Sie werden sehen: Gleich in den ersten Übungsstunden beginnt das Autogene Training seine Wirkung zu entfalten. Die Technik der selbsthypnotischen Versenkung gliedert sich in drei Stufen:
Die Grundstufe ist ein körperliches Entspannungsverfahren, das aus sieben aufeinanderfolgenden Übungen besteht. Dabei lernen Sie, Ihr Gedankenkarussell abzuschalten, Ihre Selbstwahrnehmung zu trainieren und körperliche Funktionen gezielt zu beeinflussen. Der Organismus gelangt durch die Übungen wieder ins Gleichgewicht, Beschwerden und Schmerzen können gelindert und ihr Heilungsverlauf sehr günstig beeinflusst werden.
Die Mittelstufe ist ein Mentaltraining mit Formeln zur langfristigen Selbstbeeinflussung. Hier geht es um die Bearbeitung individueller Fragen und Probleme. Sie lernen hier Ihre persönlichen Formeln zu erstellen und anzuwenden, um Ihr Leben schrittweise nach Ihren Wünschen zu gestalten. Entscheidend sind dabei Ihre individuellen Zielsetzungen.
Die Oberstufe – ist eine Selbsthypnose-Technik, mit der man auf das eigene Unterbewusstsein Einfluss nimmt. Eine perfekte Beherrschung der Grundstufe ist hier Voraussetzung. Sie dient der Entwicklung gestalterischer Ressourcen, die das Leben erfreulich verändern.
Mit Hilfe des Autogenen Trainings versetzen Sie sich in einen tiefen Entspannungszustand bei vollständigem Bewusstsein. Bei dieser Form der Selbsthypnose oder Autosuggestion versenken Sie sich in Ihr Selbst, konzentrieren sich auf innere Zustände und verbinden sich mit heilenden und stärkenden Ressourcen.
Im Zustand der selbsthypnotischen Versenkung die Selbstwahrnehmung intensivieren, Möglichkeiten zur Selbstkontrolle eröffnen, und sich mit persönlichen Ressourcen für ein erfüllteres Leben verbinden.
Die autosuggestive Heilmethode zur Linderung von Schmerzen, Beschwerden und zur Stärkung des Immunsystems.
Die mentale Tiefenentspannung gegen Stress und Burnout: Sie wirkt auf Herz und Kreislauf, die Atmung und das Nervensystem, bringt sofortige Erholung und steigert so die körperliche und geistige Leistungsfähigkeit.
Mithilfe des Autogenen Trainings, einer sanften Form der Selbsthypnose, können Sie positiv auf Ihre Gedanken und Gefühle Einfluss nehmen. So programmieren Sie sich zu einer gelasseneren, in sich ruhenden Persönlichkeit um und können zahlreiche Beschwerden wirkungsvoll selbst behandeln.
Informationen, Gedanken und innere Bilder können unsere Gefühlswelt und damit auch unser körperliches Befinden extrem beeinflussen. Unsere Stimmung kann innerhalb von Sekunden von ausgelassener Fröhlichkeit zu tiefster Traurigkeit umkippen, verbunden mit Kreislaufschwäche, Magenschmerzen, Übelkeit oder auch Durchfall. Dazu braucht es nur eine kurze SMS: »Sie sind entlassen« oder »Sie haben nicht bestanden« oder »Deine Mutter ist gestorben«. Umgekehrt können aber die Aussagen »Ich liebe dich« oder »Ich bin gleich bei dir« oder »Sie bekommen den Job« auch die höchsten Glücksgefühle auslösen und sogar die Gesundheit günstig und nachhaltig beeinflussen.
Das Autogene Training ist die ideale Entspannungseinheit und Energietankstelle für jederzeit und überall. Nach einer Übungszeit von etwa zwei Monaten können Sie aktiv damit »arbeiten«.
DIE MACHT DER GEDANKEN UND GEFÜHLE
Auch unsere eigenen Gedanken und Bilder beeinflussen unser Leben in einer nachhaltigen Weise. Haben wir beispielsweise Angst zu versagen, so ist die Wahrscheinlichkeit wesentlich größer, dass dieses Ereignis tatsächlich eintrifft, als wenn wir voller Zuversicht an ein Ereignis herangehen. Zweifel und Angst schränken uns ein, sodass wir unsere Fähigkeit zu lieben und kreativ zu sein verkümmern lassen und dadurch weniger erfolgreich sind, als wenn wir davon ausgehen, voller Selbstbewusstsein unsere Lebensziele zu erreichen.
INFO
SCHNELL ERLERNBAR, SOFORT WIRKSAM
Sich positiv programmieren
Mithilfe des Autogenen Trainings, einer Form der Selbsthypnose und die am weitesten verbreitete Entspannungsmethode der Welt, lernen Sie nun bewusst, positiv auf Ihre Gedanken, Gefühle und auf Ihr Unterbewusstsein Einfluss zu nehmen. Sie programmieren sich selbst zu einer gelasseneren, zuversichtlicheren und selbstbewussteren Persönlichkeit um.
Wenn Sie die sich leicht einzuprägenden Übungen, die Sie auf den folgenden Seiten finden werden, sorgsam lernen und die dort stehenden Formeln des Autogenen Trainings richtig anwenden, dann garantiere ich Ihnen, dass sie im positiven Sinn zu wirken beginnen. Sie werden lernen, sich in tiefe Entspannungszustände zu versenken, und können durch die nachfolgende wirksame Selbstbeeinflussung Ihr Leben insgesamt in vielerlei Hinsicht positiv beeinflussen. Und dabei erleben Sie nur angenehme Nebenwirkungen, Sie können alles nur richtig und überhaupt nichts falsch machen.
Bei unserer ersten Begegnung blickte Freud mich prüfend an und sagte: »Sie glauben doch nicht, dass Sie heilen können?«, worauf ich erwiderte: »Keinesfalls, aber ich meine doch, dass man wie ein Gärtner Hindernisse wegräumen kann, die der echten Eigenentwicklung im Wege stehen.« »Dann werden wir uns schon verstehen«, erwiderte Freud.
