PROLOG

Als Phillip mich zurückgewiesen und damit zur Verliererin der Auswahl gemacht hatte, war mein Selbstwertgefühl auf einem neuen Tiefpunkt angelangt. Auch wenn ich es nur allzu gern zu verdrängen suchte: Ich hatte ihn so sehr geliebt, dass es mich selbst erschreckte. Doch vielleicht rettete es mich im Nachhinein, dass er Charlotte den Vorrang gab. Vielleicht war dies alles Teil einer höheren Bestimmung, Teil eines vorgezeichneten, unausweichlichen Weges?

Rückblickend muss ich trotz der heftigen Gefühle, die diese heraufbeschworenen Erinnerungen in mir auslösen, zugeben, wie viel Glück ich eigentlich hatte. Henry wurde ungeachtet aller widrigen Umstände zu meinem besten Freund und zu einem festen Teil meines Lebens. Ich schäme mich noch immer dafür, dass ich ihn und alle anderen, die um mich bangten, nach meiner Niederlage so viele Wochen zurückgewiesen hatte. Und ich bin dankbar, dass gerade Henry es war, der mich aus dem Strudel meiner Verzweiflung rettete. Er hatte sich in mein Herz geschlichen, ohne dass ich es bemerkte. Und er gehörte zu den wenigen Menschen, denen ich zu jener Zeit vertrauen konnte.

Deshalb war es wirklich ein Wink des Schicksals, dass er an meiner Seite war, als die unbekannten Soldaten den Palast stürmten und der ausgelassenen Feststimmung auf Claires und Fernands Hochzeit ein jähes Ende bereiteten.

Mit diesen verstörenden Bildern vor Augen, komme ich zum Ende meiner Geschichte, einem Ende, das keineswegs so unbeschwert und leicht war, wie unsere Zeit bei der Auswahl, wo wir Kandidatinnen in wunderschönen Kleidern allerlei seltsame Dinge taten. Nein, hier geht es um die Zeit in meinem Leben, die mich endgültig zu dem gemacht hat, was ich heute bin:

Stärker.

Mutiger.

Hoffnungsvoller.

Und auch ein wenig trauriger.

1. KAPITEL

WENN DIR DIE ANGST UNGEAHNTE KRÄFTE VERLEIHT

»Es ist soweit. Wir werden angegriffen. Ich weiß nicht, wie sie es geschafft haben, die Kuppel zu durchbrechen. Doch wir müssen hier auf der Stelle verschwinden!« Henry schob mich grob in einen Raum des Palastes hinein. Dann schloss er hastig die Tür hinter uns und drehte den Schlüssel herum. Sein Gesicht war blass und voller Sorge. Es war nicht von der Hand zu weisen: Er hatte Angst.

»Aber …« Ich wusste nicht, was ich sagen sollte, auch, da ich völlig überfordert war mit diesen Informationen. Das Ganze schien einfach zu entsetzlich, um wahr zu sein.

Doch ich musste gar nichts sagen, Henry verstand mich auch so. Beruhigend legte er seinen Arm um mich. »Ich weiß. Dennoch müssen wir schnell fliehen. Dort vorne ist ein Geheimgang.« Er versuchte mich von der Tür wegzuführen, vor der ich noch immer unentschlossen herumstand. Aber ich wehrte mich gegen ihn und schob seine Hände weg.

»Nein! Wir können sie doch nicht alle zurücklassen. Wir müssen sie warnen! Was ist, wenn sie ihnen …« Meine Stimme brach und ich verstummte voller Angst.

»Ihnen wird nichts geschehen. Phillip weiß, was in solch einem Fall zu tun ist. Das wissen sie alle. Also komm, es ist wirklich Zeit!« Er griff so fest nach meiner Hand, dass ich erschrocken zu ihm aufsah. Was war, wenn er sich irrte und keiner von ihnen wusste, was zu tun war? Doch ich musste ihm vertrauen. Ich hatte keine andere Wahl.

»Wir sollten besser nicht abschließen. Es könnte verdächtig wirken, wenn die Tür zu diesem Raum plötzlich verriegelt ist, obwohl sich doch niemand daran zu schaffen machen sollte«, dachte ich laut und versuchte mich zu beruhigen. Panik würde uns jetzt nichts nützen.

Henry nickte, ließ mich los und setzte meine Überlegung in die Tat um. Lautlos drehte er den Schlüssel im Schloss. Von draußen drangen Schreie und Rufe zu uns herein. Mein Atem beschleunigte sich dramatisch und auch Henrys Gesicht verzerrte sich qualvoll. Er hastete zu einem wuchtigen Bücherregal, drückte in der Leiste daneben auf einen für mich unsichtbaren Knopf, woraufhin eine schmale Klappe aufschwang – gerade einmal so breit, dass sich ein schlanker Mensch hindurchzwängen konnte. »Wir müssen hier wirklich weg«, versuchte er sein Vorgehen noch einmal zu verteidigen. »Es hilft niemandem, wenn wir uns auch noch gefangen nehmen lassen.«

Ich nickte ergeben, raffte mein Kleid zusammen und kletterte durch die schmale Klappe. Dahinter befand sich ein enger, jedoch hoher Gang. Langsam richtete ich mich auf und versuchte mich nicht auf die gähnende Schwärze zu konzentrieren, die vor mir lag. Stattdessen wandte ich mich zu Henry um. Er schob eine Fackel und eine Streichholzschachtel, die er anscheinend gerade aus dem Nichts heraus aufgetrieben hatte, zu mir herüber. »Kannst du das bitte anzünden?«

Schnell griff ich danach, zog zitternd ein Streichholz heraus und entzündete es nach drei Versuchen. Als ich es an die Fackel hielt, fing sie so schnell Feuer, dass ich erschrocken aufkeuchte. Währenddessen zwängte sich Henry zu mir herein.

Ich trat einen Schritt zurück, so dass er die Klappe schließen konnte. Seufzend lehnte er sich für einen Moment dagegen und sein Gesicht leuchtete gespenstisch bleich im Schein der Fackel.

Da waren auf der anderen Seite plötzlich Geräusche zu hören. Irgendwer war dort und ein unbestimmtes Gefühl sagte mir, dass es keiner von uns war. Laut wurden Sachen verschoben, umgeworfen und durchgewühlt.

Henry legte seinen Zeigefinger an die Lippen, bedeutete mir damit, leise zu sein, während wir in unseren Positionen verharrten.

Mit meinem Kinn nickte ich in Richtung Gang, doch Henry schüttelte langsam den Kopf. »Nein«, hauchte er fast lautlos. »Wir dürfen kein Risiko eingehen, dass sie uns hören. Wir warten, bis sie weg sind.«

Ein Keuchen wollte mir entweichen, als die Geräusche plötzlich ganz in unserer Nähe, direkt hinter der Klappe, waren. Ich schluckte und presste mir meine freie Hand auf die Lippen. Dabei fragte ich mich, ob Henry ebenfalls meinen wild galoppierenden Herzschlag hören konnte.

Was war, wenn uns jemand auf die Schliche kam und den versteckten Mechanismus entdeckte?

