Sarah Glicker
Russian Mafia King
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Impressum neobooks
Sarah Glicker
Russian Mafia King
Sarah Weber
Alter Postweg 31a
48477 Hörstel
Copyright by Sarah Weber
Model: Anatoli Weber
Alle Rechte vorbehalten!
Vervielfältigungen, auch auszugsweise, bedürfen der offiziellen schriftlichen Genehmigung der Autorin!
Anatoli
Die ganze Nacht liege ich wach in meinem Bett und beobachte die nackte, schlafende Frau, die sich neben mir befindet. Seelenruhig schlummert Sarah in den dicken Kissen. Ihre Atmung ist ruhig und gleichmäßig. Und genau diese Ruhe geht auch auf mich über. Bei ihrem Anblick gehen mir immer wieder die Worte meines Vaters durch den Kopf. Vorhin habe ich versucht es vor ihr zu verbergen und mir nichts anmerken zu lassen. Doch ich bin mir nicht sicher, ob mir das auch wirklich gelungen ist. Ihr durchdringender Blick hat mich immer wieder getroffen und sie schien über etwas nachzudenken. Und ich kann mir vorstellen, worum es dabei ging.
Ja, sie hat nichts gesagt und keine Fragen gestellt. Doch das heißt nicht, dass ich es vor ihr verheimlichen konnte. Allerdings muss ich es ihr früher oder später sagen. Es betrifft sie schließlich auch. Da kann und will ich es nicht ewig vor ihr Geheimhalten. Ihr Leben wird sich dadurch genauso verändern, wie meines auch.
Unter der Voraussetzung, dass sie bei mir bleibt.
Mir gefällt dieser Gedanke nicht. Doch er stimmt. Schließlich ist es etwas anderes, mit der Nummer zwei eine Beziehung einzugehen, als mit dem Boss. Das ist sogar mir bewusst. Sie wird so noch mehr zur Zielscheibe und muss dementsprechend auch noch mehr geschützt werden. Doch diesen Preis bin ich bereit zu zahlen. Ich habe mehr als genug Leute zur Verfügung, um sie zu jeder Zeit ideal beschützen zu können. Für mich steht nämlich fest, dass ich mich nicht von ihr trennen werde.
Sarah gehört an meine Seite und das wird sich auch nicht ändern!
Ihr Anblick fesselt mich. Ich weiß nicht, womit ich diese Frau verdient habe. Ich weiß nicht, ob es ein Test ist. Ein Test, wie sehr ich meine eigenen Ziele verfolge. Oder ob ich wirklich in der Lage bin, mich auf eine Beziehung einzulassen. Doch bei ihr ist es mir auch egal. Fakt ist nämlich, ich habe sie nun an meiner Seite und habe auch nicht vor, sie wieder gehen zu lassen.
Ich bin so sehr in meine Gedanken versunken, dass ich gar nicht merke, wie es draußen immer heller wird. Erst, als Sarah ihre Augen öffnet und ihre langen Fingernägel über meine Brust streichen, wird mir klar, wie späte es ist und das sie bereits wach ist.
„Hi“, flüstert sie verschlafen, nachdem sie zu mir aufgesehen hat.
Ihre Augen sind klar und hell. Sie geben mir zu verstehen, dass es nichts gibt, was ihr entgeht. Doch ich bin mir nicht sicher, ob ich das gut finde oder nicht. Nicht in diesem Fall.
Der Klang ihrer Stimme macht mir auch klar, was ich zu tun habe. Auch, wenn mir das bestimmt nicht leicht fallen wird. Doch nur weil ich mich nicht von ihr trennen werde, so weiß ich doch, dass sie sich trotzdem von mir trennen kann. Und das ist etwas, was ich vermeiden will.
Mir ist bewusst, dass ich viel von ihr verlange. Als der neue Boss lastet auch eine große Last auf ihr. Doch ich werde sie zur glücklichsten Frau machen.
„Du siehst aus, als hättest du in der letzten Nacht keine Sekunde geschlafen“, stellt sie als Nächstes fest.
Ihre Stimme ist sanft. Beinahe so wie die meiner Mutter, als ich noch ein kleiner Junge war und etwas angestellt habe. Merkwürdigerweise komme ich mir gerade aber auch so vor.
„Könnte daran liegen, weil ich wirklich nicht geschlafen habe“, erwidere ich und überlege dabei, wie ich es ihr am besten erklären kann. Das ist schließlich nichts, was man mal eben so sagt.
Doch in der letzten Nacht habe ich mir mehr als einmal den Kopf darüber zerbrochen und bin zu keiner Lösung für mein Problem gefunden. Dabei bin ich sonst niemand, der auf den Mund gefallen ist.
Nachdenklich und abwartend sieht sie mich an. Ich habe diese Mischung noch nie an ihr gesehen, doch sogar ich weiß, dass ihr nicht entgangen ist, dass mich etwas beschäftigt.
Für eine Frau, die in meinen Kreisen groß geworden ist, wäre das sicherlich einfacher zu verstehen. Die meisten legen es sogar darauf an, sich so einen Mann zu angeln. Sie wollen ein Leben in Reichtum und Luxus führen und dafür ist es ihnen auch egal, dass sie sich ihre Männer bei jeder Gelegenheit von einer Schlampe einen blasen lassen. Ihnen sind die Designerklamotten, die zum massenhaft im Schrank hängen haben, einfach wichtiger.
Doch bei ihr ist das nicht der Fall. Und das gehört zu den Dingen, die ich so sehr an ihr liebe. Und auch die Tatsache, dass sie das alles nicht abschreckt, steht ganz oben auf meiner Liste. Es zeigt mir, wie stark sie ist.
„Was ist los?“, fragt sie mich schließlich, als ich auch nach einer Ewigkeit noch kein Wort darüber verloren.
