Vorwort
Klare Nähe – keine kalte Strenge
Warum nur die Jungen?
Was sich in der Jungenerziehung verschärft hat
Vorwort für Jungen
1
KLARE ANSAGEN – STARKE JUNGEN
Keine Angst vor Führung
Jungenkörper
Jungenpsyche
Sex – alles kein Problem!?
Achtung Männlichkeitsbilder
Jungen und Schule: Was Eltern tun können
Smartphone, Konsole & Co
Jungen in der Pubertät
Glücksfall Führungskrise
2
KLAR UND NAH – SO GEHT’S
Sieben Schritte zur gelingenden Jungenerziehung
1
Die persönliche Haltung: Klarheit beginnt in uns selbst
2
Werte: Kompass durch die Erziehung
3
Präsenz und Kontakt: Ganz hier und im Moment
4
Kommunikation: Klare Ansagen mit Körper und Sprache
5
Ruhe bewahren: Kostbares Gut Familienzeit
6
Respekt Ich achte dich, du achtest mich
7
Regeln und Vereinbarungen Ohne geht es nicht
Nachwort
Zum Weiterlesen
Adressen und Internet-Links
Dank
Der Autor
Mit einem Jungen zusammenzuleben, einen Sohn ins Leben zu begleiten, ist ein großes Glück. Doch Jungen zu erziehen, kann auch zu einer Herausforderung werden.
Dieses Buch soll Ihnen als Eltern dabei helfen, Ihren Sohn gut durch Kindheit, Schule und Pubertät zu begleiten. Es ist in der Arbeit mit vielen verschiedenen Jungen und mit vielen unterschiedlichen Eltern entstanden. Eltern mussten immer wieder die gleichen Fragen stellen, bis wir gemeinsam auf das Thema »Führung« als eine wichtige Klammer für viele Elternfragen kamen. Seither fällt mir das wirklich häufig auf, sei es an Vortragsabenden zur Jungenerziehung, in der Beratung von Eltern oder auch bei Jungen, mit denen ich arbeite: Mindestens die Hälfte aller Jungen-Erziehungsfragen handelt von Problemen, mit Jungen »klarzukommen«, von Schwierigkeiten, die auf die Qualität der Beziehung zwischen Eltern und ihren Söhnen und letztlich auf die Rolle der Eltern als Führungskräfte in der Familie zurückzuführen sind.
Die Fragen, die mich durch meine Beratungsarbeit und durch dieses Buch leiten, sind: Was machen Eltern richtig, die ihre Jungen stabil und halbwegs gelassen durch Kindheit und Jugendphase bringen? Oder: Was haben Jungen, die ihre Herausforderungen einigermaßen beständig und erfolgreich meistern, von ihren Eltern bekommen? Eltern sind die ersten und prägenden Beziehungen, sie bringen ihre elterliche Liebe mit, sie sind am häufigsten und die längste Zeit mit dem Jungen zusammen und haben deshalb eine ganz besondere Bedeutung für ihn. Bringen wir es auf einen Begriff, dann können wir sagen: Ihre Führung hilft Eltern, mit Jungen klarzukommen. Und sie hilft den Jungen, die Führung als Voraussetzung für eine gelingende Entwicklung brauchen. Das Wirken guter Führung wird da sichtbar, wo Jungen »gut unterwegs« sind, wo sie sich wohl und gut aufgehoben fühlen, wo sie sich positiv entwickeln. Immer wieder begegnen mir solche Jungen, bei denen ich spontan denke: »Klasse! Du bist gut drauf! Dir scheint es gut zu gehen!« Das sind nicht immer die pflegeleichten Jungen, im Gegenteil, oft fordern sie mich heraus, provozieren oder sind erst einmal demonstrativ ablehnend. Aber sie sind in Kontakt mit sich selbst und auch mit mir. Wir schwingen uns allmählich aufeinander ein, akzeptieren uns, und die Beziehung stimmt.
