image

Stefan Friesenegger

101 Dinge
die man über das
DB Museum
wissen muss

image

Inhalt

Vorwort

1Der Auftrag des Museums | Anspruch auf Führung

2Kosmos Schienenfahrzeuge | Die Größen eines einmaligen Bestandes

3Das Wappentier des Museums | Kultobjekt mit symbolischer Bedeutung

4Die Älteste Deutschlands | Eine Lokomotive und ihre zwei Seiten

5Schönheit und Einzelstück | Die S 2/6, eine Rekordlokomotive

605 001 – ein Superlativ | Die längste und schwerste der Fahrzeugsammlung

7Stärkste E-Lok Deutschlands | Für den Trans-Europ-Express geschaffen

8Bismarcks Salonwagen | Das erste Originalfahrzeug im Museum

9»Versailles auf Rädern« | Der Hofzug des Märchenkönigs

10Geheimnisvolle Fahrzeuge | Wagen, in denen Geschichte geschrieben wurde

11Exponate und ihre Herkunft | Geschenkt, geerbt, erworben oder getauscht?

12Von einer stillen Sammlung … | … in die Zukunft des DB Museums

13Konzepte im Wandel | Publikumsinteressen und Zeitgeschmack

14Nehmen oder nicht nehmen? | Kompetenzzentrum für Bewahrenswertes

15Die Montagstüte – | ein museumsinterner »Fachbegriff«

16Unvorstellbar – unzählbar! | Der Sinn oder Unsinn einer Zählung

17Wie Ausstellungen entstehen | Von der Idee bis zur Eröffnung

18»Lok – Ruf« | Faszination Vielfalt

19Die Sache mit dem Verleihen | Wenn Eisenbahnfahrzeuge auf Reisen gehen

20Weit gereiste Exponate | Was macht der Cugnot-Wagen in Florida?

21Die längste Leihnahme | Ausgeliehen, aus dem Sinn?

22Kooperationen | und weltweite Partnerschaften

23Die fortschaffende Mechanik | Deutschlands ältester Plan einer Eisenbahn

24Visionäre mit Einfluss … | … auf die Geschichte und das Museum

25Zum Ruhme Bayerns | Das »Königlich Bayerische Eisenbahnmuseum«

26Die Architektur eines Museums | Eine »Mogelpackung« der Neorenaissance?

27Der Nationalsozialismus … | … und seine Aufarbeitung im Verkehrsmuseum

28Auswirkungen der Kriege | Verzögerung, Zerstörung und Wiederaufbau

29Ein verborgenes Objekt | Die geheimnisvolle Unterwelt des Museums

30Zwei unter einem Dach | Eine sehr lange Wohngemeinschaft

31Ausstellungsflächen – | der Kampf um jeden Quadratmeter

32Objektdepots des DB Museums | Exponate – verwahrt für die Zukunft

33Das Freigelände | Freilichtmuseum, Bühne und Spielplatz

34Stellwerk 2 im Freigelände | Ein Hochstand für Eisenbahnfans

35Außenstandorte des DB Museums | Die Welt der »großen« Eisenbahnen

36Problem Platzmangel | Wohin mit den langen Dingern?

37Der Brand und seine Folgen | Was geschah tatsächlich?

38Das DB Museum – ein EVU? | Hintergründe, Gesetze und Vorschriften

39Ein Tag im Leben … | … des Museumsdirektors

40Die Menschen im Museum | Intellektuelles Kapital und wertsteigerndes Asset

41Warum DB Museum? | Gute Gründe, im DB Museum zu arbeiten

42Ehrenamtliche … | … das Rückgrat des DB Museums

43Ein Prominenter im Museum | »Mr. Eisenbahn-Romantik« gibt sich die Ehre!

44Berufe und Tätigkeiten | Die richtige Mischung macht’s!

45Werkstattleben | Hier gibt es viel zu tun!

46Die Bestimmung der Werte | Was ist warum sammelwürdig?

