Klaus Eck ist freier Kommunikationsberater und einer der führenden Corporate-Influencer-Experten in Deutschland. Der Gründer einiger Agenturen ist Social-Media-Pionier, Keynote Speaker und Content-Marketing-Profi. Zu seinen Hauptaufgaben gehört die strategische Begleitung von Corporate-Influencer-Programmen. Seit Februar 2020 moderiert er regelmäßig das Corporate Influencer Breakfast und hat mehr als 55 Talks mit Gästen initiiert, in denen diese über ihre Erfahrungen mit Personal Branding, Corporate Influencern und CEO-Kommunikation berichten. Seit mehr als zehn Jahren ist er Jurymitglied beim BdKom Award.
Dr. Winfried Ebner baut Communitys und betreibt Data Analytics im Kraftwerk Kommunikation der Deutschen Telekom AG. Der diplomierte Kommunikationswissenschaftler promovierte mit »Community Building for Innovations«, der Untersuchung eines Ideenwettbewerbs als Methode für die Entwicklung und Einführung einer Innovationsgemeinschaft. Seit 2015 begleitet er den Aufbau der #TelekomBotschafter-Community und betreut weitere Initiativen zum »Anders arbeiten – Kunden begeistern«. Für seine Arbeit wurde er unter anderem mit dem HR Innovation Award ausgezeichnet.
Wir lesen schon immer gerne Fachliteratur, doch seitdem wir an diesem Buch gearbeitet haben, noch etwas selektiver, aber auch intensiver.
Vor dem Hintergrund unserer journalistischen und wissenschaftlichen Perspektive hat sich vor allem ein Leitsatz eingeprägt:
Dieser Satz von Isaac Newton hat nichts mit Akrobatik auf Elefanten zu tun, sondern mit dem Vorsatz, das Verständnis und die Erkenntnisse der großen Vordenker:innen zu nutzen, um intellektuelle Fortschritte zu machen.
Vielleicht etwas einfacher beschrieben: Man muss das Rad nicht immer neu erfinden. Deshalb freuen wir uns sehr über ansprechende Bücher und Impulse, die uns jetzt schon seit einigen Jahren bezüglich des Corporate-Influencer-Themas begleiten. Deshalb an dieser Stelle. Danke an alle Vordenker:innen!
Hier unsere Quellen und Literatur, die wir zur weiteren Lektüre empfehlen:
1 https://www.ikw-jugendstudie.org/
2 https://www.edelman.de/research/edelman-trust-barometer-2021
3 https://www.wiwo.de/unternehmen/dienstleister/werbesprech-nie-war-diebotschaft-so-wertlos-wie-heute/23163046.html
4 Eveline Scheerer: Social Media Marketing: Chancen und Herausforderungen für Unternehmen. Diplomica Verlag. 2013.
5 https://pr-blogger.de/2018/02/14/content-fuer-leadmanagement-die-wasserlochstrategie/
6 https://www2.deloitte.com/de/de/pages/technology-media-and-telecommunications/articles/smartphone-nutzung-2020.html
7 https://www.edelman.de/research/edelman-trust-barometer-2021
8 https://de.statista.com/page/content-marketing-trendstudie-2020-de
9 https://omr.com/de/kosmetik-hautpflege-instagram-junglueck-nkm-no-cosmetics-colibri-skincare/
10 Vgl. Laloux 2015
11 https://blog.wiwo.de/management/2021/08/16/new-work-nicht-mal-jedesdritte-unternehmen-reduziert-tatsaechlich-hierarchien/
12 https://www.telekom.com/de/konzern/themenspecials/telekom-botschafter
13 Kruse 2008
14 Gergs; Lakeit 2020, S. 9
15 Ebner 2009, S. 33
16 Kotter 2014, S. 17
17 Kotter 2014, S. 16
18 nach Clement et al. 2005, S. 23
19 Vgl. Nielsen 2006
20 s. Luhmann, Niklas (1986): Vertrauen – ein Mechanismus der Reduktion sozialer Komplexität. Enke, Stuttgart.
