Vorwort von Dr. med. Herbert Renz-Polster
Vorfreude und Vorbereitungen
Die emotionale Erstausstattung
Elternsein – ein Doppelleben
Bindungsaufbau in der Schwangerschaft
Babys Grundbedürfnisse
Was ein Baby nicht braucht
Nützliche Überlegungen vor dem Kauf
Was dein Baby braucht
Das Wochenbett gut vorbereiten
Ankommen
Ein Kind gebären
Bonding
Die Biologie in der Bindung
… und wenn es ein schwerer Start war?
Ambulante Geburt
Eine besondere Zeit: das Wochenbett
Das Leben hier draußen – die Perspektive des Babys
Babyreading und Bindungsaufbau
Bindungsstärkung in den ersten Lebenswochen
Sich als Mutter gehalten fühlen
Familie werden
Pflege und Zuwendung
Nähe und Berührung als Sprache
Handling
Babymassage
Die Haut eines Neugeborenen
Körperhygiene und Pflege
Wickeln und Windelfrei – die Basics für den Anfang
Windelfrei und Abhalten
Stoffwindeln
Der ideale Wickelplatz
Baden
Der Bauchnabel
Wind, Wetter und Sonne
Neurodermitis – das atopische Ekzem
Die ersten Zähnchen
Nahrung für Körper und Seele
Stillen
Nichtstillen
Beikost – von der Milch zum Familientisch
Schlafen wie ein Baby
Jedes Baby schläft anders
Co-Sleeping
Im Schlaf verwöhnen?
Der Mythos Rhythmus
Brücken ins Traumland
Schlafkrisen
Plötzlicher Kindstod (SIDS)
Schlaf im zweiten Lebenshalbjahr
Alltag mit dem Baby
Willkommen in der Realität
Emotionen und Bedürfnisse des Babys
Krisen: Wenn alles zu viel wird
Gut getragen
Gut geschoben
Reisen mit Baby
Großeltern, Tagesmutter oder Kita?
Attachment Parenting, Artgerecht oder Bindungsorientiert?
Raum für Entwicklung
Zwischen Zuwendung und Förderwahn
Gesund und munter
Die kinderärztliche Begleitung
Babygesundheit in den ersten drei Monaten
Babygesundheit im 2. Vierteljahr
Babygesundheit im 2. Lebenshalbjahr
Weiterführende Informationen
Register
Dass Sie dieses Buch in den Händen halten, dürfte mit einem Ereignis der größten Dimension zusammenhängen: Ein Kind ist geboren! Dieses Kind wird so manches andere Leben prägen, es wird seine Eltern zu einem Neustart zwingen – oder auch verführen – und ihnen die unverhofftesten und buntesten, aber auch sehr bedrängende Gefühle bescheren.
Alles einzigartig! Alles neu! Und doch schon viele Milliarden Male passiert. In diesem neuen Menschenkind, das uns wie ein unbeschriebenes Blatt erscheint, steckt doch schon so viel Wissen aus unserer Menschheitsgeschichte.
Denn natürlich ist das Baby, wegen dem Sie dieses Buch gekauft oder geschenkt bekommen haben, perfekt vorbereitet. Schauen Sie nur mal sein Näschen an – ein kleines »Stupsnäschen«, mit nach himmelwärts gestellten Nasenlöchern. Das brauchen Menschenbabys als werkseitige Voreinstellung, damit sie an der milchgefüllten Mutterbrust Luft bekommen. Da wäre ein Hakennäschen eindeutig die falsche Option. Kein Wunder also, dass sich die große Vielfalt der Nasenformen dann erst im späteren Kindesalter ausdifferenziert, nach der angestammten »Brustzeit« sozusagen.
Auch in seinem Verhalten ist das Baby vollkommen vorbereitet. Natürlich »weiß« es, wie es die Brust effektiv leer bekommt, so wie es »weiß«, was zu tun ist, um seinen Versorgern mitzuteilen, dass es hungrig ist. Oder müde wird. Oder ein bisschen Hilfe braucht, um die Welt kennenzulernen.
Gut, wenn es dann auf Menschen trifft, die diesem vorbereiteten Wesen offen begegnen, ihm zuhören, mit ihm in Verbindung treten. Die nicht meinen, alles besser zu wissen. Die neugierig sind und diesen kleinen Menschen zuerst einmal kennenlernen wollen. Das funktioniert am Anfang nur ganz aus der Nähe, von Körper zu Körper, von Auge zu Auge. Denn auch wenn unser Baby gut auf das Leben und auf seine Entwicklung eingestellt ist, bringt es doch zwei Geheimnisse mit auf die Welt, die alle Eltern kennenlernen sollten – dieses Buch handelt davon.
Sein erstes Geheimnis zeigt sich rasch, wenn die Eltern ihr Neugeborenes in den Armen halten: so winzig, so bedürftig, so abhängig, in so vielen Dingen! Selbst die Babys unserer nächsten Verwandten, der Schimpansen oder der Gorillas etwa, sind am Lebensanfang schon viel weiter! Sie können wenigstens ihr Köpfchen halten, sie können sich festhalten, sie können ein bisschen mitmachen, beim Stillen etwa, oder beim Tragen. Das Menschenbaby dagegen – immerhin ein heiß gehandelter Anwärter auf die Krone der Schöpfung – ist das unreifste Exemplar im ganzen Königreich der Säugetiere! Das hilfsbedürftigste, abhängigste Kind, das es gibt.