Sanft streiche ich über ihre Wange. Dabei denke ich darüber nach, ob ich nicht doch noch etwas Zeit schinden sollte. Die Wahrheit sieht aber so aus, dass ich keine Ahnung habe, wie ich das machen sollte. Ganz davon abgesehen wäre es wahrscheinlich auch egal, wie dieser Versuch aussehen würde. Sarah würde sofort merken, dass ich nur ihrer Frage aus dem Weg gehen will.
„Ich hatte gestern eine Unterhaltung mit meinem Vater“, murmle ich und küsse sie dann.
Für einen Moment erwidert sie diesen Kuss. Doch dann zieht sie sich zurück und schüttelt den Kopf.
„Netter Versuch, wirklich. Aber ich spüre, dass du mir etwas sagen willst. Und das will ich zuerst hören. Was wollte dein Vater?“
Ihr Blick sagt mir, dass sie neugierig ist. Ihre Stimme verrät mir aber, dass sie sich nicht sicher ist, ob sie es wirklich wissen will.
„Ich bin in die USA gekommen, um die Geschäfte in seinem Namen fortzuführen.“
Von einer Sekunde auf die andere sieht sie traurig aus. Erst jetzt wird mir bewusst, dass sie denkt, dass ich wieder verschwinde. Und wahrscheinlich hatte sie diesen Gedanken in der letzten Zeit immer wieder und geht nun davon aus, dass ich wieder verschwinde.
Sonst würde sie wohl nicht sofort wieder daran denken, oder?
Diese Frage hilft mir kein Stück weiter, deswegen schiebe ich sie schnell wieder zur Seite. Später kann ich mich noch immer damit befassen, wenn ich das dann noch immer will.
„Er hat sie mir komplett überlassen. Ich bin nun hier der Chef.“
Überrascht sieht sie mich an und richtet sich dabei ein Stück auf. Ich habe keine Ahnung, was in ihrem Kopf vor sich geht, doch ich bin mir sicher, dass sie das erst einmal verdauen muss. So würde es mir jedenfalls gehen. Doch das ändert nichts daran, dass ich ungeduldig darauf warte, dass sie endlich etwas sagt. Doch ich gebe sie ihr und mache ihr keinen Druck.
„Wow“, entfährt es ihr nach einer gefühlten Ewigkeit und unterbricht so die Ruhe, die sich zwischen uns ausgebreitet hat.
Sarah versucht es zu verstecken, doch ich sehe es ihr nicht nur an, dass sie unsicher ist, sondern höre es auch an dem Klang ihrer Stimme. Sie weiß nicht so recht, was sie von meinen Neuigkeiten halten soll. Doch ich will, dass sie noch mehr dazu sagt, damit ich besser einschätzen kann, was in ihrem Kopf vor sich geht und ich weiß, wie ich mich verhalten soll.
Doch genau das ist es, was sie nicht macht.
Keine Sekunde lasse ich sie aus den Augen. Ich lehne mich mit dem Rücken an dem Kopfteil des Bettes an und ziehe sie an mich heran, sodass ihr Kopf auf meiner Brust liegt. Fest umschlinge ich sie, sodass sie nicht zurückweichen kann.
„Ich weiß, dass das nicht unbedingt leicht ist, für keinen von uns“, fahre ich fort. „Auch für mich wird es eine große Umstellung werden.“
Ich hasse es, wenn ich nicht weiß, was in ihr vor sich geht. Es kommt mir vor, als würde ich so keine Chance haben zu verhindern, dass sie sich von mir entfernt, wenn sie das will. Und das ist etwas, was ich unbedingt vermeiden will.
„Ja, so kann man das wahrscheinlich auch bezeichnen“, flüstert Sarah, wobei sie sich aber anhört, als wäre sie mit ihren Gedanken ganz woanders.
Sie weicht mir aus.
Ein paar Sekunden bleiben wir noch liegen, bevor sie sich von mir löst und aufsteht. Es gefällt mir nicht, doch ich will sie auch nicht einengen. Deswegen bleibt mir nichts anderes übrig, als ihr dabei zuzusehen, wie sie nach meinem Shirt greift, dass auf dem Boden liegt und es sich über den nackten Oberkörper streift.
„Ich muss das machen“, versuche ich es ihr zu erklären. „Es sind unsere Familiengeschäfte. Mein Vater hat mir ehrlich gesagt auch keine Wahl gelassen. Wenn er was sagt, macht man es einfach. Aber es ist auch das, was ich in den letzten Jahren schon wollte.“
Langsam dreht sie sich zu mir um und sieht mich an.
„Du musst dich vor mir nicht rechtfertigen“, erwidert sie und setzt sich dabei so auf die Bettkante, dass sie mich besser sehen kann. „Ich kenne mich in diesen Dingen zwar nicht so aus, eigentlich weiß ich manches nur aus Filmen und Serien, aber ich weiß, dass es von einer Generation an die Nächste weitergegeben wird. Ich frage mich nur, was das für uns bedeutet.“
Ich erkenne die Unwissenheit in ihrer Stimme. Und die passt wiederum zu der Ratlosigkeit in ihrem Blick, als sie mich ansieht.
Um dafür zu sorgen, dass sie sich nicht von mir entfernt, richte ich mich auf und rücke näher an sie heran. Meine Hand lege ich an ihre Wange und streiche sanft darüber.
„Ich werde immer bei dir bleiben. Zwischen uns wird sich nichts ändern. Du wirst die Frau an der Seite eines sehr mächtigen Mannes sein, was dich zu einer sehr mächtigen Frau macht. Und ich bin mir sicher, dass meine Mutter dir helfen wird, wo sie nur kann. Sie ist total begeistert von dir, das habe ich gestern sofort gesehen. “
Kaum habe ich ausgesprochen, drücke ich meine Lippen auf ihre und küsse sie leidenschaftlich. Zum einen will ich ihr so die Möglichkeit nehmen, etwas zu erwidern. Ich werde nicht mit ihr darüber diskutieren. Für mich gibt es da nämlich nichts zu diskutieren. Auf der anderen Seite will ich ihr so zeigen, dass ich es ernst meine. Und zwar jedes einzelne Wort. Und wenn es sein muss, werde ich ihr das immer und immer wieder zeigen.
