, an Fortschritten und Rückschritten in der Erkenntnis des Zeitablaufs und der Verständigung über die Zeitplanung.

Vom frühen dritten Jahrtausend vor Christus bis zum späten 16. Jahrhundert nach Christus war die genaue Zeitregelung ein religiöses Anliegen und Sache der Priester. Was gelang und was unterblieb, ging auf sie zurück. Immer wieder wurde und wird der Wunsch nach Verbesserungen abgeblockt durch die Macht der Gewohnheit gegen die Macht der Vernunft, durch stolzes Beharren auf dem Herkommen gegen sinnvolle Neuerungen. Die heute weltweit erreichte Vereinheitlichung des Zeitwesens, seine Globalisierung, ist eine unabdingbare Voraussetzung für die moderne Zivilisation, aber war das Ergebnis schwierigsten Ringens, dessen verschlungene Geschichte ich zu zeigen versuche.

Das Buch erscheint später als geplant. Mich entschuldigt Mephisto: »Ein stiller Geist ist jahrelang geschäftig;/Die Zeit nur macht die feine Gärung kräftig.« Die Zeit tat es freilich nicht allein, hinzu kamen Hilfe und Hinweise von vielen Seiten, so von Maria R.-Alföldi, Ernst Baltrusch, Manfred Clauss, meinem Bruder Ecke und meinem filius Philipp Demandt, Kay Ehling, Doris Esch, Gernot Eschrich, Peter Robert Franke, Sabina Franke, Julian Führer, Felix Kellerhoff, Hans Kopp, Dietrich Kurze, Andrea Morgan, Olaf Rader, Christoph Schweigert, Alina Soroceanu, Ulrich Wanke und Christian Wendt. Ich schließe meine Arbeit mit dem wiederholten Dank an Hiltrud Führer, die mir seit zehn Jahren alle meine – im Wortsinn zu verstehenden – Manuskripte digitalisiert, in unseren Frühstücksgesprächen Grundsatzthemen und Einzelfragen mit mir erörtert, mich auf gute Gedanken bringt und mir durch ihre kritischen Einwände Fehler erspart.

Gewidmet sei das Buch dem Andenken an den großen Mediävisten Arno Borst (1929 bis 2007) in Erinnerung an unsere gemeinsame Zeit in Konstanz 1968 bis 1974. Auf die damals unermüdlich wiederholte Frage nach der Aufgabe des Historikers antwortete er lakonisch: Man solle Geschichte so darbieten, daß es lohnt, ihr Interesse entgegenzubringen. Nichts anderes bezweckt mein Buch. Ich nehme Abschied von einer Thematik, die mich selbst wie keine andere belehrt hat. Für die verbleibenden Unzulänglichkeiten bitte ich um Nachsicht mit den Worten Ovids:

Quicquid in his igitur vitii rude carmen habebit,
emendaturus si licuisset eram.

Sinngemäß angepaßt: »Was immer der rohe Text an Fehlern enthält, hätte ich gebessert, wäre es vergönnt gewesen.« Sed nunc ad rem redeo.

Lindheim, Sommeranfang 2015

Alexander Demandt