Ricarda Kinnen • Dr. med. Jens Wurster
Diagnose Brustkrebs
Selbstbestimmt die
Heilungschancen fördern
IMPRESSUM
© 2021 by Irisiana Verlag, einem Unternehmen der Penguin Random House Verlagsgruppe GmbH, Neumarkter Straße 28, 81673 München
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PROJEKTLEITUNG:
Inga Heckmann
LEKTORAT:
Dr. Ulrike Schöber
KORREKTORAT:
Susanne Schneider
HERSTELLUNG:
Claudia Scheike
SATZ:
KompetenzCenter, Mönchengladbach
UMSCHLAGGESTALTUNG UND KONZEPTION:
geviert.com unter Verwendung von Abbildungen von © shutterstock
ISBN 978-3-641-27414-6
V002
INHALT
Vorwort
Meine Brustkrebsreise
Leider bösartig!
Im falschen Film
Die Kuh auf dem Eis
Perspektivwechsel
Die Segel setzen
Hurra und Tränen
Eigenautorität – auf die innere Stimme hören
Hol dir deine Krone zurück
Ich bin kein Opfer
Sei Königin
Schulmedizin
Das Mammakarzinom
Was passiert in meiner Brust?
Diagnose ohne Strahlung
Diagnose mit Strahlung
Diagnose per Gewebeprobe
Brustkrebs ist nicht gleich Brustkrebs
Das histologische Gutachten
Das Tumorprofil
Die besondere Bedeutung der Biomarker
Metastasensuche
Therapiemöglichkeiten
Operation
Besser vorab klären
Verschiedene Methoden
Du hast ein Recht auf schöne Brüste
Chemotherapie
Der Chemofahrplan
Mit welchen Nebenwirkungen musst du rechnen?
Gut nachgefragt ist halb gewonnen
Zielgerichtete Therapie
Bestrahlung
Wie funktioniert eine Strahlentherapie?
Mit oder ohne Lymphe
Nebenwirkungen und Langzeitfolgen
Hormontherapie
Hormone austricksen
Hormone stoppen oder ersetzen
Eine kleine Entscheidungshilfe
Komplementäre Medizin
Krebs als Krankheit des Immunsystems
Heilkunde im Kreuzfeuer der Kritik
Homöopathie: Ähnliches heilt Ähnliches
Wissenschaftler von beiden Seiten
Wasser als Informationsträger
Homöopathische Anamnese
Ein hoffnungsloser Fall?
Ein unkomplizierter Fall
Homöopathische Begleitung der Chemotherapie
Arsenicum album
Nux vomica
Cadmium sulfuratum
Phosphor
Okoubaka
Sulfur
Tabacum
Ipecacuanha
Chininum sulfuricum
Homöopathische Begleitung bei Bestrahlungen
Homöopathie bei einem fortgeschrittenen metastasierten Mammakarzinom
An das Unmögliche glauben
Ernährungsmedizin
Heilen mit Genuss
Gib den Zellen gesundes Futter
Wie stelle ich meine Ernährung um?
Sekundäre Pflanzenstoffe als natürliche Unterstützung
Beeren
Grünes Gemüse und Kreuzblütler
Alliumgewächse
Soja
Pilze
Samen und Körner
Granatapfelsaft
Dunkle Schokolade
Kaffee
Rosmarin
Olivenöl
Kurkuma
Karotinoide
Sulforaphan
Die Mischung machts
Eine Extraportion Mikronährstoffe
Vitamin D
Vitamin C
Selen
Jod
Magnesium
Omega-3-Fettsäuren
Melatonin
Kulinarisches Gift
Zucker und Weißmehl
Milchprodukte
Alkohol
Rotes Fleisch
Allgegenwärtige Umweltgifte
Natürliche Medizin
Pflanzenheilkunde
Ayurveda
Curcumin
Indischer Weihrauch
Ashwagandha
Ingwer
Pippali
Traditionelle Chinesische Medizin
Artesunat
Heilpilze
Europäische Phytotherapie
Veilchen
Schierling
Alant
Odermennig
Ringelblume und Rotklee
Cannabidiol
Bioimmunwissenschaft
Das Problem der Tumorstammzellen
Den Tumor nachhaltig hemmen
Orthomolekulare Mittel
Body-Mind-Soul-Medizin
Sport und Immunsystem
Sport als Prävention
Bewegung während der Krebstherapie
Das Rückfallrisiko senken
Emotionen und Immunsystem
Bedürfnisse (be)achten
Schaden durch unterdrückte Gefühl
Angst essen Seele auf
Das Entweder-Oder-Prinzip
Gedanken und Körperintelligenz
Der Placebomechanismus
Love is all you need
Die Neuroplastizität des Gehirns nutzen
Ich denke mich gesund
Die Kraft der Visualisierung
Die Energie folgt der Aufmerksamkeit
Positive Gefühle verstärken
Das Glück suchen
Singen macht glücklich
Spiritualität und Heilung
Brustkrebs aus spiritueller Sicht
Wissenschaft und Spiritualität
Vom Warum zum Wofür
Rituale
Mein Tumor, der Amethyst
Die Welt der Energiemedizin
Die Sicht der Schamanen
Chakren und der Illuminationsprozess
Heilung der Seele
Buddha sagt …
Aufmerksamkeit als heilende Qualität
Liebevolle Güte – friedvolles Akzeptieren
Die neue Energieheilung
Quantenheilung
Zeitloses Jetzt
Phönix steigt wieder auf
Danke
Anhang
Literatur
Öffentliche Institutionen und Publikationen
Initiativen und Vereine
Podcasts
Apps
Genexpressionstests
Wiedererkrankungsrisiko-Test:
Hier habe ich mein Onkobiogramm machen lassen
Komplementär arbeitende Kliniken
Plattformen für Spiritualität und persönliches Wachstum
Mantra von Seite 214
Kontakt zu den Autoren
Sei Königin deines eigenen Reiches, und du wirst wie eine Königin behandelt.
