Das Buch

Der erste Fall für Jo Weidinger. Als Koch muss man wissen, woher das Fleisch kommt, das man serviert. Das finden jedenfalls die Mitglieder des Jägerstammtischs, der sich regelmäßig in Jo Weidingers Restaurant trifft. Der junge Koch lässt sich überreden, an der nächsten Jagd in den Wäldern des Rheintals rund um die Loreley teilzunehmen.

Plötzlich wird einer der Jäger von einer Kugel niedergestreckt; die Polizei geht von einem Querschläger aus. Nur Jo ist sich sicher, dass das tödliche Geschoss aus einer anderen Richtung kam. Da dem Koch niemand glaubt, beginnt er auf eigene Faust zu ermitteln. Und dann wird auf einem Hochsitz der nächste tote Jäger gefunden …

Der Autor

Christof A. Niedermeier, geboren 1969, stammt aus der Nähe von Regensburg. Seit knapp zwanzig Jahren lebt und arbeitet er in Frankfurt am Main. Mit dem Helden seines Buches teilt er die Liebe zum Rheintal, zu den malerischen Burgen, gutem Essen und leckeren Weinen. Er ist vielseitig interessiert, liest gerne und hat ein ausgesprochenes Faible für Italien.

Christof A. Niedermeier

Waidmanns Grab

Kriminalroman

Ullstein

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ISBN 978-3-8437-1110-4


Originalausgabe im Ullstein Taschenbuch

1. Auflage August 2015

© Ullstein Buchverlage GmbH, Berlin 2015

Umschlaggestaltung: ZERO Werbeagentur, München

Titelabbildung: © FinePic®, München (Hirsch);

© Getty Images / LOOK / © Heinz Wohner (Landschaft)

E-Book: LVD GmbH, Berlin

Alle Rechte vorbehalten.

Prolog

Die Hitze lag flirrend über der Wüste. Bill Whitman lief der Schweiß aus allen Poren. Sein khakifarbenes T-Shirt klebte wie eine zweite Haut an seinem massigen Körper. In dem Moment wünschte er sich nichts sehnlicher als ein kaltes Bier und dass der Kerl neben ihm endlich zum Schuss käme. Eine leichte Brise strich über den heruntergekommenen Schießplatz und brachte ein wenig Linderung. Bill kontrollierte den Windmesser.

»Zwei Knoten, drei Strich Südwest«, sagte er und warf einen Blick auf den Mann neben sich. Mit einer ruhigen Bewegung drehte dieser das Visier um einen Klick weiter, um den veränderten Seitenwind auszugleichen. Dann konzentrierte er sich wieder auf den anstehenden Schuss.

Bill hatte ihn zuerst für einen dieser aufgeblasenen Wichtigtuer aus der Stadt gehalten, die am Wochenende hinaus in die Wüste fuhren, auf Kakteen oder Bierdosen schossen und sich mit Daddys Geld die teuersten und besten Gewehre leisten konnten. Doch der Mann, der neben ihm lag, war anders. Bisher hatte er jeder der mannsgroßen Pappscheiben in den Kopf geschossen – auf 100 Meter, auf 300 Meter und auf 500 Meter. Nun stand allerdings eine Aufgabe an, die er unmöglich schaffen konnte. Bill hatte mehrfach versucht, ihn davon abzubringen. Er befürchtete, John, wie der Mann sich nannte, könnte vorbeischießen, der Waffe die Schuld geben und von dem Geschäft zurücktreten. Dabei brauchte Bill dringend ein paar Extradollar. Seine Bank saß ihm wegen einiger unbezahlter Rechnungen im Nacken. Diese elenden Aasgeier!

Es war schon fast eine Minute vergangen. John hatte immer noch nicht abgedrückt.

Bill kniff das linke Auge zusammen und linste mit dem anderen durch das Spektiv. Obwohl er schon die volle Brennweite des Objektivs nutzte, sah der Kürbis winzig klein und unendlich weit entfernt aus. 800 Meter! Auf diese Entfernung schossen sie normalerweise mit der 20-mm-Automatikkanone – und auch nur auf alte Autos. Es war jedes Mal ein Spaß, wenn Joe Frazier von der Texas Freedom Militia, einer der regionalen Bürgerwehren, mit seinen Männern in die Wüste herauskam, um ein wenig Dampf abzulassen. Besonders gerne schossen sie auf japanische Autos. Dreckige Japse, dachte Bill und spuckte aus.

Er hatte den Kürbis auf die Motorhaube eines völlig durchlöcherten alten Datsun gelegt, der einmal grün gewesen sein musste, bevor die Hitze und der Wüstensand die Karosserie fast blank poliert hatten. Gerade als er John fragen wollte, ob sie den Kürbis nicht doch besser auf 600 Meter legen sollten, hörte er das dumpfe Plopp des Schalldämpfers und fast zeitgleich den Überschnallknall, als das Hochgeschwindigkeitsprojektil die Schallmauer durchbrach. Für einen Augenblick schien die Zeit stillzustehen, dann konnte Bill durch das Spektiv sehen, wie der Einschlag der Kugel den Kürbis regelrecht zerfetzte.

»Wahnsinn«, rief er ehrfurchtsvoll aus. »Wo hast du so gut schießen gelernt, Mann? Bei den Marines? Special Forces?«

Bill schüttelte den Kopf. Natürlich wusste er, dass die Scharfschützengewehre auf Reichweiten von über 1000 Meter ausgelegt waren und die Spezialeinheiten tatsächlich auf noch weiter entfernte Ziele schossen. Er selbst hatte so etwas allerdings noch nie gesehen. Bei solchen Entfernungen war die Kugel mehr als eine Sekunde unterwegs. In dieser Zeit konnte das anvisierte Ziel drei Schritt weiter sein. Dazu kam der Wind, der die Kugel leicht um einen Meter ablenken konnte.

Auf dem Weg zurück zu der kleinen Hütte, in der er seine Geräte aufbewahrte und von der aus er den Schießplatz überwachen konnte, redete Bill ununterbrochen.

Was für ein Schuss! Der Mann, der diese Meisterleistung vollbracht hatte, wirkte dagegen seltsam ungerührt. Er war überhaupt ein merkwürdiger Kerl. Als er zum ersten Mal auf Bills Schießplatz aufgetaucht war, trug er trotz der Hitze einen schwarzen Mantel und hatte die Baseball-Kappe so tief in die Stirn gezogen, dass man sein Gesicht kaum erkennen konnte. Seine Augen verbarg er hinter einer dieser verspiegelten Sonnenbrillen mit breitem schwarzem Rahmen, wie sie aus Europa importiert wurden. Bill konnte nicht genau sagen warum, aber er hatte bei John ein ungutes Gefühl. Irgendetwas stimmte nicht mit dem Kerl. Doch seine Referenzen waren einwandfrei: Er kam auf Empfehlung eines alten Bekannten, der sich für ihn verbürgte.

