Umschlagbild: Freyr und sein Diener Skírnir. Zeichnung von Alexander Zick.

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© 2022 Baron Árpád von Nahodyl Neményi

Herstellung und Verlag: BoD – Books on Demand GmbH, Norderstedt
ISBN 978-3-7557-6541-7

Inhalt

  1. Name und Zuständigkeit
  2. Freys Wiedergeburt zum Julfest
  3. Freyr und Gerdr
  4. Óengus und Caer
  5. Die Verehrung Freys
  6. Julfest und Eberopfer
  7. Freysumzug
  8. Freyr im Rechtssystem
  9. Götterentsprechungen

Vorwort

Freyr oder Yngvi-Freyr, deutsch Ing-Fro, ist der altheidnische Fruchtbarkeitsgott. Über Ihn gibt es einige Überlieferungen, die uns helfen können, diese Gottheit, die es wirklich gibt, zu verstehen und in unser Leben einzubeziehen.

In unserer säcularisierten Gesellschaft ist Religion zu einer unwissenschaftlichen, sentimentalen Privatsache für Schwärmer oder sogar Fanatiker geworden. In den Medien kommt Religion selten und meist in kritischer Betrachtungsweise vor, und alle religiösen Vorstellungen, die gegen den materialistisch-rationalen Mainstream stehen, werden als überholt, altmodisch, unfrei oder gar gefährlich hingestellt. Gerade noch halbwegs toleriert wird der biblische Eingottglaube, sowie die Religionen der Einwanderer. Einheimischer alter Polytheismus gehört nicht dazu, und bis heute konnte keine neu- oder altheidnische Gemeinschaft in Deutschland den Status einer „Körperschaft des öffentlichen Rechtes“ erlangen, den die christlichen Kirchen und jüdischen Gemeinden hierzulande schon lange innehaben. Das bedeutet weniger Rechte für Heiden, keine finanzielle Förderung und soziale Ausgrenzung in den Medien. Anders sieht es in den skandinavischen Ländern aus; auf Island sind die Neuheiden seit 1972 staatlich anerkannt und den christlichen Kirchen gleichgesetzt; auch in Dänemark ist es so, ähnlich in Schweden, Norwegen und den baltischen Staaten.

Es ist also schwer, über altheidnische Vorstellungen oder gar Gottheiten aus der Sichtweise des Anhängers dieser Gottheiten zu schreiben; nur eine rein wissenschaftliche Betrachtung ist allgemein toleriert, allerdings auch nur, wenn diese von anerkannten Wissen­schaftlern der Universitäten kommt, nicht von sog. „Laienforschern“. Und allzu leicht werden auch etablierte Wissenschaftler ausgegrenzt, wenn sie nicht das herausfinden, was gerade erwünscht ist, sondern eigene Forschungsergebnisse vorlegen.

Dieses Buch wird sich nun aus der altheidnisch-religiösen Sicht eines Goden (Priesters), der ich seit 1985 bin, mit dem Gott Freyr befassen; daß ich auch Skandinavistik studiert hatte, erwähne ich nur am Rande. Mein Interesse ist es, keine unhaltbaren Spekulationen aufzubringen, sondern alle Deutungen auf die Quellen zu stützen, denen ich hier daher viel Raum einräume. So kann der geschätzte Leser jede Schlußfolgerung selbst nachvollziehen und selbst entscheiden, ob er sie für glaubwürdig hält, oder ob er sie für sich ablehnt. Durch die Quellen sprechen quasi unsere heidnischen Vorfahren direkt zu uns; keine andern Texte bringen uns so nahe an die geistige Welt unserer Ahnen heran, wie die primären Textquellen.

Die isländischen Sonderzeichen (Þ, þ = stimmhaftes th; ð = stimmloses th, dh, d; = ou, au; ø, oe = ö) behalte ich bei.

