Sandro Göpfert

40 Tage
mit
C. S. Lewis

Ein Andachtsbuch

Für Elia Samuel und Hannah Marisa –
die großen Narnia- und Aslan-Liebhaber.

Bibelzitate folgen der Bibel nach Martin Luthers Übersetzung,
revidiert 2017, © 2016 Deutsche Bibelgesellschaft, Stuttgart.

© 2022 Brunnen Verlag GmbH, Gießen

Lektorat: Uwe Bertelmann

Umschlagfoto: Adobe Stock & schutterstock

Umschlaggestaltung: Jonathan Maul

Satz: DTP Brunnen

ISBN Buch 978-3-7655-3735-6

ISBN E-Book 978-3-7655-7634-8

www.brunnen-verlag.de

Inhalt

Vorwort von Matthias Clausen

Einleitung

Tag 1
Entdeckungsreise ins Unbekannte?

Tag 2
Indizien für Gott?

Tag 3
Naturgesetze als Hindernis?

Tag 4
Sehnsucht nach mehr?

Tag 5
Vergottung des Menschen?

Tag 6
Objektiv gültige Werte?

Tag 7
Glaube als Mythos?

Tag 8
Unwissenschaftlicher Glaube?

Tag 9
Entscheidung für Gott?

Tag 10
Ist Glaube Kopfsache?

Tag 11
Glauben wollen?

Tag 12
Bild statt Original?

Tag 13
Kann Schmerz wachrütteln?

Tag 14
Gottes besondere Liebe?

Tag 15
Schöpferische Sprache?

Tag 16
Göttliche Schöpfung?

Tag 17
Begünstigt die Erwählung?

Tag 18
Teuflische Realitäten?

Tag 19
Einzigartig geschaffen?

Tag 20
Heilsamer Scherbenhaufen?

Tag 21
Sündenvergebung durch Jesus?

Tag 22
Wundervolle Jungfrauengeburt?

Tag 23
Beispielhaftes Leiden?

Tag 24
Auferstehung als Initialzündung?

Tag 25
Das Abendmahl verstehen?

Tag 26
Selbstliebe durch Nächstenliebe?

Tag 27
Verliebtheit oder Liebe?

Tag 28
Sexualität im Rahmen?

Tag 29
Warum Demokratie?

Tag 30
Christ gleich Pazifist?

Tag 31
Glaube im Alltag?

Tag 32
Zum Allwissenden beten?

Tag 33
Ist Rache christlich?

Tag 34
Warum Gott loben?

Tag 35
Weltuntergang und Neuschöpfung?

Tag 36
Unaufhaltsamer Fortschritt?

Tag 37
Hoffnungsvolles Sterben?

Tag 38
Den Tod besiegen?

Tag 39
Zur Hölle geschickt?

Tag 40
Gott unwissend dienen?

Quellenverzeichnis – Schriften von C. S. Lewis

Anmerkungen

Vorwort

von Matthias Clausen

Warum sollte man alte Bücher lesen? C. S. Lewis hat sich genau dazu einmal selbst geäußert („Über das Lesen alter Bücher“): Bücher aus vergangenen Jahrhunderten mögen ihre Nachteile haben, schreibt er, sie haben aber den Vorteil, dass sie teils von gänzlich anderen Annahmen über die Wirklichkeit ausgehen als wir heute. Nicht dass sie damit automatisch recht hätten. Aber es kann heilsam sein, einmal die Welt von einer anderen Warte aus zu betrachten. Lewis räumt ein: Noch geeigneter wären dafür sicher die Bücher der Zukunft, aber diese stünden uns bedauerlicherweise nicht zur Verfügung.

Solche kleinen, funkelnden Einsichten sind typisch für Lewis und schon Grund genug, sich mit ihm zu beschäftigen. Es gibt noch zahlreiche weitere Gründe: Er gilt als einer der einflussreichsten christlichen Denker und Autoren des 20. Jahrhunderts. Seine Bücher über Glaubensfragen, seine Kinderbücher und seine Fantasy-Romane haben Generationen von Christen, besonders auch von christlichen Autoren, beeinflusst. Auf deutschen Pastorenkonferenzen, so scherzen Theologen, galt lange: Wer zuerst Bonhoeffer sagt, hat gewonnen. Im englischen Sprachraum galt das Gleiche wohl für Lewis.

