Veröffentlichungen

Lutz Schwalbach: Konflikte aus Phrasen und Weisheiten im Einkauf, 2021

Lutz Schwalbach: Agiles Arbeiten im Einkauf, 2021.

Lutz Schwalbach: Künstliche Intelligenz im Einkauf, 2021.

Lutz Schwalbach: Scrum im Einkauf, 2020.

Lutz Schwalbach: RPA, Software, App´s und IT-Applikationen im Einkauf, 2020.

Lutz Schwalbach: Schnittstellenmanagement des Einkaufs, 2020.

Lutz Schwalbach: Outsourcing der Einkaufsprozesse, 2020.

Lutz Schwalbach: Automatisierungen im operativen Einkauf, 2020.

Lutz Schwalbach: Optimierungen der Beschaffung, 2019.

Lutz Schwalbach: Einkauf 4.0 –Umsetzung der Digitalisierung, 2018.

Lutz Schwalbach: Datenpflege im Einkauf, 2018.

Lutz Schwalbach: Optimierung der Anzahl Lieferanten, 2018.

Lutz Schwalbach: Arbeitsteilung im Einkauf, 2017.

Lutz Schwalbach: Lean Management im Einkauf, 2017.

Lutz Schwalbach: Verbessern der Lieferzuverlässigkeit als Lean Six Sigma Projekt, 2015.

Lutz Schwalbach: Liefertreue und Lieferpünktlichkeit, 2015.

Lutz Schwalbach: Bestands- und Vorratssenkung, 2. Auflage, 2013.

Lutz Schwalbach: Auswahl, Auslistung und Eliminierung von Artikeln, 2013.

Lutz Schwalbach: Ein interkulturelles deutsch-indisches Projektteam, 2011.

Alle Werke verlegt im BoD Verlag, Norderstedt.

Dipl.Ing., Dipl.Wirtsch.Ing. (FH), MBA Lutz Schwalbach.

Erststudium: Allgemeiner Maschinenbau, Produktionstechnik.

Lutz Schwalbach studierte Maschinenbau an der Technischen Hochschule Karlsruhe, berufsbegleitend Wirtschaftsingenieurwesen an der Hochschule Zweibrücken und Erwerb des Master of Business and Administration an der Hochschule Kaiserslautern.

Als Manager mit profit & loss Verantwortung deckt er ganzheitlich die materialwirtschaftlichen Belange eines Unternehmens von der Arbeitsvorbereitung, Disposition, Fertigungsplanung- und Steuerung, Produktionsleitung, strategischem und operativem Einkauf, Qualitätswesen bis zur Sortimentspflege ab.

Über 25 Jahre Berufserfahrung als Führungskraft in der Beschaffung und dem Supply Chain Management. Profunde Erfahrung im Lean Management, Six Sigma (black belt), agilen Arbeiten (Scrum), Supply Chain Manager DLA, REFA, QMB, im interkulturellen Arbeiten und dem Projektmanagement.

Herr Schwalbach startete seine berufliche Karriere im Jahr 1990 in der Industrie und ist bis heute ununterbrochen als Einkaufsleiter beschäftigt. Wichtige Stationen seines beruflichen Wirkens waren der Dyckerhoff Konzern (1995), suki.international GmbH (2008), Schuler Pressen AG (2014) und IT-Haus GmbH (2020).

Besuchen Sie mich auf URL https://www.xing.com/profile/Lutz_Schwalbach/cv.

Meine Arbeit und Ausführungen können niemals vollständig sein. Sie erfüllen aber den Anspruch, Hinweise und Hilfestellungen zum Einkauf aufzuzeigen.

Die folgenden Ausführungen wurden nach bestem Wissen und Gewissen erstellt. Der Autor schließt jede Haftung und Gewähr aus.