Bad Belzig, 2022

Kapitel 1

Name und Zuständigkeit

Der Gott, vom dem hier die Rede ist, trägt in der Mythensammlung der Edda den Namen „Freyr“. Dies bedeutet einfach nur „Herr“ (indogerm. *prŏ, „vorwärts, vorn“, althochdeutsch frō, „Herr, Gott“, mittelhochdeutsch vrōn, „heilig, herrschaftlich“, vgl. Frondienst, „Dienst für den Herrn“, Fronleichnam, „der Leichnam des Herrn“, frönen, „sich einer Leidenschaft ergeben“) und ist somit kein Eigenname, sondern eine Anrufung, die zu einer Art Ersatznamen geworden ist, ähnlich wie „Freyja“ („Herrin“) auch nicht der richtige Eigenname der Liebensgöttin ist. Der Name Freyr kommt im Süden als „Fro“ vor, in Dänemark auch in der Form „Frø“; er fiel zusammen mit dem Begriff „Frö“ („Same, Saat“). Adam von Bremen beschreibt ein Kultbild des Gottes und nennt ihn dabei „Fricco“ (altnord. friðkán, „Liebhaber, Buhler“). Diese Namensform, vielleicht eine latinisierte Schreibweise, hat Adam von Bremen sicher aus Deutschland, wo sie ja schon bei Karl dem Großen 802 bezeugt ist, aber hier kommen auch die gleichbedeutenden Schreibweisen „Freckyo“ oder „Frickyo“ vor.

Neben diesen Anrufungsnamen finden wir aber in den Überlieferungen auch noch den richtigen Namen Ing, *Ingwaz, Yngvi oder Ingunar; bei Tacitus in der Germania werden die Ingävonen (Ingwini, „Ing-Freunde“) genannt, bei den Goten ist Enguz als Name der Rune *Ingwaz überliefert, bei den Celten Óenguz, in lateini ­schen Texten finden wir Ingadeus („Gott Ing“). Diese Namen werden mit „der Junge, Nachkomme, Sohn“ übersetzt, schwedisch yngling, gotisch enguz, indogermanisch *iuuen („jung“), altindisch yúvan, lateinisch iuvenis; davon auch iūnior („jünger“), Junge, Jugend. Mich überzeugt diese Deutung nicht, da mir hier das „n“ in den Formen fehlt, welches im Götternamen vorhanden ist.

Der Laienforscher Ludwig Gruber brachte den Namen Ing mit einem vermuteten indogermanischen Urwort aus dem Stamme altindisch Agni, lateinisch ignis, litauisch ugnis, altslawisch ogni „Feuer“ zusammen, unter Annahme einer Kontaktversetzung von „gn“ zu „ng“, die in der Rückversetzung der germanischen Endung „ing“ zur lateinischen Endung „ign“ in lateinischen Texten ein Gegenbeispiel habe. Dazu bringt er das grönländische Lehnwort i(n)gneq („Feuer“), welches auf ein ähnlich lautendes germanisches Wort gleicher Bedeutung hinweist, welches später ausgefallen ist1.

Daß die überlieferten Namensformen das erste „n“ vermissen, muß diese Deutungen nicht haltlos machen. Wir finden ganz ähnliche Abwandlungen auch bei anderen Namen. So lautet der Name der Götterfamilie der Ásen bei Jordanis2 in dessen „Gotengeschichte“ Ansis („Ansen“), auch finden wir den gotischen Eigennamen Ansila, den burgundischen Ansemundus, den langobardischen Ansegranus und weitere Namen wie Anshelm, Ansperht sämtlich mit dem „n“, obwohl sich alle auf die Ásen beziehen.

Wenn also der Name Ing etwas mit dem vedischen Feuergott Agni zu tun haben sollte, wäre das eine sehr hilfreiche und überzeugende Deutung, die auch zur Darstellung Freys mit rotem Gewande (s. Abb. 15, S. →) paßt. Im Rigveda kommen darüberhinaus verschiedene Erscheinungsformen Agnis vor, nämlich ein Wasser-Agni, ein Blitz-Agni oder Sonnen-Agni.

Dies würde dann auch damit zusammenpassen, daß Freyr über Regen und Sonnenschein herrscht, wie uns Óðinn selbst in der Gylfaginning 24 erzählt3:

»Njrður in Nóatún zeugte seitdem zwei Kinder. Der Sohn Freyr und die Tochter Freyja. Sie waren schön von Antlitz und mächtig. Freyr ist der berühmteste unter den Ásen. Er herrscht über Regen und Sonnenschein und das Wachstum der Erde, und ihn soll man anrufen um gutes Jahr und Frieden [árs ok friðar]. Er herrscht auch über das Reichtumsglück der Menschen.«

Hier erfahren wir bereits die Zuständigkeit des Gottes: Glück, Reichtum, Regen, Sonnenschein, Wachstum, gute Ernte, Frieden.