Dass es in der Erziehung Führung braucht, dass es ohne klare Ansagen und eine stabile Haltung der Erwachsenen nicht geht, wird heute an vielen Stellen neu erkannt. Die Einstellung der meisten Eltern unterscheidet sich erheblich von der vergangener Zeiten: Früher ging es darum, Autorität als Form elterlicher Macht zu verstehen; deshalb wurde Autorität um der Autorität willen gefordert; im Zweifel wurde diese Forderung mit Druck, Liebesentzug oder Gewalt durchgesetzt. Damals waren Kinder gehorsamer. Das ging aber nur mit Gewalt, und dieses Modell ist zum Glück überholt. Viele Eltern wissen sich nun jedoch nicht mehr recht zu helfen. Sie halten den Jungen für »falsch«; er gehorcht nicht oder benimmt sich schlecht – und muss deshalb verändert oder repariert werden. Das ist der Ausgangspunkt vieler meiner Beratungsgespräche, und gemeinsam nähern wir uns in den allermeisten Fällen der Einsicht: Nicht der Junge ist falsch, sondern an der Beziehung stimmt etwas nicht. Wie ich in diesem Buch zeigen werde, kann eine offene, verstehende Beziehung zum Jungen von Anfang an aufgebaut werden, und sie kann – das ist das Schöne daran – immer wieder neu begonnen, aufgenommen und verbessert werden.
Liebevolle Klarheit in der Beziehung zum Jungen wird heute als etwas Notwendiges und Nützliches verstanden. Klar und nah zu sein, ist eine neue, gute, persönliche oder die »eigentliche« Form der Führung: Sie braucht keine Drohungen, Strafen, Angst und Gewalt, um erzwungen oder durchgesetzt zu werden. Die klare Beziehungsqualität ist etwas Lebendiges. Sie ist aber auch nicht einfach dadurch da, dass Eltern eben Eltern sind, sondern sie entsteht durch ihre Einstellung und im Handeln. Sie wird aktiv gemacht, getan. Dabei treffen sich die Bedürfnisse von Jungen mit denen der Eltern und anderer Erziehender: Alle Seiten benötigen klare Beziehungen, damit es ihnen gut geht. Und nur Menschen, denen es selbst gut geht, können auch gute und klare Eltern sein.
Was Jungen durch ihre Kindheit, die Schulzeit und die Pubertät trägt, ist die Beziehung, die gefüllt ist mit der Persönlichkeit der Eltern, mit ihren Einstellungen, ihren Werten und mit der Art, wie sie Beziehung »tun«. Ihr »Ver-Halten« drückt ihre Haltung aus. Dieser Hintergrund und ihre Botschaft »Ich bin da« stärken dem Jungen den Rücken und helfen ihm, sein Jungesein, seine Lebensaufgaben, die Schule und auch die Pubertät gut zu bewältigen. Klar sein und nah – diese Qualität in der Beziehung ist fühlbar. Leider fällt sie vor allem dann richtig auf, wenn sie fehlt. In den zahlreichen Krisenfällen während der Jugendphase lässt es sich gar nicht übersehen, dass Jungen stabile Erwachsene in einer klaren Beziehung zu ihnen wollen. Sie fordern diese Klarheit mehr oder weniger deutlich ein und schlagen gegebenenfalls so weit über die Stränge, bis sie spüren können, dass sie Antworten auf ihr Verhalten bekommen.
Das Schöne ist: Beim Führen, beim Klarwerden und -sein müssen Eltern keine unbekannten oder gänzlich neuen Fähigkeiten lernen. Vielmehr geht es darum, vorhandenes Können neu zu entdecken, es zu erweitern, mit Energie auszustatten und mit mehr Nachdruck zu vertreten. All dies stärkt die Selbstsicherheit der Eltern, die Jungen häufig vermissen und suchen.