47Überaus bedeutungsvoll! | Die Wiege der Eisenbahn in Deutschland

48Archiv und Filmsammlung | Ein allgemeines deutsches Kulturerbe

49Die Bibliothek des DB Museums | Eine Sammlung von höchster Bedeutung

50Superlativ Fotosammlung | Von der Glasplatte bis zum Digitalisat

51Das Gedächtnis der Bahn | Eine Überlieferung der Unternehmensgeschichte

52Das Schienenfahrzeug-Archiv der MAN | Ein besonderer Bestand des DB Museums

53Die Kursbuchsammlung … | … auf unglaublichen 90 Regalmetern

54»Zar Boris-Alben« | Große Geschichte einer großen Leidenschaft

55Unentdeckte Schätze | Aus der Versenkung ans Tageslicht

56Kuriosum Kunstsammlung | Kunstströmungen des 20. Jahrhunderts

57Briefmarken im DB Museum | Große Bahn auf kleinen Bildern

58Kurios, kurios! | Spannende Objektgeschichten

59Niet- und nagelfest | Varianten des Sammlungszuwachses

60Die ältesten Exponate | Millionen Jahre alte Funde

61Das besondere Eisenbahnrad | Bahn und Sport – eine gemeinsame Geschichte

62Vorsicht explosiv! | Knallkapseln im DB Museum

63Und es gibt sie doch! | UEOs – Unbekannte Eisenbahn-Objekte

64Lost Places – vergessene Orte | Geisterräume im DB Museum

65Geheimnisvolle Objekte | Spione, Seifenspender und versteckte Kameras

66Aibot X6 | Ein Fluggerät im DB Museum?

67Die wilde Seite des Museums | Tierische Besucher mit großem Interesse

68Museum – Klappe, die Erste! | Das Museum als Filmort

69Nackt ins Museum | Der erste Werbe-Spielfilm der Reichsbahn

70Eventlocation Museum | Dinner zwischen eindrucksvollen Exponaten

71Veranstaltungen im DB Museum | Ein wichtiger Bestandteil moderner Museumsarbeit

72Eine Liebe fürs Leben | »Ja-Wort mit Geschichte« im Königssalon

73Ein Ausstellungsklassiker | Führerstandsmitfahrt im Museum

74Ein Kino im Museum | Das älteste staatliche Kino

75Kleine Bahn ganz groß | Auf schmalen Gleisen durch den Hof

76Eine lange Tradition - | Mitfahreisenbahnen im DB Museum

77Das Kinderbahnland | Einmal durch die ganze Welt der Eisenbahn

78Opa Adler – eine Zeitreise | Loklegende und Spielfigur

79Ausstellungen von Kindern | Auf Augenhöhe mit dem Museumsteam

80Bildungsangebote und mehr | Führungen, Programme, Workshops

81Bildungsort Museum | Aus- und Weiterbildungsstätte

82DB Museum 4.0 | Das Social-Media-Marketing

83Shutdown und die Folgen | Das DB Museum in der Corona-Zeit

84Virtual Reality | Neue Herausforderungen und zusätzliche Arbeit

85Ein Museum präsentiert sich | Public Relations – Marketing – Presse

86Publikationen | Veröffentlichungen des DB Museums

87Große Exponate … | … und ihr Weg in das DB Museum

88Die Beleuchtungsprobe | Licht aus längst vergangenen Tagen

89»Schatzkammer« Modellarium | Die einzigartige Welt der kleinen Maßstäbe

90Außergewöhnliche Werte | 40.000 Arbeitsstunden für ein einziges Modell

91Die verkleinerte Wirklichkeit … | … in der größten Sammlung ihrer Art

92Die größte Spur N-Sammlung | Tausende Fahrzeuge für das DB Museum

93Publikumsmagnet in H0 | Größte historische Modelleisenbahn der Welt

94Die kleinste Lokomotive | Einfach winzig – Nano Modell Railroading

95Quarantäne für Exponate | Schädlingsmanagement ohne Gift

96Ab-nutzung ohne Be-nutzung | Wer rastet, der rostet

97Restaurierung von Objekten | Aufbereiten oder nicht, das ist die Frage!

98Vandalismus und Graffiti | Straftaten mit langjährigen Folgen

99Reinigungskräfte im Museum | Man sieht sie nicht, doch sie sind da!

100The Story of Time | Kriminalstück um eine Taschenuhr

101Wenn’s Christkind kommt | Weihnachten im DB Museum

Impressum

image

Detailansicht: Das Wappen auf dem Salonwagen des bayerischen König Ludwig II. Bild: DB Museum/Uwe Niklas

image

Das DB Museum in der Morgensonne bei einer der ersten Recherchen für das Buch. Bild: Stefan Friesenegger

Liebe Eisenbahn-Begeisterte,

101 Geschichten erzählt Stefan Friesenegger im vorliegenden Buch. In seinem Vorwort schreibt er eine 102te und sehr persönliche: die von seiner in Kindheitstagen geweckten Leidenschaft für das heutige DB Museum in Nürnberg. Museen leben durch ihre Besucherinnen und Besucher. Wenn ein Museum es schafft, dass sie wiederkommen – und das sogar leidenschaftlich gerne, dann ist ein hohes Ziel erreicht.