Doch nichts dergleichen geschah. Als eine unheimliche Stille hinter der Klappe einsetzte und einige Zeit lang anhielt, regte Henry sich wieder. Er öffnete leise die Öffnung und lugte vorsichtig hindurch. Der Raum dahinter war stockdunkel. Sofort schloss er die Klappe wieder. Mein Blick fiel unversehens auf mehrere robuste Schlösser, die im Inneren des Geheimgangs neben der Öffnung angebracht waren. Weshalb waren sie mir vorher nicht aufgefallen?

Henry war meinen Augen gefolgt. »Eigentlich sollte ich diese spätestens jetzt verriegeln, doch ich bringe es einfach nicht übers Herz«, flüsterte er und stand langsam auf. »Vielleicht kann einer der anderen doch noch entkommen und dann …« Er vollendete den Satz nicht, sondern schob sich stattdessen an mir vorbei, weshalb ich mich an die mit alten Spinnennetzen bedeckte Wand drücken musste. Nicht nur die Federn in meinen Haaren verfingen sich darin. Mit ruckartigen Bewegungen löste ich sie und mit ihnen die unzähligen Spangen, die meine Frisur so kunstvoll gehalten hatten. Sofort spürte ich, wie meine Haare in langen Locken auf meine Schultern fielen.

»Ich gehe vor. Gibst du mir die Fackel?« Henry streckte mir auffordernd die Hand entgegen.

Ich tat wie geheißen und folgte ihm, als er sich nun umwandte und unverzüglich losmarschierte. Die Fackel erhellte nur wenige Meter vor und nach uns. Ansonsten lag alles in völliger Dunkelheit.

Ich unterdrückte einen Schauer und versuchte die übermächtige Angst zu bezwingen, die in mir aufsteigen wollte. Jetzt war nicht die richtige Zeit, um durchzudrehen. Was auch immer gerade im Palast passierte: Wir würden es nicht aufhalten können.

Lange Zeit hasteten wir schweigend durch die Düsternis, versunken in sorgenvollen Gedanken. Meine Füße schmerzten höllisch, weshalb ich meine hohen Schuhe irgendwann auszog und uns Frauen dafür verfluchte, wie oberflächlich wir doch eigentlich waren.

Irgendwann gelangten wir an eine Weggabelung und folgten der rechten Abbiegung. Noch immer war es dunkel, doch ein beißender Gestank hüllte uns langsam, aber sicher ein. »Henry, wo gehen wir hin?«

»Raus«, antwortete er knapp und beschleunigte sein Tempo sogar noch.

»Wohin raus?« Ein fieses Stechen in meiner Seite ließ mich aufkeuchen.

»Raus aus der Kuppel. Nach draußen in ein Versteck.«

Erschrocken stolperte ich und torkelte gegen die Wand. »Was?!«

Doch Henry lief unbeirrt weiter und schon nach kurzer Zeit verschwand das Licht und ich blieb in der Schwärze des Ganges zurück.

»Tanya, alles in Ordnung mit dir?« Henrys Schritte verstummten, als würde er stehenbleiben.

Ich rappelte mich auf und ging langsam auf ihn zu, hinein in das Licht der Fackel. »Wir gehen wirklich raus? Aber ist das überhaupt sicher? Werden wir nicht sterben?«

Wir standen nun wieder direkt voreinander. Henry nahm zögerlich meine Hand und rieb mit seinem Daumen über meine Handinnenfläche. »Nein. Es ist sicher da draußen. Du kannst dir vielleicht denken, dass auch die Verstrahlung eine Lüge war.« Er seufzte leise. »Von dort aus können wir planen, wie es weitergeht.«

Ich nickte noch immer mechanisch, als er sich schon längst wieder umgedreht hatte und mich nun sanft hinter sich herzog.

Meine bloßen Füße schmerzten von dem unebenen Boden aus Stein, doch meine Schuhe konnte und wollte ich hier nicht tragen. Loslassen wollte ich sie paradoxerweise jedoch auch nicht. Fest krallte ich meine Finger in sie hinein, hielt mich an ihnen fest.

Irgendwann wurde Henry langsamer, bis er schließlich ganz stoppte. Jetzt, da vor allem die Schrittgeräusche seiner Stiefel nicht mehr alles überdeckten, vernahm ich ein leises Rauschen von Wasser – von stinkendem Wasser. Wir waren ihm jetzt so nah, dass ich die Feuchtigkeit auf meiner Haut spüren konnte, die sich überall um uns herum festzusetzen schien. Erst als Henry zur Seite trat, konnte ich sehen, was es war: ein Abwasserkanal voller Fäkalien, der ungefähr halb so breit schien wie unser Tunnel und quer unter uns verlief. Und noch etwas wurde mir schlagartig klar: Wir waren in einer Sackgasse und es gab nur diesen einen Weg.

»Da müssen wir rein«, sagte Henry wie aufs Stichwort und blickte mich eindringlich an. »Ich gehe zuerst. Dann helfe ich dir hinunter. In der Zwischenzeit musst du aber die Fackel festhalten«, erklärte er sachlich, als wäre es das Normalste auf der Welt.

»Ernsthaft?« Ich zog meine Augenbrauen hoch und verzog meinen Mund.

»Ja.« Mehr sagte er nicht, sondern drückte mir nur stumm die Fackel in die Hand. Dann setzte er sich auch schon an den Rand, um sich hinunter zu hangeln. Ein platschendes Geräusch verriet, dass er im Abwasser gelandet war. Es reichte ihm bis zu den Knien.

»Und jetzt bist du dran.« Er winkte mir aufmunternd zu.

Ich atmete tief durch, setzte mich ebenfalls an den Rand und hielt die Fackel mit einer Hand fest umklammert. Dann beugte ich mich langsam vor und streckte Henry meine freie Hand entgegen, um sie auf seine Schulter zu legen. Seine Hände legten sich um meine Taille und hoben mich hinunter. Als meine nackten Füße und Sekundenbruchteile später mein Kleid ins Wasser tauchten, unterdrückte ich nur mit Mühe ein Würgen – was nicht nur am widerlichen Gestank, sondern auch an den undefinierbaren glibbrigen »Inhalten« lag.

Aber Henry ließ mir kaum Zeit, mich zu sammeln. Er nahm mir die Fackel wieder ab, umfasste mich mit dem anderen Arm und watete dann entschlossen den Kanal hinunter. Ich spürte, wie mein Kleid immer schwerer wurde, doch kämpfte gegen die zunehmende Trägheit an, und konzentrierte mich ganz auf das, was vor uns lag.

So schnell wir konnten, kämpften wir uns durch das dickflüssige Wasser. Der Gestank war beinahe unerträglich, doch wenigstens lenkte er mich von meiner kalten Angst ab, die mein Herz zum Rasen brachte und meine Beine schwach werden ließ. Meine Zähne schlugen vor Kälte und Grausen laut aufeinander.

***

Ich konnte nicht sagen, wie lange wir liefen, und auch nicht, wohin, doch ich wusste, dass ich bei Henry sicher war. Er schien den Weg genau zu kennen.

Nach einiger Zeit, es fühlte sich an, als wären Stunden vergangen, spürte ich, wie mein Magen sich meldete. Wir waren auf der Flucht und ich bekam Hunger! Dazu noch in einem stinkenden Abwasserkanal … Fest presste ich meine Hände gegen den Bauch und versuchte mich selbst zu beruhigen. Was auch immer unser Ziel war: Es war zweifelsohne sicherer dort als zurzeit im Palast.