21 Kotter 2014, S.18
22 Hüther 2021
23 Kotter 2014, S. 20
24 Stepper 2015, S. 73
25 ebd., S. 79 ff.
26 De Clercq 2018, S. 101
27 vgl. auch Kotter 2014
28 De Clercq 2018, S. 5
29 Sivers 2010
30 Buggisch 2020
31 https://www.gesetze-im-internet.de/tmg/__5.html
32 Schleuter 2019
33 vgl. auch Kluge 2020
34 https://harald-schirmer.de/2019/06/18/was-bringt-mir-ein-soziales-netzwerkesn/
35 De Clercq 2018 S. 183
36 Pfortmüller et al., 2017
37 Vgl. Mönning 2021
38 Vgl. Laloux 2015
39 John Kotter 2014, S. 30
40 vgl. auch Pfortmüller 2017, S. 52
41 https://www.affde.com/de/internet-stats-1.html
42 https://nwx.new-work.se/themenwelten/unternehmen/interview-mit-sap-personalchef-cawa-younosi-die-pandemie-sorgt-fur-eine-vermenschlichung-der-arbeitswelt
43 https://www.datev.de/web/de/m/ueber-datev/datev-im-web/datev-in-sozialenmedien/datev-botschafter/
44 Vgl. Buggisch 2019
45 Vgl. auch Eck 2008
46 https://www.spiegel.de/politik/ausland/trump-feiert-sich-selbst-als-mental-gefestigtes-genie-a-1186544.html
47 Umfrage bei 500 LinkedIn-Nutzer:innen; Eck 2021
48 https://www.zeit.de/digital/internet/2010-08/soziale-netzwerke-freunde/seite-3
49 https://www.nngroup.com/articles/participation-inequality/
50 https://www.zeit.de/digital/internet/2020-10/linkedin-soziales-netzwerk-jobs-kontakte-karriere
51 https://guykawasaki.com/the-art-of-evangelism/; https://www.yaagneshwaran.com/blog/product-evangelism-guy-kawasaki/
52 https://www.handelsblatt.com/politik/international/edelman-trust-barometer-umfrage-viele-menschen-vertrauen-nur-noch-der-wirtschaft/26792422.html?ticket=ST-3714829-2lofX3zfG3oAWrBgksBt-cas01.example.org
53 https://twitter.com/joekaeser/status/996700947966513152?lang=he
54 https://fleishmanhillard.de/kompetenz/authenticitygap/
55 https://www.absatzwirtschaft.de/authentizitaet-diese-luecken-muessen-marken-schliessen-181597/
56 https://www.edelman.de/research/trust-2020-special-report-covid-19
57 https://www.presseportal.de/pm/49071/2482209
58 https://www.oliverwyman.de/
59 https://www.palmerhargreaves.de/blog/linkedin-muss-heute-zur-jobbeschreibung-von-ceos-gehoeren; https://www.wiwo.de/erfolg/management/linkedin-ranking-die-groessten-influencer-unter-den-dax-ceos/26878430.html
60 https://www.linkedin.com/posts/frank-thelen_sexycars-tesla-elonmusk-activity-6760882933466320896-FJuQ
61 https://www.turi2.de/aktuell/hoer-tipp-tina-mueller-spricht-ueber-ihr-internes-image-und-social-media/
62 https://www.manager-magazin.de/unternehmen/soziale-medien-wenn-dax-chefs-posten-twittern-und-irren-a-1dc5ddb9-0002-0001-0000-000178442787
63 https://www.capital.de/wirtschaft-politik/john-legere-der-schraegste-manager-der-welt
64 https://www.manager-magazin.de/magazin/artikel/management-so-verschaffen-sich-unternehmer-internet-kenntnisse-a-961731.htmlergänzt.
