Grenzregionen im Kalten Krieg Regioni di confine nella Guerra fredda
Karlo Ruzicic-Kessler
Editorial / Editoriale
Arndt Macheledt
Geteilte Rhön. Strukturelle Auswirkungen der innerdeutschen Grenze im ländlichen Raum 1945 bis 1961
Sarah Knoll
Flucht über den „Eisernen Vorgang“. Das Burgenland als Erstaufnahmeland im Kalten Krieg
Petra Mayrhofer/Karlo Ruzicic-Kessler
La regione Alpe Adria durante la Guerra fredda: un’eccezione nell’Europa divisa
Joachim Gatterer
Der Kalte Krieg in Südtirol. Gut für die Autonomie, schlecht für die Demokratie?
Aufsätze/Contributi
Walter Landi
Impresari, gastaldi, concessionari. Aristocrazie locali e industria mineraria nel territorio di Trento durante il Duecento
Michael Wedekind
Politisierungen von ‚Volkskultur‘ im Tirol des 20. Jahrhunderts. Von der Tracht und ihrer Unschuld
Giada Noto
Le colpe degli altri. Un’analisi dei verbali del Consiglio Provinciale di Bolzano sul “Monumento alla Vittoria” (1948–2013)
Forum
Katarzyna Stokłosa
Leben am Eisernen Vorhang. Grenzüberschreitende Zusammenarbeit im „Ostblock“
Luciano Pomaro
Le prime raccolte di fiabe e di leggende trentine: genesi, modelli letterari e riferimenti storici
Francesca Brunet
Fotografie, fotografe e storia regionale: alcune note sulla mostra Frauenbilder / Signora fotograf(i)a
Rezensionen / Recensioni
Denis Francisci, Locus Sepulturae. Il valore topografico delle evidenze funerarie in età romana. Teoria, metodi e casi di studio dal Trentino-Alto Adige/Südtirol
(Jack W. G. Schropp)
Franz Jäger, Gletscher und Glaube. Katastrophenbewältigung in den Ötztaler Alpen einst und heute
(Edith Hessenberger)
Erika Kustatscher, Die Innsbrucker Linie der Thurn und Taxis – Die Post in Tirol und den Vorlanden (1490–1769)
(Mirko Herzog)
Christian Naser, Migration und Vernetzung in Franken vom 16. bis zum 18. Jahrhundert
(Erika Kustatscher)
Andreas Kappeler, Vom Land der Kosaken zum Land der Bauern. Die Ukraine im Horizont des Westens vom 16. bis 19. Jahrhundert
(Martin Rohde)
Erika Kustatscher, Die Ingram von Liebenrain. Adel in Tirol zwischen Ancien Régime und staatsbürgerlicher Rechtsgleichheit
(Siglinde Clementi)
Klaus Tragbar (Hg.), Die Topographie des Wissens. Eine kleine Stadtbaugeschichte der Universität Innsbruck
(Christof Aichner)
Andreas Gottsmann/Romano Ugolini/Stefan Wedrac (a cura di), Österreich-Ungarn und Italien im Ersten Wektkrieg / Austria-Ungheria e Italia nella Grande Guerra
(Alessandro Livio)
Elivra Migliario/Leandro Polverini, Gli antichisti italiani e la Grande Guerra
(Michaela Oberhuber)
Patrick Ostermann, Zwischen Hitler und Mussolini. Guido Manacorda und die faschistischen Katholiken
(Olaf Blaschke)
Matthias Egger (Hg.), „… aber mir steckt der Schreck noch in allen Knochen.“ Innsbruck zwischen Diktatur, Krieg und Befreiung 1933–1950
(Klara Rieder)
Sebastian De Pretto, Im Kampf um Geschichte(n). Erinnerungsorte des Abessinienkriegs in Südtirol
(Gerald J. Steinacher)
Grazia Barbiero, Scenari in movimento. Gli anni settanta e ottanta in Alto Adige/Südtirol
(Giorgio Mezzalira)
Autor*innen / Autori e autrici
Grenzen und Grenzregionen als Orte der Teilung, der Trennung, des Konfliktes und des Übergangs, der Verbindung, Begegnung, der Kooperation und des Austauschs spielen mindestens seit dem römischen Limes eine zentrale Rolle in der europäischen Geschichte. Die Bedeutung von Grenzen und Grenzregionen und die festen Trennlinien zwischen Staaten und Menschen sind wiederum im Pandemiejahr 2020 für die gesamte Menschheit in den Vordergrund getreten. Gerade auch innerhalb des vereinten Europas und zwischen den Staaten der Europäischen Union traten Phänomene wie Grenzschließungen, Grenzkontrollen und militärische Grenzüberwachung zum Vorschein, die an eine längst vergessene und überwunden geglaubte Zeit erinnerten und der Bevölkerung auf dem Kontinent aufzeigten, wie fragil gewisse Freiheiten sind, die über Jahre als Selbstverständlichkeit angenommen wurden. Insbesondere für Grenzgemeinschaften und -regionen bedeutete die Umstellung auf neue Sicherheits- und Einreiseregulierungen eine völlige Abkehr von der gewohnten Reise- und Arbeitsfreiheit. Nun war es nicht mehr möglich den Nachbarn, die Familie über der Grenze zu besuchen, einen Einkauf im benachbarten Ausland zu erledigen oder einen Aufenthalt im bekannten Gebiet jenseits der Grenze zu planen. Damit rückte die Bedeutung von Grenzen und deren Kontrolle unmittelbar und unerwartet ins kollektive Bewusstsein. Daher erscheint es nur richtig, die Frage nach Grenzen, Grenzregionen, Grenzregimen und Grenzkooperationen in einem historischen Kontext zu betrachten. Hierbei eignet sich wiederum Europa während des Kalten Krieges als ein hervorragendes Anschauungsobjekt für Phänomene wie Inklusion und Exklusion, für den Blick auf die „Anderen“ und die Frage nach Trennung und Annäherung, nach hermetischen und permeablen Linien in Grenzregionen.