Achte dich selbst, achte auf dich, und du wirst geachtet.
Verzeihe, und alles kommt in die Balance.
Sei eigenmächtig, und niemand wird Macht über dich haben.
Luisa Francia
VORWORT
Wie jetzt? Brustkrebs? Vielleicht befindest du dich gerade am Anfang deines Therapiewegs. Oder du bist mittendrin und suchst Unterstützung für deine Heilung. Ich möchte dir mit meinem Ratgeber zur Seite stehen auf deinem individuellen Weg zu körperlicher, emotionaler und seelischer Heilung. Ich hoffe, dass dieses Buch dich begleiten darf – wie eine Freundin, die dich auf deiner Reise unterstützt. Sie nimmt dich in jeder Phase deines Wegs liebevoll an, mit all deinen Ängsten und Sorgen, mit all deinem Mut oder auch deiner Verzagtheit, mit all deinem Vertrauen und deiner Stärke, die dich voranschreiten lassen. Du bestimmst das Tempo, die Pausen und in welchem Reiseabschnitt du Unterstützung möchtest. Wenn du Fragen hast, kannst du das jeweilige Kapitel aufschlagen und dir Rat und Informationen holen, plus Tipps und Anregungen, wie du das in deinen Alltag einbauen beziehungsweise umsetzen kannst.
Meine persönliche Brustkrebsreise war eine emotionale, körperliche und seelische Achterbahnfahrt. Ein Gedanke brannte allerdings von Anfang an in mir: Ich möchte meinem Tumor auf allen Ebenen meines Seins begegnen. Ich spürte sofort, dass der Krebs nicht nur auf körperlicher Ebene behandelt werden kann, sondern dass mein Geist und meine Seele weitere Hauptrollen dabei spielen.
Es gibt vielfältige Faktoren, die ein Krebsgeschehen begünstigen können, wie zum Beispiel Umwelthormone, Schadstoffe oder genetische Mutationen, aber auch deine emotionale und mentale Verfassung, was du isst, wie du schläfst, was du denkst und fühlst beeinflusst dein Immunsystem. Ich finde es wichtig, sich immer wieder klarzumachen, dass die Ursachen der Erkrankung multifaktoriell sind. Viele verschiedene Bausteine in deinem Leben haben zu dieser Erkrankung geführt. Es gibt nicht die eine Ursache, genauso wenig wie es den einen Heilungsweg gibt. Alles ist vielschichtig und individuell, genauso wie du.
Als Heilpraktikerin und Ayurveda-Expertin hatte ich vielleicht einen kleinen Vorsprung in Sachen alternative Heilformen und auch das Glück, viele Fachleute aus Medizin und Naturheilkunde an meiner Seite zu haben. Die Arbeit des Mediziners und Homöopathen Dr. Jens Wurster im Bereich Krebstherapie hat mich schon immer fasziniert. Als nun Krebs unerwartet in mein Leben trat, war mir sofort klar, dass ich mich von diesem empathischen und kompetenten Arzt begleitend homöopathisch behandeln lasse. Als Dr. Wurster dann auch zustimmte, Co-Autor dieses Buches zu sein, war ich mehr als glücklich, in meiner Mission voranzuschreiten: ein ganzheitlicher Brustkrebs-Ratgeber, der die Heilung und Behandlung von Körper, Geist und Seele berücksichtigt.
In diesem Buch findest du Rat und Orientierung sowohl zu schulmedizinischen Therapieformen als auch zu begleitender alternativer Behandlung. Dabei geht es mir nicht um Entweder-oder: Das große Heilwissen der östlichen Medizin und der europäischen Naturheilverfahren bietet eine Fülle an erprobtem Wissen, um deine Therapie zu unterstützen und Nebenwirkungen abzumildern. Auch die bedeutsame Heilungskomponente von Ernährung und Lifestyle möchte ich dir in diesem Buch näherbringen. Ich stelle dir eine kulinarische Medizin vor und, wie du gezielt mit ausgewählten Nahrungsmitteln und einem gesunden Lifestyle den Krebszellen jeglichen Nährboden entziehst und damit dein Immunsystem stärkst. Da dein Geist und dein Körper untrennbar miteinander verbunden und der Schlüssel zu deinem Immunsystem sind, findest du Anregungen, wie du deine Selbstheilungskraft mit kleinen Übungen, Visualisierungen und Meditationen aktivierst und welche Möglichkeiten es über die psychoonkologische Behandlung hinaus für dich gibt.
Die Aktivierung meines inneren Heilpotenzials hat mich auch auf eine spirituelle Reise, auf meinen Seelenpfad geführt. Um »ganz heil« zu werden, suchte ich ein neues Verständnis über die Verbindung von Körper, Geist und Seele und wie man durch eine spirituelle Praxis den eigenen Heilungsweg verstehen, begleiten und zum Abschluss auf allen Ebenen bringen kann.
Meinen persönlichen Therapieweg habe ich immer wieder mit meinem Bauchgefühl und mit wissenschaftlichen Daten abgeglichen und dann für mich entschieden, wohin die Reise geht. Auch du entscheidest eigenverantwortlich für dich – und egal, welcher Weg es ist, ob Schulmedizin oder komplementär oder eine Kombination aus beidem: Es ist deine Entscheidung und dein Weg. Was du für richtig und hilfreich erachtest, ist es auch, denn dein Körper verfügt über eine Entscheidungsinstanz. Die Therapievorschläge sollten sich für dich stimmig anfühlen und deine Entscheidungen sollten alle äußeren und inneren Aspekte miteinbeziehen.
