Das Buch

Unsere Ernährung hat einen starken Einfluss auf unser seelisches Wohlbefinden. Das gilt auch für Menschen mit Depressionen, Burn-out oder Stimmungsschwankungen. Tanja Salkowski weiß das aus eigener Erfahrung. In diesem Buch erklärt sie die wichtige Rolle des Darms als Gute-Laune-Zentrale und wie stark sich Ernährung und Gefühle gegenseitig beeinflussen. Außerdem verrät sie, wie man sich mit praktischen Übungen und Selbsttests selbst auf die Schliche kommt und wie man sich mit der richtigen Ernährung mental wieder aufbaut. Ihre Ruck-Zuck-Rezepte helfen dabei als reinstes Seelenfutter.

Dieses Buch möchte Betroffene dabei unterstützen, ihr Leben Schritt für Schritt wieder selbst in die Hand zu nehmen und das Gefühl von Selbstbestimmtheit zurückzugewinnen.

Die Autorin

Tanja Salkowski (geb. 1977) arbeitete als Musikmanagerin, PR-Beraterin, Journalistin und Moderatorin, bis sie 2008 die Diagnose »Mittelschwere Depression« erhielt. 2012 folgte ein Suizidversuch. Sie schaffte es ganz ohne Psychopharmaka, aus ihrer Depression herauszukommen. Heute engagiert sie sich dafür, über Depression und andere psychische Störungen aufzuklären, und setzt sich gegen die Stigmatisierung von Betroffenen ein. Weitere Informationen zur Autorin auf www.tanja-salkowski.de und www.kopftopf.blog

» Eigentlich weiß man ja, dass man sich nichts Gutes tut. Aber zumindest ich kann das hervorragend ignorieren. Und das ist der Moment, in dem dieses Buch die Bühne betritt und einem so gekonnt in die etablierten Muster grätscht, dass man sich grinsend ertappt fühlt.
Ein liebevoller Arschtritt, wenn man so will. «

Tobi Katze, Slampoet und Autor von »Morgen ist leider auch noch ein Tag«

» Tanja Salkowski weiß aus eigener Erfahrung, dass man über das eigene Essverhalten seelische Verstimmungen besser regulieren kann. Ein kluges und hilfreiches Buch zu den Zusammenhängen zwischen Nahrung und Körper und wie man selbst Einfluss darauf nehmen kann. «

Klaus Bernhardt, Heilpraktiker für Psychotherapie und Bestsellerautor

Tanja Salkowski

Mit der richtigen
Ernährung gegen
den Seelenblues

Einfache und wirksame Hilfe
bei Depression, Burn-out und
Stimmungstief

Kösel

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Copyright © 2021 Kösel-Verlag, München,

in der Penguin Random House Verlagsgruppe GmbH,

Neumarkter Str. 28, 81673 München

Redaktion: Gabriele Gaßmann

Umschlag: Weiss Werkstatt, München

Umschlagmotiv: Tatiana Stulbo / Shutterstock.com (Obst, Gemüse), Ksenia Zvezdina / Shutterstock.com (Teller)

ISBN 978-3-641-27004-9
V001

www.koesel.de

Inhalt

Prolog

Meine Seelenblues-Geschichte

Meine Suche beginnt

Die Puzzleteile fügen sich zusammen

Wie mir Ernährung hilft

Nahrung – Iss gut für dich

Du isst, was du fühlst

Der Darm – Deine Gute-Laune-Zentrale

Emotionales Essen – Wenn Gefühle die Kontrolle übernehmen

Experteninterview mit Dirk Schippel: Essen und das innere Kind

Lebensmittelintoleranzen als Ursache von Depression

Expertinneninterview mit Prof. Dr. Michaela Axt-Gadermann: Gesund mit Darm

Lebensmittel – deine Kämpfer gegen Brainfuck

Nährstoffe & Co. einfach erklärt

Die Top-Lebensmittel für deinen Kopf

Kräuterwastls Top 10 gegen seelische Tiefs

Zusammengefasst

Die Brainfuck-Kumpels – Nahrungsmittel, die deine Stimmung vermiesen

Top 1: Zucker

Top 2: Weißmehl

Top 3: Schlechte Fette

Top 4: Diät- und Light-Produkte

Top 5: Industriell verarbeitete Nahrungsmittel

Top 6: Nichts essen

Flüssige Nervennahrung

Spüle deine negativen Gedanken aus

Was denn nun: Kaffee oder Tee?

