Franz-Rudolf Esch

Identität

Das Rückgrat starker Marken

Campus Verlag

Frankfurt/New York

Über das Buch

Manager verbindet der gemeinsame Traum von einer starken Marke. Die am besten ein bisschen wie Apple, Google oder Coca-Cola ist. Und dann versuchen sie, so zu werden wie ihr großes Vorbild.

Doch das kann nur schief gehen, weiß Markenexperte Franz-Rudolf Esch. In seinem neuen Buch zeigt er, dass starke Marken individuelle Persönlichkeiten besitzen. Eine gefestigte Identität wie sie auch Weltveränderer vom Schlage eines Nelson Mandela oder eines Mahatma Gandhi aufweisen. In Identität analysiert Esch die Erfolgsmuster großer Persönlichkeiten und Marken und weist erstaunliche Gemeinsamkeiten nach. Aus ihnen entwickelt er überdauernde Gesetzmäßigkeiten und fundierte Konzepte der Markenführung. Dabei kommt auch die Umsetzung nicht zu kurz. Esch erklärt, wie Markenmanager die Identität ihrer Marke optimal zum Leben erwecken: gegenüber Mitarbeitern und Kunden. Unterhaltsam und anschaulich dargestellt anhand zahlreicher Beispiele aus der Beratungspraxis des Autors.

Vita

Prof. Dr. Franz-Rudolf Esch steht seit über 25 Jahren im Dienste der Marke. Laut der Zeitschrift Absatzwirtschaft ist Professor Esch der bekannteste lehrende Marketingforscher in Deutschland. Er steht wie kein anderer für Marke und Kommunikation. Franz-Rudolf Esch ist Direktor des Instituts für Marken- und Kommunikationsforschung (IMK) an der EBS Universität für Wirtschaft und Recht in Oestrich-Winkel/Wiesbaden und führt das Beratungsunternehmen ESCH. The Brand Consultants, Saarlouis und Köln.

Inhalt

Für Rezepte empfehle ich Kochbücher

Teil I:Von großen Persönlichkeiten und starken Marken

Kapitel 1
Von Mahatma Gandhi und Mutter Teresa lernen

Große Persönlichkeiten haben einen »reason for being«

Große Persönlichkeiten stehen für klare Werte

Große Persönlichkeiten verfügen über eine klare Identität

Große Persönlichkeiten haben eine klare Vision

Kapitel 2
Warum manche Marken glänzen und andere nicht

Marken schaffen Wert

Marken dienen der Orientierung und geben Halt

Was macht Marken stark?

Starke Marken sind bekannt und akzeptiert

Starke Marken verfügen über klare Images

Starke Marken sind gespeicherte Schemata oder positive Vorurteile

Starke Marken verfügen über die gleichen konstituierenden Kennzeichen

Starke Marken sind Emotionen pur

Bei starken Marken setzt der Verstand aus

Starke Marken genießen Vertrauen

Zu starken Marken bauen Kunden eine Bindung auf

Starke Marken sind Ausdruck unserer Identität

Starke Marken sind ein soziales Phänomen

Kapitel 3
Identität schafft Authentizität − bei Persönlichkeiten und bei Marken

Menschen sind Sinnsucher. Marken sind Sinnstifter.

Wer steuert, was auf die Menükarte der Kunden kommt?

Wie groß ist unser Interesse, aktiv zu suchen?

Haben wir die Kapazitäten, um uns intensiv mit dem Informationsangebot auseinanderzusetzen?

Sinnsucher

Sinnstifter

Identität ist nicht unveränderlich

Identität entsteht im Wechselspiel zwischen Ich und Umfeld

Identitätsverlust ist Gesichtsverlust

Identität ist die Voraussetzung für Authentizität

Was macht Authentizität aus?

Teil II:Identität bilden

Kapitel 4
Den Unterschied spüren

Kapitel 5
Den Zweck bestimmen und die Grundsätze festlegen

Warum gibt es mich, was treibt mich an?

Wofür stehe ich ein?

Kapitel 6
Die Identität ableiten

Merkmale der menschlichen Identität und der Markenidentität verstehen

Pilot und Autopilot: die harte und die weiche Seite der Markenidentität

Hard Facts: What’s in it for me?

Soft Facts: How do I feel about it?

Persönlichkeit der Marke erfassen

Mit der Marke verknüpfte Erlebnisse ermitteln

Beziehung zur Marke festlegen

Markensignale bestimmen: Wie trete ich auf?

Die Markenkompetenz als Kern: Wer bin ich?

Das Ganze ist mehr als die Summe seiner Teile

Den Identitätsprozess wirksam durchlaufen

Innen starten: Identität kommt von innen

Extern Spiegeln: der Realitätscheck bei Kunden

Von den Wurzeln in die Zukunft: Weiterentwicklung der Identität

Den Buy-in wirksam betreiben

Assets werden unterschätzt

Die Kirschen in Nachbars Garten

Fantasy World

Politik und opportunistisches Handeln

Kapitel 7
Die Position und den Fokus bestimmen

Warum sollen Kunden mich kaufen?

Besonderheiten des Angebots herausstellen

Für Kunden attraktiv sein

Sich von der Konkurrenz abheben

Langfristige Positionen aufbauen

Positionierung oder Segmentierung: Was kommt zuerst?

Kapitel 8
Die Vision bestimmen

Welchen Hafen möchte ich erreichen?