Das sind alles wichtige Gründe, aber ganz ehrlich: Was Sandro Göpfert und mich selbst an Lewis begeistert, reicht tiefer, ist persönlicher.

Ich weiß noch, wie ich als Jugendlicher zum Glauben kam und erstmals die „Dienstanweisung an einen Unterteufel“ kennenlernte (siehe den Text zu Tag 26). Schon damals hatte das Buch einige Jahre auf dem Buckel. Es gab auch fast keine Ähnlichkeiten zwischen diesem britischen Literaturprofessor der Kriegszeit und einem Jugendlichen wie mir im aufgeräumten Westdeutschland der 1980er-Jahre. Dennoch las ich das Buch wie an mich gerichtet. Hellsichtig und scharfsinnig beschreibt Lewis, wie wir Menschen uns gerne selbst täuschen und täuschen lassen. Ich weiß noch, wie ich dachte: Dieser C. S. Lewis, woher kennt der mich?

Damit war es um mich geschehen. Lewis’ klare Gedanken und seine Sprache, so präzise wie anschaulich, begeisterten mich für einen durchdachten Glauben. „Pardon, ich bin Christ“, „Über den Schmerz“, „Wunder“ und weitere – eins nach dem andern las ich alles, was damals von Lewis auf Deutsch erhältlich war. Online-Buchversand gab es noch nicht, also verhalf mir erst ein Besuch in London zu Nachschub. Dass ich auf Englisch weiterlesen musste, nahm ich in Kauf. (Erfahrungswert für Lehrer: Idealerweise ist die Lektüre so spannend, dass man die Fremdsprache gar nicht bemerkt.) Bis heute ist zum Glück das meiste übersetzt.

Lewis zu lesen, klärt den Kopf und beflügelt die Fantasie. Und es bringt im Glauben weiter.

Umso dankbarer bin ich Sandro Göpfert dafür, dass er in der großen Schatzkiste von Lewis’ Werk gekramt und besonders kostbare Stücke herausgeholt hat. Dabei hat er sie kenntnisreich eingeführt und für das tägliche Lesen nutzbar gemacht.

40 kurze Texte sind natürlich erst der Anfang – und machen hoffentlich Lust auf mehr.

Marburg, im Oktober 2021
Matthias Clausen

Einleitung

Clive Staples Lewis (1898–1963) wurde in Belfast (Nordirland) geboren und verbrachte seine Schulzeit in England. Vor seinem Literaturstudium in Oxford (1919–1925) kämpfte er für die britische Armee im Ersten Weltkrieg und wurde in Frankreich verwundet. Fast 30 Jahre lang lehrte er anschließend als Tutor für Englische Sprache und Literatur an der Universität Oxford (1925–1954). In dieser Zeit lernte er nicht nur seinen Freund und Kollegen J. R. R. Tolkien kennen, sondern wandte sich in den Jahren 1930–1932 auch dem christlichen Glauben zu, dem er vorher skeptisch bis ablehnend gegenüberstand.

Weithin bekannt wurde C. S. Lewis – oder Jack, wie ihn seine Freunde nannten – durch seine Live-Rundfunkansprachen beim BBC 1941–1942, in denen er seinen Hörern die Schlüssigkeit des christlichen Glaubens nahebrachte und die die Grundlage für sein späteres Buch „Pardon, ich bin Christ“ (1952) bildeten.

„Über den Schmerz“ (1940), „Dienstanweisungen für einen Unterteufel“ (1942), „Wunder“ (1947), „Was man Liebe nennt“ (1960) und einige Sammlungen seiner vielen apologetischen Vorträge, die erst nach seinem Tod herausgegeben wurden, machten Lewis zum weltweit wohl meistgelesenen christlichen Autor des 20. Jahrhunderts. Sein bekanntestes Werk sind allerdings die nicht nur bei Kindern beliebten und inzwischen zum Teil auch verfilmten „Chroniken von Narnia“ (1950–1956). Einen Namen machte sich Lewis auch als Science-Fiction-Schriftsteller mit der bereits 1938–1945 erschienenen „Perelandra“-Trilogie.