Als Stefan Friesenegger mit seinem Projekt auf uns zukam, »sein« DB Museum mit den Standorten in Nürnberg, Koblenz und Halle/Saale in einem Buch vorzustellen, waren Freude und Neugierde gleichermaßen geweckt. Einerseits zeigte uns seine Idee, dass unser Eisenbahnmuseum Klein und Groß zu begeistern vermag und manche Besucher ein Leben lang wiederkommen. Andererseits waren wir sehr gespannt, mit welchen Themen er die 101 Kapitel füllen würde.

Herausgekommen ist nun ein buntes Kaleidoskop. Jeder Blick in das Buch bietet ein anderes Bild. Dabei geht es nicht nur um die Eisenbahn, sondern auch darum, die Menschen im Museum und ihre Arbeit kennenzulernen. Ebenso nimmt der Autor Dinge in den Fokus, die bei einem Gang durch die Ausstellungen normalerweise kaum beachtet werden oder überhaupt nicht sichtbar sind. Er blickt hinter die Kulissen, in die lange Vergangenheit des Hauses und in seine Zukunft, lüftet Geheimnisse und präsentiert so manche Überraschung – übrigens auch für uns Mitarbeitende.

Wir wünschen Ihnen, liebe Leserin und lieber Leser, viel Vergnügen bei diesem persönlichen Rundgang durch das DB Museum mit Stefan Friesenegger. Uns gemeinsam wünschen wir, dass seine Leidenschaft ansteckend wirkt und Sie immer wieder nach Nürnberg, Koblenz oder Halle/Saale führt. Dem Autor danken wir herzlich für seine Idee, Treue und Begeisterung – und für ein Werk, welches auch uns staunen lässt!

Ihr Oliver Götze und Stefan Ebenfeld

Vorwort – Der Autor

Als Eisenbahnliebhaber war es für mich eine ganz besondere Ehre, dieses Buch schreiben zu dürfen! Ein Buch über ein Museum, zu dem meine Liebe bereits im Jahr 1967 bei einem Besuch entfacht wurde.

Mein Dank gilt Herrn Dr. Götze, dem Direktor des DB Museums, der dem Buchprojekt zugestimmt hat, seinem Team, bestehend aus versierten und begeisterten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die mich unterstützten, mir einen tiefen Einblick hinter die Kulissen gewährten und im Besonderen Herrn Stefan Ebenfeld, Leiter Sammlungen, Bibliothek, der als fester Partner geduldig und ausdauernd an meiner Seite stand.

Sie, liebe Leserin und lieber Leser, werden wie auch ich feststellen müssen, dass das DB Museum weit mehr ist, als »nur« das älteste Eisenbahnmuseum der Welt!

Viel Freude mit diesem Buch,

Ihr Stefan Friesenegger

image

Drei auf dem Weg ins DB Museum: Ihr Autor mit seinem Vater und Großvater im Jahr 1967 auf dem Nürnberger Hauptmarkt. Festgehalten von meinem Opa, Johann Schenk

1 Der Auftrag des Museums

Anspruch auf Führung

Mit der Aufnahme des DB Museums unter das Dach der Deutsche Bahn Stiftung im Jahr 2013 wurde ein neues Leitbild möglich. 2019 beschlossen, orientiert es sich erstmals an den gängigen internationalen Standards für Museen. Somit ist der Kernauftrag die Erschließung, Sammlung, Erforschung und die Vermittlung der Geschichte des Eisenbahnwesens in Deutschland. Dazu gehört auch die Aufgabe, die dem Museum übereigneten Sammlungen, wie beispielsweise die Bibliotheksbestände, Archivalien, Objekte oder Film- und Fotobestände, welche als die ältesten und umfangreichsten ihrer Art zum allgemeinen deutschen Kulturgut zählen, zu bewahren, zu pflegen und sie fortlaufend so zu ergänzen, dass die Bestände einen breiten Querschnitt der deutschen Eisenbahngeschichte und -gegenwart repräsentieren.