J. H. Schultz, Das Autogene Training
Einfach und tiefenwirksam
Das Autogene Training ist vielfältig einsetzbar und an fast jedem Ort ohne größeren Aufwand und innerhalb kürzester Zeit durchführbar. Der Umgebung fällt oft gar nicht auf, dass man es gerade anwendet. Innerhalb von kurzer Zeit kann man auf diesem Weg Kraft und Energie tanken und sich gezielt durch eine Form der Selbsthypnose beeinflussen. Aber kann man sich damit auch wirklich heilen?
Schauen wir, wie sich der Begründer des Autogenen Trainings, der Arzt und Psychiater Prof. Johannes Heinrich Schultz, dazu in einem Gespräch mit Sigmund Freud äußerte:
Tatsächlich gelingt es nachweislich, mit dem Autogenen Training heilsam auf seelische wie körperliche Beschwerden einzuwirken. Bei dieser Methode handelt es sich um eine Übungsfolge, die unser Gesamtbefinden vorteilhaft verändern kann. Insofern gewinnt es eine größere Bedeutung, wenn man es, ähnlich wie das Zähneputzen, in seinen täglichen Tagesablauf integriert. Viel mehr Zeit braucht man auch nicht dafür.
Der Nervenarzt Prof. Dr. J. H. Schultz entwickelte in den Dreißigerjahren des letzten Jahrhunderts die Selbsthypnose.
WELCHEN GEWINN BRINGT DAS AUTOGENE TRAINING?
In der Grundstufe kann man mit der Hilfe des Autogenen Trainings effektiv körperliche und seelische Disharmonien ausbalancieren. Der Organismus gelangt durch die Übungen wieder ins Gleichgewicht, körperliche Beschwerden und Schmerzen können gelindert und ihr Heilungsverlauf sehr günstig beeinflusst werden. Sie können wirkungsvoll Stress abbauen und blitzschnell Energie und Kraft tanken, um so einem vielleicht drohenden Burn-out entgegenzuwirken. Ihre Konzentrationsfähigkeit und die Gedächtnisleistung verbessern sich.
Unterstützung bei der Selbstentwicklung
Mithilfe der Übungen der Oberstufe schließlich können Sie Ihre gesamte Persönlichkeit erfolgreich entwickeln. Sie werden selbstbewusster, optimistischer und tatkräftiger. Indem Sie gelassener und zuversichtlicher werden, wird sich zwangsläufig auch die Beziehung zu Ihren Mitmenschen verbessern, und Ihre Lebensziele lassen sich leichter erreichen. Bei psychotherapeutisch zu lösenden Problemen sollte man sich aber zusätzlich Unterstützung durch einen Fachmann holen. In diesem Buch wird das Autogene Training eher als Möglichkeit zur positiven Selbstentwicklung eingesetzt. Die Methode funktioniert dabei unabhängig von jeglichen kulturellen Hintergründen. Schließlich basiert sie auf dem naturwissenschaftlichen Grundprinzip, dass in dem Moment, in dem wir uns eine Handlung vorstellen, in unserem Gehirn dieselben Nervenzellen aktiv sind, wie dann, wenn wir sie tatsächlich durchführen. Im tief entspannten Zustand des Autogenen Trainings werden deshalb gezielt Botschaften und Handlungsimpulse fest in unserem Unterbewusstsein verankert.
Das Soforthilfe-Programm
Die Übungen können Sie zu jeder Tageszeit und an vielen Orten durchführen, beispielsweise im Büro, in der U-Bahn, vor einem Meeting, im Auto an einer roten Ampel – ohne dass es groß auffällt. Lediglich der Zuwachs an Lebensfreude wird vermutlich nach einiger Zeit bemerkt werden. So werden Sie sich innerhalb kürzester Zeit effektiv entspannen, regenerieren und nicht zuletzt erfolgreich programmieren.
DIE ENTSTEHUNGSGESCHICHTE DES AUTOGENEN TRAININGS
Professor Johannes Heinrich Schultz arbeitete viele Jahre lang in einem Hypnosezentrum in Breslau. Schon zu Beginn seiner beruflichen Laufbahn machte er die Beobachtung, dass Gedanken und innere Bilder den Menschen in einem weit größeren Ausmaß beeinflussen, als ihm mitunter bewusst ist. Er war begeistert davon, wie man mithilfe der Hypnose viele Krankheiten mit psychosomatischen Ursachen lindern oder heilen konnte.
Als Schultz in den 1920erjahren in Berlin eine eigene Nervenarztpraxis eröffnete, kam er auf die Idee, dass seine Patienten die Selbsthypnose erlernen könnten, um sich zu heilen. Dabei sollten sie sich in einen immer tiefer werdenden Entspannungszustand begeben, der den Trancezuständen ähnelte, die man aus den Ritualen von verschiedenen Urvölkern kannte.
Entwicklung einer Heilmethode
Um die praktische Umsetzung zu entwickeln, hypnotisierte Schultz seine Patienten und befragte sie in diesem Zustand akribisch nach körperlichen und psychischen Veränderungen, wie Schmerzfreiheit oder eine zuversichtlichere Einstellung, die sie durch das Üben bei sich wahrgenommen hatten. Diese Beobachtungen waren die Grundlage von über 400 wissenschaftlichen Arbeiten zu diesem Thema. 1926 stellte Schultz seine Ergebnisse erstmalig einem breiten Publikum vor. Mit der Zeit integrierte er auch Erkenntnisse aus dem indischen Yoga und der japanischen Zen-Meditation. In seinem 1932 publizierten Buch Das Autogene Training hat der Psychologe mehrere Patientenverläufe und beachtliche Heilerfolge zeitlich genau dokumentiert. Die ursprünglichen Übungen von Schultz wurden danach ständig aufgrund neuer Erkenntnisse erweitert.
Während das Autogene Training zunächst zur Unterstützung der psychotherapeutischen Behandlung von Patienten eingesetzt wurde, wenden es heute auch immer mehr gesunde Menschen zur Verbesserung ihrer Lebensqualität in vielen verschiedenen Bereichen an. Inzwischen ist die Technik weltweit verbreitet und wird nicht nur in Deutschland offiziell als Heilmethode anerkannt.
