Mister Marple und die Schnüfflerbande – Auf frischer Tat ertapst

Mit Illustrationen von
Nikolai Renger

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© 2020 cbj Kinder- und Jugendbuchverlag
in der Penguin Random House Verlagsgruppe GmbH,
Neumarkter Straße 28, 81673 München
Alle Rechte vorbehalten
Innenillustrationen und Cover: Nikolai Renger
Umschlaggestaltung: Lena Ellermann, Potsdam
aw · Herstellung: AJ
Satz und E-Book-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck
ISBN: 978-3-641-26714-8
V001

www.cbj-verlag.de

Inhalt

Kapitel 1    Feinstaubmonster

Kapitel 2    Heringe und andere wilde Tiere

Kapitel 3    Rauchzeichen

Kapitel 4    Zerbrochenes Glas

Kapitel 5    Alles Einbildung?

Kapitel 6    Unter Verdacht

Kapitel 7    Tot oder lebendig

Kapitel 8    Ein hungriger Roboter

Kapitel 9    Dolce vita!

Kapitel 10    Staubsauger und Presslufthammer

Kapitel 11    Eingefrorenes Brot

Kapitel 12    Hightech-Monster

Extra    Mister Marples hamsterstarke Tipps für Detektivclub-Gründer

»Man kommt in der Freundschaft nicht weit, wenn man nicht bereit ist, kleine Fehler zu verzeihen.«

Jean de La Bruyère

KAPITEL 1

Feinstaubmonster

»Mensch, Elsa, gut dass unsere Zentrale so weit oben liegt«, schnaufte ich, als ich das Dach des Schuppens in Elsas Garten erreichte und mich atemlos in einen der Klappstühle plumpsen ließ.

Elsa sah mich verwundert an. Sie wusste, dass ich Höhenangst hatte und zum Erklimmen unseres Treffpunkts auf der wackligen Strickleiter immer einen Helm und einen Klettergurt trug. Meine plötzliche Freude darüber, dass unsere Zentrale oben lag, konnte sie natürlich nicht verstehen.

»Die Feinstaubbelastung ist nämlich am Boden viel schlimmer«, fuhr ich daher fort. »Die Staubteilchen können in den Blutkreislauf geraten, und wenn es ganz schlimm kommt, kann man davon sogar einen Herzinfarkt bekommen! Hab ich eben in dem Heft aus der Apotheke gelesen!«

Ich hustete künstlich in meine Hand, um zu schauen, ob irgendwelche schwarzen Krümel dabei herauskamen. Zu meiner Erleichterung war nichts zu sehen.

Elsa verdrehte die Augen. Vermutlich dachte sie wieder, dass ich total übertreibe.

»Ich hätte eben beinahe einen Herzinfarkt bekommen – allerdings nicht vom Feinstaub!«, erwiderte sie und ihr Blick verriet, dass sie irgendetwas bedrückte.

»Was?«, rief ich besorgt und sprang aus meinem Klappstuhl auf.

Elsa wedelte sofort mit ihren Händen. »Bleib sitzen! Mir geht’s gut!«

Ich überlegte kurz, ob ich den Notarzt rufen sollte, setzte mich aber wie befohlen wieder hin und sah Elsa fragend an.

»Meine Mutter hat bei einem Preisausschreiben ein Wellness-Wochenende für zwei Personen gewonnen. Sie und mein Vater fahren schon Freitagnachmittag los. Und meine Tante Trixi kommt, um auf mich aufzupassen – als Babysitterin sozusagen!« Elsa stöhnte und mir fiel ein Stein vom Herzen, der mindestens so groß war wie der Mond.

»Mir so einen Schrecken einzujagen!«, beschwerte ich mich. »Von einem Wellness-Wochenende bekommt man doch keinen Herzinfarkt.«

»Nein, aber wenn du wüsstest, wie laut Tante Trixi schnarcht, könntest du verstehen, warum mich diese Nachricht umgehauen hat. Sie ist zwar total nett und lustig, aber sie hat echt ein paar Probleme mit der Atmung.«

Elsa machte nun so laute und übertriebene Schnarchgeräusche, dass über uns ein paar aufgeschreckte Vögel aus dem Baum flogen.

»So schrecklich schnarcht doch kein Mensch«, sagte ich und fing an zu lachen.

Elsa kam nun richtig in Fahrt. Ihr Schnarchen wurde zu einer Art Grunzen und ihr Gesicht bebte, flatterte und wackelte beim Ausatmen, dass mir bei ihrem Anblick ganz schwindelig wurde. Sie konnte sich dabei kaum auf ihrem Klappstuhl halten.

»Glaub mir, das ist Tante Trixi«, sagte sie schließlich und mir liefen vor lauter Lachen Tränen aus den Augen. »Dagegen helfen auch die besten Ohrstöpsel nichts.«

»Dann musst du wohl entweder das ganze Wochenende über wach bleiben oder dir eine andere Bleibe suchen«, sagte ich, nachdem ich mich wieder einigermaßen beruhigt hatte.

Elsa dachte nach. Plötzlich hellte sich ihr Gesicht auf.

