Erin Hunter

Warrior Cats

Feuer und Eis

Aus dem Englischen von Klaus Weimann

www.beltz.de

© 2008 Beltz & Gelberg in der Verlagsgruppe Beltz · Weinheim Basel

Alle deutschsprachigen Rechte vorbehalten

© Working Partners Limited

Die Originalausgabe erschien 2003 unter dem Titel Warrior Cats – Fire and Ice bei HarperCollins Children’s Books, London

Aus dem Englischen von Klaus Weimann

Lektorat: Susanne Härtel

Umschlaggestaltung/Artwork: Hauptmann und Kompanie

Werbeagentur, München/Zürich, Hanna Hörl

ebook: Druckhaus »Thomas Müntzer«, Bad Langensalza

ISBN 978-3-407-74137-0

Hinter dem Namen Erin Hunter verbergen sich gleich drei Autorinnen. Während Victoria Holmes meistens die Ideen für die Geschichten hat und das gesamte Geschehen im Auge behält, bringen Cherith Baldry und Kate Cary die Abenteuer der KatzenClans zu Papier. Alle drei mögen Katzen und haben großen Spaß daran, neue und spannende Geschichten rund um die KatzenClans zu erfinden. Mittlerweile schreiben sie schon an der dritten Staffel der WARRIOR CATS. Die WARRIOR CATS erscheinen auch als Hörbücher bei Beltz & Gelberg.

Mehr Informationen unter: www.warriorcats.de

Für meinen Sohn Joshua,

dessen Lächeln mich beim Schreiben

glücklich gemacht hat,

und für Vicky, meine Lektorin,

ohne die Feuerherz nie

ein Krieger geworden wäre.

Besonderen Dank an Kate Cary

Karte

Die Hierarchie der Katzen

DonnerClan

Anführer

BLAUSTERN – blaugraue Kätzin mit einer Spur Silber um die Schnauze

Zweiter
Anführer

TIGERKRALLE – großer, dunkelbraun getigerter Kater mit ungewöhnlich langen Vorderkrallen

Heilerin

GELBZAHN – alte, dunkelgraue Kätzin mit einem breiten, flachen Gesicht

Krieger

(Kater und Kätzinnen ohne Junge)

WEISSPELZ – großer, weißer Kater;

Mentor von SANDPFOTE

DUNKELSTREIF – schlanker, schwarzgrau getigerter Kater; Mentor von BORKENPFOTE

LANGSCHWEIF – Kater mit hellem Fell und schwarzen Streifen; Mentor von WIESELPFOTE

STURMWIND – schnellfüßiger, gescheckter Kater

GLANZFELL – sehr hellgraue Kätzin mit ungewöhnlich blauen Augen

MAUSEFELL – kleine, schwarzbraune Kätzin

FEUERHERZ – hübscher Kater mit rotem Fell; Mentor von RUßPFOTE

GRAUSTREIF – langhaariger, rein grauer Kater; Mentor von FARNPFOTE

Schüler

(über sechs Monde alt, in der Ausbildung zum Krieger)

SANDPFOTE – helle, gelbbraune Kätzin

BORKENPFOTE – dunkelbraun getigerter Kater

WIESELPFOTE – schwarz-weißer Kater

RUßPFOTE – dunkelgraue Kätzin

FARNPFOTE – goldener, braun getigerter Kater

Königinnen

(Kätzinnen, die Junge erwarten oder aufziehen)

FROSTFELL – schönes, weißes Fell und blaue Augen

BUNTGESICHT – hübsch gescheckt

GOLDBLÜTE – helles, gelbbraunes Fell

FLECKENSCHWEIF – hell gescheckt; älteste Königin in der Kinderstube

Älteste

(ehemalige Krieger und Königinnen, jetzt im Ruhestand)

KURZSCHWEIF – großer, dunkelbraun getigerter Kater, dem ein Teil des Schwanzes fehlt

KLEINOHR – grauer Kater mit sehr kleinen Ohren; ältester Kater im DonnerClan

FLICKENPELZ – kleiner, schwarz-weißer Kater

EINAUGE – älteste Kätzin im DonnerClan mit hellem Fell. Fast ganz blind und taub

TUPFENSCHWEIF – einst hübsche, schildpattfarbene Kätzin mit einem wunderbar gefleckten Fell

SchattenClan

Anführer

NACHTPELZ – alter, schwarzer Kater

Zweiter
Anführer

HELLPELZ – dünner, grauer Kater

Heiler

TRIEFNASE – kleiner, grau-weißer Kater

Krieger

NASSFUSS – grau gescheckter Kater; Mentor von EICHENPFOTE

Königinnen

DÄMMERWOLKE – kleine, gescheckte Kätzin

GLANZBLÜTE – schwarz-weiße Kätzin

Ältester

ASCHENFELL – magerer, grauer Kater

WindClan

Anführer

RIESENSTERN – schwarz-weißer Kater mit sehr langem Schwanz

Zweiter
Anführer

LAHMFUSS – schwarzer Kater mit verkrüppelter Pfote

Heiler

RINDENGESICHT – brauner Kater mit kurzem Schwanz

Krieger

KURZBART – junger, braun gescheckter Kater

Königinnen

ASCHENFUSS – graue Kätzin

MORGENBLÜTE – schildpattfarbene Kätzin

FlussClan

Anführer

STREIFENSTERN – riesiger, hell getigerter Kater mit schiefem Kiefer

Zweiter
Anführer

LEOPARDENFELL – ungewöhnlich getupfte, goldene Kätzin

Heiler

SCHMUTZFELL – langhaariger, hellbrauner Kater

Krieger

SCHWARZKRALLE – rauchschwarzer Kater; Mentor von BLEIPFOTE

STEINFELL – grauer Kater mit Kampfnarben an den Ohren; Mentor von SCHATTENPFOTE

SILBERFLUSS – hübsche, schlanke, silbern gestreifte Kätzin

WEISSKRALLE – dunkler Kater

Katzen außerhalb der Clans

WULLE – pummeliges, zutrauliches schwarz-weißes Kätzchen; lebt in einem Haus am Waldrand

MIKUSCH – schwarz-weißer Kater; lebt auf einem Bauernhof nahe am Wald

BRAUNSTERN – langhaariger, dunkelbraun getigerter Kater; früher Anführer des SchattenClans

SCHWARZFUSS – großer, weißer Kater mit riesigen, pechschwarzen Pfoten; früher Zweiter Anführer des SchattenClans

NARBENGESICHT – brauner Kater voller Kampfnarben

KIESELSTEIN – silbern getigerter Kater

RABENPFOTE – schlanker, schwarzer Kater mit weißer Schwanzspitze

PRINZESSIN – hellbraun getigerte Kätzin mit auffällig weißer Brust und weißen Pfoten, ein Hauskätzchen

WOLKENJUNGE – erstgeborener Sohn von Prinzessin mit langem weißem Fell

Vorspiel

Orange leuchtende Flammen züngelten in der kalten Luft, warfen Funken in den nächtlichen Himmel. Der Feuerschein flackerte über das struppige Gras des Ödlands, zeigte die dort hockenden Zweibeiner als dunkle Silhouetten.

In der Ferne kündigte ein weißes Lichterpaar das Nahen eines Ungeheuers an. Auf dem Donnerweg, der hoch hinauf in den Himmel zu steigen schien, dröhnte es vorbei und füllte die Luft mit stinkenden Dämpfen.