65 Von Banxware, siehe https://www.wiwo.de/erfolg/management/die-zahlen-frau-social-ceo-den-gibts-hier-nicht-/26176398.html
66 https://datenschutz-generator.de/corporate-influencer-recht-datenschutz-risiko/
67 https://kevinanderson.nl/how-many-people-are-publicly-using-google-plus/
68 https://www.heidrick.com/en/insights/culture-shaping/Aligning-Culture-with-the-Bottom-Line-How-Companies-Can-Accelerate-Progress?utm_source=Employees&utm_medium=Email&utm_campaign=Heidrick+Email+Signature
69 Vgl. Wolf-Doettinchem 2021
70 https://www.linkedin.com/posts/klauseck_kommentare-hochwasserkatastrophe-telekombotschafter-activity-6828351997473812480-Tvzf; https://www.linkedin.com/posts/stephanietoenjes_politik-linkedin-merkel-activity-6824235421732491264-iQfm
71 https://www.linkedin.com/posts/andrea-leuchs-b4734b134_der-dennis-und-deutsch-das-sind-zwei-universen-activity-6864265560453120000-NRiR
In der Social-Media-Welt kristallisieren sich einzelne Personen heraus, die besonders viel Zuspruch für ihre Onlineaktivitäten erhalten. Diese werden oft als Influencer bezeichnet, wenn sie über ihre Onlineaktivitäten große mediale Reichweiten erzielen und sich darüber eine Onlinereputation aufgebaut haben.
Als Multiplikator:innen nehmen sie sehr viel Einfluss darauf, wie ihre Follower und Fans eine Marke, ein Produkt oder ein Thema wahrnehmen. Das kann für den Erfolg einer Marke sehr wichtig sein. Deshalb haben viele Unternehmen auf die Relevanz bekannter Influencer reagiert, indem sie gezielt auf eine Zusammenarbeit mit ihnen setzen.
Häufig werden Influencer als Testimonials angefragt oder für die Platzierung eines Produktes oder einer Unternehmensbotschaft bezahlt. Dabei achten die Firmen meistens darauf, dass die Reputation oder Expertise eines Influencers zur Marke passt. Dennoch steht die eingekaufte Glaubwürdigkeit mitunter in der Kritik. Seit einigen Jahren müssen Influencer ihre Produktplatzierungen sogar deutlich als Werbung kennzeichnen, damit ihre Interessen erkennbar sind.
Jüngere äußern immer häufiger den Berufswunsch »Influencer« und wollen gerne berühmt werden. Dazu publizierte die Bundesagentur für Arbeit 2019 einen eigenen Eintrag. Der Anteil der 14- bis 21-Jährigen mit dem Lebensziel »berühmt werden« ist von 2009 bis 2019 laut der IKW-Jugendstudie sogar von 14 auf 30 Prozent gestiegen.1 Demgegenüber tun sich viele Erwachsene eher schwer mit dem Influencertum und reagieren darauf skeptisch. Dennoch bleibt das Influencer-Marketing ein MilliardenEuro-Geschäft.
Darüber hinaus prägen Vorstände, Geschäftsführer:innen, Marketers, Social-Media-Verantwortliche, Service- und Vertriebsmitarbeiter:innen, Personalverantwortliche oder Kommunikator:innen das öffentliche Bild. Sie sorgen häufig für den ersten Eindruck, den ein Unternehmen in der digitalen wie analogen Öffentlichkeit vermittelt.
Wenn wir auf LinkedIn die Marke TUI suchen, finden wir dort nicht nur den offiziellen Unternehmensauftritt des Reisekonzerns, sondern mehr als 23 000 Beschäftigte, die einen persönlichen LinkedIn-Account angelegt haben und auf dieser Plattform aktiv sind. Mit ihren öffentlichen Social-Media-Aktivitäten erzielen die Mitarbeiter:innen ohne expliziten Auftrag eine große mediale Reichweite und repräsentieren ihr Unternehmen, wenn sie über ihren beruflichen Lebensalltag berichten.