Ich hoffe, dieses Buch begleitet dich im Prozess zu deinem selbstbestimmten, liebevollen und mächtigen Ich, zu der Heilerin in dir.
Deine Ricarda
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1 MEINE BRUSTKREBSREISE
LEIDER BÖSARTIG!
Ich höre die Stimme des Radiologen am Telefon. Den ganzen Tag habe ich auf diesen Anruf gewartet. Ich bin allein, habe mir für diesen Tag freigenommen. Einerseits, weil meine Wunde nach der Stanzbiopsie vor zwei Tagen noch schmerzt. Andererseits, weil ich diesen Anruf nicht zwischen Tür und Angel annehmen möchte. Ich bin seltsam ruhig am Telefon. Das habe ich erwartet, auch wenn ich Stunden vorher zwischen Hoffnung – das ist bestimmt nur mein Fibroadenom – und Worst-Case-Szenario hin- und hergependelt bin. Den schlimmsten Fall der Fälle male ich mir aus, um dann für die schlechte Nachricht gewappnet zu sein. Wenn ich zu viel Hoffnung habe und zu positiv denke, dann bin ich ja umso stärker enttäuscht, wenn es negativ ausgeht. So habe ich vor zwei Jahren noch gedacht.
Es ist der 3. April 2019, ungefähr 16 Uhr. Ich schreibe die Schlagworte des Arztes mit: gering differenziert, ein Lymphknoten befallen, schnelles Wachstum, Rezeptoren rausfinden, Chemotherapie oder Hormone, Staging machen lassen. Danach rufe ich meinen Mann an. Er ist beruflich verreist und nur die Mailbox meldet sich. Hastig spreche ich die Nachricht auf Band. Das fühlt sich im Nachhinein skurril an. So was spricht man doch nicht auf die Mailbox!? Irgendwie bin ich fast teilnahmslos, leite die Schocknachricht per Telefon ungefiltert weiter. Dann fange ich sofort an zu überlegen, was ich jetzt alles organisieren muss. Einen Onkologen suchen, mich über Therapiemöglichkeiten informieren, berufliche Termine für die nächsten Wochen, ja wahrscheinlich Monate absagen, mich krankmelden.
Ich trete in Aktion. Für dieses selbstbestimmte Handeln werde ich einerseits später von meiner Gynäkologin gelobt, andererseits merke ich irgendwann, wie sehr meine Seele hinterherhinkt. Dennoch ist diese ungeahnte innere Stärke, meinen Weg von Anfang an aktiv zu gestalten, ein wichtiger und hilfreicher Schritt für meine Gesundung. Meine Brustkrebsreise beginnt.
IM FALSCHEN FILM
Anfang 2019 entdecke ich einen Knoten, genau dort, wo seit drei Jahren ein diagnostiziertes Fibroadenom sitzt, eine gutartige Geschwulst aus Binde- und Drüsengewebe. Deshalb denke ich zuerst, es sind Hormonschwankungen der Wechseljahre, denn dann kann ein Fibroadenom auch wachsen. Mein Knoten befindet sich im oberen äußeren Quadranten der rechten Brust. Hm … der Knoten wächst aber ganz schön schnell! Dann entdecke ich einen geschwollenen Lymphknoten in der Achsel. Jetzt ist mir klar: Das muss angeschaut werden.
Mein Fibroadenom wurde seit drei Jahren regelmäßig mittels Ultraschall und Mammografie kontrolliert. Der nächste Check-up wäre im August gewesen, aber meine Gynäkologin macht mir nach dem Abtasten der Brust sofort einen Termin in der Radiologie. Während der Ultraschalluntersuchung reagiert die Radiologin schon sehr merkwürdig und sendet mich gleich darauf in die Mammografie. Dort zeigt sich eine »verdichtete Raumforderung«, wie Ärzte einen Knoten in der Brust nennen, und zwar genau an der Stelle des Fibroadenoms. Dieses Ergebnis der Mammografie ist Grund genug, sofort einen Termin für eine Stanzbiopsie zu veranlassen. Ein kurzes Aufbäumen meinerseits (ich hatte schon von versprengten Krebszellen durch Biopsien gehört) wird sofort abgeschmettert: Kein Chirurg würde mich ohne pathologischen Befund operieren. Ich glaube ihr. Inzwischen weiß ich allerdings, dass das so pauschal nicht stimmt.
Die Biopsie wird sowohl vom Tumor als auch vom sogenannten Wächterlymphknoten gemacht, der schon befallen aussieht. Ein Wächterlymphknoten ist der erste Lymphknoten im Abflussgebiet des Tumors. Dann heißt es erst mal warten. »Wir rufen Sie an«.
Als der Anruf dann schließlich kommt, bin ich völlig fassungslos. Ich habe Brustkrebs? Das ist so abstrakt. Ich habe Brustkrebs? Brustkrebs? Bin ich im falschen Film? Das kann doch nicht sein! Ich habe bisher gesund gelebt, mich gut ernährt und bewusst krebserregende Toxine vermieden. Ich konnte mir für mich nie vorstellen, Krebs zu bekommen! Viel Zeit zum Sinnieren gönne ich mir allerdings nicht, sondern fange sofort an zu telefonieren und sitze am darauffolgenden Tag mittags schon bei einem Onkologen.
Da sitze ich nun, aber weiterhelfen kann mir der Arzt noch nicht, denn es ist noch kein abschließendes Ergebnis vom Pathologen da. Der pathologische Befund bestimmt die weitere Vorgehensweise in der Therapie. So höre ich das erste Mal von triple negativ, HER, hormonpositiv und was das für die Behandlung bedeutet. Im schlechtesten Fall, mit Diagnose triple negativ, sechs Monate Chemotherapie plus OP plus Bestrahlung. Zudem weiß ich von einer Freundin, dass triple negativ nicht der einfachste Tumor ist. Nach mehreren Nachtestungen ist es klar: Der Dreifache ist es auch bei mir. Bäm!