INFO
HEILENDE IMPULSE
Der griechische Begriff auto bedeutet »ursprünglich, selbsttätig«; genero »entstehendes, sich erzeugendes« Training. Im Unterschied zur Hypnose, wo ein Heiler von außen einen Impuls setzt, entsteht hier der Anstoß zur Verbesserung von innen heraus. Man lernt, sich in einen anderen Bewusstseinszustand zu versetzen. Das kann man sich selbst beibringen, dabei auch ganz spezielle Formeln einsetzen und sein eigenes selbstbestimmtes Lebenskonzept damit gestalten, ohne abhängig von einem anderen zu sein. Im Buch finden Sie zahlreiche Angebote an individuellen Formeln und inspirierenden Bildern als Beispiele zur freien Auswahl.
Sie werden sehen: Gleich in den ersten Übungsstunden beginnt das Autogene Training seine Wirkung zu entfalten. Mit zunehmender Erfahrung wird es immer effektiver, denn im Lauf der Zeit kommen immer neue Hilfsmittel hinzu.
DIE TECHNIK
»Yoga des Westens« wird das tief auf unser Unterbewusstsein wirkende Autogene Training auch genannt.
DIE GRUNDSTUFE
In der Grundstufe erlernen Sie in wenigen Tagen eine Entspannungsmethode, die Sie körperlich und seelisch wieder ins Gleichgewicht bringt, indem Sie Ihr selbstständig arbeitendes, sogenanntes autonomes Nervensystem beeinflussen. Sie lernen, in kürzester Zeit auf das parasympathische Nervensystem umzuschalten, welches der Regeneration dient. So kommt es sehr rasch zu tiefer gehenden Erholungseffekten. Gleichzeitig lernen Sie, Ihre einzelnen Körperfunktionen gezielt zu regulieren.
TIPP
SICH BEWUSST BEEINFLUSSEN
Coué zufolge kann man sein Leben enorm verbessern, wenn man sich täglich nach dem Erwachen und vor dem Einschlafen, also einem Zustand, der dem des Autogenen Trainings sehr ähnlich ist, 20-mal halblaut den Satz sagt: »Es geht mir Tag für Tag in jeder Hinsicht immer besser und besser.« Dabei sollten die Augen geschlossen sein, und man sollte sich mit kindlicher Zuversicht auf die Kraft dieser Worte konzentrieren und seinen Fokus auf die eintretenden positiven Veränderungen richten.
Nachweisbare positive Effekte
Aber auch Ihre Stimmung wird ausgeglichener, gelassener und fröhlicher. Inzwischen belegen neuere Forschungsergebnisse der Psychologischen Abteilung an der Universität Potsdam, dass man bereits mit der Grundstufe des Autogenen Trainings innerhalb von vier Wochen kontinuierlich positive Effekte erreicht, wenn man sich entsprechend beeinflusst. Man konnte nachweisen, dass sich die Entspannungs- und Erholungsfähigkeit schneller aufbaut und dass überstarke Affekte gebremst werden. Das Gefühl für die eigene Selbstbestimmung und Selbstkontrolle erhöhte sich ebenfalls, dadurch wird man insgesamt gelassener. So kommt es langfristig zu einer Veränderung der eigenen Persönlichkeit. Durch die Aktivierung der körpereigenen Selbstheilungskräfte kann man gleichzeitig Krankheiten vorbeugen.
Die Stimmungsbilder, die Ihnen auf den nächsten Seiten beim Durchblättern begegnen, sind Inspirationsquellen, die Ihnen den Aufbruch und den Weg in Ihr Unterbewusstes, die Quelle Ihrer Selbstheilungskräfte, noch leichter machen.
DIE MITTELSTUFE
Nachdem Sie die Grundübungen des Autogenen Trainings (ab >) erlernt haben, können Sie in der Mittelstufe (>) dazu übergehen, Formeln zur Selbstbeeinflussung einzusetzen, die individuell auf Ihre Wünsche und Ziele abgestimmt sind. Diese können dabei den körperlichen wie den seelischen Bereich betreffen. Dadurch, dass sich die Wendungen, ähnlich wie bei einer Hypnose, im tiefen Entspannungszustand direkt an das eigene Unbewusste richten, entfalten sie eine stärkere Wirkung, als wenn man sie sich einfach nur vorsagt. Eine Botschaft benötigt dabei etwa drei Wochen, bis sie im Unbewussten ankommt, falls man täglich mindestens einmal mit der entsprechenden Formel übt.
Individuelle Probleme lösen
Aufgegriffen hatte diese Zusammenhänge bereits der französische Apotheker Émile Coué (1857–1926). Er bemerkte, dass die Wirkung seiner Medikamente davon beeinflusst wurde, mit welchen Worten er sie seinen Patienten überreichte. Aus dieser Beobachtung leitete er die Überlegung ab, dass jeder Mensch sein Wohlbefinden steigern könne, indem er sich selbst eigene Formeln vorsagt.
Jeder Gedanke in uns ist bestrebt, wirklich zu werden.
Nicht unser Wille, sondern unsere Einbildungskraft, das Vermögen sich etwas glauben zu machen, ist die bedeutsamste Fähigkeit in uns.
Émile Coué
Sich innerlich stärken und aufbauen
Beim Autogenen Training verstärken wir die Wirkung, indem wir uns zuvor mithilfe der Grundstufe in einen tranceartigen Zustand begeben. Dann finden die innerlich mit tiefer Überzeugung wiederholten Formeln einen viel leichteren Weg zum Unbewussten und entfalten dort ihre Wirkung.
Wie effektiv die Anwendung von Formeln im Zustand des Autogenen Trainings tatsächlich sein kann, beweist das Beispiel des deutschen Arztes und Extremsportlers Dr. Hannes Lindemann, der sich intensiv mit dem Autogenen Training befasst hat. Er bereitete sich mithilfe dieser Methode auf das sehr fordernde Projekt einer Atlantiküberquerung in einem Faltboot vor. Diese fast übermenschliche Anstrengung bewältigte er in 72 Tagen trotz mehrerer Orkane und zweimaligem Kentern. Wie konnte dies gelingen? In den letzten sechs Monaten vor seinem Aufbruch beeinflusste er sich mit der Formel: »Ich schaffe es. Kurs West.« Und selbst als er kurz vor dem Ziel unter Halluzinationen litt und er einen Mann in seinem Kanu sah, tauchte sein Vorsatz auf. Als er seinen imaginierten Mitfahrer fragte, was er von ihm wolle, antwortete der: »Kurs West« und stellte so den inneren Kompass wieder richtig ein.