Der besondere Fokus auf die historische Fahrzeugsammlung macht das DB Museum einzigartig. Es sorgt dafür, dass die Entwicklungslinien des Eisenbahnfahrzeugbaus in Deutschland erkennbar sind und zugleich die maßgeblichen Eisenbahnfahrzeuge der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden können. Ausgewählte historische Schienenfahrzeuge werden zudem betriebsfähig vorgehalten, um sie auf Veranstaltungen fahrend zu präsentieren und den Fahrbetrieb an sich zu erhalten. Zudem werden auf diese Weise historische Berufsbilder, Techniken und Werkzeuge, die andernorts bereits nicht mehr existieren, am Leben erhalten und gepflegt. Dies führt jedoch zu einer Fülle zusätzlicher Aufgaben, die kaum ein anderes Museum zu erfüllen hat. Dabei muss die nationale und internationale Eisenbahngesetzgebung und deren entsprechenden Verordnungen im täglichen Museumsbetrieb umgesetzt werden.

image

Über seine Zielstellung und das Leitbild der Deutsche Bahn Stiftung gGmbH hinaus orientiert sich das DB Museum mit seiner Arbeit an den vom International Council of Museums (ICOM) und den vom Deutschen Museumsbund aufgestellten Standards für Museen. Bild: DB Museum/Mike Beims

image

Das DB Museum ist durch seine Fahrten mit betriebsfähigen historischen Fahrzeugen auch ein Teil des Eisenbahnverkehrsunternehmens (EVU) Deutsche Bahn AG. Bild: DB Museum/Mauro Esposito

image

Eine Reise in die Welt der Eisenbahn

Das DB Museum verfolgt das Ziel, ein vielfältiges Veranstaltungs-, Ausstellungs- und Vermittlungsangebot präsentieren zu können und nimmt damit seine Besucher mit auf die Reise in die Welt der Eisenbahn. Schließlich ist es das führende Eisenbahnmuseum Deutschlands, sowie eines der führenden Eisenbahnmuseen der Welt.

Wussten Sie schon?

Die Finanzierung des DB Museums erfolgt aus der jährlichen Zuwendung der DB AG an die Deutsche Bahn Stiftung gGmbH, den Fördermitteln und Spenden Dritter, Einnahmen aus Eintrittsgeldern, dem Verkauf von Souvenirartikeln und Eisenbahnleistungen, aber auch durch die Vermietung von Museumsräumen.

2 Kosmos Schienenfahrzeuge

Die Größen eines einmaligen Bestandes

Das DB Museum in Nürnberg verfügt mit rund 600 historischen Fahrzeugen über einen ausgesprochen umfangreichen Bestand. Die Fahrzeuge befinden sich im Wesentlichen in den Fahrzeughallen des DB Museums Nürnberg, im Hauptgebäude und in der Fahrzeughalle II auf dem 15.000 Quadratmeter großen Freigelände oder an den Außenstandorten Koblenz und Halle/Saale. Hinzu kommen dezentrale Depots sowie weitere Abstellungen als Leihgaben bei anderen Museen oder Vereinen. Mit der Aufnahme von neuen Fahrzeugen, dem Verleih oder durch die Aussonderung von Dubletten, ist die Anzahl der Fahrzeuge permanenten Schwankungen unterworfen.

Die Sammlung von historischen Originalschienenfahrzeugen umfasst Lokomotiven mit Dampf-, Diesel-, dieselelektrischer sowie mit elektrischer Traktion. Neben den Lokomotiven lassen sich hier Triebwagen und vollständige Triebzüge finden. Ergänzt wird die Sammlung durch Wagen. Sie teilen sich nach Güter- und Personenwagen auf, wobei die Gepäckwagen zu der Gattung der Personenwagen gezählt werden. Zu der Kategorie der Nebenfahrzeuge gehören schienenfahrbare Geräte, Draisinen oder auch Baufahrzeuge. Neben einigen gängigen Exponaten beinhaltet die Sammlung des DB Museums auch überaus seltene und wertvolle Stücke, wie den Salonwagen des bayerischen Königs Ludwig II. oder den fahrfähigen Nachbau der Dampflokomotive »Adler«. Ergänzt wird die Sammlung zudem durch kuriose Stücke, wie beispielsweise einen Culemeyer-Straßenroller.