Wir passierten einige Rohre, aus denen weitere Fäkalien angespült wurden. An diesen Stellen wurde das Abwasser aufgewirbelt und reichte mir fast bis zur Taille. Immer wieder drängte ich die Übelkeit mühsam zurück und versuchte mich nicht zu übergeben. Henrys Schritte hingegen wurden nicht einmal langsamer oder zögerlicher, er führte mich unbeirrt mit sich. Obwohl wir schon so lange unterwegs waren und ich spürte, wie die Erschöpfung unbarmherzig ihren Tribut forderte, war er voller Energie. Der geborene Wächter.

»Wir sind gleich da«, murmelte er auf einmal. Gleichzeitig ließ er die Fackel fallen, die zischend in den braunen Fluten erlosch.

Ich schaute auf und verspürte zunächst eine ungemeine Erleichterung. Fades Licht begrüßte uns am Ende des Kanals. Wie froh war ich, endlich aus dem stinkenden Tunnelsystem herauszukommen. Doch sofort übermannte mich eine neuerliche Furcht. Was würde mich nun erwarten? Auch wenn mir Henry versichert hatte, dass uns dort draußen keine gesundheitliche Gefahr drohte, konnte ich meine tiefsitzende Angst nicht so einfach unterdrücken. Schließlich war ich in dem Glauben groß geworden, dass man außerhalb der Kuppel sofort sterben würde – die Lüge, auf der mein gesamtes Dasein fußte. Was war, wenn es alles stimmte, und wir nach dem ersten Atemzug tot umfielen? Und was war, wenn dem nicht so war?

Henry schien meine Unsicherheit zu spüren und zog mich fest an sich, was unterstrichen wurde durch ein bezauberndes Lächeln. »Es ist ungefährlich dort draußen. Du kannst mir vertrauen.«

Eng umschlungen – zumindest so eng, wie es das Abwasser zuließ – wateten wir dem Ausgang entgegen. Als wir ihn erreicht hatten, hielten wir noch einmal kurz inne. Ein tiefer Seufzer entwich meiner Kehle. Bevor ich es mir anders überlegen konnte, kletterte ich hinter Henry eine kleine, schmutzige Böschung hinauf.

Ich schloss meine Augen und atmete tief durch, als ich spürte, wie meine nackten, geschundenen Füße auf weichen Rasen trafen, und eine wahnsinnige Erleichterung durchflutete mich. Hier war die Luft ungleich besser als im Tunnel und trotz der nächtlichen Stunde war es um uns herum überraschend hell. Der Mond strahlte aus voller Kraft und die funkelnden Sterne leuchteten mit ihm um die Wette.

Ich drehte mich um und erkannte, dass das Rohr, aus dem wir gekommen waren, in eine flache Hügelkette eingebettet war. Die Kuppel selbst war nicht mehr zu sehen – ein Umstand, der mich sehr verwirrte. Waren wir nicht damals, bei unserem spätabendlichen Ausflug zur Kuppel, unendlich lange mit der Kutsche gefahren? Wir mussten demnach an einer vollkommen anderen Stelle die Grenze Viterras unterwandert haben.

Ich fröstelte augenblicklich und schlang meine Arme um mich. Hier war es kalt. Schrecklich kalt. Noch nie in meinem Leben hatte ich so gefroren.

»Es tut mir leid, aber wir müssen jetzt weiter, bevor uns noch jemand entdeckt.« Henry war von hinten an mich herangetreten und hatte die Hände auf meine Schultern gelegt. Die Besorgnis war deutlich aus seiner Stimme herauszuhören.

Mein Magen verkrampfte sich. »Wo müssen wir lang?«

»Erst einmal dem Mond entgegen.« Er setzte sich in Bewegung, seine Hand hielt meine fest umklammert.

»Meinst du, wir sehen sie jemals wieder?«, flüsterte ich leise.

Anstatt zu antworten, zuckte er nur mit seinen Schultern und sah stur geradeaus. Doch die tiefe Falte auf seiner Stirn bewies, was für Sorgen er sich machte.

Ich nickte, als würde ich verstehen, und drückte schnell seine Hand. Eine kleine Geste. Doch sie ließ für einen kurzen Moment seine Mundwinkel zucken und die Ahnung eines Lächelns entstehen.

***

Schweigend eilten wir durch die karge Landschaft. Das trockene Gras bohrte sich in meine nackten Füße und ließ mich leise leiden. Doch der Schmerz in meinen Füßen war beruhigend im Gegensatz zu dem beklemmenden Gefühl in meinem Herzen.

Mit meiner freien Hand zog ich mein langes Kleid hoch, damit ich nicht darüber stolperte. Da erst fiel mir auf, dass ich meine Schuhe gar nicht mehr festhielt. Ich musste sie im Kanal verloren haben. Wann und wo konnte ich nicht sagen, es war mir in diesem Moment aber auch herzlich egal.

Der vollgesogene Stoff meines Kleides lag schwer auf meiner Haut, jedweder Dreck hatte sich darin verfangen. Kurz musste ich an Claire denken und was sie wohl zu diesem Anblick sagen würde, doch der Stich in meiner Brust, den ich beim Gedanken an den ungewissen Verbleib meiner Freunde empfand, schnürte mir fast die Luft ab. Vergebens versuchte ich die aufsteigenden Tränen zu unterdrücken. Sie bahnten sich ihren Weg als schmutziges Rinnsal meine Wangen hinunter.

Henry lief zielsicher neben mir her, hielt meine Hand jedoch fest umklammert. Meine Finger und natürlich meine bloßen Füße wurden durch die Kälte langsam taub. Bald fühlte es sich so an, als würden Tausende von Nadeln sie durchstechen. Mein Hals brannte rau und ein trockener Husten wollte ihm entweichen. Ich räusperte mich immer wieder und versuchte so den Hustenreiz zu unterdrücken.

Die Kälte ließ meinen Atem in der Luft sichtbar werden. Wie Rauch drang er aus meinem Mund. Noch nie zuvor hatte ich etwas Derartiges gesehen.

Als es am Horizont heller wurde und wir nur mehr krochen als gingen, wurde Henry auf einmal langsamer. »Dahinten ist es. Wir sind gleich da.«

Meine Augen folgten seinem ausgestreckten Finger. Doch dort war nichts.

»Ähm?«, machte ich wenig einfallsreich, völlig erschöpft und wirklich nicht mehr in der Lage, ordentliche Sätze zu bilden.

»Du wirst es gleich sehen. Das Haus wird von einer Art unsichtbarem Schutzschild verborgen, eine Technik aus dieser Welt, die es schon seit einigen Jahren gibt«, erklärte Henry geduldig.

Wir liefen noch eine ganze Weile, bis ich ein Flimmern wahrnahm. Ich blinzelte angestrengt und bildete mir nun tatsächlich ein, ein kleines Häuschen zu sehen. Doch sicher war ich mir da nicht. Es war eher wie eine Fata Morgana, die schnell wieder verschwand. Doch je näher wir ihr kamen, umso mehr nahm ich ein Geräusch wahr: ein seltsames Surren, das immer lauter wurde.

