Impress
Die Macht der Gefühle
Impress ist ein Imprint des Carlsen Verlags und publiziert romantische und fantastische Romane für junge Erwachsene.
Wer nach Geschichten zum Mitverlieben in den beliebten Genres Romantasy, Coming-of-Age oder New Adult Romance sucht, ist bei uns genau richtig. Mit viel Gefühl, bittersüßer Stimmung und starken Heldinnen entführen wir unsere Leser*innen in die grenzenlosen Weiten fesselnder Buchwelten.
Tauch ab und lass die Realität weit hinter dir.
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M. J. River
Fuck Perfection (Fuck-Perfection-Reihe 1)
**Deine Vergangenheit wird dich immer finden**
Das Letzte, was die schlagfertige Punkerin Sam an ihrer neuen Universität in Rhode Island braucht, ist ein klischeebeladener, selbstverliebter Footballspieler. Egal wie attraktiv er ist. Leider hat sie die Rechnung ohne Danny gemacht – einem Player wie er im Buche steht. Er könnte jede haben, doch er will ausgerechnet sie.
An alle Sams da draußen: Das hier ist für euch.
An alle Dannys da draußen: Danke.
Liebe Leserin, lieber Leser,
dieser Roman enthält potenziell triggernde Inhalte. Aus diesem Grund befindet sich hier eine Triggerwarnung. Am Romanende findest du eine Themenübersicht, die Spoiler enthält.
Entscheide bitte für dich selbst, ob du diese Warnung liest. Gehe während des Lesens achtsam mit dir um. Falls du auf Probleme stößt und/oder betroffen bist, bleibe damit nicht allein. Wende dich an deine Familie und an Freunde oder suche dir professionelle Hilfe.
Wir wünschen dir alles Gute und das bestmögliche Erlebnis beim Lesen dieser besonderen Geschichte.
M. J. River und das Impress-Team
Caleb – Fünf Jahre zuvor
Der Mauszeiger schwebt über der Videodatei, die ich eben illegal heruntergeladen habe. Dafür komme ich in die Hölle. Oder zumindest in den Knast.
Meine Hände zittern und das Herz pumpt in meinen Ohren.
Hoffentlich habe ich meine Spuren ausreichend verwischt. Da ich erst am Anfang meines Informatikstudiums stehe, weiß ich auch noch nicht alles.
Mit schweißnassen Händen wische ich mir über die Stirn und schlucke trocken. Ich muss wissen, warum sie mich verlassen hat. Warum sie mit ihrer Freundin sang- und klanglos aus meiner Welt, aus unserer Welt, verschwunden ist. Dafür wird es doch einen triftigen Grund gegeben haben.
Sie liebt mich nicht mehr? Das ging aber verflucht schnell. Vom einen auf den anderen Tag. Das kann doch gar nicht sein. Oder hat sie mich die ganze Zeit über angelogen? Hätte ich nicht etwas merken, zumindest eine dunkle Ahnung haben müssen?
Der Mauszeiger in meiner Hand hat mittlerweile ein Eigenleben entwickelt und zittert nervös über den Bildschirm.
Es ist inzwischen fast ein Jahr her, warum kann ich es nicht gut sein lassen? Warum ist sie immer noch in meinem Kreislauf, beherrscht meine Gedanken?
Ich atme einmal tief durch.
Jetzt habe ich die Scheiße eh schon auf dem Laptop, also kann ich mir auch ansehen, was der Grund dafür ist. Der Grund für alles.
Ein schneller Klick und meine Welt wird dunkel.
Sam
Fuck, schon wieder zu spät! Ich kann es nicht fassen. Da stelle ich mir brav den Wecker, bitte meine herzallerliebste Freundin mich notfalls aus den Laken zu schmeißen, mache also alles dafür, dass das nicht noch einmal passiert, und dann haben sich anscheinend die Batterien meines Weckers über Nacht verabschiedet und meine herzallerliebste Freundin pennt auf einmal bei ihrem One-Night-Stand. Seit wann übernachtet man bei seinem One-Night-Stand?
Ich bin immer davon ausgegangen, dass eine der ungeschriebenen Gesetze eines One-Night-Stands ist, sich danach aus dem Staub zu machen, um den Walk-of-Shame beziehungsweise den Walk-of-Satisfaction in sein eigenes Zimmer anzutreten. Da habe ich mich wohl getäuscht.
Und hätte ich mein Handy nachts nicht immer aus, hätte ich vielleicht die von ihr eingehende Nachricht heute Morgen um kurz nach Mitternacht gehört, die da lautete:
Sorry, ich werde es nicht nach Hause schaffen und kann dich in der Früh nicht wecken. Ich erzähl dir alles morgen – inklusive schmutziger Details. XOXO.
Auf die schmutzigen Details könnte ich sogar verzichten, wenn ich dafür nicht heute mit Verspätung in den Vorlesungssaal von Professor Meyerson einlaufen würde. Das dritte Mal in zwei Wochen.
So ein Mist.
***
Meine Tasche klatscht mir gegen die Oberschenkel, während ich über den Campus der Universität von Rhode Island flitze und nebenbei versuche nicht wie eine völlig Geistesgestörte auszusehen, die eben aus der Psychiatrie entflohen ist.
Wenigstens habe ich meine weißen Chucks an. Sie sind zwar nicht unbedingt die besten Laufschuhe, aber immerhin besser als Pumps. Nicht, dass ich davon eine große Auswahl hätte. Ich gehöre eher zur Chucks- und Doc-Martens-Fraktion.
Doch Chucks hin oder her, egal wie schnell ich renne, ich werde mich verspäten. Dabei bin ich richtig gut im Laufen. Ich laufe für mein Leben gern, aber mit meinen ein Meter sechzig muss ich meine Beine eben doppelt so flink bewegen wie Junie mit ihren geschmeidigen ein Meter sechsundsiebzig.
Junie. Diese untreue …
Rumms!
»Pass doch auf, Mann! Du kannst hier nicht so um die Ecke schießen«, mault mich jemand mit tiefer Stimme an, dem ich allerdings keine Beachtung schenken kann.
Bei unserem Zusammenstoß ist die Unitasche von meiner Schulter gerutscht und nun liegt der komplette Inhalt auf den Stufen vor der Eingangstür. Bücher, Kulis, Blöcke, Lippenstift, Bürste, Skittles-Packungen, Tampons …
»Wäre mein Vibrator in der Tasche gewesen, wäre der auch noch rausgefallen.«
»Was hast du gesagt?«
Da ist die Stimme schon wieder. Kann der nicht einfach die Klappe halten?
Diese Steilvorlage würdest du dir auch nicht entgehen lassen.
Hab ich das etwa laut gesagt?
Yep.
Verflixt.
Während ich meine Sachen hektisch vom Boden aufsammle und in meine Tasche werfe, will ich einen kurzen Blick nach oben zur Quelle der Stimme werfen, aber aufgrund der Wegstrecke dauert das länger als gedacht.
Wie groß ist der Typ eigentlich? Und breit wie ein Baumstamm. Die verwaschene Bluejeans spannt sich um muskulöse Oberschenkel, die ungefähr den Umfang meiner Taille haben. Der graue Hoodie mit dem Logo der Universität liegt eng an einem austrainierten Oberkörper, der ganz klar einem Sportler gehört. Footballspieler, tippe ich mal. Nur die sind so abartig trainiert.