Bill war sicher, dass er keiner von den Schnüfflern des FBI war. Diese Typen kannte er zur Genüge, so oft, wie sie schon auf seinem Schießplatz aufgekreuzt waren. Bisher hatten sie jedoch nie etwas finden können. Dafür war Bill zu schlau. Er machte seine illegalen Geschäfte am liebsten um die Mittagszeit, wenn die Sonne so heiß vom Himmel herunterbrannte, dass sich die Anzugtypen vom FBI in ihren klimatisierten Büros im Stadtzentrum von El Paso verkrochen.

Als sie am Schuppen angekommen waren, holte Bill die restlichen Ausrüstungsgegenstände heraus. John wollte das ganze Paket – neben dem Gewehr selbst noch ein passendes Nachtsichtgerät, einen Schalldämpfer, einen Koffer, um das Gewehr zu transportieren, einen Windmesser, ein Spektiv, einen Laserentfernungsmesser und dazu noch einige Packungen Munition. John prüfte sorgfältig jedes einzelne Teil. Besonders viel Zeit nahm er sich für das Gewehr.

»Ist das beste Scharfschützengewehr, das gegenwärtig auf dem Markt ist«, erklärte Bill, während er sich eine Zigarette ansteckte. »Ist 'ne Weiterentwicklung des AI Arctic Warfare, echt klasse das Ding. Heißt G22 und ist das neue Scharfschützengewehr der deutschen Spezialeinheiten. Die Leute von Accuracy International haben es für die Deutschen extra noch einmal verbessert.«

John schwieg und untersuchte das Gewehr weiter.

»Wenn du mich fragst, ist es um Längen besser als das M40 A1 von unseren Jungs. Selbst das neue M40 A3 kann da nicht mithalten«, fuhr Bill fort. »Das G22 ist noch ruhiger. Was Präzision und Treffsicherheit angeht, ist es unübertroffen. Außerdem ist es extrem belastbar und korrosionsbeständig. Die Knarre kannst du ein halbes Jahr eingraben, und danach funktioniert sie immer noch. Das Gewehr hat Accuracy International ursprünglich für die schwedische Armee entwickelt. Die Schweden haben es bei minus 20 Grad getestet. Damit kannst du in Alaska Eisbären schießen, wenn du willst.«

Bill lachte meckernd. John war inzwischen mit der Prüfung des Gewehrs fertig und wandte sich dem Laserentfernungsmesser zu.

»Kommt aus Deutschland«, erklärte Bill. »Ein echter Hochpräzisionslaser – der Halem 2. Das Ding hat eine Reichweite von bis zu 5000 Metern.«

Nachdem John auch noch den Nachtsichtaufsatz einer gründlichen Prüfung unterzogen hatte, erhob er sich.

»Alles okay?«

John nickte. Bill grinste.

»Dann müssen wir ja nur noch das Finanzielle regeln. Ist leider ein wenig teurer geworden als ursprünglich angenommen. Die Schweine vom FBI schnüffeln im Moment wieder ziemlich viel herum.«

Bill machte eine entschuldigende Handbewegung. Johns Gesicht blieb völlig ausdruckslos.

»Wie viel?«, fragte er mit tonloser Stimme.

Bill wand sich ein wenig.

»Fünfzehntausend«, sagte er und fuhr sich mit der Zunge über die Lippen.

Johns Gesichtszüge verhärteten sich. Er sah Bill wortlos an. Trotz der 35 Grad lief es Bill eiskalt den Rücken hinunter.

»Das ist deutlich mehr, als wir vereinbart haben.«

Johns Stimme klang gefährlich leise.

»Mann, das musst du verstehen. Ich hatte selbst höhere Kosten.«

Kampflos wollte sich Bill den Zusatzverdienst nicht entgehen lassen. John musterte ihn schweigend. Bill fühlte sich in seiner Haut immer unwohler. Als er schon fast bereit war, auf das ursprüngliche Angebot herunterzugehen, griff John auf einmal in seine Tasche. Instinktiv machte Bill einen Schritt nach hinten. Doch John zog nur drei dicke Bündel Geldscheine heraus und warf sie ihm achtlos vor die Füße. Bill wollte etwas sagen, besann sich aber eines Besseren, als er Johns Blick bemerkte. Er bückte sich, hob das Geld auf und begann es zu zählen. Es waren genau fünfzehntausend Dollar. Bill grinste. Hatte er doch den richtigen Riecher gehabt! Der Kerl hatte genug Geld.

»Alles klar, ich geb dir noch ein paar Packungen Munition obendrauf«, sagte er jovial. »Ich hab da was ganz Besonderes, wird dir gefallen: Deformationsmunition. Die verformt sich beim Aufschlag und reißt ein Riesenloch! Damit kannst du Elefanten abschießen.«

Er holte die Packung mit der Spezialmunition aus dem Versteck hinter seiner Hütte. Eigentlich hatte er dafür noch einen Extrapreis verlangen wollen, aber da John anstandslos den Aufschlag bezahlt hatte, wollte Bill nicht kleinlich sein. Als John weg war, räumte Bill auf. Er war sehr zufrieden mit sich. Das Geschäft hatte ihm zusätzlich 2500 Dollar in die Kasse gespült. Zur Feier des Tages würde er sich ein kühles Bier bei Kitty in der Bar genehmigen. Er schloss die Hütte ab und ging hinüber zu seinem Wagen.

Der Mann, der sich John nannte, lag regungslos am Boden. Seine Atmung ging langsam und flach. Die Wut, die ihn wie ein wildes Tier angefallen hatte, brannte immer noch in ihm, aber sie hatte die Farbe gewechselt. Das brennende Rot, das alles verzehrte, war in ein gleißendes, kaltes Weiß übergegangen. So konnte er sie besser kontrollieren. Wut war wie das Licht eines Lasers – wenn man zuließ, dass es grell und ungezügelt durch den Raum tanzte, verpuffte seine Kraft wirkungslos wie die bunten Lichter in einer Diskothek. Konzentrierte man seine Energie dagegen auf einen einzigen Punkt, konnte man damit Diamanten schneiden.

Die kalte Wut half ihm dabei, alles um sich herum zu vergessen: die unerträgliche Hitze unter seinem sandfarbenen Tarnnetz, die Schweißtropfen, die sich auf seiner Stirn sammelten, den beißenden Sand, der in jede Pore seines Körpers zu kriechen schien. Alles um ihn herum verschwamm zu einem grauen Nebel. Nur der Schusskanal lag hell und klar vor ihm. Mit kühler Präzision und einer minimalen Drehung des Gewehrlaufs folgte er jeder Bewegung des bulligen Mannes in der khakifarbenen Uniformhose.

Bill zu töten hatte nicht zu seinem Plan gehört. Aber in dem Moment, in dem der bärtige Waffenhändler beschloss, ihn beim Verkauf des Gewehrs zu betrügen, war sein Schicksal besiegelt. Wie an den Tagen zuvor, als John ihn beobachtet hatte, schloss Bill den Schuppen ab, steckte den Schlüssel in seine rechte Hosentasche und ging hinüber zu seinem Wagen. Es war ein großer Pick-up, den Bill in endlosen Stunden in seiner Werkstatt in ein chromblitzendes Monster verwandelt hatte. An der hinteren Stoßstange prangte eine Südstaatenflagge. Bevor er einstieg, holte Bill aus der Seitentasche seiner Armeehose eine kleine Bürste, bückte sich nach unten und begann seine Stiefel vom Wüstensand zu reinigen.

