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Copyright (c) 2021. Alle Urheber- und Nutzungsrechte verbleiben beim Autor.
Abdruck, Vervielfältigung und Verwendung aller Bestandteile nur mit ausdrücklicher Genehmigung der Autoren. Grafiken: Uta Ehlers.
Texterfassung Karin Wendt. Grafik-Digitalisierung und Satz: Berthold Wendt Gesetzt und gestaltet mit: Papyrus Autor von R.O.M. Logicware GmbH.
Herstellung und Verlag: BoD – Books on Demand GmbH Norderstedt

ISBN 978-3-7557-8739-6

Freut euch auf...

Der Rattenfänger von Hameln

S tell dir vor, eine Stadt voller Ratten,

Gott sei Dank, dass wir so etwas noch niemals hatten!

In Hameln muss es so gewesen sein,

da stellten sich einst tausende Ratten ein.

Sie wimmelten auf allen Straßen,

in alles steckten sie ihre Nasen,

in Läden, Gärten auch im Krankenhaus.

Selbst aus den Fenstern vom Polizeirevier,

das sag’ ich, bitte glaube mir,

glotzten sie ganz frech heraus!

In der Schule, in jedem Klassenzimmer,

wimmelt’ es von Ratten immer!

Sie liefen über Tisch und Bänke,

vielleicht sogar über alle Schränke,

natürlich auch über den Schulhof.

Das fanden alle Kinder doof!

Ratten in jedem Haus, in jedem Bett,

keiner fand das wirklich nett!

Man sah sie in der Küche

und auch auf dem Fensterbrett,

in jedem Keller fraßen sie sich fett!

Niemand wusste, woher sie gekommen sind.

Wehte sie hierher ein Sturm oder ein Wind?

Selbst beim Essen waren sie auf dem Tisch,

und knabberten alles an,

ob Brot, Fleisch, Käse oder Fisch!

Ob man sich daran gewöhnen kann?

In Kleidern und Schuhen

hielten sie sich versteckt,

und wer sie dort nicht hatt’ entdeckt,

wurd’ beim Anziehn fürchterlich erschreckt!

Die Katzen und die Rattenfallen,

die sonst nützten wirklich allen,

waren überfordert sehr,

denn die Ratten wurden täglich mehr!

Wie kann man sie nur loswerden?

Beim Bürgermeister hagelt es Beschwerden!

Darum schlug der gute Mann,

am Rathaus folgenden Text wohl an:

»Es wird eine Belohnung

von 1000 Gulden ausgesetzt,

für denjenigen, der uns von den Ratten befreit!

Der sie alle fängt, tötet oder verletzt,

oder der sie an einen anderen Ort versetzt!«

Tausend Gulden sind ein Batzen Geld,

der so manchem sicherlich sehr gut gefällt!

Manch einer hatt’ schon nachgedacht,

was er mit dem Vermögen macht.

Doch all das blieb ein böser Traum,

denn Rattenfangen konnt’ ein jeder kaum!

Doch schließlich kam dann irgendwann

in die Stadt ein fremder Mann.

Er tat auf den Aushang schaun,

und er las ihn mit Vertraun.

Dann sprach er davon,

dass eine Lösung fiele ein ihm schon.

So klopfte er an die Rathaustür:

»Bürgermeister, nun sag ich es dir,

ich kann euch von den Ratten befrein,

dann sind die tausend Gulden mein,

und wie ich es anstelle,

soll ganz alleine meine Sache sein!«

Des Fremden kunterbunter Anzug

hatt’ den Bürgermeister sehr gestört.

So etwas zu tragen, fand er unerhört!

Auch seine langen, dünnen Finger

und seine Flöte an dem Band,

er sicherlich sehr seltsam fand!

Doch zu allem war er nun bereit,

würde die Stadt von der Rattenplage

endlich jetzt, an diesem Tage, befreit!

Des Fremden trauriges Lächeln im Gesicht,

und das schwermütige Glitzern in seinen Augen,

bemerkte der Bürgermeister leider nicht.

Und darum er folgende Worte spricht:

»Großartig, wann fängst du endlich damit an?

Sage mir, wann die Rattenplage von dir

nun besiegt werden kann?«

»Sofort!«, antwortete der fremde Mann,

und auf seiner Flöte er zu spielen begann.

Er spielte eine seltsame Melodie.

Solch eine hörten die Bürger der Stadt noch nie!