In der Víga Glúms Saga4 wird der Streit um den Acker Vitazgjafi („Sichergeber“) erzählt, weil dieser Acker immer eine gute Ernte trug. Das lag wohl daran, daß in der Nähe ein Freyshof (Freys-Tempel) war und der Acker ein Freysacker gewesen ist. Ähnlich in Südmøre, Norwegen, wo sich ein Ort Frøisin befindet, wo das Korn nach der Sage niemals erfriert.

Einen Sonnenbezug finden wir in der Gísla Saga Súrssonar aus der Mitte des 13. Jh.5:

»Es geschah auch etwas, was viele Leute für etwas nie Dagewesenes hielten; niemals blieb der Schnee auf der Südseite von Þórgríms Grabhügel liegen, noch fror es dort; und darum meinten die Leute, Þórgrímr sei seiner Opfer wegen ein solcher Liebling Freys gewesen, daß er nicht zuließ, daß es zwischen ihnen fröre.«

Im Eddalied Lokasenna 37 sagt Týr über Freyr6:

»Freyr ist der beste von allen kühnen Reitern
Die die Ásengehege bergen:
Keine Maid betrübt er, keines Mannes Weib,
Und löst einen jeden von Fesseln.«

Er beglückt also Mädchen und Frauen, und die Gefangenen befreit er von ihren Fesseln. Nach der Ynglinga Saga 10 (s. Seite →f) ist Freyr auch Friedensgott. Er ist natürlich auch Gott der (männlichen) Sexualität und Potenz.

Regelrechte Beinamen kennen wir kaum, eher ehrende Beifügungen. Zu dem schon erwähnten „bestr allra ballriða“ („der Beste aller Kampfreiter“) in den Locasenna 37 finden wir die Bezeichnungen „folkvaldi goða“ („Kriegsvolkwalter der Götter“) in den Skírnisfr 3 neben „inn fróði („der Kluge, Reiche“) in Skírnisfr 2, dann „ása jaðarr“ („Herr der Ásen“) in den Lokasenna 35 und „folkum stýrir“ („Anführer der Scharen“) in der Húsdrápa des Skálden Úlfr Uggason7.

Der in der Ynglingasaga 10 sowie dem Flateyjarbók8 erwähnte Beiname „veraldar goð“ („Weltengott“ bzw. „Gott der weltlichen Dinge“) wurde von den Lappen übernommen. Sie verehrten den Gott Freyr unter dem Namen Waralden Olmay („Welten-Gott“), dem man Hacken und Spaten aus Holz opferte, wie die Nærø-Handschrift berichtet.

Freyr ist Sohn des Meeres- und Reichtumsgottes Nirðr und seiner Schwester und Gemahlin; Skaði ist Freys Stiefmutter. Freys Schwester ist die Liebesgöttin Freyja (Frova), über die ich schon in einem eigenen Buch geschrieben habe9. Freys Gemahlin ist die riesenentstammte Gerðr, beider Sohn ist Fjlnir, der wiederum Vater Sveigdirs ist. Es werden in den Sólarljóð 79 auch noch neun Töchter Njrðs erwähnt, also 9 Schwestern Freys, die man als neun Wellen deutet. Alle sind Vanengötter; die Vanen sind eine eigene Göttersippe und kämpften einst gegen die Ásen. Am Ende schlossen die Götter aber Frieden, und die Familie Freys kam zu den Ásen als Geiseln, wie die Ynglinga Saga 4 erzählt10:

»Óðinn zog mit einem Heer gegen die Vanen, aber die waren wohl gerüstet und verteidigten ihr Land, und so siegte bald dieser, bald jener. Beide verheerten des andern Land und fügten sich gegenseitig Schaden zu. Aber als ihnen beiden der Streit über wurde, verabredeten sie untereinander eine Zusammenkunft zur Versöhnung. Sie schlossen einen Friedensvertrag und stellten sich gegenseitig Geiseln. Die Vanen gaben ihre vornehmsten Männer heraus, Njrðr den Reichen und seinen Sohn Freyr, die Ásen dagegen einen Mann namens Hoenir. Sie sagten, der schicke sich sehr wohl zum Häuptling. Er war ein großer und sehr schöner Mann. Mit ihm sandten die Ásen den Mímir, einen sehr weisen Mann, und die Vanen stellten dafür den Klügsten aus ihrer Schar, der Kvasir hieß (…)

Óðinn machte Njrðr und Freyr zu Tempelpriestern und sie wurden „Diar“ [Oberpriester] unter dem Volk der Ásen. Die Tochter des Njörðr hieß Freyja. Sie war Tempelpriesterin. Sie lehrte zuerst den Ásen den Seiðr [Zauber], wie er bei den Vanen üblich war.«