Die erste Kugel setzte John genau in die Mitte von Bills massigem Körper. Trotz der fast 800 Meter Entfernung war die Wucht der Kugel so groß, dass der bullige Mann zur Seite gerissen wurde. Es war ein glatter Bauchschuss. Langsam rutschte der Mann zu Boden. John konnte durch sein Zielfernrohr sehen, wie der schmutzig rote Fleck auf Bills T-Shirt immer größer wurde. Bill presste eine Hand auf die Wunde und bemühte sich verzweifelt, die Blutung zu stoppen. Mit der anderen Hand griff er nach der Stoßstange seines Wagens und versuchte sich hochzuziehen.

John spürte keinerlei Mitleid. Emotionslos verfolgte er, wie Bill sich Stück für Stück nach oben zog. Trotz der höllischen Schmerzen, die ihm der Bauchschuss bereiten musste, gelang es ihm, auf die Beine zu kommen. Den Rücken an das Fahrzeug gepresst, schob er sich langsam in Richtung Autotür. Als er den rettenden Türgriff fast erreicht hatte, setzte John den zweiten Schuss – mitten auf die Stirn. Bills Kopf wurde nach hinten gerissen und schlug gegen den Wagen. Sein Blick wurde starr. Blut sickerte aus dem Einschussloch. Langsam sackte er in die Knie und fiel nach vorne. Zweifelsohne war Bill schon tot, bevor sein Körper im Sand aufschlug. Um völlig sicherzugehen, setzte John einen weiteren Kopfschuss.

Er spürte einen eigenartigen Kitzel, als er den Toten im Sand liegen sah. Es verschaffte ihm eine unerwartete Befriedigung. Fünf Minuten später lag das Gewehr sicher im Kofferraum seines Wagens verstaut.

Der erste Schritt war getan.

Kapitel 1

»Kommt ihr klar, oder braucht ihr mich noch?«, fragte Jo und blickte in die Runde.

»Also die schmutzigen Schüsseln könntest du wenigstens noch sauber machen«, antwortete Pedro und duckte sich schnell, als ein nasses Geschirrtuch in seine Richtung geflogen kam. Wenn Not am Mann war, half Jo Weidinger beim Saubermachen, auch wenn es eigentlich nicht zu den Aufgaben eines Küchenchefs gehörte. Der Dienstag war allerdings meistens ein ruhiger Abend, so dass er sich schon früher auf seine Lokalrunde begeben konnte. Es erstaunte Jo immer wieder, wie viel Wert die Gäste darauf legten, dass er persönlich an ihren Tisch kam und ein paar unverbindliche Worte mit ihnen wechselte.

Das »Waidhaus« war der ganze Stolz des jungen Küchenchefs. Seit der Eröffnung des Restaurants vor gut drei Jahren hatte er sich mit seiner kleinen Küchenmannschaft einen erstklassigen Ruf erarbeitet. Das Waidhaus galt im Rheintal inzwischen als Geheimtipp der gehobenen Gastronomie.

Am Ende seiner Lokalrunde landete er, wie immer, am »Jägerstammtisch«. Eigentlich war es gar kein richtiger Stammtisch. Es hatte damit angefangen, dass sich zwei oder drei Jagdkameraden gelegentlich im Waidhaus zum Essen trafen. Mit der Zeit war daraus eine feste Runde geworden, die sich alle drei bis vier Wochen bei ihm traf. Obwohl sie alle deutlich älter als Jo waren, freute er sich jedes Mal darauf, denn die Jäger gaben eine lustige Truppe ab. Zum harten Kern der Runde gehörten Helmut Becker, der eine Schreinerei in Boppard betrieb, Reinfried Persch, dem ein Uhren- und Schmuckladen in St. Goar gehörte, Wilhelm Stützle, der vor knapp dreißig Jahren aus Schwaben an den Rhein gekommen war und sich eine Spenglerei aufgebaut hatte, Dr. Robert Enkmann, der leitende Oberarzt an der Klinik in Oberwesel, Norbert Haller, Apotheker in Bingen, und Rudolf Kern, der Revierförster.

Die Männer hatten bereits zwei Flaschen vom besten Riesling geleert und waren gut gelaunt.

»Schön, dass du kommst«, rief Stützle Jo zu. »Wir haben gerade eine neue Flasche aufgemacht. Da ist auch ein Gläschen für dich drin!«

Jo zögerte, aber es war schon zu spät. Der Spenglermeister hatte ihm bereits ein Glas eingeschenkt. Je länger der Abend dauerte, umso bunter wurden die Geschichten. Eine Anekdote folgte auf die nächste, und es wurde kräftig Jägerlatein gesponnen.

»Sag mal, Rudolf, wie war das noch mal mit dem Pärchen, das du neulich in deinem Revier erwischt hast?«, fragte Helmut Becker den Förster.

»Pärchen? Welches Pärchen?«, antwortete Kern und lächelte verschmitzt.

»Jetzt lass dich doch nicht bitten«, rief Reinfried Persch, der dem halbtrockenen Riesling schon tüchtig zugesprochen hatte.

»Wie ihr wisst, bin ich bei solchen Dingen immer sehr diskret.«

»Klar, wär ich auch«, rief Persch und grinste zweideutig.

»Ich war ja selber mal jung, deswegen mach ich da normalerweise einen großen Bogen drum.«

»Soso, und was war hier anders?«

»Ich komm den Weg von meinem Jagdsitz runter, da hör ich auf einmal ein Stöhnen. Es klang ein wenig wie ein brunftiger Hirsch. Kam mir komisch vor, da wollt ich nach dem Rechten schauen. Ich geh also um die kleine Hecke rum, und auf einmal leuchtet mir ein blanker Hintern entgegen.«

Kern machte eine beschreibende Handbewegung, die so drollig aussah, dass sie alle lachen mussten.

»Ich hab natürlich versucht, mich ganz still und heimlich zurückzuziehen. Dummerweise trete ich genau in dem Moment auf einen morschen Ast. Hui, das hättet ihr sehen müssen. Schnurstracks haben die beiden ihre Klamotten gepackt und sind wie die Wilde Jagd splitterfasernackt an mir vorbeigerauscht«, erklärte der Förster mit todernster Miene, während seine Jagdkameraden und Jo nicht mehr aus dem Lachen herauskamen.

»Apropos Jagd«, meinte Schreinermeister Becker, als sich die Männer wieder einigermaßen beruhigt hatten. »Wolltest du nicht schon lange mal auf eine Jagd mitkommen, Jo?«

»Würd ich gerne«, erwiderte der junge Küchenchef und zuckte bedauernd mit den Schultern. »Aber am Wochenende kann ich unmöglich weg. Da geht’s bei uns im Restaurant immer rund.«

Die Jäger hatten ihn schon öfter eingeladen, bislang hatte sich Jo allerdings erfolgreich gedrückt.

»Hast du nicht immer am Montag Ruhetag?«, wollte Wilhelm Stützle wissen.