Derweil lauschten alle Ratten

und spitzten ihre Ohren.

Ihr Gequieke und Geraschel

gingen sofort verloren!

Als wenn sie zu der Musik

eine besondere Beziehung hatten …!

Aus den Häusern und den Gassen

strömten alle sie herbei.

Der Bürgermeister konnt’s kaum fassen!

Und sie folgten dem Rattenfänger,

als wenn sein Flötenspiel

ihre Bestimmung sei!

Der Rattenfänger wanderte

durch die ganze Stadt.

Nicht eine einzige Sekunde

er sein Musizieren unterbrochen hatt’.

Die Bewohner von Hameln

trauten ihren Augen nicht.

Solch einen langen Rattenzug

bekamen sie noch nie zu Gesicht.

Von überall kamen die Ratten her.

Der Rattenfänger hörte nicht auf zu spielen,

bis der ganze Ort,

war von den Ratten leer!

Durch Feld und Wald

des Fremden Lied erschallt.

Dem Rattenfänger folgte der Nager Zug.

Die Bürger, ob jung ob alt,

freuten sich schon bald,

denn von den Ratten

hatten sie schon längst genug.

Auch an dem Weserfluss,

der Rattenzug nicht halten muss!

Der Rattenfänger schritt tiefer

und tiefer ins Wasser hinein,

und die Ratten folgten ihm,

das wird wohl ihr Ende sein!

Seine Melodie trieb die Ratten immer weiter

in die nasse Flut hinein.

Genau so war es geplant,

genau so sollte es sein!

Die Ratten erkannten nicht die Gefahren.

Sie folgten dem Flötenspiele immer fort,

bis in den Tod, an diesem feuchten Ort!

Der Rattenfänger hörte erst auf,

seine Flöte zu blasen,

als alle Ratten ertrunken waren!

Die Bürger hatten darum große Freud’.

Es wurd’ getanzt und auch gesungen

zu der Kirchenglocken Geläut!

Da sah man schon den Rattenfänger kommen.

Er hatt’ den Weg zum Rathaus genommen,

um seine Belohnung zu bekommen.

»Herr Bürgermeister, zahlt mir nun

die tausend Gulden aus,

denn eure Rattenplage war ein Graus!

Was ich versprochen, hab’ ich gehalten,

denn meine Versprechen immer galten.

Nun möchte ich die ausgesetzte Belohnung erhalten!«

Der Bürgermeister lächelt süffisant gar sehr:

»Wo nähme ich wohl tausend Gulden her?«

Das Geld auszuzahlen fiel ihm sehr schwer:

»Tausend Gulden für ein bisschen Flötenspiel,

das ist sicher doch zu viel!

Zu fünfzig Gulden wäre ich bereit.

Stimmt zu, dann gibt es zwischen uns

auch sicher keinen Streit!

Ein Denkmal von euch lass’ ich dann

auch auf dem Marktplatz errichten,

solltet ihr auf das restliche Geld verzichten!«

Der Rattenfänger aber drehte sich wortlos um.

Der Treuebruch des Bürgermeisters

war ihm ganz gewiss zu dumm!

Ein jeder erwartete seine Reaktion

und diese kam sofort auch schon.

Er setzt seine Flöte erneut an die Lippen.

Es war, als würd’ er daran nippen.

Doch ein anderes Lied hatt’ er gespielt,

das nicht auf Ratten, sondern auf Kinder zielt!

Die Töne breiteten sich in der ganzen Stadt nun aus.

Alle Kinder kamen aus ihren Häusern heraus.

Sie tanzten und sangen nach dem schönen Ton,

und liefen alle aus der Stadt davon.

Sie folgten dem Rattenfänger über den Fluss,

weil jedes Kind der Melodie folgen muss!

Die Männer und Frauen

waren wie von Entsetzen gelähmt.

Sie haben sich unendlich

über den Geiz des Bürgermeisters geschämt,

und dafür, dass er sein Versprechen brach.

Das ist die Ursache für ihr Weh und Ach!

Ihre Hoffnung, die Kinder bald wieder zu sehn,

würde niemals in Erfüllung gehen!

Der Rattenfänger schritt den Kindern voran.

Er wusste, dass seine Melodie

sie alle mitnehmen kann.

Glücklich und voll Freude waren sie,

vielleicht glaubt ihr mir das ja nie!

An einem Berge angekommen,

hatt’ der Rattenfänger

seine Flöte zur Hand genommen.