Nach 1945 senkte sich über Europa ein „Eiserner Vorhang“, wie es Winston Churchill 1946 auf dramatische Weise beschrieb,1 der den Kontinent für über 40 Jahre in eine westliche, liberale, und eine östliche, kommunistische, Zone trennte – der Bau der Berliner Mauer 1961 steht dabei symbolhaft für eine vermeintlich hermetische Trennlinie zwischen Staaten, Menschen und Systemen. Wie kaum an einem anderen Ort wurde der Kalte Krieg zum Symbol für geopolitische Auseinandersetzungen, neue Grenzen und Grenzräume sowie Konflikte im globalen Ringen um Macht zwischen zwei Systemen. Diese Periode prägte somit Grenzräume in Europa in besonderem Maße, wie es etwa an der deutsch-deutschen Grenze veranschaulicht werden kann. Doch der „Eiserne Vorhang“ war nicht nur eine Trennlinie, sondern auch ein Sehnsuchtsort für Menschen, die den Regimen im Osten entfliehen und ein neues Leben im freien Westen aufbauen wollten. Gleichzeitig bedeuteten neue Grenzen nach dem Zweiten Weltkrieg auch die Auflösung gefestigter ökonomischer, politischer und sozialer Verbindungen, eine Trennung, die von verschiedenen Akteuren zu durchbrechen versucht wurde, während die Dynamiken des Kalten Krieges solche Prozesse beschleunigten oder hemmten. Schließlich führte der Kalte Krieg auch abseits des „Eisernen Vorhangs“ zu neuen Konflikten und neuen Herausforderungen für Grenzgemeinschaften und Grenzregionen. Deshalb war diese Epoche der europäischen Geschichte von einer Vielzahl an verschiedenen Phänomenen geprägt, die sich in Grenzregionen manifestierten.
Die Analyse von Grenzen und Grenzregionen hat schließlich in der Zeit seit dem Zerfall der Sowjetunion und dem Ende der Ost-West Trennung in Europa eine starke Dynamik erlebt und verschiedene wissenschaftliche Disziplinen miteinander verknüpft. Die Grenzen erschienen einigen ForscherInnen als antiquierte Begriffe in einer globalisierten Welt, in der nicht die Bewegung von Menschen, sondern jene von Gütern und Kapital den Abbau von Grenzen vorgab.2 Gerade in den 1990er Jahren schien das Ende der nationalstaatlichen Grenzziehungen unaufhaltsam zu sein, insbesondere wenn der Blick auf dem europäischen Integrationsprozess verharrte. Seither haben allerdings Phänomenen wie der Konflikt zwischen den Großmächten USA und China, die Verschärfung des Verhältnisses zwischen Europa und Russland und damit einhergehende, kriegerische Auseinandersetzungen in Georgien oder der Ukraine aufgezeigt, dass der Begriff der Grenze als Trennlinie zwischen Staaten und Systemen kaum an Bedeutung eingebüßt hat, sich aber im steten Wandel befindet. Dieser Wandel ist auch auf dem europäischen Kontinent während des Kalten Krieges zu verorten. Neue Studien zum Umgang mit Grenzen und Grenzregionen in Osteuropa betrachten etwa die Bedeutung und Entwicklung von Grenzen und Grenzregionen in einer historischen Langzeitperspektive seit dem Ende des Ersten Weltkrieges.3 In jüngerer Zeit wurden mehr und mehr Grenzräume und Grenzgemeinschaften in den Fokus genommen und diese besondere Erfahrung von Menschen, Regionen und Staaten analysiert.4 Dabei sind Grenzen und Grenzregionen Orte, durch die sich Staaten, Nationen und Gemeinschaften definieren und die nicht nur politische Macht, sondern auch soziale Räume bestimmen. Nationale Regierungen sind dabei entscheidende Akteure, doch bei weitem nicht die einzigen handelnden Elemente, die Grenzräume beeinflussen.5 Trotz des Konfliktes zwischen Ost und West und dem Gefühl einer unüberwindbaren Grenze zwischen zwei gegensätzlichen Ideologien waren Grenzräume während des Kalten Krieges nicht nur Orte der Trennung, sondern auch Treffpunkte und Übergangszonen. So wenig der „Ostblock“ eine monolithische Struktur aufwies und so sehr sich auch verschiedene staatliche Akteure von einer einzigen, gemeinsamen Linie im Verlauf des Kalten Krieges lösten und den Kontakt über die Systemgrenzen hinweg suchten,6 so sehr wurden auch die Grenzen von verschiedenen Phänomenen der Trennung und der Annäherung geprägt und hatten damit ebenfalls Einfluss auf das Leben in Grenzgemeinschaften und auf die politische Landschaft in diesen Räumen sowie den Staaten, in denen sie sich befanden.
Die Teilung Europas während des Kalten Krieges lässt auch die Frage zu, welche Möglichkeiten es in Grenzräumen überhaupt für Kontakte und Austausch gab beziehungsweise welche Phänomene diese ermöglichten und welche For-men diese annahmen. Es gibt eine klare Korrelation zwischen geschlossenen Grenzräumen, Konflikten und Randlage, beziehungsweise offenen Grenzräumen, Kooperation und Kontakt. Dabei sind jede Grenze und jede Grenzregion in ihrem jeweiligen Kontext einzigartig. Die Bedeutung der Grenze und der Grenzregion kann sich über die Zeit und aufgrund von staatlichen Interventionen oder regionalen Entscheidungen dramatisch verändern. Dies gilt dann etwa, wenn Grenzen „geschlossen“ oder „geöffnet“ werden oder wenn wirtschaftliche Entwicklungen dies bedingen. Deshalb müssen Grenzen und die mit ihnen verbundenen Regionen in einer lokalen und regionalen Untersuchung und in einem detaillierten Vergleich erforscht werden.7 Dabei sind Grenzen nicht nur die Linien, die mehr oder weniger willkürlich zwischen Staaten und Gesellschaften gezogen werden, auch jede Gemeinschaft und jedes Individuum erlebt verschiedene Grenzen, die das Leben und die Umwelt regeln, das „Hier“ vom „Dort“ und das „Wir“ vom „Anderen“ trennen.8
Welchen Einfluss hatten neue Grenzen im Europa des Kalten Krieges auf Gemeinschaften und historisch gefestigte ökonomische, soziale und politische Räume? Wie gingen Staaten, Institutionen und Gemeinschaften mit der Situation in Grenzregionen um? Welche Bedeutung hatte der „Eiserne Vorhang“ für Menschen, die aus dem Osten in den Westen ziehen wollten? Welche Möglichkeiten der Kooperation gab es zwischen Regionen in verschiedenen Kontexten des Kalten Krieges? Wie entwickelten sich historische Konflikte und politische Sphären in Grenzregionen auch abseits der Ost-West Teilung? Es sind diese Fragen und weitere Aspekte des Kalten Krieges in europäischen Grenzräumen, die im monographischen Teil des vorliegenden Heftes von Geschichte und Region / Storia e regione analysiert werden. Es beruht auf den Ergebnissen der Tagung Europa der Grenzen. Neue Perspektiven auf Grenzen im Kalten Krieg, die sich im November 2019 in Bozen verschiedenen Aspekten regionaler Grenzsituationen und -phänomenen im geteilten Europa widmete. Hierbei betrachteten die TeilnehmerInnen der Tagung das Thema nicht nur im Hinblick auf die Trennund Teilungslinien zwischen Ost und West, sondern auch in Zusammenhang mit der Begegnung und der Interaktion im geteilten Europa am und abseits des „Eisernen Vorhangs“. Die Beiträge in diesem Heft zeigen sowohl, dass der Begriff der Grenze als Raum der nationalen, politischen und sozialen Trennung angemessen ist, als auch, dass die Grenze in anderen Fällen als Chance und als Verbindungsort in Erscheinung tritt. Besonders spannend ist auch der Vergleich zwischen unterschiedlichen Realitäten des Kalten Krieges. Im Heft wird die scharfe und harte Trennung an der Systemgrenze thematisiert, aber ebenso tritt die Grenze als Übergangsort zwischen den Systemen und als Fluchtort zu Tage. Zudem wird der Frage nach Kooperation in multinationalen Grenzräumen nachgegangen und die Grenzerfahrung abseits der Systemgrenze an einem westeuropäischen Beispiel verdeutlicht. In diesem Heft werden somit vier Beispiele von Grenzerfahrungen und Grenzregionen im Europa des Kalten Krieges präsentiert, die unterschiedliche Szenarien und Bedeutungen von Grenzen und Grenzregionen aufzeigen.