Ab 1954 lehrte C. S. Lewis als Professor für Englische Literatur des Mittelalters und der Renaissance in Cambridge. Spät heiratete er 1956 die Amerikanerin Joy Davidman. Ihren Tod vier Jahre später verarbeitete er in seinem wohl persönlichsten und emotionalsten Buch „Über die Trauer“ (1961). C. S. Lewis starb 1963 in Oxford, wo er auch begraben wurde. Bis heute überzeugt und begeistert er jedoch Millionen von Lesern mit seinen klar durchdachten, allgemeinverständlich dargelegten und nicht zuletzt humorvoll geschriebenen Plädoyers für den christlichen Glauben.

Dieses Buch ist in der Überzeugung entstanden, dass es auch fast 60 Jahre nach seinem Tod äußerst lohnenswert ist, sich mit den Gedanken von C. S. Lewis zu beschäftigen. Seine scharfen Analysen und brillanten Argumentationen haben im Laufe der Zeit nichts von ihrer Kraft eingebüßt – auch wenn man sich in seine Sprache sicher erst einmal einlesen muss und seine Ausführungen unser Denken herausfordern.

Lassen Sie sich einladen, Lewis’ Worte im Zusammenhang mit dazu ausgewählten Bibeltexten zu betrachten.

Lesen Sie den Lewis-Text, am besten mehrmals.

Der kurze Bibeltext vertieft das von Lewis Gesagte.

Gönnen Sie sich anschließend eine Zeit der Stille, um die gelesenen Texte auf sich wirken zu lassen. Wo sind Sie im Lewis-Text „hängen“ geblieben? Was haben Sie neu entdeckt? Wo knüpfen die Gedanken an etwas an, das Sie schon einmal gehört haben? Worin stimmen Sie Lewis zu und wo regt sich in Ihnen Widerspruch? Was ist Ihnen unverständlich geblieben? Vielleicht möchten Sie Ihre Gedanken auch schriftlich festhalten.

Die begleitende Erläuterung soll eine Hilfe sein, die jeweiligen Texte im Kontext von Lewis’ Leben und Denken besser zu verstehen.

Anschließende Fragen regen zum Weiterdenken an.

Zum Abschluss jeder Einheit laden Impulse zum Gebet dazu ein, das Gelesene und Bedachte weiter mit Gott zu bewegen.

Dieses Andachtsbuch mit Auszügen aus seinen Hauptwerken bietet eine Art „Reiseführer“ in Lewis’ Vorstellungswelt. Wie bereits das vor vier Jahren erschienene Buch „40 Tage mit Dietrich Bonhoeffer“ eignet es sich damit auch zum Einstieg in eine weitergehende Beschäftigung mit dem Autor. Dazu bieten v. a. die im Brunnen Verlag Gießen und Fontis-Verlag Basel erschienenen Werke reichlich Gelegenheit. Für einen tieferen Einstieg in Lewis’ Denken sei auf das ebenfalls im Brunnen Verlag erschienene Buch „Lunch mit C. S. Lewis. Nachdenken über den Sinn des Lebens“ (2016) des renommierten Lewis-Forschers Alister McGrath verwiesen. Im Stil mehrerer Tischgespräche ist es flüssig geschrieben. Wer sich auf wissenschaftlicher Ebene vertieft in die philosophischen Voraussetzungen von Lewis’ Ansatz einarbeiten möchte, ist mit Norbert Feinendegens „Apostel der Skeptiker. C. S. Lewis als christlicher Denken der Moderne“ (Verlag Text & Dialog, 2015) gut und sehr tiefgründig beraten.

Ich danke dem theologischen Lektor des Brunnen Verlages, Herrn Uwe Bertelmann, für die Initiative und alle Begleitung, die erst zum Erscheinen dieses Buchs geführt haben. Dankbar bin ich auch Herrn stud. theol. Benjamin Schlimper, der mit vielen Anregungen und Korrekturvorschlägen maßgeblich dazu beigetragen hat, dass das Geschriebene besser lesbar wurde, sowie meiner Frau Lydia für den permanenten Austausch über Lewis. Ich widme das Buch unseren beiden Kindern Elia Samuel und Hannah Marisa, mit denen wir schon mit viel Begeisterung in die Welt von Narnia eintauchen konnten. Wir freuen uns auf weitere Lewis-Entdeckungen mit euch in den nächsten Jahren!