Der Ásen-Vanen-Mythos wurde übrigens als Wechselmythos zwischen Tag und Nacht gedeutet. Die Vanen sind keine Gottheiten von Urvölkern, die von den Indogermanen bekämpft wurden, da es diese Einteilung auch in den andern Mythologien gibt, etwa die olympischen Götter und die Titanen. Und letztendlich stammen auch die Vanen von Óðinn ab, wenn man Óðins Name „Alfðr“ („Allvater, Vater aller Wesen“) oder die griechischen Verwandtschaftsverhältnisse zwischen Titanen (= Vanen) und olympischen Göttern (= Ásen) berücksichtigt.

In der Ynglinga Saga ist Freyr bereits in Vanaheimr geboren, in den Gylfaginning 24 aber erzeugt Njrðr Seine Kinder erst in Nóatún, Seinem Reich, welches doch als zu Ásgarðr gehörig angesehen wird. Diesen Widerspruch kann man nur lösen, indem man von einer Textvereinfachung ausgeht: Njrðr zeugte im zu Ásgarðr gehörigen Nóatún nur noch Seine Tochter Freyja, Freyr war schon in Vanaheimr geboren worden. Freyja kann also später, wie im Venus-Aphrodite-Mythos, aus dem Meere geboren worden sein; diese Vorstellung gab es auch bei den Víkingern. Das Meer aber ist ja unser Nóatún („Schiffs-Stätte“, Umschreibung für das Meer).

Die Attribute, mit denen Freyr dargestellt oder beschrieben wird, sind die Kornähre, die Sichel, der Phallus und der goldene Eber Gullinborsti („Goldborstig“). Sein Roß heißt Blóðughófi („Blutighuf“). Ein weiteres Attribut ist das Schiff Skíðblaðnir; nach der Ynglinga saga11 ist es allerdings Óðins Schiff. Es wurde von Ívaldis Söhnen gebaut und als ein Bild für die Wolken gedeutet. Ívaldi bedeutet „in der Eibe waltend“, aber es wurde auch direkt auf den Gott bezogen, indem man ein *Inhuwaldan annahm und es mit „Ing waltender“ übersetzte.

Über Skiðblaðnir erfahren wir mehr in der Jüngeren Edda, Gyl­faginning12:

»Da fragte Gangleri: ,,Was ist von Skíðblaðnir zu berichten, welches das beste der Schiffe sein soll? Gibt es weder ein ebenso gutes Schiff als dieses, noch ein ebenso großes?'“ Hárr antwortete: ,,Skíðblaðnir ist das beste Schiff und das künstlichste; aber Naglfari, das Muspell besitzt, ist das größte. Gewisse Zwerge, die Söhne des Ívaldi, schufen Skíðblaðnir und gaben das Schiff dem Freyr: Es ist so groß, daß alle Ásen mit ihrem Gewaffen und Heergeräte an Bord sein können, und sobald die Segel aufgezogen sind, hat es Fahrwind, wohin es auch steuert. Und will man es nicht gebrauchen, die See damit zu befahren, so ist es aus so vielen Stücken und mit so großer Kunst gemacht, daß man es wie ein Tuch zusammenfalten und in seiner Tasche tragen kann“.

Da sprach Gangleri: ,,Ein gutes Schiff ist Skíðblaðnir und gar große Zauberei mag dazu gehört haben, es so kunstreich zu schaffen“.«

Abb. 1: Freysfigürchen aus Rällinge Krs. Lunda, Södermannland, 11. Jh.

Der Name Skíðblaðnir wird übersetzt mit „etwas aus dünnen Holzstücken Zusammengesetztes“ oder „hölzerne Ruder habend“, aber eigentlich beinhaltet das Wort nur die Bestandteile skíð („Schneiden“, „Scheit“, Holzscheit) und blað („Blatt“, Ruderblatt).

Das Schiff, welches durch Luft und Meer fliegen kann, und bei Bedarf ganz klein gefaltet und eingesteckt werden kann, wurde übereinstimmend als Bild der Wolken gedeutet, die ja auch am Boden oder über dem Meer als Nebel sein können, aber auch hoch am Himmel oder gar nicht sichtbar sind. So ein Wunderschiff, welches über Wasser, Land oder Luft fahren kann, hat sich noch in einigen russischen Märchen erhalten, was wohl auf die varägischen Víkinger und Goten zurückzuführen ist.