Die Kuh auf dem Eis
Parallel fange ich sofort an, mich über naturheilkundliche Therapien und komplementäre Behandlungen zu informieren. Für mich als Ayurvedatherapeutin ist völlig klar: Ich möchte von Anfang an eine ganzheitliche Therapie, die auch Naturheilverfahren miteinbezieht. Deshalb hole ich mir eine Zweitmeinung bei einem weiteren Onkologen mit angeschlossenem Brustkrebszentrum. Von diesem Arzt weiß ich, dass er auch individuelle, zielgerichtete und naturheilkundliche Therapien anbietet inklusive Kurkumainfusionen – mein geliebtes »heiliges« Kurkuma! Ich fasse sofort Vertrauen und meine Wahl des Onkologen ist abgeschlossen. Zur Ergänzung praktiziert in diesem Zentrum auch noch ein onkologischer TCM-Arzt, also ein Mediziner, der Krebs auch mit traditioneller chinesischer Medizin behandelt – für mich eine perfekte Verbindung.
Zur genaueren Bestimmung der individuellen Faktoren meines Tumors, also des Steckbriefs, lasse ich ein Onkobiogramm anfertigen (das erkläre ich genauer im nächsten Kapitel). Das Ergebnis zeigt: Mein Tumor ist ein ganz schönes Kaliber! Sowohl im Tumorgewebe selbst als auch im umliegenden Gewebe treten sehr viele ungünstige Faktoren auf. Es wird klar: Das wird eine wilde Fahrt. Einige Proteine deuten darauf hin, dass dem Tumor Chemotherapie und Bestrahlung total egal sind und dass er ein hohes Metastasierungspotenzial aufweist. Die Entzündungswerte im umliegenden Gewebe sind hoch, er besitzt eine regelrechte Tarnkappe. Allerdings zeigt das Onkobiogramm auch, dass ein Zytostatikum, also Chemotherapie, sehr gut wirken wird. Mir wurde kurz schwindelig, aber der Onkologe meint: »Wir kriegen die Kuh schon vom Eis.« Angesichts der brenzligen Lage und auch wegen des schnellen Wachstums entscheide ich mich für die klassische Chemotherapie mit komplementärer medizinischer Begleitung. Ich möchte nicht nur die Nebenwirkungen abmildern, sondern aktiv die Zytostatika in ihrer Arbeit mit natürlichen Mitteln unterstützen. Dass ich die Wirksamkeit meiner Therapie auch durch Gedanken und Gefühle erhöhen kann, eröffnet sich mir schon kurze Zeit nach dem ersten Chemozyklus.
Stand der Dinge also: triple negativ, G3, KI 80, N1 (siehe folgenden Abschnitt), mein Tumor ist bei der Biopsie knapp über zwei Zentimeter groß.
Bis zu meinem ersten Chemozyklus vergehen vier langsame Wochen des Wartens. Es sind Osterferien und als ich Anfang Mai endlich starten kann, ist der Tumor schon auf über drei Zentimeter angewachsen. Mein Knochenszintigramm zeigt glücklicherweise keine Knochenmetastasen, und auch Lunge und Leber sind unauffällig. Jetzt muss der Port rein, dann kann es eigentlich losgehen. Ich bin immer noch im falschen Film. Am 11. April hatte ich die Portoperation in Kurzzeitnarkose, und das ist gut so. Schlurfi, mein Port, und ich – wir werden nicht unbedingt Freunde (ich habe sowohl dem Portkatheter als auch meinem Tumor einen Namen gegeben). Bei jeder Infusion schmerzt und brennt es, er sitzt zu dicht am OP-Schnitt, durch den er mir unter den Muskel platziert wurde, und ist auch, verglichen mit anderen, die ich gesehen habe, relativ groß. Aber eine Chemotherapie über die Venen im Arm ist nicht vertretbar, zumal ich eine ausgeprägte Nadelphobie habe.
Perspektivwechsel
Medizinisch ist alles abgeklärt, emotional noch lange nicht. Bevor ich mich wirklich gefühlsmäßig damit beschäftige, was diese Diagnose für mich bedeutet, schwebt ein Gedanke wie ein Damoklesschwert über mir: Wie sage ich es meinem Sohn? Wie sage ich es meinen Eltern? Im langsamen Begreifen meiner Situation schüttelt es mich anfangs mehrmals am Tag tränenreich durch. Ich weiß nicht, wie ich das durchstehen soll, obwohl mein Mann an meiner Seite sein wird, so gut er kann. Ich frage mich auch nach dem Sinn dieses Leids. Wie komme ich hier wieder heil raus? Könnte das bitte nur ein Traum sein, aus dem ich gleich erwache? Ich fühle mich total überfordert und hadere mit meinem Schicksal. Am liebsten würde ich einfach den Kopf in den Sand stecken, aber das liegt mir wohl nicht im Blut, wie mein Anfangsaktionismus zeigt. Trotz aller Verzweiflung über die niederschmetternde Diagnose gilt meine erste Sorge meinem damals 30-jährigen Sohn. Ich will nicht, dass er so früh seine Mutter verliert. Die Hiobsbotschaft meinen Liebsten zu überbringen, ist zu diesem Zeitpunkt meine größte Angst. Wie kann ich ihnen zumuten, dass ich Brustkrebs habe? Auf den nächtlichen Spaziergängen mit meinem Mann thematisieren wir das immer wieder. Ich will leben, damit mein Sohn noch länger eine Mama, die zukünftigen Enkel eine Oma haben. Irgendwann nimmt mich mein Mann in die Arme und sagt: »Sieh es doch einfach so: Wie wäre es, wenn DU noch deine Enkel aufwachsen sehen möchtest. Du möchtest leben, du möchtest es erleben, für DICH.« Derselbe liebevolle Gedanke bloß aus einem anderen, heilsameren Blickwinkel. Dieser Perspektivwechsel ist ein bedeutendes Aha-Erlebnis für mich. Das ist der Schlüssel zu meiner Heilung, ein Schritt zu mehr Selbstliebe und Selbstachtung. Ich finde, mein Mann ist ganz schön schlau.