Das Unternehmen hat daraus seine Konsequenzen gezogen. Laut Stefan Siemon, Senior Manager Digital Communications bei der TUI Group, können in seinem Konzern alle Mitarbeitenden Corporate Influencer sein, die »Freude am Teilen von Storys« haben: »Sie sind stolz darauf, wofür TUI steht, und verkörpern die Unternehmenswerte im beruflichen und privaten Umfeld, ohne ein direktes Incentive dafür zu erhalten. Als Antrieb dient die Motivation, andere Personen an den Geschichten teilhaben zu lassen, den nächsten Karriereschritt zu gehen oder Kolleg:innen auf dieser Reise zu begleiten und zu fördern.«
Für Jessica Nübling, Global Social Media Manager bei der Sick AG, sind Corporate Influencer eigentlich nichts Neues: »Sie sind lediglich eine Form der Markenbotschafter:innen. Denn schon immer waren es Mitarbeiter:innen, die dem Unternehmen ein Gesicht verleihen, dessen Werte vertreten und Themen vorantreiben. Allerdings ist es ihnen selbst nicht immer bewusst. So agieren sie als Multiplikator:innen für das Unternehmen, indem sie Freunden und Bekannten von ihrem Arbeitsalltag und demnach ihrem Arbeitgeber berichten und so Word-of-Mouth-Kommunikation betreiben.«
Dabei will nicht jede:r Social-Media-Nutzer:in immer gleich ein Corporate Influencer sein. Das meint die Kommunikatorin Angelica Bergmann von der Krankenkasse BKK ProVita: »Wichtig zu wissen ist aus meiner Sicht, dass es auch ›unfreiwillige‹ Corporate Influencer geben kann, die unbeauftragt und nicht immer im Sinne des Unternehmens nach außen wirken und dabei mit diesem in Verbindung gebracht werden.«
Das sieht Eugenia Mönning ähnlich. Die Otto-Pressesprecherin Technology & IT hält alle Menschen, die bei einem Unternehmen arbeiten, mehr oder weniger für Corporate Influencer: »Sobald Mitarbeitende sich in ihrem privaten oder beruflichen Umfeld zu ihrem Arbeitgeber äußern oder von ihren Aufgaben erzählen, prägen sie das Bild und die Wahrnehmung ihres Unternehmens.« Einen wichtigen Unterschied macht sie jedoch: Im Speziellen sind Corporate Influencer Menschen, die vom Unternehmen als solche anerkannt sind und durch Trainings oder andere Benefits in ihrer Botschafter:innen-Rolle unterstützt werden.
Eine entsprechende Betreuung hält Sinah Titzmann, DATEV, für sehr wichtig. So können Mitarbeitende viel besser über ihr Unternehmen kommunizieren, wenn sie den Umgang mit Social Media und der Öffentlichkeit gelernt haben. Die DATEV und Otto setzen jeweils auf ein Corporate-Influencer-Programm, über das den Teilnehmenden Social-Media-Kompetenzen und Personal-Branding-Know-how vermittelt werden.
Letztlich sind auch für Mönning Corporate Influencer Mitarbeitende, die über ihre privaten Social-Media-Kanäle, in beruflichen oder privaten Gesprächen oder auf Veranstaltungen Einblicke in ihren Arbeitsalltag geben oder sich mit Fachthemen positionieren und so zu einer Imagebildung, -stärkung oder -veränderung des eigenen Unternehmens beitragen.
Immer mehr Kommunikator:innen haben sich in den vergangenen Jahren nach neuen innovativen Methoden für ihre Arbeit umgesehen und herausgefunden, dass es viele Expert:innen im eigenen Hause gibt, die ebenfalls in Social Media als Personal Brands erfolgreich sind. Das Interesse an Unternehmensbotschafter:innen ist seit einigen Jahren gewachsen.
Dennoch ist ein Corporate Influencer für viele Menschen erst einmal ein unbekanntes Wesen. Was machen diese Corporate Influencer überhaupt?, fragen sich viele. Werden sie dafür bezahlt, die Beiträge ihres Unternehmens auf eigenen Social-Media-Accounts zu verbreiten? Nein, in der Regel keineswegs. Dieses Missverständnis ist im Begriff »Corporate Influencer« angelegt und führt manchmal zu einer gewissen Skepsis gegenüber so einer Rolle.