DIE OBERSTUFE
Mithilfe der tiefenpsychologisch orientierten Oberstufe gelangt man in kürzester Zeit in einen tiefen und angenehmen Entspannungszustand mit einem vorübergehend geänderten Bewusstseinszustand, ähnlich dem bei einer Tiefenmeditation. Er ermöglicht es, sich in Bilder und Situationen hineinzuversetzen und sie wie im Hier und Jetzt real zu erleben. Die übliche Einleitung über die Übungen der Grundstufe ermöglicht hier die Umschaltung in den veränderten Bewusstseinszustand, wo bildhafte Vorstellungen leichter aufsteigen, aber auch das jederzeit mögliche kontrollierte Aussteigen aus dem imaginierten Geschehen und das Beenden des Autogenen Trainings möglich ist. Die Inhalte der Übungen wechseln und dienen dem Einstieg in Bilder- und Erlebniswelten sowie der Visualisierung von Vorstellungen, die durch die Kraft des Unterbewusstseins und die des Bewusstseins geändert werden und auf diese Weise heilend wirken können. Auch hierbei werden gemäß der Methodik des Autogenen Trainings Formeln verwendet. Nach der Grundstufe mit ihrem körperlichen Fokus, der Mittelstufe mit der Bearbeitung individueller Probleme und Fragestellungen, steht hier die Innenschau und Selbsterfahrung im Zentrum des Übens. So kann man die Übungen der Oberstufe ganz gezielt und kontrolliert einsetzen, um gestalterische Ressourcen zu entwickeln, die das Leben erfreulich verändern. Eine vertiefte Selbstschau ist so möglich und eine Selbstkontrolle tief liegender innerer Strukturen und Muster.
Ich habe keine Heilkraft, nur Sie selbst.
Émile Coué
Trancezustände als Mittel zur Selbstentwicklung
Diese Technik ist an für sich nicht neu. Bereits im Altertum und bei vielen Naturvölkern kannten die Menschen Rituale, sich mithilfe einer tiefen Entspannung in einen selbsthypnotischen Zustand zu begeben, um sich positiv zu beeinflussen. Erst spät hat die Psychiatrie den Heilverfahren der Medizinmänner und Schamanen bei den Naturvölkern die gebührende Aufmerksamkeit geschenkt. Lange hielt man Berichte über Tranceerlebnisse für seltsam und allenfalls für Anthropologen interessant. Doch zeigten sich vereinzelte Wissenschaftler trotzdem fasziniert von diesen tradierten Methoden und griffen auf sie zurück, um sich zu Heilzwecken damit zu beschäftigen.
Im Zustand der Oberstufe des Autogenen Trainings kann man nun die gewünschten Fantasien gezielt einsetzen. J. H. Schultz veröffentlichte 1929 beim Vierten Kongress für Psychotherapie in Bad Nauheim eine wissenschaftliche Arbeit zur Oberstufe mit dem Titel: Gehobene Aufgabenstufen im Autogenen Training. In seiner Arbeit berichtete er über die Möglichkeiten der Selbsterkenntnis oft »bis zu überraschender Tiefe«. Statt mit der Erkenntnis des eigenen Selbst werden wir uns in diesem Buch aber eher mit der Selbstentwicklung beschäftigen, auch wenn beim Üben die eine oder andere Einsicht durchaus aufscheinen kann.
INFO
WAS BEDEUTET HYPNOSE?
James Braid, ein schottischer Arzt (1795–1860), prägte im Jahr 1843 für das Phänomen der Selbstversenkung den Begriff Hypnose, in Anlehnung an das griechische Wort hypnos für Schlaf. Gemeint ist damit ein Zustand, in dem das Gehirn in einen Trancezustand verfällt und zwischen äußerer Realität und innerer Vorstellung nicht mehr klar unterscheiden kann.
Was passiert beim Autogenen Training im Gehirn? Der grundsätzliche Unterschied der Wirkungsorte von Grund-, Mittel und Oberstufe ist, dass in der Grundstufe das autonome vegetative Nervensystem beeinflusst wird und in der Mittel- und Oberstufe das zentrale Nervensystem mit dem Gehirn, unserer Steuerzentrale.
WIRKANSATZ FÜR DIE GRUNDSTUFE
In der Grundstufe wird das autonome vegetative Nervensystem trainiert. Anatomisch gesehen gliedert sich unser Nervensystem in zwei große Teilbereiche. Es gibt das zentrale Nervensystem, welches alle Nervenbahnen im Gehirn und Rückenmark umfasst. Es befindet sich eingebettet in unserem Schädel und dem Wirbelkanal der Wirbelsäule. Alle übrigen Nervenbahnen des Körpers gehören zum peripheren Nervensystem. Auf der funktionalen Ebene unterscheidet man zwischen einem willkürlichen und einem unwillkürlichen, vegetativen Nervensystem. Das willkürliche, welches auch als somatisches Nervensystem bezeichnet wird, steuert alle Vorgänge, die wir bewusst mit unserem Willen beeinflussen können. Dazu gehören unter anderem die gezielten Bewegungen der Arme und Beine. Im Gegensatz dazu regelt das vegetative, auch als autonom bezeichnete Nervensystem alle nicht willentlich gesteuerten Abläufe im Körper, die unabhängig von unserem Bewusstsein ablaufen. Es ist ständig aktiv, reguliert unter anderem die Atmung und die Tätigkeit der inneren Organe. Dazu empfängt es Signale aus dem Körper und sendet sie an das Gehirn, und umgekehrt leitet es Botschaften aus dem Gehirn an den Körper weiter, indem es beispielsweise bei Aufregung den Herzschlag beschleunigt. So ist das vegetative Nervensystem sehr schnell in der Lage, Körperfunktionen an die äußeren Bedingungen anzupassen.