Am Rande des Ödlands schlich eine Katze, ihre Augen funkelten in der Dunkelheit. Die spitzen Ohren zuckten, dann legte sie sie an zum Schutz gegen den Lärm. Weitere Katzen folgten ihr hinaus auf das schmutzige Gras, eine nach der anderen. Sie hielten die Schwänze gesenkt und prüften mit zurückgezogenen Lippen die bittere Luft.

»Und wenn die Zweibeiner uns sehen?«, zischte eine der Katzen.

Ein großer Kater, dessen Augen das Licht des Feuers wie bernsteinfarbene Scheiben zurückwarfen, antwortete: »Das werden sie nicht. Sie sehen schlecht bei Nacht.« Er lief weiter und die Flammen erleuchteten das schwarz-weiße Fell auf seinen mächtigen Schultern. Mit dem gerade aufgestellten, langen Schwanz sandte er eine Botschaft des Muts an seinen Clan.

Die anderen Katzen jedoch drückten sich zitternd ins Gras. Dies war ein unheimlicher Ort. Der Lärm der Ungeheuer hämmerte auf das empfindliche Fell in ihren Ohren ein und der scharfe Gestank biss ihnen in die Nasen.

»Riesenstern?« Eine graue Königin zuckte beunruhigt mit dem Schwanz. »Warum sind wir hierhergekommen?«

»Überall, wo wir uns niederlassen wollten, sind wir vertrieben worden, Aschenfuß«, antwortete der schwarz-weiße Kater und drehte sich zu der Kätzin um. »Vielleicht können wir hier Frieden finden.«

»Frieden? Hier?«, wiederholte die Kätzin ungläubig. Sie zog ihr Junges unter sich in den Schutz ihres Bauches. »Mit Feuer und Ungeheuern? Meine Jungen werden hier nicht sicher sein!«

»Wir waren auch zu Hause nicht sicher«, warf ein schwarzer Kater ein, der sich an den anderen vorbei nach vorn drängte. Schwer humpelte er auf seiner verkrüppelten Pfote und hielt Riesensterns bernsteinfarbenem Blick unbeirrt stand. »Wir konnten uns vor dem SchattenClan nicht schützen«, fauchte er. »Nicht einmal in unserem eigenen Lager!«

Ängstliches Heulen war zu hören, als die Katzen sich an die schreckliche Schlacht erinnerten, die sie aus ihrem Heim im Hochland am Rande des Waldes vertrieben hatte.

»Vielleicht sind Braunstern und seine Krieger noch immer hinter uns her!«, jaulte ein junger Schüler.

Der Ruf ließ einen der Zweibeiner, die um das Feuer lagerten, aufhorchen. Schwankend stand er auf und starrte in die Schatten. Sofort verstummten die Katzen und duckten sich tiefer ins Gras. Sogar Riesenstern senkte den Schwanz. Der Zweibeiner brüllte in die Dunkelheit hinein und warf etwas in ihre Richtung, das über ihre Köpfe hinwegflog und hinter ihnen auf dem Donnerweg in dornenscharfe Scherben zerbarst.

Aschenfuß zuckte zusammen, als ein Glassplitter ihre Schulter streifte, aber sie blieb still und legte ihren Körper schützend um ihr verängstigtes Junges.

»Bleibt unten«, zischte Riesenstern. Der Zweibeiner am Feuer spuckte aus, dann setzte er sich wieder. Die Katzen warteten ein paar Augenblicke, bevor Riesenstern sich erhob.

Auch Aschenfuß stand auf und zuckte zusammen, als sie den neuen Schmerz in ihrer Schulter spürte. »Riesenstern, ich fürchte hier um unsere Sicherheit. Und was sollen wir essen? Ich kann keinerlei Beute riechen.«

Der Anführer streckte den Hals vor und legte seine Schnauze sanft auf den Kopf der Königin.

»Ich weiß, ihr habt Hunger«, sagte er. »Aber wir sind hier sicherer als in unserem alten Territorium oder in den Feldern und Wäldern der Zweibeiner. Schau dir diesen Ort an! Nicht einmal der SchattenClan würde uns hierherfolgen. Es gibt keinen Hundegeruch und diese Zweibeiner können kaum mehr stehen.«

Dann wandte er sich an den schwarzen Kater mit der verkrüppelten Pfote. »Lahmfuß«, befahl er, »nimm Kurzbart mit dir und sieh nach, ob ihr etwas zu essen findet. Wenn hier Zweibeiner sind, dann muss es auch Ratten geben.«

»Ratten?«, fauchte Aschenfuß, als Lahmfuß und ein kleiner, braun gescheckter Kater fortsprangen. »Das ist nicht besser als Krähenfraß!«

»Schsch!«, zischte eine schildpattfarbene Katze neben ihr. »Rattenfleisch ist immer noch besser als Verhungern!«

Aschenfuß blickte finster drein und neigte den Kopf, um ihr Junges hinter den verklebten Ohren zu lecken.

»Wir müssen einfach einen Ort finden, an dem wir uns niederlassen können, Aschenfuß«, fuhr die Schildpattfarbene freundlicher fort. »Morgenblüte muss sich ausruhen und etwas essen. Ihre Jungen werden bald zur Welt kommen. Sie muss sich stärken.«

Die mageren Gestalten von Lahmfuß und Kurzbart tauchten aus den Schatten auf.

»Du hast recht gehabt, Riesenstern«, sagte Lahmfuß. »Es riecht hier überall nach Ratten, und ich glaube, ich habe etwas gefunden, wo wir unterschlüpfen können.«

»Zeig es uns«, befahl Riesenstern und versammelte mit einem Schwanzschnippen den Rest seines Clans um sich.

Vorsichtig trotteten die Katzen hinter Lahmfuß her über das Ödland zu dem hoch vor ihnen aufragenden Donnerweg. Der Feuerschein warf ihre Schatten bedrohlich groß auf die riesigen Steinbeine. Ein Ungeheuer röhrte über sie hinweg und ließ die Erde erbeben. Aber selbst das kleinste Jungtier wusste, dass es still bleiben musste, und lief nur zitternd und stumm hinter den anderen her.

»Hier«, sagte Lahmfuß und blieb an einem runden, zwei Katzengrößen hohen Loch stehen. Es führte zu einem schwarzen, sich in die Erde senkenden Tunnel, in den ein Wasserrinnsal floss.

»Es ist frisches Wasser«, erklärte Lahmfuß. »Wir können es trinken.«

»Wir werden Tag und Nacht nasse Pfoten haben!«, beklagte sich Aschenfuß.

»Ich bin drinnen gewesen«, sagte der schwarze Kater. »Neben dem Rinnsal gibt es trockene Stellen. Wenigstens werden wir hier vor Zweibeinern und Ungeheuern sicher sein.«

Riesenstern trat vor und hob das Kinn. »Der WindClan ist jetzt lange genug unterwegs gewesen«, erklärte er. »Fast ein Mond ist vergangen, seit uns der SchattenClan von unserem Zuhause vertrieben hat. Das Wetter wird kälter und bald kommt die Blattleere. Wir haben keine andere Wahl, wir müssen hierbleiben.«

Aschenfuß kniff die Augen zusammen, sagte aber nichts. Schweigend schloss sie sich ihrem Clan an, als die Katzen eine nach der anderen in den finsteren Tunnel traten.