Das ist das eine. Und ich sage es nicht, um zu klagen, sondern um für Verständnis zu werben. Dass dieses Kind seine Eltern an ihre Grenzen bringt, ist normal. Dass dabei nicht alles glattgeht, auch. Dass Eltern jeden Zipfel Unterstützung brauchen, den sie erwischen können, auch das versteht sich von selbst. Wie gut, dass so ein Baby auch für riesig viel Motivation und Durchhaltekraft sorgt! Auch das gilt es ja, nicht zu vergessen: So ein kleines Kind ist nicht nur ein Energiefresser – es ist auch ein Lieferant von Freude, Intensität und Abenteuern der farbigsten Sorte. Das Leben als Eltern ist ein Leben auf dem Hochseil.
Und was Eltern auf diesem Hochseil wirklich nicht gebrauchen können, ist das: falsche Erwartungen, haltloses Gerede, Mythen, Wegweiser in Sackgassen hinein. Auch dazu wurde dieses Buch geschrieben: Um zu begründen, was alles nur Ballast ist, alte Kamellen, die man besser entsorgt als an seinem Baby ausprobiert.
Damit sind wir bei dem zweiten Geheimnis der Menschenkinder. Ja, sie sind gut vorbereitet – allerdings auf eine Welt, die wir Menschen längst verlassen haben. Das liegt an unserer Geschichte als Menschheit. Sie kann eigentlich als ein großer Abschied beschrieben werden: als Abschied nämlich von unserer angestammten Lebensweise als Jäger und Sammler, die wir zu 99 Prozent der Menschheitsgeschichte einmal waren. Auf diese Verhältnisse sind unsere Kinder bis heute eingestellt – der Abschied verlief einfach zu schnell, um ihre Entwicklung, ihre Bedürfnisse und ihr Gefühlskleid an das Atomzeitalter anzupassen.
Und genau das ist vielleicht die wichtigste Botschaft, die Eltern – unbedingt – kennen sollten: Babys betrachten diese neue Welt, in die sie geboren wurden, mit denselben Augen wie ihre Brüder und Schwestern in der Steinzeit. Dass wir mit Handys und Babyphones ihren Schlaf überwachen, dass hier keine Hyänen ums Lager schleichen – das wissen sie nicht. Für sie ist ein sicherer Schlaf noch immer einer, in der sie sich ihrer ursprünglichen Schutzmacht, ihrer Bezugspersonen, sicher sein können: Wenn ich nicht schlafen kann, hilfst du mir dann?
Ist dieses Erbe also eine Last? Wie man es nimmt. Ist es eine Last, ein Team zu sein? Es kann anstrengend sein, ja. Es kann aber auch Flügel verleihen. Es kommt darauf an, wie wir uns begegnen.
Dieses Buch zeigt: Der Blick auf das »uralte« Menschenkind schafft ungeahnte Freiheiten. Und entwirrt so manches komplizierte Knäuel. Nehmen wir etwa das Zufüttern mit Beikost. Was war das für eine Arie für frühere Elterngenerationen! Ellenlange Tabellen an bestimmten Zutaten, speziell zuzubereiten, jeweils zu bestimmten Zeiten ins Kind einzulöffeln. Der Blick auf das »uralte« Kind wirkt da wie ein Angstlöser: Die Kleinen wurden mit dem groß, was die Großen ins Lager brachten, und die Jahreszeiten gaben das Menü vor – ein im Frühjahr geborenes Baby hatte eine andere Beikost als ein im Herbst geborenes. Und einen Pürierstab gab es nicht. Von wegen immer nur Brei, von wegen Beikostfahrplan!
Und genau das ist die Essenz dieses Buches: So viele Möglichkeiten sind dazugekommen! So vieles wurde neu entdeckt! Das Tragen, die Beikost nach Babys Art, das Abhalten, das Elternbett und vor allem die Freiheit zwischen den Ohren: Jede Familie kann auf ihr »weises« Baby vertrauen und ihre eigenen, persönlichen Wege suchen.
Viel Freude mit diesem Reiseführer!
Dr. med. Herbert Renz-Polster
»Wir bekommen ein Baby.« – Dieser Satz reicht aus, um es im Bauch kribbeln zu lassen – vor Aufregung, Freude und Verrücktheit. Und obwohl ein ganz reales Baby gerade in deinem Bauch zappelt oder in eurem Arm liegt, mischt sich auch immer noch etwas Unglaubliches hinein, etwas nahezu Surreales. Herzlich willkommen in diesem wundervollen, anstrengenden und emotional unvergesslichen Kapitel deines Lebens!
Wir haben in diesem Buch die wichtigsten Basics aufgeschrieben, die ihr jetzt gut gebrauchen könnt – die Highlights aus unserer langjährigen Hebammenarbeit, aber auch die eigenen Lowlights aus Verzweiflung und Grenzen in unserer eigenen Elternschaft. Ihr findet in diesem Buch das, was wir euch aus all dieser Erfahrung mit auf den Weg geben können: Erstausstattungslisten, die auch das auflisten, was ihr garantiert nicht braucht; Licht ins Dunkel, wenn es darum geht, was es mit dem heiligen Babyschlaf und dem ganzen Gerede von »es ist nur eine Phase« auf sich hat, und Infos darüber, was man tun und lassen kann und wo die Grenzen des eigenen Plans liegen.
Und ihr steckt mittendrin, empfindet riesige Freude – vielleicht lang schon erhofft, vielleicht aber auch die größte Überraschung eures Lebens. Bestimmt aber auch heimliche Gedanken wie: Ist es denn wirklich so, dass sich ab jetzt alles radikal verändert, nun nichts mehr ist, wie es war? Also auch – die tollen Dinge, die ihr so geliebt habt in eurem Leben? Und sehr schnell wird klar: Okay, jetzt wird es ernst.