Experteninterview mit Marco Sinram: Tee als Anti-Stress-Mittel

Ist Alkohol auch eine Lösung?

Tipps gegen den »Quatschi« in deinem Kopf

Gut drauf? Bereite dich vor!

Werde zu deinem Ernährungsmanager

Und so funktioniert Meal Prep. Es sind nur vier Schritte

First-Aid-Kit – Das solltest du immer auf Vorrat haben

Ruck-Zuck-Rezepte für fix und fertige Tage

Wachmacher

Appetit-Zünder

Ein-Topf-Rezepte

Schnelles und Einfaches

Wenn Besuch kommt

Gesunde Snacks für träge Tage

Kalte Speisen

Survivor-Tupperbox-Rezepte für unterwegs

Ich-brauch-dringend-was-Süßes-Rezepte

Epilog

Meine sieben wichtigsten Tipps

Danke

Bildnachweis

Literatur

Umfrage aus meiner Facebook-Gruppe

Wenn ich depressive Verstimmungen habe, schaffe ich es nicht, mir etwas zu kochen, weil …

»… mir dann jeder Handgriff zu viel ist.«

(Joey)

»… es dann zu anstrengend ist. Das Kochen an sich, das Einkaufen dafür, der Abwasch.«

(Andrea)

»… es mir schwerfällt, mir etwas Gutes zu tun.«

(Sandra)

»… mir alles zu viel und sinnlos erscheint.«

(Peter)

»… ich darauf warte, dass ein besserer Zeitpunkt kommt … das kann Tage dauern.«

(Heike)

»… mich der Aufwand noch mehr in den Keller zieht.«

(Bernd)

»… ich keinen Hunger habe.«

(Susanne)

»… ich Selbstzweifel habe, ob ich das überhaupt kann und ob es mir schmecken wird.«

(Nadine)

»… ich nur noch Süßkram essen will.«

(Dirk)

Prolog

Gestern war ein echt mieser Tag, nein, die ganze Woche war mies. Viel Arbeit, Stress, kaum Ruhe, mit den Nerven am Rande und anstrengende Auseinandersetzungen mit anderen gab es auch noch. Mein Leben ist momentan nicht gerade dufte. Außerdem gehöre ich zu den über fünf Millionen Menschen in Deutschland, die eine diagnostizierte Depression haben. In den letzten Tagen habe ich es nicht geschafft, mich in Balance zu bringen, obwohl ich eigentlich weiß, wie es geht, und die vielen psychologischen Tricks in absoluter Perfektion beherrsche. Alles war außer Kontrolle. Ich wollte die ganze Welt erwürgen und ein gepfeffertes »Ihr könnt mich alle mal!« schreien können. Meine Seele rebellierte und verlangte nach »Stoff« in Form von Kohlenhydraten und Zucker. Also stürmte ich hastig in den Supermarkt, machte den Einkaufswagen mit den ungesündesten Lebensmitteln voll, die man im Laden finden kann, und stapfte nach Hause. Ich aß das ganze Zeug wie ein programmierter Roboter, obwohl ich sehr bald schon total satt war. Dabei landete alles kreuz und quer, von herzhaft bis süß, immer im Wechsel und ohne Stopp in meinem Magen. Immer rein in meinen Mund. Zunächst meldete sich das schlechte Gewissen noch nicht, denn ich dachte, dass ich das brauche und verdiene. Schließlich sind alle anderen an meiner Lebensmisere schuld und nicht ich. Aber jetzt kann ich ehrlich sein: Zweifellos war das rein emotionales Essen. Und nun hatte ich den Salat – den, den ich hätte lieber verspeisen sollen –, ein völlig miserables Wohlbefinden, von Kopf bis Fuß.

Mein Bauch sah aus wie ein krumm aufgeblasener weißer Luftballon, mein Magen meldete sich grummelnd zu Wort, mein Stuhlgang hatte auch noch nicht so richtig Lust, sich blicken zu lassen, und mein Kopf war furchtbar launisch. Die Lebensmittel, die sich in meinem Körper breitgemacht hatten, haben den Schlechte-Laune-Turbobooster eingeschaltet. Das, was mich die ganze Woche belastet hatte, belastete mich am nächsten Tag noch mal doppelt und dreifach, genauer gesagt: Mir ging es psychisch noch beschissener! Zudem besuchten mich nervige Schuldgefühle: »Ich habe gesündigt. Ich war unachtsam. Ich war einfach nur dumm.« Kennst du solche Phasen?

