Vorwort

Schaut man in die Welt, könnte man glauben, sie sei völlig verrückt geworden. Auf der einen Seite Kriege, Menschen, die auf der Flucht ertrinken, Klimawandel, durchgeknallte Diktatoren, Populisten und Rassisten an der Macht. Auf der anderen Seite so viel Wohlstand und technologischer Fortschritt wie noch nie. Stillstand gibt es nicht.

Vielleicht ist aber gar nicht die Welt verrückt geworden, sondern der Mensch? Es sind die Menschen, die Kriege anzetteln, andere Menschen ertrinken lassen, zu viel CO2 produzieren und ihre politische Macht missbrauchen. Es sind übrigens auch Menschen, die die durchgeknallten Diktatoren, Populisten und Rassisten wählen.

Ein Buch über die dunklen Seiten

Wir alle lügen, provozieren, verarschen, haten und manipulieren manchmal. Wir fühlen uns angegriffen, wenn jemand eine Meinung ausspricht, die anders ist als unsere. Manche Menschen sind so sehr von ihrer Meinung überzeugt, dass man gar nicht mehr mit ihnen diskutieren kann.

Genau darum geht es in diesem Buch, um die dunklen Seiten des Menschen und der Gesellschaft. Nur wenn wir die dunklen Seiten kennen und verstehen, wie es dazu kommt, können wir besser mit ihnen umgehen. Mit den eigenen und denen der anderen. Und nur wenn wir etwas kennen und verstehen, können wir dafür sorgen, dass es uns und unserer Zukunft nicht schadet.

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»Wir schätzen die Menschen, die frisch und offen ihre Meinung sagen – vorausgesetzt, sie meinen dasselbe wie wir.«

Mark Twain

Viele Fragen, Antworten und Gedankenspiele

In diesem Buch werden viele Fragen gestellt wie: Ist Lügen wichtig für die geistige Entwicklung? Kann jeder provozieren? Ist Meinungsfreiheit absolut? Seit wann lachen wir über Hitler? Wie denkt politischer Hass? Wollen wir in einem Überwachungsstaat leben?

Auf jede dieser Fragen findest du Antworten, verschiedene Blickwinkel und Perspektiven. Weil die Antworten aber nicht vollständig oder abschließend sein können, gibt es zusätzlich eine Reihe von Gedankenspielen, die ebenfalls Fragen stellen. An dich. Dabei kommt es nicht darauf an, dass du alles gleich auf Anhieb beantworten kannst. Entscheidend ist, dass du ins Nachdenken kommst und herausfindest, was dich persönlich interessiert und zu welchem Thema du dir gerne eine eigene Meinung machen möchtest.

Die Zukunft: Du entscheidest mit!

Im letzten Kapitel geht es um Protest und gesellschaftliches Engagement. Auch deine Stimme wird in Zukunft mit darüber entscheiden, wie viel Gleichberechtigung wir in unserer Gesellschaft wollen, ob wir das Wahlalter auf 16 Jahre senken, was uns Europa wert ist und wer alles dazugehören soll. Aber auch, was wir für den Umweltschutz tun werden und wie viel Überwachung wir in unserem Alltag akzeptieren.

Am Ende wird es nicht möglich sein, alles zu verändern. Aber wir können das Schlimmste verhindern. Jeder kann den Blick auf sich selbst richten und sich folgende Fragen stellen: Von welcher Zukunft träume ich? Wofür will ich mich engagieren? In welcher Gesellschaft will ich leben?

Die Antworten darauf sind nicht immer einfach. Noch schwieriger ist ihre Umsetzung. Nur die Haltung, die man für ein Buch über die dunklen Seiten braucht, ist so einfach wie der Spruch auf einem Yogi-Tee-Beutel: »Lasst uns Lichter anzünden, statt über die Dunkelheit zu klagen.«

Kapitel 1: Lügen

01. Ist Lügen menschlich?

»Morgen kommt der Weihnachtsmann!« Obwohl jeder ab einem bestimmten Alter weiß, dass das nicht stimmt, wird diese Illusion nach wie vor in vielen Kinderzimmern lebendig gehalten. Für die meisten Kinder ist Weihnachten eines der spannendsten und aufregendsten Feste des Jahres: Die Familie kommt zusammen, es wird gut gegessen und man macht sich gegenseitig Geschenke. Kein Wunder also, dass Weihnachten bei Kindern so beliebt ist. Trotzdem sind die Geschichten vom Weihnachtsmann und Christkind letztlich Lügen – oder nicht? Millionen von Eltern lügen ihre Kinder an, wenn sie ihnen erzählen, dass der Weihnachtsmann und der Osterhase wirklich existieren. Aber das scheint unter die Art von Lügen zu fallen, über die man nicht böse ist und die man den eigenen Eltern später auch nicht weiter verübelt.

Im Alltag sieht das meist anders aus. Da wird niemand gern belogen. Trotzdem lügt jeder Mensch mehrmals am Tag, obwohl er höchstwahrscheinlich versucht, nur in dringenden Not- und Ausnahmefällen zu lügen (oder an Weihnachten, wenn man kleine Kinder hat!). Überhaupt wird selten leichtfertig oder grundlos gelogen. Meistens lügt man aus Höflichkeit, Scham, Not, Selbstschutz, Unsicherheit oder aus Angst. Es gibt also durchaus berechtigte Gründe dafür, warum man lügt. Und trotzdem möchte niemand als Lügner gelten.

Was ist ganz allgemein gesagt das Ziel einer Lüge? Meist dient sie dazu, sich selbst einen Vorteil gegenüber anderen zu verschaffen. In Wirtschaft und Politik ist die Lüge häufig von der Gier nach Macht getrieben. Wer lügt, will aber manchmal auch einfach nur Verwirrung stiften. Politiker wie Donald Trump und Boris Johnson zum Beispiel wissen, wann sie lügen, und können abschätzen, was sie damit anrichten. Dabei geht es gar nicht unbedingt darum, andere von der eigenen Lüge zu überzeugen. Man wiederholt sie einfach so oft, bis auch andere an den Fakten zweifeln. Wenn hinterher niemand mehr genau weiß, was eigentlich wahr ist und was nicht, dann fällt es nicht mehr so auf, dass man gelogen hat. Man hat dann die gewünschte Verwirrung erzeugt und kann weiter für seine Ziele und Interessen kämpfen. Beim Lügen in der Politik geht es also in erster Linie um Manipulation und Demonstration von Macht. Das beinhaltet auch die Schwächung des Gegners (vgl. hierzu auch Kapitel 4: HATEN und Kapitel 5: MANIPULIEREN).

Generell genießt die Lüge keinen besonders guten Ruf. Schon gar nicht im Alltag. Lügner, die auffliegen, gelten als egoistisch, skrupellos, berechnend und unzuverlässig. Kurz gesagt: Wer viel lügt, wirkt für andere schnell unsympathisch. Wer lügt oder flunkert, lässt sich dabei am besten nicht erwischen. Denn wer lügt, handelt unmoralisch und verspielt das Vertrauen anderer Menschen. Würden alle Menschen permanent lügen, könnte man sich auf niemanden mehr verlassen. Das wiederum gefährdet nicht nur private Beziehungen, sondern macht auch politisches Handeln unmöglich. Wie soll man Verträge und Abkommen aushandeln, wenn man nie weiß, ob das Gegenüber gerade die Wahrheit sagt oder lügt? Wie kann man soziale Beziehungen ohne Vertrauen aufbauen?