Er spielte einen Triller an jenem Ort

und der Berg öffnete sich sofort.

Der Marsch der Kinder ging dort hinein.

Die Stadtbewohner bildeten sich ein,

dass sie Musik und Gesang

noch eine Weile gehört,

bis alles war verklungen,

das hatt’ sie sehr verstört!

Die Kinder blieben verschwunden

und kehrten niemals heim.

Ein kleiner Junge konnt’ nicht so schnell laufen,

blieb häufig stehn, um zu verschnaufen.

So hatt’ den Anschluss er verloren.

Er hört die Musik, vertraut seinen Ohren.

Als er dann am Berge angekommen,

hatt’ er den Gesang noch wahrgenommen,

der tief aus dem Berge zu ihm drang.

Er rief nach seinen Freunden stundenlang.

Doch der Eingang blieb verschlossen,

darum hatt’ er bittere Tränen vergossen!

Nur dieses Kind allein

kam in die Stadt zurück.

Für seine Eltern war’s das höchste Glück!

Doch der Rattenfänger und die Kinder

wurden nie wieder gesehn.

Die Stadtbewohner glaubten,

wenn sie an sonnigen Tagen

am Felsen vor der Höhle stehn,

die Kinderlein dort zwar nicht zu sehn,

doch zu hören ihr Lachen und ihren Gesang,

und das wirklich schon viele Jahre lang.

Da kannst du jeden von ihnen fragen.

Seit jenen Tagen war Hameln

ratten- und kinderfrei,

was wohl das Ergebnis

von versprechen und nicht halten sei!

Und die Moral von der Geschichť:

Breche geschlossene Verträge nicht!

Schließt du ab einen Vertrag,

der wie in diesem Märchen,

auf einem Versprechen beruhen mag,

und ist am End’ die Tat vollbracht,

auch die Arbeit wurde gemacht,

dann musst du zahlen, was du versprochen,

denn sonst hast du den Vertrag gebrochen!

Heute wird solch ein Streit vor Gericht entschieden.

Hätte der Bürgermeister gewusst,

was als Rache in diesem Märchen,

mit den Kindern passieren musst’,

dann hätte er seinen Vertragsbruch wohl vermieden!

Die Büchse der Pandora

A Is die Welt geschaffen wurde,

war sie ein glücklicher Ort

voller Lachen und Licht.

Es gab nur Frohsinn ohne Verzicht.

Trauer und Schmerz

waren noch völlig unbekannt.

Die Menschen haben sie nicht gespürt

und sie waren auch noch unbenannt!

Jeden Tag hatt’ die Sonne gelacht.

Die Götter stiegen vom Olymp herab,

und haben sich auf den Weg

zu den Menschen gemacht.

Miteinander zu sprechen,

danach stand ihnen der Sinn.

Um sich besser kennenzulernen,

zog es sie täglich auf die Erde hin.

Einst haben Epimetheus

und seine Frau Pandora

einen schönen Tag in ihrem Garten verbracht.

Sie kümmerten sich um ihre Blumenpracht,

und haben eine seltsame Entdeckung gemacht.

Gott Merkur schleppte eine Truhe herbei.

Er ging ganz gebeugt,

was von deren Schwere zeugt.

Sie merkten, ihm war das nicht einerlei!

Müde und erschöpft sah er schon aus.

Darum holte Pandora für ihn

ein kühles Getränk aus ihrem Haus.

Epimetheus half ihm, die Kiste abzusetzen,

so konnte niemand sich verletzen.

Ob es eine Truhe, eine Kiste oder eine Büchse war,

das blieb bis heute nicht ganz klar.

Jedenfalls war sie ganz wunderschön.

Man konnte es an ihren Schnitzereien sehn.

Mit goldenen Stricken war sie zugebunden.

Einen Grund dafür hatte Pandora nicht gefunden.

Merkur sprach:

»Meine Freunde, ihr könnt mir einen Gefallen tun.

Ich würde mich gern’ bei euch ausruhn.

Denn die Sonne brennt heiß,

und das Ding ist furchtbar schwer.

Ich lass’ es bei euch,

komm’ später wieder her!

Irgendwann komm’ ich gewiss zurück

und trage es dann zu seinem Bestimmungsort,

schaffe dann den Weg bestimmt in einem Stück!

Derweil passt ihr gut darauf auf,

dass die Kiste kommt nicht fort.