Es gibt auch Menschen, die in solchen Stresssituationen gar nichts essen können. Doch das Endergebnis ist das Gleiche: Du fühlst dich einfach hundsmiserabel, weil dir gute Nährstoffe fehlen. Es wird nicht besser, wenn du weiterhin nichts isst oder alles isst. Du befindest dich in einem klassischen Teufelskreis, der noch nicht mal einen schmalen Notausgang besitzt.

Mittlerweile gibt es viele Forschungen und Studien darüber, warum die Ernährung einen enormen Einfluss auf unser seelisches Wohlbefinden hat. Diese ganzen chemischen Prozesse und medizinischen Fachbegriffe muss man sich gar nicht merken. Aber ein paar spannende Geschichten dazu will ich dir dennoch in diesem Buch erzählen, eine direkt vorab. Vielleicht haut dich diese genauso aus den Socken wie mich:

In einer kalifornischen Klinik stellte man schon vor etlichen Jahren fest, dass eine Psychotherapie und der geistige Beistand bei Patienten, die sich schlecht und unregelmäßig ernährten, ziemlich erfolglos waren. Also machte man diesen Patienten ein Angebot: eine Ernährungsumstellung. Jeder konnte frei entscheiden, ob er bei dem Experiment mitmachen wollte oder nicht. Die Ernährungsumstellung beinhaltete folgendes: Statt Fast Food, zuckerhaltigen Lebensmitteln, modifizierter Stärke (wie zum Beispiel Weizen) und koffeinhaltiger Getränke gab es dreimal am Tag Eiweiß, frisches Gemüse und Vollwertkost. Das Ergebnis: Die Beteiligten fühlten sich nach nur kurzer Zeit seelisch und körperlich besser und machten erhebliche Fortschritte in ihrer Therapie. Sie hatten zudem viel weniger Ängste und Rückfälle. Diejenigen, die bei ihrem Essverhalten geblieben sind, kamen nicht weiter – trotz guter Psychotherapie, Auszeiten sowie Sport und Bewegung.1 Sie blieben also in ihrem Seelentief stecken. Schon spannend, oder?

Eigentlich wissen wir doch alle, dass eine gute Ernährung für unser Leben wichtig ist. Wir bekommen dies tagtäglich aufs Butterbrot geschmiert, sei es durch Magazine, Blogbeiträge, den Hausarzt, Dokumentationen oder einen zeigefingerhebenden »Gesundheitsapostel«, den irgendwie jeder im Freundes- oder Familienkreis hat. Die Frage ist nur: Wie kann man die Theorie in die Praxis umsetzen? Wie schafft man es, ein emotionales Essverhalten einigermaßen in den Griff zu bekommen? Wie gelingt es, trotz Antriebslosigkeit, Überforderung, Selbstzweifel und Null-Bock-Gefühl, gute Lebensmittel in sich hineinzubefördern? Und welches Essen ist denn überhaupt ideal für die menschliche Psyche?

Das Ausmaß deiner Krise kenne ich nicht. Vielleicht hast du ein leichtes Seelentief, vielleicht Liebeskummer oder finanzielle Sorgen, vielleicht bist du gerade sehr erschöpft oder ausgelaugt, weil du dich die letzten Monate und Jahre echt angestrengt hast. Vielleicht weißt du gerade einfach nicht mehr weiter, hast Zweifel und Ängste. Vielleicht bist du sogar schon so weit, dass du dich in ärztliche Hände begeben hast. An dieser Stelle möchte ich dir schon mal etwas sehr Wichtiges sagen: Du bist nicht alleine.