Impressum:

Copyright 2021 Lutz Schwalbach

Illustration: Lutz Schwalbach

Deckblatt Foto: URL https://www.shotshop.com

Bild Nr. 143909629, Urhebervermerk: alphaspirit/Shotshop.com

Herstellung und Verlag: BoD - Books on Demand GmbH, 2021, Norderstedt.

ISBN-13: 978-3-7543-7673-7

Statistik: 196 Seiten, ca. 33.000 Wörter, ca. 276.600 Zeichen.

Alle Rechte, insbesondere das Recht der Vervielfältigung, Verbreitung sowie das Recht der Übersetzung, vorbehalten. Kein Teil dieses Werkes darf ohne schriftliche Genehmigung des Autors in irgendeiner Form, Art oder Weise verwendet, übertragen, verarbeitet oder übersetzt werden.

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Abstrakt:

Das vorgelegte Buch „Einkauf schnell erklärt” stellt das Basiswissen zum Einkauf systematisch, fokussiert und leicht erlernbar dar. Es dient Ihnen als Handlungs- und Kompetenzerweiterung für den Einkauf und umfasst die wesentlichen Inhalte in neunzehn übersichtlich angeordneten Kapiteln. Die Grundlagenarbeit im Einkauf wird in vier Fokusansätzen der Prozessoptimierung, Preisoptimierung, Organisation und Mitarbeiterentwicklung im Einkauf aufgezeigt. Diese werden inhaltlich ergänzt um die Einkaufsziele, Bedarfsermittlung, Vertragsverhandlungen, Lieferantenqualifizierung/-performance, Controlling sowie die spezielle Vertiefung in Datenpflege und Digitalisierung. Nach der Durcharbeit des vorliegenden Buches hat der Leser einen umfassenden Überblick in den Einkauf erlangt, kann mögliche Defizite erkennen, aufzeigen und den Einkauf mitgestalten. Mit diesem Buch erhält der Leser eine schnelle Wissensvermittlung über die Einkaufstätigkeiten in Unternehmen, welches er auch als Nachschlagewerk verwenden kann. Ich wünsche Ihnen viel Erfolg und Freude auf Ihrem neuen erfolgversprechenden Lernweg in die Einkaufswelt „happy shopping”.

Inhaltsverzeichnis

1 Begriffe

Das vorgelegte Buch beinhaltet eine Schnellvorstellung des Einkaufs. Es dient Ihnen als Handlungs- und Kompetenzerweiterung für den Einkauf und umfasst fokussiert die wesentlichen Inhalte. Die Grundlagenarbeit im Einkauf wird in Fokusansätzen der Prozessoptimierung, Preisoptimierung, Organisation und Mitarbeiterentwicklung im Einkauf aufgezeigt. Diese werden inhaltlich ergänzt um die Einkaufsziele, Vertragsverhandlungen, Lieferantenqualifizierung/-performance, Controlling sowie die spezielle Vertiefung in Datenpflege und Digitalisierung. Nach der schnellen Durcharbeit des vorliegenden Buches hat der Leser einen ersten Überblick über den betrieblichen Einkauf erlangt und sein Wissen ausgebaut. Ich wünsche Ihnen viel Erfolg und Freude am „Einkauf schnell erklärt” und zu ihrem erfolgversprechenden Einstieg in das Thema einkaufen.

1.1 Einkauf

Der Begriff Einkauf (EK) beschreibt den Zukauf von Gütern, Dienstleistungen oder immateriellen Dingen passend zur Unternehmensaufgabe (Arnolds, 2016, S.2-6, Hofbauer, 2013, S. 13). Aktuell wird der Begriff Einkauf erweitert um die Aufgabe der Entsorgung.

Der Begriff Beschaffung ergänzt den Einkauf um die strategischen Aspekte und der Beschaffungsmarktforschung (Hofbauer, 2013, S. 13).

In den Klein- und Mittelständigen (KuM) Unternehmen ist Einkaufen Chefsache.