Ich spüre, wie ihre Muskeln sich entspannen. Sarah drückt sich an mich. Mein Schwanz wird hart, als ich sie wieder aufs Bett ziehe. In der nächsten Sekunde beuge ich mich bereits über sie und ziehe das Shirt wieder nach oben und entblöße so ihre Brüste. Genüsslich lecke ich darüber, bevor ich sie nacheinander in meinen Mund ziehe.
Ihr Rücken biegt sich durch und ihre Finger fahren durch meine Haare. Auf diese Weise hält sie mich dort gefangen. Ich gewähre ihr diesen Wunsch. Dabei lasse ich meine Hand über ihren Bauch immer weiter nach unten wandern, bis ich ihre empfindliche Stelle erreicht habe.
Da Sarah kein Höschen trägt, spüre ich ihre geschwollene Perle direkt unter meinen Fingern. Alleine das reicht schon aus, dass ich noch härter werde. Ich will meinen Schwanz nur noch in ihr vergraben und spüren, wie sie sich um mich herum zusammenzieht, während sie sich fallen lässt. Doch vorher werde ich sie noch mehr verwöhnen.
Langsam löse ich mich von ihren Brüsten und rutsche nach unten, bis meine Zunge über die Stelle gleiten kann, die ich gerade noch berührt habe. Ihr Körper bäumt sich auf, sodass ich meinen Arm auf ihren Oberkörper lege um zu verhindern, dass sie mir entkommen kann.
Es dauert nicht lange, bis sich ihr Körper anspannt. Laut stöhnt sie, während sie kommt. Doch ich lasse erst dann von ihr ab, als ich merke, dass sie mir nicht mehr geben kann.
Mit einem frechen Grinsen auf dem Gesicht komme ich langsam wieder nach oben und küsse sie, sodass sie ihren eigenen köstlichen Geschmack auf den Lippen hat.
Sie ist so sehr darauf konzentriert, dass sie nicht mitbekommt, wie ich mit einer Bewegung in sie eindringe. Scharf zieht sie die Luft ein. Normalerweise würde ich ihr die Zeit geben, sich an mich zu gewöhnen. Doch jetzt mache ich das nicht.
Stattdessen ziehe ich mich ein Stück zurück und weite sie dann erneut. Ich kann mich selber nicht zügeln. Auf diese Weise will ich ihr zu verstehen geben, dass ich bei ihr bin und sie mir gehört. Mir selber aber auch, dass es nichts und niemanden gibt, der sie mir wieder nehmen kann.
Als ich komme, stöhne ich ihren Namen, verstecke mein Gesicht an ihrem Hals und küsse ihre zarte Haut hinter dem Ohr. Sarah zieht noch näher die Beine an ihren Oberkörper, sodass ich noch tiefer in sie eindringen kann. Auf diese Weise schafft sie es, dass ich beinahe den Verstand verliere.
Nie hätte ich es gedacht, dass ich eine Frau treffe, die wie sie ist. Doch nun habe ich sie und genau dort wird sie auch bleiben.
Verschwitzt lasse ich mich auf Sarah sinken und ringe um Atem. Es dauert ein wenig, bis ich wieder einigermaßen normal denken kann, doch dann falle ich neben ihr auf die Matratze und ziehe sie so dicht an mich heran, dass kein Blatt mehr zwischen uns passt.
Verträumt liegt Sarah neben mir und hängt ihren Gedanken nach. Ich kann mir vorstellen, was in ihrem Kopf vor sich geht. Doch dieses Mal ist es mir egal. Ich weiß, dass sie sich nicht von mir trennen wird. Auch wenn ihr der Gedanke, was nun vielleicht auf sie zukommt, wahrscheinlich Angst macht.
Ich lasse meine Fingerspitzen über ihre nackte Haut wandern, während Sarah sich noch näher an mich drückt.
„Du scheinst dich gut mit meiner Mutter zu verstehen“, stelle ich fest um sie abzulenken. Mir ist bewusst, dass das hier nicht der beste Zeitpunkt ist, um sie auf das Verhältnis zu meiner Mutter anzusprechen, doch ich will sie ablenken. Allerdings muss ich auch zugeben, dass ich so hoffe herauszubekommen, was die beiden Frauen gestern gemeinsam gemacht haben.
„Sie ist eine sehr interessante Frau.“
„Als Kind hat meine Mutter einiges mitgemacht. Mein Großvater war ein Schläger und meine Großmutter hat alles hingenommen, was er gemacht hat. Sie war oft blau geschlagen und hatte eine aufgeplatzte Lippe. Dementsprechend sagt sie meinem Vater auch gerne mal die Meinung.“
„Und wenn ich dir die Meinung sagen würde?“ Neugierig hebt sie ihren Kopf und zieht die Augenbrauen ein Stück nach oben.
Ja, ich muss kurz über ihre Frage nachdenken. Bis jetzt habe ich es gehasst, wenn sich jemand in meine Geschäfte eingemischt hat. Und es gab mehr als genug Bettgeschichten in der Vergangenheit, die meinten, dass mir ihre Meinung wichtig wäre, nur weil wir zweimal im Bett waren. Denen habe ich aber schnell zu verstehen gegeben, dass mich ihre Meinung nicht interessiert und sie diese für sich behalten können. Meistens hatte es auch nicht lange gedauert, bis sie begriffen haben, dass nichts aus uns werden wird. In Folge dessen, sind sie zum nächsten, bei dem sie aber meistens auch nicht mehr Glück hatten.
Bei Sarah ist das aber anders. Sie hat mich zum Jäger gemacht und ist nicht hinter mir hergelaufen. Ich liebe sie und werde sie immer beschützen. Ihr Leben steht über meinem und das wird auch so bleiben.