Körperlich bin ich bestens auf die Therapie vorbereitet. Bücher und Studien über Ernährung und Naturheilverfahren sind gewälzt, mein individueller Behandlungsplan für meinen Körper ist erstellt. Aber wie geht es meinem Verstand, meinem Geist, meiner Seele? Das erste Buch, dass mir am Anfang der Diagnose geschenkt wird, ist ein Exemplar von O. Carl Simontons Wieder gesund werden. Dieses Buch eröffnet mir eine neue Sichtweise auf meine Krankheit sowie auf den Zusammenhang von Gefühlen und Gedanken mit dem Immunsystem. Die Visualisierungsübungen im Buch faszinieren mich, ich probiere sie sofort aus. Ich spüre, dass das der richtige Weg für meine Seele ist. All die vielen Bilder- und Traumreisen in der Vergangenheit machen auf einmal Sinn. Die Macht zu meiner Heilung liegt in mir. Ich bin die Gestalterin, mein Körper folgt meinen Gedanken.
Ich erkenne, dass neben all den Lifestylefaktoren wie Ernährung, Bewegung und Schlaf meine Emotionen und der Umgang mit meinen Gefühlen erheblichen Einfluss auf meine Krebserkrankung und auch auf meine Heilung haben. So hole ich mir von Anfang an psychoonkologische Unterstützung. Die Psychologin bietet zusätzlich spirituelle schamanische Heilweisen an. Das ist genau das, was ich suchte. Die Themen meines Lebens eröffnen sich mir mehr und mehr und ich erkenne, wie wenig Achtsamkeit ich mir entgegenbringe. Das männliche Prinzip von Erfolg und Arbeit bestimmt mein Leben. Den weiblichen Prinzipien von Körper und Emotionen dagegen gebe ich sehr wenig Raum in meinem Alltag. Obwohl ich mit vielem unglücklich bin und mich gefangen fühle in einem Leben, das mir nicht mehr entspricht, halte ich einfach alles aus. Ich sorge nicht liebevoll für mich. Das ist es, was mein Tumor mir zeigt. Die psychologische Betreuung gibt mir die Gelegenheit, an meinen emotionalen Mustern zu arbeiten, zeigt mir den Weg zu mehr Selbstliebe und Selbstachtung.
So ist mein persönliches Heilkonzept zu einem schönen, bunten, individuellen Mosaik geworden, das den Weg zu ganzheitlicher Heilung von Körper, Geist und Seele ebnet. Diesen Weg möchte ich dir in meinem Buch zeigen, damit auch du dein persönliches Mosaik der Heilung erstellen kannst.
DIE SEGEL SETZEN
Mein begleitender Therapieplan sieht wie folgt aus: Ernährung mit hauptsächlich basischem Gemüse, Brokkolisamen und Kurkuma, Chemofasten vor dem Zyklus, Omega-3-Fettsäuren, Vitamin D, eine Portion Heidelbeeren und täglich mindesten 30 Minuten spazieren gehen, meditieren oder Visualisierungsübungen machen (Details dazu findest du in den kommenden Kapiteln). Mein Mann lässt sich den ersten Reikigrad geben und behandelt mich täglich. Mein anvisiertes Ziel ist, dass der Tumor schon nach dem dritten Chemotherapie-Zyklus verschwunden ist. Das ist meine Zukunftsvision, mein Wunsch, den ich ans Universum sende. Anfangs tut sich erstmal nichts, außer dass meine Leukozytenzahl nach dem ersten Zyklus schon auf 1100 runtergeht. Das sind die weißen Blutkörperchen, ein wichtiger Teil unseres Abwehrsystems, deren Normbereich zwischen 4000 und 10.000 liegt. Der zweite Zyklus hat schon stärkere Nebenwirkungen, mein ganzer Körper schmerzt und ich habe sogar bereits neurologische Beschwerden. Aber an der Tumorfront, da tut sich etwas, und zwar rasant. Ich kann wirklich täglich zusehen beziehungsweise ertasten, wie der Knoten immer kleiner und kleiner wird. Am Ende des zweiten Zyklus ist mein Tumor um 80 Prozent geschrumpft!
Inzwischen bin ich durch viele Recherchen zu dem Entschluss gekommen, dass ich die nächstmögliche beziehungsweise eine frühere Ausfahrt von der ärztlichen Leitlinien-Autobahn (siehe folgenden Abschnitt) nehme. Zum einen, weil mir klar wird, dass meine Tumorstammzellen (darüber später mehr) sowieso resistent gegenüber einem Zytostatikum, also einer Chemotherapie, sind. Zum anderen, weil inzwischen einige Wissenschaftler nahelegen, dass eine Chemotherapie mit bestimmten Mitteln (darunter auch Paclitaxel) die Entstehung von Metastasen fördern könnte. Das ist in meinem Fall relevant, da mein Tumor einen hohen EGFR-Wert aufweist (siehe folgenden Abschnitt), der durch eine Chemotherapie getriggert werden kann, erst recht Metastasen zu bilden. Zudem leidet mein Körper sehr unter der Chemotherapie, das stehe ich nicht durch. All diese Informationen passen auch zu meinem Bauchgefühl. Ich brauche den Schubs der Chemotherapie, um schnell viel Tumormasse abzubauen, aber letztlich wird mich nur mein eigenes Immunsystem zur Heilung führen. Und das kann ich mit natürlichen Arzneien und psychischen, mentalen Übungen bestens unterstützen. Um das zu testen, entschließe ich mich nach dem zweiten Zyklus zu zwei Curcumin-Infusionen anstelle der Chemotherapie. Der Tumor schrumpft zügig weiter, sodass von einem über drei Zentimeter großen Knoten lediglich noch fünf Millimeter übrig sind. Das Curcumin hatte ganze Arbeit geleistet und auch in meinen Visualisierungen wird der Tumor immer kleiner und kleiner.