1. Kapitel

Feuerherz zitterte. Sein flammenfarbenes Fell hatte noch die Leichtigkeit der Blattgrüne. Es würde noch ein paar Monde dauern, bevor es dicht genug war, um die neue Kälte abzuhalten. Er trat von einer Pfote auf die andere. Endlich wurde der Himmel heller, langsam dämmerte der Morgen. Aber trotz der kalten Pfoten glühte Feuerherz vor Stolz. Nach vielen Monden als Schüler war er jetzt endlich ein Krieger!

Noch einmal ließ er den gestrigen Sieg im Lager des SchattenClans vor seinem inneren Auge ablaufen: Braunsterns funkelnde Augen, als er, der Anführer des SchattenClans, sich zurückzog und fauchend Drohungen ausstieß, bevor er hinter seinen treulosen Kumpanen in den Wald floh.

Die zurückgebliebenen Katzen des SchattenClans waren dem DonnerClan dankbar gewesen, dass er ihnen geholfen hatte, ihren grausamen Anführer loszuwerden. Und auch dafür, dass ihnen der DonnerClan Frieden für die nächste Zeit versprochen hatte, sodass sie sich erholen konnten. Braunstern hatte nicht nur seinen eigenen Clan ins Chaos gestürzt, er hatte auch den gesamten WindClan aus seinem Territorium vertrieben. Er war ständig wie ein dunkler Schatten im Wald gewesen, schon seit Feuerherz sein Leben als Hauskätzchen aufgegeben und sich dem DonnerClan angeschlossen hatte.

Für Feuerherz gab es jedoch noch einen weiteren Schatten, der ihn beunruhigte: Tigerkralle, den Zweiten Anführer des DonnerClans. Mit Schaudern dachte er an den großen Krieger, der seinen eigenen Schüler Rabenpfote terrorisiert und bedroht hatte. Schließlich waren Feuerherz und sein bester Freund Graustreif dem verängstigten Schüler behilflich gewesen, ins Territorium der Zweibeiner jenseits des Hochlands zu entkommen. Dem DonnerClan hatte Feuerherz erzählt, Rabenpfote sei von einer Patrouille des SchattenClans getötet worden.

Wenn das stimmte, was Rabenpfote von Tigerkralle behauptet hatte, dann war es am besten, ihn glauben zu lassen, sein Schüler sei tot. Der kannte nämlich ein Geheimnis, das Tigerkralle um jeden Preis bewahrt haben wollte. Rabenpfote hatte Feuerherz erzählt, Tigerkralle habe Rotschweif, den alten Zweiten Anführer des DonnerClans, ermordet in der Hoffnung, selbst der neue Zweite Anführer zu werden – was er schließlich auch erreicht hatte.

Feuerherz schüttelte den Kopf, um diese finsteren Gedanken loszuwerden, und wandte sich Graustreif zu, der neben ihm saß und sein dichtes graues Fell gegen die Kälte gesträubt hatte. Feuerherz nahm an, dass auch sein Freund den ersten Sonnenstrahlen entgegenfieberte, aber er sprach es nicht aus. Die Tradition des Clans verlangte Schweigen in dieser Nacht. Es war nämlich ihre Nachtwache – die Nacht, in der sie als neue Krieger den Clan bewachten und in der er über den Namen, der ihm verliehen worden war, und seine neue Rolle nachdachte. Bis dahin hatte Feuerherz den Schülernamen Feuerpfote getragen.

Kurzschweif wachte als einer der Ersten auf. Feuerherz konnte sehen, wie sich der alte Kater zwischen den Schatten im Bau der Ältesten bewegte. Er blickte hinüber zur Höhle der Krieger auf der anderen Seite der Lichtung und erkannte zwischen den schützenden Zweigen die breiten Schultern des schlafenden Tigerkralle.

Am Fuß des Hochsteins bewegten sich die Flechten, die den Eingang zu Blausterns Bau bedeckten, und die Anführerin des Clans schob sich heraus. Sie blieb stehen, hob den Kopf und prüfte die Luft, dann strich sie geräuschlos aus dem Schatten des Felsens hervor. Ihr langhaariges Fell glühte blaugrau im Licht der Dämmerung. Ich muss sie vor Tigerkralle warnen, dachte Feuerherz. Blaustern hatte mit dem Rest des Clans den Tod von Rotschweif betrauert. Auch sie glaubte, er wäre im Kampf von Eichenherz, dem Zweiten Anführer des FlussClans, getötet worden. Feuerherz hatte bislang gezögert, ihr die Wahrheit zu sagen, denn er wusste, wie wichtig Tigerkralle für sie war. Aber die Gefahr war zu groß. Blaustern musste wissen, dass ihr Clan einen kaltblütigen Mörder beherbergte.

Tigerkralle tauchte aus dem Kriegerbau auf und traf mit Blaustern am Rande der Lichtung zusammen. Er murmelte etwas, wobei sein Schwanz nachdrücklich zuckte.

Feuerherz verschluckte ein instinktives Miauen zur Begrüßung. Der Himmel wurde hell, aber bevor er nicht ganz sicher wusste, dass die Sonne den Horizont überschritten hatte, wagte er nicht, sein Schweigen zu brechen. Ungeduld flatterte in seiner Brust wie ein gefangener Vogel. Er musste sobald wie möglich mit Blaustern sprechen. Aber im Augenblick konnte er nur den beiden Katzen respektvoll zunicken, als sie an ihm vorübergingen.

Neben ihm stupste Graustreif ihn an und deutete mit der Nase nach oben. Soeben wurde am Horizont ein rot-gelbes Glühen sichtbar.

»Froh, den Sonnenaufgang zu sehen, ihr zwei?« Feuerherz wurde von Weißpelz’ tiefem Miauen überrascht. Er hatte den weißen Kater nicht kommen sehen. Die beiden jungen Krieger nickten.

»Es ist in Ordnung, ihr dürft jetzt reden. Eure Nachtwache ist vorüber.« Weißpelz’ Stimme war freundlich. Gestern hatte er Seite an Seite mit Feuerherz und Graustreif gegen den SchattenClan gekämpft und jetzt lag in seinem Blick ein neuer Respekt.

»Danke, Weißpelz«, sagte Feuerherz. Er stand auf und streckte seine steifen Beine.

Auch Graustreif stemmte sich hoch. »Brrrr!«, miaute er und schüttelte sich die Kälte aus dem Fell. »Ich dachte schon, die Sonne würde nie aufgehen!«

Eine verächtliche Stimme ließ sich aus dem Bau der Schüler vernehmen: »Hört, der große Krieger spricht!«

Es war Sandpfote. Ihr hell orangefarbenes Fell war feindselig gesträubt. Neben ihr saß Borkenpfote. Mit seinem dunkel getigerten Haarkleid wirkte er wie der Schatten der Kätzin. Er warf sich wichtigtuerisch in die Brust und spottete: »Ich bin erstaunt, dass solche Helden überhaupt die Kälte spüren!« Sandpfote schnurrte spöttisch.

Weißpelz warf den beiden einen strengen Blick zu. »Geht und holt euch was zu essen, dann ruht euch aus«, befahl er Feuerherz und Graustreif. Dann trottete er auf den Bau der Schüler zu. »Kommt mit, ihr zwei«, sagte er. »Zeit für euer Training.«

»Ich hoffe, er lässt sie den ganzen Tag blaue Eichhörnchen jagen!«, zischte Graustreif seinem Freund zu, als sie sich zu der Ecke begaben, wo von der letzten Nacht noch ein paar Stücke Frischbeute lagen.

