1. Auflage, 2022

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PAGE19

Text, Illustrationen & Coverdesign

Ben Griessler

Herzog-Albrecht-Straße 5-7,

2361 Laxenburg

page19office@gmail.com

www.page19.eu

Books on Demand GmbH, Norderstedt

ISBN 978-3-7557911-2-6

Für meine
hochgeschätzten
Kameraden & Kameradinnen!
Gut Wehr!

Inhaltsverzeichnis

Kapitel 1

Ohne Vorwarnung wurde Emma aus ihrem Schlaf gerissen. Ihr Pager weckte sie mit dem unverkennbaren, ohrenbetäubenden Alarm. Gefolgt von einer digitalen Stimme welche die Einsatzinformationen vermittelte.

Die Vierundzwanzigjährige warf die kuschlige Bettdecke zur Seite und schlüpfte in ihre Socken. Dann sprang sie in ihre Jogginghose und zog einen AMI Paris-Hoody drüber. Bei ihren ersten Einsätzen lief das noch relativ verwirrt und verschlafen ab, doch im Laufe der Zeit bei der Feuerwehr wurde sie immer routinierter und schneller.

Sie hatte sogar eine kleine Challenge mit einem Kameraden am Laufen. Edi und sie eiferten bei jeder Alarmierung um die Wette, wer zuerst im Feuerwehrhaus ankommen würde.

Der Verlierer musste dann nach dem Einsatz dem anderen einen Kaffee spendieren.

Nun ging es allerdings um die Wurst. Oder besser gesagt um die Tofu-Wurst, aber dazu später mehr. Währenddessen sie in ihre Sneaker stieg, lauschte sie mit einem Ohr der Einsatzinfo. Es war ein Dachstuhlbrand.

Emma Cord knallte die Wohnungstüre zu, huschte das Treppenhaus hinunter und entsperrte schon von weiten ihren dottergelben Porsche Boxster S. Mit quietschenden Reifen verließ sie den Parkplatz und brauste mit sechzig Sachen zur Feuerwehr.

Da es August war hatte sie das Verdeck offen und spürte den angenehmen Fahrtwind in ihren braun gelockten Haaren. „Hoffentlich ist niemand mehr im Haus. Wir dürfen nicht zu spät kommen“, dachte sich Emma mitfühlend.

Ohne zu blinken, bog sie auf den Vorhof der Feuerwehr und stellte ihren Sportwagen neben dem Bike von Edi ab.

„Verdammt! Er war schneller. Vermutlich cruiste er grad durch die Nacht.“

Die automatisch-gesteuerte Türe stand offen. So sprintete sie rasch zu ihrem Spind und zog sich ihre Uniform an. Erst die Latzhose und die Stiefel, gefolgt von der schweren Schutzjacke. Zum Schluss packte sie ihren Helm und lief in die Fahrzeughalle.

Blitzschnell sah sie ein noch zur Hälfte unbesetztes Fahrzeug. Einen Mercedes Sprinter. Ein dreiachsiges Löschfahrzeug mit Allradantrieb.

Also entschied sie sich dafür. Und zu ihrer Überraschung saßen bereits Edi und Mike darin und legten das Atemschutzgerät an. Die Nordafrikanerin setzte sich auf den letzten Atemschutzplatz. Aus einer Seitentasche zog sie ihre Sturmhaube und strich ihre Haare darunter. Je weniger Haare sie in ihrem Gesicht hatte, desto dichter lag die Maske an.

Die Gurte festgezogen, machte sich die Feuerwehrfrau nun an die Kurzüberprüfung. Also die 3oo Bar Komposit-Flasche aufdrehen und den Fülldruck checken. „Alles Bestens! 290 Bar. Übrigens, guten Morgen ihr beiden.“

„Guten Morgen Emma, gut geschlafen?“ konterten die beiden.

Noch bevor die junge Frau antworten konnte, schaltete der Maschinist das Martinshorn an und das Fahrzeug setzte sich in Bewegung. Dicht gefolgt von einem Tankwagen düsten die Feuerwehrautos zum Einsatzort.

Nach etwa einer Minute war der Trupp mit dem Ausrüsten fertig. Taschenlampen wurden getestet und schließlich setzte sich das Trio den fluoreszierenden Helm auf.

„Okay Kameraden! Das Brandobjekt ist ein zweistöckiges Einfamilienhaus. Ihr schnappt euch genügend C-Schläuche und ein Strahlrohr. Und die Wärmebildkamera nicht vergessen!“, delegierte der Gruppenkommandant Peter vom Beifahrersitz aus.

„Verstanden!“, antworteten alle drei von der Mannschaftskabine. Der blaublinkende Konvoi überfuhr die Kreuzung bei Rot und fuhr in die Straße des Brandes ein. Sofort erblickten sie das helllodernde Feuer auf dem Dach des Gebäudes.

Die Einsatzfahrzeuge parkten am Straßenrand vor der Einfahrt des Hauses. Jetzt ging alles Schlag auf Schlag. Durch zahlreiche Einätze und Übungen wusste jeder was er nun zu tun hatte.

Innerhalb weniger Sekunden wurde eine Zubringleitung vom Hydranten zum Auto gelegt und der Atemschutztrupp erhielt letzte Instruktionen, ehe sie ins Objekt vordringen konnten.

Edi war der erste Mann, was bedeutete das er voran ging und die verrauchte Umgebung abtastete. Danach folgte Emma und zum Schluss Mike.

Die Eingangstüre war bereits offen, vermutlich von den Personen, welche im Pyjama draußen standen und panisch winkten.