Hurra und Tränen
Jetzt will ich die Operation, danach weder die zwölf geplanten Paclitaxel noch die Bestrahlung. Okay? Der Operateur ist nicht begeistert, würde aber der Operation zustimmen, falls ich ein Go von meinem Onkologen bekomme. Dieser wiederum akzeptiert meine Entscheidung mit dem Verweis, dass die Zukunft der Krebsbekämpfung seiner Meinung nach in zielgerichteter Therapie und nicht im »Gießkannenprinzip« der Chemotherapie liegt.
Die Ausfahrt heißt also: brusterhaltende Operation plus Axilla I (siehe folgenden Abschnitt). Das bedeutet, dass mir rund neun Lymphknoten entfernt werden. Ich habe wirklich Angst vor der Operation, mache noch mal Fotos von meiner schlanken rechten Brust und hoffe, dass der Chirurg seinem guten Ruf alle Ehre macht. Auch die Vorstellung der Drahtmarkierung finde ich gruselig. Lange Drähte werden in meine Brust geschoben? Doch Dank der Beruhigungsmittel amüsiere ich mich über die »Antennen«, die aus meiner rechten Brust ragen. Wäre ich ein Radiogerät, hätte ich bestimmt guten Empfang …
Die Operation verläuft sehr gut, ich habe nur einen befallenen Lymphknoten und, wie gesagt, Resttumormasse von fünf Millimeter. Alles konnte mit ausreichendem Schnittrand entfernt werden. Hurra! Geschafft!
Meine Euphorie bekommt schnell einen Dämpfer, denn es entwickelt sich nach dem Eingriff eine äußerst schmerzhafte Neuralgie, die mich für Monate begleiten wird. Ich verliere die Fassung. Es fühlt sich an, als ob all meine Stärke und mein Durchhaltevermögen verbraucht seien. Tagelang liege ich heulend im Bett, ich will und kann keine Schmerzen mehr aushalten. Meine Psychologin weist mich lächelnd darauf hin, dass ich die Krebstherapie so forsch und mutig durchschritten habe und eine – nicht eventuell tödliche – Diagnose mich nun völlig aus der Bahn wirft. Es ist wie ein Dammbruch. Endlich kann ich all die Trauer, Verzweiflung, Angst und Wut zu- und damit loslassen. Die Tränen reinigen mein System, ich gönne mir endlich auch mal Schwäche.
Meine weitere Therapie zur Rezidivprophylaxe, also zur Vermeidung eines Rückfalls, besteht aus einer homöopathischen Behandlung mit Hochpotenzen, regelmäßigen Kontrollen, einem individuellen Ernährungs- und Lifestyleplan, ausgewählten Nahrungsergänzungsmitteln, möglichst wenig toxischer Belastung – sowohl durch Dinge als auch durch Menschen – und eine regelmäßige spirituelle Praxis.
EIGENAUTORITÄT – AUF DIE INNERE STIMME HÖREN
Heilung ist leider nicht immer möglich, aber ich möchte alles dafür tun, um sie möglich zu machen. Für mich ist es von Anfang an wichtig, selbst zu handeln und mich nicht nur be-handeln zu lassen. Ich möchte die Eigenverantwortung voll und ganz übernehmen. Diese Verantwortung wird dir nicht gegeben, du musst sie dir nehmen. Das habe ich deutlich gespürt, als ich anfangs meine kritischen Gedanken an die Ärzte herangetragen habe. Aber je überzeugter und selbstbewusster ich auftrete, umso weniger Gegenwehr kommt vonseiten der Ärzteschaft. Ganz im Gegenteil, ich kommuniziere auf Augenhöhe und es wird mir, zumindest teilweise, durchaus signalisiert, dass mein Weg nicht total unverantwortlich oder abstrus ist.
Die häufigsten Fragen, die ich mir immer wieder während der Therapie gestellt habe, sind: Tut mir das gut? Fühlt sich das richtig an? Bin ich überzeugt, dass mir diese Methode, dieses Medikament, diese Behandlung helfen wird? Wenn ich ein Ja fühlen konnte, dann bin ich mit Enthusiasmus, großem Engagement und einer starken Überzeugung in die Therapie gegangen. Ich wollte meinen Heilungsprozess nicht nur intellektuell verstehen, sondern auch emotional begreifen.
Nach der Diagnose befinden wir uns zunächst in einem Schockzustand, voller Angst. Ich merke aber, wie sich mein Geist öffnet, die Furcht und Unsicherheit sich verringert, als klar ist, auf welche Weise meine Behandlung komplementär oder naturheilkundlich begleitet werden kann. Es ist wie ein Zugang zu meiner inneren Stimme, der aufbricht. Meine innere Stimme, die ich mein ganzes Leben lang negiert habe, meldet sich ziemlich lautstark: Sie sagt mir sehr deutlich, welche Schritte ich in Bezug auf meine Therapie gehen soll. Ich empfinde es als wohltuende Eigenautorität, erst einmal mir selbst zu vertrauen, bevor ich mich nach außen wende. Zudem besänftigt meine neu gewonnene Selbstbestimmung viele meiner Ängste. Ich fühle mich nicht mehr ohnmächtig dem Geschehen ausgeliefert. Ich kann handeln, aktiv sein, mitdenken und mitgestalten. Meine innere Stimme gibt mir Halt und Orientierung und ermächtigt mich, einen selbstbestimmten Heilungsweg zu gehen.