Einer neuen Grenze, die eine historisch gewachsene Landschaft trennte und die Menschen in diesem Raum vor neue Herausforderungen stellte, widmet sich der Beitrag von Arndt Macheledt. Die Röhn stellt ein besonders spannendes Forschungsobjekt dar, da sie während des Kalten Krieges zwischen den in der Bundesrepublik Deutschland liegenden Hessen und Bayern und dem in der Deutschen Demokratischen Republik liegenden Thüringen aufgeteilt wurde. Damit wurden jahrhundertealte Verbindungen sozialer, ökonomischer und konfessioneller Natur abrupt eingeschränkt. Die Geschichte der Röhn zeigt auch sehr gut die Übergangszeit zwischen dem Ende des Zweiten Weltkrieges und der Implementierung einer rigiden Grenzpolitik an der deutsch-deutschen Systemgrenze auf. Die staatlichen Akteure „von oben“ und ihre Macht- und Politikdurchsetzung werden damit zum Angelpunkt für Entwicklungen in der Grenzregion. Zudem veranschaulicht das Beispiel der Röhn, wie Menschen, die wirtschaftliche Interessen dies- und jenseits der Ost-West Grenze hatten, mit der neuen Situation umgingen, wie (Flucht-)Bewegungen durch den „Eisernen Vorhangs“ bedingt wurden und wie sich der Umgang mit Neuankömmlingen im grenznahen Gebiet gestaltete. Damit kann die Röhn als Spiegel für viele Phänomene des Kalten Krieges herangezogen werden und veranschaulicht welche Bedeutung und welche Folgen neue Grenzen in historisch gewachsenen Landschaften Europas während des Kalten Krieges einnahmen.
Um Fluchtbewegungen über den „Eisernen Vorhang“ geht es im Besonderen im Beitrag von Sarah Knoll. Österreich lag aufgrund der Entscheidungen der Besatzungsmächte und nach der Unterzeichnung des Staatsvertrags westlich der Systemgrenze, wenn auch als neutrales und neutralisiertes Land. Das Burgenland, das wiederum an der österreichisch-ungarischen Grenze liegt, wurde während der großen Fluchtbewegungen aus dem „Ostblock“ zum Tor nach Westen. In einer Langzeitperspektive und über unterschiedliche Fluchtbewegungen hinweg (Ungarn 1956, DDR 1989 und Rumänien 1990) zeichnet dieser Beitrag ein differenziertes Bild von Flüchtlingspolitik, Aufnahmewilligkeit und Wahrnehmung geflohener Menschen sowie von der Grenzsituation im Burgenland. So rücken sowohl Phänomene der staatlichen Kontrolle, des politischen Diskurses wie auch der Durchsetzung von (Flüchtlings-)Politik in den Mittelpunkt der Betrachtung. Die Lokalpolitik und die öffentliche Meinung werden dabei auch in diese Matrix eingeflochten. Am Burgenland werden somit unterschiedliche Themen des Kalten Krieges veranschaulicht. Nicht nur der staatliche Umgang mit einem Grenzraum und den immer wieder auftretenden Fluchtbewegungen werden analysiert, sondern auch die Bedeutung von Fluchtereignissen in einer Grenzregion und die Reaktion und Politik auf unterschiedlichen Ebenen.
Kooperation in einer schwierigen Nachbarschaft steht im Vordergrund der Untersuchung von Petra Mayrhofer und Karlo Ruzicic-Kessler. Der Beitrag untersucht die Alpen-Adria Region als geteilte, historische Landschaft, die während des Kalten Krieges den Grenzraum zwischen Italien, Jugoslawien und Österreich bildete. Diese Region war in besonderem Maße von den Phänomenen der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts wie Teilung, ethnische und politische Konflikte, Krieg und Vertreibung betroffen und somit auch besonders belastet. In diesem Beitrag wird die Suche nach Verbindungen über politische und ideologische Grenzen hinweg in den Mittelpunkt der Analyse gestellt. Eine entscheidende Bedeutung erlangen dabei die Akteure in den jeweiligen Grenzregionen der drei Staaten. Dies macht die Alpen-Adria Region zu einem einzigartigen Beispiel regionaler Zusammenarbeit in einem Szenario, das drei Staaten mit drei unterschiedlichen Rollen im Kalten Krieg vereint. Besonders wichtig ist hierbei der Versuch, durch Regional-politiker, Wirtschaftstreibende und gesellschaftliche Akteure neue und alte Verbindungen zwischen Kärnten, Slowenien und Friaul-Julisch Venetien herzustellen, um einerseits an eine Tradition anzuknüpfen, die nach den beiden Weltkriegen zerstört schien, und andererseits neue Möglichkeiten für die Entwicklung und Entfaltung eines dreifach peripheren Grenzraums zu finden.
Der Beitrag von Joachim Gatterer untersucht die Logik des Kalten Krieges in einem westeuropäischen Kontext. Südtirol wird auf innovative Weise in den Mittelpunkt gestellt und die Frage aufgeworfen, wie sich internationale Verhandlungen um Autonomie in Südtirol und die Entwicklung des demokratischen Parteienwettbewerbs in der Region während des Kalten Krieges gestalteten. Damit wird in diesem Beitrag in einer Langzeitperspektive aufgezeigt, dass der Kalte Krieg und die Dynamiken, die dieser hervorbrachte, auch einen Grenzraum abseits des „Eisernen Vorhangs“ entscheidend (mit-)prägten. Der Autor geht bei seiner Untersuchung systematisch vor und betrachtet regionale Entwicklungen, ihre internationale Verankerung und die Bedeutung des innerwestlichen Charakters des Südtirolproblems.