Als ich endlich beim Gesicht ankomme, fallen mir als erstes schokobraune Augen auf, die belustigt auf mich herabblicken. Sie sehen sanft aus und passen somit überhaupt nicht zum Rest.
Dann öffnen sich zwei volle Lippen, strahlend weiße Zähne kommen zum Vorschein und der Mund sagt: »Wozu brauchst du einen Vibrator? Du könntest auch mich haben …«
Und schwupps, bin ich wieder auf dem Boden der Realität geknallt.
Das wurde aber auch Zeit.
Sehr unladylike schnaufend rapple ich mich auf, versuche meine innere Stimme zu ignorieren, lege meine Stirn in Falten und hoffe, dass ich ihn mit meinem abgrundtief genervtesten Gesichtsausdruck anblicke.
»Der Spruch war ja mal originell. Ich bin überrascht, dass du nicht erst fünf Minuten darüber nachgedacht hast.« Ich muss blöderweise meinen Kopf in den Nacken legen, um ihm ins Gesicht sehen zu können.
Mein Gegenüber schmunzelt und fährt sich durch wuschelige dunkelbraune Haare, die sich im Nacken leicht kräuseln. Hohe Wangenknochen, eine gerade Nase und eine kleine Narbe, die von der linken Augenbraue bis zur Schläfe reicht, machen sein Gesicht interessant. Und leider auch extrem gut aussehend.
Frech grinst er auf mich hinunter.
»Ich hatte auch gedacht, du brauchst für deinen länger, nachdem du mich eben offensichtlich abgecheckt hast. Hätte ja sein können, dass sich dabei das Blut, das man normalerweise zum Denken braucht, bei dir kurzfristig in andere Regionen verabschiedet hat.«
Bähm, in my face!
So ein arroganter Arsch.
Ich starre ihn perplex an und hole dann zum ultimativen Gegenschlag aus.
»Da hast du völlig recht«, schnurre ich und fahre mit einer Hand meine Seite langsam hinab, die andere hält den Griff der Unitasche umklammert. »Ich muss mal schnell für Königskätzchen und mein nasses Höschen wechseln. So kann ich mich unmöglich in die Vorlesung setzen, sonst hinterlasse ich noch Spuren auf den Stühlen, so wahnsinnig scharf machst du mich.«
Meine Hand hält inne, als sie am Saum des kurzen Wintermantels angekommen ist. Rasch hebe ich sie an die Lippen und fahre mit meinem Mittelfinger lasziv an ihnen entlang, als ich mich schon umdrehe und ihn mit offenem Mund an der Eingangstür der Uni zurücklasse.
Bähm, in your face!
Danny
Was war das denn eben? Oder besser gesagt: Wer war das? Ich erhole mich von dem verbalen Tritt in die Eier und muss lachen.
So was ist mir auch noch nicht untergekommen. Normalerweise hätte ich sie schon nach meinem ersten Satz in eine Besenkammer ziehen können. Das geht für Footballspieler so einfach, dass es fast lachhaft ist. Aber das Mädchen hier spielt anscheinend in einer völlig anderen Liga.
Klein und zierlich, zumindest soweit es unter ihrem kurzen Mantel zu erkennen ist. Lange pechschwarze Haare, Haut wie Milch und Zucker, sanft geschwungene volle rote Lippen, eine Stupsnase und große tiefblaue Augen, die unter einem seitlichen Pony hervorblitzen. Ihre Stimme hat sich tief und leicht rauchig angehört, was so gar nicht zu ihrem Äußeren passt.
Holy, die könnte mir gefährlich werden.
Während ich die Tür zur Uni erneut öffne, durch die sie vor ein paar Sekunden gestürmt ist, erhasche ich einen letzten Blick auf ihren schwarzen Wintermantel, der im Vorlesungssaal von Meyerson verschwindet.
So unauffällig wie möglich quetsche ich mich hinter zwei anderen Nachzüglern durch die Tür, suche die oberen Ränge des Saals ab und kann meine beiden Kumpel ausmachen, die mir zuwinken.
Meyerson scheint heute ebenfalls spät dran zu sein, da ausgelassene Stimmung herrscht und der Platz vor der riesigen moosgrünen Tafel vorn noch frei ist.
Zügig mache ich mich auf den Weg zu Connor und Nick und suche dabei die Reihen nach dem kleinen Schneewittchen ab, entdecke es aber nirgends.
Yep. Schneewittchen. Haut, weiß wie Schnee, Lippen, rot wie Blut, und Haar, schwarz wie Ebenholz. Ich habe meiner Granny beim Märchenerzählen immer brav zugehört.
Beinahe enttäuscht lasse ich mich auf den freien Stuhl neben Connor fallen, der sich gerade angeregt mit Nick über die Taktik für unser kommendes Spiel unterhält.
»Yo, Leute«, begrüße ich sie, nachdem ich meine ein Meter zweiundneunzig auf dem Stuhl zusammengefaltet habe und meine Knie schmerzhaft an den Tisch vor mir stoßen.
Warum die Vorlesungssäle so beengt gebaut werden mussten, erschließt sich mir nicht. Wobei ich mit meinen Körpermaßen auch nicht unbedingt dem Durchschnitt der Studenten entspreche.
»Yo, Danny, alles klar bei dir?« Connor hält mir eine Faust zur Begrüßung hin, gegen die ich schlage, während Nick und ich uns zunicken.
»Ich hatte eben eine Begegnung mit Schneewittchen«, raune ich ihnen zu und lege die Bücher aus meinem Rucksack auf den Tisch.
»Schneewittchen? Hast du gestern das Ei zu heftig abbekommen?«, will Connor stirnrunzelnd wissen, als Meyerson den Vorlesungssaal betritt, mit langen Schritten zum Pult geht und seine Enzyklopädie für Strafrecht auf den Tisch donnern lässt.
Im Nu herrscht Schweigen, und alle Augen sind auf ihn gerichtet. Er ist der einzige Dozent, der, ohne seine Stimme erheben zu müssen, eine natürliche Aura an Respekt ausstrahlt. Keine Ahnung, wie er das macht. An seinem Äußeren kann es nicht liegen, da er weder besonders groß ist noch außergewöhnlich autoritär aussieht.
Mit einer flinken Bewegung richtet er seine Brille und räuspert sich.
»Tut mir leid, dass ich heute zu spät komme. Aber nur, weil ich mich hier das erste Mal in fünfzehn Jahren verspäte, bedeutet das nicht, dass ich es dulde, dass Sie zu spät kommen.« Er lässt seinen Blick über die Brille hinweg durch die Reihen schweifen. »Ms Mathison, glauben Sie nicht, ich hätte Sie nicht über den Campus rennen sehen! Obgleich mich Ihr Tempo nachhaltig beeindruckt hat, ist es das dritte Mal, dass Sie unpünktlich erscheinen. Nachdem ich es Ihnen heute gleichgetan habe, lasse ich es gut sein, aber passiert das noch einmal, dann wissen Sie, dass ich Sie aus meiner Vorlesung werfe.«
Ich verrenke meinen Kopf so weit, bis ich glaube, die angesprochene Ms Mathison ausgemacht zu haben, und werde mit einem schwarzen Haarschopf belohnt.