Kapitel 9
Kohärenz von Geschäftsmodell und normativem Gerüst

Erweiterung der Kommunikations- und Interaktionsplattform für die Marke

Erweiterung des Geschäftsmodells der Marke

Anpassung des normativen Gerüsts der Marke als Basis für weiteres Wachstum

Pathologischem Verhalten entgegenwirken

Teil III:Identität wirksam umsetzen

Kapitel 10
Umsetzung ist Strategie: das Macher-Gen entwickeln

Strategieriesen und Umsetzungszwerge

Kapitel 11
Employer Branding: Die richtigen Mitarbeiter anziehen

Innen starten: Erdung der Employer Brand

Externe Analyse: Bedarf der Bewerber erfassen und Wettbewerber analysieren

Mit Yin und Yang die Employer Brand ableiten

Die Great-place-to-work-Botschaft ableiten

Attraktion der richtigen Mitarbeiter durch wirksame Kommunikation

Die richtigen Mitarbeiter auswählen

Vermittlung der Markenwerte durch Online-Plattformen

Vermittlung der Markenwerte im Bewerberprozess

Den gesamten Bewerbungsprozess markenkonform gestalten

Bewerber sind Kunden

Unternehmen hinterlassen keine gute Visitenkarte

Stellhebel zur Candidate Experience

Kapitel 12
Behavioral Branding: Die Mitarbeiter hinter die Marke bringen

Erfolgshemmer: zu schnell, zu ungeduldig, nicht nachhaltig

Mangelndes Commitment als Konsequenz

Mitarbeiter zu Markenbotschaftern machen

Führungskräfte als Rollenmodell und Katalysatoren der Marke nutzen

Vorbild sein

Commitment zeigen

Markenorientiertes Verhalten einfordern

Den Prozess systematisch planen

Motivieren und Mitarbeiter für die Marke begeistern

Verstehen und Schaffung eines gemeinsamen Mindsets

Handeln und Umsetzen des Markenversprechens in konkrete Maßnahmen

Verknüpfung von Massenkommunikation und persönlichen Maßnahmen

Kampagnencharakter der Massenkommunikation berücksichtigen

Marke in Stein meißeln: das Markenhandbuch

E-Learning-Tools als Instrument einsetzen

Den Flurfunk nutzen: Storytelling

Empowerment: Mitarbeiter zum markenkonformen Handeln befähigen

Toolbox anhand festgelegter Kriterien bestimmen

Nachhaltigkeit sicherstellen und Erfolge messen

Marke im Anreizsystem abbilden

Fehler bei der internen Implementierung umschiffen

Kapitel 13
Die Muster entwickeln: Woran erkenne ich die Marke wieder?

Vom Trial and Error zum Muster mit System: Sozialtechniken als Brücke zum Kunden

Wo und wodurch kann ich meine Marke sichtbar machen?

Wie kann ich die Maßnahmen markenspezifisch gestalten?

Wie mache ich meine Marke vom Wettbewerb unterscheidbar?

Kapitel 14
Die Maßnahmen orchestrieren: Wie schaffe ich ein überzeugendes Markenerleben?

Integrierte Kommunikation: Die »Bahnung« macht den Unterschied

Härtere Rahmenbedingungen erschweren die Markendurchsetzung

Integrierte Kommunikation ist die Suche nach dem »Big Picture« für eine Marke

Wechseln um des Wechselns willen bringt nichts

Zersplitterte Kommunikation kontra integrierte Kommunikation: ein Wirkungsvergleich

Mittel und Dimensionen der integrierten Kommunikation

Kontinuität als Erfolgsfaktor: Steter Tropfen höhlt den Stein

Abstimmung der Kommunikationsmittel als Verstärker

Formale Integrationsklammern als Spur zur Marke

Inhaltliche Integrationsklammern zur Vermittlung der Positionierung

Integrationsklammern auf das Interesse der Kunden abstimmen

Kapitel 15
Die Reise des Kunden kennen und Kontaktpunkte wirksam gestalten

Das Management der Kontaktpunkte nicht dem Zufall überlassen

Vorkaufphase als Phase der Markenprägung

Kaufphase zur Vermittlung hoch relevanter Informationen für den Abschluss

Nachkaufphase zur Kundenbindung

Aufgabenteilung im Kommunikationsmix

Interne Bestandsaufnahme durchführen und Silodenken abbauen

Externe Analyse zum Verständnis der Kundenreise

Optimierung vorhandener sowie Schaffung neuer Kontaktpunkte

Erfolgsmessung mittels Customer Touchpoint Tracking

Grenzen der Steuerbarkeit von Kommunikationsmaßnahmen

Steuerbare Kontaktpunkte mit passivem Konsumentenverhalten (primär Paid Media)

Steuerbare Kontaktpunkte mit aktivem Konsumentenverhalten (primär Owned Media)

Nicht steuerbare Kontakte mit aktivem Konsumentenverhalten (Earned Media)

Kapitel 16
Marken sinnlich erlebbar machen: Wie verstärke ich die Markeneindrücke?

Erleben schlägt Verstehen

Ich fühle, also bin ich: neurowissenschaftliche Belege

Somatische Marker als gespeichertes Erfahrungswissen

Der Mensch als Konsumaffe?

Die Vernunft der Emotionen

Die erlebte Qualität macht den Unterschied

Nonverbale Eindrücke dominieren verbale Eindrücke

Die kohärente Vermittlung nonverbaler Reize

Einfluss unterschiedlicher Sinneseindrücke

Die Marke über alle Sinne erlebbar machen

Die Klaviatur multisensualer Reize nutzen

Selbsttest: Wie gut sind Sie im Einsatz multisensualer Reize für Ihre Marke?

Kapitel 17
Die Massen nutzen: Wie werde ich zum Gesprächsstoff?

Was bringt Menschen dazu, Mundpropaganda zu betreiben und Botschaften weiterzuleiten?

Wie kann man Mundpropaganda ankurbeln?

Grenzen des Word of Mouth erkennen

Teil IV:Markenwachstum identitätskonform gestalten

Kapitel 18
Wachstum hat viele Facetten

Innovationen sind der Motor für Wachstum

Die Marke zeitgemäß weiterführen

Die schlummernden Wachstumspotenziale der Marke ausschöpfen

Welche Wachstumsstrategie ist die richtige für Ihre Marke?

