Der Autor
Dr.-Ing. Peter Samulat, Jahrgang 1956, lebt in Dithmarschen, ist verheiratet, hat vier Kinder und seit Jahren den Wunsch, einmal ein eigenes Boot zu besitzen. Dafür wird sogar das jahrelang gepflegte Hobby digitale Modelleisenbahn aufgegeben.
Denn im Jahr 2020 ergab sich die Gelegenheit, einen alten, schon zum Wohnboot umgebauten Fischkutter zu erwerben.
Und so beginnt diese Reise ins überraschend Unbekannte.
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über www.dnb.de abrufbar.
1. Auflage, Dezember 2021
© 2021 Dr. Peter Samulat
Herstellung und Verlag: BoD – Books on Demand GmbH, Norderstedt Satz/Layout: Dr. Peter Samulat
ISBN: 978-3755746218
Mit Dank an Jens, Marko, Raimon, Nico, Anne, Petra und die vielen anderen helfenden Hände.
Ohne euch hätte ich schon lange hingeschmissen.
Vorwort
Kennen Sie die Filmkomödie „Geschenkt ist noch zu teuer“1? Hier geht es zwar nicht um ein Boot, aber um „ein junges Liebespaar im Krieg mit seinem frisch erworbenen Traumhaus, das sich zum Albtraum entwickelt“.
Schon immer hatte ich den Wunsch, einmal ein Boot zu besitzen. Den Sportbootführerschein See hatte ich schon seit Jahren und in einem Verein in der Nähe gab es dann sogar die Möglichkeit, ein Motorboot stundenweise auf der Eider zu fahren. Auch standen an diesem Boot im Winterlager immer viele Arbeiten an. Ich habe damals die komplette alte Elektrik entfernt und erneuert.
Nach ein paar Jahren wurden diese kurzen Törns auf der Eider aber einfach zu langweilig.
Immer wieder flammte der Gedanke auf, ein altes Boot (möglichst einen ehemaligen Fischkutter) zu kaufen und zu restaurieren (Neudeutsch: Refit). Es sollte eben nicht so ein „Joghurt-becher“ sein also kein modernes, weißes Boot aus viel Plastik.
Und irgendwann ergab sich dann eine Möglichkeit: In Cuxhaven wurde Mitte 2020 in einer Kleinanzeige ein alter Holzkutter als „Bastlerboot“ zum Verkauf angeboten. Der Preis: Fast geschenkt. Und für mich als Laien in einem guten Zustand. Die Bilge war trocken, der Motor aus dem Jahr 1944 lief. Vor vielen Jahren war es zum Wohnboot umgebaut worden und lag seit langer Zeit in Cuxhaven ganzjährig im Wasser.
12,6 Meter lang, 4,5 Meter breit. Ein schöner Brocken.
Und so beginnt diese Geschichte. Eine Mischung aus liebevollem Wahnsinn, Selbstüberschätzung, fehlenden Fachwissen, unzählbaren Arbeitsstunden und viel Geld.
Aber: Es hat Spaß gemacht! Und macht es noch immer.
An dieser Stelle mein großer Dank an Petra, der besten Ehefrau von allen, die mir liebevoll wohlwollend, aber immer auch kritisch mit dem Blick aufs Geldversenken, zur Seite stand.
Heute möchte ich Sie mitnehmen auf meine Erlebnistour, dem Refit eines ehemaligen Fischkutters.
Der trägt heute den Namen HANNES, nach einem guten Freund, der aus Büsum stammt und seit vielen Jahren in Griechenland lebt.
Dieses Buch ist eine Mischung aus Tagebuch und Baubericht. Daher sind einige Themen „weit verstreut“. Ich habe so aber versucht, die vielen kleinen und großen Probleme und meine Lösungswege zu dokumentieren – auch als Hilfestellung für andere.
Viel Spaß beim Lesen!
Peter Samulat
1Originaltitel „The Money Pit“, 1986.
Im Juni 2020 bin ich zufällig auf diese Kleinanzeige gestoßen:
Kutter Angelboot Kajütboot Motorsegler Bastler
Auf Grund anstehendem Nachwuchs sowie Haus und Hof
möchte ich mich von dem schönen Projekt trennen:
Liegeplatz ist Cuxhaven!
Schöner,gesunder Kutter
Länge:12,6m
Breite: 4m
Tiefgang: 1,20m
Abbildung 1: Ein Foto aus der Kleinanzeige
Liebe auf den ersten Blick? Muss wohl so etwas in der Richtung gewesen sein, denn dieses „Bastlerboot“ wollte ich mir unbedingt ansehen. Cuxhaven war ja auch nicht so weit weg, zumindest in der Luftlinie von Büsum aus gesehen.
Und in der Anzeige waren viele Fotos und Details, die mich in meinem Entschluss noch bestärkten.
Masthöhe: ca 13m und 2018 komplett erneuert!!!! Segel vorhanden!
Der Vorbesitzer, der während der Zeit seines Hausbaus auf diesem Boot wohnte, hatte tatsächlich einen neuen Mast, nach Vorlage des vergammelten alten, aus einem massiven Balken mit der Hand angefertigt und gesetzt. Großsegel und Focksegel (beide in braun!) waren dabei, so wie auch einige Holzteile einer Gaffeltakelung, allerdings abseits vom Boot gelagert und mit deutlichen Spuren der Zeit.
Aber: Wow – wäre es nicht großartig, dieses Boot als Motorsegler wieder zum Leben zu erwecken? Dachte ich mir so, als Nicht-Segler mit überhaupt keiner Erfahrung in so etwas.