„Ich würde gerne deine Meinung hören und alles, was dich beschäftigt“, stelle ich deswegen fest.
„Es ist eine große Verantwortung, die dein Vater dir übertragen hat, aber ich weiß, dass du dem gewachsen bist.“
Sarah sieht an mir vorbei. In mir macht sich der Gedanke breit, als würde da noch etwas sein, was sie beschäftigt. Etwas, was sie sich aber auch nicht traut auszusprechen.
„Sag es mir“, fordere ich sie auf.
Ich hasse es, wenn ich jemanden die Worte aus der Nase ziehen muss. Allerdings weiß ich, dass ich bei Sarah so keinen Schritt weiterkomme. Ja, man kann auch sagen, dass es eine neue Erfahrung für mich ist. Deswegen versuche ich nicht ganz so forsch zu klingen, um zu verhindern, dass sie dicht macht und überhaupt nicht mehr mit mir spricht. Wir haben die Zeit hinter uns gelassen, wo sie alles mit sich selber ausgemacht hat.
„Ich weiß nicht, ob ich dafür geeignet bin“, murmelt sie leise vor sich hin. „Als du es mir vorhin gesagt hast, ist mir nur klar geworden, dass wir aus zwei verschiedene Welten kommen und sie vielleicht nicht so einfach zusammengefügt werden können, wie ich gedacht habe.“
Ihre Stimme ist kaum hörbar, dennoch kommt jedes einzelne Wort perfekt bei mir an.
Mein Mund öffnet sich, da ich etwas erwidern will. Ich will ihr sagen, dass das nicht stimmt. Doch bevor ich das machen kann, dringt ein lautes Klopfen zu uns ins Schlafzimmer.
„Toli, bist du da drin?“, ruft Viktor durch die geschlossene Tür hindurch.
Ich kann nicht verhindern, dass ich leise seufze und sogar die Augen verdrehe. Es ist das erste Mal, dass ich keine Lust habe, mich mit der Arbeit zu beschäftigen und stattdessen lieber mit Sarah reden möchte. Ich habe nämlich das Gefühl, als wäre das wichtig für unsere Beziehung. Allerdings ist das bestimmt auch wichtig. Sonst würde er nicht vor der Tür stehen.
„Ich komme sofort“, rufe ich zurück, wobei ich mich aber nicht von Sarah abwende. „Wir reden später noch darüber. Aber höre auf so was zu denken“, weise ich sie an. Ein letztes Mal küsse ich sie, bevor ich mir schnell etwas überziehe und das Schlafzimmer verlasse.
„Glückwunsch, Alter. Jetzt hast du es endlich geschafft“, begrüßt mich Viktor und schlägt mir auf die Schulter.
„Ja“, gebe ich nur zurück, bin gedanklich aber noch bei der Unterhaltung mit Sarah.
Es gefällt mir nicht, sie jetzt alleine zu lassen. Ich will sämtliche Zweifel, von denen ich mittlerweile sicher bin, dass sie diese hat, fortwischen. Das muss nun allerdings warten.
„Das wird schon werden. Es ist eine neue Situation und mit der müsst ihr beide klarkommen“, spricht er weiter und zeigt mir so, dass er genau weiß, was mich beschäftigt.
„Wo sind deine Beziehungstipps in Bezug auf deine Freundin?“
„Das ist kompliziert“, antwortet Viktor und verzieht das Gesicht.
„Was ist?“ Ich will mich nicht länger über Beziehungen oder Frauen unterhalten.
„Ich habe gute Nachrichten. Es geht um einen der Wagen, die bei der Schießerei dabei waren. Du weißt schon, die Schießerei, bei der auch Sarah zwischen den Fronten stand.“
Alleine bei der Erinnerung daran, was ihr hätte passieren können, lässt mich wieder wütend werden.
„Um genau zu sein, geht es um den Fahrer.“
„Wer ist er?“
„Dimitri Sorokin.“
„Wieso kommt mir der Name so bekannt vor?“, frage ich ihn, während ich in mein Büro gehe.
„Mal abgesehen von einigen deiner Familienmitgliedern ist er einer der meist gesuchtesten Männer Russland.“
Schlagartig bleibe ich stehen und drehe mich zu meinem Freund um.
„Ist das dein Ernst?“
„Sonst würde ich es nicht sagen. Wir haben sein Konto gehackt und dabei erfahren, dass er zwei Tage vor der Schießerei eine nicht gerade geringe Summe überwiesen bekommen hat. Leider konnten wir nicht feststellen, von wem es kam.“
„Er wurde dafür bekannt, dass er alles macht. Vielleicht wurde er sogar beauftragt, mich zu töten. Dass er auf mich geschossen hat, war schon ein Fehler. Aber, dass er meine Frau da mit reingezogen hat, wird er bitter bereuen.“
„Du weißt, dass ich nicht den Teufel an die Wand malen will. Das war noch nie meine Art und erst Recht nicht, wenn es um Sarah geht. Sie ist ein nettes Mädchen und muss erstmal ankommen. Deswegen gefällt mir dieser Gedanke auch überhaupt nicht. Aber könnte es vielleicht auch sein, dass sie das Ziel war?“
Viktor sieht mich unsicher an. Ich weiß, dass es ihm schwerfällt, diese Worte auszusprechen. Umso mehr bin ich ihm dankbar, dass er es getan hat.
Könnte er es wirklich auf Sarah abgesehen haben?
Will mir jemand schaden, in dem er sie umbringen lässt?
Will mir jemand zeigen, dass er stärker ist als ich? Dass ich sie nicht beschützen kann?
Wenn es so sein sollte, dann hätte derjenige mich die ganze Zeit über beobachten müssen.
Ich kenne die Antworten auf diese Fragen nicht. Doch sie halten mir vor Augen, dass ich sie nicht mehr aus den Augen lassen darf. Erst recht jetzt nicht mehr. Wer auch immer von uns beiden das Ziel war, ich werde seinen Auftraggeber finden und jeden zur Verantwortung ziehen, der daran beteiligt ist.