Markenbekanntheit

Klarheit des Markenimages

Relevanz (relevant set) und erste Wahl (first choice)

Kauf der Marke

Loyalität und Bindung

Weiterempfehlung

Kapitel 19
Marktbezogene Innovationen systematisch betreiben

Innovationen im Unternehmen fördern: die richtigen Fragen stellen

Welche Art von Innovation ist erfolgversprechend?

Empfinden die Kunden die Innovation als neu und relevant?

Wie notwendig ist die Innovationsführerschaft aus Markensicht?

Wie sind Innovationen aus Markensicht zu interpretieren?

Wie kann eine Innovation wirksam vermarktet und kommuniziert werden?

Marktgetriebene Innovationen auf Basis von Consumer Insights und Scouting

Den Engpass lösen: Kunden sind sich oft ihrer Bedürfnisse nicht bewusst

Perspektivwechsel mit dem Wachstumsdiamanten systematisch betreiben

Kapitel 20
Marken wirksam dehnen und Allianzen bilden

Wie weit lässt sich eine Marke dehnen?

Dehnung durch Ansprache neuer Zielgruppen

Die kommunikative Auslobung der Passung

Die Einführung von Subbrands

Die Nutzung von Limited Editions

Die Wahl eines Partners für eine Markenallianz

Teil V:Identität wahren

Kapitel 21
Der Verwässerung und Markenerosion entgegenwirken

Erosion durch fehlende Einzigartigkeit und mangelnde Innovationskraft

Erosion durch häufige Preisaktionen

Erosion durch schlechten Service

Erosion durch mangelnde Kontinuität

Erosion durch häufige Managerwechsel

Erosion durch falsche Anreizsysteme

Kurzzeitdenken ersetzt kein langfristiges Markenkonzept

Kapitel 22
Komplexität managen und Brand Confusion vermeiden

Kunden nicht überfordern

Das Marmeladenexperiment

Brand Confusion durch komplexe Produktprogramme

Magical Number 7 +/– 2

Markenselbstähnlichkeit wahren bei notwendiger Differenzierung der Produkte

Mental Convenience

Brand Confusion bei Mehrmarkenstrategien

Marken auf spezifische Bedürfnisse abstimmen

Rollen der Marken im Markt klären

Prägnanz- und Diskriminationsfähigkeit prüfen

Kannibalisierung der Marken im Auge behalten

Management von Markenportfolios

Brand Confusion bei Markenarchitekturen

Nicht von innen nach außen denken

Den Spagat zwischen Synergien und notwendiger Eigenständigkeit managen

Stärke, Rolle und Hebel der Marken innerhalb der Markenarchitektur prüfen

Wege zur Stärkung einer schwachen Unternehmensmarke

Kapitel 23
Große Persönlichkeiten sterben – starke Marken nicht

Genaue Kenntnis der Markenidentität

Macht der Disziplin: vom Marshmallow-Experiment lernen

Bereitschaft zur Anpassung: Wandel als Chance für die Marke begreifen

Wandel als Chance: Rügenwalder Mühle

Anmerkungen

Literatur

Register

Für Rezepte empfehle ich Kochbücher

Dieses Buch ist mir ein Anliegen, denn ich schildere darin meine persönliche Sicht auf den Aufbau und die Stärkung erfolgreicher Marken. Sie beruht auf 25 Jahren Forschung und Beratung in Sachen Marke. In dieser Zeit habe ich mehr als 400 Markenprojekte für die unterschiedlichsten Unternehmen begleitet: von B2C über Dienstleistungen bis hin zum B2B-Bereich, von DAX-Unternehmen über Familienbetriebe bis zu Hidden Champions, vom Hardcore-Business wie bei BASF, Schaeffler oder Würth über Dienstleistungsunternehmen wie R+V, Provinzial, TargoBank oder Konsumgüterunternehmen wie Ferrero, Bitburger und Nestlé bis hin zur Inspiration bei Swarovski oder Walt Disney. Ich hatte die Freude, mit mehr als 140 Marken zusammenarbeiten zu dürfen, und habe viel aus diesen Projekten für mich persönlich mitgenommen.

Sie müssen nicht alle in diesem Buch vertretenen Ansichten teilen, wenngleich mich dies freuen würde. Aber Sie können sie in Bezug zu stellen zu dem, was Sie tun.

Wenn Sie ein Rezeptbuch erwarten, muss ich Sie enttäuschen. Die Welt ist nicht schwarz oder weiß, sie ist bunt. Deshalb sind mir die heilbringenden Promotoren suspekt, die einseitig neue Erfolgsansätze propagieren, weil diese für die (Eigen-)Vermarktung nützlich sind. Themen gibt es hier zuhauf: von neuronaler Markenführung über Markenliebe, alles erklärende Key-Performance-Indikatoren wie den Net Promoter Score (also die Weiterempfehlungsbereitschaft) bis hin zur Digitalisierung der Welt.

Schon der große Managementvordenker Peter F. Drucker fand, dass Führungskräfte sich zu oft mit Managementtrends und -moden, aber zu wenig mit grundlegenden und wichtigen Fragen auseinandersetzen. Er hatte Recht: Moden zu folgen macht Spaß, ist inspirierend, schafft Gesprächsstoff unter Gleichgesinnten und verpflichtet zu nichts.

Das ist übrigens nicht nur bei Managern so. In mir schlagen zwei Herzen: das des Wissenschaftlers und das des Praktikers. Und mir geht es genauso. Natürlich lassen sich auch Wissenschaftler leicht verführen: durch neue Ansätze, Methoden und Modelle. Oft ist der Fortschritt im Sinne des Erkenntnisgewinns dahinter jedoch marginal.