Schon in der Schwangerschaft werden wir zu Eltern, zunächst unseres noch ungeborenen Kindes. Unsere Biologie hat uns also ein wenig Zeit mitgegeben, uns in dieser Zeit auf das Leben mit einem Baby vorzubereiten. Neun Monate, die uns manchmal sehr lang erscheinen, manchmal wie im Flug vergehen.
Diese Vorbereitungen geschehen auf allen möglichen Ebenen und sicher auch nicht linear. Dazu gehören Gedanken, Gefühle und Handeln, alles das als Prozess, als Entwicklung, allmählich und in Schüben. Was bedeutet das alles? Für uns als Individuum, als Paar, als werdende und größer werdende Familie?
Die Hormone, die unser Körper ausschüttet, sorgen dafür, dass die Schwangerschaft auf der körperlichen Ebene wächst und gedeiht. Hormone wirken immer vielschichtig, sie beeinflussen uns in unserem Denken und Fühlen. Manchmal kommen wir in einen inneren Konflikt: Inwieweit erkennen wir an, dass ein biologischer Hormoncocktail uns beeinflusst, manchmal mehr, als wir das wollen? Inwieweit können wir im Rahmen unseres eigenen Frauenbildes ein Mutterbild entwerfen? In welchen Punkten sind wir damit einverstanden und wo rebellieren wir – gegen die überkommenen Muster, vielleicht aber auch gegen unsere eigenen ursprünglichen Ideale vom Frau- oder Muttersein?
Sind wir dem Wirken der Hormone in uns hilflos ausgeliefert? Wie in der Steinzeit? Oder können wir uns von unserer Biologie so weit emanzipieren, dass wir ab jetzt nicht automatisch zu gefühligen Glucken werden und in den zweifelhaften Strukturen der Rama-Kleinfamilie landen? Und ist es okay, wenn wir dem plötzlich doch etwas abgewinnen können? Und was hat sich die Natur bloß dabei gedacht?
Dieses zeitweilige Zwiegespaltensein dem Elternsein gegenüber – Riesenfreude, aber auch all diese Ambivalenzen – speist sich natürlich aus dem eigenen Blick auf Elternschaft, solange man selbst nicht Teil dieses Klubs ist, und hält dir nun diesen Spiegel vor. Wie cool findest du es, das Mutter- oder Vatersein, mit all seinen Aspekten? Wird man zu Muddi und Vaddi, wenn man Eltern ist? So wie all die Abziehbilder da draußen, vor denen man sich fürchtet?
Freunde, die schon Kinder haben, kommen ab jetzt mit allen ihren Tipps und Umzugskartons voll mit hellgelbem Nicki-Stuff um die Ecke. Später werden auch sie es sein, die wissend (und unfairerweise auch etwas spöttisch) nicken und laut oder leise »ja, wartet’s mal ab« sagen, wenn ihr eure noch etwas naiven Gedanken zum Elternwerden mit ihnen teilt. Die, die noch keine Kinder haben, beglückwünschen euch freudig und nur etwas verhalten. Sie ahnen, dass sie euch bald an die Baby-Bubble verloren haben, auch wenn ihr schon jetzt gelobt, dass sich natürlich gar nichts ändern wird, außer, dass ihr bald einen schicken Kinderwagen vor euch herschiebt.
Vielleicht beruhigt es dich zu hören: Es ist natürlich immer leicht, einen Stereotypen zu belächeln. Denn diese Protagonisten-Typen »Helikoptereltern« leben eher in den Feuilletons (und in unseren Köpfen) als im wirklichen Leben.
Dein altes Ich ist nicht tot. Es lebt weiter, aber gleichzeitig bist du nun Mutter oder Vater. Deine Identität bekommt eine neue Facette hinzu, die sich erst einmal fremd anfühlt, aber mit zunehmender Liebe zu dem kleinen Wesen, das dich zu Mama oder Papa macht, auch immer heimeliger wird.
Du kannst es dir leisten, zwei Parallelleben zu führen, die in der Mitte zu einem neuen Ich verschmelzen. Während du einerseits eine vollkommen ungekannte Form von Liebe entdeckst, für die du dir locker einen Arm abhacken würdest, wenn du dein schlafendes, leise schnaufendes Baby anguckst, kannst du dich gleichzeitig entnervt von zu Hause abseilen, um »ne Tüte Milch zu kaufen«, während du in Wirklichkeit heimlich eine Tüte Haribo auf der nächstbesten Parkbank verschlingst oder noch Verboteneres tust. Manchmal braucht es kleine Ausbrüche.
Auch während wir das Baby noch nicht sehen und anfassen können, ist es schon ganz präsent, in allen unseren Gedanken, Wünschen, Hoffnungen, in allem, was da ist, wenn wir »Zukunft« denken. Spätestens in der zweiten Hälfte der Schwangerschaft spüren wir das ganz deutlich – die Mütter etwas früher als die Väter, mit dem Vorsprung, eine eigene körperliche Wahrnehmung von »Schwangersein« zu erleben. Schon durch all das entsteht Bindung – was das genau ist und wie es sich entwickelt, erfährst du ausführlich im Kapitel »Ankommen«.