»Jetzt nicht erschrecken«, meinte Henry nur und plötzlich war mir, als würden wir durch etwas Elektrisches hindurch gehen. Dann tauchte wie von Zauberhand wirklich und wahrhaftig ein Haus vor uns auf. Ein ganz normales, kleines Haus.

»Das kann doch nicht …« Ich verstummte, vollkommen fassungslos.

Henrys leises Lachen klang ebenso erschöpft, wie ich mich fühlte. »Es ist wie Magie, ich weiß. Aber es ist nur ausgeklügelte Technik.« Er nahm meine Hand und drückte sie fest. »Hab keine Angst. Hier sind wir in Sicherheit. Bald können wir uns ausruhen.«

Doch seine Worte erreichten meine durchfrorenen Glieder nicht. Als wir endlich ankamen, zitterte ich unkontrolliert und hörte dem Klappern meiner Zähne zu, während Henry an die Tür der Behausung klopfte.

Es dauerte einen Augenblick, bis wir Geräusche im Inneren vernehmen konnten. Als schließlich die Tür aufflog, stand ein Herr mittleren Alters vor uns. Er sah uns ebenso erschrocken an, wie wir ihn.

»König Alexander …«, hauchte ich ungläubig und schlug mir meine eiskalten Finger vor die aufgerissenen Lippen.

»Das wüsste ich aber«, schnaubte der Mann empört, trat dann jedoch zur Seite. »Kommt rein.«

Ohne zu zögern, ging Henry an ihm vorbei. Ich hingegen verharrte paralysiert an Ort und Stelle. Henry bemerkte mein Stocken, schüttelte lächelnd seinen Kopf und griff nach meiner Hand, um mich mit ins Haus zu ziehen. Ich ließ es geschehen, meine Augen blieben allerdings am Gesicht des Mannes hängen, der in der Tat genauso aussah wie unser König.

Erst als Henry mich weiter in eine Küche hineinbugsierte und ich dadurch den Sichtkontakt verlor, blinzelte ich mehrmals und blickte meinen Freund verwirrt an. »Wer ist das? Er sieht genauso aus wie …«

»…der tolle König Alexander«, beendete der angeblich Unbekannte meinen Satz. »Was eigentlich nicht verwunderlich ist. Schließlich bin ich Grigori, sein kleiner Bruder«, erklärte er und kam durch die Tür.

Ich starrte das Ebenbild unseres Königs an und entdeckte winzige Unterschiede. Grigori schien tatsächlich etwas jünger als unser König zu sein, vielleicht zwei, drei Jahre. Seine ein wenig dunklere Haut verriet, dass er viel Zeit im Freien verbrachte. Und auch seine Statur war deutlich breiter, glich der eines Arbeiters.

Ohne uns anzusehen, stellte er sich an die Arbeitsplatte, füllte Wasser in ein elektrisches Gerät und drückte einen Knopf. Es erklang ein zischendes Geräusch und schon bald hörte ich das Wasser darin brodeln. Währenddessen holte er drei Tassen aus einem Schrank und dazu noch Teebeutel. Henry dirigierte mich derweil sanft, aber bestimmt auf einen Stuhl am Esstisch. Bunt gehäkelte Vorhänge verzierten die breite Fensterfront daneben.

»Sie sind also der Bruder?«, stieß ich hervor und rieb dabei meine Finger, die unangenehm zu kribbeln begannen, genauso wie meine Zehen. Ich schaute verstohlen unter den Tisch und betrachtete sie. Sie wirkten unnatürlich hell, getrocknetes Blut klebte an ihnen.

Henry folgte meinem Blick und verkrampfte sich neben mir. »Wieso sagst du mir denn nichts? Wo sind deine Schuhe?«

Stirnrunzelnd schaute ich zu ihm auf. Dachte er ernsthaft, ich hätte die ganze Strecke ungehindert in hochhakigen Schuhen zurücklegen können? »Im Tunnel habe ich sie ausgezogen. Dann muss ich sie irgendwann verloren haben. Ich weiß nicht …«, murmelte ich, während meine Stimme zu einem entkräfteten Gähnen wurde.

In diesem Moment kam Grigori zum Tisch, stellte drei dampfende Tassen darauf und wich sofort wieder vor uns zurück.

»Oh, ihr stinkt ja fürchterlich! Seid ihr über die Abwasserrohre gekommen?« Angewidert verzog er seinen Mund und hielt sich die Nase zu.

Als Henry nickte, schüttelte er nur seinen Kopf und schnaufte. »Bitte folgt mir. So kann ich euch doch hier nicht sitzen lassen. Oben finden wir schon was für euch.« Ohne auf uns zu warten, drehte er sich um und ging in den Flur, wo er eine breite Treppe hochstieg.

Henry grinste mich schief an und reichte mir seine Hand, um mich hochzuziehen. Gemeinsam gingen wir hinter Grigori her.

Er steuerte ein Zimmer an, das sich alsbald als begehbare Ankleide entpuppte. Dort öffnete er einen Schrank und hievte eine Kiste heraus. »Hier, die Sachen darinnen sollten euch passen. Sucht euch einfach etwas aus. Doch wahrscheinlich wäre es besser, wenn ihr zuvor kurz unter die Dusche springt und euch aufwärmt. Ich warte unten auf euch. Nehmt euch einfach Handtücher aus den Schränken.« Damit drehte er sich wieder um und ließ uns allein.

Henry entwich ein heiseres Lachen, bevor er zum Karton hinüberging und Sachen für uns heraussuchte. Lächelnd warf er mir etwas zu und ich fing es ungelenk auf, immer noch in einer Art Schockstarre gefangen. Danach führte er mich zurück in den Flur, drückte eine Tür auf und schob mich sachte hinein. »Hier kannst du dich fertig machen. Ich werde in das Bad unten gehen. Komm einfach in die Küche, wenn du soweit bist. Dann werde ich dir alles in Ruhe erklären.«

Völlig verwirrt sah ich zu ihm hoch. Tränen brannten in meinen Augen, obwohl ich nicht einmal genau wusste, weshalb eigentlich.

Henry schaute mich mitleidig und voller Liebe an und drückte mich dann fest an sich. »Es wird alles wieder gut. Hier sind wir in Sicherheit. Vertraust du mir?«

Ich nickte langsam an seiner Brust, gewärmt von seiner Berührung.

»Gut. Ich vertraue dir nämlich auch. Wir müssen uns blind aufeinander verlassen können, um das hier gemeinsam durchzustehen. Und im Moment können wir uns auch auf Grigori verlassen, das kannst du mir glauben. Jetzt solltest du dich aber schnellstens aufwärmen und dann werden wir erst einmal etwas essen.« Er strich mir sanft eine Strähne aus meinem Gesicht.

Mühevoll rang ich mir ein Lächeln ab und nickte erneut stumm, aus Angst, meine Stimme könnte zittern und damit meine innere Zerrissenheit preisgeben.