Das hier vorliegende Andachtsbuch ist sicher eines der eher anspruchsvolleren seiner Art. C. S. Lewis hat 1944 selbst geschrieben: „Gerade in unserer Zeit ist es besonders nötig, das Wissen zu fördern. Ich für meinen Teil habe festgestellt, daß mir Bücher über dogmatische Fragen oft mehr zur Andacht verhelfen als Erbauungsbücher, und ich vermute, daß es noch vielen so gehen würde. Manch einer, der das Gefühl hat, ‚daß doch nichts passiert‘, wenn er vor seinem Andachtsbuch sitzt oder kniet, würde die Erfahrung machen, daß sein Herz plötzlich von selbst singt, wenn er sich, eine Pfeife zwischen den Zähnen und einen Bleistift in der Hand, durch ein zähes Kapitel Theologie hindurcharbeitet.“1 Ob mit oder ohne Pfeife und Bleistift – ich wünsche allen Lesern wertvolle Entdeckungen mit diesem Andachtsbuch, das durch seine portionierte Aufbereitung hoffentlich doch etwas zugänglicher ist als „ein zähes Kapitel Theologie“.

Tag 1

Entdeckungsreise ins Unbekannte?

„Lucy dachte, es wäre lohnend, einmal die Tür des Kleiderschranks zu probieren, obwohl sie fast sicher war, dass sie verschlossen sein würde. Doch zu ihrer Überraschung ließ sie sich ganz leicht öffnen und zwei Mottenkugeln kullerten heraus. Als sie hineinschaute, sah sie mehrere Mäntel dort hängen – größtenteils lange Pelzmäntel. […] Bald ging sie noch ein Stück weiter hinein und stellte fest, dass hinter der ersten Reihe Mäntel noch eine zweite hing. Hier hinten war es fast völlig dunkel, sodass sie die Arme nach vorn ausstreckte, um nicht mit dem Kopf gegen die Rückwand des Schranks zu stoßen. Sie machte noch einen Schritt tiefer hinein – dann zwei oder drei Schritte – immerzu in der Erwartung, die Holzwand an den Fingerspitzen zu spüren. Aber sie spürte nichts dergleichen. […] Dann bemerkte sie, dass unter ihren Füßen etwas knirschte. […] Doch statt des harten, glatten Holzbodens des Kleiderschranks fühlte sie etwas, das weich und pulverig war und sehr, sehr kalt. ‚Das ist aber komisch‘, sagte sie und ging noch einen oder zwei Schritte weiter. Im nächsten Moment merkte sie, dass nicht mehr weiches Fell an ihrem Gesicht und ihren Händen entlangstreifte, sondern etwas Hartes, Raues, Stacheliges. ‚Nanu, das fühlt sich ja an wie Zweige von Bäumen!‘, rief Lucy aus. Und dann sah sie vor sich ein Licht scheinen; nicht nur ein paar Zoll weit entfernt, wo die Rückwand des Schranks hätte sein müssen, sondern ein ganzes Stück weit voraus. Etwas Kaltes und Weiches fiel auf sie herab. Einen Moment später stellte sie fest, dass es Nacht war und sie mitten in einem Wald stand, mit Schnee unter den Füßen und Schneeflocken, die durch die Luft herabrieselten. Lucy fürchtete sich ein wenig, doch gleichzeitig war sie ganz kribbelig vor Neugier und Aufregung.“

(Der König von Narnia, 16f)

„Bittet, so wird euch gegeben; suchet, so werdet ihr finden; klopfet an, so wird euch aufgetan. Denn wer da bittet, der empfängt; und wer da sucht, der findet; und wer da anklopft, dem wird aufgetan.“ (Mt 7,7f)

Eine Schranktür bildet für uns den Eingang in die Beschäftigung mit C. S. Lewis. Es ist die vielleicht berühmteste und bemerkenswerteste Schranktür der Literaturgeschichte. Für die Geschwister Peter, Susan, Edmund und Lucy ist sie der Zugang zu einer anderen Welt. In dieser werden sie nicht nur den liebenswerten Faun Herrn Tumnus und die böse Hexe Jadis kennenlernen, sondern auch den majestätischen Löwen Aslan. „Der König von Narnia“ ist der 1950 erschienene erste Band der „Chroniken von Narnia“. Sechs weitere Bücher sollten folgen: Einen stellte Lewis chronologisch noch voran, fünf setzen dann die Geschichte in loser Folge fort.