Möglicherweise verspürst du manchmal ein schlechtes Gewissen, weil du – anders als geplant – weniger innere Zwiesprache mit deinem Baby hältst, ihm keine klassische Musik zur Förderung irgendwelcher Gehirnwellen vorspielst und kaum zum Yoga gehst. Oder du schüttest im üblichen Meltdown des Alltags gefühlt literweise Cortisol aus, streitest dich wüst mit deinem Partner über Grundsätzliches oder vergisst gar dein Baby stundenlang völlig. Trotz alledem: Du bist genau die richtige Mama oder genau der richtige Papa für dein Baby. Es ist bei dir am perfektesten Ort der Welt.
Der sogenannte »Nestbautrieb« erwischt euch zu unterschiedlichen Zeiten und in ganz unterschiedlichen Eskalationsstufen. Vielleicht gehörst auch du zu denen, die sich – während der zweite Streifen auf dem Schwangerschaftstest noch nicht ganz getrocknet war – schon fragten, ob ihr jetzt eine neue Wohnung suchen müsst, denn schließlich braucht ihr ja jetzt ein Kinderzimmer!
Schneller, als dein Bauch sich rundet, pinnst du schon fleißig Babynestchen-Inspos mit salbeigrünen Wimpelketten und Charles-Eames-Stühlchen in Miniaturgröße in dein Telefon. Ehe der erweiterte Freundeskreis in die frohe Kunde eingeweiht ist, kennen Google und Facebook schon dein neues Interessengebiet und machen dir fleißig Vorschläge für Erkundungsreisen in dieses neue Universum. Eine ganz neue Welt tut sich auf.
Du ahnst es vielleicht: Natürlich müsst ihr nichts überstürzen, auch nicht in Sachen Eigenheim oder neues Auto. Wenn wir in diesem ersten Kapitel ein paar Listen anders sortieren werden als vielleicht erwartet, so tun wir das, weil wir aus langer Hebammenerfahrung und aus unserer eigenen Erfahrung als Eltern heraus sehr vertraut damit sind. Manche Dinge, die man zu Beginn als »superwichtig« einordnet, sind es dann doch gar nicht so sehr. Das wird vor allem dann verständlich, wenn wir uns mit den Bedürfnissen eines Babys und ganz banal mit unserer Evolutionsbiologie beschäftigen. Glücklicherweise leben wir heute nicht mehr im Neandertal. Dennoch ist die Evolution in manchen Punkten träge und unser uraltes Stammhirn bestimmt noch immer weite Teile unseres Verhaltens, Denkens und Fühlens.
Dieser »evolutionsinspirierte« Ansatz wird euch durch das ganze Buch begleiten. Er ist enorm hilfreich, um zu verstehen, was die tatsächlichen Bedürfnisse eines Babys sind. Eure zentrale Rolle als Eltern ist es, für diese Grundbedürfnisse zu sorgen. Dieser Kerngedanke wird euch das Leben im Alltag unendlich erleichtern.
Ein Kinderzimmer z. B. gehört nicht unbedingt zu den Grundbedürfnissen eines kleinen Kindes, zumindest nicht in der Weise, dass es ein Zimmer für das Kind ist. Denn selbst wenn dieser Raum ausgesprochen liebevoll ausgestattet ist (und zumindest Stauraum bietet für all den Kram, der mit Kind ins Haus kommt), wird es noch einige Jahre dauern, bevor das Kind dort nennenswert viel Zeit ohne seine Eltern verbringen wird. Kleine Kinder haben wenig Bedürfnis nach ungestörter Me-Time, sie wollen vor allem in der Nähe ihrer Eltern sein, und hier ist »wollen« im Sinne von »brauchen« zu verstehen. Es ist ein Bedürfnis.
Der Unterschied besteht darin, dass ein Mensch sich ein Grundbedürfnis nicht aussucht und dass es nicht verhandelbar ist. Mit »Wollen« bekommen wir es erst sehr viel später zu tun, jenseits der Babyzeit.
Wir werden uns in diesem Buch intensiv damit beschäftigen, wie ein Baby so tickt. Was es wirklich braucht – und was eben nicht.
Viele der Babybedürfnisse werden sofort ziemlich klar, wenn ihr euch die Schwangerschaft vergegenwärtigt, die Zeit seines Lebens also, die das Baby schon monatelang kennt und die ihm vertraut geworden ist, wenn es geboren wird.
Die Schwangerschaft ist eine Zeit von maximaler Nähe und kontinuierlicher Umsorgung für dein Kind. Dann wird euer Baby geboren, und in den ersten Momenten seines Lebens ändert sich alles. Unvermittelt ist es in vielen Punkten auf sich gestellt: Die Atmung, die Körpertemperatur und auch die Nahrungsaufnahme müssen nun selbst reguliert werden, wenn natürlich auch mit elterlicher Unterstützung. Täglich wird sich dein Baby kleine, feine neue Kompetenzen aneignen. So wird in kürzester Zeit aus dem recht hilflosen Neugeborenen ein sehr kompetentes Kleinkind, das vielleicht an seinem ersten Geburtstag schon auf eigenen Beinen steht und sich eine Bulette in den Mund stopft.
Es ist komplett irre, was in diesem ersten Lebensjahr alles geschieht. Eure Aufgabe als Eltern ist es, diesen Übergang in die immer größer werdende Selbstständigkeit gut zu begleiten, mit Freude, Spaß und Nähe.
Nähe zu seinen Bezugspersonen, zu euch, ist dabei eine elementare Konstante für dein Kind – wir kommen darauf in jedem einzelnen Kapitel zurück.