»Aber blaue Eichhörnchen gibt es gar nicht«, miaute Feuerherz verwirrt.

»Genau!« Graustreifs bernsteinfarbene Augen glänzten.

»Man kann es ihnen eigentlich nicht übel nehmen. Sie haben ihre Ausbildung vor uns begonnen«, warf Feuerherz verständnisvoll ein. »Hätten sie gestern mitkämpfen können, wären sie wahrscheinlich auch zu Kriegern befördert worden.«

»Vermutlich.« Graustreif zuckte die Schultern. »He, schau mal!« Sie hatten den Haufen Frischbeute erreicht. »Eine Maus für jeden und ein Buchfink zum Teilen!«

Die beiden Freunde packten ihr Essen und blickten sich an. Graustreifs Augen blitzten plötzlich auf. »Also, wir nehmen das jetzt mit auf die andere Seite, zu den Kriegern«, sagte er.

»Genau, das tun wir«, schnurrte Feuerherz und trottete hinter seinem Freund zu dem Brennnesselstück, wo sie schon so oft Weißpelz, Tigerkralle und die anderen Krieger beobachtet hatten, wie sie gemeinsam die Frischbeute einnahmen.

»Was nun?«, fragte Graustreif, nachdem er den letzten Happen hinuntergeschlungen hatte. »Ich weiß nicht, wie es dir geht, aber ich könnte einen halben Mond lang schlafen.«

»Ich auch«, stimmte Feuerherz zu.

Die beiden machten sich auf zum Bau der Krieger. Feuerherz steckte den Kopf durch die tief hängenden Zweige. Mausefell und Langschweif schliefen noch am anderen Ende des Baus.

Er zwängte sich hinein und fand eine moosbedeckte Stelle am Rand. Der Geruch verriet ihm, dass dies kein Schlafplatz eines anderen Kriegers war. Graustreif ließ sich neben ihm nieder.

Feuerherz hörte zu, wie sich die regelmäßigen Atemzüge seines Freundes zu einem lang gezogenen, gedämpften Schnarchen entspannten. Er selbst war ebenso erschöpft, aber er hatte immer noch den dringenden Wunsch, mit Blaustern zu reden. Von dort, wo er mit dem Kopf flach auf dem Boden lag, konnte er gerade noch den Eingang zum Lager sehen. Er ließ keinen Blick davon und wartete auf die Rückkehr seiner Anführerin, aber dann fielen ihm doch die Augen zu und er überließ sich seinem Verlangen nach Schlaf.

Feuerherz konnte ein Brausen hören wie von Wind in hohen Bäumen. Der ätzende Gestank des Donnerwegs stach ihm in die Nase, zusammen mit einem neuen Geruch, der noch schärfer und beängstigender war. Feuer! Flammen leckten zum schwarzen Himmel empor, warfen glühende Funken hinauf in die sternenlose Nacht. Zu seiner Überraschung huschten vor dem Feuer die Silhouetten von Katzen umher. Warum waren sie nicht weggelaufen?

Eine blieb stehen und blickte ihn direkt an. Die Nachtaugen des Katers leuchteten in der Dunkelheit und er hob wie zur Begrüßung seinen langen, geraden Schwanz.

Feuerherz zitterte, als ihn die Erinnerung an die Worte überfiel, die Tüpfelblatt, die einstige Heilerin des DonnerClans, ihm vor ihrem allzu frühen Tod gesagt hatte: »Feuer wird den Clan retten!« Konnte das etwas mit den merkwürdigen Katzen zu tun haben, die keine Angst vor Feuer zeigten?

»Wach auf, Feuerherz!«

Er hob ruckartig den Kopf. Tigerkralles Knurren hatte ihn aus dem Traum gerissen.

»Du hast im Schlaf miaut!«

Noch benommen setzte er sich auf und schüttelte den Kopf. »J-j-ja, Tigerkralle!« In plötzlicher Unruhe fragte er sich, ob er Tüpfelblatts Worte laut wiederholt hatte. Schon früher waren ihm solche Träume begegnet, so lebhaft, dass er sie schmecken konnte, Träume, die später Wirklichkeit geworden waren. Er wollte auf keinen Fall, dass Tigerkralle bei ihm Kräfte vermutete, die der SternenClan gewöhnlich nur Heilern gewährte.

Mondlicht schien durch die Blätterwand des Baus. Feuerherz musste den ganzen Tag verschlafen haben.

»Du und Graustreif, ihr werdet euch der Abendpatrouille anschließen«, erklärte ihm Tigerkralle. »Beeil dich!« Der dunkel Gestreifte drehte sich um und stolzierte aus dem Bau hinaus.

Feuerherz entspannte das Fell auf den Schultern. Offenbar hatte Tigerkralle nichts Ungewöhnliches an seinem Traum entdeckt. Sein Geheimnis schien also sicher. Trotzdem war er entschlossen, die mörderische Wahrheit über die Rolle zu enthüllen, die Tigerkralle bei Rotschweifs Tod gespielt hatte.

Feuerherz leckte sich die Lippen. Graustreif lag neben ihm und wusch sich die Flanke. Gerade hatten sie ein gemeinsames Mahl am Rande der Lichtung ihres Lagers beendet. Die Sonne war untergegangen, und Feuerherz konnte den Mond sehen, der jetzt fast voll am kalten, klaren Himmel leuchtete.

In den vergangenen Tagen waren sie sehr beschäftigt gewesen. Jedes Mal, wenn sie sich hinlegen wollten, um auszuruhen, schickte Tigerkralle sie auf Patrouille oder zur Jagd. Aufmerksam hatte Feuerherz auf eine Gelegenheit gewartet, mit Blaustern allein zu sprechen, aber wenn er nicht selbst irgendwie in Tigerkralles Auftrag unterwegs war, schien die Anführerin des DonnerClans immer ihren Stellvertreter an ihrer Seite zu haben.

Feuerherz begann sich die Pfoten zu waschen. Seine Blicke streiften im Lager umher in der Hoffnung, Blaustern zu finden.

»Was suchst du?«, wollte Graustreif durch eine Zunge voll Fell wissen.

»Blaustern«, antwortete sein Freund und senkte die Pfote.

»Warum?« Graustreif hörte mit dem Waschen auf und sah Feuerherz an. »Die ganze Zeit seit unserer Nachtwache beobachtest du sie. Was hast du vor?«

»Ich muss ihr sagen, wo Rabenpfote ist, und sie vor Tigerkralle warnen.«

»Du hast Rabenpfote aber doch versprochen, dass du ihnen erzählst, er sei tot!« Graustreif klang erstaunt.

»Ich habe nur versprochen, dass ich Tigerkralle sage, er sei tot. Blaustern muss die ganze Geschichte kennen. Sie muss einfach wissen, wozu ihr Stellvertreter fähig ist.«

Graustreif senkte die Stimme zu einem eindringlichen Zischen: »Aber wir haben doch nur Rabenpfotes Wort, dass Tigerkralle Rotschweif getötet hat!«

»Glaubst du ihm etwa nicht?« Feuerherz sah seinen zweifelnden Freund entrüstet an.