Ich bin weder Psychologin, noch Ärztin oder Ernährungswissenschaftlerin. Ich bin nur jemand, der für lange Zeit mit der Diagnose Depression gelebt hat und gerne Eigenforschung betreibt. Vielleicht ist das so eine Art »Berufskrankheit«, weil ich in den letzten Jahren auch als Journalistin und Redakteurin gearbeitet habe. Ich weiß es nicht. Aber es liegen zahlreiche Rückfälle hinter mir, und ich möchte ehrlich sein: sicherlich auch vor mir. Denn Leben ist Achterbahnfahren und Leben ist nicht perfekt. Ich bin nicht perfekt, du bist nicht perfekt, und das ist absolut in Ordnung so. Wir können nur versuchen, uns besser zu fühlen, indem wir neugierig sind, ausprobieren, lernen und Selbstreflexion betreiben. Auch wenn es manchmal nicht so einfach ist, und dabei enorm viel Kraft flöten geht.

Seit Jahren beschäftige ich mich mit meiner Ernährung und meinem Essverhalten, beobachte mich, analysiere und denke mir Tricks aus, wie ich mich selbst überlisten kann. Zudem bilde ich mir ein, eine einigermaßen gute Köchin zu sein. Ich liebe es, mit Töpfen und Pfannen zu jonglieren und Rezepte auszutüfteln. Immer mit der Absicht, dass ich mich nicht selbst überfordere und nur dann, wenn ich Energie und Lust dazu habe. Ein Grund mehr, warum ich dieses Buch geschrieben habe. Aber bitte erwarte keinen typischen Ratgeber. Das Letzte, was wir während seelischer Krisen gebrauchen können, sind neunmalkluge Ratschläge. Denn oft sind sie in den Momenten mehr Schläge als Rat. Der Effekt wäre also kontraproduktiv. Ich möchte dich weder belehren noch coachen. Ich möchte dich nicht mit unzähligen Fakten und Fachausdrücken überfordern oder dich unter Druck setzen. Ich möchte dir nur eine gute Freundin sein, die mitfühlt und mit dir gemeinsam alles versucht, damit du dein eigener Ernährungsmanager wirst.

Du siehst aber schon jetzt, dass ich nicht der personifizierte Heilige Gral bin. Scheitern gehört zu meinem Leben dazu, obwohl ich die Tricks kenne. Vielleicht hätte ich klugerweise schreiben sollen, dass ich alles zu hundert Prozent und stets im Griff habe, damit sich dieses Buch besser verkauft. Es wäre aber schlicht und ergreifend gelogen. Der Unterschied zwischen heute und meiner absolut tiefsten Depressionsphase im Jahre 2012 liegt darin, dass mir mittlerweile viel weniger Rückschläge passieren. Und genau das ist der Punkt, auf den ich hinausmöchte:

Du wirst wahrscheinlich nicht von heute auf morgen alles so umsetzen können, was ich dir hier erzähle (falls doch, dann: Respekt!). Aber du wirst in diesem Buch etwas für dich finden, das dir hilft. Du wirst entdecken, riechen, schmecken und Schritt für Schritt nach vorne gehen. Du wirst dich neu kennenlernen und darüber erstaunt sein, was du alles schaffst. Und du wirst die Ernährung als deinen neuen, treuen Komplizen betrachten, der dich – nicht immer, aber ziemlich oft – verdammt gut unterstützen kann. Um ein paar Fachbegriffe und Studien komme ich nicht drumherum, damit das Thema Ernährung gegen Seelenkrisen begreiflicher wird. Aber ich werde versuchen, dir alles so übersichtlich und einfach wie möglich zu erklären …

… damit du dich bald wieder besser fühlst.

Auf meinem Blog findest du übrigens weitere Informationen und Beiträge rund um das Thema Ernährung für die Psyche sowie Rezepte und nützliche Vorlagen für dich zum Download: www.kopftopf.blog

»Meine Ernährung ist ohne Zweifel eine der wichtigsten Bausteine, damit ich psychisch stabil bleibe.«