Das Bedürfnis von Babys nach möglichst kontinuierlicher Nähe kollidiert durchaus hin und wieder mit dem Bedürfnis der Eltern, kurz mal die Hände frei zu haben oder unter die Dusche zu hüpfen. Auch dieser kleine Interessenkonflikt wird euch einige Jahre lang begleiten. Wir rechnen übrigens fest damit, dass du die folgenden Abschnitte mit einer hochgezogenen Augenbraue liest. Wir kennen das.
Sehr schnell nach der Geburt werdet ihr zu eurer Überraschung feststellen: Das Baby lässt sich gar nicht ablegen. Oder zumindest nicht unbedingt genau dann, wenn ihr kurz eine wichtige Mail beantworten müsst. Oder die Spaghetti abgießen. Oder aufs Klo. Aber wieso ist das so schwierig?
Es gibt schier endlos viele käufliche Möglichkeiten, um Babys abzulegen, ihr habt vorgesorgt: Stubenwagen, Babybettchen, Nestchen, Wippen – und seit einigen Jahren sind auch die hübschen geflochtenen Moseskörbchen wieder schwer in Mode. Ob diese Babyplätze wirklich genutzt werden oder am Ende doch nur als Hintergrund für ein Babyfoto oder als Ablagefläche für Wäsche oder Bücher herhalten, lässt sich vorab nicht sagen. Oft ist es aber genauso. In den letzten Jahren wurden auch eine Vielzahl von Wippen, Wiegen und Babyspielcentern erfunden, die rhythmisch schaukeln, Musik abspielen, den mütterlichen Herzschlag imitieren oder auf andere Art und Weise dem Baby Geborgenheit vermitteln sollen – Elternsubstitute. Diese Produkte, die dafür entwickelt wurden, dass das Baby allein abgelegt werden kann, entsprechen natürlich nicht dem eigentlichen Bedürfnis des Kindes, in der Nähe seiner Bindungspersonen zu sein. Aber man könnte es doch zumindest mal versuchen – oder? Warum diese vermeintlichen »Babyalltagserleichterer« oft gar nicht funktionieren, wie ein dosierter Einsatz trotzdem probiert werden kann und warum wir als besten Babyplatz die gute alte Krabbeldecke empfehlen, lest ihr im Kapitel »Alltag mit dem Baby«.
Eine der hilfreichsten Devisen im Leben mit Kindern ist ohnehin: Keep it simple! Daher wäre die einfachste Ablagevariante ein gesichertes Plätzchen auf eurem Bett oder dem Sofa oder einer dickeren (Krabbel-)Decke auf dem Boden. Vielleicht lässt sich dein Kind auch auf ein Ablegen in der abnehmbaren Liegewanne des Kinderwagens ein, wenn du dich nicht allzu weit von ihr entfernst. Denn Nähe ist für ein Baby oft das wichtigste Kriterium für ein sicheres Schlafplätzchen. Deshalb schlafen viele Kinder auf dem elterlichen Arm oder im Tragetuch besonders gut. Im Kapitel »Schlafen wie ein Baby« gehen wir näher auf das Konzept von Sicherheit als Bedingung für Schlaf ein.
Solltest du irgendwann nach der Geburt das Gefühl haben, dass eines der Schlaf-Gadgets wie eine (elektrische) Federwiege für dein Baby doch passen könnte, kannst du sie immer noch anschaffen. Vielleicht kannst du dir auch zunächst einmal das entsprechende Produkt testweise ausleihen. Ansonsten findest du im Kleinanzeigenbereich und auf Babyflohmärkten jede Menge dieser Produkte – meist in einem guten oder sogar gänzlich unbenutzten Zustand.
Es gibt einen tiefen Graben zwischen dem, wie man sich vor der Geburt das Leben mit einem Baby vorstellt, und der Praxis danach. In diesem liegen unter anderem diverse Fehlkäufe versenkt.
Im Hormonrausch der Schwangerschaft sind wir alle sehr empfänglich für kleine Mini-Schuhe und Kuscheltiere. Die darf man sich selbst symbolhaft natürlich gern kaufen. Und kurioserweise gehören genau diese Dinge zu den beliebtesten Geschenken, die man zur Geburt bekommt. Zudem könnt ihr mit den geschenkten Spieluhren La-Le-Lu gleich vierstimmig aufführen.
Rechne damit, dass euch – vor allem beim ersten Kind – viele Freunde und Verwandte eine Freude machen möchten. Kommuniziert, dass ihr konkrete Wünsche habt, legt Babylisten an (auch in vielen Babygeschäften möglich), das schützt euch vor der einen oder anderen Geschmacksverirrung. Personalisierte Geschenke lassen sich nicht umtauschen. Wir dürfen uns alle daran erinnern, dass es beim Schenken um die Freude des Beschenkten geht und nicht um die Freude des Schenkenden, daher dürft ihr euch ausdrücklich und konkret Dinge wünschen.
Auch wenn es die Menschen um euch herum gut mit euch meinen: Lasst euch nicht alles andrehen. Erlaube dir, deiner Freundin zu sagen, dass du ihre Sachen gerne durchsiehst, um zu schauen, was du brauchst, und auch, was dir gefällt. Denn du kannst sicher sein, dass du den tollen Wollwalkanzug in Grasgrün deinem Baby nur ungern oder gar nicht anziehen wirst, wenn du diese Farbe einfach überhaupt nicht magst. Nutze also gern den Nestbautrieb in der Schwangerschaft, um dir das Thema Babyflohmarkt und Kleiderkreiseln im Internet zu erschließen.