Sie zupft sich verlegen am Mantel und nuschelt: »Ja, Professor Meyerson.«
Das ist also Schneewittchen.
Zufrieden lächelnd lehne ich mich zurück, denn nun kenne ich zumindest ihren Nachnamen.
»Und Sie, Mr Huntington, können sich Ihr Grinsen sparen. Mir ist nicht entgangen, dass auch Sie zu spät dran waren. Das Gleiche gilt für Mr Jervais und Mr Caulter. Sie sind zwar noch keine Wiederholungstäter, aber ich habe ein Auge auf Sie. Jetzt fangen wir an. Zack, zack, wir sind spät dran!«
»Was grinst du denn so dämlich?«, flüstert mir Connor zu.
»Ich habe Schneewittchen gefunden«, raune ich zurück und rutsche auf meinem Stuhl hin und her. So. Verdammt. Unbequem.
»Sam? Du meinst Samantha Mathison?«
»Wenn sie so heißt. Moment mal, woher kennst du sie?« Ich kassiere einen vernichtenden Blick von unserem Prof.
»Später«, murmelt Connor und richtet seine Augen auf die Unterlagen.
Na, da bin ich ja mal gespannt.
Sam Mathison also … aka Schneewittchen.
***
Sobald wir den Vorlesungssaal verlassen haben, bombardiere ich Connor mit Fragen. Nick ist gleich zur Sporthalle abgedüst und so holen nur wir beide uns einen Kaffee.
»Also, wer ist Sam Mathison? Ich habe sie hier noch nie gesehen. Ist die neu?«
Connor lacht und hebt beschwichtigend die Hände.
»Woah, immer langsam. Ich weiß nur, dass sie die beste Freundin von Junie Chaplan ist. Sie sind beide nach den Midterms hierhergewechselt.«
»Ist sie das Mädchen, mit dem du gestern von Kellys Party abgehauen bist?«, hake ich nach.
»Yep. Die Musik war mächtig laut und echt ätzend, wir haben uns gut unterhalten und dann beschlossen, die Unterhaltung in meinem Zimmer fortzuführen. Nein, nicht das, was du denkst. Es ist nichts passiert.«
Nun bin ich ernsthaft schockiert. Es ist nichts passiert? Ich glaube eher, dass Connor gestern ein Ei zu viel abbekommen hat. Wenn hier nämlich einer nichts anbrennen lässt, ist er das.
Gut, ich bin auch kein Heiliger. Umso mehr erstaunt es mich, dass er sich tatsächlich ein Mädchen nur zum Quatschen mit aufs Zimmer nimmt.
»Dann wurde es so spät, sie wollte nicht mehr allein über den Campus laufen, also habe ich ihr angeboten, dass sie bei mir pennen kann.«
Jetzt bleibe ich stehen und starre ihn unverhohlen an.
»Und da ist nichts gelaufen? Oder hast du nur so viel gesoffen, dass du es vergessen hast?« Die Hoffnung stirbt zuletzt, oder?
Connor zuckt nur die Achseln und geht weiter. Eine richtige Antwort bleibt er mir schuldig, da wir gerade die beiden Mädchen vor der Cafeteria ausmachen können.
»Komm.« Connor grinst mich verschmitzt an. »Lass sie uns überraschen.«
Sam
»Du treulose Tomate.« Ich knuffe Junie in die Seite. Mich wegen eines One-Night-Stands hängen zu lassen.
»Ich hab dir geschrieben«, verteidigt sie sich, als sie mit schnellen Schritten Richtung Cafeteria eilt. »Außerdem konnte ich doch nicht ahnen, dass dein Uraltwecker ausgerechnet heute den Dienst quittiert.«
»Sind bestimmt nur die Batterien.« Ich krame in meiner Tasche nach meinem Geldbeutel. »Wo warst du eigentlich die ganze Nacht, beziehungsweise bei wem?«
Junie stellt sich an der langen Schlange an.
»Bei Connor Jackson. Ein Runningback der Rhodies. Ich habe ihn gestern auf der Party von Kelly kennengelernt. Aber keine Sorge, ich habe ihn nicht gleich in mein Höschen gelassen«, flüstert sie vergnügt und schaut mich strahlend wie ein Atomreaktor von der Seite an.
»Ist das nicht der Sinn der Sache bei einem One-Night-Stand?« Der wäre mir bei ihr tausendmal lieber, als wenn sie sich tatsächlich verlieben würde. Es ist zwar nicht so, dass ich es ihr nicht wünschen würde, aber dann wäre ich hier auf mich gestellt.
Ich puste mir die schwarzen Ponyfransen aus dem Gesicht.
»Wer hat denn etwas von One-Night-Stand gesagt? Wir haben nur gequatscht, und weil es ziemlich spät geworden ist, hatte ich keinen Bock mehr, allein über den Campus zu rennen. Also hat er mir angeboten, bei ihm zu pennen. Er ist Senior, daher hat er ein Zimmer für sich. Ich war ganz brav und habe nur geschlafen.« Sie schaut mich viel zu unschuldig an, wischt sich ihre weizenblonden Haare von der Schulter und zwinkert mir mit ihren braunen Augen zu. Nicht Schoko. Eher Karamell.
»Zwei Kaffee, bitte«, rufe ich der Frau hinter der Theke zu, als wir an der Reihe sind, und reiche ihr zehn Dollar. »Ein Runningback, der nur quatscht? Willst du mich verarschen? Ich dachte, die könnten nicht schnell genug ihre Kerben in die Bettpfosten ritzen. Da würde jemand wie du seinen Schnitt aber gewaltig versauen.« Ich nehme mein Wechselgeld entgegen.
»Nur weil er Footballspieler ist, heißt das nicht, dass er hinter jedem Rockzipfel her ist«, verteidigt sie ihn.
Ich ziehe die Augenbrauen hoch. Come on!
»Okay, vermutlich hast du recht.« Sie kichert niedlich mädchenhaft. Nur sie kriegt es fertig, dass es sich nicht tussig anhört. »Aber daran habe ich eben kein Interesse. Wobei …« Sie runzelt die Stirn und sieht plötzlich fast ein wenig verzweifelt aus. »Ich glaube, nächstes Mal werde ich mich nicht mehr zusammenreißen können, Grinch. Er ist so verflixt sexy.«
Ich muss lachen. Wir nehmen unsere Tassen und schlendern zu einem der hinteren Plätze. Meine Unitasche lasse ich auf den Tisch plumpsen und mich auf die Bank davor.
»Der im Shady’s schmeckt um Welten besser«, würgt Junie hervor, nachdem sie einen Schluck von ihrem Kaffee genommen hat, und verzieht angeekelt ihr Gesicht.
»So, so. Nur gequatscht, ja? Du bringst mich um meine erotischen Fantasien.« Ich blicke sie mit traurigen Welpenaugen an.
»Leider kann ich dir nicht mehr erzählen, als dass er wahnsinnig gut küssen kann. Schmecken tut er auch lecker. Mmh, und riechen sowieso«, schwärmt sie, während sie die Kaffeetasse in ihre Hände nimmt. Ihre kurzen Fingernägel sind mal wieder kunterbunt lackiert und strahlen mir in sämtlichen Regenbogenfarben entgegen.