Über Funk erhielten sie wenige Augenblicke nach Betreten die Information, dass sich alle Personen bereits draußen befanden. Sichtlich erleichtert atmete Emma aus und setzte ihren Fokus nun darauf die Schäden in Grenzen zu halten und das Feuer schnellstmöglich zu bekämpfen.

Kniend bewegte sich der Trupp vor. Rasch fand Edi die Treppe ins nächste Stockwerk. Er überprüfte die Decke und die restliche Umgebung mit der WBK und deutete dann, dass sie weiter gehen konnten. Vorsichtig und geduckt stiegen sie die Treppen empor. Oben angekommen endschied der muskulöse Feuerwehrmann, dass sie noch eine weitere Etage rauf müssten.

Doch in der Hektik vergaß Edi das Abscannen.

Am Ende der Stufen erreichten sie ein kleines Plateau vor einer verschlossenen Holztüre. Die Hitze war deutlich spürbar. Unmittelbar begannen die Feuerwehrleute zu schwitzen. Doch die Schweißperlen konnte man nicht so einfach unter der Maske wegwischen. Um dennoch irgendetwas zu erkennen, musste man blinzeln.

Unter dem Türschlitz drang bereits tiefschwarzer Rauch hervor. Das Trio spritzte kurz in eine Ecke, um sicher zu gehen, dass sie ein gefülltes Rohr hatten.

Dann trat Mike die Türe ein. In der Sekunde zersplitterte diese und sprang auf. Doch plötzlich ertönte ein unheimlich beängstigendes Geräusch von oben herab. Anscheinend stützte die Zimmertüre den Türrahmen, auf dem ein nicht unerheblicher Teil des Dachstuhls lastete.

Rechtzeitig zogen Emma und Edi ihren Kameraden zurück. Um Haaresbreite wäre er von den herabfallenden Balken getroffen werden und ums Leben gekommen.

„Das war knapp, Danke!“

Der Trupp hatte jedoch nicht viel Zeit zum Durchatmen. Jetzt hatten sie ein größeres Problem. Mit den gefallenen Trümmern breitete sich nun auch das Feuer auf ihrer Etage aus. Meterhohe Flammen züngelten vor ihnen auf. Jeder im Trupp wusste, wenn sie nicht sofort reagieren würden, werden sie bei lebendigem Leib gegrillt. In der Tat keine angenehme Vorstellung.

Ohne lange nachzudenken, betätigten sie die Wasserschildfunktion des Strahlrohres. Diese Handlung ermöglichte es ihnen sich aufzurichten, zu sammeln und mit einer zweiten Chance den Brand zu bekämpfen.

Edi wechselte auf den Vollstrahl und begann die heißen Flammen von sich weg, zu löschen. Meter für Meter arbeiteten sich die tapferen Feuerwehrleute vor. Zuerst löschten sie das Höllenfeuer von den Balken und dem Teppichboden ab. Als das geschafft war, ebnete sich die Sicht zum Dachstuhl. Das war aufgrund des pechschwarzen Rauches nun nicht gerade viel mehr, dennoch reichte es. Emma und Mike arbeiteten zügig und effizient mit dem Strahlrohr.

Je mehr sie ablöschten desto dunkler wurde es im Raum. Der Fußboden, die Wände und selbstverständlich die Überreste der Decke waren von Ruß überdeckt oder angekokelt.

Sie hatten etwa die Hälfte des Raumes gelöscht, da drudelte der zweite Trupp ein und unterstützte sie bei den Löscharbeiten. Zu sechst brachten sie den Brand schnell unter Kontrolle und kurz darauf war er ganz aus.

„Alles in Ordnung, Mike? War vorhin verdammt knapp!“, meinte Emma bei den Nachlöscharbeiten.

„Ja, zum Glück bin ich unverletzt. Ich verdanke euch mein Leben. Beinahe wäre ich abgekratzt. Dankeschön! Ich stehe tief in eurer Schuld!“

„Aber nicht doch. Du bist unser Kamerad. Das ist unser Job!“, antworteten die beiden anderen fast wortgleich. Mit vereinten Kräften waren auch die Nachlöscharbeiten rasch erledigt. Zum Schluss scannten sie die betroffenen Räume noch mit der Wärmebildkamera ab und räumten die Schläuche mit den anderen eingesetzten Mitteln zurück in die Fahrzeuge.

„Sehr gute Arbeit! Versorgt bitte die Gerätschaften, wechselt die Atemschutzflaschen und wir können wieder einrücken!“, verkündete der Einsatzleiter.

Gesagt, getan. Nach etwa einer Stunde waren die beiden Einsatzfahrzeuge wieder völlig einsatzbereit. Auf der Heimfahrt teilte der Gruppenkommandant der Mannschaft mit, dass die betroffene Familie bereits einen Unterschlüpf bei der Verwandtschaft gefunden hat.

„Nun ist die Frage was das größere Übel ist. Das abgebrannte Dach oder die kommende Zeit bei den Schwiegereltern!“, scherzte Edi. Gelächter brach aus.

Kapitel 2

Im Feuerwehrhaus angekommen half Emma die schmutzigen und nassen Schläuche im Turm aufzuhängen. Dann reinigte sie ihre Maske und zog sich endlich ihre verschwitzte Uniform aus. Wieder in der legeren, bequemen Kleidung schlürfte die erschöpfte Emma zum Kaffeeautomaten und drückte zwei Cappuccino herunter.

Sie reichte einen Becher Edi, dann nippte sie genüsslich an ihrem. „Danke. Aber um fair zu leiben. Bei der Alarmierung war ich gerade am Heimweg vom Kino.“

„Abgemacht ist abgemacht. Da es jetzt eh schon fünf in der Früh ist können wir gleich wachbleiben. Was sind denn deine Pläne für heute?“, fragte Emma, während sie mit beiden Händen das heiße Getränk festhielt.