Jo nickte.

»Trifft sich doch super, die nächste Jagd findet nämlich zufällig an einem Montag statt«, rief der Spenglermeister und grinste.

»Wann denn genau?«

»In zwei Wochen.«

»Da wollt ich eigentlich nach Wiesbaden zum Einkaufen. Ich muss mir mal wieder ein paar neue Klamotten zulegen«, entgegnete Jo. Auch wenn er regelmäßig Wildbret auf den Tisch brachte, hatte er nicht wirklich Lust, beim Töten der Tiere zuzusehen.

»Papperlapapp. Klamotten kannst du auch wann anders kaufen.«

Stützle schüttelte den Kopf. »Kann doch nicht sein, dass du Chef in einem Restaurant bist, das ›Waidhaus‹ heißt, und noch nie auf einer Jagd warst!«

Die anderen Jäger nickten zustimmend und redeten so lange auf den jungen Küchenchef ein, bis er widerstrebend nachgab.

Die nächsten beiden Wochen vergingen wie im Flug. Philipp, der erste Lehrling, den Jo im Waidhaus ausgebildet hatte, war mit seiner Freundin für eine Woche nach Italien gefahren. Da Jos Küchenmannschaft sehr klein war, machte sich das Fehlen eines Mitarbeiters deutlich bemerkbar, und die anderen mussten noch eine Extra-Schippe drauflegen.

Jo hatte passend zur anstehenden Jagd Wildwochen im Waidhaus angesetzt. Neben den Klassikern wie Hirschbraten und Wildschwein in Rotweinsoße, versuchte er sich an einigen neuen Kreationen wie Hasenragout mit Steinpilz- und Pfifferlinggemüse, Gebratenem Fasan mit Linsen-Vinaigrette sowie, als besonderer Spezialität, Crepinette vom heimischen Rehrücken mit Lebkuchensauce und grünen Spinatspätzle. Die Gerichte kamen bei den Gästen sehr gut an, und das Waidhaus war durchgehend gut gebucht.

Am Tag der Treibjagd holte Rudolf Kern Jo schon früh am Morgen ab. Normalerweise nutzte der junge Küchenchef seinen freien Tag, um auszuschlafen. Unter der Woche kam er kaum je vor ein Uhr nachts ins Bett. Am nächsten Morgen musste er dann meistens schon wieder gegen sieben aufstehen – schließlich war er nicht nur fürs Kochen zuständig, sondern kümmerte sich auch um die Lieferanten, die Servicemannschaft und die kaufmännischen Belange. Noch einigermaßen müde ließ Jo sich auf den kühlen Ledersitz von Kerns Geländewagen fallen. Die Ausstattung des Wagens war spartanisch. Es gab noch nicht mal ein Autoradio – sehr zu Jos Bedauern, denn um richtig wach zu werden, hätte er gut ein paar heiße Beats gebrauchen können. Der fröhliche Begrüßungs-Beller von Kerns Drahthaar-Hündin Diana war dafür nur ein unzureichender Ersatz.

»Na, schon im Jagdfieber?«, fragte Kern und grinste, als er in Jos verschlafenes Gesicht blickte. »Auf dem Rücksitz ist eine Thermoskanne mit heißem Kaffee, da kannst du dich bedienen«, meinte er verständnisvoll und grinste wieder.

Kern hatte Jo, wie die anderen Jäger auch, schon bald das vertrauliche »Du« angeboten. Er war quasi auch Jos Vermieter, denn das Gebäude, in dem der junge Küchenchef sein Restaurant betrieb, gehörte der Forstverwaltung. Jo hatte es auf 99 Jahre Erbpacht erworben. Das »Waidhaus« war ein ehemaliges Forsthaus, das einer von Kerns Vorgängern im 19. Jahrhundert hoch über dem Rhein hatte errichten lassen. Das Haus lag direkt gegenüber der Loreley und bot eine traumhafte Aussicht hinunter auf den Fluss. Der Blick von der Terrasse auf die schroffen Felsen und das sich rheinabwärts weit öffnende Tal war atemberaubend.

Trotz oder vielleicht gerade wegen seiner einzigartigen Lage war das Haus für die Zwecke des Forstbetriebs nicht sonderlich geeignet: Es lag zu weit vom zugehörigen Forstrevier entfernt. Der zuständige Förster hatte sich bei der Errichtung wohl mehr von der damals bereits grassierenden Rheinromantik als von praktischen Erwägungen leiten lassen. Deswegen hatte die Forstverwaltung später ein neues Forsthaus mitten im Revier bauen lassen.

Das Waidhaus war lange Zeit nur noch zu Lagerzwecken genutzt worden. Im Lauf der Zeit verfiel das stattliche Gebäude immer mehr. Versuche, eine alternative Nutzung zu finden, scheiterten regelmäßig an den hohen Kosten für die Sanierung. Das Haus stand unter Denkmalschutz, und die zuständige Behörde bestand auf einer originalgetreuen Wiederherstellung, was viele potentielle Investoren abschreckte.

Als Jo ins Rheintal kam, um ein geeignetes Gebäude für sein Restaurant zu suchen, verliebte er sich auf Anhieb in den wildromantischen Charme des Hauses. Rudolf Kern war ihm bei den Konditionen für die Erbpacht sehr entgegengekommen. Auch beim Holz, das für die Restaurierung benötigt wurde, zeigte sich Kern großzügig.

Jo hatte das alte Fachwerk freilegen lassen und im Inneren auf einen Putz verzichtet, so dass die Natursteinwände den behaglichen Charakter des Hauses noch unterstrichen. Im Erdgeschoss war das Restaurant untergebracht, im ersten Stock wohnte er. Dadurch sparte er sich die morgendliche Anfahrt und konnte ein wenig länger schlafen – ein Vorteil, den Jo sehr zu schätzen wusste.

Die Tasse Kaffee schmeckte so bitter wie das frühe Aufstehen, weckte aber seine Lebensgeister.

»Wie läuft das Ganze eigentlich ab?«, wollte Jo wissen.

»Zuerst treffen sich alle am Sammelplatz. Dort gibt es eine Einweisung für die Jäger und die Treiber. Anschließend fahren wir hinüber zum Jagdrevier.«

»Ich dachte, wir gehen direkt von dort los.«

»Nein, das Revier ist ein paar Kilometer entfernt.«

Als sie am Sammelplatz ankamen, gehörten sie zu Jos Überraschung beileibe nicht zu den Ersten. Zahlreiche Jäger standen bereits in kleinen Grüppchen beieinander, unterhielten sich und tranken heißen Tee oder Kaffee. Obwohl die Sonne die letzten Tage geschienen hatte, war es so früh am Morgen noch empfindlich kalt. Der beginnende Herbst warf seine Schatten voraus.

Jo war froh, dass er unter seine Jacke einen dicken Wollpullover angezogen hatte. Die vielen Hunde beschnüffelten sich und zogen aufgeregt an ihren Leinen. Das Jagdfieber hatte sie schon gepackt. Ab und an gerieten einige der Hunde aneinander und gingen mit wütendem Gebell aufeinander los. Das sorgte wiederum für Aufregung unter ihren Besitzern, die alle Mühe hatten, die Streithähne zu trennen.