Schließlich gewährt Katarzyna Stokłosa im Forum einen Einblick auf die osteuropäischen Grenzräume, die lange Zeit von der Forschung vernachlässigt wurden. Dabei zeigt dieser Blick, wie sehr auch hinter dem „Eisernen Vorhang“ Konflikt und Kooperation allgegenwärtige Phänomene innerhalb des kommunistischen Blocks waren.
Karlo Ruzicic-Kessler
1 Rede von Winston Churchill vom 5. März 1946 im Westminster College, Fulton, Missouri. Sh. URL: https://winstonchurchill.org/resources/speeches/1946-1963-elderstatesman/the-sinews-of-peace/ [13.09.2021].
2 Sh. David NEWMAN, Borders and Bordering. Towards an Interdisciplinary Dialogue. In: European Journal of Social Theory 9 (2006), 2, S. 171–186.
3 Sh. Sophie COEURÉ/Sabine DULLIN (Hg.), Frontières du Communisme. Mythologies et réalités de la division de l’Europe de la révolution d’Octobre au mur de Berlin, Paris 2007.
4 Beispielhaft Libora OATES-INDRUCHOVÁ/ Muriel BLAIVE, Border Visions and Border Regimes in Cold War Eastern Europe. In: Journal of Contemporary History 50 (2015), 3, S. 656–659.
5 Liesbet HOOGHE/Gary MARKS, Multi-Level Governance and European Integration, New York 2001.
6 Silvio PONS, The Global Revolution. A History of International Communism 1917–1991, Oxford 2014.
7 James ANDERSON/Liam O’DOWD, Borders, Border Regions and Territoriality. Contradictory Meanings, Changing Significance. In: Regional Studies 33 (1999), 7, S. 593–604.
8 NEWMAN, Borders and Bordering, S. 172.
I confini e le regioni di confine come luoghi di divisione, separazione, conflitto, ma anche di transizione, connessione, incontro, cooperazione e scambio hanno giocato un ruolo centrale nella storia europea almeno dai tempi del Limes romano. L’importanza delle frontiere e delle regioni di confine e le salde linee di demarcazione tra gli stati e i popoli sono tornate alla ribalta in tutto il mondo nell’anno pandemico 2020. Soprattutto all’interno dell’Europa unita e tra gli stati dell’Unione Europea, l’affermarsi di fenomeni quali la chiusura delle frontiere, i controlli e la sorveglianza militare dei confini hanno ricordato un tempo a lungo dimenticato e ritenuto superato, e mostrato alla popolazione del continente quanto siano fragili certe libertà che per anni sono state date per scontate. Per le comunità e le regioni di confine in particolare, il passaggio a nuove norme di sicurezza e di ingresso ha significato un drastico allontanamento dalla libertà di viaggiare e lavorare a cui erano abituate. Improvvisamente non era più possibile visitare il proprio vicino o la famiglia oltre confine, fare un acquisto o pianificare un soggiorno nel paese limitrofo. Così l’importanza delle frontiere e del loro controllo è entrata immediatamente e inaspettatamente nella coscienza collettiva. Sembra quindi opportuno considerare la questione delle frontiere, delle regioni di confine, dei regimi di frontiera e della cooperazione transfrontaliera in un contesto storico. A questo scopo, l’Europa nel periodo della Guerra fredda rappresenta un eccellente oggetto di studio per indagare i fenomeni di inclusione ed esclusione, di separazione e avvicinamento, nonché la visione degli “altri”, le chiusure e le permeabilità nelle regioni di confine.
Dopo il 1945, una “cortina di ferro”, come Winston Churchill la definì drammaticamente nel 1946,1 scese sull’Europa, dividendo il continente per più di 40 anni in una zona occidentale, liberale, e una zona orientale, comunista; la costruzione del muro di Berlino nel 1961 divenne il simbolo di una presunta linea di separazione ermetica tra stati, persone e sistemi. Più che in qualsiasi altro luogo, qui la Guerra fredda diventò un simbolo di tensioni geopolitiche, di nuove frontiere e spazi di confine, nonché dei conflitti che a livello globale opponevano i due sistemi per la conquista del potere. Questo periodo ha quindi plasmato in modo particolare gli spazi di confine in Europa, come può essere illustrato, ad esempio, dal confine tedescotedesco. Eppure, la frontiera tra Est e Ovest non era solo una linea di demarcazione, ma anche un “luogo di desiderio” per le persone che volevano sfuggire ai regimi dell’Est e costruire una nuova vita nell’Ovest libero. Allo stesso tempo, i nuovi confini dopo la Seconda guerra mondiale significarono anche la rottura di legami economici, politici e sociali radicati, legami che vari attori cercarono di riallacciare, mentre le dinamiche della Guerra fredda accelerarono o inibirono tali processi. Infine, la Guerra fredda comportò l’emergere di nuovi conflitti e nuove sfide anche per le comunità e le regioni di confine lontane dalla “cortina di ferro”. Pertanto, quest’epoca della storia europea fu caratterizzata da una varietà di fenomeni che si manifestarono nelle regioni di confine.