»O Mann, er wird mir gefährlich, oder?« Ich blicke auf meine zerknibbelte Papierserviette. Das machen meine Hände ständig: alles, was sie in die Finger kriegen, in Einzelteile zu zerlegen.
»Keine Panik, Grinch. Ich bleibe dir erhalten, ob ich nun jemanden kennenlerne oder nicht.« Sie holt tief Luft. Das macht sie jedes Mal, wenn eine Ansage kommt.
Meine Hand wandert unter den Ärmel zu meinem rechten Gelenk und schnalzt mit dem Gummi.
Autsch!
Besser. So, was kommt jetzt?
»Vielleicht ist es an der Zeit, dass du mal jemand anderen an dich rankommen lässt außer mir.« Sie senkt ihre Stimme und schaut mich warm an.
Ah, in die Richtung geht’s mal wieder …
»Denk an die Liste. Vielleicht solltest du versuchen ein oder zwei weitere Punkte abzuhaken.« Sie legt ihre warme Hand auf meine kalte.
Sie sind immer kalt. Ich schwöre. Immer. »Hast ja recht.« Hat sie wirklich. Das weiß ich auch. Ich bemühe mich.
Hoffentlich.
Mal sehen.
Das sagst du ständig.
»Aber ich weiß nicht genau, wie ich das anstellen soll. Das würde ja implizieren, dass ich unter Leute müsste. Partys und so. Uah!«
Junie schmunzelt und zwei niedliche Grübchen bohren sich in ihre Wangen.
»Ja, uah, so was Ekliges aber auch.« Dann wird sie ernst und sieht mich einmal mehr aufmerksam mit ihren Karamellaugen an. »Gib dir einen Ruck, okay? Bei der nächsten Party bist du meine Plus one und ich verspreche dir, ich lasse dich nicht wegen Connor hängen.«
»Wie? Kommt er jetzt etwa jedes Mal mit?« Gespielt entrüstet reiße ich die Augen auf.
»Buh!«, macht es plötzlich hinter Junie.
Sie zuckt zusammen und lacht dann laut auf, während ich meinen Kaffee vor lauter Schreck über meine Unitasche kippe.
Als ich gerade anfangen will zu fluchen, brummt eine leise und tiefe Stimme viel zu dicht an meinem Ohr ebenfalls: »Buh«. Auch wenn es nicht laut war und mich keinesfalls mehr erschrecken sollte als das »Buh« hinter Junie, fährt mir der Schreck eiskalt in die Glieder. Mein Herz stolpert, meine Ohren klingeln und meine Hände beginnen zu zittern. Solche bescheuerten Aktionen kann ich nicht ausstehen. Ich bin extrem schreckhaft. Junie witzelt jedes Mal, dass ich irgendwann wegen so eines blöden Scherzes einen Herzinfarkt bekommen würde.
Den Trottel knöpfe ich mir vor!
Ruckartig schiebe ich meinen Stuhl nach hinten und wirble herum.
Der riesige Typ von heute früh blickt belustigt auf mich hinunter.
»Schneewittchen, ich hab dich schon vermisst«, brummt er und wackelt mit den Augenbrauen.
O Mann. Hört der Tag denn nie auf? Außerdem … Schneewittchen? Ernsthaft? Mit der habe ich so viel gemein wie die Zwerge mit der bösen Stiefmutter.
Nervös fahre ich mir übers Gesicht und streiche ein paar Ponyfransen aus der Stirn.
»Jetzt ist meine ganze Tasche voller Kaffee, das ist nicht witzig, du Idiot!«, fauche ich ihn an, während Junie immer noch lacht und dem Typen, der hinter ihr auftaucht, mit der flachen Hand auf den Oberarm schlägt.
»Voll erwischt, Connor«, gibt sie fröhlich zu.
Connor. Hätte ich mir denken können. Und yep, er sieht heiß aus. Absolut.
Intensive türkisblaue Augen spähen amüsiert hinter blonden ausgeblichenen Strähnen hervor. Er trägt das Haar etwas länger und im Kinn hat er ein kleines Grübchen. Muskulöser und großer Körperbau. Footballspieler eben. Wie es aussieht, lerne ich hier ausschließlich Riesen kennen. Und wandelnde Klischees.
Junie wirft mir einen kurzen, prüfenden Blick zu.
Ich ignoriere meine zitternden Hände und wische fahrig den Kaffee mit ein paar Papiertüchern von meiner Tasche, als der Typ von heute früh von hinten an meine Seite tritt.
»Warte, ich helfe dir. Hätte ich heute Morgen schon tun sollen, aber da war ich zu überrascht.« Er zwinkert mir zu und sieht mich dann verwundert an. »Alles okay? Du bist weiß wie eine Wand.«
Scheiße, echt?
Junie eilt mir zur Rettung und drängt sich zwischen den Typen und mich.
»Lass mich mal, ich hab noch ein paar Taschentücher.« Fix hilft sie mir beim Aufwischen.
»Stell mich vor, sonst wird das alles noch megapeinlich«, raune ich ihr zu.
Sie schmeißt die vom aufgesaugten Kaffee durchnässten Tücher auf einen Haufen und zieht dann Connor am schwarzen Hoodie zu sich.
»Connor, das hier ist Sam, meine beste Freundin auf der ganzen Welt, und Sam, das ist Connor, meine bislang kürzeste Freundschaft auf der ganzen Welt.«
Natürlich muss ich meinen Kopf in den Nacken legen, um ihm ins Gesicht schauen zu können. Ich kann meine Körpergröße ernsthaft nicht ausstehen.
Mit Augen, die mich an die Karibik erinnern, schaut er mich freundlich an und lächelt, während wir uns die Hände schütteln.
»Freut mich. Junie hat mir gestern schon ein wenig von dir erzählt und ich habe dich schon ein paar Mal in den Vorlesungen gesehen. Das hier«, er deutet auf den Typen mit den Vollmilchschokoaugen, so sanft und …
Spinnst du eigentlich? Wegen ihm hättest du fast einen Herzinfarkt bekommen!
»… ist Danny, mein Kumpel.«
Danny streckt mir die Hand entgegen und grinst schief.
»Sorry, ich wollte dich nicht so erschrecken, sollte nur ein Scherz sein«, meint er versöhnlich.
Was soll ich da noch machen?
Schlag ein, sonst bist du die doofe Zicke.
Ist ja gut, ich mach ja schon.
Mit zerknirschtem Gesicht reiche ich ihm also meine Hand, die regelrecht in seiner riesigen Pranke versinkt.
Schön warm ist sie.
So. Schluss jetzt!
Ich will sie schon zurückziehen, weil ich merke, dass Danny sie länger als nötig festhält, als er sie im selben Moment freigibt und mich neugierig ansieht. Wirklich schöne Augen. Offen und ehrlich.
Wenn er nicht so ein überheblicher Footballidiot wäre …
Schnaubend schüttle ich den Kopf. Ich habe keine Zeit für so was. Ich bin hier, um meinen Abschluss zu machen, und das so gut wie möglich. Dann verpisse ich mich wieder. Punkt.
»Ich muss los, Leute«, murmle ich leise. Meine Hände haben aufgehört zu zittern und mein Herz hat sich auch beruhigt. Na bitte, läuft doch.