1.2 Einkaufswandlung

Früher stand primär der Einkaufspreis im Vordergrund und der Einkauf war Bestellschreiber/-abwickler. Heute ist der Einkauf tief integriert in die Unternehmen und seine Einbindungen und Schnittstellen reichen bis zu Partnerschaften, Alternativmaterialien, Lieferanten F&E, Qualitätsmaßnahmen, Beschaffungsstrategien, usw. Damit wurde eine deutliche Änderung im Einkauf, weg vom Bestellvollzug, hin zum bestellgestaltenden Einkauf als Wertgestalter/-bringer, bewirkt.

Die Umfänge der heutigen und modernen Beschaffung zeigen Wandlungen auf, von der Bestellabwicklung der Beschaffungsabteilung zum Management der Materialien (Arnolds, S. 17). Dieser Wandel lässt sich anhand der folgenden Veränderungen aufzeigen.

Die Stärkung der Rolle des Einkaufs begründet sich in dem vermehrten Outsourcing der Fertigung. In starken Produktionsbetrieben ist der Einkauf der größte innerbetriebliche Mitbewerber, aufgrund der zu treffenden make or buy Entscheidung und der verbundenen Entscheidung pro Eigenfertigung oder pro Outsourcing. Die Unternehmen versuchen, sich von tariflichen Zwängen, schwankenden Auslastungen und hohen gewerblichen Personalzahlen zu befreien. Gleichfalls wollen Sie von niedrigeren Stundenlöhnen auf dem Lieferantenmarkt oder durch Ländervorteile profitieren.

Abbildung 1: Wandlung des Einkaufs

1.3 Wertbeitrag

Die Bedeutung des Einkaufs ist in den letzten Jahren deutlich gewachsen. Der Einkauf erhält in den großen Unternehmen Einzug in ein Vorstandsressort oder ein vergleichbares Gewicht. Der Einkauf trägt einen Wertbeitrag zur Gewinnmaximierung des Unternehmens aktiv bei. Sein Hebel, die Senkung der Materialkosten, ist stark wirksam.

Die folgende Kalkulation der Gewinne stellen die hohe Bedeutung des Einkaufs, auf der wirtschaftlichen Situation eines Unternehmens, mit einem einfachen Beispiel deutlich dar (Melzer-Ridinger, 1989, S. 18), (Weigel U., 2013, S. 5), (Arnolds, 2016, S. 15).

Macht die Unternehmung 100 Mio. Euro Umsatz und 10% Gewinn, dann entspricht dies einem Gewinn vor Steuern von 10 Mio.€ Euro. Gelingt es dem Vertrieb, den Umsatz um 10% zu steigern, was einem sehr ambitionierten Ziel entspricht, so sind das 10 Mio.€ Euro Mehrumsatz. Aus den 10 Mio.€ Euro Mehrumsatz resultieren1 Mio.€ Gewinn, bei der angenommenen Marge von 10%.

Nehmen wir den Materialkostenanteil mit 50% auf den Umsatz (Menge x Artikelpreis im Verkauf = Umsatz) von 100 Mio. Euro an, dann sind das 50 Mio. €. Auf der Beschaffungsseite lassen sich 1 Mio.€ Gewinn wie folgt erzielen. Schafft es der Einkauf, die Materialkosten in Höhe von 50 Mio.€ um 2% senken, so liegt der identische Gewinn-/Ergebnisbeitrag vor.

  • 100 Mio.€ * 10% = 10 Mio.€ Gewinn

    +10 Mio.€ * 10% = 1 Mio.€ Gewinn auf Mehrumsatz

  • 100 Mio.€ * 50% = 50 Mio.€ Wareneinsatz (WE)
  • 50 Mio.€ abzgl. 2% = 1 Mio.€ Ergebnisbeitrag aus WE

Der Unterschied zum Aufwand +10% Mehrumsatz zu -2% Senkung der Materialkosten ist selbsterklärend. Sie erkennen die Hebelwirkung einer Materialkostenreduktion versus einer Umsatzausweitung (Werbung, Neukundenakquise, Incentives, Investitionen, …).