Bei der neuronalen Forschung ist beispielsweise längst Ernüchterung eingetreten, weil die hochgesteckten Erwartungen (noch) bei Weitem nicht erfüllt werden. Mit Rationalität hat dies oft wenig zu tun. Aber das ist nur menschlich: Über 90 Prozent der Professoren glauben beispielsweise, dass sie besser sind als der Durchschnitt aller Kollegen.1 Wie ist das möglich? Und wie kommt es, dass ich mich selbstverständlich auch dazuzähle?

Warum diese »Erfolgsansätze« vielleicht Denkanstöße geben mögen, aber oft nicht übertragbar sind, ist leicht erklärt: Keine zwei Marken sind gleich. Keine zwei Märkte sind gleich, geschweige denn die Kundengruppen, die Wettbewerbssituation, die Dynamik im Markt mit technischen und sonstigen Entwicklungen, die Manager und Mitarbeiter im Unternehmen und deren Glaubensbekenntnisse, die anderen Anspruchsgruppen und so weiter.

Lassen sich dann Rezepte einfach übertragen, sind sie überhaupt gültig für jeden Bereich? Oder wäre es für sie nicht sinnvoller, sich mit grundlegenden strategischen Fragen zur eigenen Marke auseinanderzusetzen und zu versuchen, allgemeingültige Erkenntnisse mit Blick auf die eigene Situation zu übertragen, sofern diese relevant sind?

In manchen Büchern betonen Autoren, dass Markenliebe als stärkster Ausdruck der Verbindung von Mensch und Marke erstrebenswert sei. Es folgen dann immer die gleichen Beispiele für diese tiefe Form der emotionalen Bindung, an vorderster Front Apple. Lässt sich diese Forderung auch wirklich auf andere Bereiche und Marken übertragen?

Wenn Sie bei Kopfschmerzen auf eine bewährte Marke wie Aspirin zurückgreifen, lieben Sie dann diese Marke? Ist das überhaupt möglich oder handelt es sich um eine Zweckbeziehung? Möglicherweise brauchen Sie die Marke, sind sogar abhängig von der Wirkung, aber ist das »echte« Liebe, wie sie Fans von Borussia Dortmund für ihren Verein empfinden? Wohl kaum. Und verhält es sich anders, wenn Sie im B2B-Business C-Teile von Würth geliefert bekommen oder BASF Ihnen verlässlich Chemikalien auf den Hof bringt? Ganz offensichtlich stehen dahinter andere Mechanismen, die Sie kennen und verstehen müssen, um die richtigen Maßnahmen zu ergreifen.

Es ist auch bekannt und belegt, dass sich eine emotionale Markenbindung auszahlt. Dahinter stehen aber oft andere Treiber: Am Institut für Marken- und Kommunikationsforschung habe ich mit meinen Mitarbeitern die unterschiedlichen Facetten der Markenbindung untersucht. Apple hat eine hohe Markenbindung, weil Kunden diese Marke lieben und ihre Fans sind, Nivea hat hingegen eine hohe Markenbindung, die durch Sozialisation erworben wurde. Die Nutzer fühlen sich der Marke verbunden, weil schon die Eltern Nivea nutzten und sie die Marke dadurch kennen- und schätzen gelernt haben. Es ist nur logisch, dass dies gerade für die Eroberung ausländischer Märkte andere Konsequenzen für Nivea hat als für Apple.

Erfolgreiche Markenführung hat viel mit grundlegenden Fragestellungen und mit Liebe zum Detail zu tun. Wie Peter F. Drucker glaube auch ich: Die einfachsten Fragen sind die besten.

Auf den folgenden Seiten finden Sie diese einfachen Fragen, die Sie als Bausteine für eine erfolgreiche Markenführung verwenden können. Dabei schält sich für mich ein Kern der Marke heraus, der auf dem Fundament der Identität beruht. Anders als in anderen Ansätzen, etwa zur Positionierung, bei denen der Fokus auf dem Kunden liegt und eine Marke primär relevant und eigenständig im Kopf der Kunden platziert werden soll, ist der Identitätsansatz zunächst innenorientiert. Insofern verhält es sich genauso wie bei bekannten Persönlichkeiten, die wissen, was sie antreibt, die über eine klare Identität und Werte verfügen, eine Zukunftsvision entwickeln und diese in die Tat umsetzen und dabei viele Mitstreiter und Protagonisten finden.

Menschen wie Marken sind einem ständigen Anpassungsprozess unterworfen. Nichts ist so beständig wie der Wandel. Das wird auch immer so bleiben. Dennoch bin ich der festen Überzeugung, dass es zeitlose Prinzipien der Markenführung gibt. Von der Erfindung der Elektrizität über das Telefon, das Automobil, das Radio und das Fernsehen, die Digitalisierung bis zum Internet der Dinge: Wichtige Markenprinzipien überdauern trotz des ständigen Wandels.

Auch Menschen müssen sich den rasanten Entwicklungen anpassen. Das ist natürlich möglich – bis zu einem gewissen Punkt. Aber verändern wir dadurch auch unsere Identität oder das, woran wir glauben? Es ist bekannt und belegt, dass sich unsere Verhaltensprogramme bei Weitem nicht so schnell anpassen können, wie es erforderlich wäre. Zum Teil reagieren wir auf die moderne Umwelt noch mit Programmen aus der Steinzeit. Das Verhalten von Autofahrern auf der Autobahn, die sich teilweise aufführen wie wild gewordene Gorillas, wenn sie bei Überholvorgängen gestört werden, ist nur ein Beispiel von vielen. Mit unserer Rationalität ist es nicht so weit her. Deshalb sagte der Hirnforscher Antonio Damásio auch treffend: »Ich fühle, also bin ich.«2 Zuerst kommen die Gefühle, danach die Ratio. Somit wird unser Verhalten auch immer durch Emotionen beeinflusst – mal mehr, mal weniger.

Je komplexer die Umwelt, umso mehr suchen Menschen nach Orientierung und nach Vereinfachung.

Merksatz

Menschen sind Sinnsucher. Marken stiften Orientierung und geben Sinn. Dadurch vereinfachen sie unser Leben.