Sympathikus und Parasympathikus
Das vegetative Nervensystem unterteilt sich wiederum in zwei Regelkreise, den Sympathikus und den Parasympathikus. Das sympathische Nervengeflecht versetzt den Körper bei Stress und in Gefahrensituationen in eine erhöhte Leistungsbereitschaft. Dann schüttet es vermehrt Stresshormone aus. Sie lösen die sofortige Alarmbereitschaft aus: Aufmerksamkeit und Konzentration steigen, die Muskeln werden angespannt, Blutdruck und Herzschlag sind erhöht, Energiereserven des Körpers werden mobilisiert. Steht der Körper ständig unter Anspannung oder Stress, so reagiert das sympathische Nervengeflecht nahezu pausenlos und treibt den Körper und die Psyche in eine Erschöpfungssituation. Dann wird das Stresshormon Cortisol ausgeschüttet, welches langfristig Nervenzellen zum Absterben bringt und das Immunsystem schwächt.
Den Körper gezielt beeinflussen
Da der Körper dadurch keine Zeit mehr hat zu regenerieren, kommt es zu Krankheiten. Verspannungen treten auf, das Immunsystem wird geschwächt, Schmerzen, Depressionen und Ängste und das Burn-out-Syndrom bilden sich heraus. Hier können Sie mit dem Autogenen Training gegensteuern, indem Sie den Parasym pathikus unterstützen. Dieser beeinflusst vorwiegend Körperfunktionen, die der Regeneration des Körpers und dem Aufbau von Energiereserven dienen. Unter seiner Wirkung werden Reparaturvorgänge durchgeführt und das innere Gleichgewicht des Körpers wird wiederhergestellt. Durch das Autogene Training kann man auch einzelne Körperfunktionen gezielt regulieren, beispielsweise den Herzschlag bei Lampenfieber oder die Blutgefäße bei Bluthochdruck. Mit dieser Fähigkeit kann man bereits viele Beschwerden lindern.
WIRKUNGSORT FÜR DIE MITTEL- UND OBERSTUFE
In der Mittel- und Oberstufe wird direkt auf das zentrale Nervensystem mit dem Gehirn Einfluss genommen. Zwei Gehirnstrukturen sind beim Autogenen Training von besonderer Bedeutung: das Frontalhirn, welches eher für das bewusste Denken zuständig ist, und das limbische System, welches als Sitz der Gefühle eher mit dem unbewussten Wissen der Intuition in Verbindung steht. Hier werden alle Erfahrungen, die wir machen, abgespeichert.
Während das Frontalhirn (auch: Neocortex) der entwicklungsgeschichtlich jüngste Teil des Gehirns ist, handelt es sich beim limbischen System um eine evolutionsgeschichtlich gesehen wesentlich ältere Funktionseinheit. In diesem Areal werden die hormonale Steuerung und das zentrale Nervensystem zentral reguliert wie auch unsere Emotionen. Im Frontalhirn werden Probleme analysiert, Ideen produziert und Pläne entwickelt und realisiert. Hier ist der Sitz der »höheren«, spezifisch menschlichen geistigen Funktionen wie Intelligenz, Vernunft und Charakter, wie auch das soziale Verhalten. Im limbischen System hingegen finden unentwegt emotionale Bewertungen von Situationen statt und die Gedächtnisbildung. Es ist eng vernetzt mit dem Großhirn und dem sich dort befindenden Frontalhirn.
Der Sitz der Gefühle
Zwischen dem Frontalhirn und dem limbischen System findet ein reges Zusammenspiel statt. Werden die Verbindungen zum Kortex gestört, so wird der Betroffene von dem Bewusstsein für seine Gefühle und seiner persönlichen Identität abgeschnitten. Er verliert die Fähigkeit, sich in andere hineinzuversetzen und Zukunftsvisionen zu erzeugen. Das limbische System bewertet schnell und umfassend die emotionale Bedeutung von Sinnesreizen. Dadurch gewinnt man ein unmittelbares Gespür für eine Situation. Auch die vegetativen Funktionen werden dazu passend reguliert. Diese Bewertung erfolgt blitzschnell, noch bevor die Wahrnehmungen das Frontalhirn erreichen. Sind die Emotionen besonders heftig, wie bei starken Affekten, so findet überhaupt kein Austausch mit der bewussten Verarbeitung im Frontalhirn statt, es entsteht eine sogenannte »Kurzschlussreaktion«. Ein überlebenswichtiger Mechanismus, der in Urzeiten bewirkte, dass man ohne die zeitliche Verzögerung der Denkschleife im Frontalhirn handeln konnte. Auch bei uns »heutigen« Menschen wird sie in Notsituationen aktiviert.
Wie Affekte entstehen
Allerdings bewirkt der Kurzschluss im limbischen System auch spontane Gefühls- oder Affektausbrüche. Dann kommt es dazu, dass Menschen auf harmlose Situationen völlig überreagieren: In diesem Fall enthalten die Botschaften für den Betroffenen einen Auslöser, der im limbischen System in Urzeiten als bedrohlich eingestuft wurde. Erst nach der Kurzschlussreaktion erkennt dann der Verstand, dass eine derartig massive Reaktion unnötig war.
Auch bei irrationalen Ängsten spielt uns dieses System einen Streich. Indem man aufgrund der vom Frontalhirn bewusst eingeschätzten Gefahr eine Situation vermeidet, verfestigt man Vorannahmen des limbischen Systems und wird in seinen Einschätzungen immer rigider. Spontan fühlt man sich dann zwar erleichtert, wird aber bei der nächsten kritischen Situation noch mehr gehemmt sein. Intellektuelle Einsicht reicht also nicht aus und das kann jeder bestätigen, der einmal in dieser Situation war.
Im Zustand des Autogenen Trainings beruhigen sich unsere Hirnströme immer mehr und je langsamer sie sind, desto aufnahmefähiger wird unser Unbewusstes für Botschaften, die wir ihm selbst mitteilen. Diese werden von ihm als Wahrheit akzeptiert und umgesetzt.
β-Welle
Unser Gehirn arbeitet tagsüber, wenn wir beschäftigt sind und Probleme lösen, überwiegend in der Beta-Frequenz (mehr als 13 Hertz).