Es beginnt schon mit der Menge an Babykleidung. Oft wird auf den einschlägigen Listen eine irre Anzahl angeblich benötigter Bodys, Strampler und Jäckchen angegeben. Kein Baby braucht sechs Strampler in der ersten Größe 50 / 56. Ein Strampler wird drei Tage am Stück getragen und diese Größe passt ca. vier bis sechs Wochen lang. Damit jeder Strampler zumindest ein paar Mal drankommt, reichen wirklich drei Stück. Für durch Windelunfälle schmutzig gewordene Wäsche gibt es Waschmaschinen.
Jeans, Schuhe und sonstige Dekoklamotten. Feste, unflexible Stoffe schränken die Bewegungsfreiheit der Kinder enorm ein. Kitzelnde Zipfel oder Rüschen von Kragen berühren das Gesicht und können das Baby irritieren, weil sie permanent den Suchreflex triggern. Mini-Chucks sehen süß aus, vor dem Laufalter stören Schuhe allerdings wichtige Reflexe und die Fußmotorik. Für den Anfang reichen Wollsöckchen über dem Strampler vollkommen.
Einschlafhilfen wie Hängematten, Federwiegen, Rüttelplatten versprechen meist mehr, als sie halten (siehe dazu das entsprechende Kapitel im Kapitel »Alltag mit dem Baby«).
Großformatige Pflege-Gadgets wie Windeltwister, Badeeimer, Wannenständer.
Wickeltaschen sind auch eher wenig schöne Ungetüme. Du brauchst nicht immer und überall die gesamte denkbare Vollausstattung. Praktisch sind ein paar Zipperbeutel aus Stoff, Wetbags heißen solche aus wasserabweisendem Material. Da passen eine oder auch zwei Windeln hinein und ein Mini-Pack Feuchttücher oder eine Tupperbox mit Waschlappen. Nach ersten Erfahrungen mit Windelexplosionen gehst du vermutlich auch nicht ohne Ersatzbody aus dem Haus. Dazu evtl. eine kleine, faltbare Wickelunterlage, das war’s. Alles das passt zur Not in eine Birkin-Bag, in der sich später auch noch Sandspielsachen, Kastanien, Stöcke und andere kostbare Fundstücke, Wechselstrumpfhosen und angebissene Dinkelcracker verstauen lassen.
Batterien an Milchfütterungsequipment wie Flaschen, Sauger, Milchpulver, Vaporisator oder auch prophylaktische Schnuller (mehr dazu im Kapitel »Nahrung für Körper und Seele«).
Ein spezielles Babyhandtuch. Die vermeintlich praktische Kapuze kommt beim Abtrocknen nach dem Baden oft gar nicht zum Einsatz, aber das quadratische Format ist sehr praktisch zum Einhüllen. Eines reicht, jede Wette, ihr bekommt mindestens ein weiteres geschenkt.
Ein Reisebett. Unterwegs wird euer Baby am liebsten nah bei euch schlafen. Eine Matratze auf dem Boden oder bei kleinen Babys auch einfach eine gefaltete Wolldecke auf dem Fußboden ist meist um Längen praktischer.
Diverser Einmalkram wie Wickelunterlagen, unterschiedliche Sorten Feuchttücher, Desinfektionstücher, Einmallätzchen etc.
Und ein Laufstall?
An einem Laufstall scheiden sich die Geister: Es gibt Menschen, die schwören drauf, andere finden nur ein verächtliches Wort dafür: »Babyknast«.
Vielleicht ist es hilfreich, diese Frage in erster Linie anhand der Wohngegebenheiten und des Lebensalters zu beantworten. In der allerersten Babyzeit ist das Baby sowieso vorwiegend bei euch auf dem Arm. Wenn es aber Geschwisterkinder oder Haustiere gibt, kann ein Laufstall ein kleiner Schutzraum sein, der vor ungestümen Liebesbekundungen oder tief fliegenden Legosteinen schützt. Dann ist ein Laufstall etwas wie eine Mischung aus Daybed und Krabbeldecke, die man praktischerweise auch einen halben Meter über dem Boden installieren kann. In einer kleinen Altbauwohnung stellt sich die Frage zudem weniger als in der Doppelhaushälfte mit Kücheninsel, weil ein Laufstall auch ein ziemliches Ungetüm ist. Später, bei mobiler werdenden Kindern, kann ein Laufstall kurzzeitig ein sicherer Ort sein, wenn Papa schnell mit dem Wäschekorb die Treppe nach oben flitzt, in der Küche mit heißem Wasser hantiert wird oder wenn man doch mal die Haare waschen und den Raum verlassen muss. So oder so wird ein Baby tendenziell nicht stundenlang darin zufrieden mit seinen Bauklötzen spielen. Genauso wenig würden Eltern ein verzweifelt weinendes, an den Gitterstäben rüttelndes Kind eingesperrt lassen. Ein Laufställchen erlaubt also weniger tiefe Einblicke in das grundsätzliche Weltbild, als man vielleicht vorschnell annehmen würde.
Klar, der praktische Nutzen von Feuchttüchern in einigen Alltagssituationen liegt auf der Hand. Natürlich spart es Zeit, wenn man Läppchen, Tücher und Unterlagen nach Gebrauch nicht waschen und trocknen muss. Gleichzeitig wissen wir alle, dass Einmalprodukte ein massives Nachhaltigkeitsproblem sind. Es landen weltweit Millionen von Feuchttüchern im Restmüll, weil im Bereich der Babyeinmalprodukte die Recycling-Strategien noch nicht besonders ausgegoren sind.