»Hey Theo, das ist die Idee!«, jubelte sie und klatschte in die Hände. »Ich könnte endlich mal wieder mein Zelt aufbauen, das ich letztes Jahr zum Geburtstag bekommen habe!«

Sie blickte vom Schuppendach runter in den völlig verwilderten Garten. »Wenn man da hinten ein wenig das Gras mäht, ist das ein idealer Platz. Weit genug weg von unserem Gästezimmer im Haus.«

»Zelten? So ganz alleine in eurem Urwald? Hättest du da keine Angst?«, fragte ich und bekam schon bei dem Gedanken daran eine Gänsehaut.

»Wieso allein?«, erwiderte Elsa. »Du und Mister Marple – ihr beide macht natürlich mit!«

»Das kannst du total vergessen«, protestierte ich sofort. »Zelten steht auf der Liste meiner Lieblingsbeschäftigungen noch weit hinter Zahnarztbesuchen und Bungee-Jumping.«

»Quatsch!«, widersprach Elsa. »Du wirst sehen, das wird ein riesiger Spaß!«

»Auf gar keinen Fall!«, sagte ich streng, doch an Elsas Blick konnte ich sehen, dass die Sache für sie noch nicht abgeschlossen war.

Eine Weile saßen wir nun schweigend auf dem Schuppendach. Elsa ließ ihren Blick durch den Garten schweifen und ich stellte mir vor, wie ich in einem mickrigen Zelt im tiefsten Dschungel lag und in der Dunkelheit um mich herum die gruseligsten Geräusche zu hören waren. Plötzlich stieg in dem Zelt ein dichter, dreckiger Nebel auf. Es musste der Feinstaub gewesen sein, der durch kleinste Ritze ins Innere gedrungen war. Hustend öffnete ich den Reißverschluss des Zelteingangs und blickte direkt in die gelblich leuchtenden Augen eines Urwaldmonsters, das zähnefletschend und Feinstaub pupsend auf mich gewartet hatte.

»Wo ist eigentlich Mister Marple?«, riss mich Elsas Stimme plötzlich aus meinen Gedanken. Mein Herz pochte wie wild und ich brauchte einen Moment, um zu begreifen, dass ich mich nicht im Dschungel, sondern in unserer Zentrale befand.

»Äh, was?«, stotterte ich.

Elsa sah mich grinsend an. Sie wusste, dass ich mit meinen Gedanken manchmal ganz woanders war und dann völlig in meiner Fantasie abtauchte.

»Mister Marple«, wiederholte sie ruhig. »Wo ist er denn?«

»Der schläft tief und fest«, antwortete ich. »Ich glaube, er hat heute Nacht in seinem Laufrad einen Marathon zurückgelegt und ist jetzt fix und fertig.«

Mein Hamster, den ich nach der Detektivin Miss Marple aus meinen Lieblingsbüchern benannt hatte, war kein gewöhnliches Tier. Er drehte seine Runden im Hamsterrad nicht einfach nur zum Spaß, sondern um sich für seine Sondereinsatzkommandos fit zu halten. Er war Mitglied unserer Schnüfflerbande und hatte schon oft dabei geholfen, knifflige Fälle zu lösen. Elsa, mein Hamster und ich hatten uns nämlich mit der Zentrale für tierische Angelegenheiten auf Kriminalfälle spezialisiert, die – wie der Name schon sagte – etwas mit Tieren zu tun hatten. Und da Mister Marple sowohl Menschen als auch Tiere verstehen konnte, war er für solche Angelegenheiten unentbehrlich. Zusammen waren wir das beste Schnüfflerteam der Welt!

»Für einen nachtaktiven Hamster wäre Zelten doch bestimmt toll!«, grinste Elsa, legte ihre Füße auf den verrosteten Campingtisch und verschränkte die Arme hinter dem Kopf.

Ich verengte meine Augen und blickte sie streng an. »Zum letzten Mal: vergiss es!«

Mister Marples
Schnüffler-Protokoll:

Leute, ich bin platt wie ’ne Flunder! Zwei Stunden im Hamsterrad bei dem Tempo – das waren locker 42 Kilometer. Bei einem Marathonrennen würde das Weltrekord bedeuten! Aber wer mich kennt, weiß, dass ich immer alles gebe und mich nicht mit halben Sachen begnüge. Na ja – abgesehen vielleicht von dem halben Stück Apfel, das Theo mir in den Käfig gelegt hat. Da sage ich natürlich nicht Nein! Und wer Topleistungen bringen will, muss auf eine ausgewogene Ernährung mit vielen Vitaminen achten. Das gilt für Profisportler und auch für Star-Detektive wie mich! Bei einem Einsatz muss ich mich voll und ganz auf meinen Körper verlassen können. Genauso wie auf meine empfindliche Spürnase. Und wenn mich dieses Näschen nicht täuscht, riecht es hier auch schon ein klitzekleines bisschen nach einem neuen Fall. Was auch immer es ist – ich werde bereit sein! Jetzt lege ich mich aber erst mal aufs Ohr. Im Schlaf erholen sich die Muskeln nämlich am besten. Und meine durchtrainierten Hochleistungsbeine brauchen dringend mal ’ne Pause …

KAPITEL 2

Heringe und andere wilde Tiere