Unbestritten zeigt ein etwa 10 cm großes bronzenes Figürchen aus Rällinge, Kreis Lunda, Södermannland, Schweden aus dem 11. Jh. den Gott Freyr mit Phallus (Abb. 1). Es ist wahrscheinlich eine Nachbildung des berühmten Götterbildes von Upsala, welches Adam von Bremen (gest. 1085) beschrieben hatte13:

»Dieses Volk [die Schweden] hat einen hochberühmten Tempel, der Upsala heißt, nicht fern von der Stadt Sigtuna (…) In diesem Tempel, der ganz aus Gold zubereitet ist, verehrt das Volk die Standbilder von drei Göttern, und zwar so, daß der mächtigste von ihnen, Thor, mitten im Gemach seinen Thron hat; zu beiden Seiten nehmen den Platz Wodan und Fricco ein. (…) Der dritte ist Fricco, der Friede und Freude den Sterblichen spendet. Sein Bild versehen sie auch mit einem gewaltigen Zeugungsglied.(...)

Wenn Seuchen und Hungersnot drohen, wird dem Götzen Thor geopfert, wenn Krieg, dem Wodan, wenn Hochzeiten zu feiern sind, Fricco.«

Auch von der gewaltsamen Missionierung und Zerstörung der Götterbilder durch christliche Fanatiker erfahren wir aus den Quellen. So berichtet die aus dem 14. Jh. stammende Ólafs Saga Tryggvasonar14, wie König Ólaf Tryggvason den Befehl gibt, ein Freysbild zu zerbrechen:

Abb. 2: Das Gallehus-Runenhorn mit möglicher Freysdarstellung. Anf. 5. Jh.

»Der König sagte: „Ich gebiete euch das Götzenbild zu zerbrechen, das nach Freyr gemacht ist, von dem mir gesagt ist, daß ihr ihm opfert. Aber wenn ihr das nicht tun wollt, so glaube ich, daß diese Sache wahr ist, die ich euch jetzt vorwerfe“. Sie antworteten so: „Nicht werden wir das Bild Freys zerbrechen, denn wir haben ihm lange gedient, und das hat uns wohl getaugt“.

In den Landnámabók wird ein kleines silbernes Amulett, welches Freyr darstellt, erwähnt. Ingimund wollte nicht nach Island übersiedeln; eine Wahrsagerin aber sagte ihm, daß ein Amulett aus seiner Tasche verschwinden und sich erst wiederfinden würde, wenn er sich in Island ansiedelt. Später heißt es in der Quelle15:

»Ingimund sandte zwei Finnen auf Zauberfahrt nach Island nach seinem

Amulett; das war ein aus Silber gearbeitetes Freysbildnis. Die Finnen kamen zurück; sie hatten das Amulett gefunden, es aber nicht bekommen können.«

So wird Ingimund immerhin der Ort auf Island genannt, wo er sich dann auch ansiedelte und später das Amulett fand.

Auf einem der Goldhörner von Gallehus (zw. 400-450) ist über einem Eber ein gehörnter Gott mit Stab und Sichel dargestellt, den man auch als Freyr gedeutet hatte (Abb. 2).

Schon auf schwedischen Felsbildern aus der Bronzezeit finden sich phallische Darstellungen von Fruchtbarkeitsgottheiten.

Abb. 3 Freyr von Arras.

In Arras, einem Ort in der Nordspitze Frankreichs, fand man eine 60 cm hohe und etwa 30 cm breite, phallische Sandsteinfigur mit gekreuzten Beinen (siehe Abb. 3) die von Forschern als Freysdarstellung bezeichnet wird, weil sie innerhalb der gallisch-römischen Siedlung in einem germanischen Heiligtum lag. Dort gab es auch ein Attis-Heiligtum.

Drei Diener des Freyr werden in den Quellen genannt, Skírnir (der Strahlende), Byggvir (bygg = Korn) sowie Beyla (von *baunilō zu baula = Kuh). Byggvir wurde auch mit Beow in altenglischen Stammtafeln identifiziert, einem Sohn Sceldwas. Ja, selbst zum altenglischen Beowulf („Bienenwolf“, Bär) wollte man eine Verbindung erkennen, was mich aber nicht überzeugt.

Kapitel 2

Freys Wiedergeburt zum Julfest

Der Mythos des Ragnar16