I confini e le regioni di confine sono stati oggetto di una vivace stagione di studi nel periodo successivo al crollo dell’Unione Sovietica e alla fine della divisione Est-Ovest in Europa, che ha coinvolto diverse discipline scientifiche. I confini sono apparsi ad alcuni studiosi come concetti antiquati in un mondo globalizzato, dove non era il movimento delle persone ma quello delle merci e dei capitali a determinare lo smantellamento dei confini.2 Soprattutto negli anni Novanta, la scomparsa dei confini tra gli stati-nazione sembrava un processo inarrestabile, specialmente quando l’attenzione rimaneva sul processo di integrazione europea. Da allora, tuttavia, fenomeni come il conflitto tra le grandi potenze USA e Cina, l’inasprimento delle relazioni tra Europa e Russia e i conflitti armati che l’accompagnano in Georgia o in Ucraina hanno dimostrato che il concetto di confine come linea di demarcazione tra stati e sistemi non ha perso quasi per nulla il suo significato, ma è in uno stato di costante cambiamento. Questo cambiamento può essere localizzato anche sul continente europeo durante la Guerra fredda. Recenti studi sulla gestione dei confini e delle regioni di confine nell’Europa dell’Est, per esempio, mostrano che il significato e lo sviluppo dei confini e delle regioni di confine possono essere visti in una prospettiva storica a lungo termine che parte dalla fine della Prima guerra mondiale.3 Più recentemente, gli spazi di confine e le comunità di confine sono stati sempre più messi a fuoco, anche attraverso l’analisi di questa particolare esperienza di persone, regioni e stati.4 In tale contesto, i confini e le regioni di confine sono intesi come luoghi che da un lato definiscono gli stati, le nazioni e le comunità, dall’altro limitano non solo il potere politico ma anche gli spazi sociali. I governi nazionali sono attori cruciali in questo processo, ma sono ben lungi dall’essere gli unici elementi attivi in grado di influenzare gli spazi di confine.5 Nonostante il conflitto tra Est e Ovest e la sensazione di un confine insormontabile tra due ideologie opposte, gli spazi di confine durante la Guerra fredda non erano solo luoghi di separazione ma anche punti di incontro e zone di transizione. Per quanto il “blocco orientale” mancasse di una struttura monolitica e per quanto diversi attori statali nel corso della Guerra fredda si discostassero da un’unica linea comune e cercassero il contatto attraverso la linea di demarcazione tra i due sistemi,6 i confini erano anche modellati da diversi fenomeni di divisione e riavvicinamento e avevano quindi un impatto anche sulla vita delle comunità di confine e sul panorama politico in questi spazi e nelle nazioni in cui essi erano situati.
La divisione semi-globale del mondo durante la Guerra fredda pone anche la questione di quali siano state le opportunità di contatto e scambio negli spazi di confine, quali fenomeni le abbiano rese possibili e quali forme esse abbiano assunto. C’è una chiara correlazione tra gli spazi di frontiera chiusi, il conflitto e la perifericità, o gli spazi di frontiera aperti, la cooperazione e il contatto. Allo stesso tempo, ogni confine e ogni regione di confine sono unici nei loro rispettivi contesti. Il significato del confine e della regione di confine può cambiare drasticamente nel tempo e come risultato di decisioni statali o di sviluppi regionali. Questo è vero, per esempio, quando le frontiere vengono “chiuse” o “aperte” o quando i benefici economici si spostano da una parte all’altra del confine. Pertanto, le frontiere e le regioni ad esse associate devono essere esplorate in uno studio locale e regionale, ma anche nella cornice di una comparazione dettagliata.7 In questo contesto, i confini non sono solo le linee tracciate più o meno arbitrariamente tra gli stati e le società; ogni comunità e individuo vive anche diversi confini che regolano la vita e l’ambiente, separano il “qui” dal “là” e il “noi” dall’“altro”.8
Quale influenza hanno avuto i nuovi confini nell’Europa della Guerra fredda sulle comunità e sugli spazi economici, sociali e politici storicamente consolidati? Come hanno affrontato gli stati e le comunità la situazione nelle regioni di confine? Qual era il significato della “cortina di ferro” per le persone che volevano spostarsi dall’Est all’Ovest? Quali possibilità di cooperazione esistevano tra le regioni nei diversi contesti della Guerra fredda? Come si sono sviluppati i conflitti storici e le sfere politiche nelle regioni di confine oltre la divisione Est-Ovest? Tali questioni e ulteriori aspetti della Guerra fredda nelle regioni europee di confine sono analizzati nella parte monografica di questo numero di Storia e Regione / Geschichte und Region: essa raccoglie i risultati del convegno Europa der Grenzen. Neue Perspektiven auf Grenzen im Kalten Krieg, che nel novembre del 2019 ha trattato vari aspetti delle situazioni di frontiera e dei fenomeni legati ai confini regionali. I relatori hanno considerato il tema non solo in termini di linee di divisione tra Est e Ovest, ma anche nel contesto degli incontri e delle interazioni nell’Europa divisa entro e al di fuori della “cortina di ferro”. I contributi di questo numero di Storia e regione / Geschichte und Region dimostrano quindi sia l’adeguatezza del concetto di confine come spazio di separazione nazionale, politica e sociale, sia il fatto che in alcuni casi il confine appare come un’opportunità e come un luogo di connessione. Anche in questo contesto, il confronto tra le diverse realtà della Guerra fredda è particolarmente affascinante. Se da una parte emerge l’esistenza di una netta separazione al confine tra due sistemi, dall’altra il confine appare anche come spazio di transizione e come luogo di fuga. Viene inoltre esplorata la questione della cooperazione nelle zone di confine multinazionali e gli effetti della Guerra fredda nelle regioni di confine pur non collocate sulla “cortina di ferro”. Questo numero presenta quindi quattro esempi di esperienze di confine e di regioni di confine nell’Europa della Guerra fredda, che evidenziano diversi scenari.
Il contributo di Arndt Macheledt è dedicato a un nuovo confine che ha diviso un paesaggio storicamente unitario e ha posto nuove sfide agli abitanti di questa zona. La regione della Röhn è un oggetto di ricerca particolarmente interessante: essa venne divisa durante la Guerra fredda ed assegnata in parte all’Assia e alla Baviera nella Repubblica Federale di Germania, in parte alla Turingia nella Repubblica Democratica Tedesca. Questo ridusse bruscamente legami secolari di natura sociale, economica e confessionale. Si tratta di un esempio che illustra anche molto bene il periodo di transizione tra la fine della Seconda guerra mondiale e l’attuazione di una politica di frontiera rigida sul confine del sistema tra i due stati tedeschi. Gli attori statali “dall’alto” e la loro applicazione del potere e della politica diventano così il perno degli sviluppi nella regione di confine. Inoltre, l’esempio della Röhn illustra come le persone che avevano interessi economici su entrambi i lati del confine Est-Ovest affrontarono la nuova situazione, quali movimenti (di fuga) furono causati dall’abbassamento della “cortina di ferro”, e come i nuovi arrivati furono trattati nella zona vicina al confine. Così, la Röhn può essere usata come esempio per osservare molti fenomeni della Guerra fredda e illustra l’importanza e le conseguenze dei nuovi confini nei territori europei storicamente tra loro connessi.