Die meisten Jäger trugen braune oder dunkelgrüne Jacken und ließen das Gewehr locker mit dem Lauf nach unten hängen. Jo staunte, was für ein breites Angebot an Jagdausrüstung es gab – es reichte vom olivgrün überzogenen Feldstecher bis hin zum mattglänzenden Flachmann mit eingraviertem Hirschgeweih. Die Treiber waren mit neonfarbenen Warnwesten in Gelb oder Orange ausgestattet, so dass sie wie ein Trupp Straßenarbeiter aussahen.

Nachdem das Gros der Jäger eingetroffen war, spielte eine Gruppe von sechs Jagdhornbläsern ein kurzes Lied. Ihre Instrumente schienen auch noch nicht richtig wach zu sein, denn das Halali war zwar mit Begeisterung geblasen, klang aber ein wenig schräg. Die Bläser ließen sich davon jedoch nicht beirren und brachten ihr Programm mit Inbrunst zu Ende.

Danach trat der Organisator der Jagd, Hubertus Freiherr von Heusenberg, ein Hüne mit buschigen Augenbrauen und einem dunkelgrauen Rauschebart, um den Rübezahl ihn beneidet hätte, vor die Jagdgemeinde.

»Herzlich willkommen zur heutigen Jagd! Wie ich schon in der Einladung angekündigt habe, wollen wir im Revier vor dem Winter ein wenig ausdünnen. Die Wildschweine haben sich im Sommer kräftig vermehrt. Habe deswegen schon einige Beschwerden wegen Wildschaden bekommen.«

»Vielleicht hättest du sie nicht so viel füttern sollen, Hubertus«, meinte ein Jäger unter dem Gelächter der anderen.

»War ein trockener Sommer, da musste ich ein wenig zufüttern«, verteidigte sich der Freiherr. Einige der Männer grinsten. Der Adelige war bekannt dafür, dass er viel Wert auf einen großen Wildbestand in seinem Revier legte.

»Neben den Wildschweinen sind Schmalspießer und Schmalrehe zum Abschuss freigegeben. Aber dass mir keiner auf ein Muttertier oder einen kapitalen Hirsch anlegt!«

»Keine Angst, es schießt dir schon keiner deinen Zwölfender weg«, rief ein älterer Herr in einer braunen Lodenjacke dazwischen.

»Ebenfalls von der Jagd ausgenommen sind Jungtiere bis zu einem Jahr.«

Jo fragte sich, wie man das Alter eines Tieres nur vom Aussehen her bestimmen konnte, aber die Jäger schienen damit kein Problem zu haben.

»Zum Abschluss muss ich nochmals auf ein leidiges Thema zu sprechen kommen. Die Disziplin beim Schießen. Keiner drückt ab, bevor ich das Kommando gegeben habe. Ist das klar? Und wenn ›Feuer einstellen‹ befohlen wird, möchte ich auch keinen einzigen Schuss mehr hören.«

Die Umstehenden nickten zustimmend.

»Auf der einen oder anderen Jagd wird nicht so genau darauf geachtet. Aber in meinem Revier gibt es so etwas nicht! Verstöße werden ohne Ansehen der Person geahndet. Wer sich nicht an die Anweisungen hält, muss sich vorm Jagdgericht verantworten«, warnte der Freiherr und blickte dabei so grimmig in die Runde, dass man meinen konnte, er werde jedes Vergehen eigenhändig mit dem Rohrstock ahnden.

Nach der Jagdeinweisung bliesen die Jagdhörner noch ein weiteres Lied. Jo spürte, wie die Anspannung stieg. Auf der Fahrt zum Jagdrevier nahmen sie noch zwei der Treiber mit. Kern nutzte die Gelegenheit, ihnen noch einmal die Sicherheitsvorschriften zu erläutern. Die beiden jungen Burschen hörten höflich zu, waren aber in Gedanken schon bei der Jagd und tuschelten aufgeregt miteinander.

Im Jagdgebiet angekommen, fand noch eine kurze Einweisung für die Treiber statt, danach brachen die Männer auf, um zu den ihnen zugewiesenen Positionen zu gehen. Rudolf Kern übernahm die Aufgabe des linken Flügelmannes, er war also der letzte Schütze am unteren Ende der Reihe. Die rund vierzig Jäger bildeten eine lose Kette, wobei jeweils zwischen fünf und zehn Meter zwischen den einzelnen Schützen lagen. Von der Stelle, an der die Autos geparkt wurden, ging es in gemächlichem Tempo in Richtung eines kleinen Tals, in das ein heftiger Herbststurm vor einigen Jahren eine breite Schneise geschlagen hatte. Dort sollten die Jäger auf das Wild warten.

Jo ging neben Rudolf Kern, der inzwischen sein Gewehr geladen hatte. Rechts von Jo marschierte ein schlanker, etwa vierzigjähriger Mann, der einen kleinen Brillanten im linken Ohr trug und dessen blondgefärbte Strähnen ihm immer wieder ins Gesicht fielen. Unter seiner geöffneten Jacke blitzte eine schwere Goldkette hervor, die sich deutlich von seinem bronzefarbenen Teint abhob. Aus der Runde der Jäger, die vorwiegend aus gesetzten, älteren Herren bestand, stach er deutlich hervor. Jo fragte sich unwillkürlich, was den Mann wohl in diese Runde geführt haben mochte.

Der Wald war an dieser Stelle sehr dicht. Der junge Küchenchef musste immer wieder Büschen und tief hängenden Ästen ausweichen. Als sie schon fast bei der Schneise angelangt waren, knackte es auf einmal im Gebüsch. Aus dem Unterholz brach ein Wildschwein hervor. Mit atemberaubender Geschwindigkeit schoss das Tier auf Jo zu. Es war ein mächtiger Keiler, dessen Fell schon an verschiedenen Stellen grau zu werden begann. Seine Augen waren blutunterlaufen und die gewaltigen Hauer wie Messer nach vorne gestreckt. Jo war vor Schreck wie gelähmt. Der Keiler stürzte mit rasender Geschwindigkeit auf ihn zu. In seinen Augen stand die blanke Mordlust! Aus den Augenwinkeln sah Jo, wie mehrere Gewehre in seine Richtung schwenkten. Instinktiv stellte er sich auf das Krachen eines Schusses ein. Aber der erlösende Knall blieb aus. Adrenalin durchzuckte seinen Körper. Die bedrohlichen Hauer waren schon fast über ihm. Mit einem beherzten Sprung zur Seite brachte er sich in Sicherheit. Zu seinem Glück landete er in einem Moosbett. Ein Stück weiter vorne hatten sie noch Dornenhecken passiert.

»Alles in Ordnung?«

Jo sah das besorgte Gesicht von Rudolf Kern über sich. Auch einige andere Jäger standen um ihn herum.

»Schon gut«, nuschelte er und rappelte sich auf. »Wieso hat denn keiner geschossen?«, fragte er vorwurfsvoll in die Runde.