Obwohl das den meisten Eltern bewusst ist, wird doch im stressigen Babyalltag zu den praktischen Einmalprodukten gegriffen, ganz besonders wenn man es schon eine Weile gewohnt ist. Diese Gewöhnung findet oft bereits in den ersten Tagen nach der Geburt in der Klinik statt. Selbst Eltern mit festen Stoffwickelabsichten z. B. werden, wenn sie hier sofort mit Pampers und Co konfrontiert werden, vermutlich dabei bleiben. Denn an Tagen, an denen man vermeintlich nicht mal zum Duschen kommt, möchte man nicht auch noch über das Auswaschen von Stoffwindeln nachdenken. Dass dieses ganze Stoffwindelding dank ausgeklügelter, pflegeleichter Wickelsysteme gar nicht so kompliziert ist wie gedacht, erklären wir dir im Kapitel »Pflege und Zuwendung«.
Zwischen Müllberg und Zero Waste gibt es immer einen Mittelweg, der eure Ökobilanz etwas verbessert, ohne dass ihr als Eltern auf dem Umweltschutzzahnfleisch geht.
Erlaubt euch Kompromisse. So kann man z. B. tagsüber mit Stoffwindeln und nachts mit Wegwerfwindeln wickeln. Oder im Urlaub und unterwegs Einmalprodukte nutzen, auch wenn zu Hause Stoffwindeln und Waschlappen im Einsatz sind. Selbst die Entscheidung, Feuchttücher nur für die großen Geschäfte zu nutzen, verkleinert schon die Müllbilanz.
Frische Eltern sind für Hersteller eine ausgesprochen interessante Käufergruppe. Wir alle wollen das Beste für unser Baby, sind wild entschlossen, dafür auch viel Geld auszugeben, und naiv genug, die Versprechungen der Werbung (»für den ruhigen Babyschlaf«, »entspannte Babys – entspannte Eltern« und auch sehr gern: »von Hebammen empfohlen«) reinen Herzens zu glauben. Gleichzeitig lässt jede Kaufentscheidung unendlich viele Dachböden weiter überquellen mit nur kurz benötigtem Baby-Kram und bedeutet ein dickes Minus auf dem Nachhaltigkeits- und Bankkonto.
Wenn ihr zum ersten Mal Eltern werdet, stellt euch vor dem Kauf von Babyprodukten einfach ein paar sinnvolle Fragen, egal was die Verkäuferin im Babymarkt oder die Werbung im Online-Shop dir gerade erzählen wollen:
Warum brauche ich dieses Produkt für mein Baby? Welchen Nutzen verspreche ich mir davon?
Gibt es etwas Ähnliches schon in unserem Haushalt, was ich stattdessen benutzen kann?
Wenn du davon überzeugt bist, etwas zu benötigen, frage dich weiterhin:
Kann ich mir dieses Produkt von jemandem ausleihen, um es auszuprobieren oder auch, weil es nur eine recht begrenzte Zeit im Einsatz sein wird?
Kann ich dieses Produkt gut gebraucht kaufen?
Wo finde ich eine faire und nachhaltige Version dieses Produktes?
Antworten auf die letzte Frage und einige Argumente, die für das Leihen oder gebraucht Kaufen sprechen, findest du auf den nächsten Seiten.
Generell können wir nur empfehlen, in weniger, dafür aber wertvollere Teile zu investieren. Mit »wertvoll« ist bei Babysachen vor allem das Material gemeint. Gerade Kleidung, aber auch Spucktücher oder Spielzeuge kommen mit der Haut und oft auch dem Mund deines Babys in Kontakt.
Viele Produkte aus Plastik enthalten den chemischen Weichmacher Bisphenol A (BPA). Studien haben einen Zusammenhang zwischen der Aufnahme von BPA und Störungen des Hormonsystems und des Gehirns festgestellt.
Seit 2011 darf BPA deshalb nicht mehr bei der Produktion von Babyflaschen und Saugern verwendet werden. Dennoch ist der Weichmacher weiterhin in vielen anderen Produkten, auch in Spielzeug und in kosmetischen Produkten, zu finden. 2019 hat das Umweltbundesamtes 2 500 Kinder auf 15 Inhaltsstoffe von Plastik untersucht. In fast allen untersuchten Urinproben wurden Rückstände von solchen Stoffen gefunden, insbesondere von Weichmachern. Zum Teil lagen die Befunde über zulässigen Grenzwerten. Auch Holzspielzeug kann Gifte enthalten, z. B. in den (farbigen) Lacken. Achte also auch dort auf Schadstofffreiheit.
Bei Kleidung spielen der Anbau der Fasern, die Herstellung des Materials sowie dessen Verarbeitung eine große Rolle. Da immer mehr Eltern ein Bewusstsein dafür entwickeln, versuchen auch die Hersteller, ihre Produkte entsprechend zu kennzeichnen. Doch auch hier gibt es riesige Unterschiede: Vom geprüften Öko-Siegel mit strengen Auflagen dahinter bis zur verwässernden Nutzung von Beschreibungen wie »natürlich« oder »biologisch« ohne Zertifikat ist alles dabei. Das Öko-Label ist in den letzten Jahren auch zum werbewirksamen Trendthema geworden. Darum ist es sinnvoll, zu wissen, was wirklich dahintersteckt, wenn Firmen es sich auf die Fahnen bzw. ihre Produkte schreiben.
Im Anhang findest du einige Online-Shops, die bei der Auswahl ihrer Produkte auf ökologische und ethische Maßstäbe Wert legen.
