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Herstellung und Verlag
BoD Books on Demand GmbH Norderstedt
ISBN 9783755706298
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Ein Moment ist eine Zeiteinheit unbekannter und unwägbarer Größe und Länge. Er kann kurz sein wie der Blitz eines Nacht-Gewitters, der die Landschaft in ein fahles Licht taucht. Oder es kann ganz profan jene Zeit sein, mit der man gefühlt ewig lange in der Zeitschleife am Telefon hängt und getröstet wird „Bitte warten Sie einen Moment, wir sind gleich für Sie da.“
In einem Moment kann dem Menschen eine Erkenntnis nahe kommen, die sein Leben in andere Bahnen lenken kann. Ein Moment kann irgendwie auch der Geburtshelfer für eine Idee sein, auf die man lange gehofft hat.
Kurzum, ein Moment ist ein äusserst individuell geprägter und empfundener Zeitbegriff, ein subjektives Phänomen und keine objektivierbare Tatsache.
Für dieses Buch waren es mehrere griechische Momente, die in ihrer Gesamtheit den Anstoß zu diesen Zeilen gaben.
Natürlich gibt es keine griechischen Momente per se, ebenso wenig wie es deutsche Momente gibt. Es sind mehr die Eindrücke, die sich in einem Moment einprägten und aus denen sich eben eine kürzere oder längere Erlebnisgeschichte herauskristallisierte.
Da es verschiedene Momente waren, soll daraus auch kein zusammenhängender Roman entstehen, sondern es ist eine Sammlung von persönlichen Eindrücken, die Griechenland mir zu bieten hatte, wobei ich einschränken muss, es sind in erster Linie die Ägäis mit ihren Inseln und Küsten, die Ionischen Inseln und dann noch vor allem der Heilige Berg Athos.
Diese vielen Inseln, und Griechenland hat Hunderte, haben alle ihren eigenen Charakter, ihre eigene Geschichte und vielfach ihren eigenen Liebreiz.
Alles begann mit einer Studiosus-Reise zu den Inseln Lesbos und Chios. Unser deutscher Reiseleiter, den die Griechen wegen seiner Frisur Petros nannten, schien sich in dieser Gegend gut auszukennen, war mit den Gewohnheiten der Einwohner gut vertraut und konnte sich auch mit den Griechen in ihrer Sprache unterhalten.
Das hat mir imponiert und ich dachte, warum nicht einmal etwas Ähnliches versuchen. Daraufhin habe ich auf der Volkshochschule zwei Jahre einmal wöchentlich einen Griechisch-Abendkurs besucht und hier in griechischen Restaurants versucht, mein Griechisch zu verbessern.
Im Nachhinein habe ich etwas bedauert, dass ich auf dem Gymnasium den einfacheren Weg gewählt habe, und neben Englisch und Latein als dritte Fremdsprache Französisch und nicht wie mein Banknachbar Alt-Griechisch gewählt habe.
Wobei ich aber einschränken muss, dass heutzutage keine Grieche mehr die Sprache der antiken Altvorderen versteht. Die Buchstaben sind aber geblieben.
Eine diesbezügliche herrliche Karikatur fand ich in einem meiner Griechischbücher. Es zeigt die Begegnung eines deutschen Philhellenen mit einem Griechen der Neuzeit. Die ersten Worte der homerischen Odyssee rufen nur ein verständnisloses „Aha, deuts(ch)“ hervor.
Weiter kam meine Begeisterung für die Bücher von Peter Bamm hinzu, der in meinen Augen einer der tiefgründigsten und intellektuellsten, humanistisch gebildeten Essayisten der deutschen Sprache war.
Sein Buch „An den Küsten des Lichts“ war für mich eine wahre Offenbarung. Niemand hat meines Erachtens diese Landschaft mit einer solchen begeisternden und farbigen Intensität und mit einem solchen mythologischen und geschichtlichen Überblick zu Papier gebracht.
Als ich dieses Buch zusammen mit dem Buch „Frühe Stätten der Christenheit“ das erstemal las, ahnte ich nicht, später einmal diese Gebiete zu besuchen.
Wie im Prolog beschrieben, war Lesbos, die Insel der Poetin Sappho, so etwas wie die Initialzündung für meine Liebe zu Griechenland. Auf dieser Reise kam ich das erstemal näher mit dem Phänomen Sappho, so möchte ich es einmal etwas respektlos bezeichnen, in Berührung.