Teil I:

Von großen Persönlichkeiten und starken Marken

Kapitel 1
Von Mahatma Gandhi und Mutter Teresa lernen

Schon Hans Domizlaff, der Begründer der Markentechnik, war der Meinung, dass Marken ein Gesicht wie ein Mensch haben.3 Vielleicht geht es Ihnen dabei so wie mir, dass es nicht immer die schönen und jungen Gesichter sind, die Sie am meisten anziehen. Auf mich wirken häufig Gesichter reizvoller, in denen ich den Lauf der Zeit, die Erfahrung und das Erlebte erahnen kann.

Marken lassen sich durch ähnliche Persönlichkeitsmerkmale beschreiben wie Menschen und weisen auch Beziehungsmerkmale auf. Die Markenpersönlichkeit von Apple ist eher jung, lässig, cool und verknüpft mit relaxten Menschen in Jeans und Freizeitoutfit. Kunden pflegen mit der Marke eine freundschaftliche Beziehung, manche sprechen gar von einer Liebesbeziehung. Die Markenpersönlichkeit von IBM ist eher formell geprägt, IBM wirkt älter und seriös. Wahrscheinlich haben Sie einen Mann im dunklen Anzug vor Augen.

Doch wie bei jeder Analogie hinkt auch dieser Vergleich. Die sogenannten Big Five sind die in der Psychologie anerkannten Dimensionen zur Beschreibung der Persönlichkeit von Menschen:

Sie stimmen allerdings nur graduell mit den Persönlichkeitsdimensionen von Marken überein.4 Und während die Big Five der menschlichen Persönlichkeit stabil sind, ist dies bei Marken nicht der Fall.

Sie können Menschen in Timbuktu, Stellenbosch, Rom oder New York danach beurteilen, ob sie eher extravertiert oder introvertiert, gewissenhaft oder neurotisch sind. So stabil Persönlichkeitsdimensionen bei Menschen sind, so stark schwanken sie von Marke zu Marke und von Branche zu Branche und dienen somit maximal zur Beschreibung, hingegen kaum zur Klassifikation von Marken.5 Walt Disney wäre dann eher extravertiert und offen für Erfahrungen, die R+V-Versicherung eher gewissenhaft und verträglich im Sinne von kooperativ, freundlich oder mitfühlend.

Wenngleich sich die Erkenntnisse zur menschlichen Persönlichkeit nicht eins zu eins auf Marken übertragen lassen, entfaltet die Analogie eine magische Wirkung, weil gewisse Phänomene, Kennzeichen und Mechaniken sowohl bei Menschen als auch bei Marken beobachtbar sind. Es sind Erfolgsmuster, die Menschen einzigartig und wertvoll machen. Um kein Missverständnis aufkommen zu lassen: Jeder Mensch ist wertvoll, aber wie bei Marken kann der Wirkungskreis dieser Persönlichkeiten stark schwanken. Und dafür gibt es Gründe.

Manche Menschen haben eine große Gefolgschaft, andere nicht. Mahatma Gandhi hat Massen bewegt, Mutter Teresa hat Massen berührt und war für viele Vorbild, Martin Luther King hat Massen gefesselt und die Stimme gegen Unterdrückung erhoben. Seine Rede »I have a dream« gilt als die beste Rede des vergangenen Jahrtausends. Sie fesselt, berührt, bewegt und sie schildert ein begehrliches Zukunftsbild für farbige Menschen in den USA. Wenn wir unseren eigenen Wirkungskreis spiegeln, so mag dieser vielleicht größer sein als bei anderen Menschen in unserem persönlichen Umfeld, allerdings relativiert sich das Bild sehr schnell im Vergleich zu herausragenden Persönlichkeiten, die in Geschichtsbüchern verewigt wurden.

Apple und Google bewegen Menschen ähnlich stark wie Nelson Mandela oder Mahatma Gandhi, allerdings in anderen Bereichen. Das begründet ihren Wert als stärkste Marken der Welt. Doch welche konstituierenden Merkmale kennzeichnen große Persönlichkeiten?

Große Persönlichkeiten haben einen »reason for being«

Sie wissen, warum sie auf der Welt sind. Sie wissen, was sie antreibt. Ihr Leben folgt einem bestimmten Zweck. Das stiftet Sinn und gibt Orientierung. Mutter Teresa verspürte auf einer Fahrt durch Kalkutta beim Anblick eines Kruzifixes die Berufung, den Armen zu helfen. Sie brachte dies in folgendem Satz zum Ausdruck: »Die Armut wurde nicht von Gott geschaffen, die haben wir hervorgebracht, ich und du mit unserem Egoismus.«6 Fortan widmete sie ihr ganzes Leben dem Kampf gegen Armut. Für ihr Wirken erhielt sie im Jahr 1979 den Friedensnobelpreis und wurde von der katholischen Kirche im Jahr 2003 seliggesprochen. Bei allen großen Persönlichkeiten können wir unschwer einen Zweck, eine Mission ausmachen, die sie antrieb: Carl Benz war beseelt davon, ein Automobil zu bauen und ihm zum Durchbruch zu verhelfen, Ingvar Kamprad wollte den Menschen ein besseres Leben ermöglichen.

Ich habe das Privileg, viel mit jungen Menschen zusammenzuarbeiten, die intelligent, ehrgeizig und voller Ideen sind. Die Frage nach ihrer Mission macht diese jungen Menschen aber oft sprachlos. Die meisten haben keine Antwort darauf. Ich hätte sie früher auch nicht gehabt. Dabei stellen schon Kleinkinder, sobald sie sprechen können, ihren Eltern oft die Sinnfrage: Warum gibt es mich? Als ich zum ersten Mal die Frage hörte, war ich als Vater überrascht und sprachlos. Die Zeugungsgeschichte ist hier definitiv die falsche Antwort. Menschen sind Sinnsucher. Sie brauchen einen »reason for being«: Was ist der Grund für meine Existenz? Das schafft Orientierung, Antrieb und tiefe Zufriedenheit.