»Geschossen wird immer nur nach vorne«, erwiderte einer der Jäger und warf einen abschätzigen Blick auf Jos Jeans und seine Sportjacke, die ihn als Jagdneuling auswiesen.

»Wir wollen ja niemanden verletzen.«

»War ein ziemlicher Brummer. Den hätte eine Kugel sowieso nur gekratzt und erst richtig wütend gemacht«, meinte der Mann mit dem Brillantohrring und lachte. »Das Vieh hätte ich gerne abgeknallt.«

Jo fand die Diskussion etwas deplatziert. Der Keiler hätte ihn schließlich ernsthaft verletzen können.

»Warum hast du nicht versucht, ihn mit bloßen Händen zu fangen?«, fragte Kern und zwinkerte Jo zu, »dann hättest du auch eine Jagdtrophäe mit nach Hause nehmen können. Hätte sich bestimmt gut in deiner Gaststube gemacht.«

Die anderen lachten. In ihren Gesichtern spiegelte sich die Erleichterung darüber wider, dass nichts passiert war. Jo brachte ein schiefes Grinsen zustande. Er klopfte seine Kleidung ab und strich sich durch seine kurzen blonden Haare. Um weiteren Auseinandersetzungen mit wilden Tieren aus dem Weg zu gehen, ließ er sich einige Meter hinter die anderen zurückfallen. Sein Bedarf an Aufregungen war für den heutigen Tag jedenfalls gedeckt. Wenigstens konnte er jetzt auch eine gute Geschichte erzählen, wenn er wieder im Waidhaus am Herd stand.

Die Jäger waren inzwischen an der Schneise angelangt, die sich wie ein breites Flussbett durch den Wald zog. In der Ferne konnte man schon die Rufe und das Lärmen der Treiber hören, die mit Pfeifen und gegeneinander geschlagenen Holzstöcken versuchten, das Wild aufzuscheuchen. Der Mann mit dem Ohrring lud sein Gewehr durch und entsicherte es. Die anderen Jäger brachten sich ebenfalls in Stellung. Das Lärmen der Treiber kam immer näher, und die Spannung war nun fast mit Händen zu greifen. Während Jo gebannt auf den Wald starrte, der im blassen Morgenlicht dunkel vor ihnen lag, tauchte auf einmal, wie aus dem Nichts, ein Hase auf und schlug wilde Haken. Es war unglaublich, wie schnell er über die freie Fläche raste! Fast hatte er es ins rettende Unterholz geschafft, als eine Schrotflinte einen dumpfen Schlag machte. Das Tier wurde an den Hinterläufen zur Seite gerissen, schlug noch einen Haken und fiel dann zu Boden.

Der arme Hase, dachte Jo mitleidig. Als wäre er die Vorhut gewesen, tauchten nun in rascher Folge zwei Wildschweine auf, die mit wütendem Grunzen hervorstürzten, aber mit mehreren Schüssen niedergestreckt wurden. Danach kam ein Muffel, und schließlich brach weiter oben ein Schmalreh aus dem Wald hervor, das mit eleganten Sprüngen auf die Jäger zukam. Alle Augen wandten sich dem Tier zu, und für einen Moment herrschte atemlose Stille, bevor fast zeitgleich mehrere Schüsse krachten. Das Reh wurde getroffen, sprang noch zwei Sätze weiter, stürzte dann und blieb regungslos liegen. Genau in diesem Augenblick wurde der Mann mit dem Ohrring, der direkt in Jos Blickfeld stand, von etwas getroffen. Es sah fast so aus, als habe er einen roten Farbbeutel ins Gesicht bekommen. Sein Kopf wurde zur Seite gerissen, er taumelte und fiel nach vorne zu Boden. Außer Jo schien niemand den Vorfall bemerkt zu haben – alle Augen waren auf das Reh gerichtet. Mit ein paar Schritten war Jo bei dem Mann und beugte sich zu ihm hinunter.

»Haben Sie sich verletzt?«, fragte er den leblos Daliegenden, drehte ihn zur Seite und zuckte zurück, als er ihm ins Gesicht sah. Oder vielmehr in das, was davon übriggeblieben war. Etwas hatte dem Mann den halben Kopf weggerissen. Die Haut hing in Fetzen herunter. Das Blut schoss in Strömen aus dem offenen Schädel und färbte den Waldboden in Sekunden dunkelrot. Jo wurde blass. Er wandte den Blick ab und musste kämpfen, um sich nicht zu übergeben. Statt eines Hilferufs brachte er nur ein Krächzen heraus. Inzwischen waren andere Jäger auf die beiden aufmerksam geworden. Schon waren zwei, drei Männer zur Stelle. Ihre Reaktion war genau dieselbe wie bei Jo – sie zuckten zurück, als wären sie von einer Peitsche getroffen worden. Niemand machte Anstalten, etwas zu unternehmen. Fassungslos starrten sie auf den Toten. Jemand rief laut »Jäger getroffen«. Schlagartig verstummten die Schüsse, die noch vereinzelt abgegeben worden waren. Immer mehr Jagdteilnehmer wurden auf die Tragödie aufmerksam. Bald stand die ganze Jagdgemeinschaft in einem losen Kreis um den Toten herum.

Jo war völlig geschockt. Rudolf Kern nahm ihn beiseite, redete beruhigend auf ihn ein und gab ihm etwas aus einem Flachmann zu trinken. Es brannte in seiner Kehle, aber Jo bemerkte es kaum. Der Anblick des vielen Blutes hatte ihn völlig aus der Bahn geworfen. Die schrecklichen Erinnerungen, die ihn nun schon so lange quälten, waren schlagartig wieder da. Er hatte Mühe, seine Gefühle unter Kontrolle zu bringen.

Ein Arzt, der sich unter den Jägern befand, beugte sich über den Toten, schüttelte aber sofort den Kopf.

Die Polizei rückte an. Über einen Waldweg rollte erst ein, dann zwei, dann eine ganze Reihe von Streifenwagen heran. Nachdem sich die Beamten einen Überblick verschafft hatten, begannen sie, die Stelle, an welcher der Tote lag, mit rot-weißen Plastikbändern abzusperren.

Etwas später traf die Kriminalpolizei ein. Der Hauptkommissar, der die Untersuchung leitete, war noch relativ jung – keine vierzig, schätzte Jo. Er war mittelgroß und schlank, das Haar akkurat gescheitelt. Sein Name lautete Torsten Wenger. Energisch ging er zu Werke. Er gab Anweisung, alle Gewehre und Flinten der Jagdteilnehmer sicherzustellen. Die Jäger murrten zwar, doch es blieb ihnen keine andere Wahl. Einer nach dem anderen musste seine Waffe abgeben. Sie wurde registriert, mit einer Kennung versehen und in ein bereitstehendes Polizeifahrzeug geladen. Mit einiger Verspätung traf der Gerichtsmediziner ein.