Als wir uns voneinander lösten, schenkte Henry mir noch einen aufmunternden Blick, bevor er die Badezimmertür hinter sich schloss. Sofort begannen meine Hände unkontrolliert zu zittern. Unter größter Kraftanstrengung zog ich mich aus und versuchte dabei den unmenschlichen Gestank zu ignorieren, der meinem nun ruinierten, in Fetzen hängenden Kleid anhaftete. Es war ein trauriger Anblick, als ich es auf den Boden gleiten ließ und dabei wusste, dass ich es nie wieder würde tragen können.

Als ich unter die Dusche stieg und warmes Wasser auf mich herabregnen ließ, wanderten meine Gedanken unaufhörlich zu Claire und Fernand. Tränen rannen genauso schnell über mein Gesicht, wie die Wasserperlen an mir herunterliefen. Ausgerechnet an dem Tag, der der schönste ihres Lebens sein sollte, wurde der Palast angegriffen. Ich wollte mir überhaupt nicht ausmalen, was ihnen widerfahren sein könnte. Verzweifelt verschränkte ich meine Finger ineinander und betete dafür, dass Henry Recht hatte, betete dafür, dass ihnen nichts geschah, und sie wirklich wussten, was zu tun war.

Aber was war mit meiner Familie? Mit Katja und Markus, Tante Danielle und Onkel Victor? Sie waren sicher vollkommen aufgelöst und hilflos.

Ich erbebte bei dem Gedanken daran, dass ich sie alle vielleicht nie wiedersehen würde.

Hastig wusch ich mich mit der cremigen Seife und machte mich so schnell ich konnte fertig. Jetzt war nicht die Zeit zum Weinen, jetzt war die Zeit für Fragen.

Ich zog mir die zu großen Sachen über, versuchte dabei das Zittern meiner Hände wieder unter Kontrolle zu bringen. Vergebens.

Resigniert flocht ich meine Haare in den Nacken und ging hinunter.

2. KAPITEL

NEUE GESICHTER, ALTE ERINNERUNGEN, TRAURIGE WAHRHEITEN

Henry stand bereits am Herd und bereitete Frühstück vor, ganz so, als wäre er hier zu Hause. Grigori hingegen war nirgends zu sehen. Ich stellte mich neben Henry und atmete tief durch. So viele Fragen und doch schien mein Kopf wie leergefegt.

»Wie geht es dir?« Henry schaute mich nicht an, doch ich spürte, wie er auf jede meiner Bewegungen achtete.

Ich verschränkte meine Finger ineinander, um ihr anhaltendes Zittern zu verbergen. »Ich fühle mich sauber. Und ich habe Angst.«

»Wahrscheinlich habe ich genauso große Angst wie du. Weißt du, vor Monaten, als die Angriffe begannen, haben wir Kontakt zu der Außenwelt gesucht. Zu Grigori, um genau zu sein. Wir haben einen Fluchtplan erstellt. Nur der engste Kreis um die königliche Familie weiß davon. Schon seit den Anfängen Viterras gab es diese Geheimgänge und ihr Zweck bestand tatsächlich darin, bei Gefahr so schnell wie möglich fliehen zu können.«

»Aber wie kommt es dann, dass noch niemand hier bei uns ist? Meinst du, die anderen konnten auch fliehen?«, fragte ich leise, obwohl ich doch eigentlich schon wusste, wie seine Antwort lauten würde.

Henry schüttelte traurig den Kopf. »Nein. Aber das ist gewissermaßen auch Teil unseres Fluchtplans. Diejenigen, die es nicht rechtzeitig hinausschaffen, sollten sich kampflos ergeben, um unsere Feinde nicht noch mehr anzustacheln.« Er seufzte, bevor er weitersprach. »Wir konnten auch nur entkommen, weil wir schlicht und ergreifend Glück hatten. Wären wir noch auf der Tanzfläche gewesen, dann …« Er beendete den Satz nicht.

»Und was ist mit meiner Familie, mit Katja und Markus? Werden sie jetzt auch angegriffen und gefangen genommen? Sie wissen doch nicht, was sie machen sollen. Was ist mit all den Familien Viterras, die jetzt Angst haben und nicht begreifen können, was gerade mit unserem Königreich geschieht?« Ich fuhr mir hektisch über mein Gesicht und spürte jähe Panik in mir aufsteigen.

»Denen passiert im Moment sicher nichts.« Ich zuckte erschrocken zusammen, da Grigori anstelle von Henry antwortete. Er war unbemerkt hinter uns getreten. »Es ist einzig und allein der Palast betroffen«, fuhr er fort. »Und was eure tollen Geheimhänge betrifft: Nur weil sie diese gefunden haben, konnten sie unbemerkt zu euch vordringen. Das bedeutet, sie nehmen zunächst nur den Palast ein, der Rest wird dann nach und nach besetzt.«

Der Rest?! Grigoris Worte waren alles andere als eine Beruhigung. »Woher wissen Sie das alles?«, fragte ich unsicher, auch da ich bemerkte, wie Henry seinen Kiefer anspannte.

»Es läuft seit Tagen im Fernsehen. Sie berichten rund um die Uhr darüber. Nach dem Frühstück könnt ihr euch das gerne ansehen. Dann läuft eine Sondersendung.« Grigori deckte den Tisch und ließ sich dann schwerfällig auf einen Stuhl sinken.

Ich warf einen vorsichtigen Blick zu Henry, doch er schien mit seinen Gedanken ganz weit weg zu sein.

»Setz dich und trink etwas«, forderte mich Grigori eindringlich auf.

Da ich nicht unhöflich sein wollte, nahm ich ihm gegenüber Platz, umklammerte meine Tasse Tee und nippte daran. Der Tee war nur noch lauwarm, doch er schmeckte nach frischer Kamille. Zwischenzeitlich stellte Henry Rührei und Speck auf den Tisch. Es war mehr, als wir zu dritt jemals essen könnten. Doch gerade als ich ihn fragen wollte, ob er wirklich so viel Hunger hatte, erschienen zwei weitere Personen in der Tür. Kurzzeitig flammte die Hoffnung in mir auf, bekannte Gesichter zu sehen, doch als ich mich ganz zur Tür drehte, entdeckte ich nur zwei Fremde, die uns interessiert musterten.

Henry stellte uns vor. »Das ist Tatyana und ich bin Henry.«

»Ja, wir kennen euch. Ich bin Grigoris Sohn Valentin. Und das ist meine Verlobte Ewa.« Der große junge Mann mit pechschwarzen Haaren und einer markanten Narbe am Kinn lächelte breit.

Ewa streckte mir ihre Hand entgegen und nickte fröhlich. Langsam stand ich auf, um ihre Begrüßung zu erwidern. Als ich meine Hand wieder zurückziehen wollte, zog sie mich jedoch an sich heran und drückte mich fest. »Endlich eine andere Frau. Ich hatte schon Angst, verrückt zu werden bei diesen ganzen männlichen Hormonen, die in der Luft herumfliegen.«

»Äh …?« Ich runzelte verwirrt meine Stirn und schien ziemlich mitgenommen auszusehen, weil Henry mich schnell von ihr wegzog, und seinen Arm um meine Schulter legte, als würde er mich beschützen wollen.

»Bitte vergebt uns, wenn wir ein wenig so wirken, als hätten wir die ganze Nacht nicht geschlafen. Das haben wir nämlich auch nicht. Um ganz genau zu sein, kommen wir aus dem Königreich. Es wurde heute Nacht angegriffen«, erklärte er ruhig und bugsierte mich zurück auf den Stuhl.