Große Persönlichkeiten stehen für klare Werte

Diese Werte dienen ihnen als Richtschnur für ihr Verhalten. Es sind Grundsätze, an denen sie sich orientieren und für die sie einstehen. Für Mahatma Gandhi waren drei Grundsätze essenziell, an denen er sich sein Leben lang orientierte: Wahrheit, Gewaltlosigkeit und Selbstbestimmung.

Die Geschichten, die sich um diese Werte ranken, und die Konsequenz, mit der Gandhi diese Werte lebte, sind legendär. Gandhi handelte nach dem Motto »Walk your Talk«.

Eine dieser Geschichten bringt dies – stellvertretend für viele andere – eindrucksvoll zum Ausdruck. Es geht um das Thema Wahrheit. Der Erzählung zufolge wurde Gandhi von einer Mutter aufgesucht, die bei ihm Hilfe und Rat suchte. Es ging um ihren Sohn, der massives Übergewicht hatte. Die Mutter war verzweifelt, sie fand keinen Zugang zu ihrem Jungen, um ihn auf den richtigen Weg zu bringen. Gandhi hörte zunächst die Geschichte der Mutter und bat dann den Sohn, zu schildern, wie er seinen Tag verbrachte und was er gerne aß und trank. Der Sohn hatte wohl ein großes Faible für Süßes. Dies war ein wesentlicher Grund für seine Fettleibigkeit.

Nachdem Gandhi über die Details durch die Erzählungen von Mutter und Sohn im Bilde war, erhoffte sich die Mutter einen Rat – vergeblich. Stattdessen wurde sie vertröstet. Gandhi bat sie, ihn in vier Wochen nochmals mit ihrem Sohn zu besuchen. Zum vereinbarten Termin erschien die Frau mit ihrem Sohn wieder bei Gandhi. Nachdem die beiden Platz genommen hatten, schaute Gandhi den Jungen an und sagte eindringlich und voller Überzeugung: »Iss nichts Süßes mehr.« Mehr nicht. Die Mutter war verblüfft. Sie fragte Gandhi, warum er diesen Appell nicht schon vor vier Wochen an ihren Sohn gerichtet hatte. Die Antwort war ebenso einfach wie verblüffend. Sie lautete: »Weil ich vor vier Wochen selbst noch Süßes gegessen habe.«7

Merksatz

Walk your Talk – folgen Sie den Grundsätzen, für die Sie einstehen.

Gandhi leistete in Indien gewaltlosen Widerstand gegen die Kolonialherrschaft und hatte damit Erfolg. Er führte ein selbstbestimmtes Leben. Wer kann das heute schon von sich behaupten? Und welches sind die Werte und Grundsätze, für die Sie selbst als Mensch einstehen? Sind sie Ihnen bewusst und folgen Sie diesen Werten konsequent? Oder machen Sie hier und da faule Kompromisse, weil es vielleicht einfacher und bequemer für Sie ist?

Und wie steht es dann erst mit Ihrer Marke? Wenn Sie manchmal mit den eigenen Grundsätzen brechen, ist der Schritt, dies auch bei der Marke zu tun, ein kleiner.

Große Persönlichkeiten verfügen über eine klare Identität

Ohne Frage lassen sich Persönlichkeiten anhand charakteristischer Merkmale beschreiben: wie sie handeln, was sie tun, wie sie auftreten, wie die Persönlichkeit empfunden wird. Bei manchen Menschen haben Sie sogar ein klares Bild vor Augen. Machen Sie den Selbsttest: Womit verknüpfen Sie Charlie Chaplin, Winston Churchill oder Adolf Hitler? Es ist kein Zufall, dass auf dem weißen Cover des Bestsellers Er ist wieder da von Timur Vermes einzig und allein der charakteristische schwarze, seitlich gescheitelte Haarschopf zu sehen ist, während der Buchtitel die Form und Position eines schwarzen Schnurrbarts hat. Jeder weiß, wer gemeint ist.

Es gibt eine spannende Analogie aus der Psychologie. Danach lassen sich Menschen mit einem Eisberg vergleichen: Ein kleiner Teil der menschlichen Persönlichkeit wird über der Wasseroberfläche sichtbar, ein großer Teil schlummert hingegen unsichtbar unter der Wasseroberfläche. Für andere erkennbar sind unser Auftreten in der Öffentlichkeit, die Kleidung, die Verhaltensweisen und die Gestik, das, was wir äußern und wozu wir Stellung beziehen. Bei Marken wäre dies das Erscheinungsbild der Marke und wofür diese erkennbar steht.

Der größere Teil, der unter der Wasseroberfläche schlummert, ist für andere hingegen kaum wahrnehmbar. Er umfasst die tiefen Gefühle, unsere Ängste und Sorgen, die wir oft nicht nach außen tragen, ein Bild von uns, das wir vor anderen verschließen. Es mag in Extremsituationen spürbar sein, sonst aber nicht.

Merksatz

Große Persönlichkeiten haben einen klaren Fokus. Sie machen nicht alles, aber das, was sie machen, machen sie richtig gut.

Wolf Schneider beschreibt dies in seinem Buch Die Sieger sehr anschaulich. Er analysiert darin die Erfolgsmuster großer Persönlichkeiten aus den unterschiedlichsten Bereichen (Kunst, Wissenschaft, Wirtschaft, Politik). Schneider kommt zu dem Schluss, dass jede dieser Persönlichkeiten eine ganze Reihe von ausgeprägten Fähigkeiten hatte. Allen war allerdings gemein, dass sie im Laufe ihres Lebens die Entscheidung getroffen haben, sich auf eine einzige Gabe zu fokussieren: Mozart auf das Komponieren von Musik, Einstein auf Physik, Picasso auf das Malen und so weiter.8

Heute werden diese Persönlichkeiten genau damit verbunden und mit nichts anderem. Mancher Künstler hat seinen eigenen Stil geprägt und lässt sich daran erkennen, wie Gerhard Richter, der die Hitliste der höchstdotierten Maler weltweilt anführt. Und wenn in einem Gemälde Menschen und Tiere auf dem Kopf stehen, muss es sich um ein Werk des Künstlers Georg Baselitz handeln.