»Mein Bedarf an Toten ist für heute eigentlich gedeckt«, sagte Dr. Walter, als er auf den Hauptkommissar zutrat. »Komme gerade von der B9 – Verkehrsunfall. Eine Mutter und ihr zwei Jahre alter Sohn sind ums Leben gekommen. Schlimme Sache. Und was haben Sie Schönes für mich?«

»Schusswunde, wahrscheinlich ein Jagdunfall«, entgegnete Wenger und deutete in Richtung des Toten. »Wäre gut, wenn Sie sich den Leichnam ansehen und uns eine erste Einschätzung geben könnten.«

Dr. Walter nickte und ging hinüber zur Absperrung, wo ein Streifenbeamter bereitwillig das Plastikband hochhob. Das schrecklich entstellte Gesicht schien den Arzt nicht weiter zu berühren. Er öffnete seine schwarze Tasche, die er neben sich auf den Boden gestellt hatte, streifte sich zwei dünne Gummihandschuhe über und begann den Toten vorsichtig zu untersuchen. Nach einigen Minuten war er fertig, stand auf und zog die Handschuhe wieder aus.

»Und?« Der Hauptkommissar blickte ihn gespannt an.

»Eindeutig eine Schussverletzung«, erklärte der Arzt. »Vermutlich ein Querschläger. Hat den Schädel zur Hälfte aufgerissen.«

»Sicher, dass es ein Querschläger war?«, wollte der Kriminalbeamte wissen.

»Was heißt sicher?«, erwiderte Dr. Walter lapidar. »Da ist ziemlich viel Blut und Gehirn, das sich verteilt hat. Man kann nicht sehr viel erkennen. Aber bei der Art der Verletzung gehe ich nicht von einem direkten Einschuss aus, sonst wäre das Gesicht nicht so stark in Mitleidenschaft gezogen worden. Wahrscheinlich war die Kugel verformt und hat quer eingeschlagen. Oder hat jemand eine Elefantenbüchse benutzt?« Martin Wieland, Wengers Stellvertreter, der neben den beiden stand, grinste. Der Hauptkommissar sah ihn missmutig an.

»Bis wann können Sie mit der Autopsie fertig sein?«, fragte er, ohne auf die letzte Bemerkung des Gerichtsmediziners einzugehen. Dieser zuckte mit den Schultern.

»Ich habe noch die zwei Verkehrstoten, um die ich mich kümmern muss. Vielleicht Mitte der Woche …«, brummte er.

»Das ist zu spät«, erklärte Wenger. »Ich brauche spätestens morgen früh ein erstes Ergebnis.«

Dr. Walter warf ihm einen prüfenden Blick zu. Obwohl der Hauptkommissar noch nicht sehr lange in Koblenz war und das Kommissariat 11, das sich um die Tötungsdelikte kümmerte, erst seit einigen Monaten leitete, hatte er schon die Abteilung umorganisiert und sich mit dem halben Polizeipräsidium angelegt.

»Ich versuche mein Möglichstes«, sagte der Arzt und sah sich nach seiner Tasche um. »Aber dann schaffen Sie mir den Toten auch so schnell wie möglich in die Gerichtsmedizin.«

Wenger nickte. Gerade als er eine entsprechende Anweisung geben wollte, trat ein junger Mann auf ihn zu. Er sah ein wenig blass um die Nase aus, wirkte ansonsten aber gefasst.

»Es war kein Querschläger«, sagte er und sah den Hauptkommissar mit festem Blick an. »Der Schuss ist aus der anderen Richtung gekommen.«

Wenger musterte ihn. Der junge Mann war etwa eins achtzig groß und hatte eine sportliche Figur. Der Hauptkommissar schätzte ihn auf Ende zwanzig oder Anfang dreißig. Er schien keiner der Jäger zu sein. Jedenfalls trug er Jeans und Sportschuhe.

»Woher wollen Sie das wissen?«, fragte Wenger. »Haben Sie gesehen, wer geschossen hat?«

Der junge Mann schüttelte den Kopf.

»Wer sind Sie überhaupt – einer der Treiber?«

»Nein, mein Name ist Weidinger, ich bin Koch«, sagte Jo.

»Koch?« Der Hauptkommissar sah ihn überrascht an. »Waren Sie für die Verpflegung zuständig?«

»Nein, ich habe nur als Gast teilgenommen. Einige der Jäger haben mich eingeladen«, antwortete Jo.

»Wie kommen Sie darauf, dass es kein Querschläger gewesen ist?«, hakte Wenger nach.

»Ich hab hinter dem Mann gestanden, als er getroffen wurde. Der Schuss kam nicht von rechts, sondern von der anderen Seite.«

»Von welcher anderen Seite?«

»Na von der, wo überhaupt keine Jäger gestanden haben.«

»Woher wollen Sie das wissen? Sind Sie Ballistikexperte?« Wenger verlor langsam die Geduld.

»Weil ich es gesehen habe«, beharrte Jo.

»Gut, gehen Sie da rüber.« Wenger zeigte in Richtung eines anderen Beamten in Zivil. »Das ist Oberkommissar Wieland, erzählen Sie dem Ihre Geschichte.«

Mit diesen Worten ließ er Jo stehen. Der junge Küchenchef schüttelte den Kopf. Wenn der Schuss aus der anderen Richtung gekommen war, konnte keiner der Jäger dafür verantwortlich sein. Wenn das keine wichtige Information war!

Oberkommissar Wieland nahm Jos Personalien auf und hörte ihm geduldig zu. Als Jo an dem Punkt anlangte, an dem der Mann mit dem Ohrring getroffen wurde, zeigte er sich besonders interessiert.

»Wieso sind Sie sicher, dass es kein Querschläger war?«, wollte er wissen.

»Weil in dem Moment keiner der Jäger geschossen hat.«

»Es sind doch sehr viele Schüsse abgegeben worden«, wandte Wieland ein.

»Ja, schon«, gab Jo zu, »aber ich hatte fast die ganze Schneise im Blick. Da wurde ein Reh getroffen. Danach fiel für einige Sekunden gar kein Schuss. Erst dann hat den Mann etwas getroffen. Kurz davor habe ich ein Geräusch gehört. Es klang aber anders – mehr wie die Fehlzündung bei einem Auto. Es kam auch von weiter weg.«

Wieland musterte ihn skeptisch.

»Aus welcher Richtung?«

Jo dachte nach.

»Schwer zu sagen, es lag irgendwie in der Luft. Mehr so, wie wenn es donnert.«

»Vielleicht war es ein Echo.«

»Nein«, erwiderte Jo bestimmt. »Es war ein ganz anderes Geräusch. Außerdem kam es von links.« Er wusste selbst nicht, wie er es besser beschreiben sollte. »Sein Kopf hat nach rechts gezuckt. Es sah fast so aus, als hätte er einen Ball oder so etwas ins Gesicht bekommen.«

Wieland war unschlüssig. Einerseits klang die Geschichte reichlich verworren, andererseits machte der junge Mann auf ihn einen vernünftigen Eindruck. Vielleicht war die Kugel mehrfach abgeprallt, so dass sie aus einer anderen Richtung zu kommen schien. Wieland hatte in seiner langen Laufbahn als Kriminalbeamter schon merkwürdigere Dinge erlebt. Allerdings blieb noch dieses seltsame Geräusch, das Jo Weidinger gehört haben wollte. Vielleicht hatte er sich aber auch getäuscht. Bei so einem tragischen Ereignis war das keine Seltenheit. Wieland bedankte sich bei dem jungen Küchenchef und versprach ihm, dass sie der Sache nachgehen würden.