α-Welle
Im Zustand des Autogenen Trainings verschieben wir diesen Wachzustand hin zu dem entspannteren Alpha-Zustand (8 bis 12 Hertz): Jetzt fühlen wir uns wach, entspannt und dennoch konzentriert.
θ-Welle
Durch konsequentes Üben des Autogenen Trainings gelangen wir in den Theta-Zustand: ein tiefer Trancezustand tritt ein, die bildhafte Vorstellungskraft wird aktiviert, ähnlich wie im Traumschlaf.
Stress abbauen, Heilungsprozesse einleiten
Mithilfe der Entspannungsreaktion des Autogenen Trainings wird nun die Übererregung des limbischen Systems gedrosselt, dadurch kann in einem ersten Schritt der Informationsaustausch zum Frontalhirn wieder hergestellt werden. Man kann wieder klar denken. Das äußert sich darin, dass man »den Kopf wieder frei« bekommt und dass einem erweiterte Lösungsmöglichkeiten einfallen.
Durch regelmäßige Übungen werden diese Nervenbahnen gefestigt und immer weiter ausgebaut. Gleichzeitig können mithilfe der Oberstufe des Autogenen Trainings neue bildhafte Erfahrungen in das limbische System eingespeist werden, die zu einer optimistischeren, konstruktiveren Weltsicht führen. Diese werden im Areal für Erinnerungen, dem sogenannten Hippocampus, abgespeichert.
Der emotionale Gesamtzustand ändert sich so vom Depressions-Angst-Wut-Syndrom hin zu Gefühlen von Geborgenheit, Gelöstheit und Gelassenheit, in denen sich die übersteigerten Angsthindernisse auflösen und das Grundvertrauen zu sich selbst zunimmt. Letzteres ist die Basis aller Heilungsprozesse, dass man sich selbst wieder vertrauen kann. Denn nur dann traut man sich auch etwas zu.
DIE VERÄNDERUNG DER HIRNSTRÖME BEIM AUTOGENEN TRAINING
Im normalen Wachzustand zeigen die Hirnströme überwiegend eine Frequenz von mehr als 13 Hertz und werden als Beta-Wellen bezeichnet. Im Zustand des Autogenen Trainings verlangsamen sie sich als Alpha-Wellen auf einen Bereich zwischen 8 und 12 Hertz. Man fühlt sich sehr müde, schläft aber nicht und ist auch nicht ganz wach. Die Hirnstrommessung zeigt: Gelangt man in Trance, verstärkt sich der Alpha-Wellen-Grundrhythmus und damit die Beeinflussbarkeit des Unbewussten. Schreitet die Tiefe der Entspannung weiter voran, verlangsamen sich die Gehirnwellen weiterhin, es kommt zu einem stärkeren »geistigen Säuberungseffekt« und dem Auftreten von Theta-Wellen.
Entspannt und doch konzentriert
Unser Gehirn arbeitet tagsüber, wenn wir beschäftigt sind, Entscheidungen treffen und Probleme lösen, überwiegend in der Beta-Frequenz. Im Zustand des Autogenen Trainings verschieben wir diesen Wachzustand hin zu dem entspannteren Alpha-Zustand, indem sich die Schwingungen der Hirnströme verlangsamen. In diesem Zustand fühlen wir uns wach, entspannt und dennoch konzentriert. Das Gehirn produziert in dieser Situation Botenstoffe, die dem Stress entgegenwirken. Führen wir die Übungen des Autogenen Trainings ausdauernd und konsequent durch, so können wir es sogar schaffen, in den Theta-Zustand zu gelangen. Dann wird die Frequenz der Hirnströme noch langsamer, ein tiefer Trancezustand tritt ein, die bildhafte Vorstellungskraft wird aktiviert, ähnlich wie im Traumschlaf.
Nur können wir beim Autogenen Training den Verlauf gezielt beeinflussen und jederzeit das Geschehen kontrolliert beenden.
Folgt man den Ausführungen von J. H. Schultz, kann prinzipiell jeder Mensch ab seinem vierten Lebensjahr bis ins reifere Alter das Autogene Training erlernen. Der Wunsch des Begründers dieses Klassikers unter den Entspannungsmethoden war es sogar, dass es an den Schulen gelehrt würde. Es bringt den Körper wieder in eine ausgleichende Balance zwischen Anspannung und Entspannung und dient der körperlichen und seelischen Stabilisierung. Dazu muss man nur ein wenig Geduld mitbringen und regelmäßig üben.
DIE RICHTIGE EINSTELLUNG
Freuen Sie sich auf die Übungen, sie werden Ihr Leben bereichern! Die richtige Einstellung dabei besteht zunächst aus Neugier und Entdeckerlaune. Üben Sie und schauen Sie gleichzeitig interessiert zu, ob sich bei Ihnen bereits ein Erfolg zeigt. Alles ist möglich, aber manches dauert auch eine Weile. Haben Sie ein wenig Geduld. Machen Sie die Übungen einfach so gut Sie können und konzentrieren Sie sich ausschließlich auf die positiven Veränderungen. Falls Sie es möchten, können Sie dabei auch ein kleines Erfolgstagebuch anlegen. Notieren Sie darin alles, was Ihnen an Veränderungen durch das Autogene Training auffällt – im Außen wie im Innen. Übergroßer Ehrgeiz oder Ungeduld sind hier nicht nötig. Mit Sicherheit werden sich nach einiger Zeit immer mehr Veränderungen einstellen. Und ebenso werden diese sich positiv in Ihrem Alltag auswirken. Halten Sie nach dem Üben die Augen auf, und Sie werden die Verbesserungen auch wahrnehmen.
TIPP
EIN EIGENER PLATZ ZUM ÜBEN
Eine bequeme Liegecouch oder ein entspannendes Sitzmöbel, eine beruhigende Farbgebung im Raum, entsprechende Bildmotive an den Wänden laden zur Entspannung ein. Auf der Liege sollten Sie darauf achten, dass Ihre Kopfhaltung bequem ist. Sie können gegebenenfalls ein Kissen oder eine Nackenrolle verwenden.