Niemand legt sich mit mir oder meiner Frau an und kommt ungestraft davon. Und dabei ist es mir egal, wer dahinter steckt. Er wird bluten.
Sarah
Ich kann nicht gerade behaupten, dass es nicht von Anfang an merkwürdig gewesen sei, einem Mitglied der Mafia näherzukommen. Vor allem näherzukommen, als ich es jemals wollte. Mein Verstand hatte mir geraten auf Abstand zu ihm zu gehen und spätestens dann, als ich die Wahrheit über ihn erfahren habe, hätte ich genau das machen sollen. Zu diesem Zeitpunkt war ich allerdings nicht mehr in der Lage, genau diesen Schritt zu gehen. Wenn es um ihn geht, handle ich nicht nach meinem Verstand, sondern nur nach meinem Herzen.
Als ich mich in ihn verliebt habe, war es noch merkwürdiger für mich. Doch zu wissen, dass er nun niemandem mehr Rechenschaft abliefern muss, ist etwas völlig anderes. In ihm steckt etwas, von dem ich mir sicher bin, dass es irgendwann zum Vorschein kommen wird.
Ich habe keine Angst vor ihm. Keine Ahnung, woher ich diese Gewissheit nehme, doch ich weiß, dass er mir niemals etwas antun würde. Und deswegen ändert das Wissen darüber, dass er nun der Boss ist, nichts an meinen Gefühlen für diesen Mann. Auch, wenn es das wahrscheinlich sollte.
Ich wurde so erzogen, dass ich auf der sicheren Seite des Lebens stehe, sämtlichen Gefahren aus dem Weg gehe. Und ich weiß, dass Toli für all diese Gefahren steht, denen ich in den letzten Jahren aus dem Weg gegangen bin.
Als er betont hat, dass sich zwischen uns nichts ändern wird, habe ich ihm geglaubt. Und das tue ich auch jetzt noch. Deswegen bleibt mir nur noch übrig abzuwarten, was diese Veränderung für mich persönlich bedeutet. Und das sich dadurch nicht nur mein Liebesleben ändern wird, ist mir durchaus bewusst. Obwohl ich den Umfang noch nicht genau abschätzen kann.
„Oleg hat mir gestern Abend von der Unterhaltung mit Anatoli berichtet. Ich weiß, dass es sicherlich nicht einfach für dich ist“, erklärt Ludmilla und setzt sich dabei neben mich an den Tisch. Mit einem freundlichen Lächeln auf dem Gesicht bedenkt sie mich. „Ich kann mich noch sehr gut daran erinnern, wie es damals für mich war, als Oleg die Geschäfte von seinem Vater übernommen hat. Ich dachte, ich werde wahnsinnig“, erklärt sie lachend und verzieht dabei ein wenig das Gesicht.
„Wieso?“ Neugierig sehe ich sie an.
„Ich habe mich nie sehr gut mit meinen Schwiegereltern verstanden. Da ich nicht aus ihrer Welt kam, auf jeden Fall nicht so direkt, wie sie es sich gewünscht haben, war ich für sie immer eine Außenseiterin. Oft habe ich versucht mit ihnen zu sprechen, aber jedes Mal … genug davon. Dementsprechend hat mir aber auch niemand geholfen, mich in meine neue Rolle einzufügen. Oleg hat es zwar versucht, aber er war zu sehr damit beschäftigt, ein Chef zu werden.“
„Das tut mir leid“, murmle ich.
„Das muss es nicht. Ja, am Anfang habe ich die beiden dafür verflucht, vor allem meine Schwiegermutter war ein regelrechtes Monster. Irgendwann wurde Oleg und mir aber bewusst, dass es eine Chance für uns war. Eine Chance, Dinge zu verändern und unseren eigenen Weg zu gehen. Und genau das haben wir auch getan.“
„Das war sicherlich nicht immer einfach“, stelle ich fest, nachdem ich über ihre Worte nachgedacht habe.
„So kann man es auch ausdrücken. Mein Schwiegervater hat Oleg immer an der kurzen Leine gehalten. Selbst dann noch, als er eigentlich der Chef war. Bei Toli und Oleg war das immer anders. Deswegen weiß mein Sohn sehr wohl, was er macht und wie er auf Probleme reagieren muss, auch wenn er sicherlich das Gegenteil meinen würde. Aber Oleg hat nur selten eingegriffen in den letzten Jahren und sich vieles von außerhalb angesehen. Wenn ich genau darüber nachdenke bin ich mir doch sicher, dass Toli denkt, dass er nichts mitbekommen hat, oder zumindest nur selten.“ Ihr leises Lachen erfüllt den Raum. „Toli weiß, wie weit er gehen kann und muss, um die Interessen der Familie durchzusetzen und diejenigen zu beschützen, die ihm etwas bedeuten. Ich kenne meinen Sohn. Deswegen kann ich dir mit Gewissheit sagen, dass er dich nicht an sich herangelassen hätte, wenn er nicht gedacht hätte, dass du auch mit dieser Rolle klarkommst. Schließlich wusste er von Anfang an, dass es früher oder später so weit sein wird. Und wenn was ist, kannst du dich immer bei mir melden. Ich bin nicht so ein Drache, wie meine Schwiegermutter es war.“ Ludmilla lacht leise, wird aber sofort wieder ernst.
„Danke“, murmle ich.
„Mach dir keine Sorgen. Es wird vielleicht ein wenig dauern, doch ich bin mir sicher, dass auch ihr euren Weg finden werdet.“
Ein letztes Mal lächelt sie mich noch aufmunternd an, ehe sie aufsteht und so schnell verschwindet, wie sie aufgetaucht ist. Nachdenklich schaue ich ihr nach.