»Hör zu, wenn Tigerkralle gelogen hat mit seiner Behauptung, er habe Eichenherz aus Rache für Rotschweifs Tod beseitigt, dann muss Rotschweif Eichenherz selber getötet haben. Und ich kann einfach nicht glauben, dass Rotschweif absichtlich den Zweiten Anführer eines Clans umgebracht haben soll. Das wäre gegen das Gesetz der Krieger – wir kämpfen, um unsere Kraft zu beweisen und unser Territorium zu verteidigen, nicht, um uns gegenseitig zu töten.«

»Aber ich will doch keine Vorwürfe gegen Rotschweif erheben!«, protestierte Feuerherz. »Tigerkralle ist doch das Problem.« Rotschweif war vor Tigerkralle der Zweite Anführer des DonnerClans gewesen. Feuerherz hatte ihn nie kennengelernt, aber er wusste, dass er im ganzen Clan hohes Ansehen genossen hatte.

Sein Freund sah ihm nicht in die Augen. »Was du sagst, hat aber Auswirkungen auf Rotschweifs Ehre. Und keine der anderen Katzen hat etwas gegen Tigerkralle. Nur Rabenpfote hatte eine Heidenangst vor ihm.«

»Also glaubst du, Rabenpfote hat sich die Geschichte nur ausgedacht, weil er mit seinem Mentor nicht klargekommen ist?«, sagte Feuerherz spöttisch.

»Nein«, murmelte Graustreif. »Ich denke nur, wir sollten vorsichtig sein.«

Feuerherz blickte seinem Freund in die besorgten Augen und wurde unsicher. An dem, was Graustreif gesagt hatte, war etwas dran. Sie waren erst vor ein paar Tagen zu Kriegern ernannt worden und daher kaum in einer Position, Anklagen gegen den ranghöchsten Krieger des Clans zu erheben.

»Ist schon in Ordnung«, miaute Feuerherz schließlich. »Du kannst dich da raushalten.« Ein Anflug von Bedauern durchzuckte ihn, als Graustreif nickte und sich wieder ans Waschen machte. Feuerherz wusste, dass sein Freund nicht recht hatte mit der Annahme, nur Rabenpfote habe Vorbehalte gegen Tigerkralle. Auch sein eigener Instinkt sagte ihm, dass man dem Zweiten Anführer des DonnerClans nicht trauen durfte. Er musste seinen Verdacht Blaustern mitteilen, ihrer Sicherheit zuliebe und auch wegen der Sicherheit des Clans.

Ein kurzes Aufblitzen von grauem Fell auf der gegenüberliegenden Seite der Lichtung sagte Feuerherz, dass Blaustern ihren Bau verlassen hatte – allein. Er sprang auf die Pfoten, aber da machte die Anführerin des DonnerClans einen Satz auf den Hochstein hinauf und rief den Clan zusammen. Ungeduldig peitschte Feuerherz mit dem Schwanz.

Graustreifs Ohren zuckten aufgeregt, als er Blausterns Ruf hörte. »Eine Namen-Zeremonie?«, miaute er. »Es geht sicher um Langschweif, der seinen ersten Schüler bekommt. Er hat schon tagelang Andeutungen gemacht.« Er sprang hinüber und gesellte sich zu den Katzen, die sich am Rande der Lichtung versammelten. Enttäuscht folgte ihm Feuerherz.

Ein kleines schwarz-weißes Junges trottete auf die Lichtung. Seine weichen Pfoten machten keinen Laut auf der harten Erde. Der kleine Kater ging zum Hochstein, die hellen Augen gesenkt, und Feuerherz erwartete beinahe, ihn zittern zu sehen. Etwas an den herabhängenden Schultern dieses Jungen ließ ihn für einen Schüler fast zu klein und furchtsam wirken. Langschweif wird nicht beeindruckt sein, dachte Feuerherz. Er erinnerte sich an die Verachtung des Kriegers, als er selbst ins Lager gekommen war. An seinem ersten Tag im Clan hatte Langschweif ihn boshaft verspottet und sich über seine Herkunft als Hauskätzchen lustig gemacht. Seitdem mochte Feuerherz ihn nicht.

»Von diesem Tag an«, verkündete Blaustern und blickte auf das Junge hinab, »bis er sich seinen Kriegernamen verdient hat, wird dieser Schüler Wieselpfote heißen.«

Als das schwarz-weiße Junge zu seiner Anführerin aufschaute, blitzte in seinem Blick keine zielstrebige Entschlossenheit auf. Stattdessen waren seine bernsteinfarbenen Augen groß vor Angst.

Blaustern sprach weiter: »Langschweif, du bist Dunkelstreifs Schüler gewesen. Er hat dich gut ausgebildet und du bist zu einem starken und getreuen Krieger geworden. Ich hoffe, du wirst einige dieser Eigenschaften an Wieselpfote weitergeben.«

Feuerherz suchte in Langschweifs Gesicht nach einem Ausdruck der Verachtung, aber der Blick des Kriegers wurde weich, als er auf den seines neuen Schülers traf, und sanft berührten sich die beiden Katzen mit der Nase. »Keine Sorge, du machst das gut«, murmelte Langschweif aufmunternd. Genau, dachte Feuerherz bitter. Nur weil er im Clan geboren worden ist. Mich hat Langschweif nicht so willkommen geheißen. Er spürte einen Anflug von Groll, als er beobachtete, wie die übrigen Katzen des Clans den neuen Schüler beglückwünschten.

»Was hast du?«, flüsterte Graustreif. »Eines Tages werden wir das sein.«

Feuerherz nickte. Der Gedanke, dass er irgendwann einen eigenen Schüler bekommen würde, ließ seine düstere Stimmung verschwinden. Er war jetzt ein Teil des DonnerClans und nur darauf kam es an!

Am nächsten Tag war Vollmond. Feuerherz wusste, dass er sich eigentlich auf seine erste Große Versammlung als Krieger freuen sollte, aber er suchte immer noch eine Gelegenheit, um Blaustern alles zu erzählen, was er über Tigerkralle wusste. Der Gedanke daran lag ihm wie ein kalter Stein im Magen.

»Hast du Würmer im Bauch oder was?«, miaute Graustreif neben ihm. »Du ziehst so komische Grimassen!«

Feuerherz sah seinen Freund an. Er wünschte, er könnte sich ihm anvertrauen, aber er hatte ihm ja versprochen, ihn aus der ganzen Sache rauszuhalten. »Nein, nein, mir geht’s gut«, antwortete er deshalb. »Komm! Blaustern ruft schon.«

Die beiden Kater trotteten hinüber zu der Gruppe, die sich auf der Lichtung versammelte. Blaustern neigte zur Begrüßung den Kopf, dann ging sie voran aus dem Lager.

Feuerherz blieb sitzen und ließ die anderen Katzen an ihm vorbei den steilen Pfad, der zum Wald führte, hinaufklettern. Vielleicht könnte er bei diesem Marsch genügend Zeit finden, um mit Blaustern zu sprechen. Aber vorher wollte er seine Gedanken sammeln.

»Kommst du?«, rief Graustreif von oben.

»Bin schon da!« Er dehnte seine mächtigen Hinterbeine und sprang los, von einem Felsbrocken zum anderen den Berg hinauf.

Oben hielt er an, um zu Atem zu kommen. Vor ihm erstreckte sich der Wald. Er spürte die knisternden, frisch gefallenen Blätter unter den Pfoten. Das Silbervlies glitzerte am Himmel wie morgendlicher Tau auf schwarzem Fell.