Große Persönlichkeiten haben eine klare Vision

Sie haben ein großes Ziel vor Augen, das sie erreichen wollen. Altbundeskanzler Helmut Schmidt meinte einmal: »Wer Visionen hat, sollte zum Arzt gehen.« Er irrte. Ich glaube, dass er Visionen mit Träumen verwechselte. Wie heißt es so schön: Träume sind Schäume. Jeder von uns hat viele Träume und Wünsche, die meisten davon werden allerdings nie realisiert, weil wir uns nicht dafür anstrengen und einsetzen. Genau das macht allerdings den Unterschied zwischen Träumen und Visionen aus. Insofern müsste die Rede von Martin Luther King auch eher lauten: »I have a vision«, aber offen gestanden klingt »I have a dream« verkaufswirksamer.

Visionen sind langfristig gesteckte Ziele, die für erreichbar gehalten werden. Es geht also nicht um Einjahres-, Zweijahres- oder Fünfjahresziele, sondern um einen Zeitraum von 10 bis 30 Jahren.

Nelson Mandela hatte die Vision eines geeinten, demokratischen Südafrika, frei von Rassismus. Mandela verbrachte 27 Jahre als politischer Gefangener in Haft. 1964 wurde er nach Robben Island gebracht. Die karge Insel wurde seit dem 16. Jahrhundert als Sträflingskolonie benutzt; sie war berüchtigt und es kursierten grausame Geschichten. Der Wind pfiff oft eiskalt über die Felsen. Niemandem war jemals die Flucht gelungen. Die wenigen, die es versucht hatten, waren in der starken Strömung rund um die Insel jämmerlich ertrunken.

Das Leben auf Robben Island war hart und monoton. Unter der Woche mussten die Gefangenen Schwerstarbeit im Steinbruch leisten. Zu essen gab es Maisbrei. Mandela und die anderen ANC-Führer wurden als hochrangige politische Gefangene fernab der anderen Häftlinge auf der Isolierstation untergebracht. Den Staatsfeinden sollte in ihrer Isolation endgültig das Rückgrat gebrochen werden − allen voran Mandela, der schillerndsten Figur des ANC.

Mandela resignierte nicht, im Gegenteil: Er setzte sich für die Rechte der Häftlinge ein − beharrlich und bestimmt. Er erkannte, dass die Wärter der Schlüssel zum Erfolg waren, behandelte sie immer höflich und hatte stets ein freundliches Wort für sie übrig. Dadurch verschaffte er sich Respekt und wurde gehört. Über die Jahre konnte er so etliche Verbesserungen durchsetzen, zum Beispiel besseres Essen und bessere Kleidung sowie das Recht auf Bildung.9 Mandela lehnte eine vorzeitige Begnadigung ab, weil er dann mit seinen Grundsätzen und Überzeugungen hätte brechen müssen.

Andere wären an einer so langen Haft zerbrochen. Als Mandela 1990 aus dem Gefängnis entlassen wurde, leitete er in einer Rede vor 120 000 Zuhörern in einem Stadion in Soweto öffentlich seine Politik der Versöhnung ein. Er forderte alle Menschen zur Mitarbeit an einem nicht rassistischen, geeinten und demokratischen Südafrika auf. Der Rest ist Geschichte.

Visionen haben nichts mit geistigen Verirrungen zu tun, die einer medizinischen Behandlung bedürfen. Visionen, also große Ziele, sind notwendig – für Menschen wie für Marken. Sie helfen Menschen, auch dann dranzubleiben, wenn ihnen der Wind heftig ins Gesicht weht. Wie sagte Bertha Benz in ihren Memoiren: »Mein Traum ist länger als die Nacht.«10

Merksatz

Große Visionen spornen zur Höchstleistung an.

Als Reinhold Messner sich zum Ziel nahm, das erste Mal ohne Sauerstoffmaske den Mount Everest zu besteigen, war dies zwar ein großes Ziel, aber er war kein Hasardeur. Vielmehr hatte er Respekt vor dem Berg. Er kannte die Mühen und Schmerzen, die er auf sich nehmen musste, um Erfolg zu haben. Deshalb ließ er sich mit einem Helikopter zur Spitze des Mount Everest fliegen und öffnete dort die Tür, um zu prüfen, ob das Atmen in dieser Höhe ohne Sauerstoffmaske möglich ist. Messner hatte seine Ziele immer klar vor Augen und tat alles, um sie auch zu realisieren. War eine Vision realisiert, entwickelte er die nächste. Nach der Besteigung aller Achttausender waren dies die Durchquerung der Wüste Gobi oder der Antarktis. Ist eine Vision erreicht, muss die nächste her.11

Bei Marken ist es im Kern nicht anders. Unternehmensmarken brauchen einen Zweck, an dem sie sich orientieren können. Zudem ist es auch hier wichtig, dass sich die Mitarbeiter an Werten und Grundsätzen orientieren können. Das gibt Halt. Eine Vision spornt hingegen an und bündelt die Kräfte auf ein gemeinsames Ziel.