EINE FÖRDERLICHE UMGEBUNG
Zu Beginn des Trainings geht es darum, die Aufmerksamkeit von der Umgebung abzuziehen und nach innen zu lenken. Es ist hilfreich, wenn der Übungsraum ruhig, eher etwas abgedunkelt und frei von Störungsreizen ist. Die Raumtemperatur sollte dabei weder zu warm noch zu kalt sein, nach Belieben können Sie sich auch zudecken oder auf eine Decke legen.
Sie können sich auch einen persönlichen Entspannungsplatz schaffen, der nur für das Üben vorgesehen ist. Das kann zu Hause, aber auch im Büro sein. Eine Patientin, die oft hart und viel bis spät in die Nacht in ihrem Büro arbeitete, berichtete mir, dass sie sich hier einen besonderen Platz mit einem bequemen Sessel geschaffen habe, der nur zu diesem Zweck diene. Zwischen den Sitzungen ziehe sie sich für einige Minuten dorthin zurück und gebe ihrer Kollegin die Anweisung, nicht zu stören, um die Übungen des Autogenen Trainings, die bei ihr nur wenige Minuten dauern, durchzuführen. Dann nehme sie erfrischt und entspannt den nächsten Termin wahr. So einen Ort können Sie sich aber auch zu Hause schaffen und die Familie bitten, kurz ungestört zu bleiben. Auf jeden Fall sollten Sie sich dort wohlfühlen.
Falls Sie die Übungen nach einiger Zeit sicher beherrschen, so wird es zunehmend egal sein, wo Sie das Autogene Training gerade durchführen, in der U-Bahn, im Hotel, an einem Rückzugsort im Büro oder im Bett, vor einer Rede oder einem Meeting.
1 Sie legen Ihre Arme entspannt neben dem Körper ab.
2 Stellen Sie Ihre Beine an oder legen sie nebeneinander.
IM LIEGEN GEHT ES GANZ EINFACH
In der Liegeposition sind die Übungen am bequemsten und am natürlichsten.
DIE IDEALE KÖRPERHALTUNG
Die nachfolgend beschriebenen Körperhaltungen haben sich für das Autogene Training bewährt, aber sie sind nicht unbedingt punktgenau so erforderlich. Wichtiger ist, dass Sie die eingenommene Stellung länger beibehalten können, ohne dass es zur Anspannung der Muskeln kommt. Beengende Kleidungsstücke wie Hosen- oder Rockbünde oder Gürtel werden zuvor gelockert, geöffnet oder abgelegt.
Nehmen Sie die Anregungen auf und entscheiden Sie sich gerade am Beginn des Trainings für eine möglichst bequeme Haltung. Mit der wachsenden Erfahrung wird die Körperhaltung weniger wichtig werden.
Probieren Sie am besten alle Haltungen auf den nächsten Seiten einmal aus, dann wissen Sie, welche Ihnen besonders liegt. Je nach aktueller Situation können Sie dann auch leichter die passende Position auswählen.
1 Lehneb Sie sich entspannt zurück.
2 Ihre Arme ruhen auf den Armlehnen oder liegen locker auf den Oberschenkeln.
3 Beide Füße stehen fest auf dem Boden, die Oberschenkel fallen leicht auseinander.
»GROSSVATERS LEHNSTUHL«
Diese Übung ist besonders bei Rückenbeschwerden zu empfehlen.
1 Beugen Sie den Oberkörper leicht nach vorn, lassen Sie den Kopf auf die Brust sinken.
2 Ihre Unterarme liegen auf den Oberschenkeln.
3 Ihre Beine sind leicht gegrätscht aufgestellt.
IM SITZEN GEHT ES ÜBERALL
Auf einem Stuhl oder Hocker nimmt man am besten die Droschkenkutscherhaltung ein.
1 Sie legen die Unterarme auf den Tisch und lassen den Kopf nach vorn fallen.
DIE SCHREIBTISCHHALTUNG
Auch am Schreibtisch können Sie das Autogene Training durchführen.
1 Der Kopf wird leicht nach vorn geneigt, dann lässt man die Schwere, Entspannung und Wärme über die Schultern, die Arme und den Nacken gleiten.
SELBST IM STEHEN IST ES MÖGLICH
Hat man die Übungen eine Zeit lang durchgeführt, so ist es möglich, das Autogene Training als Kurzform auch im Stehen durchzuführen.
DIE ÜBUNGSDAUER UND -ZEIT
Häufigere Kurzübungen sind wirkungsvoller als seltenere und längere Wiederholungen. Sie können ein-, zwei- oder auch dreimal täglich üben. Natürlich ist es wie überall, je häufiger Sie trainieren, desto schneller setzt die Wirkung ein. Viermaliges Wiederholen erbringt keine besseren Ergebnisse als ein dreimaliges Üben. Insgesamt gilt: Je regelmäßiger Sie üben, desto eher werden Sie eine Wirkung spüren und umso weniger Zeit benötigen Sie nach und nach für die einzelnen Übungsschritte.
Falls Sie das Autogene Training zum besseren Einschlafen nutzen möchten, beginnen Sie damit am besten abends im Bett. Für alle anderen Übungen hat es sich bewährt, morgens nach dem Aufwachen und später in der Mittagspause oder nach der Heimkehr von der Arbeit zu üben.
Langform und Kurzform
Die Übungsdauer kann zu Beginn ruhig fünf Minuten betragen, damit Sie lernen, die eingetretenen Veränderungen deutlich zu spüren. Es ist aber auch kein Problem, wenn Sie länger brauchen. Trotzdem sollten Sie sich angewöhnen, immer nur maximal eine Viertelstunde zu üben, um konzentriert zu bleiben. Sobald Sie über die gewünschten Erfolgserlebnisse verfügen, können Sie bei der jeweiligen Übung auch zu einer Kurzform wechseln, die dann weniger als eine Minute beansprucht. Jede Übung baut sich dabei auf der vorhergehenden auf, wechselt dann zur Kurzform, wodurch sich die Zeit der Versenkung wieder verkürzt. Sobald Sie das Autogene Training beherrschen, können Sie die einzelnen Schritte überall anwenden, wo Sie für zwei bis drei Minuten »abschalten« können.