Feuerherz musste an seinen ersten Ausflug zum Baumgeviert denken, zusammen mit Löwenherz und Tigerkralle. Er empfand Trauer, als er sich an Löwenherz erinnerte. Der war Graustreifs Mentor gewesen und nach Rotschweifs Tod der Zweite Anführer des DonnerClans. Auch dieser warmherzige Krieger mit dem goldenen Fell hatte im Kampf den Tod gefunden und Tigerkralle hatte seinen Platz eingenommen.

Feuerherz war zum ersten Mal beim Baumgeviert gewesen, als Löwenherz die Schüler herumgeführt hatte, durch die Hochkiefern, vorbei an den Sonnenfelsen und entlang der Grenze zum FlussClan-Territorium. Heute Nacht würde Blaustern mit ihnen durch das gesamte DonnerClan-Territorium ziehen. Er konnte sie schon im Unterholz verschwinden sehen und eilte hinter ihr und den anderen Katzen her.

Die Anführerin lief voran, Tigerkralle dicht bei ihr. Feuerherz überhörte Graustreifs überraschtes Miauen und überholte ihn. »Blaustern!«, rief Feuerherz keuchend, als er an ihre Seite gelangt war. »Kann ich mit dir reden?«

Sie sah ihn an und nickte. »Übernimm du die Führung, Tigerkralle«, befahl sie und verlangsamte den Schritt. Ihr Stellvertreter lief an ihr vorbei, und die anderen Katzen folgten dem dunkel gestreiften Kater, der in hohen Sprüngen durch das Unterholz stürmte.

Blaustern und Feuerherz verfielen in einen stetigen Trott und im Nu waren sie allein.

Der Pfad führte aus dem dichten Farn hinaus auf eine kleine Lichtung. Blaustern sprang auf einen umgestürzten Baum und setzte sich, wobei sie den Schwanz über die Vorderpfoten legte.

»Worum geht es, Feuerherz?«, fragte sie.

Der junge Krieger zögerte. Plötzlich wurde er wieder von Zweifeln geplagt. Blaustern hatte ihn ermutigt, sein Leben als Hauskätzchen aufzugeben und sich dem Clan anzuschließen. Seitdem hatte sie ihm immer wieder ihr Vertrauen geschenkt, wenn andere Katzen seine Treue gegenüber dem Clan, mit dem er nicht blutsverwandt war, infrage stellten. Was würde sie sagen, wenn er ihr erzählte, dass er sie wegen Rabenpfote belogen hatte?

»Sprich«, forderte sie ihn auf, als die Pfotenschritte der anderen Katzen in der Ferne verklangen.

Feuerherz holte tief Luft. »Rabenpfote ist nicht tot«, sagte er endlich. Blausterns Schwanz zuckte überrascht, aber sie hörte ihm weiter schweigend zu. »Graustreif und ich haben ihn in die Jagdgründe des WindClans gebracht. Ich … ich denke, er könnte sich Mikusch angeschlossen haben.« Mikusch war ein Einzelläufer, keine Waldkatze, aber auch kein Hauskater. Er lebte auf einem Zweibeiner-Hof, der am Weg zu den Hochfelsen lag, dem heiligen Ort für alle Katzen im Wald.

Blaustern starrte an Feuerherz vorbei in die Tiefen des Waldes. Ängstlich blickte Feuerherz in ihr Gesicht, bemüht ihren Ausdruck zu lesen. War sie wütend? Aber er konnte keinen Zorn in ihren weit offenen, blauen Augen sehen.

Nach einigen langen Augenblicken sprach sie: »Ich bin froh zu hören, dass Rabenpfote noch am Leben ist. Ich hoffe, er ist glücklicher mit Mikusch, als er es im Wald gewesen ist.«

»A-aber er ist doch in den DonnerClan hineingeboren worden!«, stammelte Feuerherz. Er war verwirrt, dass Blaustern den Weggang Rabenpfotes so ruhig hinnahm.

»Das bedeutet nicht notwendigerweise, dass er für ein Clan-Leben geeignet war«, erklärte sie. »Schließlich wurdest du nicht in den Clan hineingeboren und trotzdem bist du nun ein guter Krieger. Vielleicht findet Rabenpfote seinen wahren Weg irgendwo anders.«

»Aber er hat den DonnerClan nicht verlassen, weil er das wollte«, protestierte Feuerherz. »Er konnte unmöglich hier bleiben!«

»Unmöglich?« Blaustern ließ ihren blauen Blick auf ihm ruhen. »Was meinst du damit?«

Er schaute zu Boden.

»Nun?«, drängte sie ihn.

Feuerherz hatte einen trockenen Mund. »Rabenpfote kannte ein Geheimnis von Tigerkralle«, krächzte er. »Ich … ich glaube, Tigerkralle wollte ihn töten. Oder den Clan gegen ihn aufhetzen.«

Blausterns Schwanz peitschte hin und her, und Feuerherz sah, wie sich ihre Schultern anspannten. »Warum solltest du das glauben? Was ist das für ein Geheimnis, das Rabenpfote kannte?«

Widerstrebend antwortete Feuerherz und stellte sich mutig ihrem strengen Blick. »Dass Tigerkralle im Kampf mit dem FlussClan Rotschweif getötet hat.«

Blaustern kniff die Augen zusammen. »Ein Krieger würde niemals einen anderen aus dem eigenen Clan töten! Selbst du solltest das wissen – du hast lange genug bei uns gelebt.«

Feuerherz zuckte bei ihren Worten zusammen und legte die Ohren an. Es war das zweite Mal in dieser Nacht, dass sie auf seine Herkunft als Hauskatze hingewiesen hatte.

Sie fuhr fort: »Tigerkralle hat berichtet, dass Eichenherz, der Stellvertreter des FlussClans, Rotschweif umgebracht hat. Rabenpfote muss sich geirrt haben. Hat er es tatsächlich gesehen, wie Tigerkralle Rotschweif getötet hat?«

Feuerherz zuckte nervös mit dem Schwanz. »Er hat gesagt, dass er es gesehen hat.«

»Und du weißt, dass du mit deiner Aussage die Ehre von Rotschweif infrage stellst, weil der dann für den Tod von Eichenherz verantwortlich gewesen sein müsste? Ein Zweiter Anführer würde aber niemals einen anderen im Kampf töten, jedenfalls nicht, wenn es sich vermeiden lässt. Und Rotschweif war der ehrenhafteste Krieger, den ich je gekannt habe.«

Blausterns Augen trübten sich vor Schmerz, und Feuerherz verspürte tiefes Bedauern, dass er die Erinnerung an ihren Stellvertreter heraufbeschworen hatte.

»Ich kann das Verhalten von Rotschweif nicht beurteilen«, murmelte er. »Ich weiß nur, Rabenpfote ist ohne Zweifel davon überzeugt, dass Tigerkralle für Rotschweifs Tod verantwortlich ist.«

Blaustern seufzte und entspannte die Schultern. »Wir alle wissen, dass Rabenpfote eine lebhafte Fantasie hat«, sagte sie freundlich und ihr Blick war voller Mitgefühl. »Er wurde in diesem Kampf schwer verletzt, und er hat den Ort verlassen, bevor alles vorbei war. Kannst du dir sicher sein, dass er in Gedanken nicht die Teile ergänzt hat, die ihm entgangen sind?«

Bevor Feuerherz darauf antworten konnte, hallte ein Jaulen durch den Wald und Tigerkralle kam durch das Unterholz gesprungen. Misstrauisch streiften seine Augen über Feuerherz, bevor er sich an Blaustern wandte: »Wir warten auf dich an der Grenze.«

Die Anführerin nickte. »Sag ihnen, wir kommen gleich.« Tigerkralle neigte den Kopf und rannte durch den hohen Farn zurück.