Im Zeitungsartikel „Manchmal sagen Märchen am besten, was man sagen will“ (1956) schreibt Lewis einiges über die Entstehungshintergründe der „Chroniken von Narnia“: Am Anfang kamen ihm einzelne Bilder in den Sinn, die sich dann zu einer Geschichte formten. Der christliche Hintergrund ergab sich erst später von selbst. Wie andere seiner Werke sind auch diese nicht (wie von Kritikern vermutet) absichtsvoll am Reißbrett entstanden, sondern Stück für Stück in seiner Vorstellungskraft gewachsen. Überhaupt ist die Vorstellungskraft ein wichtiger Motor von Lewis’ Schaffen. Das Märchen als kurze, kompakte Form erschien ihm in diesem Fall geeignet, seine mentalen Bilder zu ordnen. Er ist überzeugt davon, dass ein gutes Kinderbuch auch für Erwachsene wertvoll zu lesen ist, denn das Mythische und Fantastische bilden für einige Menschen zeitlebens einen wichtigen Zugang zur Wirklichkeit, für andere dagegen nie.

Die „Chroniken von Narnia“ führen die Leser in eine andere Welt. Auch der christliche Glaube kennt eine solche „Welt hinter der Welt“, die dennoch mit unserer Welt verbunden ist und in sie hineinwirkt. Und wie das Land Narnia, so ist auch das Land des Glaubens ein faszinierendes Land voller Wunder, in dem wir mit einer anderen, tieferen Wirklichkeit in Kontakt kommen können. Neben dem Verstand, den Lewis hoch schätzt, empfiehlt er die Vorstellungskraft als Hilfe beim Entdecken des Glaubenslandes. Vielleicht kann auch dieses Buch mit seinen Texten und Erläuterungen dabei eine Art Reiseführer sein.

»Bin ich wie Lucy ein neugieriger Mensch, der gern Neues entdeckt und sich ins Abenteuer stürzt, oder bin ich eher vorsichtiger?

»Wann bin ich das letzte Mal positiv von etwas überrascht worden?

»Welche Rolle spielt das Spüren und Fühlen beim Glauben?

»Ich bin dankbar, dass es jeden Tag Faszinierendes zu entdecken gibt.

»Ich danke Gott, der auch mein Suchen und Vorantasten wertschätzt.

»Ich bitte um den Mut, immer wieder bei Gott anzuklopfen und dabei neben meinem Verstand auch meine Vorstellungskraft einzusetzen.

Tag 2

Indizien für Gott?

„Wenn es eine steuernde Macht außerhalb des Universums gibt, kann sie sich uns nicht als eines der Fakten innerhalb des Universums zeigen – genauso wenig wie der Architekt eines Hauses selbst eine Wand, eine Treppe oder ein Kamin in diesem Haus sein könnte. Wenn wir auf irgendeine Weise damit rechnen können, dass es sich bemerkbar macht, dann nur in unserem Innern, als ein Einfluss oder ein Gebot, die uns zu einem bestimmten Verhalten veranlassen wollen. Und genau das finden wir in uns vor. […] Wir haben zwei Dinge, die uns etwas über diesen Jemand verraten. Das eine ist das Universum, das er geschaffen hat. […] Der zweite Hinweis ist das Sittengesetz, das er in unser Denken hineingelegt hat. Dieses Beweisstück verrät uns noch mehr als das andere, weil es eine Insiderinformation ist. Durch das Sittengesetz können Sie mehr über Gott herausfinden als durch das Universum im Allgemeinen, genauso, wie Sie über einen Menschen mehr herausfinden, indem Sie zuhören, was er sagt, als indem Sie sich ein Haus anschauen, das er gebaut hat. […] Mit Nachgiebigkeit hat das Sittengesetz nichts zu tun. Es ist hart wie Stein. Es befiehlt einem, das Richtige zu tun, und scheint sich nicht darum zu scheren, wie schmerzhaft oder gefährlich oder schwierig das ist. Wenn Gott wie das Sittengesetz ist, dann ist er nicht weichherzig. […] Das Christentum fordert Menschen zur Umkehr auf und verspricht ihnen Vergebung. Insofern hat es (soviel ich weiß) Leuten, die gar nicht wissen, dass sie etwas getan haben, wovon sie umkehren müssen, und die nicht das Gefühl haben, Vergebung zu brauchen, nichts zu sagen. […] Natürlich bin auch ich der Ansicht, dass der christliche Glaube letzten Endes ein unaussprechlicher Trost ist. Aber er fängt nicht mit dem Trost an. Am Anfang steht die Bestürzung.“