Für ein Baby ist die wohl hochwertigste Fasermischung Wolle / Seide. Diese Mischung aus Naturmaterialien sorgt mit Abstand für den besten Wärmeausgleich. Sie ist weich, kuschelig, anschmiegsam – und hält die Babys wirklich richtig warm. Jede erfahrene Mutter wird dir das bestätigen: Wenn du sie einmal ausprobiert hast, wirst du nie wieder etwas anderes wollen. Weil Babys aus einer 37-Grad-Umgebungstemperatur kommen, fällt ihnen am Anfang das Halten der Körpertemperatur schwer. Sie kühlen wirklich schnell aus, auch im Hochsommer, denn selbst bei 27 Grad sind es immer noch 10 weniger als in deiner Gebärmutter (s. a. den Abschnitt »Warm und wohlig« im Kapitel »Pflege und Zuwendung«). Fast alle Wolle-Seide-Klamotten auf dem Markt sind aus Bio-Materialien – ein weiterer Pluspunkt. Einziger Haken: Sie sind leider teuer – ein Body kostet um die 20 Euro. Deshalb hast du von ihnen vielleicht erst mal nur ein oder zwei pro Größe. Du kannst sie im Handwaschbecken auswaschen, damit du schnell wieder einen verfügbar hast.
Bei den Wollprodukten gibt es Unterschiede in der Haltung der Tiere und den Herstellungsbedingungen. Wenn du vegane Materialien bevorzugst, sind Stoffe aus reiner Baumwolle, Leinen, Hanf oder Bambus eine gute Option. Es werden darüber hinaus auch immer weiter neue tierleidfreie Materialien wie SeaCell (aus Zellulose und Algen) oder Sojaseide entwickelt und verwendet. Diese haben zum Teil ähnlich gute temperaturregulierende Eigenschaften wie Wolle.
Kunststoffe wie Polyester oder Polyacryl sind auf Erdölbasis oder auch aus recycelten PET-Flaschen hergestellt. Im Kleidungsbereich werden künstliche Fasern auch oft mit natürlichen Fasern gemischt. Z. B. sind Socken oder Hosen aus Baumwolle meist mit einem kleinen Elasthananteil versetzt, der diese Kleidungsstücke dehnbar macht. Auch viele der gut wärmeisolierenden Fleecestoffe bestehen aus Polyester.
Babys, die in wenig atmungsaktive Kunstfasern gehüllt sind, können ihre Körpertemperatur nur schlecht regulieren und es droht die Gefahr eines Wärmestaus, zudem können kritische Inhaltsstoffe auch über die Haut in den Körper abgegeben werden. Die Materialfrage ist nicht nur bei Kleidung, sondern auch bei allen anderen Produkten aus Stoff wie dem Tragetuch, der Babydecke oder dem Schlafsack relevant. Ein atmungsaktiver und die Körpertemperatur regulierender Schlafsack kann die Gefahr einer Überwärmung als bekannten Risikofaktor für den plötzlichen Kindstod (SIDS; siehe dazu das Kapitel »Schlafen wie ein Baby«) reduzieren.
Machen wir uns nichts vor: Wir wollen unser Baby am liebsten in hübschen Kram kleiden, instagramable und ökoschick. Das Ganze soll möglichst unter unseren hohen biologischen und ethischen Kriterien mit einem guten Gefühl verbunden sein – und dabei noch halbwegs erschwinglich.
Das erfordert natürlich Kompromisse. Wohl kaum jemand dürfte ein unbegrenztes Budget zur Verfügung haben. Neu in diesem ganzen Baby-Game staunt so manche darüber, dass eine Babystrickjacke durchaus dasselbe kosten kann wie eine, die man für sich selbst kauft. Hochwertige, faire Babykleidung ist wirklich nicht billig.
Bei den meisten Eltern läuft es deshalb auf eine Mischkalkulation zwischen H&M, feinstem Bio-Zwirn und Flohmarkt hinaus. Der wichtigste Spartipp ist hier sicher: gut überlegt und gezielt kaufen und im Zweifel erst einmal nicht kaufen. Da wir nicht auf dem Mond leben, ist es ziemlich kurzfristig möglich, z. B. zwei Bodys nachzukaufen, wenn du im Alltag doch feststellst, dass deine minimalistische Ausstattung nicht gereicht hat.
Alternativ ist auch Leihen eine Option, dein Kind in der doch recht kurzen Babyzeit nachhaltig auszustatten. Einige Kleidergrößen trägt dein Baby vielleicht nur wenige Wochen. Da ist das Ausleihen – auch bei einem professionellen Anbieter – oft die kostengünstigere Variante. Leihservices haben in der Regel einen entsprechenden Versicherungsschutz, damit du dir keine Sorgen machen musst, wenn Kleidungsstücke verschmutzt oder beschädigt werden.
Für Stoffwindeln gibt es sogar Serviceangebote, die das Abholen und Liefern von schmutzigen und gewaschenen Windeln übernehmen. Auch Tragehilfen und Autositze lassen sich mieten. Solche Optionen sparen Geld und Ressourcen.
Wenn du dich in die Babyflohmarkt- und Online-Babybörsenwelt eingearbeitet hast, kannst du super Schnäppchen machen und dir Stücke leisten, die neu vielleicht unerschwinglich gewesen wären. Babykleidung ist meistens supergut erhalten, weil sie eben nur wenige Wochen, maximal Monate, getragen wurde. Und sie wurde bereits mehrmals gewaschen, enthält also keine eventuell giftigen Rückstände aus der Herstellung mehr.