Während Feuerherz ihm nachsah, fanden Blausterns Worte einen Widerhall in seinen Gedanken. Sie hatte recht. Rabenpfote besaß tatsächlich eine lebhafte Fantasie. Er erinnerte sich an seine erste Große Versammlung, als Schüler aus allen Clans an Rabenpfotes Lippen gehangen hatten, während er den Kampf mit dem FlussClan beschrieb. Und dabei hatte er Tigerkralle nicht erwähnt.

Als Blaustern aufstand, sprang auch Feuerherz hoch. »Wirst du Rabenpfote in den Clan zurückholen?«, fragte er plötzlich voller Angst, dass er seinen Freund in neue Schwierigkeiten gebracht haben könnte.

Blaustern blickte Feuerherz tief in die Augen. »Er ist wahrscheinlich glücklicher, wo er jetzt ist«, sagte sie ruhig. »Vorläufig wollen wir den Clan in dem Glauben belassen, dass er tot ist.«

Feuerherz starrte mit vor Schreck weit aufgerissenen Augen zurück. Blaustern würde also den Clan belügen!

»Tigerkralle ist ein großer Krieger, aber er ist sehr stolz«, fuhr sie fort. »Es ist für ihn leichter hinzunehmen, dass sein Schüler im Kampf gestorben als dass er weggerannt ist. Und auch für Rabenpfote wäre das besser.«

»Weil Tigerkralle sonst nach ihm suchen würde?«, wagte Feuerherz zu fragen. War es möglich, dass Blaustern ihm doch glaubte, wenigstens ein bisschen?

Sie schüttelte ungeduldig den Kopf. »Nein. Tigerkralle mag ehrgeizig sein, aber er ist kein Mörder. Es ist besser, sich an Rabenpfote als einen toten Helden zu erinnern als an einen lebenden Feigling.«

Tigerkralle rief erneut, und Blaustern sprang von dem Baumstamm und verschwand im Farngebüsch. Feuerherz setzte über den Stamm und lief hinter seiner Anführerin her.

Am Ufer des Baches holte er sie ein und beobachtete, wie sie von Stein zu Stein sprang und zur anderen Seite übersetzte. Vorsichtig folgte ihr Feuerherz. Seine Gedanken waren in Aufruhr. Tagelang hatte das Wissen um den Tod von Rotschweif schwer auf ihm gelastet. Endlich nun hatte er es Blaustern erzählt, aber nichts hatte sich dadurch geändert. Die Anführerin des Clans glaubte nicht, dass Tigerkralle ein kaltblütiger Mörder sein könnte. Und was das Schlimmste war: Feuerherz selbst begann daran zu zweifeln, dass Rabenpfote die Wahrheit gesagt hatte.

Er sprang zum anderen Ufer hinüber und stürmte durch das Unterholz, bis sie schließlich die anderen DonnerClan-Katzen erreicht hatten. Die waren am oberen Rand des Abhangs stehen geblieben, der hinab zum Baumgeviert führte, zu den riesigen Eichen, bei denen sich zu jedem Vollmond Katzen aus allen vier Clans des Waldes friedlich versammelten.

Feuerherz’ Fell prickelte, als er Tigerkralles Blick auf sich fühlte. Hatte der dunkle Krieger einen Verdacht, was zwischen ihm und Blaustern besprochen worden war? Feuerherz schüttelte den Kopf, um seine Gedanken zu ordnen. Natürlich war Tigerkralle daran interessiert, was Feuerherz mit ihr besprochen hatte. Er war schließlich ihr Stellvertreter, also würde er alles wissen wollen, was den Clan betreffen könnte.

Der dunkel gestreifte Kater starrte nun wachsam und mit gespitzten Ohren den Abhang hinab. Die Katzen um ihn herum traten erwartungsvoll von einer Pfote auf die andere. Tigerkralle schaute sie alle einzeln an und sammelte sie durch seinen festen bernsteinfarbenen Blick schweigend um sich.

Blaustern hob die Nase und prüfte die Luft. Feuerherz fühlte, wie die Katzen um ihn herum ihre Muskeln anspannten und das Fell sträubten. Dann gab Blaustern mit einem Zucken des Schwanzes das Zeichen und die DonnerClan-Katzen stürzten den Hang hinab zur Großen Versammlung.

2. Kapitel

Blaustern hielt am Rande der Lichtung an, ihr Clan in einer Reihe neben ihr. Einige Katzen aus dem FlussClan und dem SchattenClan drehten sich nach der Anführerin um und begrüßten sie.

»Wohin bist du denn verschwunden?« Graustreif tauchte neben Feuerherz auf.

Der schüttelte den Kopf. »Ist nicht so wichtig.« Er war immer noch beunruhigt und verwirrt nach dem Gespräch mit Blaustern und erleichtert, dass sein Freund ihn jetzt nicht bedrängte, sondern sich auf der Lichtung umsah.

»He, schau mal«, miaute er. »Die SchattenClan-Katzen sehen kräftiger aus, als ich gedacht hätte. Schließlich hat Braunstern sie halb verhungert zurückgelassen.«

Feuerherz folgte seinem Blick zu einem geschmeidigen Krieger des SchattenClans. »Du hast recht«, stimmte er verblüfft zu.

»Allerdings haben wir auch die Hauptlast des Kampfes für sie getragen«, spottete Graustreif.

Feuerherz’ belustigtes Schnurren wurde von Weißpelz unterbrochen. »Die SchattenClan-Krieger haben so tapfer gekämpft wie wir, um Braunstern zu verjagen. Wir sollten ihre Entschlossenheit, sich zu kräftigen, anerkennen«, sagte er streng, bevor er sich zu einer Gruppe von Kriegern unter einer der großen Eichen gesellte.

»Autsch!«, maunzte Graustreif mit betretenem Gesicht.

Die jungen Krieger blieben am Rand der Lichtung. Feuerherz konnte mit Leichtigkeit die Schüler der anderen Clans ausmachen – ihr Fell wirkte kätzchenweich, die Gesichter waren rund und die Pfoten plump und ungeschickt.

Zwei Krieger näherten sich den beiden Freunden. Ein kleiner brauner Schüler zuckelte hinter ihnen her. Feuerherz erkannte den grau gestreiften Kater aus dem SchattenClan, nicht jedoch den rauchschwarzen Kater, der ihn begleitete.

»Hallo«, miaute der Graue.

»Hallo, Nassfuß«, entgegnete Feuerherz. Er blickte auf die dunkle Katze.

»Das ist Schwarzkralle vom FlussClan.«

Graustreif und Feuerherz nickten zur Begrüßung. Dann trat der Schüler schüchtern vor.

»Und das ist mein Schüler Eichenpfote«, stellte Nassfuß ihn vor.

Eichenpfote blickte mit weit aufgerissenen, ängstlichen Augen zu Feuerherz auf. »H-hallo, Feuerherz«, miaute er. Der begrüßte ihn mit einem Nicken.

»Ich höre, dass Blaustern euch nach dem Kampf zu Kriegern befördert hat«, sagte Nassfuß. »Meine Glückwünsche! Es muss eine kalte Nachtwache gewesen sein.«

»Das war es«, bestätigte Graustreif.