(Pardon, ich bin Christ, 44.49-52)

„Was man von Gott erkennen kann, ist unter ihnen offenbar; denn Gott hat es ihnen offenbart. Denn sein unsichtbares Wesen – das ist seine ewige Kraft und Gottheit – wird seit der Schöpfung der Welt, wenn man es wahrnimmt, ersehen an seinen Werken, sodass sie keine Entschuldigung haben. Denn obwohl sie von Gott wussten, haben sie ihn nicht als Gott gepriesen noch ihm gedankt, sondern sind dem Nichtigen verfallen in ihren Gedanken, und ihr unverständiges Herz ist verfinstert.“ (Röm 1,19-21)

Kann man von Gott wissen oder sogar seine Existenz beweisen? Lewis ist weit davon entfernt, einen neuen Gottesbeweis zu führen, meint aber, dass es Indizien gibt, die es wahrscheinlicher machen, dass es einen Gott gibt, als dass das Gegenteil plausibler wäre.

In seinem apologetischen Hauptwerk „Pardon, ich bin Christ“ (1952) tastet er sich bewusst von außen an diese Frage heran, indem er zunächst von einer „steuernden Macht des Universums“ schreibt. Hier geht es also noch nicht darum, wer dieser Gott konkret ist, sondern was aufgrund der Beschaffenheit dieser Welt überhaupt für die Existenz eines Gottes spricht. Lewis nennt an dieser Stelle zwei Punkte: die Anordnung des Universums und – noch deutlicher – eine Art „moralisches Grundgesetz“, das seiner Überzeugung nach in menschliches Denken allgemein eingebaut ist. Letzteres nennt er in seinem Buch „Die Abschaffung des Menschen“ das Tao (vgl. Tag 6). Lewis meint, dass alle Menschen zu allen Zeiten und in allen Kulturkreisen ein recht ähnliches grundlegendes Bewusstsein dafür haben, was richtig oder falsch ist. Dieses haben wir aber nicht selbst geschaffen, sondern es ist uns vorgegeben. Ob wir uns dessen bewusst sind oder nicht und ob wir es mit etwas Religiösem in Verbindung bringen oder nicht, spielt keine Rolle – entweder wir folgen diesem „Sittengesetz“ oder eben nicht. Wenn wir uns nun aber diesem allgemeinen Gesetz aussetzen, dann können wir eigentlich nur verzweifeln, denn schnell wird uns bewusst, dass wir diesem Anspruch nicht genügen können. Halten wir dennoch daran fest, dass das Gesetz gut und richtig ist, dann stellt sich zum einen die Frage nach dem Gesetzgeber und zum anderen ist spannend, ob dieser uns nicht bei der Erfüllung „seines“ Gesetzes helfen bzw. das Übertreten irgendwie reparieren könnte.

Die Lösung des Problems finden wir mit Lewis nicht nur in der Existenz Gottes allgemein, sondern ganz konkret im christlichen Glauben: Gott fordert zum einen (Gesetz) und er bietet Umkehr und Neuanfang an (Evangelium). Dem Erschrecken über mein Versagen folgt der Trost der Vergebung.

»Ist mir die Vorstellung plausibel, dass es ein allgemeines Sittengesetz gibt, welches in seinen Grundsätzen immer und überall gilt?

»Wie erklären sich dann die zeitlichen und örtlichen Abweichungen?

»War ich schon einmal bestürzt oder erschrocken über Gottes Anspruch?

»Ich bin dankbar, dass ich Gottes Spuren entdecken darf, wenn ich mit offenen Augen und mit klarem Verstand durch die Welt gehe.

»Ich danke Gott, dass er immer wieder auf sich aufmerksam macht.

»Ich bitte Gott um den Mut, von falschen Wegen umzukehren.

Tag 3

Naturgesetze als Hindernis?