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© 2022 Walter Franke

Herstellung und Verlag

BoD – Books on Demand GmbH, Norderstedt

ISBN: 9-783755-790068

Vorwort

Liebe Leserinnen, lieber Leser,

Sie interessieren sich für Geschichte und Natur, Sie
wandern gerne und wollen gleichzeitig in die
Geschichte abtauchen?

Dann wird Sie überraschen, welche geschichtlichen
Orte der Taunus für Sie bereithält, deren Existenz
man Ihnen gerne verheimlichen würde.

Die Kultplätze unser Vorfahren liegen teilweise
versteckt, meistens liegen sie auch auf Anhöhen.
Mal kommen sie direkt erkennbar als Teufelsorte
vor, dann wieder als christliche Kirchen, oder sie
werden nur durch den Inhalt von Sagen erkennbar.

Des Teufels Kultorte im Taunus

Wer heute den Rheingau, das Weltkulturerbe oberes Mittelrheintal, mit seinen sonnendurchfluteten Rebhängen oder die weitläufigen Wälder des Taunus besucht, wird kaum daran denken hier mythische, geheimnisvolle und „dunkle“ Orte vorzufinden.

In den farbigen Tourismusbroschüren werden Wein und Weinbau, liebliche Landschaften, stolze Rheinburgen oder besinnliche Wanderungen auf dem Rheinhöhenweg, dem Wispersteig oder dem Rheinsteig angepriesen.

Kurze geschichtliche Informationen beschränken sich meistens auf die Römer, die den Weinanbau in den Rheingau gebracht haben, die heißen Quellen des Wiesbadener Kochbrunnens oder die Erfindung des Buchdrucks mittels beweglicher Lettern durch Johannes Gensfleisch zum Gutenberg. Touristen, aber auch vielen Einheimischen bleibt die dunkle Zeit der Teufel, Riesen und Hexen verborgen … und das ist durchaus so gewollt.

Bevor das Christentum die Taunushöhen eroberte lebten hier Steinzeitmenschen, die Menschen der Bronzezeit, die Kelten und zuletzt die Germanen. Ihre Kultstätten waren Quellen, heilige Wälder, Weiher und Felsen. Hier opferten die Kelten ihren Göttern, dem Hirschgott Cernunnos, dem Sonnengott Belenos oder der heiligen Erdmutter, die Germanen dem Wotan, Donar oder Freya.

Wo sind diese Kultstätten heute? In den Hochglanzbroschüren sucht man vergeblich nach ihnen, aber merkwürdig, auch in den Geschichtsbüchern gibt es kaum Hinweise auf sie.

Gehen wir etwas mehr als 2000 Jahre zurück.

Ab 50 v. u. Z. stießen die ersten Germanen über die Taunushöhen in den Rheingau vor. Dies war vermutlich ein langsamer Prozess. Einige Kelten verließen das Gebiet, viele blieben und arrangierten sich mit den Germanen.

Felsgruppe auf dem Hellenberg bei Wiesbaden-Naurod

Durch die Kelten die im Land blieben, lernten die Germanen die Kultstätten der Kelten kennen und übernahmen diese Kultstätten für ihre eigenen Götter. Fortan zogen Wotan, Donar, Freya und wie sie alle hießen hier ein.

Nach neusten archäologischen Erkenntnissen kamen um 50 v. Chr. Zeit auch die ersten Römer ins Land. Die Bezirksarchäologin Dr. Sabine Schade-Lindig vom Landesamt für Denkmalpflege Hessen konnte die römischen Sandalennägel, die in zwei Römerlager gefunden wurden, sicher der Zeit vor der Zeitenwende zuordnen. Die beiden römischen Militärlager wurden beim Bau der neuen Autobahnbrücke bei Limburg/Lahn entdeckt. Beide Lager befanden sich auf der linken Lahnseite. Leider wurden sie nach der archäologischen Ausgrabung unter der 2015 – 2016 neu erbauten Brückenauffahrt „begraben“. Zur Zeit des ersten römischen Lagers existierte in der Nachbarschaft noch eine kleine keltische Siedlung. Als die Römer einige Jahre später an selbiger Stelle ein neues Lager anlegten, war die keltische Siedlung bereits aufgegeben. Die germanischen Chatten hatten das Land inzwischen erreicht.

Um die Zeitenwende besetzten die Römer Germanien bis zum Rheinufer. Die Römer interessierten sich nicht für die germanischen Götter. Auch als sie später den Rhein überschritten und ihren Machtbereich bis in die Wetterau und auf die Taunushöhen ausdehnten, konnten die Germanen ungestört ihren Göttern huldigen. (Der Taunus trug damals noch keinen Namen bzw. sein Name ist nicht überliefert. Im Mittelalter nannten die Bewohner den Gebirgszug einfach „Die Höhe“. Ältere Orte heißen daher auch heute noch „Bad Homburg vor der Höhe“ oder „Hausen vor der Höhe“.