»Wer ist das?«, unterbrach Feuerherz. Eine schlanke Kätzin mit einem gesprenkelten braunen Fell hatte seine Aufmerksamkeit erregt. Sie unterhielt sich mit Tigerkralle neben dem Großfelsen im Mittelpunkt der Lichtung.

»Das ist Leopardenfell, unsere Zweite Anführerin«, knurrte der FlussClan-Krieger.

Feuerherz’ Fell stellte sich auf, als er an Eichenherz, den vorangegangenen Stellvertreter des FlussClans, dachte und daran, wie er im Kampf mit dem DonnerClan ums Leben gekommen war. Er brauchte allerdings nichts weiter dazu zu sagen, denn Blaustern machte einen Satz auf den Felsen hinauf und eröffnete die Versammlung. Noch zwei Katzen gesellten sich zu ihr, und eine von ihnen, ein älterer schwarzer Kater, rief alle auf, sich unterhalb des Felsens zu versammeln. Überrascht erkannte Feuerherz den schwarzen Kater. War der alte Nachtpelz Anführer des SchattenClans geworden, nachdem Braunstern die Flucht ergriffen hatte?

Als alle Katzen sich vor dem Felsblock niedergelassen hatten, sprach Blaustern. »Der DonnerClan stellt bei dieser Großen Versammlung seine neue Heilerin Gelbzahn vor«, verkündete sie förmlich und machte eine Pause, während der sich alle Augen auf die alte Kätzin mit dem dichten Fell und der flachen Schnauze richteten. Feuerherz bemerkte, wie sie unruhig auf dem harten Boden hin und her rutschte.

In seiner frühen Schülerzeit hatte er fast einen ganzen Mond damit verbracht, die Kätzin gesund zu pflegen, nachdem sie ins Lager des DonnerClans gekommen war. Jetzt erkannte er an der Art, wie sich ihr rechtes Ohr leicht verdrehte, dass sie sich unter den Blicken der anderen Clans unwohl fühlte. Sie war früher im SchattenClan Heilerin gewesen, und Katzen verließen kaum jemals einen Clan, um sich einem anderen anzuschließen. Sie schaute sich langsam in der Menge um, bis ihr Blick auf Triefnase, den neuen Heiler des SchattenClans, traf. Es gab eine kleine Pause, dann tauschten sie ein respektvolles Nicken. Gelbzahns Ohren richteten sich auf und Feuerherz entspannte sich.

Blaustern redete weiter: »Wir stellen außerdem zwei neu ernannte Krieger vor, Feuerherz und Graustreif.«

Feuerherz hielt den Kopf hoch erhoben, aber als sich alle Blicke auf ihn richteten, wurde er verlegen und zuckte nervös mit dem Schwanz.

Jetzt trat Nachtpelz vor und drängte sich an Blaustern vorbei hinauf auf die höchste Stelle des Felsens. »Ich, Nachtpelz, habe die Führung des SchattenClans übernommen«, verkündete er. »Unser früherer Anführer Braunstern hat das Gesetz der Krieger gebrochen, und wir waren gezwungen, ihn zu verjagen.«

»Keine Erwähnung davon, dass wir ihnen dabei geholfen haben«, flüsterte Graustreif Feuerherz zu.

Nachtpelz fuhr fort: »Die Geister unserer Vorfahren haben zu Triefnase gesprochen und mich als Anführer ausersehen. Ich bin noch nicht zum Ahnentor gereist, um vom SternenClan das Geschenk der neun Leben zu empfangen, aber ich werde diese Reise morgen Nacht unternehmen, solange noch Vollmond ist. Nach meiner Nachtwache am Mondstein werde ich Nachtstern heißen.«

»Wo ist Braunstern jetzt?«, rief eine Stimme aus der Menge. Es war Frostfell, die weiße Königin aus dem DonnerClan.

»Ich glaube, wir können davon ausgehen, dass er mit den anderen verbannten Kriegern den Wald verlassen hat. Er weiß, dass es für ihn gefährlich wäre, zurückkehren zu wollen«, antwortete Nachtpelz.

»Hoffentlich«, murmelte Frostfell ihrer Nachbarin zu, einer fülligen Königin mit braunem Fell.

Nun trat Streifenstern, der Anführer des FlussClans, vor. »Wir wollen hoffen, dass Braunstern klug genug war, den Wald endgültig zu verlassen. Seine Gier nach mehr Territorium war für uns alle eine Bedrohung.«

Er wartete, bis das zustimmende Jaulen verklungen war, bevor er fortfuhr: »Als Braunstern Anführer des SchattenClans war, habe ich ihm gestattet, in unserem Fluss zu jagen. Aber jetzt hat der SchattenClan einen neuen Anführer und diese Vereinbarung kann nicht länger Bestand haben. Die Beute in unserem Fluss gehört allein dem FlussClan.«

Triumphierendes Miauen erhob sich unter den Katzen seines Clans, aber Feuerherz sah mit einem Gefühl der Sorge, dass sich Nachtpelz’ Fell sträubte.

Der erhob jetzt die Stimme: »Der SchattenClan hat noch immer die gleichen Bedürfnisse, die er unter Braunstern hatte. Wir haben viele Mäuler zu stopfen. Streifenstern, du hast eine Vereinbarung mit dem ganzen SchattenClan geschlossen!«

Der Anführer des FlussClans sprang auf die Pfoten und wandte sich Nachtpelz zu. Er legte die Ohren flach an und fauchte, und die Katzen unter dem Felsen verfielen in Schweigen.

Rasch trat Blaustern zwischen die beiden Anführer. »Nachtpelz, der SchattenClan hat in letzter Zeit viele Verluste hinnehmen müssen«, sagte sie sanft. »Es sind weniger Mäuler zu füttern. Brauchst du da wirklich noch Fische vom FlussClan?«

Streifenstern fauchte erneut, aber Nachtpelz hielt seinem Blick stand, ohne auszuweichen.

Blaustern sprach weiter, diesmal eindringlicher: »Ihr habt gerade euren Anführer vertrieben und mehrere eurer stärksten Krieger! Und Braunstern hat gegen das Gesetz der Krieger verstoßen, als er Streifenstern zu einer Zustimmung zwang, sich den Fluss zu teilen.«

Feuerherz schluckte voller Angst, als Nachtpelz die Krallen ausfuhr, aber Blaustern zuckte nicht mit der Wimper. Ihre eisblauen Augen glitzerten im Mondlicht und sie knurrte: »Denk daran, dass du noch nicht einmal deine neun Leben vom SternenClan erhalten hast. Bist du so zuversichtlich, dass du diese Forderungen stellen kannst?«

Feuerherz sah, wie sich bei vielen Katzen um ihn herum das Fell sträubte. Alle warteten auf die Reaktion von Nachtpelz.

Der wandte wütend den Blick ab. Sein Schwanz peitschte hin und her, aber er sagte nichts.

Blaustern hatte sich durchgesetzt. Ihre Stimme wurde weich. »Wir alle wissen, dass der SchattenClan in den vergangenen Monden viel gelitten hat«, sagte sie. »Der DonnerClan hat angeboten, euch in Frieden zu lassen, bis genug Zeit verstrichen ist, um euch zu erholen.« Sie wandte ihren Blick Streifenstern zu. »Ich bin überzeugt, dass Streifenstern bereit ist, euch den gleichen Respekt zu erweisen.«

Der verengte die Augen und nickte. »Aber nur, solange kein Geruch des SchattenClans auf unserem Territorium zu finden ist«, knurrte er.