Zügig lege ich mir meine Tasche um die Schulter, nehme die versifften Tücher und eile zum Ausgang.
»Bis später«, ruft Junie mir hinterher. »Und denk dran: Bei der nächsten Party bist du fällig.«
Ihr glockenhelles Lachen verfolgt mich noch bis vor die Tür und in diesem Moment würde ich es ihr am liebsten wieder rückwärts in den Hals stopfen.
Ja, das ist wahre Freundschaft.
Danny
Das mit dem Erschrecken war wohl keine besonders clevere Idee. Schneewittchen sah hinterher ziemlich blass aus. Man sah ihr an, dass sie es nicht erwarten konnte, von uns wegzukommen. Das habe ich ja ganz hervorragend hinbekommen.
Ich blicke ihr nach.
Ihre Figur ist so zierlich, wie ich dachte, der graue Wollpulli liegt eng an ihrem schlanken Körper und ihr knackiger Hintern, der in einer punkigen rot-schwarz karierten Stoffhose steckt, hat eine Apfelform, für die sicher viele Frauen morden würden. Ihre Hand hat sich ein bisschen zu kalt angefühlt und ist winzig im Gegensatz zu meiner – und ihre Haut ist ganz weich.
Als ich mich zu ihr hinuntergebeugt habe, um sie zu erschrecken, konnte ich den Duft von Orangen und Zimt wahrnehmen. Nicht der übliche pappsüße Geruch vom neuesten Designer. Und dann ihre seltsam tiefe, rauchige Stimme.
Dann sind mir da noch die ganzen Sticker unterschiedlicher Bands und Musiker auf ihrer beigen Unitasche aufgefallen. Beastie Boys, Coldplay, Nirvana, Alanis Morissette. Sogar die Beatsteaks waren mit dabei und das hat mich kurzfristig aus dem Konzept gebracht.
Sie sind außerhalb Europas kaum bekannt und ich kenne sie auch nur durch meinen Bruder, der ein Auslandsjahr in Berlin verbracht hat und als großer Fan von ihnen zurückgekommen ist. Punk und Ska hat bei uns in den USA keine besonders große Fanbase. Umso mehr überrascht es mich, dass Sam sie kennt.
Was soll ich sagen? Schneewittchen hat Suchtpotenzial.
»Erde an Danny?«, reißt mich Junie aus meinen Gedanken. »Hör mal, wenn du spielen willst, such dir lieber eine andere. Sam ist kein Mädchen für deinen Bettpfosten, kapiert?«, stellt sie klar und sieht mich ernst an.
»Warum denkst du, ich hätte solche Absichten?« Ich mache einen auf unschuldig, denn ganz ehrlich? Jeder Mann bei klarem Verstand würde wollen, dass ein Mädchen wie sie bei ihm im Bett landet.
»Weil ich euren Ruf kenne und jetzt deinen Blick sehe, der mich an ein Raubtier erinnert, das Witterung aufgenommen hat.«
»Was sollte das übrigens heißen, ›Sam ist auf der nächsten Party fällig‹?«, fällt mir noch ein, bevor Junie sich umdrehen und zum Ausgang schlendern kann.
»Ach«, sie winkt ab, »ich versuche sie davon zu überzeugen, mal auf eine Party mitzukommen, damit sie ein paar Leute kennenlernt. Sie ist eher der introvertierte Typ.«
»Ehrlich? Das hat heute Morgen aber ganz anders gewirkt«, erwidere ich erstaunt.
»Wie meinst du das? Ihr seid euch schon mal begegnet?«, fragt Junie überrascht zurück.
»Ja, sie hat mich heute in der Früh über den Haufen gerannt, dabei durfte ich in den Genuss ihrer verbalen Schlagfertigkeit kommen.«
»O ja, die hat sie drauf. Trotzdem, sei nett zu ihr, sonst trete ich dir dahin, wo es richtig wehtut.«
Sie zwinkert mir zuckersüß zu, aber ich bin nicht so blöd, die Ernsthaftigkeit ihrer Aussage auch nur für eine Sekunde infrage zu stellen. »Verstanden.« Ich tue so, als ob ich mich geschlagen gebe, und setze mich in Bewegung. Genau das Gegenteil ist allerdings der Fall. »Wir müssen zur nächsten Vorlesung, Connor. Kommst du?«
»Schon unterwegs. Bis später, Sunshine.« Er nickt Junie zu, die uns strahlend anlächelt und mit wippenden Haaren aus der Cafeteria steuert.
»Soso. Sunshine, was?«, ziehe ich Connor auf.
»Und was für ein scharfer.« Er geht mit langen Schritten neben mir her. Mit seinen ein Meter achtundachtzig ist er fast so groß wie ich und in derselben Gewichtsklasse sind wir ohnehin. Allerdings ist er vom Aussehen her eher der Surfertyp. Kommt bei den Ladys genauso gut an.
Junies Vorbehalte uns gegenüber kann ich schon verstehen, ein paar davon stimmen nämlich, und unser Verschleiß an Frauen gehört definitiv dazu. Aber meine Güte, was soll ich sagen? Wir sind jung, testosterongesteuert und solange die Frauen mitmachen, why not?
Allerdings mache ich mir um Connor gerade ehrlich Sorgen. Er grinst wie ein grenzdebiler Trottel. O Mann, hoffentlich bleibe ich von so etwas verschont.
Meine letzte Beziehung ist eine Weile her; ich habe sie mit der Highschool hinter mir gelassen. Claire hat sich für ein anderes College entschieden und uns war beiden klar, dass eine Fernbeziehung nicht funktionieren würde. Wehgetan hat es trotzdem. Sogar verdammt weh. So weh, dass ich mir geschworen habe, hier auf der Uni meine Zeit zu genießen, mich auf das Studium und das Footballspielen zu konzentrieren und mein Leben voll auszukosten. Ernst genug wird es nach der Uni ohnehin, also haue ich lieber jetzt noch mal ordentlich auf die Kacke.
Connor sieht das ähnlich, allerdings kam er schon als Single hier an. Aber nun sieht es so aus, als würden seine Vorsätze ins Wanken geraten, wobei er und Junie sich ja erst kennengelernt haben.
Wenn er mit ihr allerdings mehr als einmal im Bett landet, fresse ich wirklich einen Besen.
Sam
Hoffentlich war mein Verhalten in der Cafeteria eben nicht ansatzweise so schräg, wie ich das Gefühl hatte. Das Letzte, was ich hier gebrauchen kann, ist, dass sich jemand zu sehr für mich interessiert.
In Gedanken versunken betätige ich die Spülung, entriegele die Tür und trete nach draußen an die Waschbecken.
Und Danny … O Mann, klar ist der heiß, ich habe ja Augen im Kopf. Aber er ist der typische Klischee-Footballspieler und so etwas brauche ich nicht.
Andererseits, für ein bisschen unverbindliches Rummachen ist er vielleicht genau der Richtige. Immerhin ist er sicher nicht auf der Suche nach einer Beziehung, wie auch immer sie geartet sein mag, und ich erst recht nicht. Erfahrung hat er offensichtlich genug, sodass er es vielleicht auf die Reihe kriegt, eine Frau zu befriedigen, schließlich haben sich da schon zwei andere vor ihm die Zähne an mir ausgebissen.