Nach der Entdeckung der Abschrift eines Teils der Annalen des römischen Geschichtsschreiber Tacitus, im Kloster Corvey, in denen er von einem „castellum in monte tauno“ berichtete, ging man davon aus, dass dieses Kastell irgendwo auf „der Höhe“ gelegen haben müsste und man nannte deshalb den ganzen Gebirgszug „Taunus“, zumal eine römische zivile Verwaltungseinheit „civitas taunensium“ hieß.

Die Archäologie und die Historiker gehen allerdings davon aus, dass dieses Kastell „in monte tauno“ unter der heutigen Burg in Friedberg zu suchen sei. Ein Kastell an dieser Stelle ist auch archäologisch nachgewiesen, aber reicht das aus um in diesem Kastell das castrum in monte tauno zu sehen? Wo in aller Welt ist denn im weiten Rund um Friedberg ein „monte tauno“? Dieser Berg muss ja in Rom so bekannt gewesen sein, dass es keiner näheren Angaben in den Annalen bedurfte wo denn dieser Berg genau liegt. Außerdem liegt Friedberg nicht am Rhein, noch nicht einmal in der Nähe des Rheins, aber genau das beschreibt Tacitus. … ein weiteres Kastell in monte tauno am Rhein.

Wollte man in der römischen Politik etwas werden, war die Laufbahn vorgezeichnet. Eine Zeit in der Armee gehörte dazu. So werden doch einige der Politiker im Rahmen ihrer Militärlaufbahn auch in Mainz gewesen sein. Was fällt jemanden auf, wenn er heute vom ehemaligen Legionslager in Mainz hinüber auf „die Höhe“ also den Taunus blickt? Nichts! Vorausgesetzt, man lässt die Funktürme auf dem „Großen Feldberg“ und der „Hohen Wurzel“ unbeachtet. Heute fällt einem nichts (mehr) auf, aber vor 2000 Jahren war das anders. Dem Großen Feldberg vorgelagert und weit in die Mainebene hinein ragend liegt der „Altkönig“.

Dieser Berg besitzt als einziger der Dreiergruppe, bestehend aus Großen und Kleinen Feldberg und dem Altkönig, eine Ringwallanlage mit zwei Ringwällen. Vor 2000 Jahren war der Altkönig noch komplett waldfrei und die heutigen Ringwälle waren noch größtenteils intakte Ringmauern (Holzschlitzmauern) aus heller Taunuswacke. (Wacke ist eine Steinart im Taunus). Nach Mainz leuchteten diese Steinmauern in der Mittagssonne weit hinüber. Der Altkönig war vielen der römischen Senatoren sicher bekannt gewesen. Im Altkönig sollte man eher den Monte Tauno vermuten, als im rheinfernen Friedberg.

Hier unterhalb des Altkönig dürfte das Kastell „in monte tauno“ zu suchen sein. Die Römer nannten die civitas, die die Verwaltungseinheit nördlich von Frankfurt bildete, „civitas taunensium“. Hauptort war Nida. Dieser Ort liegt heute unter dem Erdboden des Frankfurter Vorortes Heddernheim und somit direkt in der Ebene unterhalb des Altkönigs. Sollten die Römer ihre civitas wirklich nach einem unbedeutenden Hügel in fernen Friedberg benannt haben? Ich kann mir das nicht vorstellen. Aber was heißt unbedeutend? Der monte tauno war eben nicht unbedeutend.

Viele Menschen gehen davon aus, dass Tacitus der einzige war, der den monte tauno erwähnt hat. Das stimmt aber nicht. Bereits vor Tacitus hat der Geograph Pomponius Mela in seiner Weltbeschreibung aus der Zeit 43/44 nach Christus den monte tauno das erste Mal erwähnt. Er schreibt: „Der monte tauno und der monte rheticus sind die höchsten Berge von Germanien – abgesehen von denjenigen, deren Namen ein römischer Mund kaum aussprechen kann.“

Das bedeutet, dass es in Germanien zwar noch weitere hohe Berge gibt, als die beiden genannten, aber der tauno und der rheticus zählen zu den größten Bergen in Germanien. Rund um Friedberg gibt es aber keinen Berg, der zu den höchsten Bergen in Germanien zählen könnte.

Berücksichtigt man die Aussage des Pomponius Mela, kann man kaum das Kastell in Friedberg, als das bei Tacitus genannte Kastell bezeichnen. Es gibt dort nun mal keinen Berg, der zu den höchsten Bergen in Germanien zählt. Trotzdem steht in nahezu jeder geschichtlichen Abhandlung in der auf das Kastell in monte tauno eingegangen wird, dass es, gem. der archäologischen Forschung, in Friedberg liege.

Warum gibt es aber so wenige Informationen zu den heidnischen Kultplätzen?

So tolerant der Römische Staat in religiösen Angelegenheiten war, so absolut war der Anspruch der später vordringenden römisch-christlichen Kirche, die das Christentum der ganzen Bevölkerung überstülpte. Es dürfte fortan nur noch einen einzigen, wahren Gott geben.