Kapitel 2
Warum manche Marken glänzen und andere nicht

Dies haben Marken und Menschen gemeinsam: Manche stehen im Rampenlicht, andere nicht. Um einem Missverständnis vorzubeugen: Rampenlicht ist nicht gleichbedeutend mit Glamour oder »Sexiness«. Letzteres ist oft eine Forderung, die von Werbeagenturen an Marken gestellt wird. Vielmehr stehen Menschen im Rampenlicht, weil andere sie kennen und wissen, wofür sie stehen, und weil sie im Denken, Fühlen und Handeln authentisch sind. Ähnliches gilt für Marken. Stehen sie im Rampenlicht, so gilt das Motto: »The winner takes it all.«

Marken schaffen Wert

Apple ist eine solche Marke − laut Interbrand mit rund 119 Milliarden US-Dollar die wertvollste der Welt.12 Kunden lieben diese Marke, sie haben eine starke Bindung zu ihr. Kommen neue Produkte auf den Markt, bilden sich Schlangen vor den Geschäftslokalen. Die iWatch war schon lange vor ihrer Markteinführung durch Vorbestellungen ausverkauft.

Auch Google ist eine solche Marke. Vor 15 Jahren war uns Google noch völlig unbekannt, heute können wir uns ein Leben ohne kaum noch vorstellen. Es vergeht kein Tag, an dem ich diese Suchmaschine nicht nutze, um mich zu informieren oder inspirieren zu lassen. Folgerichtig ist Google mit 107 Milliarden US-Dollar die zweitstärkste Marke der Welt.

Merksatz

Marken sind kein Selbstzweck: Sie schaffen Wert für Kunden und Unternehmen.

Laut PWC können 50 Prozent des Unternehmenswertes auf den Wert der Marke zurückgeführt werden.13 Nicht zuletzt deshalb lautete das Ergebnis einer Podiumsdiskussion mit Top-Managern auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos zu Erfolgsfaktoren des 21. Jahrhunderts: »Menschen und Marken statt Maschinen.«14 Dahinter steht die Einsicht, dass Tangibles wie Produkte oder Fabriken an Bedeutung verlieren, Intangibles hingegen an Bedeutung gewinnen. Dow kann ähnlich gute und effiziente Fabriken bauen wie die BASF; Audi und BMW produzieren vergleichbare Autos; die Joghurts von Landliebe und von Weihenstephan haben eine hohe Qualität; eine Lebensversicherung von der Provinzial ist so gut wie die der Allianz.

Nun könnten Sie zu dem Schluss kommen, dass Kunden dann im Zweifelsfall die günstigste Marke wählen. Ohne Frage kann dies der Fall sein: Der Aufstieg der Handelsmarken, die vergleichbare Produktqualitäten günstiger anbieten als Herstellermarken, ist beredtes Zeugnis dafür. Allerdings gilt dies vor allem dann, wenn Marken wenig profiliert sind. Interessanterweise zeigten beispielsweise die Marktforschungsergebnisse bei der BASF in den wesentlichen Kernländern, dass selbst bei Commodities die Kunden bereit waren, einen kleinen Preisaufschlag für Produkte der BASF zu zahlen, weil sie wussten, dass dieses Unternehmen ein verlässlicher Partner ist, der liefert, wenn die Ware zugesagt wurde.

Marken dienen der Orientierung und geben Halt

Kunden kaufen allerdings keine Produkte − sie kaufen Marken, eben weil diese Marken in ihren Augen den Unterschied ausmachen und für klare Versprechen stehen. Marken dienen im Meer der Angebote als Orientierung und geben Halt, weil Kunden wissen, wofür sie stehen.15

Natürlich sind auch die Mitarbeiter wertvoll für das Unternehmen: mit ihrem Wissen, ihrem Engagement, ihren Ideen und ihrem Commitment. Es ist ein sich selbst verstärkender Prozess, da sich gerade High Potentials oft bei den besten Marken bewerben. Acht der zehn beliebtesten Marken bei Absolventen der Wirtschaftswissenschaften gehören zu den 100 stärksten Marken der Welt, bei Ingenieuren sind es immerhin noch sechs.16 Und die restlichen Unternehmen in der Top-Ten-Liste sind auch nicht von Pappe. Unternehmen wie Bosch werden allerdings nicht in dem Ranking geführt.

Dennoch ist nicht jede Marke wertvoll, manche sind gar überflüssig. Laut Havas würden es Europäer bei 93 Prozent aller Marken nicht bedauern, wenn es sie morgen nicht mehr gäbe.17 Stellen Sie sich bildhaft gesprochen ein Regal mit 100 Marken vor, aus dem Sie 93 entfernen könnten. Das sind alarmierende Ergebnisse.

Was macht Marken stark?

Es stellt sich somit die Frage, was Marken stark macht, warum manche Marken glänzen und andere verzichtbar sind. Ist Ihre eigene Marke verzichtbar oder hat sie einen festen Platz bei Ihren Kunden?

Merksatz

Marken sind Vorstellungsbilder in den Köpfen der Menschen.

Der Wert einer Marke liegt nicht im Unternehmen, er reflektiert sich vielmehr in den Köpfen der Kunden. Meiner Auffassung nach sind Marken Vorstellungsbilder in den Köpfen der Kunden und anderer Anspruchsgruppen, welche die Marke im Meer der Angebote erkennbar und unterscheidbar machen.18 Mit Marken, die glänzen, meine ich Marken, die wir kennen, klar vor unserem inneren Auge abrufen können und von denen wir wissen, wofür sie stehen. Sofern es für uns relevant ist, würden wir diese Marke auch wählen. Wir alle kennen solche Marken, die wir gern kaufen, für die wir gern arbeiten würden oder in die wir investieren möchten.

Bei dem Unternehmen Dr. C. Soldan war Ricola, das Schweizer Kräuterbonbon, die Benchmark. Erklärtes Ziel für Em-eukal war, ein ähnlich starkes Vorstellungsbild zur Marke aufzubauen, wie es Ricola gelungen ist. Ich habe von der Marktforschung selten ein so klares Markenbild widergespiegelt bekommen wie in diesem Fall, wo die Schweizer Bergwelt, die gelbe Verpackung mit den Kräutern darauf und viele andere Details minutiös zusammenspielen.