Doch es ist egal, wie sehr ich mir den Kopf darüber zerbreche, ich muss sagen, dass sie recht hat. Ich habe seit unserer ersten Begegnung schon vieles erfahren und kann mir daher sehr wohl vorstellen, dass er nicht immer der Mann ist, der er in meiner Gegenwart ist. Außerdem habe ich schon genug von diesen Kreisen gehört um zu wissen, dass nicht jeder eine Begegnung mit Mitgliedern der Mafia überlebt. Da mache ich mir nichts vor. Doch das schreckt mich nicht ab. Ich liebe diesen Mann und dabei ist es mir egal, wer er ist. Allerdings kann ich dies vor meiner Schwester und meinen Freundinnen nicht zugeben.
Sie würden mich für bescheuert erklären.
Und ja, vielleicht bin ich das ja auch. Doch in meinen Augen hat er bereits bewiesen, dass er mich immer beschützen wird. Auch wenn ich mir darüber bewusst bin, dass er durchaus in der Lage ist, Leben zu beenden und das wohl auch schon öfter getan hat, als ich es eigentlich wissen will.
Ich bin so sehr in meine Gedanken versunken, dass ich erschrocken zusammenzucke, als das Klingeln meines Handys an mein Ohr dringt. Schnell ziehe ich es aus der Hosentasche und werfe einen Blick auf mein Display. In großen Buchstaben steht der Name meiner Schwester darauf.
Robyn hatte schon immer das Talent, sich im richtigen Moment bei mir zu melden. In diesem habe ich gerade allerdings überhaupt keine Lust, mich mit ihr zu unterhalten. Ich habe genug eigene Probleme. Da will ich mich nicht auch noch mit Schwierigkeiten bei der Hochzeitsplanung oder sonst was herumschlagen. Allerdings weiß ich, dass sie so oft versuchen wird mich zu erreichen, bis ich endlich ans Telefon gegangen bin und dann wird sie mich fragen, wieso ich nicht erreichbar war. Deswegen bringe ich es lieber jetzt hinter mich, als später.
„Hi“, begrüße ich sie gut gelaunt, nachdem ich das Gespräch entgegengenommen habe.
„Würdest du mir jetzt mal sagen, wo du genau bist? Ich weiß nur, dass du geschäftlich nach Miami musstest“, kommt sie sofort zur Sache. „In der letzten Zeit haben wir nur kaum miteinander gesprochen.“
„Ja, ich bin aus geschäftlichen Gründen in Miami. Doch nicht wegen meines Berufes.“
„Sondern?“
In diesem Moment wird mir klar, dass meine Eltern sie beauftragt haben, mich anzurufen. Deswegen müsste ich eigentlich vorsichtig sein, was ich von mir gebe. Doch es ist mir egal. Mit meinem neuen Leben klarzukommen bedeutet auch, dass ich endlich zu meiner Beziehung mit ihm stehen muss.
„Toli muss sich hier um ein paar Dinge kümmern, deswegen habe ich ihn kurzfristig begleitet“, erkläre ich also.
„Warte Mal, ist das der Besitzer des Strip-Clubs?“
„Ja.“
„Wieso musst du ihn nach Miami begleiten?“
„Wir sind ein Paar“, sage ich, ohne darüber nachzudenken. Doch würde ich das, würde ich es mir vielleicht anders überlegen. Und das ist etwas, was ich gerade nicht will.
„Was?“, fragt sie, nachdem sie scharf die Luft eingezogen hat. „Ist das dein Ernst?“
An der Stimme meiner Schwester kann ich erkennen, dass sie nicht glücklich darüber ist. Dabei habe ich ihr noch nicht einmal die Hälfte der Geschichte erzählt. Sie weiß nicht, dass auf mich geschossen wurde, seinetwegen. Und sie weiß auch nicht, dass seine Familie die Mafia ist. Genauso wenig wie sie weiß, dass er das neue Oberhaupt ist. Und wenn es nach mir geht, wird sie diese Punkte auch nie erfahren. Zumindest nicht von mir.
„Du hast eine wunderbare Zukunft vor dir. Die kannst du doch nicht wirklich aufs Spiel setzen, verschwenden wollen? Und schon gar nicht wegen ihm!“, ruft sie aus, sodass ich mein Handy ein Stück vom Ohr entfernt halte, damit ich nicht taub werde.
„Du kennst ihn überhaupt nicht“, erinnere ich sie in einem scharfen Ton. Ich habe die oberflächliche Art meiner Familie schon immer gehasst. Doch langsam macht sie mich nur noch wütend.
„Das brauche ich auch nicht. Ich weiß genug über Menschen, die so sind wie er.“
Robyn lässt nicht den geringsten Zweifel daran, dass sie es ernst meint. Ich versuche etwas zu finden, was ich darauf erwidern kann. Etwas, womit ich die Chance habe, sie vom Gegenteil zu überzeugen. Aber mir ist bewusst, dass es nur klappen kann, wenn sie ihn trifft. Wenn überhaupt.
„Trenne dich von ihm. Bevor er dich in etwas hereinzieht, wo du nicht mehr herauskommst.“
Das hat er schon, denke ich. Doch ich bin schlau genug, diese Worte für mich zu behalten.
„Mom und Dad werden ausrasten. Sie werden an deiner geistlichen Gesundheit zweifeln. Und ehrlich gesagt, das tue ich auch. Und wahrscheinlich werden sie sogar verlangen, dass du wieder bei ihnen einziehst, damit du wieder zur Vernunft kommen kannst. In diesem Fall werde ich mich auf jeden Fall hinter sie stellen.“
„Deswegen würde ich dir danken, wenn du es ihnen noch nicht sagen würdest.“
„Oh nein“, protestiert sie. „Das kannst du von mir nicht verlangen und das werde ich auch nicht machen. Es geht hier schließlich um deine Zukunft. Du bist meine Schwester, da ist es mir sicherlich nicht egal. Ich kann nicht einfach daneben stehen und dabei zusehen, wie du dir alles versaust.“
Gerade war ich noch gelassen. Nun macht sich jedoch Verzweiflung in mir breit. Wenn sie es wirklich unseren Eltern sagt, bevor ich die Gelegenheit dazu hatte, habe ich ein riesiges Problem. Ich würde es den beiden sogar zutrauen, dass sie nach Miami kommen und mich hier suchen, bis sie mich gefunden haben.