1.4 Maverick Buying

Maverick buying beschreibt einen nicht zu unterschätzenden Anteil von nicht autorisierten oder unkoordinierten Einkäufen. Dies wird im Englischen als sogenanntes maverick buying bezeichnet. Es bezeichnet den Einkauf von Gütern und Dienstleistungen durch nicht Einkäufer wie Baustellen, Konstruktion, Disposition, Fertigung usw.

  • In vielen Unternehmen beträgt das Volumen nicht selten mehr als 20-30 % des gesamten Einkaufsvolumens.

Betrachten wir dazu folgende Beispielrechnung: Würde festgestellt, dass bei einem Materialkostenanteil von über 50 % anteilig 20% nicht über den Einkauf beschafft wird, so entfällt dem Unternehmen dieser Einkaufsvorteil. Im schlimmsten Fall bedeutet dies, dass bei 100 Million Umsatz und somit einem Einkaufsvolumen von 50 Mio.€ (50%) anteilig 20 % = 10 Mio.€ bestellt, nicht verhandelt würden und frei vergeben durch nicht autorisierte Einkäufer. Allein ein kalkulierter Anteil von 4 % Materialkostenreduktion bedeutet in diesem Fall 400 T€ entgangener Verlust am Unternehmensergebnis.

  • 100 Mio.€ * 50% *20% = 10 Mio.€ * 4% = 400 T€ Ergebnis.

Hier gilt es, mit einfachen Methoden die Beschaffung zu kontrollieren und zu disziplinieren. Unkoordinierte Bestellungen lassen sich über Bestellauslöser, welche nicht dem Einkauf angehören, schnell identifizieren durch Rechnung ohne Bestellbezug und mit IT-System Rechteentzug beseitigen (Weigel U., 2013, S. 7). Gleichfalls sind hier die Themen der Compliance mitzubetrachten, diese konsequent anzudrohen. Dieses unkoordinierte Einkaufsvolumen muss zwingend in den Einkauf zurückgebracht werden, um wirtschaftliche Ergebnisbeiträge für das Unternehmen zu realisieren. Es darf nicht geduldet werden, dass nicht Einkäufer ohne Marktkenntnis, ohne Lieferantenkenntnis und ohne Verhandlungskenntnisse Bestellungen frei Hand vergeben. Ergänzend sei hier angemerkt, dass hier erschwerend auch das Vieraugenprinzip unterlaufen wird.

2 Beschaffungsziele

Die Ziele des Einkaufs lauten (Hofbauer, 2013, S. 13, Arnold, 2016, S. 2f):

  • Optimales Preis-/Leistungsverhältnis durch Beschaffungsmarktforschung, qualifizierten Angebotsvergleich und Vergabeverhandlung sowie routinebasierte Bestellabwicklung (Prozessmanagement)

    mit den Unterzielen:

  • Sichere und kostengünstige Versorgung (Preis, Termin, Qualität).
  • Risikomanagement als Sicherung gegen Liefer- und Lieferantenausfall
  • Generierung von Mehrwerten und Wertbeitrag
  • Minimierung oder Abbau von Beschaffungsrisiken

Die Ziele des Einkaufs (Arnolds, 2016, S. 8- 13) haben sich mit Verschiebung der Anteile der Eigenfertigung hin zum Fremdbezug in die nachfolgende Richtung verändert. Die betrieblichen Ziele dominieren als störungsfreier Betrieb durch sichere Materialversorgung.