Ewa und Valentin wirkten jedoch nicht überrascht von dem Angriff. Sie wechselten vielsagende Blicke mit Grigori und setzten sich dann zu uns an den Tisch.

Henry stellte einen Teller vor mich hin und ich begann langsam zu essen. Hatte ich zuvor großen Hunger verspürt, war da jetzt nur noch ein dicker Knoten in meinem Magen. Ich kaute lange auf einem Bissen herum und merkte, wie ich immer müder wurde, je länger wir am Tisch saßen.

»Vielleicht solltet ihr euch erst einmal ausruhen«, schlug Ewa, der meine Erschöpfung nicht entgangen war, vorsichtig vor und schaute fragend zu ihrem Verlobten hinüber.

Doch ich schüttelte energisch meinen Kopf. »Ich will diese Übertragung über den Angriff sehen. Bitte.«

»Aber …«, versuchte es Ewa erneut, doch Valentin legte seine Hand auf ihre und ließ sie damit verstummen.

»Wir sollten sie nicht unnötig von der Wahrheit fernhalten, erfahren muss sie es ja ohnehin. Alles Weitere können wir dann noch besprechen.«

Ewa verzog skeptisch ihre Lippen, erwiderte jedoch nichts, sondern seufzte nur leise. Sie schien mehr oder minder einverstanden zu sein.

Nachdem das Frühstück beendet war, gingen wir alle in das Wohnzimmer nebenan und quetschten uns auf das Sofa, welches eigentlich nur für drei Personen gedacht war. Allein Grigori setzte sich in einen alten Sessel, der unter seinem Gewicht bedenklich ächzte. Henry zog mich ganz nah an sich heran, trotzdem berührten sich Ewas und meine Beine.

Valentin nahm eine Fernsteuerung in die Hand und schaltete damit den Fernseher ein. Ich beobachtete alles gebannt. Natürlich gab es auch in Viterra Fernsehgeräte, doch keineswegs in jedem Haushalt. Meine Tante hatte sich immer gegen so einen »sinnfreien Schnickschnack« gewehrt, wie sie es in ihrer unnachahmlich charmanten Art auszudrücken pflegte. Und das Gerät, das sich nun erhellte, hatte nichts mit den windigen, kleinen Kisten gemein, die ich sonst kannte. Es war riesig und beängstigend flach, dem Fernseher nicht unähnlich, der im Medienzimmer des Palastes stand.

Nach einem kurzen Flimmern war ein Bild zu sehen. Während Valentin umschaltete, registrierte ich fassungslos, dass es für ihn völlig normal war, eine Dokumentation über einen derzeitigen Krieg in Europa einfach so wegzuschalten. Hallo? Europa? Bis vor kurzem dachte ich, dass dort nur noch Wüste wäre …

Anscheinend hatte Valentin nun den richtigen Sender gefunden. Er legte das Steuergerät auf einen kleinen Tisch und lehnte sich zurück. Ich schluckte und suchte meinen Puls unter Kontrolle zu bringen. Aber die Enge und dieses beklemmende Gefühl in meiner Brust ließen mich keine Ruhe finden.

Dann endlich ging es los. Eine wunderschöne Moderatorin, angesichts der Gabriela Peres vor Neid erblasst wäre, wurde vor einer großen Mauer gezeigt. Vor ihrem Mund hielt sie ein Mikrofon und versuchte ernst zu wirken, obwohl ihre Mundwinkel immer wieder verräterisch zuckten, als wäre sie vor Freude ganz aufgeregt. »Guten Morgen. Mein Name ist Sandy Meyers und ich berichte live vor der großen Kuppel. Wie Sie alle wissen, hat gestern Nacht die große Befreiungsaktion begonnen. Letzten Berichten zufolge ist die Überwältigung der Oberhäupter plangemäß vonstattengegangen. Der selbsternannte König, die gesamte königliche Familie sowie weitere Regierungsvertreter wurden arretiert. Das gesamte Palastgelände wurde eingenommen und gleicht nun einer Hochsicherheitszone. Sobald die Lage sich beruhigt und das Volk Vertrauen gefasst hat, wird mit der Aussiedelung begonnen. Für die armen, unwissenden Menschen bricht damit eine neue Ära, ja ein ganz neues Leben an. Mit diesen sensationellen Neuigkeiten verabschiede ich mich vorerst von Ihnen. Vielen Dank, dass Sie eingeschaltet haben. Später am Tag senden wir weitere Informationen.« Das Bild von der Moderatorin verschwand und eine neue Berichterstattung begann. Ich konnte mich jedoch nicht auf die Worte konzentrieren, sondern starrte einfach auf den Fernseher. Arme, unwissende Menschen? Selbsternannter König? Was redete diese Frau da?

»Tanya, ich denke, wir sollten eine Runde spazieren gehen. Komm, ich erkläre dir dann alles.« Ich bemerkte nicht, wie Henry aufstand, sondern registrierte es erst, als seine Hand nach meiner griff und mich hochzog. Wie in Trance ließ ich mich von ihm hinaus in den Flur führen. Am Rande bekam ich noch mit, wie Ewa mir ihre Schuhe und sogar ihre Jacke anzog und mich abermals kurz an sich drückte. Doch ich schaffte es nicht einmal, mich bei ihr zu bedanken.

Draußen schien mittlerweile hell die Sonne über uns, dazu wehte jedoch ein eisiger Wind. Unwillkürlich zog ich meine Schultern zusammen, um meinen Hals zu schützen, und schloss die Jacke bis unters Kinn.

Wir liefen um das Haus herum und langsam begann mein Kopf klarer zu werden. Hinter dem Haus befand sich ein kleiner, glitzernder See – ein Ausläufer eines nahen Flusses, wie mir Henry lächelnd verriet. Das kleine Gewässer war umgeben von hohen Tannen, deren Spitzen im kalten Wind hin und her schwangen.

»… und weil niemand diesen See kennt, heißt er einfach ›der Namenlose‹«, schloss Henry seine Erklärung und ging einen Trampelpfad entlang, der hinunter zum Ufer des Sees führte. Dort unten empfing uns eine kleine Hütte samt hölzernem Wasserrad, des gemächlich seine Kreise drehte. Eine fast unwirkliche Idylle.

»Das Wasserrad treibt einen Generator im Innern der Hütte an, um Strom zu erzeugen. So ist Grigori auf niemanden angewiesen und kann hier unerkannt und friedlich leben. Wahrscheinlich ist dies der abgeschiedenste Ort der Welt.« Henry schenkte mir ein liebevolles Lächeln.

Fasziniert schaute ich dem Wasserrad zu, wie es sich immer und immer weiterdrehte und trotz des alten Holzes noch so wirkte, als würde es ewig halten.

»Du kennst das hier alles ziemlich gut, oder?«, erwiderte ich schließlich und wartete darauf, dass Henry weiterredete.