»Corporate Influencer« ist ein sehr junger Begriff, der zwar englisch klingt, aber in Wirklichkeit erst vor wenigen Jahren im deutschsprachigen Raum entstanden ist. Jedes Unternehmen hat Mitarbeitende, über die wir die Organisation erleben. Meistens lernen wir eine Marke über deren werblichen und kommunikativen Maßnahmen näher kennen.
In Unternehmen werden Corporate Influencer häufig anders bezeichnet. Im Vergleich zum generischen Begriff »Corporate Influencer« werden die Bezeichnungen sehr unterschiedlich genutzt – hier einige Bespiele:
Markenbotschafter:innen wird meistens synonym zum Begriff »Corporate Influencer« verwendet. Allerdings werden zusätzlich externe Influencer und Testimonials als Markenbotschafter:innen bezeichnet. Besonders im Marketingumfeld ist das eine übliche Benennung. Deshalb ist eine Abgrenzung nicht immer einfach. Wir haben uns in diesem Buch und in unserer Beratung für »Corporate Influencer« als generische Beschreibung entschieden, weil der Begriff im Vergleich zu den anderen Bezeichnungen trennschärfer ist. Ergänzend verwenden wir noch den allgemeinen Begriff »Botschafter:in« als Synonym.
Corporate Influencer machen die Kommunikation eines Unternehmens menschlicher und authentischer. Darin sind sich alle rund 100 Projektverantwortlichen einig, die wir für dieses Buch befragt haben. Sie teilen ihre Ideen über ihre eigenen Social-Media-Accounts auf freiwilliger Basis. Jedoch übernehmen sie dabei nicht die Aufgaben der Social-Media-Manager oder der Kommunikator:innen, sondern verbreiten persönliche Unternehmensbotschaften und vermitteln darüber Werte. Dafür erhalten sie von ihrer Organisation die nötigen Ressourcen und Tools.
Wer regelmäßig zeigt, für welche persönlichen und beruflichen Themen er steht, macht sich öffentlich identifizierbar und wiedererkennbar. Mitarbeiter:innen profitieren hierbei von ihren beruflichen Erfahrungen und Branchenkenntnissen. Im Idealfall werden aus Corporate Influencern Meinungsmacher:innen, die mit ihren authentischen Inhalten auf die Reputation eines Unternehmens einzahlen und unter anderem dazu beitragen, dass es als attraktiver Arbeitgeber wahrgenommen wird.
Im Vergleich zu den offiziellen Social-Media-Aktivitäten eines Unternehmens wirkt die persönliche Kommunikation eines Corporate Influencers glaubwürdiger. Gut vernetzte Expert:innen erzielen sogar mit ihren Postings in Social Media größere Reichweiten. Menschen vertrauen lieber anderen Menschen, die ihnen ähnlich sind. Auf abstrakte Marken reagieren sie hingegen weniger stark.
Eine kleine Gruppe von Corporate Influencern kann sehr schnell großartige mediale Erfolge erzielen, wenn sie ihr Netzwerk ausbaut und mit ihren Followern interagiert. Dabei legen Menschen besonders viel Wert auf die Expertise einer Person.
Das Edelman Trust Barometer ist eine jährliche Umfrage zu Vertrauen in Regierungen, Unternehmen, Medien und Nichtregierungsorganisationen. Laut dem Trust Barometer genießen akademische und technische Experten das größte Vertrauen als Informationsanbieter. Sie gelten sogar als glaubwürdiger als Journalist:innen.2 Daher sind sie besonders gut als Corporate Influencer geeignet.
Wie wichtig persönliche Expertise ist, hat sich zuletzt in der Coronakrise gezeigt, in der der Virologe Christian Drosten sehr viel öffentliche Wertschätzung erhalten hat. Wir vertrauen lieber Menschen als abstrakten Institutionen. So konnten einige Virolog:innen und Wissenschaftler:innen zu Medienstars aufsteigen.