  • Gewährleistung des störungsfreien Produktionsprozesses, unter Berücksichtigung der terminlichen Materialversorgung und Produktqualität.
  • Das Streben nach Gewinnmaximierung durch beste Einkaufspreise und Einkaufskonditionen im Vergleich zu den Wettbewerbern.
  • Schaffen von Preisstabilität durch Vertragsmanagement, welches insbesondere das Verhandeln von Festpreisen über Zeitspannen bezeichnet, besser als der Mitbewerberpreis.
  • Einen sicheren, effizienten und kostenoptimalen Einkaufsprozess, welcher einen Wertbeitrag zum Unternehmensergebnis erbringt.
  • Durch Lieferanten- und Beschaffungsmanagements Generierung relativer Wettbewerbsvorteil für das eigene Unternehmen. Dies kann bspw. durch die Integration der Lieferanten Forschung und Entwicklung oder aus Ländervorteilen gelingen.
  • Die direkten Kosteneinsparungen im Wareneinsatz und in der effizienten Prozessleistung (Abwicklung der unternehmensinternen Prozesse) werden zunehmend interessanter. Die Aufgabe Kostenoptimierung ist operativ und kurzfristig einzuordnen.
  • Die Versorgungsfunktion bedeutet Versorgungssicherheit für das Unternehmen und Unterstützung der Unternehmensbereiche. Die Aufgaben der Versorgung und Support sind strategisch (langfristig) zu sehen.

Abbildung 2: Ziele im Einkauf

Die qualitativen Ziele dominieren ebenfalls zur Erfüllung des störungsfreien Betriebes aus der Qualität der Materialien sowie dem Schutz vor Garantiefällen oder Produkthaftung.

  • Gründen der Produkthaftung und der Gefahr durch fehlerhafte Produkte oder Nicht Lieferung
  • DIN ISO 9000- 9004 Qualitätsmanagementsysteme, ISO/TS 16949 QM der Automotiv

Zielobjekte

Beispiel

Unternehmen

Versorgungssicherheit, keine Fehlteile

Bereich Beschaffung

Geringe Beschaffungskosten, hohe Leistungsbereitschaft der Einkäufer

Lieferantenmanagement

Optimale Anzahl Lieferanten, optimierte Quote Kontraktlieferanten

Lieferantenperformance

Hohe Qualität, hohe Kapazität, Zuverlässigkeit

Beschaffungsteile, scope of supply

Geringe Vielfalt der Teile, hoher Standardisierungsgrad

Beschaffungsobjekt, Teil

Niedriger Preis, hohe Qualität

Tabelle 1: Beschaffungsziele

(Quelle: Hofbauer, 2013, S. 17)

3 Materialbedarfsplanung

Das Warenwirtschaftssystem plant und steuert alle Prozesse, welche die Bewegung von Waren bedürfen sowie deren Entstehung (Bedarfsplanung). Die Bestimmung der Materialbedarfe der Güter bedarf der Bestimmung der Kriterien (Hirschsteiner, 2001, S. 51f):

  • Art und Qualitat der Materialien
  • Ort des Bedarfes
  • Menge und Termin der Materialien
  • ggf. Kostenvorgaben und Flexibilitat

Die Bedarfsplanung folgt dem Ablauf

  • der Planung des Produktionsprogramms,
  • Bedarfsermittlung (Vorrat minus Bedarf sowie der make or buy Entscheidung: Fertigung oder Kaufteil)
  • Bereitstellungsplanung (Material, Menge).

Die Materialbedarfsplanung unterscheidet in fünf Materialbedarfsarten, welche aus dem Produktions-/Produktprogramm folgen:

  • Primärbedarf – erzeugnisorientiert, d.h. Materialien oder Produkte wie Zubehör, Ersatzteile, Kaufteile, Handelswaren usw.
  • Sekundärbedarf – erzeugnisorientiert, d.h. Material zur Eigenfertigung (Produktion) des Primärproduktes, wie Halbzeuge, Rohwaren, Baugruppen, Komponenten usw.
  • Tertiärbedarf – verfahrensorientiert, d.h. verbrauchsabhängige Betriebs- und Hilfsstoffe wie Werkzeuge, Schmiermittel, Verschleißartikel usw.
  • Bruttobedarf- bestandsorientiert, d.h. Bedarf pro Material ohne Berücksichtigung der Lagervorräte und Bestellungen
  • Nettobedarf – bestandsorientiert, d.h. Bedarf pro Material mit Verrechnung und Berücksichtigung der Lagervorräte (-) und Bestellungen (+)

Abbildung 3: Materialbedarfsarten

Im Anschluss an die Materialbedarfsplanung muss die zeitliche Terminierung der Materialien erfolgen. In der Terminierung der Materialbedarfe wird richtungsabhängig unterschieden in die Vorwärtsterminierung (Ausblick) oder die Rückwärtsterminierung (Rückblick). Beide Verfahren unterscheiden sich in dem Ansatz-/Ausgangspunkt der Berechnung.

