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INHALT

Das erwartet Sie
in diesem Buch

Aus europäisch-westlicher Sicht erscheint vieles, was mit dem Staat Japan, einschließlich seiner Geschichte und Kultur und der dort lebenden Menschen zusammenhängt, nicht nur fremd, sondern auch in gewisser Weise unzugänglich und unverständlich. Diejenigen, die sich nicht explizit damit beschäftigen, haben häufig keinerlei Bezug zu Japan. Das gilt selbstverständlich auch für die japanische Mythologie. Im Gegensatz zur griechisch-römischen oder nordisch-germanischen Mythologie ist der Kenntnisstand darüber im Westen eher gering.

Die enorme geografische und kulturelle Distanz sorgt dafür, dass es eher unwahrscheinlich ist, eine oder gar mehrere Personen im näheren Umfeld zu haben, die sich mit dieser Thematik auskennen. Mit anderen Worten: Es handelt sich hierzulande um ein Nischeninteresse. Haben Sie Interesse daran, in dieser Richtung die eine oder andere Bildungslücke zu füllen? Vielleicht besitzen Sie bereits etwas grundlegendes Wissen über Japan und möchten sich als Nächstes mit der dortigen Mythologie befassen, oder Sie sind allgemein daran interessiert, wie sich die Prägung verschiedener Kulturen auf der Welt durch ihre jeweiligen Mythologien äußert.

In jedem dieser Fälle haben Sie beim Kauf dieses Buches die richtige Entscheidung getroffen. Die kulturellen Eigenarten der Welt sind vielfältig und jede von ihnen ist für sich spannend und bietet dem Beobachter viel Interessantes. Japan bildet dabei keine Ausnahme. Und darum soll es in diesem Buch gehen.

Da sich der Inhalt dieses Buches an Einsteiger richtet, möchte ich darauf verzichten, zu sehr auf nebensächliche Einzelheiten einzugehen und Details anzugeben, die nur für professionelle Japanologen relevant sind. Da ich sprechende Namen übersetzen und historische Hintergründe und Kontexte erklären werde, sind Kenntnisse der japanischen Sprache oder Geschichte in keiner Weise vorausgesetzt. Stattdessen soll dieses Buch fachfremden Lesern einen Überblick über den ganzen Themenkomplex verschaffen, der mit dem Stichwort „japanische Mythologie“ zusammenhängt. Das beinhaltet bei Weitem nicht nur die Mythen und Sagen an sich. Sie erfahren alles über Grundbegriffe, die für die Beschäftigung mit dem Thema unumgänglich sind. Vor welchem Hintergrund die japanische Mythologie zu betrachten ist, wovon die mythologischen Erzählungen handeln, wie sie gedeutet werden, in welchen literarischen Werken sie primär aufgezeichnet sind und noch vieles mehr.

Grundlagen

SHINTŌ

Obwohl Japan seit der vollständigen Säkularisierung, die der Regierung des Landes im Jahr 1945 nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs vonseiten der amerikanischen Besatzung zwangsweise auferlegt wurde, keine offiziell festgelegte Staatsreligion mehr besitzt, gibt es dennoch zwei Glaubensrichtungen, die unter der japanischen Bevölkerung mit Abstand am populärsten und am stärksten vertreten sind: Einerseits ist es der Buddhismus, genauer gesagt seine japanische Ausprägung, welche sich von den auf dem asiatischen Festland zu findenden unterscheidet, und andererseits der Shintō (in fachfremden Kreisen auch unter der weniger zutreffenden Bezeichnung „Shintōismus“ bekannt).

Möglicherweise ist Ihnen aufgefallen, dass ich an dieser Stelle bewusst den Begriff „Glaubensrichtungen“ anstelle von „Religionen“ verwendet habe. Auf diese Frage, ob es sich bei Shintō überhaupt um eine Religion handelt, bzw. ob Shintō in geisteswissenschaftlicher Literatur als solche bezeichnet und dementsprechend behandelt werden sollte, gibt es auch innerhalb der Japanologie keine eindeutig richtige Antwort; die Meinungen diesbezüglich gehen auseinander.

Doch nicht nur in der Japanologie im Allgemeinen kommen bezüglich Shintō Schwierigkeiten mit der Begriffsdefinition auf. Auch für dieses Buch im Speziellen sorgt die Stellung des Shintō in Japan dafür, dass es stellenweise schwierig ist, abzugrenzen, was zur japanischen Mythologie zu zählen ist und was nicht. Die meisten mythologischen Erzählungen, die sich als shintōistisch bezeichnen lassen, sind so untrennbar mit dem japanischen Alltagsleben verbunden, dass ein Unterschied zwischen japanischer Mythologie und Shintō-Mythologie oft nicht erkennbar ist.

Genau wie japanische Traditionen und Shintō-Traditionen sind beide Begriffe oftmals als nahezu identisch zu betrachten, sodass es schwerfällt oder manchmal schlicht unmöglich ist, ein bestimmtes Phänomen als ausschließlich japanisch oder shintōistisch einzuordnen, weil charakteristische japanische Eigenarten meist shintōistischen Ursprungs sind oder zumindest stark mit Shintō in Zusammenhang stehen. Dadurch, dass fast jede kulturelle Tradition der japanischen Geistesgeschichte in irgendeiner Weise durch shintōistische Elemente beeinflusst ist, wäre es möglich und legitim, sie alle als eine kollektive Mythologie zu behandeln. Jedoch wäre es, insbesondere für einen Einsteiger, hochgradig verwirrend und unübersichtlich, zu versuchen, sich mit all diesem Inhalt auf einmal zu beschäftigen. Von einer solch ungeheuren Menge an Informationen, wie Namen, Geschichten und Konzepten erschlagen zu werden, wäre eher abschreckend und somit für die Beschäftigung mit dem Thema alles andere als förderlich.