Ohne mich anzusehen, stellte er sich an den Rand des Ufers, auf einen kleinen hölzernen Steg, und schaute hinaus auf das Wasser. »Einen Sommer lang – es ist schon einige Jahre her sind wir Vier hierhergeschickt worden, um die Welt außerhalb der Kuppel zu sehen, zu verstehen und um zu lernen, was wir tun müssten, wenn es Viterra, so wie wir es kennen, eines Tages nicht mehr geben sollte.«

Verblüfft riss ich die Augen auf. »Warum ihr alle? Warum nicht nur der Prinz?« Ich schaffte es einfach nicht, seinen Namen auszusprechen. Zu weh tat der Gedanke daran, wie es ihm jetzt wohl erging, gefangen genommen, niedergerungen.

Henry hob einen kleinen Stein auf und warf ihn so geschickt, dass er mehrmals über die Wasseroberfläche hüpfte, bevor er unterging. »Weil König Alexander nicht wollte, dass Phillip sich so entscheidet, wie sein Onkel es damals getan hat. Du musst wissen, dass jede Generation von Prinzen hier heraus muss, um zu lernen, was es bedeutet, in unserem Königreich zu leben. Und als die Prinzen Alexander und Grigori damals hierhergekommen sind, hat Phillips Onkel diese gelebte Lüge fast wahnsinnig gemacht. Er wollte nie wieder zurück nach Viterra und hatte sich stattdessen entschlossen zu bleiben. Er hat das alles hier erst aufgebaut. Vorher stand hier nur eine kleine, zerfallene Hütte. Diese Hütte.« Er zeigte auf die winzige Behausung, in welcher der Generator stand. Von hier aus konnte man ihn leise brummen hören.

Ich konnte ein Lächeln nicht unterdrücken. Mich beeindruckten Grigoris Mut und Entschlossenheit.

»Der König wollte nicht, dass Phillip jemals auf den Gedanken kommen könnte, das Gleiche zu tun – vor allem, weil er sein einziger Sohn ist. Phillips Schwester hat kein Anrecht auf den Thron, weshalb es auch so wichtig war, dass Phillip keine ›dumme Entscheidung‹ fällt, wie der König es ausgedrückt hat. Deshalb wurden wir als seine besten Freunde eingeweiht und mit ihm hier rausgeschickt. Natürlich hatte uns König Alexander zuvor unmissverständlich klar gemacht, dass wir nicht ohne Phillip zurückkommen brauchten …« Er lachte bei der Erinnerung. Dann sah er mich zum ersten Mal wieder an, seitdem wir hier draußen waren.

»Und es war der schönste Sommer unseres Lebens«, fuhr Henry mit strahlenden Augen fort. »Das kannst du mir glauben. Es ist witzig, wie sehr du uns immer an diesen Sommer erinnert hast. Uns alle.« Seine Augen funkelten in der Sonne.

»Ich? Aber warum?«, fragte ich langsam und drehte mich zum See, da ich mich nicht traute, ihn bei seiner Antwort anzusehen.

»Weil du immer so davon geschwärmt hast, hier rauszukommen, einmal die Welt zu sehen und zu erleben, wie es ist, Viterras Grenzen zu überwinden. Dein Traum war unser schönster Sommer. Oft haben wir abends zusammengesessen und darüber geredet. Ich hoffe, du bist mir jetzt nicht böse. Aber als du deinen Wunsch das erste Mal gegenüber Phillip erwähnt hast, ist er völlig aufgelöst zu uns gekommen und hat uns davon erzählt. Glaub mir, so viel Spaß wie an diesem Abend hatten wir Vier schon lange nicht mehr. Stundenlang haben wir in Erinnerungen geschwelgt.« Er lachte und schüttelte gleichzeitig seinen Kopf.

»Aber wieso …« Ich verstummte, denn die Antwort kannte ich bereits.

»Wieso niemand etwas gesagt hat, das weißt du. Es ging nicht. Diese Lüge war schon viel zu alt. Viel älter als jeder Mensch des Königreichs. Niemand würde es verstehen. Die Menschen würden es nicht aushalten. Und selbst wenn, würde sich alles mit einem Schlag ändern. Glaub mir, hier draußen ist die Welt schlimm. Überall herrschen Kriege. Jeder, der anders ist, wird sofort getötet, weil die Menschen Angst vor dem Unbekannten haben. Dagegen ist unser Zuhause der reinste Himmel.« Er atmete schwer aus und seufzte laut. Dann drehte er sich um und ging langsam den Trampelpfad zurück. So, als könnte er den Anblick der glitzernden Seeidylle nicht länger aushalten. Ich fragte mich unwillkürlich, ob er das Leben in Viterra nicht etwas verklärte.

»Aber warum greifen sie uns an? Warum wollen sie uns einnehmen?« Ich musste beinahe rennen, um ihn einzuholen.

Henry schnaubte wütend und schaute mich wieder an. »Grigori meint, dass sie Viterra für eine Sekte halten, deren König das Volk zu Grunde richtet. Bis vor ein paar Jahren galt das Gebiet unseres Königreichs als vermeintlich atomar verseuchte Zone, in die sich niemand vorwagte. Du siehst, unser Gründer Dr. Koslow hatte einmal mehr vorgesorgt. Doch irgendwann kamen Menschen hierher und untersuchten die Gegend genauer. Seitdem hat sich viel verändert. Unsere Wächter haben versucht, mit ihnen zu kommunizieren. Einige Zeit lang hat das wohl ganz gut funktioniert. Aber vor ein paar Monaten, als die Angriffe begannen, veränderte sich etwas. Plötzlich wurde immer deutlicher, dass es der einzige Gedanke dieser Menschen war, uns zu vernichten. Daraufhin haben wir den Kontakt zu ihnen verloren und auch keine Bemühungen mehr unternommen, ihn wieder aufzubauen – in der Hoffnung, sie würden uns wieder in Ruhe lassen.«

Ich war entsetzt über so viel Naivität. Doch vielleicht dachte man das leicht, wenn man sein bisheriges Leben nicht in die Angelegenheiten der Oberhäupter Viterras involviert gewesen war.

»Das war dann wohl die falsche Entscheidung«, entgegnete ich nur nüchtern. »Aber warum hassen sie uns so sehr, dass sie Viterra zerstören wollen?« Ich wandte mich noch einmal zum See um, über dem die Sonne nun hell leuchtete, und versuchte mir diesen Ort als böse und schlecht vorzustellen. Doch ich schaffte es einfach nicht.

»Weil wir anders sind als sie. Weil wir anders leben. Und alles, was anders ist, muss entweder bekehrt oder vernichtet werden. So ist die Welt hier draußen. Genau deshalb wurde auch entschieden, dass das gemeine Volk Viterras dieser Grausamkeit nicht länger ausgesetzt werden darf.«

Ich nickte langsam. »Wenn die Menschen von ihrer Lebenslüge erfahren, werden sie das Königreich sicher verlassen wollen. Viterra scheint so oder so ruiniert. Aber wenn sie dann merken, was sie an Sicherheiten und Annehmlichkeiten weggeworfen haben, gäbe es kein Zurück mehr. Oder?«

»So ist es. Selbst der König hat uns gesagt, dass es ihm im Herzen weh tut, sein Volk zu belügen. Aber manchmal ist es wohl besser, Menschen zu belügen, wenn man ihnen dadurch viel Schmerz und Leid ersparen kann. Auch wenn es sehr selbstgefällig klingt: Ich hätte an König Alexanders Stelle das Gleiche getan. Und Phillip ebenfalls. Doch jetzt ist es zu spät.« Henry blieb stehen und biss sich fest auf seine Unterlippe. So fest, dass die Haut darunter weiß anlief.