Wenn es bei der Erziehung des Sohns herausfordernd oder gar schwierig wird, ist Orientierung für den Jungen hilfreich und wichtig – aber ohne Rückgriff in die pädagogische Mottenkiste. Die Forderung nach mehr Strenge lässt sich schon seit einiger Zeit gut verkaufen: Tigermütter loben Drill, Supernannys ziehen Zaubertricks aus dem Erziehungszylinder, der Ruf nach mehr Disziplin ist allgegenwärtig. Das Motto scheint zu lauten: »Hauptsache Härte!« Mit solchen Ideen wird das Heil der Gegenwart in der Vergangenheit gesucht. Stillschweigend werden militärische Tugenden wieder salonfähig; hartherzige, gewalthaltige Erziehungsziele schleichen sich ein.
Es ist deshalb notwendig, die Ideen dieses Buches scharf von autoritären Erziehungsideen abzugrenzen. Um niemand auf falsche Fährten zu locken, möchte ich betonen: Es geht in diesem Buch um den positiven Gehalt von Führung, von Klarheit in Beziehung, um mitfühlende, liebevolle Zuwendung, um Anerkennung, Vertrauen und Verantwortung auf beiden Seiten – also nicht um Disziplin, Druck, Drill, Zwang, Unterwerfung, Repression, Machtausübung oder Kinderdressur, auch nicht um die Idealisierung überholter Formen von Erziehung. Autoritäres Verhalten ist Machtgebaren, das dann ausgespielt wird, wenn schwache Persönlichkeiten sich nicht anders zu helfen wissen. Wer glaubt, sich durch Macht behaupten zu müssen, wird autoritär – und das ist immer ein Armutszeichen, es sollte ganz sicher kein Ziel für Eltern sein.
Eine Frage, die mir häufig gestellt wird, ist: Brauchen Jungen wirklich etwas anderes von ihren Eltern als Mädchen? Ich glaube, ja: Damit die Beziehung zum Jungen verstanden wird, damit sie wirkt und funktioniert, muss sie auch mit der Geschlechterbrille betrachtet werden. Wer eine Tochter oder auch mehrere Töchter hat, weiß, dass sie, besonders in der Pubertät, durchaus auch klare Ansagen brauchen. Unterschiede gibt es beim notwendigen Nachdruck und bei der Haltbarkeit: Bei Mädchen wirken Ansagen meist länger. Solche Unterschiede sind bedeutsam. Es fällt etwa auf, dass Eltern den Mädchen meist engere Grenzen stecken, sie mehr behüten, oder anders gesagt: dass Mädchen besser mit Halt versorgt werden – umgekehrt fehlt Jungen hier etwas. Auch weil es Jungen sind, die uns derzeit gesellschaftlich die größeren Sorgen machen, ist diese Sichtweise wichtig. Viele Erziehungsratgeber behandeln Fragen der Beziehung zwischen Eltern und Kind als allgemeine Themen. Das ist gut, hilfreich und wichtig, aber die Geschlechteraspekte werden dabei nicht besonders beachtet. In meiner Arbeit und auch in diesem Buch ist es umgekehrt: Die geschlechtliche Perspektive steht im Vordergrund. Denn jede Beziehung hat auch eine geschlechtliche Seite oder Einfärbung.
Leider gibt es auch in der Jungenerziehung keine absolute Wahrheit. Wie Sie ganz speziell Ihre Führungsrolle in der Familie gestalten, wie Sie mit Ihrem Jungen klarkommen, das kann ich Ihnen nicht sagen. Sie werden das selbst herausfinden. Jungen, Eltern und Lebenssituationen sind ganz unterschiedlich. In diesem Buch finden Sie Hinweise und Vorschläge dafür, wie es gehen könnte. Welche für Sie passen, welche Erfahrungen und Ideen Sie umsetzen können, entscheiden Sie selbst. In welcher Intensität dabei Ihre Führungskraft wichtig ist, lässt sich kaum vorhersagen. Das Gute ist aber: Jungen signalisieren, was sie brauchen! Als ihr Gegenüber können Eltern sich genau darauf einstellen.
