Arnulf Krause

Karl der Große

Campus Verlag
Frankfurt/New York

Über das Buch

Als einer der wohl größten und bekanntesten Germanen neben Arminus gilt Karl der Große, der durch den frühen Tod seines Bruders das gesamte Reich der Franken von seinem Vater übernehmen konnte. Den größten Teil seiner Amtszeit verbrachte Karl mit dem Führen von Kriegen. Besonders widmete er sich den Kämpfen gegen die Langobarden und Sachsen, um so sein Reich auszudehnen und das Heidentum zu vertreiben. Am hartnäckigsten erwies sich der Sachse Widukind, der sich entschieden gegen eine Unterwerfung und Christianisierung wehrte. Neben den Kriegen im Osten seines Reiches, behauptete er sich im Westen gegen die Mauren in Spanien. Durch die Krönung zum Kaiser rührte seine Legitimität direkt vom Papst her, was jedoch zum Streitthema zwischen dem Frankenreich und Konstantinopel wurde. An die Tradition des Imperium Romanum anknüpfend, richtet er seinen Sitz in Aachen ein, welches er zu einem zweiten Rom ausbauen wollte. Das Leben und Wirken Karls des Großen, welches von Arnulf Krause beschrieben wird, stellt einen wichtigen Abschnitt in der Geschichte der Germanen dar.

Dieses E-Book ist Teil der digitalen Reihe »Campus Kaleidoskop«. Erfahren Sie mehr auf www.campus.de/kaleidoskop

Über den Autor

Arnulf Krause

Arnulf Krause ist promovierter Germanist und Skandinavist, erfolgreicher Sachbuchautor und Experte für germanische Heldensagen und die Dichtung der Edda. Er lehrt als Honorarprofessor am Institut für Germanistik, Vergleichende Literatur- und Kulturwissenschaft der Universität Bonn.

Inhalt

Der Kampf der neuen Germanen gegen die alten Germanen

Der fränkische Machtwechsel

Kämpfe und Kriege an allen Grenzen

Die Eroberung des Langobardenreiches

Der eiserne Karl und seine Krieger

Die germanisch-heidnischen Sachsen

Der Beginn der Sachsenkriege

Fränkische Inseln im Barbarenland

Widukind, der Widerstandskämpfer, und Karl,
der »Sachsenschlächter«

Unterwerfung und Zwangschristianisierung der Sachsen

Zwanzig Jahre länger Krieg und die Integration
des Sachsenstammes

Karls Herrschaft und die Erneuerung des Römerreiches

Karls germanisch-fränkisches Erbe

Der »Vater Europas«

Exkurs: Das Hildebrandlied

Literaturverzeichnis

Quellen

Sekundärliteratur

Campus Kaleidoskop

Impressum

Der Kampf der neuen Germanen gegen die alten Germanen

Der fränkische Machtwechsel

»Den glänzendsten Herrscher, den frommen König Pippin, hat man vor drei Jahren auf den Königsthron gesetzt, erhoben durch des seligen Papstes Zacharias Autorität und Befehl. Er wurde gesalbt mit heiligem Öl, das er aus den Händen der gallischen Priester erhielt, gewählt wurde er von allen Franken. Später wurde er von Papst Stephan ein zweites Mal zum König und Patricius gesalbt und mit ihm seine Söhne Karl und Karlmann. Der Papst verbot allen Franken, jemals ihren König aus einem anderen Geschlecht zu wählen. Denn auf ihm ruhte Gottes Gnade. Für dieses Geschlecht hätten die heiligen Apostel Fürbitte geleistet. Durch die Hände seines Stellvertreters auf Erden sei es geweiht worden. Wer sich nicht an dieses Verbot halte, dem drohe Interdikt und Exkommunikation.«

So schildert ein fränkischer Mönch das Unerhörte des Jahres 754. Der Papst selbst war ins Reich der Franken gekommen und salbte den seit drei Jahren herrschenden König und seine beiden Söhne. Dies unterstrich die Entmachtung der alten Merowingerdynastie. Von nun an herrschten die Karolinger über die Franken. Dieser Herrschaft von Gottes Gnaden durfte man als Christ nichts mehr entgegensetzen. Was waren die ursprünglich heidnisch-göttlichen Merowinger gegen die christlich-göttlichen Nachfolger von Arnulf und Pippin!

Karl, der jüngere von Pippins Söhnen, war zum Zeitpunkt der Salbung noch ein Kind. Er sollte 14 Jahre später zusammen mit dem Bruder die Nachfolge des Vaters antreten. In alter Tradition teilte man das Reich unter sich auf, obwohl das Verhältnis zwischen den Brüdern getrübt war. Dann starb Karlmann unerwartet, Karl blieb als einziger Herrscher zurück und vereinigte die beiden Reichshälften. Erbansprüche der verwitweten Schwägerin mit ihren Kindern wurden nicht akzeptiert. Deshalb floh die Familie Karlmanns in das oberitalienische Reich des Langobardenkönigs Desiderius. Karl wurde in römischer Tradition Kaiser und wird bis heute als vermeintlicher »Vater Europas« geehrt. Er wurde Karl der Große.

Kein Germanenherrscher ist in Europa populärer als dieser Franke, der wahrscheinlich 747 irgendwo zwischen Maas und Rhein geboren wurde. Seine frühen Lebensjahre und seine Jugendzeit sind nicht überliefert, auch nicht in der von Karls Biografen Einhard verfassten, berühmten Vita Karoli Magni, der Lebensbeschreibung Karls des Großen. Wie sein Herr sah sich Einhard als Franke und bezeichnete sich als Barbar. Seine Karlsbiografie schrieb er lateinisch nach den Mustern antiker Literatur. Der Germane als gebildeter Christ, der Rom nachzueifern versucht und gleichwohl Traditionen des eigenen Volkes verhaftet bleibt: Das galt nicht nur für den ostfränkischen Adligen Einhard, sondern auch für Karl, den Kaiser und König der Franken.

Wenn er auch über seine Jahre vor dem Regierungsantritt 768 wenig zu berichten weiß, so schildert er die Persönlichkeit des Herrschers umso ausführlicher. Dabei ist insbesondere die Beschreibung seiner fränkischen Eigenarten interessant.