HOL DIR DEINE KRONE ZURÜCK
In meinen vielen Recherchestunden stoße ich auf eine Masterarbeit einer Doktorandin der Universität Köln aus dem Jahr 2012. Hier wurden die Therapieverläufe von 274 Patientinnen mit Brustkrebs unter komplementärer naturheilkundlich-onkologischer Behandlung bei Dr. med. Achim Schuppert aus Bonn statistisch erfasst. Die Auswertung der Daten aus zehn Jahren zeigt, dass die Frauen, die postoperativ, also nach der Tumor-OP, tumorfrei eine komplementäre Behandlung bekamen, eine Fünf-Jahres-Überlebensrate von 96 Prozent aufwiesen. Bei bereits metastasierten Patientinnen lag sie immerhin auch bei 68 Prozent. 60 Prozent der Patientinnen von Dr. Schuppert hatten komplett auf die Chemotherapie verzichtet.
Wenn dir Zahlen und Statistiken Angst machen, überlies den folgenden Abschnitt. Ich selbst bin auch keine Freundin der Statistik, aber in diesem Fall möchte ich Vergleichswerte heranziehen. Die offizielle Heilungsrate des Mammakarzinoms unter rein konventioneller Behandlung liegt weltweit momentan immer noch bei nur 35 bis 45 Prozent, die Fünf-Jahres-Überlebensraten bei rund 50 Prozent und die Zehn-Jahres-Überlebensraten bei circa 30 Prozent. Diese Ergebnisse zeigen, dass eine kritische Haltung gegenüber der standardmäßig in den meisten Kliniken eingesetzten leitlinienkonformen Behandlung durchaus angebracht ist. (Die medizinischen Leitlinien bieten Ärzten eine Handlungsempfehlung, sind aber nicht bindend und sollten an die einzelne Patientin angepasst werden.)
Patientinnen, die nach der Operation tumorfrei waren und sich dennoch einer Chemotherapie unterzogen, hatten laut der Masterarbeit eine um 70 Prozent höhere Fernmetastasierungsrate als die Patientinnen, die auf die Chemotherapie verzichtet hatten. Eine Fernmetastasierung ist eine Absiedlung der Tumorzellen in andere Organe, die sich nicht in der Nähe des Ursprungstumors befinden. Bei ganzheitlich therapierten Patientinnen zeigte sich, dass eher ein Lokalrezidiv auftritt, also ein Wiederauftreten des Tumors am gleichen Ort. Da mir die Prognose für eine Metastasierung durchaus bewusst ist, scheint mir für meine Behandlung ein mögliches Rezidiv besser behandelbar und somit das »kleinere Übel« zu sein.
Die Schulmedizin sieht leider immer noch nicht, dass es sich bei Brustkrebs nicht nur um eine lokale Störung handelt, sondern dass die Tumorbildung Ausdruck einer Gesamtbelastung des Organismus ist. Entsprechend orientiert sich die Behandlung auch nur am Symptom, die Situation des übrigen Organismus wird nicht berücksichtigt.
Die Leitlinienmedizin ignoriert das heutige Wissen über den Tumorstoffwechsel. Wie du später im Buch lesen wirst, hatte Prof. Paul Gerhardt Seeger schon vor 60 Jahren nachgewiesen, dass sich Krebszellen in einem sauerstoffreichen Milieu wieder in normale Körperzellen zurückentwickeln können. Unter anderem auf dieser Erkenntnis basiert heute die ganzheitliche Krebstherapie.
Normalerweise wird einem als Rezidivprophylaxe eine Bestrahlung der Brust und manchmal auch der Achselhöhle angeraten. Bei der Strahlentherapie entstehen sehr viele freie Radikale, die jedoch unsere Mitochondrien zerstören – das sind die Kraftwerke in den Zellen. Wie oben schon erwähnt, geht man in der naturheilkundlichen Medizin davon aus, dass Krebs eine Stoffwechselerkrankung ist, und Krebszellen durch eine verbesserte Zellatmung in normale Zellen umgewandelt werden können. Da die Zellatmung in den Mitochondrien stattfindet, werde ich natürlich alles tun, um diese Kraftwerke zu schützen und zu stärken. Darüber wirst du in den anschließenden Kapiteln viele Tipps und Informationen finden. Gleichzeitig schwächt eine Bestrahlung den lymphozytären Wall, also die Lymphknotenketten, die verhindern, dass sich die Tumorzellen über die Lymph- und Blutbahnen weiter ausbreiten und eventuelle Metastasen bilden.
Bei einem triple-negativem Brustkrebs verbessert sich durch Bestrahlung das Rückfallrisiko um »nur« 11 Prozent. Das finde ich angesichts der massiven Nebenwirkungen und erwiesenen Langzeitfolgen als gering. Zur abschließenden Entscheidung »Bestrahlung – ja oder nein? «, stellte ich mir folgende Frage: Falls ich in der Zukunft ein Rezidiv entwickle, was fühlt sich schlimmer an? Wenn ich gegen meine Überzeugung eine Bestrahlung machen lasse oder wenn ich auf meinen inneren Arzt höre? Definitiv wäre die erste Variante belastender für mich. Außerdem: Eine Garantie gibt es sowieso nicht, weder mit noch ohne Bestrahlung. Ich verlasse mich auf die Weisheit meines Körpers. Das mag für manche von außen betrachtet schwer nachvollziehbar sein, aber für mich ist es stimmig und richtig.