Doch ich kann sie auch nicht einfach anrufen. Nein, dass hier werde ich ihnen persönlich sagen müssen. Und zwar nachdem sie sich das erste Mal gesehen haben, beziehungsweise, wenn sie sich das erste Mal sehen. Zumindest sieht so mein Plan aus und ich hoffe, dass er auch funktioniert.
„Ich muss jetzt auflegen. Ich wollte ein wenig an den Strand gehen“, erkläre ich ihr.
Ich habe keine Lust mich weiterhin über Toli mit ihr zu unterhalten. Sie wird ihre Meinung jetzt eh nicht ändern. Das weiß ich genau.
„Beende es“, fordert sie mich noch einmal auf.
„Wir sehen uns“, sage ich nur und lege auf. Seufzend lasse ich mein Handy auf die Tischplatte fallen und schließe die Augen. Ja, gerade kommt es mir so vor, als würde mir alles über den Kopf wachsen.
„Lass uns wirklich an den Strand gehen“, höre ich Tolis Stimme neben mir.
Langsam sehe ich zu ihm auf und bemerke, dass er seine Hand nach mir ausgestreckt hat.
„Ich habe es mit angehört. Lass uns gehen.“
Mit diesen Worten greift er nach meiner Hand und zieht mich auf die Beine. Dicht vor ihm komme ich zum Stehen. Ich muss meinen Kopf ein Stück heben, damit ich ihn ansehen kann. Doch was ich in seinen Augen entdecke, verschlägt mir die Sprache.
Sie strahlen Liebe und Zufriedenheit aus. Aber auch noch etwas anderes, was ich gerade aber nicht einschätzen kann.
„Und dann kannst du mir erzählen, was passiert ist.“
Toli küsst mich und schiebt mich vor sich her, bis wir den Privatstrand erreicht haben, der zum Haus gehört.
Auf dem Weg dorthin kann ich ein paar Männer erkennen, die uns keine Sekunde aus den Augen lassen. Es hält mir vor Augen, wie mein Leben von nun an aussehen wird, doch merkwürdigerweise stört es mich nicht. Sie halten sich im Hintergrund auf, sodass sie mich nicht stören.
Nachdem wir ihn erreicht haben, gehen wir ein paar Schritte am Meer entlang, bevor er sich in den Sand sinken lässt.
„Also, was ist los?“, fragt er mich, nachdem ich mich zwischen seine Beine gesetzt habe.
„Meine Schwester war am Telefon“, beginne ich und erzähle von dem kurzen Telefonat. Aufmerksam hört er mir zu, bis ich geendet habe.
Nachdem ich mich ein Stück in seine Richtung gedreht habe erkenne ich, dass es ihm nicht gefällt. Doch mir würde es da auch nicht anders gehen.
„Mach dir wegen meiner Familie keine Sorgen“, sage ich schnell. „Mit denen werde ich schon fertig.“
„Sie sind dein Problem, also sind sie auch meines.“ Seine Worte machen mich stutzig. Um mich noch mehr zu ihm drehen zu können, ziehe ich meine Beine an den Oberkörper.
„Was ist passiert?“, frage ich ihn nun.
„Wie kommst du darauf, dass etwas passiert sein sollte?“
„Viktor holt dich nicht jeden Morgen aus dem Bett, um mit dir darüber zu sprechen, wie schön das Wetter ist. Zumindest gehe ich davon aus. Dafür seit ihr beide nicht der Typ“, stelle ich fest. „Außerdem sehe ich dir an, dass du dich gerade lieber mit meiner Familie beschäftigst, als mit dem, was bei dir passiert ist.“
Ich versuche ihn ein wenig aufzuziehen, um seine Laune zu heben. Doch ich brauche nur einen Blick in sein Gesicht zu werfen um zu wissen, dass genau das nicht funktioniert.
Er sieht bedrückt aus. Als hätte Viktor nicht gerade gute Nachrichten für ihn gehabt.
„Jetzt bist du an der Reihe den Mund aufzumachen“, setze ich noch dazu.
Toli antwortet nicht sofort darauf. Nachdenklich sieht er mich an. Normalerweise würde ich ausweichen, da ich mir nicht sicher bin, ob es mich wirklich etwas angeht oder nicht. Und normalerweise würde ich ihn auch nicht danach fragen. Doch Ludmilla hat recht. Wir müssen unseren eigenen Weg finden. Und der sieht für mich nun einmal so aus, dass ich wissen will, was ihn beschäftigt. Auch, wenn es etwas mit den Geschäften seiner Familie zu tun hat.
„Wir wissen, wer einen der Wagen gefahren hat, die bei der Schießerei dabei waren.“ Ich zucke kurz zusammen. Über dieses Thema unterhalte ich mich nicht gerne, doch ich will es erfahren. „Er ist ein russischer Serienkiller. Wir wissen nicht genau, worauf er es abgesehen hat. Doch wir können mit Gewissheit sagen, dass entweder du oder ich das Ziel waren.“
Ich weiß nicht so genau, was ich sagen soll. Eigentlich dauert es auch ein wenig, bis die Worte bei mir angekommen sind. Doch selbst dann habe ich noch immer keine Ahnung, was ich erwidern soll.
„Wir werden ihn finden und alles in Erfahrung bringen, was wir wissen müssen, um den Drahtzieher ausfindig zu machen.“
„Ich mache mir keine Sorgen um mich“, sage ich ihm. „Ich mache mir Sorgen um dich.“
Eigentlich wollte ich diese Worte für mich behalten. Doch nun haben sie meinen Mund verlassen und ich kann sie nicht mehr zurücknehmen.