Il contributo di Sarah Knoll si occupa in particolare dei movimenti di fuga attraverso la “cortina di ferro”. A causa delle decisioni delle potenze occupanti e dopo la firma del Trattato di Stato, l’Austria si trovava a ovest della frontiera tra i due sistemi globali, anche se come paese neutrale e neutralizzato. Il Burgenland, che a sua volta si trova sul confine austro-ungarico, divenne così la porta d’accesso all’Occidente durante i movimenti di fuga su larga scala dal “blocco orientale”. In una prospettiva a lungo termine e analizzando diversi movimenti di fuga (Ungheria 1956, RDT 1989 e Romania 1990), questo saggio dipinge un quadro differenziato della politica verso i rifugiati, della disponibilità all’accoglienza e della percezione delle persone fuggite così come della situazione di confine nel Burgenland. Qui, i fenomeni di controllo statale, il discorso politico così come l’applicazione delle politiche verso i rifugiati sono al centro dell’attenzione. In questa matrice si intrecciano anche la politica locale e l’opinione pubblica. Vengono pertanto analizzati non solo la gestione statale di una zona di confine e i ricorrenti moti di fuga, ma anche il significato che gli eventi hanno assunto in tale regione, la reazione agli stessi e le politiche a diversi livelli. Anche qui, dunque, un caso di studio esemplare permette di mettere in luce vari aspetti e dinamiche della Guerra fredda.
La cooperazione in un quadro di vicinato difficile è al centro dello studio di Petra Mayrhofer e Karlo Ruzicic-Kessler. Gli autori analizzano la regione Alpe Adria come un paesaggio storico diviso, che costituiva la zona di confine tra Italia, Jugoslavia e Austria durante la Guerra fredda. Questa regione è stata particolarmente colpita dai fenomeni della prima metà del XX secolo, come la spartizione del territorio, i conflitti etnici e politici, la guerra e l’espulsione di popolazioni. In questo caso, temi come la ricerca di connessioni attraverso i confini politici e ideologici sono posti al centro dell’analisi. In tale contesto, gli attori delle rispettive regioni di confine dei tre stati acquistano un’importanza cruciale. Questo rende la regione Alpe Adria un esempio unico di cooperazione regionale in uno scenario che unisce tre stati con tre ruoli diversi durante la Guerra fredda. Di particolare importanza è il tentativo dei politici regionali e degli attori economici e sociali di stabilire nuovi e vecchi legami tra Carinzia, Slovenia e Friuli-Venezia Giulia: da un lato, per continuare una tradizione che sembrava essere stata distrutta dopo le due guerre mondiali, dall’altro, per trovare nuove opportunità per lo sviluppo e la prosperità di una triplice regione periferica di confine.
Il contributo di Joachim Gatterer esamina la logica della Guerra fredda in un contesto dell’Europa occidentale. L’Alto Adige è posto al centro dell’attenzione in modo innovativo, interrogando come le trattative internazionali per l’autonomia dell’Alto Adige e lo sviluppo della competizione democratica dei partiti nella regione abbiano preso forma durante la Guerra fredda. Questo contributo dimostra così, in una prospettiva a lungo termine, che la Guerra fredda e le dinamiche che ha prodotto hanno plasmato in modo decisivo una regione di confine lontana dalla “cortina di ferro”. L’autore adotta un approccio sistematico al suo studio e considera sia gli sviluppi regionali, sia il loro ancoraggio internazionale e il significato del carattere “occidentale” del problema altoatesino.
Infine, nel Forum, Katarzyna Stokłosa fornisce una visione delle aree di confine dell’Europa orientale che sono state a lungo trascurate dalla storiografia. Questa visione mostra quanto il conflitto e la cooperazione fossero fenomeni onnipresenti anche dietro la “cortina di ferro” e all’interno del blocco comunista.
Karlo Ruzicic-Kessler
1 Vedi il discorso di Winston Churchill del 5 marzo 1946 nel Westminster College, Fulton, Missouri. URL: https://winstonchurchill.org/resources/speeches/1946-1963-elderstatesman/the-sinews-of-peace/ [13.9.2021].
2 Si veda David NEWMAN, Borders and Bordering. Towards an Interdisciplinary Dialogue. In: European Journal of Social Theory 9 (2006), 2, pp. 171–186.
3 Si veda Sophie COEURÉ/Sabine DULLIN (a cura di), Frontières du Communisme: Mythologies et réalités de la division de l’Europe de la révolution d’Octobre au mur de Berlin, Parigi 2007.
4 Per esempio Libora OATES-INDRUCHOVÁ/ Muriel BLAIVE, Border Visions and Border Regimes in Cold War Eastern Europe. In: Journal of Contemporary History 50 (2015), 3, pp. 656–659.
5 Liesbet HOOGHE/Gary MARKS, Multi-Level Governance and European Integration, New York 2001.
6 Silvio PONS, The Global Revolution. A History of International Communism 1917–1991, Oxford 2014.
7 James ANDERSON/Liam O’DOWD, Borders, Border Regions and Territoriality. Contradictory Meanings, Changing Significance. In: Regional Studies 33 (1999), 7, pp. 593–604.
8 NEWMAN, Borders and Bordering, p. 172.
Arndt Macheledt
Abstract
Divided Rhön. Structural Effects of the Internal German Border in the Countryside from 1945 to 1961
The Rhön Mountains are located in the German states of Hesse, Thuringia and Bavaria. For centuries, the northern part of this mountainous region was a territorial possession of the Bishopric of Fulda (Hesse). Hence, it developed a specific form of culture and regional identity that was strongly influenced by Roman Catholicism. After the Second World War, the eastern municipalities around the town of Geisa became part of the Soviet zone of occupation, while the neighbouring communities on the western side were now situated in the American zone. The demarcation line, which later formed the state border between the Federal Republic of Germany and the German Democratic Republic, thus divided a region that had traditionally been closely connected in terms of its economy and culture. The article analyses the influence of the new border regime on the people living in the frontier districts and its impact on old networks and orientations. It also evaluates the effects of forced migration in post-war rural Germany.
Die Rhön ist ein deutsches Mittelgebirge, das sich heute auf die Bundesländer Bayern, Thüringen und Hessen aufteilt. Ihr nördliches Gebiet gehörte bis zur Säkularisierung 1803 zu dem geistlichen Territorium der Fürstbischöfe von Fulda. Dadurch bedingt unterschied und unterscheidet sich die konfessionelle Zusammensetzung der Bevölkerung deutlich von den umliegenden Gebieten. Während Hessen und Thüringen im 16. Jahrhundert zu den Kernlanden der Reformation gehörten und bis in das 20. Jahrhundert hinein eine protestantische Bevölkerungsmehrheit aufwiesen, war die nördliche Rhön bis auf wenige einzelne Gemeinden mehrheitlich katholisch geprägt. Diese Umstände führten zu einer starken kulturellen Verbundenheit mit der Bischofsstadt Fulda. Das Untersuchungsgebiet der vorliegenden Studie erstreckt sich auf die Gemeinden um die Kleinstädte Geisa (Thüringen) und Hünfeld (Hessen), die Jahrhunderte lang administrative Zentren des Fürstbistums Fulda in dessen nordöstlichen Gebieten waren und bis 1945 eine weitgehend homogene gesellschaftliche und wirtschaftliche Struktur aufwiesen.