Ich stapfe zur nächsten Vorlesung – Psychologie 2.0 – und natürlich sitzen Danny und Connor schon in der letzten Reihe und winken mir zu.
Abgrundtief seufzend stülpe ich mir mein allerbestes Ich-zeig-der-Welt-die-Zähne-Grinsen über und setze mich in die erste Reihe neben Kelly. So heißt sie, glaube ich.
Das hätte ich lieber bleiben lassen sollen, denn ich fange mir gleich einen zickigen Seitenblick von ihr ein, da sie mitbekommen hat, dass Danny und Connor mir zugewunken haben.
»Woher kennst du die denn?« Unruhig rutscht sie mit ihrem dürren Hintern auf dem Stuhl herum und streicht ihr Oberteil glatt.
Ihre lockigen platinblonden Haare – so was von gefärbt – hat sie zu einem lockeren Zopf im Nacken geflochten. Groß und hübsch ist sie. Aber mit ihrem Style macht sie es kaputt. Ihre Nippel piksen nahezu pervers durch den dünnen kobaltblauen Pulli, dessen Ausschnitt so weit ist, dass man quasi nicht umhinkommt hineinzufallen. Ihre Möpse sind hundertprozentig fake, sie passen nicht zum Rest ihrer mageren Figur, und ihr schwarzer Lederrock ist zu kurz.
»Kennen ist zu viel gesagt«, erwidere ich müde. Ich habe keine Lust auf ein Wortgefecht mit ihr. Bin zu erledigt. Es ist ohnehin ein Wunder, dass ich mir ihren Namen gemerkt habe, aber dass sie die Chefin der Cheerleaderinnen des Footballteams ist, ist selbst zu mir durchgedrungen. Und wenn ich ihr Aussehen mit ins Gesamtbild aufnehme … unfassbar eigentlich. Klischees, so weit das Auge reicht.
Sie funkelt mich mit ihren hellblauen Augen wütend von der Seite an und kann mir gerade noch ein »Pfoten weg, das ist nicht dein Jagdgebiet« zuraunen, bevor Dr. Novak den Hörsaal betritt.
Gott sei Dank.
Da bleibt mir nur so zu tun, als würde ich mich voll und ganz auf die Vorlesung konzentrieren. Allerdings kann ich es verflixt noch mal nicht lassen, mich vorher kurz zu Danny und Connor umzudrehen und mit meinen Lippen ein stummes »Hilfe!« zu formen.
Danny lacht tief und brummig auf und ein kleiner Schmetterling fängt daraufhin an, in meinem Bauch erste Flugversuche zu starten.
Verflucht.
Rasch drehe ich mich wieder um.
Kelly neben mir knirscht mit den Zähnen. Na bravo. Wenn Blicke töten könnten, wäre ich die erste Leiche in Psycho 2.0. Wenigstens hätte man keine Mühe damit, die Täterin zu überführen.
Die Richtung, in die das alles geht, gefällt mir ganz und gar nicht.
Nach der Vorlesung sehe ich zu, dass ich Land gewinne. Glücklicherweise war das die letzte für heute und ich flitze aus dem Hörsaal. Mein Bedarf an Menschen ist vorerst gedeckt.
Ich laufe zum Literatursaal, aus dem Junie hoffentlich gleich kommt, um mit mir auf einen Kaffee ins Shady’s zu gehen. Wenn es dieses Gesöff nicht gäbe, wäre ich völlig am Arsch.
»Hey, Grinch!«, ruft sie mir fröhlich entgegen, als sie aus dem Vorlesungssaal stürmt, und hakt sich bei mir unter. »Kaffee im Shady’s?«
»Aber so was von«, stimme ich ihr sofort zu und wir verlassen den Campus.
Junie
Sam hat einen Schritt drauf, ich kann kaum mithalten, als ich mich bei ihr unterhake und sie mich vom Campus zu Shady’s Diner zieht.
»Du hast es aber eilig.« Ich versuche sie auszubremsen.
»Heute ist der Wurm drin«, murmelt sie erschöpft und kräuselt ihre kleine Nase. »Erst komme ich wieder zu spät zu dieser blöden Vorlesung und dann ruiniere ich mir auch noch wegen diesem Danny fast meine Unitasche.«
»Na, komm schon, er konnte doch nicht ahnen, wie schreckhaft du bist. Außerdem – sieh es mal positiv: Du hast heute immerhin zwei neue Bekanntschaften gemacht«, necke ich sie und versuche sie aus der Reserve zu locken.
»Danny und Connor?« Sie pustet sich mal wieder den pechschwarzen Pony aus den Augen. Ihre Haare fliegen ihr beim Laufen über die Schultern und die rote Carhartt-Mütze sitzt schief auf ihrem Kopf.
Mit einer kurzen Bewegung rücke ich sie gerade.
»Also Connor ist ja wohl eher deine Bekanntschaft und Danny ist ein selbstverliebter Footballspieler, der nach einer neuen Kerbe in seinem Bettpfosten Ausschau hält.«
»Schon. Aber vielleicht wäre er genau der Richtige für dich.«
Ich handle mir einen schiefen Seitenblick ein.
»Was denn? Was ist mit deiner Liste? Wie war doch gleich Punkt sieben? Dritte Base? Du sollst dich ja nicht gleich verknallen, sondern nur Spaß haben.«
»Klar. Und wenn das Spaßhaben schiefgeht, was dann? Uni wechseln?« Ironisch grinsend schaut sie mich mit ihren riesigen blauen Augen an.
»Ben war ein Arsch. Der zählt nicht«, sage ich. »Ernsthaft, Grinch.« Wir sind bei Shady’s angekommen und ich schubse die Tür mit meiner linken Schulter auf, mein rechter Arm ist immer noch bei Sam untergehakt. »Selbst wenn es in die Hose geht, können wir noch genügend Ausreden erfinden, damit es nicht peinlich für dich wird.«
»Na, mal sehen.«
Ihre Unitasche wirft sie auf eine gepolsterte Sitzbank in einer der Nischen und rutscht hinein. Sie sieht jedes Mal wie ein Kind aus, wenn sie in diesen großen lederbespannten Diner-Nischen sitzt, da ihre Füße den Linoleumboden kaum berühren.
»Ich habe ihn ja quasi erst vor zwei Minuten kennengelernt. Abgesehen davon glaube ich ohnehin nicht, dass ich in sein Beuteschema passe.«
»Ach so? Was ist denn sein Beuteschema?«, frage ich sie interessiert, schnappe mir eine der Getränkekarten und überfliege sie flüchtig.
»Du zum Beispiel«, kommt wie aus der Pistole geschossen zurück. »Oder Kelly.«
»Schmeißt du mich etwa mit diesem wandelnden Silikonmonster in eine Schublade? Hast du sie noch alle?« Ich bin ernsthaft empört, werfe die Karte in Sams Richtung und verfehle sie natürlich um Armesbreite.
Während sie sich bückt, um die Karte vom Boden aufzulesen, stellt sie fest: »Dafür, dass wir im Leichtathletik-Team sind, wirfst du richtig beschissen.«
»Ich laufe. Laufe. Okay? Das hat null mit Werfen zu tun«, kontere ich, als die Kellnerin an unseren Tisch tritt.