„Solange ich dich habe, wird mir nichts passieren.“ Seine Stimme ist sanft. Dann nimmt er mein Gesicht in seine Hände und küsst mich.
„Ich liebe dich“, flüstere ich, nachdem er sich von mir gelöst hat. Dabei lasse ich mich an seine Brust sinken.
„Und ich liebe dich.“ Mehr sagt Toli nicht, sondern schlingt seine Arme um mich.
Mein Gefühl sagt mir, dass wir in Schwierigkeiten stecken, dass das hier nur die Ruhe vor dem Sturm ist. Und vor allem sagt mir mein Gefühl, dass meine Eltern noch das kleinere Problem sind. Doch ich kann es nicht einschätzen, aus welcher Richtung die Gefahr kommt.
Deswegen bleibt mir nichts anderes übrig, als abzuwarten und zu hoffen, dass ich gewappnet bin.
Anatoli
„Jeder da draußen soll wissen, dass ich nun der Boss bin. Von mir aus kann es jeder wissen, der auf der Straße spazieren geht. Es ist mir egal, wie oft sie meinen, sich hinter meinem Rücken an meinen Vater zu wenden und meinen, dass sie ihm die Ohren voll jammern können. Ich kann machen was ich will und muss mich vor niemandem mehr rechtfertigen.“
Sämtliche Muskeln in meinem Körper sind angespannt, während ich das sage. Jeder da draußen soll wissen, dass er sich nicht mit Sarah anlegen sollte, weil er damit mich auf den Plan ruft. Und erst Recht derjenige, der es auf uns abgesehen hat. Denn es ist mir egal, ob Sarah das eigentliche Ziel dieser Schießerei war. Wer auch immer dahinter steckt, hat es wahrscheinlich auf sie abgesehen und sich damit mit mir angelegt. Und das werde ich ihn auch spüren lassen.
„Und hast du auch schon einen Plan, wie du das anstellen willst?“ Viktor zieht skeptisch die Augenbrauen nach oben. Auf diese Weise gibt er mir zu verstehen, dass er nicht ganz davon überzeugt ist. „Ich bin mir sicher, dass es egal ist, wie sehr du es ihnen unter die Nase hältst. Sie werden sich bei deinem Vater melden, weil sie versuchen werden, euch gegeneinander auszuspielen. Du weißt, dass das in der Vergangenheit in anderen Familien schon funktioniert hat. Sie werden der Meinung sein, dass sie mit ihm einen besseren Deal machen können, weil er schon länger im Geschäft ist und dafür werden sie dich so hinstellen, als hättest du keine Ahnung von dem, was du da machst.“
„Ich weiß. Und damit rechne ich auch. Man kann sagen, dass ich es vielleicht sogar hoffe. Genauso wie ich davon ausgehe, dass sie toben werden vor Wut, wenn sie erfahren, dass ihnen nichts anderes übrig bleibt, als sich damit abzufinden, dass mein Vater hier nichts mehr zu sagen hat. Er wird keinen Zweifel daran lassen, dass er damit nichts zu tun haben will. Aber sie werden sich auch wieder beruhigen und dann verstehen, dass ihnen keine andere Wahl bleibt, wenn sie Geld verdienen wollen. Denn wenn sie nicht mit mir zusammenarbeiten, werden sie das mit niemandem.“
Viktor will etwas erwidern, doch er kommt nicht weiter, als den Mund zu öffnen. Mit Schwung wird die Tür geöffnet und meine Mutter erscheint auf der Bildfläche. Mit ihrer gewohnten guten Laune kommt sie herein und stellt sich neben ihn. Keine Sekunde lässt sie mich aus den Augen.
Ich kann mich nicht daran erinnern, dass ich sie jemals richtig wütend gesehen habe, obwohl sie oft genug einen Grund dafür gehabt hätte. Alexej und ich haben oft genug Mist gebaut. Und zwar richtigen Mist. Auf der anderen Seite bin ich aber sicher, dass ihre positive Einstellung ihr dabei geholfen hat, in diesem Wahnsinn nicht durchzudrehen.
„Was gibt’s?“, frage ich sie, als sie keine Anstalten macht, etwas zu sagen. Ich habe das Gefühl, als würde etwas in ihrem Kopf vor sich gehen, was ich gerade nicht einschätzen kann.
Einen Moment sieht sie mich noch an. Doch dann wendet sie sich jedoch Viktor zu, der anscheinend auch nicht weiß, was er von ihrem Verhalten halten soll.
„Lässt du uns kurz alleine?“, fragt sie ihn.
„Sicher, ich muss mich eh noch um ein paar Sachen kümmern.“
Mit diesen Worten sieht er mich ein letztes Mal an, als würde er sich vergewissern wollen, ob es wirklich in Ordnung ist, wenn er geht. Deswegen nicke ich nur. Wenn meine Mutter ankommt und sich unterhalten will, muss etwas passiert sein. Und ich will wissen, was es ist.
Viktor dreht sich um und lässt uns schnell alleine. Ihm ist anzumerken, dass die Stimmung ihm unangenehm ist. Und da er nicht zwischen die Fronten geraten will, haut er lieber schnell ab.
„Was gibt’s?“, stelle ich meine Frage ein zweites Mal.
„Ich bekomme dich so selten zu Gesicht, dass ich mich einfach mal mit dir unterhalten will.“ Noch immer grinst sie mich frech an.
„Wieso glaube ich das nicht?“ Wenn sie so drauf ist, werde ich automatisch vorsichtig. Noch mehr, als bei meinem Vater.
„Ich dachte mir, dass wir über Sarah sprechen“, beginnt sie und kommt damit endlich zum Grund ihres Besuchs.
Ohne mich aus den Augen zu lassen, setzt sie sich auf einen der Stühle, die dem Schreibtisch gegenüber stehen.