Wenn Corporate Influencer ihren Content über ihre persönlichen Social-Media-Kanäle teilen, wird das in der Regel positiv aufgenommen und funktioniert besser als über die herkömmlichen Unternehmenskanäle. Allerdings sollte hierbei niemand an große Influencer-Reichweiten denken. Das ist eher die Ausnahme. Corporate Influencer bedienen ihre kleinen Netzwerke und erreichen pro Person eher Hunderte als Tausende. Im Zusammenspiel von 10, 20 oder 30 Corporate Influencern entstehen dadurch dennoch nennenswerte Reichweiten. Einzelnen gelingt es sogar, sich als Personal Brands zu etablieren und großartige individuelle Reichweiten zu erzielen. Darauf gehen wir näher in Kapitel 4 »Person: Wie Personal Brands wirken« ein.
Im Prinzip können alle Mitarbeitenden eines Unternehmens Corporate Influencer werden. Manchmal ist das nur eine Definitionsfrage. Bei TUI und Siemens gelten alle Mitarbeiter:innen als Corporate Influencer, die auf Social Media aktiv über ihre Marke kommunizieren. Allerdings ist bei so einem Ansatz unklar, ob die einzelnen Corporate Influencer von ihrer Organisation jeweils genügend Unterstützung erhalten. Die Gefahr ist groß, dass auf diese Weise die Mitarbeiter:innen kaum Zeit und Ressourcen nutzen können, um ihrer neuen Rolle gerecht zu werden. Das Corporate Influencing soll dann oft nebenbei gemacht werden.
Unserer Ansicht nach ist es besser und unternehmenspolitisch einfacher zu vermitteln, eine überschaubare Zahl an Corporate Influencern gezielt auszuwählen. Auf diese Weise können strategische Ziele besser erreicht und Ressourcen leichter geplant werden. Bei einer Auswahl der Corporate Influencer gehen Organisationen unterschiedlich vor (siehe Kapitel 2: »Organisation: Wie zentral den Boden bereiten?«).
Im Unterschied zu vielen anderen Mitarbeitenden sind Corporate Influencer oft kommunikativer und mutiger im Außenauftritt, meint die Social-Media-Strategin Jessica Nübling vom Sick-Konzern. »Sie lassen Diversität zu, haben ein Gespür für Trends und handeln sehr stark aus der Eigeninitiative heraus. Es sind Mitarbeiter:innen, die für ihre Themen brennen und dafür zu begeistern sind, ihr Wissen mit anderen teilen und ausbauen wollen. Dafür greifen viele von ihnen auf Kanäle wie Social Media zurück.« Ganz wichtig ist der Corporate-Influencer-Verantwortlichen, dass Corporate Influencer keine Werbemaschinen sind.
Statt von Corporate Influencern spricht der Nestlé-Kommunikator Dr. Clas Dammann lieber von Unternehmensbotschafter:innen: »Im klassischen Sinn repräsentieren sie ihre Organisation mit ihrer eigenen, persönlichen Stimme.« Das findet er sehr gut. Denn die Botschafter:innen haben eine eigene Perspektive auf ihr Unternehmen, eine eigene Haltung und eigene Themen: »Dadurch haben sie eine ureigene, intrinsische Motivation und Spaß an der Sache. So können sie ihre Community mit auf ihre persönliche Reise nehmen. Mit den Geschichten anderer Botschafter:innen ergibt das vielfältige, spannende und lebendige Einblicke in ein Unternehmen. Allerdings benötigen die Botschafter:innen dafür Freiräume, Vertrauen und Unterstützung – fachlich und inhaltlich, gutes Zureden und Support.«
Daniel Hesmer ist für den weltweiten Vertrieb des Maschinenbauunternehmens Knauf PFT in der Bauzulieferindustrie verantwortlich. Für ihn bedeutet seine Rolle als Corporate Influencer »eine tiefe Verwurzelung mit der Marke, den Menschen in der Organisation und vor allem den Kunden und der Branche. Das ist alles gepaart mit Authentizität, darauf Bock haben, Einblicke zu gewähren und Interessierte mit auf eine Reise zu nehmen.«