Zu Hause angekommen, bestellte ich mir eine Reihe von Büchern, die sich mit Sappho und ihrer Insel beschäftigten.
Ein einmaliger Besuch erschien mir nicht ausreichend, ich wollte mehr über die Insel, die Landschaft und die Gegend wissen, in der sie gelebt hatte.
Also zog es mich noch drei weitere Male auf die Insel.
Immer, wenn mich etwas faszinierte, versuchte ich einen zweiten Anlauf oder noch weitere, um die Eindrücke zu intensivieren.
Das war später bei der Insel Ithaka der Fall, und – das fällt zwar aus dem griechischen Rahmen - auf der Osterinsel im fernen Pazifik, und später noch bei der Mönchsrepublik Athos auf der Halbinsel Chalkidike.
Sappho lebte um 600 vor Christi Geburt – man kann sie als Ahnherrin (kann man auch Ahnfrau sagen?) weiblicher europäischer oder abendländischer Dichtkunst bezeichnen. Im Norden Europas herrschte damals in jeder Hinsicht kulturelles Nirwana.
Sie war die erste, die das griechische Primat in Frage stellte, dass nämlich nur männliche Jugendliche eine voreheliche Erziehung genossen.
So bildete Sappho in ihren späteren Jahren um sich eine Schar von jungen Mädchen, die bei ihr eine voreheliche Ausbildung in Tanz, Gesang, Dichtung und Diskussion erhielten. Aus ganz Hellas schickten wohlhabende Eltern ihre Töchter zu ihr.
Dies und ihre Gedichte nahm man in späterer Zeit zum Anlass, ihr weibliche Homoerotik zu unterstellen, die ungerechterweise nach der Insel Lesbos benannt wurde.
Viele Mädchen und Frauen, die sich dieser Art von Liaison verbunden fühlten, unternahmen Reisen nach Lesbos, sozusagen der Quelle ihres So-Seins.
Das schien den männlichen Einwohnern der Insel überhaupt nicht zu gefallen, wie sie es uns mehrmals zu verstehen gaben. Sie hatten dafür nur eine kurze spitze Bemerkung „trellos“ – auf griechisch „verrückt“.
So erlebten wir eines Tages ein Parade-Beispiel des völligen Missverständnisses der Intentionen der Poetin.
Wir sassen im Süden der Insel in dem Strandort Skala Eressou in der Nähe ihres Geburtsortes Eressos in einem Café direkt vor einem kleinen Hotel, das passenderweise den Namen „Sappho“ trug.
Da öffnete sich die Hoteltür und heraus schritten zwei weibliche Wesen in Springerstiefeln, militärischer Tarn-Uniform und kurz geschnittenem Stoppelhaar.
Der Kellner des Cafés schaute nur kurz auf und tippte sich an die Stirn.
Diese Kleidung entsprach überhaupt nicht dem Wesen der Sappho. Das war der Kriegsgott Ares (Mars) pur, weiblich verunstaltet.
Sappho war eine glühende Anhängerin der Göttin Aphrodite, die für Schönheit, Anmut und Liebe stand.
Und diese Göttin spielte in ihren zarten Gedichten eine große Rolle.
Dadurch motiviert habe ich mir in diesem Buch, in dem das Thema Mythen eine große Rolle spielt, erlaubt, eine eigene mythologische Geschichte hinzuzufügen.
An einem Frühjahrsmorgen im Jahre 596 vor Christi Geburt saß ein junges Mädchen verträumt im Schatten einer Kiefer am Strand von Eressos. Mit einem Tonkrug hatte sie sich Wasser aus dem Meer geholt, den Sand vor sich befeuchtet und malte wie gedankenverloren mit einem abgebrochenen Zweig Figuren in den nassen Sand. War die feuchte Erde mit Zeichnungen zugedeckt, so dass jeder neue Zweigstrich keinen Platz mehr fand, wischte sie, wie jäh aus ihrer Gedankenabwesenheit erwachend, mit der flachen Hand alles wieder glatt.
Wer ein wenig genauer hinschaute, sah getrocknete Tränen in ihren Augen. Heute morgen hatte ihr die Mutter völlig überraschend eröffnet, dass die gemeinsamen Tage in Eressos gezählt seien und die Familie nunmehr nach dem Tode des Vaters nach Mytilene zu Verwandten umziehen wolle. Nur dort sei für die Kinder eine entsprechende Ausbildung möglich. Sappho hatte zuerst bitterlich geweint. Dann würde sie ja alles verlieren. Ihre Freundinnen, den Garten, der vertraute Anblick auf die Berge und ihr schwarz-weiß-braun geflecktes Kätzchen, das ihr so viel Freude machte.