Motor:
Modag 3Zylinder 90Ps Baujahr 1944...der überlebt uns alle ;-)
Motor dreht und läuft (Video folgt)
Momentan allerdings leider kein Auspuff montiert.
Der Motor wird per Pressluft gestartet.
Kompressor hierfür ist vorhanden
Das Video dazu zeigte dann wirklich, wie der MODAG Motor mit 20 Bar Pressluft „auf Schlag“ gestartet werden konnte und die Schraube sich drehte. Aber es war schon sehr verwegen vom Vorbesitzer, ein solches Ungetüm ohne Auspuff und selbst im Motorraum stehend, zu starten. Kein Wunder, dass alles voller Ruß war…
Bei mir war aber die Idee geboren, mit diesem Motor auch wieder auf Fahrt gehen zu können. Der Sound dieser Maschine war atemberaubend, eher ein rhythmisches Donnern wie bei einer alten Hafenbarkasse – nur lauter. Ein Auspuff (eigentlich nur ein dickes Rohr) musste dran und die Versorgung mit Seewasser als Kühlmittel musste wieder hergestellt werden. Sollte doch alles machbar sein, oder?
Und das mit dem „Überleben“ schien nicht so abwegig zu sein.
Kraftstofftanks sind "neu". Es wurden gebrauchte Tanks
gereinigt und 2019 eingebaut. Tanks sind aus Stahl.
Fassungsvermögen ca 850 Liter.
Es ist ein 60 Liter Tagestank installiert. Befüllt wird dieser per Handpumpe.
Die beiden vorhandenen Bunker mit 850 Liter Diesel sollten auch für eine längeren Törn ausreichend sein, wobei mir schon klar, dass der alte Motor nicht gerade ein Spritsparer sein wird. Und es war auch noch eine Menge Treibstoff in den Tanks. Laut Vorbesitzer sollten es rund 250 Liter sein.
Die Bunker waren allerdings nur eher provisorisch auf Holzpodesten im Rumpf beiderseits des Motors montiert und nur mit Spanngurten gesichert worden. Sah nicht so vertrauenserweckend aus und dazu fehlten die Tankstutzen. Ok, kommt auf meine immer länger werdende Liste der von mir machbaren Dinge.
Um die Bunker an ihre Plätze zu bringen hatte der Vorbesitzer die schöne und massive Teakabdeckung des Motorraums aufgesägt und dann provisorisch mit einer Platte abgedeckt. Im großen Fundus der auf dem Boot gelagerten Zubehörteile fand sich aber auch eine fast komplette Lichthaube, die genau zum Ausschnitt passte. Gut, sollte machbar sein – muss aufgearbeitet werden.
Der Vorbesitzer hatte aber auch, neben dem Mast, noch weitere Arbeiten am Boot durchgeführt.
Unter dem Ruderhaus wurden 4 Decksbalken ausgetauscht
Im hinteren Teil des Schiffs wurde das Deck überarbeitet und mit Epoxi überzogen (2019)
Unterzüge des Ruderhauses wurden 2019 auch neu gemacht
In der Kajüte gibt es ein See-WC (Vakuum), dieses ist voll funktionsfähig
Dinette mit 4 Sitzplätzen
Refleks Ofen (mit Diesel betrieben...schöne wohlige Wärme ;-) mit Kupferspirale als Zentralheizung!!! (Alleine schon einige tausend Euro wert!!!)...mit separatem Tank!
Kombüse mit 2- Platten Gasherd und Spüle. Optional mit Herd/ Backofenkombi
100 Lister Frischwassertank!
Das Ruderhaus und der Maschinenraum hatten eine massive Abstützung (Unterzüge) aus Stahlträgern erhalten. Dazu musste aber leider auch die Mechanik der ursprünglich vorhandenen Seilsteuerung weichen. Die Teile waren auch nicht mehr vorhanden, leider. Im Fundus war aber eine gebrauchte Hydrauliksteuerung (Zylinder und Pumpe), die vom Vorbesitzer für den Einbau vorgesehen war. Leider hatten beide Teile aber nur noch Schrottwert, was sich aber erst später herausstellte. Die Teile wären wohl auch zu klein gewesen.
Sehenswert ist der große Refleks Ofen, Typ 67 MS. Der Wert „einige Tausend“ ist sicherlich übertrieben – aber der Ofen funktioniert einwandfrei. Die Heizspirale aus Kupfer ist Teil des Fundus, aber nicht eingebaut.
Die ohne Zusatzkosten angebotene, mit Gas betriebene Herd/Backofenkombi habe ich natürlich auch gerne genommen. Eine Gasanlage wollte ich allerdings nicht an Bord haben, so dass dieser Ofen heute in einer Outdoorküche in meinem Garten eingebaut ist.
Am Liegeplatz habe ich schließlich Landstrom und auf Törns (wenn’s denn mal so weit ist) gibt es Stulle mit Brot.
Abbildung 2: Ein Blick in die Kajüte: Substanz ok, aber ziemlich abgewohnt
Bilge ist trocken.
Rumpf ist komplett dicht und mit GFK überzogen.
Kein Leichentuch!!! Das Holz ist gesund!!!
Der Holzrumpf hatte, fachmännisch in einer Werft ausgeführt, vor Jahren eine Acryl-Einhausung bekommen. In diesem Zusammenhang ist oft vom „Leichentuch“ zu lesen, d.h. der Holzrumpf ist nicht mehr intakt. Soweit ich es sehen konnte, war das aber hier nicht der Fall. Und der gesamte Rumpf war trocken, keine Spur von Fäulnis oder Pilzbefall. Sah (für mich) gut aus.
Alter, aber gesunder Kutter…mit natürlich etwas Arbeit!!!
Bitte nichts für Träumer!!!