Rudolf Kern brachte Jo mit seinem Geländewagen nach Hause. Die ganze Fahrt über hingen die beiden ihren Gedanken nach. Als sie schon fast da waren, durchbrach Jo die Stille.

»Hast du dieses komische Geräusch eigentlich auch gehört?«

»Welches Geräusch?«

»Kurz bevor der Mann getroffen wurde, gab es eine Art Knall. Hörte sich an, wie wenn es donnert. Nur leiser.«

Der Förster schüttelte den Kopf.

»Ich hab auf das Reh geschaut. Ansonsten hab ich nichts mitbekommen.«

»Kanntest du den Mann?«

»Nicht wirklich. Hab ihn bei ein oder zwei anderen Jagden gesehen.«

»Weißt du, wie er heißt?«

»Claudio Renz.«

»Hört sich irgendwie italienisch an.«

»Sah mir nicht wie ein Italiener aus.«

»Ist er hier aus der Gegend?«

»Nein. Wenn ich mich recht erinnere, kam er aus Köln.«

»Wieso geht er denn dann bei uns auf die Jagd?«

Kern zuckte mit den Schultern.

»Wir haben einige, die von weiter her kommen. Nicht jeder hat ein eigenes Revier. Da muss man froh sein, wenn man überhaupt an einer Jagd teilnehmen darf.«

»Wer hat ihn eingeladen?«

»Keine Ahnung. Müsstest du Hubertus fragen, der war der Organisator.«

»Meinst du, er ist ein Freund von ihm?«

»Sonnenstudio und Goldkettchen? Kann mir nicht vorstellen, dass der Freiherr mit so jemand privat verkehrt.«

Am Waidhaus angekommen, verabschiedeten sie sich.

Jo ging hinauf in seine Wohnung und setzte sich in seinen Lieblingssessel, der vor dem großen Fenster im Wohnzimmer stand. Von hier aus konnte er die Schiffe beobachten, die langsam ihre Bahn auf dem Rhein zogen. Der Anblick hatte etwas Beruhigendes und half ihm dabei, sein inneres Gleichgewicht wiederzufinden.

Je mehr er darüber nachdachte, umso überzeugter wurde er, dass hier etwas nicht stimmte. Es waren mindestens zwei oder sogar drei Sekunden vergangen, in denen kein Schuss gefallen war. Erst dann hatte er das ominöse Geräusch gehört, das sich so schwer beschreiben ließ. Unmittelbar danach war Claudio Renz getroffen worden. Jo war überzeugt davon, dass es sich nicht um einen Querschläger handelte.

Wenn jedoch keiner der Jäger den tödlichen Schuss abgegeben hatte, wer war es dann gewesen?

Um sich abzulenken, ging Jo hinüber in seine Küche und machte sich ein paar belegte Brote. An seinen freien Tagen kochte er meistens nicht. Wenn er Hunger verspürte, bereitete er sich nur eine Kleinigkeit zu oder ging auswärts essen.

In seiner Wohnung gab es auch nur eine kleine, spartanisch eingerichtete Küche, deren wichtigstes Gerät die Kaffeemaschine war. Als er sich wieder in seinen Sessel gesetzt hatte und sich über seine Brote hermachen wollte, klingelte das Telefon.

Jo überlegte kurz, ob er den Anrufbeantworter rangehen lassen sollte, hob dann aber doch ab. Es war Klaus Sandner.

»Hallo, Jo. Wie geht es dir?«, wollte er wissen.

»Alles bestens«, erwiderte Jo.

»Echt? Und das, obwohl du gerade wieder über einen Toten gestolpert bist?«

»Woher weißt du das?«, fragte Jo verblüfft.

»Tja, ich bin eben gut informiert!«, meinte der Journalist und lachte.

Klaus Sandner arbeitete als stellvertretender Chefredakteur beim Rheinischen Tagblatt, der wichtigsten Zeitung in der Gegend. Er spielte im selben Schachclub wie Jo und kam mit seiner Frau öfter ins Waidhaus zum Essen.

»Mein Verleger, Dr. Stein, hat dich gesehen. Er hat auch an der Jagd teilgenommen. Leider war er zu weit weg und hat nicht viel mitbekommen. Deswegen dacht ich mir, ich ruf mal an und höre nach, ob du etwas Näheres weißt.«

Jo hatte den Verleger gar nicht bemerkt. Er kannte ihn auch nur flüchtig von ein paar Besuchen im Restaurant.

»Tja, ich fürchte, ich kann dir nicht viel weiterhelfen«, bedauerte er. »Der Mann wurde im Gesicht getroffen, fiel hin und war sofort tot. Kein sehr schöner Anblick.«

»Kann ich mir denken.«

Obwohl Jo die schlimmen Bilder lieber verdrängt hätte, entlockte ihm Sandner nach und nach die ganze Geschichte. Als sie bei der Stelle mit dem geheimnisvollen Geräusch angelangt waren, wurde Sandner hellhörig.

»Und du bist sicher, dass es kein Querschläger war?«, wollte er wissen.

»Absolut. Zwischen dem Einschlag und dem letzten Schuss lagen Minimum ein paar Sekunden.«

»Hm, merkwürdige Sache.«

Jo zuckte ratlos mit den Schultern.

»Wie hieß der Tote noch mal?«, hakte der Journalist nach.

»Claudio Renz.«

»Ich werd mich mal umhören. Vielleicht steckt ja doch mehr als ein Jagdunfall dahinter.«

»Halt mich auf dem Laufenden«, bat Jo.

»Was? Sag bloß, du willst schon wieder Detektiv spielen!«

Vor einiger Zeit war Philipp, Jos Lehrling, unter Mordverdacht geraten und im Gefängnis gelandet. Alle Indizien hatten gegen den jungen Mann gesprochen. Hätte Jo nicht auf eigene Faust ermittelt, wäre der wahre Täter wohl nie überführt worden.

»Nein, bestimmt nicht«, versicherte Jo. »Ich bin nur neugierig.«

»Na dann. Ich meld mich, wenn ich etwas höre.«

Da er weiter nichts tun konnte, wandte sich Jo der Menüplanung für die kommende Woche zu. Die Karte seines Restaurants bestand nur aus rund zwanzig Gerichten – schließlich sollte alles, was bei ihm auf den Tisch kam, frisch sein. Umso wichtiger war deshalb, dass er die Menüvorschläge immer wieder jahreszeitlich variierte. Diese Aufgabe machte ihm sehr viel Spaß, denn dabei konnte er seiner Kreativität freien Lauf lassen und seinen Gästen immer wieder etwas Neues bieten.

Heute fiel es Jo allerdings schwer, sich darauf zu konzentrieren. Der Tote ging ihm nicht aus dem Kopf. Zu gerne hätte er erfahren, was die Autopsie zutage brachte. Denn eines war Jo inzwischen klargeworden: Wenn es sich nicht um einen Jagdunfall handelte, gab es nur eine logische Schlussfolgerung: Mord!