Erst die Aufteilung der Region in verschiedene Besatzungszonen als Folge des Zweiten Weltkrieges führte zu unterschiedlichen Entwicklungen und trennte den bis dahin eng verbundenen Kultur- und Wirtschaftsraum. Die Bevölkerung der grenznahen Gemeinden versuchte zunächst an den tradierten sozialen und ökonomischen Verflechtungen festzuhalten. Nach dem Krieg lagen die Thüringer Gemeinden des Geisaer Amtes in der Sowjetischen Besatzungszone. Das sich verschärfende Grenzregime der DDR beeinflusste in den 1950er Jahren die Alltagserfahrungen der betroffenen Bevölkerung. Bestehende Verbindungen zwischen den hessischen und thüringischen Dörfern und Kleinstädten wurden Schritt für Schritt eingeschränkt. Gleichzeitig veränderten die großen Migrationsbewegungen dieser Zeit die sozialen Strukturen im ländlichen Raum. Die politische und physische Manifestation der Grenze in den 1950er Jahren führten zu einer erzwungenen Neuorientierung. Fortan stand nicht mehr die Überwindung, sondern die Anpassung an die neuen Realitäten im Zentrum des Handelns der lokalen Akteure.
Dieser Aufsatz geht der Frage nach, wie die betroffenen Bewohnerinnen und Bewohner der Rhön auf die Folgen der Teilung reagierten, welche alten und neuen Netzwerke dabei genutzt wurden oder wie sich die Bewertung der Situation bis 1961 veränderte. Im August dieses Jahres schloss das SED Regime mit dem Bau der Berliner Mauer das letzte Schlupfloch für fluchtwillige Bürger und Bürgerinnen der DDR. Parallel wurden auch die Sperranlagen an der innerdeutschen Grenze massiv ausgebaut. Als Folge sanken die Fluchtzahlen auch in der Rhön drastisch. Austausch, der bis dahin im Vorborgenen noch stellenweise möglich war und stattfand, wurde faktisch bis zur Grenzöffnung im Herbst 1989 unmöglich. Das Jahr 1961 bildete den vorläufigen Abschluss der erzwungenen Trennung der Region und des damit verbundenen Entflechtungsprozesses auf sozialer und wirtschaftlicher Ebene. Es begrenzt aus diesem Grund den Untersuchungszeitraum der Arbeit.
Der Aufsatz konzentriert sich zunächst auf die Entwicklung der Landwirtschaft als dem dominierenden Wirtschaftssektor der Region in jener Zeit. Daran schließt sich eine Untersuchung der sozialen Strukturen unter Einbeziehung der Rolle der Kirchen und der Parteibindungen an. Eine wichtige Grundlage bilden dafür die Akten des hessischen Zollgrenzdienstes sowie des Ministeriums für Staatssicherheit in der DDR. Sie geben sowohl Auskunft über die Vorkommnisse in unmittelbarer Grenznähe, enthalten aber auch umfangreiche Berichte über Stimmungen, Proteste und Meinungsäußerungen in der Bevölkerung der grenznahen Dörfer. Vor allem die Akten der Zollbehörden sind bisher von der Forschung kaum beachtet und ausgewertet worden. Die Entwicklungen in der Rhön zeigen beispielhaft die Wirkungsweisen exogener staatlicher Eingriffe auf einen zuvor vergleichsweise einheitlichen Raum und auf die Lebenswelten der ortsansässigen Bevölkerung. Die Arbeit möchte einen Beitrag zu einer integrierten, reziproken deutschdeutschen Nachkriegsgeschichte leisten und als Anknüpfungspunkt für weitere Untersuchungen ruraler Grenzräume während des Kalten Krieges dienen.1
Nachkriegszeit. Demarkationslinie als Grüne Grenze
Das Kriegsende und die Schaffung der Besatzungszonen bedeuteten für die ländlichen Gebiete entlang der Demarkationslinie wie der dünn besiedelten Rhön erhebliche Einschränkungen des wirtschaftlichen Lebens. In besonderem Maße galt dies für die landwirtschaftlichen Betriebe. Viele Höfe verloren den Zugang zu Wirtschaftsflächen, Absatzmärkten und Arbeitskräften jenseits der zuvor bedeutungslosen grünen Grenze. So büßte etwa ein Zulieferer für landwirtschaftliche Produkte im hessischen Tann (Landkreis Fulda) seinen Kundenstamm in Thüringen, der vormals 60 Prozent seines Umsatzes erbrachte, ein.2 Die wirtschaftlichen Akteure waren auf die bestehenden Netzwerke angewiesen. Neuorientierung sowie die Erschließung neuer Absatzmärkte und Lieferanten gestalteten sich, nicht zuletzt aufgrund der rückständigen Infrastruktur, deutlich schwieriger als im Bereich Industrie und Gewerbe in urbanen Räumen. Besonders betroffen von der neuen Grenze waren die Betriebe mit Ackerflächen auf der jeweils anderen Seite. Allein in den Gemeinden an dem grenznahen Fluss Ulster lagen 64,4 Hektar landwirtschaftlicher Nutzfläche hessischer Bauern auf Thüringer Gebiet. Hingegen betrug der Besitz von Thüringer Bauern auf hessischem Gebiet lediglich 3,14 Hektar. Ab Mai 1952 riegelte die DDR die innerdeutsche Grenze zur Bundesrepublik physisch mit dem Bau eines durchgängigen Grenzzauns und der Verschärfung der Kontrollen entlang der Grenze ab. Vordergründig zum Schutz der eigenen Bevölkerung vor Provokationen aus Westdeutschland, sollten die Maßnahmen jenes Jahres die hohen Fluchtzahlen über wie Staatsgrenze West eindämmen. Bundesbürgern und -bürgerinnen war seit diesem Zeitpunkt das Betreten des fünf Kilometer breiten Sperrgebiets entlang der Grenze gänzlich verboten.3 Die betroffenen Bauern verloren faktisch über Nacht den Zugang zu ihren Acker- und Weideflächen. Seit diesem Zeitpunkt wurden auf beiden Seiten Pacht- und Treuhandgelder für die Nutzung der Flächen auf Sonderkonten eingezahlt. Die hessischen Bauern erhielten 1958 letztmalig einen Einzahlungsbescheid der Deutschen Notenbank in Meiningen. Ein Transfer auf westdeutsche Konten oder eine direkte Abrufung der währungsbedingt ohnehin sehr niedrigen Beträge war nicht möglich.4 Bis 1952 war die Bestellung der Flächen durch illegalen Grenzübertritt oder durch Verwandte beziehungsweise Bekannte auf der anderen Seite noch eingeschränkt möglich. Die Schließung bedeutete für die Bauern de facto den Verlust ihrer Flächen jenseits der Grenze. Das grenzübergreifende, persönliche Netzwerk stellte für viele wirtschaftliche Akteure ein wichtiges Kapital dar, dessen Bedeutung aber mit der Manifestation des Grenzregimes in den 1950er Jahren abnahm.5