Ich bin kein Opfer
Natürlich ruft eine Krebserkrankung starke Gefühle hervor. Wir fühlen uns anfangs schwach, hilflos oder mutlos und die Krankheit kann uns schnell in eine passive Opferrolle bringen. Diese Haltung versperrt mir allerdings den Zugang zu meinen inneren Ressourcen. Ich sehe nicht mehr meine Selbstwirksamkeit und meine Selbstverantwortung. Ich will über Therapien mitentscheiden, meine Selbstheilungskräfte nutzen und über meine Lebensqualität selbst bestimmen. Was kann ich selbst für mich tun? Was stärkt mich? Wie kann ich mich meinen tiefen Bedürfnissen und Wünschen zuwenden, um aus der stressigen Opferhaltung in eine freudige, sinnerfüllte Lebensart zu finden?
Für mich persönlich ist es sehr schmerzhaft und unangenehm zu erkennen, dass ich mich in meinem Leben meist als Opfer gesehen habe: Warum passiert mir so etwas Schlimmes? Warum habe ich nicht so ein tolles Leben wie die anderen? Warum tun mir andere Menschen so »böse« Dinge an? Selbst nach der erfolgreichen Behandlung war ich teilweise immer noch im Mangelmodus: Wann fühlt sich mein Leben denn endlich leichter an? Jetzt möchte ich aber vom Leben mal richtig verwöhnt werden. Das habe ich mir verdient, nach so viel Sch … Obwohl ich so mutig und selbstbestimmt in die Therapie gegangen bin, ganz tief in mir lebte immer noch der Archetyp des Opfers. Ich habe eigentlich grundsätzlich Angst, wirklich die Verantwortung für mein Leben zu übernehmen. Die Diagnose stellt mich vor die Wahl: Will ich Opfer der Krankheit oder Gestalterin meines Lebens sein?
Die Krebsdiagnose zerrt all meine schlecht verheilten emotionalen Wunden wieder an die Oberfläche, meine Selbstzweifel, meine Ängste und nicht zuletzt das Gefühl von Ohnmacht und Verzweiflung. Ich erkenne, dass ich nie die Macht haben werde, mein Leben zu gestalten, geschweige denn diese Erkrankung zu meistern, wenn ich mich länger als Opfer betrachte. Natürlich habe ich immer noch Ängste, fühle mich manchmal klein, verlassen und ungeliebt. Aber was ist die Alternative? Darauf zu warten, dass die Umstände sich ändern oder andere Menschen über mein Leben bestimmen? Ich übe mich lieber in Selbstbestimmung und klopfe mir jeden Tag ein wenig auf die Schulter, wenn ich den Tag in Liebe und Freude gestaltet habe. Und wenn ich stattdessen wütend oder verzweifelt bin, dann ist es auch in Ordnung. Ich bin okay, so wie ich bin. Ich übe einfach weiter, mein Leben aktiv zu gestalten.
Wir alle sind mehr oder weniger verwundet. Angesichts der Todesangst, die eine Krebsdiagnose auslöst, haben wir die Chance, zu unserer machtvollen Authentizität unseres Seins zu gelangen. Der Brustkrebs führte mich zu mehr selbstbestimmtem Handeln, zu mehr Eigenmacht, zu mehr Vertrauen in meine Patientenkompetenz und letztlich Schritt für Schritt raus aus meiner Opferhaltung. Ich sehe nicht nur den Mangel in meinem Leben, sondern versuche, wieder in die Fülle zu kommen, ins pralle Leben.
Sei Königin
Das Gedicht von Luisa Francia »Sei Königin«, das ich dem Vorwort vorangestellt habe, begleitet mich schon seit einiger Zeit. Ganz ehrlich, hinter keinen dieser Punkte könnte ich in meinem Leben vor der Diagnose einen Haken machen. Von außen betrachtet mag das anders aussehen, aber innerlich funktioniere ich mehr, als mich zu entfalten. Ich orientiere mich meist an der Meinung oder der vermeintlichen Erwartung anderer. Ständig finde ich Dinge an mir, die verbesserungswürdig sind und optimiert werden müssen. Ich singe nicht gut genug, ich bin nicht schön genug, stark genug, selbstbewusst genug, erfolgreich genug. Ich bin einfach nicht genug. Mein Kopf will alles positiv sehen, zuversichtlich sein, aber mein Innerstes ist voller Zweifel, Angst und Traurigkeit. Meinen Selbstwert muss ich mir verdienen, erarbeiten und die negativen, ängstlichen Gedanken am besten verstecken. Einfach nur für mein Sein geliebt werden? Im tiefsten Inneren glaube ich das nicht. Selbstfürsorge bedeutet schließlich Egoismus! Selbst wenn ich das nicht bewusst denke, trage ich diesen Glaubenssatz in mir und handle unbewusst danach.
Hinzu kommt, dass ich ein empathischer und sensibler Mensch bin, der sofort merkt, wie sich der andere fühlt und was er braucht. Aber auch hier kann ich nicht den Vorteil sehen, weil ich das Bedürfnis des anderen über mein eigenes stelle. Für mich selbst wirklich einzutreten, Grenzen zu setzen und auf die positiven Qualitäten meiner Persönlichkeit zu vertrauen, scheint unmöglich. Nein sagen fällt mir generell schwer. Ich möchte niemanden vor den Kopf stoßen, ein Nein meinerseits könnte ja bedeuten, dass ich abgelehnt, nicht mehr geliebt werde. Gleichzeitig bin ich schnell wütend oder traurig, wenn jemand über meine Grenzen geht, zeige es aber nicht. Woher soll mein Gegenüber es denn dann wissen? Wenn ich selbst nicht für mich und meine Bedürfnisse einstehe, wer dann? Dann bin ich das Opfer, und das Opfer gibt alle Macht ab.