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EINLEITUNG

Die Erfahrung mit dem neuen Coronavirus hat die Welt verändert. Auf jeden Fall ist die Erkenntnis gewachsen: Mit Egoismus kommt man nicht weiter. Weder mit nationalem Egoismus noch mit persönlichem. Und jetzt ein Buch »Rette dich selbst«?

Ich erinnere mich noch sehr lebendig an ein Erlebnis vor über zehn Jahren (als Flugreisen selbstverständlich waren):

Die Stewardess sagte während der Sicherheitseinweisung vor dem Start ihren vorgeschriebenen Spruch auf: »Im Falle eines Druckverlustes fallen automatisch Sauerstoffmasken aus der Kabinendecke. Ziehen Sie eine zu sich herunter, befestigen Sie sie über Mund und Nase, und atmen Sie normal weiter. Erst wenn Sie selbst sicher versorgt sind, helfen Sie Mitreisenden.«

Die Frau neben mir im Flugzeug schüttelte den Kopf. »Immer sagen sie das so. Aber als Mutter würde ich doch zuerst mein Kind retten – und dann erst mich.« Daraus ergab sich eine erregte Diskussion mit den Passagieren um uns herum. »Nein«, sagten die meisten, »Sie sind für Ihr Kind und andere Menschen nur dann wirklich von Nutzen, wenn Sie sich selbst gut versorgt haben.« Ganz überzeugt war die Frau nicht. Aber das eindeutige Ergebnis der kleinen Meinungsumfrage über ein paar Sitzreihen hinweg gab ihr zu denken.

Weil mich das Thema nicht losließ, habe ich es mehrfach mit Fachleuten diskutiert. Das Ergebnis war so eindeutig, dass ich beschloss, darüber ein Buch zu schreiben. Das haben Sie jetzt in Ihren Händen.

Selbstrettung ist ein wichtiger Begriff aus der Notfallmedizin. Sie bezeichnet die Fähigkeit, sich in heiklen Situationen aus eigener Kraft aus dem Gefahrenbereich zu befreien. Um sich selbst zu retten, braucht man Wissen und Training. Selbstrettung ist ein zentrales Ausbildungsziel in allen Helferberufen. Feuerwehrleute dürfen erst in ein brennendes Gebäude, wenn sie ihre eigene Sicherheit garantieren können. Nur dann können sie wirklich Hilfe leisten.

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Wenn Sie in einen Autounfall verwickelt sind, müssen Sie sich zuerst selbst in Sicherheit bringen, bevor Sie Hilfe holen oder anderen Unfallopfern Hilfe leisten. Sich selbst aufzuopfern klingt vielleicht heldenhaft. Aber sinnvoll ist es nie.

»Liebe deinen Nächsten wie dich selbst« ist ein kluger Satz aus der Bibel, bestehend aus zwei gleich wichtigen Teilen: Wenn ich atemlos schufte und mich aufreibe für andere, bin ich bald für niemanden mehr nützlich. Erst wenn ich ruhig und sicher atmen kann, kann ich auch anderen helfen.

In schlimmen Stresssituationen stelle ich mir seitdem vor, dass eine Sauerstoffmaske aus meiner Zimmerdecke fällt. Ich ziehe sie über Mund und Nase und atme ganz bewusst ein paarmal ein und aus. Sehr simpel, aber wirkungsvoll: Luft, Leben, Ruhe strömen durch mich hindurch. Ich bin sicher versorgt – noch mal ruhig atmen, und dann kann ich da sein für die, die in meinem Leben mitreisen.

Die Coronapandemie hat gezeigt, wie wichtig beides ist: sich selbst schützen und solidarisch da sein für andere. Mentale Techniken zur Selbstrettung sind eine wichtige Ergänzung zu Schutzimpfungen gegen SARS-CoV-2 und viele andere Viren und Bakterien. Auch für die vor uns liegenden Herausforderungen rund um den Klimawandel sind sie unverzichtbar. Oder gegenüber dem leider weiter grassierenden Irrationalismus von Verschwörungstheoretikern und Populisten.

Wie das gelingen kann, möchte ich an sieben Verwandlungen zeigen, die in jeder und jedem von Ihnen stecken. Sieben Rettungsringe, die zusammengefaltet wie die Schwimmwesten im Flugzeug unter Ihrem Sitz lagern und die Sie mit der richtigen Technik in einfache, aber lebensrettende Hilfsmittel verwandeln können.

Sind Sie bereit? Dann nichts wie los!