image

Die außergewöhnlichen Exponate der Schienenfahrzeugsammlung des DB Museums lassen sich in Nürnberg sowie an den Außenstandorten Halle und Koblenz entdecken. Bild: DB Museum/Uwe Niklas

image

Mit der Entwicklung des Culemeyer-Straßenrollers wurde ein kombinierter Ladungsverkehr möglich. Anfänglich waren die Fahrzeuge noch mit Vollgummireifen ausgestattet. Schwere Zugmaschinen zogen auf diese Weise unzählige Eisenbahnfahrzeuge über die Straßen. Bild: DB Museum

image

Ohne Gleisanschluss auf die Schiene

Aufgrund des zunehmenden Transportangebotes mit Lastkraftwagen suchte die Deutsche Reichsbahn-Gesellschaft in den frühen 1930er-Jahren nach einer Möglichkeit, auch Unternehmen ohne eigenen Gleisanschluss für die Beförderung von Waren mit der Eisenbahn zu gewinnen. Eine einfache und zudem wirtschaftliche Beförderung von Eisenbahnfahrzeugen jenseits der Schiene wurde mit dem Culemeyer-Straßenroller möglich. Je nach Bauart konnten die 12-, 16- oder 24-rädrigen Straßenroller bis weit über 100 Tonnen Last befördern. Aus Sicherheitsgründen war die Höchstgeschwindigkeit der anfänglich mit Vollgummireifen ausgestatteten Straßenroller auf 25 km/h begrenzt, konnte jedoch später auf 42 km/h erhöht werden. Bis in die 1980er-Jahre wurden diese Sonderfahrzeuge von der Deutschen Bundesbahn eingesetzt.

3 Das Wappentier des Museums

Kultobjekt mit symbolischer Bedeutung

Mit der Lokomotive »Adler«, der ersten regulär eingesetzten Dampflokomotive, wird das Zeitalter der Eisenbahn in Deutschland eingeläutet. Aus der schlichten Notwendigkeit, eine funktionsfähige Lokomotive für die Ludwigs-Eisenbahn zu beschaffen, wurde ein Symbol für die deutsche Eisenbahn, aber auch für die Stadt Nürnberg. Der »Adler« ist heute ein Kultobjekt von höchster Bedeutung.

image

Lange verschollen

Der Dampfwagen mit seinen zwei innenliegenden Nassdampfzylindern und einer Leistung von etwa 29 Kilowatt wurde von der Firma Robert Stephenson and Company in Newcastle gefertigt. Das Fahrzeug erfüllte die Voraussetzungen, die Strecke von Nürnberg nach Fürth in maximal zehn Minuten zu bewältigen und ein Gewicht von zehn Tonnen ziehen zu können. Nach ihrer Auslieferung wurde die Lokomotive in der mechanischen Werkstätte von Johann Wilhelm Spaeth zusammengesetzt und leistete 22 Jahre ihren regelmäßigen Dienst. Im Jahr 1857 wurde sie verkauft und gilt seither als verschollen. Bereits im frühen 20. Jahrhundert war eine Rekonstruktion dieser Lokomotive geplant. Anlässlich der 100-Jahr-Feier der deutschen Eisenbahnen ließ schließlich die Deutsche Reichsbahn-Gesellschaft 1935 einen betriebsfähigen Nachbau im Ausbesserungswerk Kaiserslautern anfertigen. Bei einer Fahrzeugparade wurde die Lokomotive der Öffentlichkeit präsentiert und nach 1938 in das Verkehrsmuseum Nürnberg überstellt.

image

Nach seiner originalgetreuen und betriebsfähigen Instandsetzung im Jahr 2007 kommt der »Adler« aufgrund neu gewonnener Erkenntnisse dem Original näher als je zuvor. Bild: DB Museum/Klaus Mosch

Im Jahr 2005 wird der »Adler« bei einem Großbrand schwer beschädigt. Die Lokomotive konnte jedoch geborgen und im Dampflokwerk Meiningen mit einem Kostenaufwand von knapp einer Million Euro wieder betriebsfähig aufgebaut werden.