Wir geben unsere Bestellung auf und Sam lässt gedankenverloren ihr Gummiband unter dem Ärmel schnalzen.
»Ich werfe dich nicht mit Kelly in eine Schublade. Ich wollte damit nur sagen, dass er sicher eher auf die klassischen Schönheiten mit den dementsprechenden Maßen steht. Himmel, hast du mitbekommen, wie groß der ist? Ich bräuchte eine Leiter, um überhaupt in die Nähe seines Mundes zu kommen.« Sie deutet einmal mit ihrer Hand an ihrem zierlichen Körper auf und ab.
»Na und?« Schmunzelnd zucke ich mit den Schultern und knote mir fix meine Haare zu einem Pferdeschwanz nach hinten. »Deine Größe hat auch ihre Vorteile.«
»Ach ja? Da bin ich jetzt mal gespannt.« Sie sieht mich erwartungsvoll an und verschränkt die Arme vor der Brust.
Ich grinse sie breit an. »Klar. Du könntest ihm locker im Stehen einen blasen.«
Sams Augen werden kullerrund und ihre Augenbrauen schießen in die Höhe. Dann fängt sie laut an zu prusten. »Du blöde Kuh«, sagt sie kichernd, als die Bedienung mit unserer Bestellung kommt.
Sam grapscht nach den Zuckerpäckchen und reißt drei davon auf.
»Dass bei dir der ganze Zucker nicht ansetzt, ist so was von unfair«, murre ich und krame in der Tasche nach meinem Lippenstift.
»Guter Stoffwechsel. Außerdem ist das ausgleichende Gerechtigkeit. Dafür hast du Endlosbeine.« Mit einem Schwupps ertränkt sie den Inhalt der drei Zuckerpäckchen in ihrem Kaffee.
»Du kriegst sicher irgendwann Diabetes oder so einen Mist«, orakle ich.
»Und wenn schon? Irgendeinen Tod muss man schließlich sterben«, meint sie gelassen, lehnt sich zurück und pustet in ihren Kaffee.
Wo sie recht hat, hat sie recht.
Sam
In der Umkleidekabine herrscht eine seltsam stickige Luft. Es riecht nach Schweiß, Deo und Duschgel. Aufgrund der hohen Luftfeuchtigkeit, die aus den Duschen in die Kabinen wabert, bekomme ich die enge, graue Laufleggins nur mit Mühe über meine feuchten Beine. Das ist schlimmer, als mit nassen Beinen in eine Jeans ohne Stretch-Anteil zu kommen.
Nach einem fünfminütigen Kampf voller Gewurschtel, Gepresse, Gestöhne und Gefluche habe ich es endlich geschafft, dieses Höllenteil über meinen Hintern zu ziehen, und binde mir die Haare zu einem hohen Pferdeschwanz.
Junie ist längst fertig und dabei, ihre Beine, die in roten Laufjoggern stecken, an der Sitzbank zu dehnen. Mal wieder werde ich mir der bodenlosen Ungerechtigkeit bewusst, als ich auf ihren Körper schiele.
Ihre ganze Erscheinung ist eine Frechheit. Wenn ich sie nicht so lieben würde, müsste ich sie hassen. Alle, die dem weiblichen Geschlecht angehören, würden diese Frau hassen, die so topmodelmäßig aussieht, als wäre sie geradewegs vom Victoria’s Secrets-Laufsteg gekippt. Neben ihr bekommt jede Frau Minderwertigkeitskomplexe. Es geht gar nicht anders.
»Fertig, Grinch?« Sie blickt mich verschmitzt an.
Blöde Nuss.
***
Da es seit Montag ohne Unterlass wie aus Kübeln schüttet und wir mittlerweile Mittwoch haben, müssen wir unsere Bahnen in der großen Indoorhalle drehen. Das mag ich eigentlich nicht, da ich frische Luft der stickigen hier drin vorziehe, aber es hilft ja nichts.
In der Mitte der Laufbahn liegt das große Footballfeld, das nur dann genutzt wird, wenn draußen die Welt untergeht. Soweit ich weiß, spielen die Footballspieler bei so gut wie jedem Wetter an der frischen Luft, aber anscheinend ist das Feld dort mittlerweile vom Dauerregen so aufgeweicht, dass sie mit ihren Stollenschuhen vermutlich kaum Halt finden.
Deswegen hat sich die komplette Mannschaft heute ebenfalls in der Halle versammelt. Es stört mich nicht, da ich beim Laufen meistens alles um mich herum vergesse. Zumindest nach den ersten zehn Minuten. Die brauche ich, um meinen Rhythmus zu finden. Dann jedoch wird mein Kopf angenehm leer und ich spüre nur noch meinen Körper. Deshalb mag ich das Laufen so gern. Für mich ist es der beste Sport, um den Kopf freizubekommen.
Meine Füße klatschen in regelmäßiger Geschwindigkeit auf der Tartanbahn auf, mein Atem geht gleichmäßig und wie immer habe ich das Gefühl, ich könnte ewig so weiterlaufen.
Junie joggt im gleichen lockeren Rhythmus neben mir her.
»Schau mal, da ist Connor.« Sie nickt in Richtung Footballfeld, das wir langsam umrunden, und schnauft noch nicht einmal. Sie muss ihre Beine auch nur halb so oft anheben wie ich meine.
Ich blicke auf das Feld, kann den großen Hünen mit den Karibikaugen ausmachen und winke ihm kurz zu. Zurück winken allerdings zwei Riesen. Ich muss meine Augen gar nicht erst zusammenkneifen, um zu wissen, wer der zweite ist.
»Und Danny auch«, stellt Junie unnötigerweise fest.
Ich weiß, ich habe Augen im Kopf.
»Er sieht auch echt heiß aus, oder?«
Ich will laufen! Mein Kopf ist eben noch so schön leer gewesen.
Aber sie hat recht, oder?
Auf wessen Seite bist du eigentlich? Kannst du dich mal entscheiden?
Nö. Kannst du ja auch nicht.
Ich will einfach nur in Ruhe joggen, das ist doch nicht zu viel verlangt.
Aber er IST heiß.
Ja, er ist auch ein Frauenaufreißer.
Ja … und?
Ach, lass mich in Ruhe.
Junie rempelt mich im Laufen von der Seite an und jetzt reicht’s mir.
»Lust auf einen Sprint?« Im Rennen bin ich richtig gut. Da kriege ich sie immer. Und gerade dürstet es mich nach Rache.
Belustigt sieht sie mich an. »Kompensierst du wieder etwas?«
»Halt die Klappe und versuch mitzuhalten«, rufe ich ihr zu und ziehe mein Tempo an. Meine Füße hämmern auf die Bahn ein, meine Oberschenkel beginnen angenehm zu ziehen. Hinter mir höre ich Junie lachen. Das spornt mich noch mehr an.
In hohem Tempo rase ich um das Footballfeld herum, bis meine Lunge anfängt zu brennen, meine Oberschenkelmuskulatur übersäuert ist und es unangenehm in meinen Seiten sticht. Junie habe ich hinter mir gelassen.
Locker laufe ich aus und lasse meine Arme kreisen, bis sie mich eingeholt hat.
»Angeberin!«, schnauft sie außer Atem.
