Jan Flieger
Der vertauschte Mittelstürmer. Elf Kicker im Fußballfieber
ISBN 978-3-86394-480-3 (E-Book)
Die Druckausgabe erschien erstmals 1998 im Arena Verlag GmbH, Würzburg.
Gestaltung des Titelbildes: Ernst Franta
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Die Sonne brennt heiß auf den Sportplatz. Die Kinder der F-Jugend des Post Sportvereins lassen die Köpfe hängen. Nicht etwa, weil sie die Hitze quält.
Nein. Ihr Trainer ist krank geworden.
Und die Grippe hat auch einen Jungen der Mannschaft gepackt. Christian hustet und schnieft. Er liegt zu Hause schwitzend im Bett.
Ausgerechnet beim letzten Training vor dem entscheidenden Spiel gegen den TSV Blau-Weiß. Wenn sie die schlagen, sind sie Kreismeister.
Aber nun ist Christian krank.
Christian, der Mittelstürmer.
Christian, der in jedem Spiel ein Tor schießt. Immer.
Doch plötzlich erhebt Caroline ihre Stimme. Sie ist Christians Schwester. Genauer gesagt: seine Zwillingsschwester.
Sie hat feuerrote Haare, wie er. Aber sie trägt einen langen Pferdeschwanz. Christians Haare dagegen sind rappelkurz. Natürlich gehen die beiden in dieselbe Klasse, die 2 a.
»Ich spiele für Christian«, schlägt Caroline vor. »Ich sehe so aus wie er. Außerdem habe ich schon mal beim VfB trainiert. Einige Monate lang. Aber wir haben nicht genug Mädchen für eine Mannschaft zusammenbekommen.«
»Du darfst doch nur bei den Mädchen spielen«, sagt René und tippt sich an die Stirn.
»Und außerdem siehst du Christian gar nicht ähnlich, mit deinen langen Haaren«, wirft Johannes, der Torwart, skeptisch ein.
Aber Caroline weiß schon, was sie macht. Auch wenn Mama und Papa unglücklich sind. Der schöne rote Pferdeschwanz - am nächsten Tag ist er ab. Jetzt sieht sie wirklich wie ein Junge aus! Wie Christian! Als Caroline beim Fußballplatz im Mariannenpark auftaucht, ist sie fix und fertig angezogen.
»Christian?«, fragt Oliver ungläubig. »Quatsch, ich bin’s, Caroline. Aber ich hab euch ja gesagt, dass es klappt!«
»Wahnsinn«, staunt nun auch Johannes. »Also, was ist?«, fragt Caroline keck. »Wollt ihr, dass ich mitspiele, oder wollt ihr, dass ich mitspiele?«
»Na klar«, platzt René heraus. »Aber der Trainer darf kein Sterbenswörtchen erfahren. Das ist unser Geheimnis.«
»Logo«, meint Caroline und beginnt sich warm zu machen.
Der Trainer ist nämlich doch noch gekommen. In der letzten Minute! Alle Spieler sind schon auf dem Platz. Er hat einen dicken Schal um den Hals gewickelt, hustet und verbraucht eine Unmenge an Papiertaschentüchern. Toll, dass Christian so schnell wieder auf den Beinen ist, denkt er. Jetzt haben die Jungs wenigstens eine Chance.
Da - der Anpfiff.
Caroline ist heute also wirklich der Mittelstürmer des Post SV.
Aber kann sie auch wie Christian spielen? Dribbeln kann sie gut. Sehr gut sogar.
Wie ein Brasilianer. Sie trickst die Abwehr des TSV Blau-Weiß aus. Immer wieder. Der Post SV hat zwar eine Reihe von Torchancen, doch als Oliver endlich einmal ganz frei vor dem gegnerischen Tor steht, spielt Caroline nicht zu ihm, sondern schlägt noch einen Haken.
Und stolpert.
Der Trainer rauft sich die wenigen Haare auf seinem Kopf. Wieder kein Tor. Zum Glück geht es den Jungen des TSV Blau-Weiß ebenso.
Zur Halbzeit steht es null zu null.
In der Kabine schimpft der Trainer: »Christian, Fußball ist ein Mannschaftsspiel. Wenn ein Spieler frei vor dem Tor steht, gibt man ab!«
Dass die Jungen kichern und glucksen, kann der Trainer nicht verstehen und schaut mit seinen tränenden Augen verständnislos in die Runde.
Was ist bloß los?, denkt er. Die Kinder können sich ja überhaupt nicht beruhigen. So kenn ich sie gar nicht.
Dabei haben sie keinen Grund für ihr Gelächter.