Wichtig ist mir, dass mit dem Ziel der Klarheit keine überhöhten Anforderungen einhergehen. Klare Ansagen machen, nah und zugleich klar sein, das soll für Entspannung, Zuversicht und Gelassenheit in der Erziehung sorgen, und deshalb soll es hier nicht um Leistungsdruck und Erziehungsoptimierung gehen! Wenn es Ihnen in Ihrer Familie und mit Ihrem Jungen gut geht, dann freuen Sie sich daran. Machen Sie mehr von dem, was Sie gut machen. Ansonsten gibt es keinen Grund, etwas zu verändern! Vielleicht denken Sie ein wenig darüber nach, was Sie und Ihr Junge alles richtig machen, dann können Sie das anderen weitergeben. Wenn es manchmal schwierig ist mit Ihrem Sohn, dann hilft nur Optimismus. Aus meiner Erfahrung heraus kann ich Ihnen Mut machen: Meistens geht es gut, und aus Jungen werden junge Männer, an denen sich das Elternherz erfreuen kann!
Gute Beziehung zum Sohn braucht Gelassenheit, Ruhe, Achtsamkeit und Entspannung. Eine der häufigsten Rückmeldungen von Jungen an Erwachsene (ja, auch an mich) lautet: Entspannt euch! Nicht so verbissen! Seht nicht alles so verkrampft! Chill mal, Alter! Diese Botschaften müssen wir ernst nehmen: Stress, Hektik und Leistungsdruck hebeln Erziehungsbeziehungen aus. Gerade in der heutigen Zeit sehnen sich Jungen wie Erwachsene nach stressarmen Phasen. Gleichmut ist die Eigenschaft, die nötig ist, um bestehen zu können: Das gilt für das Dauerbrenner-Thema »Jungen und Schule« und besonders für die Zeit der Pubertät. Bevor Sie sich also zu sehr anstrengen, um auch die Sache mit den klaren Beziehungen außerordentlich gut zu machen – entspannen Sie sich. Verabschieden Sie sich von der Vorstellung, die Beziehung zum Jungen genau richtig zu schaffen. Beziehung kann nicht perfekt gemacht werden! Im Gegenteil, Fehler sind gerade auch für Eltern wichtig, um sich weiterzuentwickeln. Sie gegenüber Jungen – und sich selbst – einzugestehen, verweist auf wahre Größe. Gerade durch Fehler lernen Eltern dazu. Allein deshalb wäre es schade, wenn Sie keine Fehler machen würden. Und in der Regel gilt auch hier: Wer keine Fehler macht, macht etwas falsch!
Vor bald sechs Jahren erschien die erste Auflage von »Jungen brauchen klare Ansagen«. Nach wie vor sind Jungen und Jungenerziehung ein großes und wichtiges Thema, das viele Eltern interessiert. Sie wollen – und manche müssen auch – klarkommen mit dem Sohn, der sie mit seinem Verhalten auf die Probe stellt. Das Interesse am Thema ist gleichbleibend groß, Jungen befeuern es mit ihrem Verhalten immer wieder neu. Sie sind es häufig, die Eltern Sorgen machen. Schon einige Male erzählten mir Mädchenmütter, dass sie gegenüber Jungeneltern die Erfolge ihrer Töchter gar nicht erst ansprechen, um sie nicht noch mehr zu deprimieren. Der Bedarf auf der Jungenseite besteht also nach wie vor.
Seit dem ersten Erscheinen dieses Buchs ist aber auch einiges passiert und manches hat sich verändert. Ich bin mit dem Thema »viel rumgekommen«. Bei Vorträgen, in der Elternbildung und in der -beratung stehen Fragen rund um das Thema »Autorität« ganz oben. Eltern sagen mir, wie wichtig liebevolle Klarheit bei der Erziehung von Jungen ist. Immer gibt es reichlich Fragen zu Schwierigkeiten mit den Jungen: Der Problemdruck wird eher mehr als weniger. Auch andere Fachleute nehmen das Thema sehr ernst. So erschien mittlerweile von Jesper Juul ein Buch zur Führung in der Erziehung (»Leitwölfe sein«). In der Schule werden Probleme von und mit Jungen mehr und deutlicher wahrgenommen, die wesentlich auch mit fehlender Klarheit zu tun haben, aber an vielen Stellen auch mit der mangelhaft erworbenen Fähigkeit von Jungen, folgen zu können.