Planen Sie für jede einzelne Übung etwa acht Tage ein. Für das Erlernen der Grundstufe können Sie insgesamt mit ungefähr zwei Monaten rechnen. Häufig ist jedoch auch ein schnelleres Erlernen möglich, die individuelle Schwankungsbreite ist sehr groß. Mir kommt es bei der Beschreibung in erster Linie darauf an, dass Sie sich nicht unnötig unter Druck setzen, sondern entspannt ans Werk gehen.
INFO
DIE TAGESFORM ENTSCHEIDET IMMER MIT …
Unsere Tagesform ist nie ganz gleichmäßig, das wirkt sich auf das Üben des Autogenen Trainings aus. So gibt es Tage, an denen eine Lektion nicht so gut zu spüren ist wie sonst. Dann sollte man einfach auf den kommenden Tag vertrauen. Es sollte Sie also nicht beunruhigen, wenn die Übungen am Beginn erst einmal unterschiedlich gut funktionieren. Mit zunehmender Erfahrung werden sich diese Diskrepanzen ausgleichen.
DER ÜBUNGSBEGINN
Jede Übung beginnt damit, dass Sie die Augen schließen. Durch die anfangs ungewohnte Situation hören Sie möglicherweise die auftauchenden Geräusche deutlicher und empfinden sie als störender als sonst. Vielleicht bemerken Sie plötzlich Stimmen oder Verkehrslärm, den Sie nie zuvor so intensiv beachtet haben, und fragen sich, ob Sie unter diesen Umständen überhaupt üben können. Dieses Problem kennen viele Anfänger. Durch das Schließen Ihrer Augen wird eine Sinnesqualität ausgeschaltet und dadurch eine andere stärker wahrgenommen. Um sich von diesen Geräuschen zu distanzieren, können Sie eine sogenannte Gleichgültigkeits- oder Indifferenzformel verwenden. Sie ist darauf ausgerichtet, störende Einflüsse auszuschalten.
TIPP
DIE GLEICHGÜLTIGKEITSFORMEL
Alle äußeren oder inneren Störungsreize schalten Sie am besten mit der sogenannten Gleichgültigkeitsformel aus. Ertönt beispielsweise plötzlich das Telefon oder fährt ein Krankenwagen mit Sirene vorbei, so nehmen Sie dem Geschehen ganz schnell die Wirkung, indem Sie die folgende Formel verwenden:
oder
Bei Dauergeräuschen verwenden Sie die Indifferenzformel am besten regelmäßig. Die Formel lautet in diesem Fall:
Im Bedarfsfall und je nach Situation können Sie auch hier individuell vorgehen:
Innere Störungsreize verschwinden häufig genauso spontan, wie sie aufgetreten sind. Dazu zählt zum Beispiel ein vermehrter Drang zum Schlucken, Muskelzuckungen, Lidflattern oder ein auftretender Juckreiz. Durch die Gleichgültigkeitsformel lassen sich auch in diesen Fällen die Störungen leichter beseitigen, zum Beispiel mit:
Bei ausgeprägteren individuellen Störungen macht es keinen Sinn, die Gleichgültigkeitsformel zu verwenden, hier ist es besser, wenn Sie die Rücknahme (siehe >) durchführen und sich zum Üben professionelle Unterstützung holen.
DIE ÜBUNGSFORMELN
Beim Autogenen Training wird, wie Sie sehen werden, bereits bei den Grundübungen viel mit Formeln gearbeitet. Anhand wissenschaftlicher Untersuchungen zum Erlernen von konditionierten – also eingeübten – Reflexen wissen wir, dass nach 21 bis 30 Tagen die Botschaft im Unterbewusstsein abgespeichert wird, wenn sie täglich mindestens einmal wiederholt wird. Abends vor dem Schlafengehen wirken die Formeln übrigens besonders gut.
Mit den Formeln üben
In diesem Buch stelle ich mehrere Formeln zur Auswahl. So können Sie ausprobieren, welche sich für Sie am stimmigsten anfühlt, und diese verwenden. Entscheiden Sie sich für eine Formel und wenden Sie diese vier- bis sechsmal während einer Übung an. Während der Grundübungen baut dabei eine Formel auf der anderen auf. Nach einigem Training können Sie zu den jeweiligen Kurzformeln übergehen und dadurch die Übungszeit verkürzen.
Nehmen Sie Ihr Leben dabei so an, wie es im Moment ist, und versuchen Sie dem Augenblick die Gelegenheit zu geben, das zu erschaffen, was Sie sich zukünftig wünschen.
Falls Sie es möchten, können Sie Ihren religiösen, oder spirituellen Hintergrund zur Bekräftigung in die Formel einbeziehen.
DIE RÜCKNAHMEFORMEL
Jede Übung, die Sie im Lauf des Tages durchführen, schließt mit der Rücknahmeformel ab. Unterlässt man dies, bleibt man nach dem Üben über einen gewissen Zeitraum in einem leichten Trancezustand, anstatt wach, frisch und geistig klar zu sein. Sie führen die Rücknahme auch durch, wenn die Übung keine Wirkung zeigt. Sie verwenden dazu das energische Kommando:
Gleich nach dem Sprechen der kurzen Rücknahmeformel beugen Sie etwa fünfmal die Arme kräftig mit geballten Fäusten, recken und strecken sich, während Sie dreimal tief ein- und ausatmen. Öffnen Sie die Augen.
TIPP
AUCH FÜR ZWISCHENDURCH
Mit der Rücknahmeformel können Sie die Übung auch zwischendurch jederzeit beenden, falls Sie sich bei einer Übung in irgendeiner Form nicht wohlfühlen. Vor dem Schlafengehen lassen Sie die Rücknahmeformel jedoch weg.
1 Beugen Sie die Arme und sprechen Sie die Rücknahmeformel.
DIE RÜCKNAHME
Um nach dem Üben wieder wach und klar zu sein, wird die Rücknahme durchgeführt.
Langsamere Rücknahmeformel
Manchmal reicht diese einfache Rücknahme nicht aus, um wieder in einen vollwachen Zustand zu gelangen. In diesem Fall können Sie die ausführliche Rücknahme verwenden, die ich auch sicherheitshalber in der Praxis mit Patienten verwende:
Die Teilrücknahme