Nur ein Gott? - na ja, genaugenommen sind es in der Römischen Kirche ja drei Götter die eine Einheit bildeten, Vater, Sohn und heiliger Geist. Das muss man jetzt nicht ganz verstehen. Allerdings ist die dreigöttliche Einheit auch nicht ganz neu, die Römische Kirche hat das einfach bei den Heiden abgekupfert, wie viele andere Dinge ebenfalls.

Jedenfalls gab es ab sofort nur noch einen Gott, bzw. drei Gott, (um Gottes Willen, nur keine Mehrzahl) sein Sohn und den Heiligen Geist, aber keinesfalls mehr – naja, vielleicht doch noch Maria, nicht als Gott, aber als Mutter von Jesus und Frau des – nein eher nicht, sondern nur Mutter. Eine Heilige jedenfalls, denn auch die bei den Germanen sehr beliebte Erdmutter musste ja irgendwie ersetzt werden. Für Wotan und Co. gab es allerdings keine Existenzberechtigung mehr. Die germanischen Götter wurden zu Teufeln oder Riesen stigmatisiert, ihre Anhänger verfolgt, getötet, germanische Kultstätten okkupiert und wenn das nicht ging verfluchte man die Orte der Kultstätten oder man lies sie einfach „verschwinden“.

Wie, verschwinden? Wie lässt man eine Kultstätte verschwinden? Man lässt sie verschwinden, indem man ihre Namen auslöscht, d. h. ihre Namen wurden einfach getilgt.

Wie löscht / tilgt man diese Namen aus?

Die Erklärung gibt es auf den nächsten Seiten.

Im Volk wurden Informationen seit ewigen Zeiten durch Erzählungen weitergegeben. Diese Erzählungen wurden damals Lieder genannt, heute nennen wir diese Volkserzählungen Sagen. Das änderte sich auch nicht nach der Einführung der neuen Religion – nur war es jetzt gefährlich offen über die alten Götter zu erzählen. Der neue Gott war laut Neuem Testament gnädig, seine Kirche kannte dagegen keine Gnade.

Aus den Göttern machte das Volk in seinen Liedern daher Riesen, weiße Frauen oder auch – ganz im Sinne der Römischen Kirche eben Teufel. Aus Wotan wurde der Riese Wode, aus Freya wurde Frau Holle oder die braune Holle.

Fast scheint es, als habe die Römische Kirche auch in der heutigen Zeit noch Verbündete um jede Erinnerung an die alten Götter auszulöschen. Ihre Helfer in der heutigen Zeit sind Rundfunk, Kino, Fernsehen, Internet, sie sind an die Stelle der abendlichen Treffen unter der Dorflinde getreten. Wer wollte sich denn jetzt noch Sagen anhören.

Dass wir auch heute noch auf diese Sagen zurückgreifen können verdanken wir Menschen wie Jakob und Wilhelm Grimm, die – quasi in letzter Minute – viele alten Sagen und Überlieferungen aufgeschrieben haben.

Was wurde aus den alten Kultplätzen?

Wo immer es der Kirche möglich war, wurde der Kultplatz okkupiert. War es ein Kultplatz, der weithin bekannt war, baute die Kirche ein Kloster darauf. Als Beispiel soll hier der Disibodenberg herangezogen werden, auch wenn der Berg an der Glan in Rheinland-Pfalz und nicht im Taunus liegt. Der Berg war dem Belenos geweiht.

Weit blickt man von Disibodenberg aus ins Land, ein wichtiger Kultplatz für einen der keltischen Hauptgötter. Da war es der Kirche wichtig die Erinnerung nachhaltig auszulöschen und baute ein Kloster auf den Berg. Auf der höchsten Stelle im Kloster steht allerdings eine St. Michaelkapelle. Hat das irgendeine Bedeutung? Ja, hat es, es fällt nämlich auf, dass Kirchen die auf Kultplätzen erbaut wurden ein Patronat besaßen, dessen Patron ähnliche Merkmale besaß, wie sie der heidnischen Gott besessen hatte. Die Kirche achtete darauf, welche Attribute dem jeweiligen Heidengott zugeordnet waren und ersetzte diesen durch einen Heiligen, mit eben diesen Attributen.

Im Falle des Klosters auf dem Disibodenberg war es der hl. Michael, mit den Attributen Schwert, Feuer, Beschützer der Reisenden. Das sind auch die Attribute, die dem Belenos zugerechnet werden.

Ein weiteres Beispiel ist die Lubentiuskirche in Dietkirchen an der Lahn bei Limburg. Weit sichtbar thront die heutige Kirche, fast könnte man die Kirche als Basilika bezeichnen, über dem Lahntal auf einem mächtigen Felsen. Am Fuße des Felsens hat sich nach dem Kirchenbau ein winziges Dörfchen gebildet. Mit dem Bau der „Basilika“ hat sich die Kirche mächtig ins Zeug gelegt. Der Hintergrund ist auch hier ein alter Kultplatz auf dem Felsen.