Dafür sind persönliche Glaubwürdigkeit, Autorität und Reichweite sehr wichtig, ist Angelica Bergmann von BKK ProVita der Ansicht. Wenn diese Voraussetzungen vorhanden sind, können Corporate Influencer sehr gut ihrer Community die Werte und Ziele ihrer Organisation vermitteln: »Dabei steht der persönliche Blickwinkel der Botschafter:innen im Vordergrund, also die eigene Einordnung und Erläuterung von Corporate Content.«
Der Begriff »Corporate Influencer« spiegelt für Markus Gogolin, CMO bei Global Rail Academy and Media GmbH, erst einmal eine Haltung wider: »Hinter dem Corporate Influencer steckt jemand, der die Produkte, die Marke und vieles andere mehr der jeweiligen Organisation oder Branche schätzt und diese Werte authentisch vertritt und kommuniziert.«
»Exzellente Corporate Influencer sind dabei nicht nur Multiplikator:innen nach außen«, meint die Buchautorin und Keynote-Speakerin Anne M. Schüller. »Vor allem sind sie auch Influencer nach innen. Mithilfe ihrer internen Vorstöße und Initiativen sorgen sie für Dynamik, für Innovationssprünge und eine hohe Arbeitgeberattraktivität. Sie sind Weiterdenker:innen, Andersmacher:innen und Zukunftsgestalter:innen. Das muss man nicht nur können, sondern zunächst auch wollen.«
Die Auswirkung auf die interne Organisation ist Marc Raschke, Head of Corporate Communications des Klinikum Dortmunds, ebenfalls sehr wichtig: »Corporate Influencer sind für mich Mitarbeitende, die mit ihrer Persönlichkeit Empfehlungsmarketing in ihren Peergroups außerhalb des Unternehmens betreiben. Zugleich wirken sie damit ins Haus hinein und bilden so einen identitätsstiftenden Baustein des Employer Brandings.«
Ein Corporate Influencer ist somit etwas Besonderes, aber auch nicht ganz leicht per Definition zu fassen. Nicht jede:r Mitarbeitende eignet sich für diese Rolle. Nicht alle verstehen dasselbe unter dem Begriff. Organisationen fällt es oft schwer, die notwendigen Ressourcen für eine große Corporate-Influencer-Gruppe zur Verfügung zu stellen. Aus diesem Grunde empfiehlt es sich, mit einem kleineren Kreis zu starten. Das lässt sich am besten im Rahmen eines Zertifizierungsprogramms aufsetzen, auf das sich alle Mitarbeiter:innen bewerben können. Später lässt sich so ein Programm sehr schnell auf weitere Personen ausweiten.
Beim Aufbau eines Corporate-Influencer-Programms achten viele Unternehmen darauf, Beschäftigte aus unterschiedlichen Hierarchien und Bereichen auszuwählen. Dabei sollte der Auswahlprozess die Interessen der potenziellen Corporate Influencer berücksichtigen und sich an der eigenen Content-Strategie orientieren. Schließlich sollen die Botschafter:innen auf die Content-Strategie einer Firma mit ihren Aktivitäten ebenfalls einzahlen.
Längst nicht jede:r Mitarbeiter:in will in der digitalen Öffentlichkeit stehen. Das sollten Unternehmen akzeptieren und auf das Prinzip Freiwilligkeit setzen. Nur wer eine intrinsische Motivation für das Corporate Influencing hat, bringt auch die Disziplin auf, regelmäßig auf Social-Media-Plattformen aktiv zu sein. Der Aufbau und die Unterstützung von Corporate Influencern kostet immer Zeit und Geld.
Bei der Auswahl der Corporate Influencer sollten Unternehmen darauf achten, dass es eine gewisse Affinität zum Thema Social Media gibt. Niemand muss bereits vorher Erfahrungen mit den einzelnen Plattformen gesammelt haben. In der Regel lassen sich die notwendigen Fähigkeiten sehr schnell in Trainings vermitteln. Es bedarf jedoch eines gewissen Muts, sich auf die digitale Öffentlichkeit einzulassen. Vielen Menschen fehlt es an kultureller Erfahrung, sich in ihr zu bewegen.