  • Die Vorwärtsterminierung richtet den Blick nach vorne. Sie blickt vom Startpunkt bspw. heute aus. Von dem Startzeitpunkt aus berechnet diese unter Berücksichtigung der Fertigungsdauer, wann das Material frühestens fertig ist.

    (Beispiel: Kunde im Restaurant kommt um 20 h und bestellt ein Essen. Das Essen wird, bei 20 min Zubereitungszeit, frühestens um 20.20. h bereitgestellt).

  • Die Rückwärtsterminierung richtet den Blick vom Bedarfs-/Bereitstellungstermin zurück und benennt somit den spätesten Startzeitpunkt für den Start der Fertigung.

    (Beispiel: Kunde bestellt im Restaurant ein Essen für 20 h. Die Zubereitung des Essens, bei 20 min Zubereitungszeit, muss spätestens um 19.40 h starten).

4 Bedarfsermittlung

Um zu beginnen, bedarf der Beschaffungsprozess eines Bedarfes oder Bedarfsanforderung (Banf). Ist der Bedarf gegeben, muss dieser um die Spezifikation erweitert werden, um bestellfähig zu sein (Hofbauer, 2013, S. 48f). Die Beschaffung kann entfallen, wenn der Bedarf aus dem Lager befriedigt werden kann.

  • Bedarfsfeststellung ist mit einem Bedarfsträger verbunden => Bedarfsbeschreibung/-spezifikation mit dem Material => Beginn des Beschaffungsprozesses.

Der Bedarfsträger kann ein Produktionsbedarf, ein Kundenauftrag oder eine Lagerauffüllung sein. Die Bedarfsermittlung besagt die Bestimmung der Materialien, deren Menge inkl. Mengeneinheit, Bedarfstermin und Ort der Bedarfsdeckung.

  • Erzeuge das Gleichgewicht aus der Ursache dem Bedarfsträger und der Lösung durch Bedarfsdeckung
  • Es wird unterschieden in Bedarfsträger (erzeugt den Bedarf) und Bedarfsdecker (deckt den Bedarf).

Die Hauptaufgaben der Abteilung Disposition bestehen darin, dass die Mengenabrufe der Bedarfe (Menge, Artikel, Termin) bspw. aufgrund des Produktionsprogramms (Bedarfsträger) in Bedarfsanforderungen (Banfen) umgesetzt werden, die Terminierung präzise erfolgt, die Terminverfolgung durchgeführt wird und nachfolgend durch die Produktion Material produziert oder vom Einkauf beschafft wird (Bichler, 1997, S. 82). Nach der klassischen Prozessabwicklung wird die Bedarfsanforderung, in der dem Einkauf vorgelagerten Abteilung Disposition erzeugt und an den Einkauf zur Bearbeitung (Bedarfsdeckung) übergeben. Sie kann manuell, halbautomatisch oder vollautomatisch im MRP-System (Material Requirements Planning) vollzogen werden. Zur Durchführung der Bedarfsplanung gibt es drei Ansätze:

  • Deterministisch (Kundenbedarfe -Konkret-) = Programmorientierte Bedarfsplanung leitet sich aus dem Produktionsplan ab. Dieser basiert wiederum auf dem Auftragsbestand/Absatzplan. Methode: Analytische top down Auflösung vom Programmbedarf (Rechenverfahren über die Erzeugnisstruktur)
  • Stochastisch (Prognosen -Schätzung-)= Prognoseorientiert bspw. Vergangenheitswerte