Zweifelnd wiegte ich meinen Kopf hin und her. Lügen war für mich immer schon ein schlimmes Vergehen gewesen, da es stets einen immensen Vertrauensbruch mit sich brachte, doch ich wollte keine unsinnige und kräfteraubende Diskussion vom Stapel brechen.

»Was passiert jetzt mit ihnen allen?«, fragte ich stattdessen atemlos. Meine Familie, meine Freunde … Phillip … Sie alle waren dort und konnten nicht mehr weg.

»Jeder, der sich im Palast aufhielt, wurde gefangen genommen. Das hast du ja gehört. Aber das restliche Volk wird in Ruhe gelassen. Wahrscheinlich wollen die Angreifer erst einmal schauen, wie die Einwohner Viterras reagieren. Wenn sie sich nicht wehren, wird die Umsiedlung sehr schnell vonstattengehen. Dann gibt es vielleicht schon in einem Jahr das Königreich Viterra nicht mehr. Sie alle werden ausgewiesen und in ein vermeintlich besseres Leben geschickt. Aber was sie hier tatsächlich erwartet, ist das Nichts. Grigori meinte, sie wollen die Kuppel im Nachgang selbst zerstören, um ein Zeichen zu setzen. Wie auch immer sie das anstellen werden …« Henrys Stimme zitterte mit jedem seiner Worte mehr.

Zögerlich griff ich nach seiner Hand und drückte sie sanft. So durch und durch pessimistisch kannte ich ihn gar nicht. Was war mit den ganzen Kulturschätzen, mit dem Wissen und der vermeintlichen Freiheit, die ich der »Alten Welt« immer angedichtet hatte?

»Aber Grigori scheint doch gut zurechtzukommen. Wieso sollten es Viterras Bürger dann nicht auch schaffen?«, fragte ich, um das unausweichliche Ende Viterras, wie Henry es vorhersagte, wenigstens mit ein bisschen Hoffnung verknüpfen zu können.

Henrys abfälliges Schnauben ließ mich zusammenfahren. Wo war mein gutmütiger und sanfter Freund geblieben? »Denkst du wirklich, die Menschen werden hier draußen ihren Frieden finden? Du kennst die Welt nicht, Tanya, die wirkliche Welt. Dieser Ort hier ist ein winziger, abgeschiedener Teil davon. Die Städte, sogar die Dörfer sind so ganz anders als die in Viterra. Und selbst, wenn sich unsere Menschen hier zurechtfinden würden: Wer garantiert dafür, dass sie nicht zeitlebens zu Ausgestoßenen werden? Sie – wir alle sind so viel anders als die Menschen hier draußen. Wir reden anders, benehmen uns und kleiden uns anders, ja wir denken sogar anders, würde ich behaupten.« Heftig schüttelte er den Kopf, bevor er ihn in den Nacken legte und zum Himmel hinaufschaute. »Wenn wir Glück haben, werden sie uns Barracken zum Hausen geben, uns etwas zu essen zubilligen. Vielleicht haben sogar die Wissenschaftler unter uns eine gewisse Chance, beruflich Fuß zu fassen. Aber was ist mit den anderen? Mit denjenigen, die eben nicht studiert haben? Unsere Abschlüsse gelten hier nichts.«

»Dann müssen sie sich eben wehren«, erklärte ich entschlossen. »Warum sollten sie auch umgesiedelt werden? Sie haben doch alles, was sie brauchen. Wäre der Aufwand da nicht ganz umsonst? Wir dürfen nicht zulassen, dass das passiert!«

Da lachte Henry laut auf und schloss seine Augen, den Kopf noch immer gen Himmel gerichtet. »Wie sollen wir das denn machen? Wir können überhaupt nichts dagegen tun. Wir können nur hoffen, dass wir irgendwann die anderen wiederfinden.«

Eine heiße Woge aus Wut und Bestürzung durchfuhr mich, woraufhin ich meine Hand von ihm losriss, als würde er brennen. »Hast du etwa alle Hoffnung aufgegeben? Sollen wir sie einfach dort leiden lassen? Was ist mit Claire und Fernand? Sie sind womöglich in Kerkern gefangen! Jetzt, wo sie eigentlich die schönste Zeit ihres Lebens haben sollten!«

»Tanya, was erwartest du denn, was wir jetzt tun sollen?«, fragte er vorsichtig, um mich nicht noch mehr zu verärgern. Sein Tonfall machte mich jedoch nur noch wütender. Ich war doch kein kleines Kind mehr!

»Wir werden einen Weg finden. Egal, wie lange es dauert. Ich will etwas unternehmen. Und wenn ich nur zur Kuppel laufe und diese Mistkerle mit Tomaten bewerfe. Irgendetwas!«, schrie ich verzweifelt und wollte mich umdrehen und wegrennen, weg von Henrys verzweifeltem Gesichtsausdruck, bar jeglicher Hoffnung.

Aber Henry ergriff meinen Arm und zwang mich damit stehenzubleiben. »Wenn das dein Plan ist: Gut, dann bin ich dabei. Aber vorher sollten wir eine Runde schlafen gehen. Schließlich waren wir so lange unterwegs und werden heute ohnehin nichts mehr ausrichten können.«

Ich wollte protestieren, doch mir fiel kein Einwand gegen seine Worte ein. Also nickte ich langsam und zählte innerlich bis zehn, um mich zu beruhigen. »Na schön.«

Gemeinsam gingen wir zurück zum Haus, wo Valentin und Ewa in der Küche saßen, Grigori war wieder nirgends zu sehen. Als uns die beiden bemerkten, kam Ewa sofort zu mir, um mir aus meinen Sachen zu helfen, die eigentlich ihre waren.

»Ich suche dir später etwas Besseres heraus. Das hier kann man nun wirklich nicht mehr tragen«, scherzte sie und zupfte an der ausgebeulten Hose herum, die ich anhatte. Ihre liebevolle Art erinnerte mich an Katja, die mich genauso »zurechtgerückt« hatte, damals, bevor ich zur Auswahl gegangen war.

Schnell nickte ich und drehte mich weg, damit sie meine aufsteigenden Tränen nicht sehen konnte. Doch als hätte Ewa nichts bemerkt, hakte sie sich bei mir unter und zog mich hinüber ins Wohnzimmer, wo das vermeintlich kleine Sofa zu einem überraschend großen Schlafbett ausgezogen worden war.

»Die Gästezimmer sind momentan Abstellkammern. Aber das bringen Grigori und Valentin bis heute Abend in Ordnung. Zunächst einmal könnt ihr euch hier ausruhen. Ich habe dir dort auch schon einen Schlafanzug hingelegt, den du gerne haben kannst.« Sie lächelte und winkte nun auch Henry herein, der ihrer Bitte unsicher folgte. Dann schloss sie einfach die Tür und ließ uns alleine.

Verwirrt schaute ich ihr hinterher und dann zurück zu Henry, der meine Verwirrung zu teilen schien.