Meine Seelenblues-Geschichte

Vor vielen Jahren war ich eine erfolgreiche Karrierefrau mit einem großen Freundeskreis, einem gut bezahlten Job und einem Alles-ist-spitze-Lifestyle. Immer auf Zack, immer stark, immer beliebt und immer ehrgeizig. Diese Lebensspur hat sich oberflächlich gut angefühlt, aber innerlich brodelte es gewaltig. Als ich dann 2008 die Diagnose mittelschwere, rezidivierende Depression erhielt, brach eine Welt für mich zusammen. Ich dachte ja, eine Powerfrau zu sein, und empfand es zunächst als beschämend. Mein Leben glitt mir regelrecht aus den Händen, und ich konnte mir nur noch dabei zusehen, wie ich immer kleiner und trauriger wurde. Das passierte natürlich nicht von heute auf morgen, sondern scheibchenweise und über Monate hinweg. Ich konnte nicht mehr so arbeiten, wie man es von mir verlangte. Ich konnte mich nicht mehr richtig spüren. Ich hatte enorme Magenprobleme, plötzlich aufkommende Heulkrämpfe und extreme Schlafstörungen. Meine Lust auf Menschen entschwand, Begegnungen wurden mir zu viel. Meine Wohnung wurde zu meiner Höhle, der Alkohol zu meinem Helfer – um all den seelischen Schmerz irgendwie ertragen zu können. Hinzu kam eine geballte Ladung Ängste, Selbstzweifel und schleichend dazukommende Suizidgedanken.

Vier Jahre lang verkroch ich mich innerlich, ohne auch nur nach einer einzigen helfenden Hand zu greifen. Die Therapie, die man mir wärmstens empfiehl, lehnte ich ab. Ich schaffe das schon allein, dachte ich. Schließlich war ich ja immer die Powerfrau, und schließlich musste es ja weitergehen. So habe ich es beigebracht bekommen. Schwachsein war in meinem Umfeld schon immer verpönt, also spielte ich nach außen hin weiter diese starke Rolle. Ich nahm einen Job als Animateurin auf einem Kreuzfahrtschiff an und funktionierte mit Ach und Krach als personifizierter Sonnenschein – bis ich am 14. Februar 2012 einen Suizidversuch unternahm.

Meine Suche beginnt

Wie du siehst, wurde ich gerettet. Es begann eine Tortur aus Hoffnung und Scheitern, Hochs und Tiefs, Verzweiflung und Erfolgen sowie aus Suchen und Finden nach mir selbst. Ich begab mich in stationäre und ambulante Therapie, wechselte die Psychotherapeuten so lange, bis ich den passenden für mich fand, fing an, über meine Emotionen zu schreiben, und krempelte mein Leben komplett um. Ich orientierte mich beruflich neu, legte mir einen Hund zu, machte viel Sport, sortierte meinen Freundeskreis aus, trennte mich von materiellen Dingen und fand heraus, was mir guttut und was nicht. Aber eine Sache änderte ich nicht: meine Ernährung.

Darüber erzählte mir niemand etwas oder klärte mich auf. In der Klinik gab es keine Ernährungskurse oder Ähnliches. Auch meine Therapeuten sprachen selten davon bzw. fragten gar nicht nach, was ich denn so den ganzen Tag zu mir nehme, ebenso wenig mein Hausarzt. Dieses Thema fand also keine große Beachtung, ergo kümmerte ich mich auch nicht darum. Eigentlich schade, denn vielleicht hätte ich mir die immer wiederkehrende und quälende Phönix-aus-der-Asche-Tortur ersparen können. Heute bin ich mehr denn je der Meinung, dass die Ernährungstherapie – besonders in Psychiatrien und psychosomatischen Kliniken – unbedingt einen hohen Stellenwert finden muss. Zum Glück gibt es mittlerweile solche Einrichtungen, die dieses Thema als ihr Steckenpferd betrachten und beachtliche Erfolge bei ihren Patienten erzielen.

Ich stopfte also weiterhin irgendwelche Lebensmittel in mich hinein, ohne darüber nachzudenken, was ich zu mir nehme. Ich aß emotional, nicht achtsam. Zwar verweigerte ich schon damals Fleisch, weil ich aus moralischen Gründen den Kühen und Schweinen nicht ihr Leben nehmen wollte (Fisch aß ich weiterhin). Als Halb-Vegetarierin kann man sich aber trotzdem verdammt mies ernähren, was ich auch tat. Junk Food, Fast Food, Brötchen hier, Kekse da und regelmäßig Karamell-Macchiato bei einem US-Kaffeekonzern. Der Pizzabote wurde zu meinem Lieblingsmenschen. Wenn er sich mit einem »Schönen Abend euch!« an der Tür verabschiedete, hatte er nicht den leisesten Verdacht. Manchmal schrie ich in seinem Beisein ein gepfeffertes »Leute, die Pizza ist daaaa!« Richtung Flur, damit es nicht auffiel, wie allein ich gerade bin. Und auch, damit der Bote gar nicht erst darüber nachdachte, warum eine einzige Person für 53,49 Euro Essen bestellt. Fünf Minuten später fühlte ich mich wie der einsamste und erbärmlichste Mensch auf der ganzen Welt.