    Methode: Mittelwertbildung, exponentielle Glättung oder Regressionsanalyse

    (Basierend auf den Vergangenheitswerten)

  • Intuitive oder hypothetische Verfahren = Analogschätzung (zu vergleichbaren Produkten oder Erfahrungen) oder Inspiration (subjektive persönliche Einschätzung)

4.1 Deterministische Bedarfsplanung

Die Herleitung der Bedarfe erfolgt aus dem Primärbedarf. Dieser Bedarf wird zur klaren Abgrenzung als Sekundärbedarf bezeichnet. Der Sekundärbedarf wird mittels Auflösung der Stückliste (alternativ Rezeptur) berechnet. Dazu werden die einzelnen Bestandteile (Materialien) laut Stückliste und deren jeweiligen Bedarfsmengen, pro ein Stück Fertigware aufgelöst und abschließend mit dem Gesamtbedarf der Fertigware multipliziert. Die Stücklisten sind über den Stücklistenaufbau und Stücklistenpositionen untereinander abhängig verbunden.

  • Das Ergebnis ist eine Liste der Sekundärbedarfsmengen pro Einzelmaterial, laut Stückliste, welche benötigt werden, um die Fertigware herzustellen (den Bedarf zu decken).
  • Sie enthalten Materialien der Bezugsarten Eigenfertigung (EF) und Fremdbeschaffung (FF).

Beispiel einer Stücklistenstruktur:

Ergebnis = Detaillierte Materialstücklistenauflösung in die Sekundärbedarfe

Ebene 1: Mixer

Ebene 2: Baugruppen: Gehäuse+ Antrieb + Elektrifizierung

Ebene 3: Bauteil Antrieb: Getriebe + Welle + 2 Stück Lagerung

Ebene 4: Teil Lager = Miniatur Axialkugellager 4x8x3.3 mm usw.

Die Stückliste oder Stücklistenstruktur wird häufig als Gozinto Graph (the part that goes into) visuell dargestellt. Die Ebenen entsprechen Dispositionsstufen (Reihenfolge der Planung), Pfeilzahlen sind die Mengen und mit Buchstaben die Materialien/Baugruppen. Die Stücklistenauflösung erfolgt vollautomatisiert in den sogenannten MRP Läufen (Material Requirement Planning, dt. Materialbedarfsplanung), unter der Vorrausetzung einer funktionierenden Bestandsfortschreibung (Quelle: Arnolds, 2016, S. 41ff).

Abbildung 4: Gozinto Graph Bedarfsermittlung (Quelle: Arnolds, 2016, S.41)

Der Sekundärbedarf muss in der Menge und in der zeitlichen Einordnung weiter differenziert werden. Der Disponent muss Zusatzbedarfe bedenken bspw. als Ersatzteile und durch Schwund. Die mengenmäßige Differenzierung wird über die Ermittlung des Bruttobedarfs und später des Nettobedarfs verfeinert. Der Bestellbedarf ergibt einen Überschuss (keine Bestellung) oder Unterdeckung an Materialien (Bestellung). Bei einem Überschuss wird die Bestellung unterlassen, im Fall der Unterdeckung muss eine Bestellung ausgelöst werden.

  • Bruttobedarf = Sekundärbedarf+ Zusatzbedarfe
  • Nettobedarf = Bruttobedarf – Lagervorrat – Bestellbestand (offene Bestellungen) + Reservierungen (bereits in der Menge verplantes Material) + Sicherheitsbestand
  • Nettobedarf = Sekundärbedarf + Zusatzbedarfe – Lagervorrat – Bestellbestand + Reservierungen + Sicherheitsbestand
  • Nettobedarf = Bestellbedarf (Ist-Menge)
  • Tatsächliche Bestellung des Bestellbedarfs kann durch Bündelung oder Losgrößen abweichen.