»Wer kann, der kann.« Ich grinse und trete meinen Rückzug in die Umkleidekabinen an. Aber nicht, ohne noch einmal zum Footballfeld zu schielen.
Aus den Augenwinkeln mache ich Danny aus, der mir zugewandt steht. Ob er mich ansieht, kann ich nicht erkennen, dafür ist die Distanz zu groß. Die Tatsache allein, dass er in meine Richtung sieht, reicht jedoch aus, dass mir ein angenehmer Schauer über den Rücken läuft.
Heilige Scheiße! Das ist nicht gut …
Hast du nicht vorhin gesagt, er sei heiß? Das hast du jetzt davon.
***
Junie tippt auf ihrem Smartphone herum und murmelt irgendetwas vor sich hin, während ich meine Sportklamotten nebst Shampoo und Duschgel in meine alte Sporttasche schmeiße, die wahrlich schon bessere Tage gesehen hat. Doch nachdem auch sie, wie alle anderen Taschen und Rucksäcke von mir, mit Stickern und Aufklebern von Bands verziert ist, bringe ich es nicht über mich, sie auszurangieren. Mein Vater würde mich vierteilen. Immerhin habe ich ihm achtzig Prozent meines Musikgeschmacks, der Sticker und der Aufkleber zu verdanken.
»Später treffen sich noch ein paar Leute bei Connor. Kommst du mit?«, fragt Junie und wirft das Handy in ihre Tasche.
»Sind wir dann quitt?« Ich will mich absichern. Das ist bei ihr nie verkehrt.
Sie enttäuscht mich allerdings sofort.
»Vergiss es. Ich habe von einer richtigen Uniparty gesprochen. Das bei Connor heute Abend ist mehr ein Sit-in. Keine Party. Aber netter Versuch, Grinch.«
»Mal sehen.« Ich binde mir meine noch leicht feuchten Haare wieder zusammen.
»Komm schon, gib dir einen Ruck. Es wird bestimmt lustig und Netflix läuft dir schon nicht davon«, erwidert sie und spielt prompt auf mein Binge-Watching an. »Wir werden nie mehr so jung sein, Baby.«
»Ja, ja, ist ja schon gut. Gott, du kannst echt nerven, weißt du das?«, kapituliere ich.
Ich kenne sie viel zu gut, sie würde mich ansonsten so lange reizen, bis es Tote gibt.
***
Ein paar Stunden später stehen wir also mit zwei Flaschen Weißwein bewaffnet vor Connors Wohnheimtür und ich will Junie umgehend meine Faust ins Gesicht rammen.
»Du fiese Kuh hättest mir sagen können, dass er sich mit Danny eine Bude teilt«, fauche ich sie an und bin kurz davor, ernsthaft wütend zu werden. Das hat sie mit Absicht gemacht und so etwas mag ich gar nicht.
»Hätte ich, klar, und was wäre dann gewesen?«, stichelt sie und klopft an.
Arg, ich könnte sie … doch Connor reißt schon die Tür auf.
»Cool, dass ihr da seid.« Er lächelt freundlich und zieht Junie kurz in seine Arme.
Als er sich zu mir hinunterbeugen möchte, um mich ebenfalls zu drücken, drücke ich ihm die Flasche Wein an die Brust.
»Damit ihr uns nicht aushalten müsst.«
Mit gerunzelter Stirn sieht er mich an.
Ich nutze die Gelegenheit, um mich an ihm vorbei in die recht volle Küche zu mogeln. Natürlich bin ich mal wieder die Kleinste. Das ist aber kein Kunststück, denn ein kurzer Blick reicht mir aus, um festzustellen, dass fast nur Footballspieler hier sind.
Ich blicke zu Junie, die mich schuldbewusst ansieht. Sie weiß genau, dass sie später Ärger bekommt. Ich kann es nicht ausstehen, so überrumpelt zu werden.
Mir wird von Connor ein volles Glas Weißwein in die Hand gedrückt.
»Danny steckt hier auch irgendwo.«
Ach was? »Da wäre ich im Leben nicht draufgekommen«, murmle ich.
Connor hebt leicht konsterniert eine Augenbraue.
»Sorry. Sollte nicht zickig klingen. Ich bin nur müde«, schiebe ich hinterher, bevor Junie mir warnend auf den Fuß treten kann.
»Sei nett, Grinch, okay?«, zischt sie mir ins Ohr.
Also zerre ich meine Mundwinkel nach oben und flöte: »Bin ich das nicht immer?«
»Klar. Deswegen nenne ich dich auch Grinch.« Sie weicht vorsorglich ein paar Schritte von mir zurück und hakt sich bei Surfer-Connor unter. Feigling.
Ergeben nehme ich einen tiefen Schluck von meinem Weißwein. Kein Alkohol ist auch keine Lösung und heute definitiv nicht. Mein Blick schweift durch die Küche und bleibt an einer geöffneten Zimmertür hängen.
Die WG der Jungs ist genauso geschnitten wie unsere und somit alle anderen auch, daher weiß ich, dass jedes Zimmer mit einem Bad in der hinteren Hälfte ausgestattet ist. Das nutze ich aus und mache mich auf den Weg dorthin.
Kelly und eine andere Cheerleaderin haben es sich auf dem Bett gemütlich gemacht. Zwei weitere hünenhafte Footballspieler lehnen an dem kleinen Schreibtisch und unterhalten sich angeregt, während Kelly mich ansieht, als hätte ich keinerlei Daseinsberechtigung. Keine Ahnung, was genau ihr Problem ist, sie kennt mich ja noch nicht einmal.
Ich laufe in Richtung Badezimmer und will gerade die Tür öffnen, als jemand sie zeitgleich von innen aufstößt. Da ich nicht mehr rechtzeitig ausweichen kann, donnert die Tür direkt in mich hinein. Das Glas Wein wird mir aus der Hand geschlagen und der Inhalt ergießt sich komplett über meine schwarze Bluse.
Na bravo.
»Verdammt noch mal!«, fluche ich mal wieder sehr undamenhaft.
»Tut mir leid, Sam«, brummt es erschrocken über mir und ich stolpere einen Schritt nach hinten.
Nach oben brauche ich gar nicht erst zu sehen, ich weiß auch so, wer da jetzt vor mir steht, die Stimme kenne ich nämlich.
Ich blicke an meiner Bluse hinunter und bin verflixt froh, dass Schwarz meine Lieblingsfarbe ist. Trotzdem. Erst der Kaffee, jetzt der Weißwein, und immer wieder er.
Hinter mir lacht jemand tief auf.
»Mann, Danny, so macht man aber kein Mädchen an«, merkt einer der zwei großen Typen an und kommt mit einer Kleenex-Packung vom Schreibtisch auf uns zugeschlendert. Er drückt sie mir in die Hand und gluckst freundlich: »Die wirst du brauchen.«
Dankbar nehme ich sie ihm ab.
»Ich bin Nick«, stellt er sich vor und streckt mir die Hand hin.
»Sam. Sorry, meine Hände sind voller Weißwein«, weiche ich aus.
Nick ist so groß wie Danny und seine Haut so dunkel wie Erdöl. Mit blitzenden, fast schwarzen Knopfaugen sieht er mich unter einem grauen Basecap offen an und zieht seine Hand zurück.