image

Zerstörung und Wiederaufbau

Für den Wiederaufbau der beschädigten Lokomotive wurden mehrere in der Zwischenzeit neu gewonnene Erkenntnisse umgesetzt. Sie wirken sich vor allem auf zahlreiche technische Details als auch auf die Farbgebung aus. Damit kommt der Wiederaufbau dem Original von 1835 näher als je zuvor. Bereits im Jahr 2007 kehrte das Wappentier des DB Museums wieder an seinen angestammten Platz zurück und fuhr am 26. April 2008 erneut auf der historischen Strecke zwischen Nürnberg und Fürth. Ein zweites, nicht betriebsfähiges Exemplar des »Adler« ist ebenfalls im DB Museum ausgestellt. Der rollfähige Nachbau im Maßstab 1:1 wurde im Jahr 1952 von Lehrlingen der Deutschen Bundesbahn gefertigt und diente einst als Ausstellungsstück für Messen.

image

Mit der ersten offiziellen Fahrt des »Adler« am 7. Dezember 1835 auf der sechs Kilometer langen Strecke von Nürnberg nach Fürth wird das Eisenbahnzeitalter in Deutschland eingeläutet. Bild: DB Museum

4 Die Älteste Deutschlands

Eine Lokomotive und ihre zwei Seiten

Für eine Dampflokomotive ist es ein echtes Prädikat, die Älteste zu sein. Die älteste, in Deutschland erhaltene Lokomotive hört auf den Namen »Nordgau«. Sie ist heute in der Fahrzeughalle des DB Museums in Nürnberg ausgestellt.

Die Dampflokomotiven der bayerischen Gattung B V gehörten mit insgesamt 101 Lokomotiven zu den größeren Beschaffungsmaßnahmen einer Lokomotivgattung der Bayerischen Staatsbahn. Die in vier Baulose unterteilte Auslieferung endete 1862. Zum ersten Baulos zählte die im Jahr 1853 produzierte Lokomotive »Nordgau« mit der Fabriknummer 151 von Maffei in München. Von den Königlich Bayerischen Staatseisenbahnen erhielt die legendäre Schlepptender-Lokomotive die Bahnnummer 125. Durch die in Chargen unterteilte Auslieferung ergaben sich verschiedene bautechnische Unterscheidungen. Im Wesentlichen unterschieden sich die Lokomotiven der ersten beiden Baulose durch das Fehlen der Druckluftbremse der Bauart Westinghouse, des Führerhauses sowie eines Dampfdoms. Diese Merkmale wurden später jedoch hinzugefügt, so auch bei der »Nordgau«.

image

Die »Nordgau« heute in der Fahrzeughalle des DB Museum Nürnberg.
Bild: DB Museum/Uwe Niklas

Wussten sie schon?

Beinahe hätte diese beliebte Sehenswürdigkeit ihren Titel »älteste Lokomotive Deutschlands« eingebüßt. Wäre die Suche nach der sagenumwobenen »Rhein«, die 1852 im gleichnamigen Fluß versank, erfolgreich und eine anschließende Bergung möglich gewesen, hätte sie die »Nordgau« als älteste noch erhaltene Lokomotive Deutschlands abgelöst.

image

Seit 1925 aufgeschnitten

Mit einem Gewicht von 40,1 Tonnen erreichte die 15.375 Millimeter lange »Nordgau« eine Höchstgeschwindigkeit von 70 Kilometern in der Stunde. Ihren aktiven Dienst leistete sie von 1853 bis 1907. Im Jahr 1925 wurde sie im Auftrag des Verkehrsmuseums im Eisenbahn-Ausbesserungswerk München der Länge nach aufgeschnitten. Somit blieb sie als vollständige Lokomotive auf einer Seite erhalten. Anhand des Längsschnittes lässt sich auf der anderen Seite neben der Entwicklung der Lokomotivtechnik auch die Funktionsweise einer Dampflok nachvollziehen. 2007 durch eine interaktive Installation ergänzt, kann nun per Knopfdruck eine Lichtsteuerung bedient werden, anhand derer die einzelnen Prozesse beim Betreiben einer Dampflokomotive zu sehen sind. Auf diese Weise können alle technischen Abläufe, insbesondere die Wege, die der Wasserdampf bei seiner Erhitzung bis zum Antrieb der Kolben nimmt, aber auch Elemente wie der Sandkasten, dargestellt werden.

image

Dies ist die einzige bekannte Fotografie der Dampflokomotive »Nordgau« aus ihrem aktiven Dienst. Das Aufnahmedatum ist leider unbekannt. Bild: DB Museum

5 Schönheit und Einzelstück

Die S 2/6, eine Rekordlokomotive

»Es dürfte dies wohl die größte Geschwindigkeit sein, die jemals in Europa mit einer Dampflokomotive gefahren wurde«, verkündete der Eichstädter Kurier