Daraus sollte ein Unternehmen nicht den Trugschluss ziehen, dass junge Mitarbeiter:innen aufgrund ihrer Social-Media-Kenntnisse am besten für die digitale Kommunikation geeignet sind. Viel wichtiger ist die Branchenerfahrung, die jemand mitbringt. Erst dadurch erhalten Corporate Influencer in ihrer neuen Rolle ihre Glaubwürdigkeit. Sie sollen nicht die Rolle eines Social-Media-Managers übernehmen, sondern sich selbst in ihren Themenfeldern nachhaltig positionieren, damit Kunden und Bewerber:innen sie als glaubwürdige Ansprechpartner:innen wahrnehmen und akzeptieren. Dabei entscheiden die Corporate Influencer in der Regel selbst, worüber sie kommunizieren und publizieren. Ihren Content produzieren sie selbstständig, erhalten aber hierbei oft eine gewisse Unterstützung von der Unternehmenskommunikation.
Bevor ein Corporate Influencer offiziell loslegt, ist es sinnvoll, ihn in einigen digitalen Wissensgebieten zu schulen. Zentral sind dabei sehr häufig die Plattformen LinkedIn, Instagram, Twitter sowie Blogs und zunehmend Podcasts. Letztlich hängt das von der Branchenzugehörigkeit eines Unternehmens ab. In einer Zertifizierung können die Teilnehmer:innen erfahren, wie sie rechtssicher in Social Media aktiv werden und erfolgreich ihre Kompetenzen sichtbar machen können. Sie lernen zudem, wie sie ihre Personenmarke gezielt vermarkten können. Im Einzelnen geht es manchmal auch darum, gemeinsam Themen zu entwickeln und Blogartikel zu formulieren. Durch Übungen erfahren Corporate Influencer, wie sie ihr eigenes Wissen selbst erfolgreich sichtbarer machen.
Für Außenstehende ist es nicht immer leicht, die Corporate Influencer als solche zu identifizieren. Denn im Social-Media-Profil und Lebenslauf steht bei vielen Akteur:innen nichts über das Corporate Influencing, weil deren persönliche Expertise sinnvollerweise im Vordergrund steht. Corporate Influencer sind erst im Unternehmenskontext erkennbar. Sie bekennen sich allerdings zu ihrer Botschafter-Rolle in Interviews, persönlichen Beiträgen oder über Team-Hashtags auf LinkedIn, Twitter und Instagram.
Zumindest zum Start eines Corporate-Influencer-Programms empfehlen wir, mit einer kleinen Gruppe von etwa 10 bis 20 Personen anzufangen. Bei größeren Unternehmen kann diese nach einer Pilotphase erheblich ausgebaut werden. Schließlich sollte immer bedacht werden, dass jeder Corporate Influencer für seine neue, ergänzende Tätigkeit genügend Zeit braucht und diese Arbeit nicht in seiner Freizeit leisten kann.
Einige Unternehmen wie die Versicherung LV 1871 stellen ihren Corporate Influencern dafür zweieinhalb bis fünf Stunden in der Woche zur Verfügung. Das summiert sich mit der Zahl der Corporate Influencer schnell zu einem erheblichen Ressourcenaufwand, der nicht ohne Weiteres anderen Projekten zugerechnet werden kann. Gleichzeitig verfolgen einzelne Abteilungen oftmals andere Ziele als das Corporate Influencing. Aus diesem Grunde benötigt ein Corporate-Influencer-Programm innerhalb einer Organisation viel Akzeptanz und Verständnis. Denn selbsterklärend ist eine solche Strategie nicht.
Eine zusätzliche Vergütung ist für Corporate Influencer meistens nicht vorgesehen, weil diese ihre neuen Aufgaben in ihrer Arbeitszeit bewältigen sollen. Allerdings erhalten die Teilnehmer:innen an einem Corporate-Influencer-Programm einige Incentives für ihre Rolle. Wer als Corporate Influencer ausgewählt wird, erhält oftmals ein adäquates Training sowie persönliches Coaching. Zudem kann er auf zusätzliche Tools und interne Advocacy zugreifen. Auf die Schulungen gehen wir näher im Kapitel 3.2 »Arbeitsfelder« ein.