Versprecht es mir, dann verlass’ ich mich darauf.«

Der Mann und der Gott

schleppten das Gefäß in das Haus hinein.

»Es wird bei euch doch hoffentlich sicher sein?

Auf keinen Fall darf es geöffnet werden,

nur verschlossen macht es keine Beschwerden!«

Das waren die letzten Worte, die Merkur gesprochen,

danach ist er wieder zu seiner Wanderung aufgebrochen.

Er hob die Hand noch einmal zum Gruß,

weil er nun Abschied nehmen muss!

Kaum dass der Gott gegangen war,

ratet mal, was dann geschah!

Pandora hörte Stimmen,

die aus der Kiste kamen,

und die nannten sie beim Namen!

So ging es dann in einer Tour,

sie riefen Pandoras Namen nur.

Die Stimmen sprachen leise sehr,

darum war Pandora nicht sicher mehr,

ob sie’s geträumt oder gehört.

Das Rufen hatt’ sie sehr gestört!

Zur Kiste sie sich niederbeugt’,

hatt’ lange gelauscht und alles beäugt.

Sie hörte die Stimmen, hatt’ nicht geträumt.

Gott sei Dank, dass sie bisher

das Öffnen der Kiste hatte versäumt!

Die Stimmen schrien mit hohem Ton,

Pandora war ganz betäubt davon:

»Pandora, Pandora, lass’ uns heraus,

wir halten es in der dunklen Kiste

nun wirklich gar nicht mehr aus!

Hilf uns endlich frei zu sein.

Wir danken es dir, nur dir allein!«

Merkur hatte das Öffnen verboten,

doch Pandora begann ganz langsam,

zu lösen der Goldstricke Knoten!

Denn die Rufe klangen so traurig und jämmerlich!

Das konnt’ sie nicht länger ertragen

und darum hörte man sie sagen:

»Ich öffne die Kiste, nehm’ es auf mich!«

Als dann die Knoten gelöst waren,

ohne nachzudenken über die Gefahren,

schlug sie den schweren Deckel auf

und veränderte damit des Schicksals Lauf!

Schlagartig begriff sie, was sie getan,

doch nun kam sie nicht mehr dagegen an.

In der Kiste waren alle Übel der Welt.

Tausende winzige, mottenähnliche Geschöpfe

kamen plötzlich hervorgeschnellt.

Sie stachen die Menschen,

verbreiteten Kummer und Schmerz.

Ob ihrer Dummheit

zerriss es fast Pandoras Herz!

Nur wegen ihr waren alle Übel frei.

Zum ersten Mal verspürte sie

Schmerz und Trauer dabei!

Vor Verzweiflung weinte sie gar sehr.

Nun den Deckel zuzuschlagen,

nützte ja rein gar nichts mehr.

Die Geschöpfe umschwirrten auch Epimetheus,

stachen ihn in Brust und Hals,

in den Arm und auch in seine Füße, jedenfalls.

Dann flogen sie durch das geöffnete Fenster

in die weite Welt hinaus

und breiteten unter den Menschen

Schmerz und Schrecken aus!

Die beiden schreien sich nun an,

so laut, wie man nur schreien kann!

Es war das erste Mal, dass sie sich stritten,

weil sie durch Neugier unter den Übeln litten!

Erneut hörten sie aus der Kiste

eine hohe Stimme bitten:

»Lasst mich heraus,

damit ich euch helfen kann.

Habt keine Angst vor mir,

ich fange gleich mit der Hilfe an!«

»Was sollen wir tun, mein lieber Mann?«,

so sprach Pandora Epimetheus an.

»Mache die Kiste auf,

schlimmer kann es nicht mehr werden,

vielleicht nimmt dann das Glück seinen Lauf,

auf unserer schönen Erden …!«

Als der Deckel war aufgemacht,

flatterte ein strahlend weißer Geist heraus,

er breitete seine Flügel aus,

und hatt’ sich auf den Weg gemacht.

Wie ein Schmetterling in seiner Pracht.

Es war die Hoffnung, die nun befreit!

Sie war zur Linderung der Schmerzen gleich bereit!

Allen Übeln flog sie hinterher.

Nur durch die Hoffnung

wird jedes Übel, das wir tragen,

einfach halb so schwer!

Seit jener Zeit haben die

Menschen darüber nachgedacht,

was dann passiert,

wenn jemand unbedacht,

eine Handlung unternimmt,