Die Franken
Campus Verlag
Frankfurt/New York
Über das Buch
Nach dem Ende der Völkerwanderungszeit breiteten sich die Franken im Westen Europas aus, wo sie sich im Gegensatz zu vielen anderen germanischen Völkern trotz einiger Auseinandersetzungen als Verbündete Roms und später als Nachfolger des Imperium Romanum sahen. Begründet wurde das Reich durch König Childerich, dem sein Sohn Chlodwig, der einer der mächtigsten Merowingerherrscher werden sollte, auf den Thron folgte. Chlodwig erweiterte das Reich durch Kriege gegen benachbarte Völker und Stämme und entledigte sich seiner Konkurrenten innerhalb des Reiches. Auch der Beginn des Abendlandes durch den Übertritt des Herrschers zum Christentum ist durch den Merowinger gesetzt worden. Während seiner Regentschaft fand ein Übergang bei den Franken vom Heidentum zum Christentum statt und somit auch eine Vermischung von Bräuchen, die zum Teil noch heute erhalten sind. Der Historiker Arnulf Krause erzählt von der Entstehung des Frankenreichs und der Blütezeit des Merowingergeschlechts, aber auch von dem Niedergang nach dem Tode Chlodwigs und der Machtübernahme durch die Karolinger.
Dieses E-Book ist Teil der digitalen Reihe »Campus Kaleidoskop«. Erfahren Sie mehr auf www.campus.de/kaleidoskop
Über den Autor
Arnulf Krause ist promovierter Germanist und Skandinavist, erfolgreicher Sachbuchautor und Experte für germanische Heldensagen und die Dichtung der Edda. Er lehrt als Honorarprofessor am Institut für Germanistik, Vergleichende Literatur- und Kulturwissenschaft der Universität Bonn.
Die erfolgreichsten Germanen nach der Völkerwanderungszeit
Südgermanische Stämme finden ihre neue Heimat
König Childerich
Das Grab des Frankenkönigs
Der ehrgeizige Chlodwig
König Chlodwig lässt sich taufen und wird Katholik
Die Franken zwischen Heidentum und christlichem Glauben
Chlodwig und sein Schutzheiliger
Chlodwigs Herrschaft: Machtgewinne nach Innen und Außen
Glanz und Elend der Merowinger
Die westgotischen Prinzessinnen
Der Kampf der Königinnen
Die Scheinherrschaft der späten Merowinger
Karl Martell und der Sieg der Karolinger
Exkurs: Häuser und Siedlungen
Exkurs: Die Germanen und der Tod
Exkurs: Magie bei den Germanen
Literaturverzeichnis
Quellen
Sekundärliteratur
Campus Kaleidoskop
Impressum
Die Welt der Germanen am Ende der Völkerwanderungszeit erstreckte sich, mit verschiedenen Bevölkerungsanteilen, von Norwegens Fjorden bis in die Abruzzen, von den Bergen Galiciens bis an die Elbe. Östlich davon siedelten von nun an Slawen, in der ungarischen Tiefebene hatte das Steppenvolk der Awaren seinen Mittelpunkt gefunden, das die Nachfolgeschaft der Hunnen angetreten hatte. Diese neue Germanenwelt umfasste außer den skandinavischen Völkern die Großstämme der Angeln und Sachsen, die von Schleswig-Holstein und Jütland in England eingewandert waren. Im Gebiet des heutigen Deutschland siedelten die Sachsen und Thüringer, südlich von ihnen die Alamannen und die Baiern, die als letzter Großstamm entstanden. In Norditalien hatten die Langobarden ein Reich begründet. Im Westen Europas breitete sich das erfolgreichste Germanenvolk aus: die Franken. Schon lange vor der Völkerwanderungszeit erscheinen die Krieger dieses Stammesbundes vom Niederrhein als gefährliche Piraten und Plünderer, aber auch als enge Verbündete Roms. Der Bischof Gregor von Tours hat kurz vor 600 eine Geschichte des Volkes geschrieben, unter dessen Herrschaft er als römischer Provinziale lebte. Darin geht er auch auf die blutige Frühzeit der Barbarenüberfälle ein:
»Damals überrannten die Franken den Grenzwall, erschlugen viele Menschen, verheerten die fruchtbarsten Gegenden und versetzten auch Köln in Angst und Schrecken. Als man davon in Trier erfuhr, sammelten die Generäle Nannius und Quintinus ihr Heer und zogen nach Köln. Nachdem ihre Feinde die reichsten Gegenden geplündert hatten, kehrten sie mit großer Beute über den Rhein zurück. Einen Teil des Heeres ließen sie allerdings in der Provinz zurück, um sie weiter zu verheeren. Mit diesen zurückgebliebenen Franken kämpften die anrückenden Römer. Viele von ihnen töteten sie im Kohlenwald, einem Teil der Ardennen.«
Quintinus nahm mit seinen Truppen die Verfolgung rechts des Rheins auf. Bei Neuss überquerten sie den Fluss, und nach zwei Tagesmärschen stießen sie auf Gehöfte und Dörfer, die von den Franken verlassen worden waren. Sie hatten sich wie ihre Vorfahren zu Arminius’ Zeiten in die Wälder zurückgezogen und als zusätzlichen Schutz Verhaue angelegt. Quintinus ging ihnen in die Falle. Seine Soldaten zerstörten zuerst die verlassenen Behausungen und zogen dann in die dichten Wälder. Dort sahen sie sich Pfeilschauern eines unsichtbaren Feindes ausgesetzt, der zudem die Waffenspitzen mit einem tödlichen Gift präpariert hatte. Der Heermeister Arbogast im fernen Rom, selbst Franke, soll gegen die verräterischen Stammesbrüder gewettert und ihre schlimmste Bestrafung gefordert haben. Er selbst unternahm von Köln aus einen Rachefeldzug, auf dem er zwar den Feind nicht stellen konnte, aber zumindest sein Land schwer verwüstete.
Nach Gregors Überlieferung stammten die Franken aus Pannonien. Diese Behauptung gehört jedoch ebenso in die Sagenwelt wie die spätere christlich-gelehrte These, sie stammten von den Trojanern ab. Derlei historische Anknüpfungen versuchen, die Geschichte des halbzivilisierten Barbarenvolkes, die in den trostlosen Wäldern und Sümpfen am Niederrhein begann, Rom gleichwertig zu machen. Glaubhafter ist die Bemerkung, sie hätten am Rhein gesiedelt, diesen überschritten und neues Land gewonnen. In einigen Quellen heißt dieses Land Toxandrien, es dürfte dem heutigen Brabant entsprochen haben. Erst links des Rheins, auf altem römischem Gebiet, bildeten sich zwei Stammesteile mit verschiedenen Herrschern: Die salischen Franken dehnten ihre Siedlungen und ihre Macht über Teile des nördlichen Gallien aus, während die Ripuarier oder Rheinfranken das Rheinland in südlicher Richtung für sich erschlossen, wobei sie auch in das ursprünglich germanische Land rechts des Stroms vordrangen und sich das Maingebiet aneigneten.
Unter den salischen Franken beendete Chlodio die Zeit mehrerer unabhängiger Häuptlinge. Mit ihm als Abkömmling eines vornehmen Geschlechts ließen die Merowinger ihre Herrscherdynastie beginnen. Nach Gregors Erzählungen kann er eine historische Person gewesen sein, die zu Beginn des 5. Jahrhunderts einen fürstlichen Hof pflegte. Chlodio begann auch die erfolgreichen Eroberungszüge seines Volkes:
Er vertrieb die Römer aus Cambrai und besetzte das Land bis zur Somme.