Die Mutter beruhigte sie, das Kätzchen dürfe sie schon mitnehmen. Die Stadt Mytilene sei doch viel spannender und interessanter, viele große Häuser, viel größer als hier in Eressos und zudem könne man im Hafen die fremden Schiffe beobachten, die Handelsware nach Mytilene brachten, um wiederum Früchte, Gemüse und Holz aus Lesbos mitzunehmen.
Die Kleine schüttelte nur trotzig-weinend den Kopf und lief hinaus an ihren Platz am Meer, an dem sie oft und gern allein saß und dem glitzernden, ewig rollenden Spiel der Wellen zuschaute.
Ein Schatten fiel auf ihr Gemälde im Sand. Erschrocken blickte Sappho auf. Vor ihr stand eine wunderschöne Frau, die sie noch nie gesehen hatte.
Ein weißer Umhang, in Falten drapiert, fiel lose von ihrer linken Schulter und wurde von einem goldenen Gürtel zusammengehalten. Ihre zierlichen Füße steckten in goldenen Sandalen.
Das strahlende Gesicht mit den leuchtenden blauen Augen wurde umrahmt von schwarzen Locken. Ein Kranz aus roten und weißen Blumen schmückte ihr Haar.
Vor Schreck und wie geblendet brachte Sappho keinen Ton heraus.
„Nun, erkennst Du mich?” Mit ihrer wohlklingenden Stimme durchbrach das lichte Wesen das eingetretene Schweigen.
Sappho schüttelte wortlos den Kopf. Ihr, deren Mundwerk zu Hause kaum stillstand, hatte es einfach die Sprache verschlagen.
„Ich bin Aphrodite, ihr nennt mich auch die Schaumgeborene”.
„Doch, meine Mutter hat diesen Namen oft erwähnt. Und sie wünschte, ich käme ihr gleich.”
„Deswegen bin in heute zu dir gekommen, meine liebe Sappho. Die olympischen Götter waren dir bei deiner Geburt sehr wohl gesonnen. Mit Wohlgefallen blicken wir auf dich, denn wir haben Großes mit dir vor.
Nun ist der Zeitpunkt gekommen, um dich ein wenig in unsere Entschlüsse einzuweihen.“ „Ich weiß nicht, was ich dir antworten soll.” Sappho brachte den Satz nur mühsam heraus, obwohl ihre flinke Zunge unter ihren Altersgenossinnen bekannt war.
„Ich habe dich auserwählt, um hier auf der Erde von all dem zu berichten, zu singen und zu dichten, was ich den Menschen nahebringen möchte. Liebe, Anmut, Harmonie - all das wird dich dein späteres Leben begleiten.”
Sappho hatte inzwischen ihren Mut wiedergefunden.
„Werde ich denn auch so schön und licht sein wie du? Ja, ich wünsche mir, schimmernd und strahlend durch die Welt zu gehen wie du!”
Aphrodite lächelte und strich Sappho mit der rechten Hand sanft über das Haar.
„Ich werde mein Auge immer wohlwollend über deinem Schicksal ruhen lassen. Großes wirst du vollbringen. In fernen Zeiten wird man, wenn man meinen Namen nennt, auch deiner gedenken. Mehr zu sagen ist auch mir nicht gestattet. Nur vergiß eines nicht: Allein die Götter sind unsterblich.”
Zu gern hätte Sappho noch Fragen an die Himmlische gestellt, doch so plötzlich wie Aphrodite gekommen war entschwand sie.
Sappho rieb sich die Augen. Hatte sie alles nur geträumt?
Hatte der Schreck über die bevorstehende Abreise ihre Sinne verwirrt? Was war Traum, was Wirklichkeit?
Entschlossen stand sie auf, wischte die Striche im Sand mit dem bloßen Fuß aus und machte sich auf den Weg nach Hause. Ihre Mutter Kleis kam ihr bereits suchend entgegen. Das lange Fernbleiben ihrer Tochter hatte sie beunruhigt. Sappho war an diesem Abend entgegen ihren sonstigen Gewohnheiten sehr schweigsam.