Und die ganze Männerfrage stellt sich heute wieder einmal neu. Auf der einen Seite wirken Hoffnungen auf starke und rettende Männer, die dazu führen, dass zwielichtige, sehr traditionell männliche Figuren wie Donald Trump an die Macht kommen. Gleichzeitig setzt die #MeToo-Debatte Männlichkeitsmuster verschärft in die Kritik – eine klare Ansage vieler Frauen in Bezug auf das Verhalten von Männern. Auch wenn das Eltern nicht direkt anspricht, viele fragen sich doch, was sie tun können, damit aus ihrem Sohn ein anständiger – und kein übergriffiger – Mann wird. Auch die Zuwanderung und das Verhalten eines (kleinen) Teils der migrierten jungen Männer bietet Anlässe, um problematisches männliches Verhalten zu thematisieren, wobei eine Dynamik entstand, die das eingeborene Männliche idealisiert, das zugewanderte als gefährlich etikettiert. Damit wird die Diskussion darüber, wie Männlichsein gelingt und gefördert werden könnte, abgewürgt und von Problemen abgelenkt, die ganz gewiss nicht erst in den letzten Jahren entstanden sind.
Eine neue Studie zu Jungen belegt die Spannungen, in denen sich Jungen befinden: Gesellschaftliche Erwartungen an sie »als Jungen« kommen nach wie vor sehr traditionell bei ihnen an. Sie sollen sich durchsetzen können, im Zweifel zuschlagen, ein schwacher Mann ist kein richtiger Mann, Gefühle wie Angst oder Scham sollen sie nicht haben und schon gar nicht zeigen usw. (dies wurde allerdings nur in den USA, Großbritannien und Mexico untersucht). Interessant ist, dass die Jungen selbst viel häufiger ganz anderer Meinung sind, solchen Aussagen also nicht zustimmen. Nur müssen sie mit dieser Spannung umgehen, die Diskrepanz aushalten – keine einfache Aufgabe für Kinder und Jugendliche.
Zu alledem haben sich die Lebenswelten von Jungen in den letzten Jahren erneut gewandelt, und sie ändern sich immer weiter – das wirkt sich auch auf die Sphäre der Erziehung aus. Neue Körperbilder und -erwartungen werden erkennbar, die Jungen Druck machen und Eltern irritieren können; der rasant gewachsene »Bodykult« und die Idee der Körperoptimierung verlangen von Jungeneltern klare Haltungen. Hierzu fließen in diese neue Ausgabe wichtige Informationen ein. Ebenso schnell verändert sich die Mediennutzung: Wenn neue Spiele auf den Markt kommen oder Smartphones und Netze leistungsfähiger werden, beeinflusst dies Jungen und schlägt sich in der Stimmung der ganzen Familie nieder. Aktuell macht das Spiel »Fortnite« Furore, weshalb ich dieses Thema nun in einem eigenen Kapitel genauer in den Blick nehme. Soziale Medien wie Instagram verändern die Beziehungen unter Jugendlichen und bringen Freuden, aber auch Risiken mit sich; Apps wie Tinder, die helfen sollen, Menschen und mögliche Partnerinnen oder Partner in der näheren Umgebung zu finden, beeinflussen das Beziehungsinteresse und -verhalten, selbst dann, wenn Jungen sie gar nicht direkt nutzen. Nicht zuletzt macht der oft freie Zugang zu pornografischem Material im Internet – gerade auch für Jungen, die ihre Sexualität erst noch entdecken – es notwendig, neu und anders über diese Themen nachzudenken, und für Eltern, ihre Position in diesem heiklen Feld zu finden.