Trotz Erfordernis einer Sondererlaubnis und verstärkter Kontrollen arbeiteten in der Rhön bis 1952 viele Thüringer Bauern – meist illegal – in landwirtschaftlichen Betrieben auf hessischer Seite, die nun in der amerikanischen Besatzungszone lagen. Das Zollgrenzkommissariat Hünfeld verzeichnete allein im März 1950 60 Personen aus der DDR, die ohne Erlaubnis in seinem Bereich tätig waren, davon 54 in landwirtschaftlichen Betrieben.6 Grenznähe, geringe Produktivität der Landwirtschaft und die Nachfrage nach Arbeitskräften in den Städten führten ab Ende der 1940er Jahre zu einer starken Abwanderung qualifizierter, landwirtschaftlicher Arbeitskräfte aus der hessischen Rhön.7 Die Schließung der Grenze ab 1952 verschärfte die Situation. Die Bauern und die lokale Verwaltung versuchten, den steigenden Bedarf an Arbeitskräften in der Landwirtschaft durch die Ansiedlung von Flüchtlingen aus der SBZ beziehungsweise DDR auszugleichen. Der Hünfelder Landrat Heinrich Beck erklärte in einem Schreiben an den Regierungspräsidenten in Kassel die Lage der grenznahen Höfe: Die Bauern sähen sich gezwungen, illegale Grenzgänger zu beschäftigen, um den Betrieb aufrecht zu erhalten. Eine Zurückweisung würde Unverständnis und Protest in der Bevölkerung hervorrufen.8 Grundsätzlich sah die Anweisung der Landesregierung vor, dass alle Flüchtlinge, die nach Hessen kamen, zuerst in das zentrale Notaufnahmelager Gießen gebracht werden sollten, wo sie registriert und über die Bleibeerlaubnis beschieden wurde.9 Allein im Kreis Hünfeld, dem nach Fläche und Einwohnerzahl kleinsten hessischen Landkreis an der Zonengrenze, wurden zwischen September 1947 und März 1949 348 Personen aus der SBZ aufgegriffen und in das Lager Gießen überstellt.10 Das hessische Landesamt für Flüchtlinge wies in einem Rundschreiben im März 1948 eindringlich darauf hin, dass die Gewährung von Asyl ausschließlich ein Hoheitsrecht des Landes sei und nicht von Bürgermeistern oder Landräten in den Grenzkreisen gewährt werden könne, die oftmals versuchten, qualifizierte Flüchtlinge ohne eine Überstellung nach Gießen in ihren Gemeinden zu halten, oder sie mit Aufnahmeerklärungen ausstatteten. Der für die Rhön zuständige Regierungspräsident in Kassel stellte klar, dass eine Zuteilung von Arbeitskräften aus dem Lager Gießen für landwirtschaftliche Betriebe nur erfolgen könne, wenn diese unmittelbar existenzbedroht seien.11 Mangelnde Staatlichkeit und die Ungewissheit über die politische Entwicklung hatten in den hessischen Gemeinden zu einem verstärkten Rückgriff auf alte Netzwerke geführt. Die lokalen Akteure in Politik und Landwirtschaft versuchten, die durch Krieg und Arbeitsmigration bedingten Probleme in den ersten Nachkriegsjahren vor Ort und oftmals entgegen den Vorgaben der Landesregierung zu lösen, von der sie sich wenig Hilfe in der krisenhaften Situation erwarteten. Vielmehr wurden die Vorgaben der Behörden als unnötige Belastung empfunden.
Das Kriegsende und die Aufteilung in verschiedene Besatzungszonen bedeuteten also für die wirtschaftlichen Akteure in der Rhön zunächst keinen markanten Einschnitt für ihr Handeln. Weiterhin bestimmten persönliche Netzwerke und gewachsene Strukturen Handel und Landwirtschaft entlang der Grenze. Deren zunehmende Sicherung durch Polizeikräfte auf beiden Seiten wurde als Störelement empfunden. Probleme, die sich aus Arbeitsmigration und Flucht ergaben, wurden ebenfalls meist vor Ort zu lösen versucht, ohne die offiziellen Vorgaben der Regierungsbehörden zu befolgen. Die Herausforderungen durch Material- und Arbeitskräftemangel sowie Ungewissheit über die weitere Entwicklung stärkten in dieser Zeit die Bedeutung lokaler und erprobter Handlungsmuster.
Manifestation. Sperrgebiet und Zonenrand
Erst die Gründung der beiden deutschen Staaten 1949 und die daraus resultierende Verschärfung der Situation an der faktischen Staatsgrenze führten zu einer allmählichen Neubewertung und Umorientierung der grenznahen Bevölkerung. Besonders deutlich trat dies an den Höfen, die unmittelbar an der Grenze lagen, zu Tage. Die auf DDR-Gebiet liegenden Gebäude und Einrichtungen wurden ab 1952 gesperrt und mit dem weiteren Ausbau der Grenzanlagen schließlich abgerissen. Das bekannteste Beispiel dieser Art war die Buchenmühle, nahe der Gemeinde Eiterfeld (Kreis Hünfeld). Während sich das Haupthaus und die meisten Wirtschaftsgebäude des aus dem 16. Jahrhundert stammenden Hofes auf hessischem Gebiet befanden, standen das Auszughaus sowie der Brunnen auf Thüringer Seite. Ab 1952 war es dem hessischen Eigentümer nicht mehr gestattet, die östlichen Teile seines Anwesens zu betreten. Der Grenzzaun wurde zwischen den Gebäuden errichtet. Auch der Brunnen und die Wasserversorgung wurden durch die Grenzpolizei unterbrochen beziehungsweise unbrauchbar gemacht.12 Das Bild des von Zaun und Fahrzeugsperren zertrennten Hofes wurde in den 1950er Jahren regional und überregional durch zahlreiche Presseberichte und Publikationen, unter anderen des Ministeriums für gesamtdeutsche Fragen, verbreitet. Es symbolisierte auch über die Region hinaus die existenzielle Krise, in die viele Bauern entlang der innerdeutschen Grenze geraten waren. Der Abriss der Gebäude auf der der östlichen Seite 1961 führte noch einmal zu großem medialem Interesse und wurde von regionalen und überregionalen politischen Akteuren aufgegriffen und verbreitet.13