Die Puzzleteile fügen sich zusammen

Ich erinnere mich an eine Situation in einem Einkaufscenter. Zusammen mit Freunden hatte ich dort einen Infostand aufgebaut. Wir machten Werbung für mein damaliges gemeinnütziges Projekt Radio sonnengrau – ein Radiosender, der über seelische Erkrankungen aufklärt. Eine ältere Dame kam auf mich zu und riet mir: »Essen Sie Vollwertkost, dann haben Sie keine Depression mehr!« Dann verschwand sie, kam nach fünf Minuten wieder und drückte mir ein Buch in die Hand. Das habe sie selbst geschrieben, sagte sie und ging. Innerlich brodelte ich, denn ich empfand es als eine bodenlose Unverschämtheit. Ich sollte also zur Vollwertköstlerin werden, damit es mir wieder prima ging? ! Bullshit! Vor allem Vollwertkost – bäh! Ein paar Tage später warf ich dennoch einen Blick in dieses Buch und schlug es nach einer Minute wieder zu. Es regte weder meinen Appetit an, noch förderte es meine Lust auf gesunde Ernährung. Gegen eine Vollwertkost ist ja – im Nachhinein – gar nichts einzuwenden, aber die Rezepte enthielten nur rohes Gemüse und Körner. Bei aller Liebe, aber nein! Das ist nichts für mich! Diese Strategie mag der Dame vielleicht geholfen haben, doch bin ich der Meinung, dass es gerade bei einer Depression und einem Erschöpfungssyndrom verschiedene Puzzleteile braucht, damit man wieder auf die Spur kommt. Wichtig ist auch, dass nicht jedes Puzzleteil zu jedem passt, wie zum Beispiel Rohkost und Körner. Vielmehr sollte man doch Freude haben, statt sich selbst zu kasteien.

Mit den Jahren und mithilfe einer guten ambulanten Verhaltenstherapie entwickelte ich mich zur Eigenforscherin und versuchte, meine Puzzleteile zusammenzukratzen, die mir für mein Überleben nützlich sein können. Eines Abends schaltete ich wieder mal den Fernseher ein. Ein Topmodel saß bei Markus Lanz in der Talkshow. Sie hatte eine schwere Erkrankung erfolgreich besiegt und sagte u. a. folgenden Satz: »Mit Ernährung kann man vieles heilen.« Dieser Satz ist zwar auch sehr radikal und schwammig zugleich, aber sie sagte ihn mit einer solch unfassbaren Überzeugung, Stärke und Eleganz, dass ich auf der Stelle platt war. Sie hatte mich innerhalb von Sekunden auf ihre Seite gezogen. Anders als die forsche Rohkost-Dame im Einkaufszentrum. Auch wenn ihre Krankheit nicht die meine war, wusste ich sofort, dass ich es auch für mich herausfinden wollte: Kann ich mich mit Ernährung »heilen«? Sollte ich meine Ernährung mit ins Boot holen? Sollte ich ihr mehr Aufmerksamkeit schenken? Sollte ich beobachten, was ich eigentlich esse? Und sollte ich auch in diesem Bereich herausfinden, was mir guttut?

Wie mir Ernährung hilft

Jetzt war ich neugierig geworden und studierte Bücher. Ich las jeden Artikel und jede Studie über Ernährung und betrachtete Lebensmittel von einer ganz anderen Seite. Ich interviewte Ernährungswissenschaftler und experimentierte an mir herum. Ich schrieb auf, was ich zu mir nahm, beobachtete, wie es mir dabei ging, und versuchte, all diese vielen Erkenntnisse in meinen Alltag zu integrieren. Bis heute gelingt es mir ganz gut. Meine Ernährung ist ohne Zweifel eine der wichtigsten Bausteine, damit ich psychisch stabil bleibe – und zwar so stabil, dass ich nicht noch einmal in die Klinik muss. Natürlich habe ich Rückfälle, wie du anfangs gelesen hast, aber ich will mich nicht dafür bestrafen. Ich bin kein Messias und auch keine Wonderwoman. Ich bin einfach Tanja und möchte mein Wissen gerne mit dir teilen, um dir zu helfen. Das ist meine Motivation.