Die gründliche Bearbeitung und Auffrischung des vorliegenden Buchs orientiert sich an den Themen und Fragen, die Eltern beschäftigen und oft verunsichern, weshalb sie sich im Gegenzug unklar verhalten. Hier brauchen Eltern Orientierung, um diese dann an ihre Jungen weitergeben zu können.
Unsere schnelllebige Zeit macht Erziehung insgesamt nicht einfacher, Eltern von heute haben es wirklich nicht leicht. Wenn ich allerdings jeden Tag erlebe, wie verantwortlich sie mit ihrer Aufgabe umgehen, wie viele Eltern sich stark engagieren und weiterentwickeln, bin ich sehr zuversichtlich, dass sie ihre Sache gut hinbekommen und dass trotz wachsender Schwierigkeiten aus den Jungen »etwas wird«.
Es ist zwar eher unwahrscheinlich, dass ein Junge dieses Buch erwirbt – aber lesen: Wer weiß? Wenn »Junge« draufsteht und das Buch griffbereit herumliegt, kann das durchaus vorkommen. Das haben mir zumindest Eltern berichtet, die meine Bücher »Jungen – eine Gebrauchsanweisung« oder »Wie Jungen Schule schaffen« besitzen. Vielleicht steigt die Wahrscheinlichkeit, wenn Eltern die Pubertät des Sohnes wenig souverän bewältigen und es wird so problematisch werden, dass der Junge Rat sucht?
Dieses Buch richtet sich an Eltern. Aber es stehen auch keine Geheimnisse darin, die Jungen nicht erfahren dürften. Schon gar keine geheimen Tricks und Strategien, die darauf abzielen, Jungen zu manipulieren. Eigentlich ist das Buch nämlich für Jungen geschrieben: Sie liegen mir am Herzen. Jungen können besser unterstützt und begleitet werden, als dies heute vielerorts geschieht. Viele Jungen sind unglücklich oder zeigen problematische Verhaltensweisen, weil im Umgang mit ihnen etwas Wichtiges nicht passiert. Sie reagieren damit auf ein Defizit, für das sie nichts können.
Führung und klare Beziehungen sind eine zweiseitige Angelegenheit. Jungen tragen ihren Teil dazu bei. Wenn ich mit Jungen arbeite, versuche ich, wo möglich und nötig, sie auf ihren Teil in einer guten Beziehung hinzuweisen: Verantwortung für das eigene Handeln zu übernehmen, Konsequenzen zu tragen, aber auch für Freiheiten und Selbstverantwortung zu kämpfen. Eine Portion Rebellion steht jedem Jungen gut.
Jungen ahnen ja meist, dass ihre Eltern sie lieben, oft wissen sie es ganz sicher. Auf diesem Fundament lässt sich gut wachsen und auch pubertieren. Eine Kindheit benötigt auch Konflikte, die Jugendphase sowieso. Wo Eltern dazu neigen, immer nett sein zu wollen, weichen sie aus. Dem Jungen ist zu raten: Lass das nicht zu. Noch schlimmer sind Eltern, die Jungen jede Anstrengung und jeden Schmerz ersparen wollen. Hier sind Jungen besonders gefragt, ihre Eltern weiterzuentwickeln und sie in ihre Führungsrolle zu verpflanzen. Müttern und Vätern hilft es, wenn sie herausgefordert und konfrontiert werden. Auch Eltern brauchen klare Ansagen!
Aber seid nachsichtig: So wie Jungen ihr Größerwerden und ihre Pubertät erst entwickeln, wenn sie mittendrin sind, geht es ihren Eltern mit ihrer Rolle auch. Das heißt: Sie brauchen Zeit. Und meistens haben sie es erst zu dem Zeitpunkt wirklich begriffen, wenn der Junge erwachsen ist. Eltern darin zu begleiten, ist Aufgabe des Sohns. Viel Erfolg damit!
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